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2023-03-25 | "Blamage" oder "gute Lösung"? | Reaktionen auf Verbrenner-Deal | Kanzler Scholz hat die Einigung im Streit um das Verbrenner-Aus begrüßt. Es sei sinnvoll, alle technischen Möglichkeiten offenzuhalten. Greenpeace und die Grünen im EU-Parlament übten dagegen scharfe Kritik an Verkehrsminister Wissing.
mehr | Kanzler Scholz hat die Einigung im Streit um das Verbrenner-Aus begrüßt. Es sei sinnvoll, alle technischen Möglichkeiten offenzuhalten. Greenpeace und die Grünen im EU-Parlament übten dagegen scharfe Kritik an Verkehrsminister Wissing. Wochenlang wurde um die Zukunft von Autos mit Verbrennungsmotor gerungen, seit gestern Abend gibt es zwischen die Bundesregierung und EU-Kommission eine Einigung. Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte den Kompromiss. Bei einer Bürgerveranstaltung in Potsdam sagte er, niemand wisse, wie viel synthetischer Kraftstoff in gut einem Jahrzehnt tatsächlich zur Verfügung stehe. Deswegen sei es heute sinnvoll, alle technischen Möglichkeiten offenzuhalten. Wissing: Deutschland baut die besten Verbrenner der Welt Auch Bundesverkehrsminister Wissing sprach im bayerischen Landau von einer "guten Lösung". Deutschland baue die besten Verbrennungsmotoren der Welt, deswegen sei es fahrlässig, die Weiterentwicklung dieser Technik jetzt zu beenden. Durch den weltweiten Bedarf an klimaneutralem Treibstoff werde auch das Angebot zunehmen. Jedes heute zugelassene Auto durch ein Elektrofahrzeug zu ersetzen, werde kaum möglich sein, sagte der Bundesverkehrsminister. "Es ist gut, dass diese Hängepartie ein Ende hat", sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke von den Grünen. "Alles andere hätte sowohl das Vertrauen in die europäischen Verfahren wie auch in die europapolitische Verlässlichkeit Deutschlands schwer beschädigt." E-Fuels sind selten und teuer Gestern hatten sich Bundesregierung und EU-Kommission darauf verständigt, dass Neuwagen mit Verbrennungsmotoren auch nach 2035 zugelassen werden, wenn sie mit klimaneutralem Kraftstoff betankt werden. Laut Wissing wurden konkrete Verfahrensschritte und ein konkreter Zeitplan verbindlich fixiert. "Wir wollen, dass der Prozess bis Herbst 2024 abgeschlossen ist." Mit der Einigung sei auch ein wichtiger Punkt aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt worden. Solche sogenannten E-Fuels sind heute allerdings noch sehr selten und teuer. Fachleute bezweifeln, dass es bis zum Stichdatum 2035 genügend E-Fuels für die Luftfahrt, für Schiffe und auch für den Individualverkehr weltweit gibt. Grüne: "Wissing hat die Bundesregierung blamiert" Die Europaparlamentarier der Grünen begrüßen einerseits, dass die Hängepartie nun endlich beendet sei. "Wir werden den Vorschlag rechtlich und politisch sehr genau prüfen", kündigte der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen, an. Mit Blick auf den Verkehrsminister sagte er: "Wissing hat die Bundesregierung blamiert. Es ist unfassbar, dass Bundeskanzler Scholz dieses Chaos über Wochen gedeckt hat." Auch nach Ansicht der Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im EU-Parlament, Terry Reintke, hat die Blockade großen Schaden angerichtet. Ähnlich äußerte sich auch der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete. Greenpeace: Kompromiss untergräbt Klimaschutz Greenpeace kritisierte die Einigung zwischen Bundesregierung und EU-Kommission scharf. "Dieser faule Kompromiss untergräbt Klimaschutz im Verkehr, und er schadet Europa", sagte der Mobilitätsexperte der Umweltorganisation, Benjamin Stephan. Die "dringend nötige Ausrichtung der Autobranche auf effiziente Elektromobilität" werde mit der Einigung verwässert. Stephan warf dem Kanzler vor, die "rücksichtslose Erpressung der EU" durch die FDP nicht gestoppt zu haben. "Nach diesem enttäuschenden Ergebnis ist umso klarer, dass Scholz die FDP beim morgigen Koalitionsausschuss zu wirksamen Maßnahmen beim Klimaschutz im Verkehr bewegen muss", sagte er. "Statt das Land mit weiteren klimaschädlichen Autobahnen zu durchziehen, sollte die Bundesregierung sich jetzt voll und ganz auf den Ausbau der Bahn konzentrieren." Am Sonntag beschäftigen sich Scholz und die Spitzen der Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP in einer Sitzung des Koalitionsausschusses mit weiteren für den Kampf gegen den Klimawandel relevanten Themen. Dazu zählen der Ausbau von Autobahnen und Bahntrassen sowie das geplante Aus von Öl- und Gasheizungen. VDA: Brauchen alle Technologien um Klimaziele zu erreichen Im Gegensatz zu Greenpeace sieht die Präsidentin des deutschen Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller, in der Einigung zwischen Bundesregierung und EU-Kommission auch ein positives Signal für den Klimaschutz. "Wir brauchen alle klimafreundlichen Technologien, um die EU-Klimaziele zu erreichen", sagte sie. Es sei daher im Sinne des Klimas, dass Berlin und Brüssel nun offensichtlich eine Einigung - mit entsprechendem Zeitplan - gefunden hätten. E-Mobilität bleibe die zentrale Technologie, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. E-Fuels - also künstlich hergestellte, klimaneutrale Kraftstoffe - seien jedoch eine wichtige Erweiterung. Müller betonte aber auch: "Die finalen Details der Einigung sind noch zu bewerten." | /inland/verbrenner-einigung-103.html |
2023-03-25 | Osnabrücker Bischof Bode zurückgetreten | Missbrauchsskandal in der Kirche | Der katholische Bischof Bode ist zurückgetreten. Der Amtsverzicht ist ein Novum im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der Kirche. Der Papst nahm das Rücktrittsgesuch an, teilte der Vatikan mit.
mehr | Der katholische Bischof Franz-Josef Bode ist zurückgetreten. Der Amtsverzicht ist ein Novum im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der Kirche. Der Papst nahm das Rücktrittsgesuch an, teilte der Vatikan mit. Erstmals ist ein katholischer Bischof in Deutschland im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche zurückgetreten. Wie der Vatikan mitteilte, habe der Papst den Amtsverzicht des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode angenommen. "Der Entschluss zu diesem Rücktritt ist in den letzten Monaten in mir gereift", erklärte Bode in einer Stellungnahme, in der er mehrere Gründe für diesen Schritt anführte - allen voran eigene Fehler bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen. "Insbesondere im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt durch Kleriker habe auch ich selbst lange Zeit eher die Täter und die Institution als die Betroffenen im Blick gehabt. Ich habe Fälle falsch eingeschätzt, häufig zögerlich gehandelt und manchmal falsche Entscheidungen getroffen", sagte Bode. "Ich kann heute nur alle Betroffenen erneut um Verzeihung bitten." Bode war der dienstälteste amtierende katholische Bischof in Deutschland. "Die Aufarbeitung geht weiter" In seiner Stellungnahme verwies Bode gleichzeitig auf Maßnahmen, die er zu einem besseren Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt inzwischen auf den Weg gebracht habe: "Der diözesane Schutzprozess gegen sexualisierte Gewalt und geistlichen Missbrauch ist erheblich gestärkt, die Aufarbeitung geht weiter." Außerdem sei mit dem vorläufigen Abschluss des "Synodalen Weges" der katholischen Kirche in Deutschland ein ihm wichtiges Zwischenziel erreicht, auf dessen Basis er zuletzt noch einige konkrete Reformvorhaben für das Bistum Osnabrück in Kraft setzen konnte, so Bode. Die weiter notwendige Verstetigung des synodalen Prinzips in der Kirche werde allerdings noch viel Kraft verlangen, die er selbst nicht mehr aufbringen könne. Mit seinem Rücktritt vom Amt scheidet Bode als Mitglied und stellvertretender Vorsitzender aus der Deutschen Bischofskonferenz aus. Der Bischofssitz im Bistum Osnabrück ist damit ab sofort nicht mehr besetzt, es beginnt die Zeit der Sedisvakanz. Das Kirchenrecht legt fest, dass zeitgleich mit dem Bischof auch das Amt des Generalvikars erlischt und alle dem Bischof zugeordneten Gremien aufhören zu bestehen. Rücktritt als Zeichen der Verantwortung Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, nahm Bodes Rücktritt mit "großem Bedauern und Respekt" zur Kenntnis. "Gerne hätte ich Dich noch weitere Jahre an unserer Seite in der Deutschen Bischofskonferenz gesehen. Gleichzeitig verstehe ich Deine Entscheidung und die damit verbundenen Konsequenzen." Mit dem Rücktritt übernehme Bode auch Verantwortung für das "uns alle seit Langem begleitende Thema des sexuellen Missbrauchs in der Kirche", sagte Bätzing. "Es war ein Ringen in Dir, eine innere Zerrissenheit, manchmal auch die Enttäuschung über Mitbrüder." "Synodalen Weg eine Stimme gegeben" Auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße bedauerte Bodes Amtsverzicht. Zwischen dem Erzbistum Hamburg und dem Bistum Osnabrück gebe es eine lange und enge Verbundenheit, teilte Heße mit. Er dankte Bode für "seinen Dienst in unserer Metropolie und das gute brüderliche Miteinander." Im Zuge des Kölner Missbrauchsgutachtens 2021 wurden Heße selbst elf Pflichtverletzungen im Umgang mit Missbrauchsfällen von unabhängigen Juristen bescheinigt. Er bot dem Papst ebenfalls seinen Rücktritt an, was jedoch vom Kirchenoberhaupt abgelehnt wurde. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) würdigte das Wirken Bodes im Reformprozess. Er habe den Synodalen Weg als Präsidiumsmitglied "maßgeblich mitgestaltet und ihm immer wieder eine Stimme gegeben", erklärte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp. Bode habe durch seine Person glaubwürdig gemacht, dass Kirche einen Neuanfang brauche. Schwere Vorwürfe im Missbrauchsskandal Bode stand zuletzt in der Kritik, nicht angemessen auf Missbrauchsfälle reagiert zu haben. Noch im vergangenen Jahr habe er einen Fall von sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige als "Beziehung" deklariert, warf ihm ein Betroffenenrat vor. Dieser schaltete im Dezember den Vatikan ein und erstattete dort eine kirchenrechtliche Anzeige gegen Bode. In einem weiteren Fall hatte ein Priester in einer Gemeinde jahrelang einem Mädchen sexualisierte Gewalt angetan. Die Gutachter werfen Bode vor, dem Priester noch im selben Jahr eine Leitungsfunktion in der Jugendarbeit übertragen zu haben, in dem die Betroffene den Mann beim Bischof anzeigte. Entscheidung zu Woelki steht noch aus Der Geschäftsführer der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch, Matthias Katsch, bezeichnete Bodes Rücktritt als "wichtig und richtig". Der Bischof hätte nach Katschs Auffassung aber schon deutlich früher - nämlich direkt nach Vorlage der Studie der Universität Osnabrück - Verantwortung übernehmen und sein Amt niederlegen sollen. Dringend müsse die Frage angegangen werden: "Wie kommen nun unbelastete Bischöfe ins Amt, die glaubwürdig den Bruch mit der dunklen Vergangenheit vollziehen können?" Bode hatte zunächst mitgeteilt, nicht zurücktreten zu wollen. Von einem entsprechenden Gesuch beim Papst war bislang nichts bekannt gewesen. Rücktrittsgesuche anderer Bischöfe hatte der Papst bisher abgelehnt, im Fall des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki steht die Entscheidung weiter aus. | /inland/gesellschaft/kirche-ruecktritt-bode-101.html |
2023-03-25 | Viele Bundesländer lockern Lkw-Fahrverbot | Wegen Warnstreiks am Montag | Eigentlich dürfen Lastwagen sonntags nicht fahren, doch wegen des bevorstehenden Großstreiks am Wochenbeginn soll es Ausnahmen geben. Viele Bundesländer folgten der Bitte von Verkehrsminister Wissing und kündigten an, Lkws nicht zu kontrollieren.
mehr | Eigentlich dürfen Lastwagen sonntags nicht fahren, doch wegen des bevorstehenden Großstreiks am Wochenbeginn soll es Ausnahmen geben. Viele Bundesländer folgten der Bitte von Verkehrsminister Wissing und kündigten an, Lkws nicht zu kontrollieren. In vielen Bundesländern werden am Sonntag auch Lastwagen auf den Autobahnen unterwegs sein. Wegen des von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Gewerkschaft ver.di angekündigten Warnstreiks hatte sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing für eine Lockerung des sonntäglichen Fahrverbots ausgesprochen. Er appellierte nach Angaben seines Ministeriums an alle Beteiligten, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und die Auswirkungen des Streiks so gering wie möglich zu halten. Um die Lieferketten möglichst stabil zu halten und die Versorgung nicht zu gefährden, bat er die Länder, von Kontrollen des Sonntagsfahrverbots für Lkw abzusehen. Faktisch sprach er sich somit für eine einmalige Aufhebung des Sonntagsfahrverbots für Lastwagen durch die Länder aus. "Wir unterstützen das", sagte der FDP-Politiker in Mainz. Zudem seien Landesluftfahrtbehörden und Flughäfen gefordert, auch verspätete Landungen und Abflüge zu ermöglichen, damit gestrandete Passagiere ihr Ziel erreichen könnten, sagte der Minister der "Bild"-Zeitung. Zuvor hatte der Bundesverband Güterverkehr und Logistik (BGL) gewarnt, dass es sonst zu Engpässen bei der Versorgung kommen könne. Mehrere Bundesländer setzen Verbot aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Hamburg, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Sachsen-Anhalt kündigten an, das Lkw-Fahrverbot am Sonntag aufzuheben beziehungsweise nicht zu kontrollieren. In Rheinland-Pfalz erließ die Verkehrsministerin Daniela Schmitt eine Ausnahmeregelung. "Unsere Unternehmen stehen seit fast drei Jahren vor enormen Herausforderungen", so Schmitt. Leidtragende des Streiks seien gerade die Betriebe und Beschäftigte, deren Arbeit nicht aus dem Homeoffice erledigt werden kann. "Deshalb wollen wir verhindern, dass durch logistische Probleme die Abläufe in den Betrieben noch weiter unter Druck geraten", betonte die Ministerin. In Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg macht die Polizei vom sogenannten Opportunitätsprinzip Gebrauch. Demnach können Beamtinnen und Beamte bis zu einer bestimmten Schwelle selbst entscheiden, ob sie eine Strafe verhängen oder nicht. Auch das schleswig-holsteinische Verkehrsministerium teilte mit, es habe dem entsprechenden Wunsch von Bundesverkehrsminister Wissing zugestimmt. Der hatte die zuständigen Bundesländer darum gebeten, von Kontrollen abzusehen. Die Polizei und die Bußgeldstellen in Schleswig-Holstein sind laut Verkehrsministerium informiert. ADAC rechnet mit Verkehrschaos Der Großstreik trifft das deutsche Verkehrsnetz zu Beginn der Osterferien in Niedersachsen und Bremen. Der ADAC warnt vor einem Verkehrschaos. Zudem könne es zu Tunnelsperrungen auf Autobahnen kommen, da auch Mitarbeitende der Autobahn GmbH in der Gewerkschaft organisiert sind. Die Autobahn GmbH des Bundes wolle jedoch Tunnelsperrungen vermeiden. "Insbesondere der Betriebsdienst auf den Bundesfernstraßen ist aufrechtzuerhalten. Hierzu werden Notdienstvereinbarungen geschlossen, um zum Beispiel Tunnelschließungen zu vermeiden", teilte ein Sprecher mit. "Beide Seiten werden alles dafür tun, um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten." | /wirtschaft/bundeslaender-setzen-lkw-fahrverbot-aus-101.html |
2023-03-25 | Intel-Mitgründer Moore gestorben | Im Alter von 94 Jahren | Ein eigener PC zu Hause - vor 50 Jahren undenkbar. Doch Gordon Moore erkannte das Potenzial der kleinen Computerchips - und prägte die Kultur im Silicon Valley. Nun starb der Intel-Mitbegründer mit 94 Jahren. Von S. Schreiber. | Ein eigener PC zu Hause - vor 50 Jahren undenkbar. Doch Gordon Moore erkannte das Potenzial der kleinen Computerchips - und prägte die Kultur im Silicon Valley. Nun starb der Intel-Mitbegründer mit 94 Jahren. Zu den Pionieren auf dem Weg hin zum eigenen PC gehört der Chiphersteller Intel. Gordon Moore gründete den Konzern 1968, damals noch als NM Electronics, gemeinsam mit seinem Kollegen Robert "Bob" Noyce. Die beiden hatten genug von ihren bisherigen Jobs bei einem Halbleiterhersteller, schildert Elizabeth Jones, Historikerin bei Intel, im Gespräch mit dem Sender CBS: "1968 ist Gordon Moore bei Bob Noyce vorbeigekommen. Bob mähte gerade den Rasen. Die beiden diskutierten über ihre aktuellen Jobs - und die Möglichkeiten einer neuen Industrie." Potenzial der kleinen Computerchips erkannt Die beiden Intel-Gründer erkannten das Potenzial der kleinen Computerchips - gefertigt aus Siliziumplatten und entwickelt in einer Gegend Kaliforniens, die nicht umsonst bis heute den Namen Silicon Valley trägt. Im Vergleich zu den prominenten Köpfen der heutigen Tech-Giganten wirkt Moore fast schon schüchtern. In einem TV-Beitrag aus den 1990er-Jahren verrät er eines der Erfolgsrezepte von Intel: "In einem Geschäft wie diesem sind die Menschen, die die Macht haben, nicht zwangsweise diejenigen, die ganz weit oben stehen. Es ist sehr wichtig, dass die Menschen, die über das Wissen verfügen, auch die Entscheidungen treffen. Wir stellen sicher, dass jeder, der dieses Wissen hat, auch gleichberechtigt mitentscheiden kann." Today, we lost a visionary. Gordon Moore, thank you for everything. https://t.co/bAiBAtmd9K Das "Mooresche Gesetz" schreibt Computergeschichte Moore befeuerte die rasante Entwicklung der Computerchips mit einer gewagten These. 1965 sagte er voraus, dass sich die Kapazität der Halbleiter - also die Komplexität integrierter Schaltkreise - binnen einiger Monate verdoppeln lässt, immer und immer wieder. Und tatsächlich entwickelten sich die Chips so rasant, wie Moore es vorhergesagt hatte. Das Phänomen schreibt als "Mooresches Gesetz" Computergeschichte. Der langjährige Intel-Mitarbeiter und heutige Investor John Doerr stellt gegenüber CBS heraus: "Das 'Mooresche Gesetz' ist kein physikalisches Gesetz. Es ist das Ergebnis von Tausenden, Zehntausenden Menschen, die sich kontinuierlich verbessert haben." The world lost a giant in Gordon Moore, who was one of Silicon Valley’s founding fathers and a true visionary who helped pave the way for the technological revolution. All of us who followed owe him a debt of gratitude. May he rest in peace. Moore bis 1987 Vorstandschef bei Intel Bis heute treibt Intel das Rennen um immer bessere, stärkere und kleinere Chips voran. Noch immer ist der Konzern Weltmarktführer, auch wenn die Konkurrenz aufgeholt hat. Co-Gründer Moore lenkte die Strategie des Konzerns bis ins Jahr 1987 als Vorstandschef. Nun ist er nach Angaben von Intel im Kreise seiner Familie auf Hawaii gestorben - er wurde 94 Jahre alt. | /wirtschaft/intel-mitgruender-moore-trauer-101.html |
2023-03-25 | UN werfen beiden Seiten Exekutionen vor | Russlands Krieg gegen die Ukraine | Ohne Anklage und Prozess: Dutzende Kriegsgefangene sollen laut einer Untersuchung der UN seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine auf beiden Seiten willkürlich hingerichtet worden sein. Kiew betonte, es gebe keine Beweise für die Vorwürfe.
mehr | Ohne Anklage und Prozess: Dutzende Kriegsgefangene sollen laut einer Untersuchung der UN seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine auf beiden Seiten willkürlich hingerichtet worden sein. Kiew betonte, es gebe keine Beweise für die Vorwürfe. Die Vereinten Nationen haben sowohl Russland als auch die Ukraine beschuldigt, Kriegsgefangene ohne Gerichtsverfahren willkürlich hinzurichten. Man sei "zutiefst besorgt" über diese Exekutionen, sagte die Leiterin der UN-Mission zur Überwachung der Menschenrechte in der Ukraine, Matilda Bogner, bei der Vorstellung eines UN-Berichts in Kiew. Beide Seiten haben demnach Gefangene ohne Prozess und Anklage hingerichtet. Bislang seien Tötungen von bis zu 25 russischen und 15 ukrainischen Kriegsgefangenen in der Ukraine bekannt geworden. Die Taten seien "oft unmittelbar nach der Gefangennahme auf dem Schlachtfeld" verübt worden, sagte Bogner. Der UN seien dazu laufende Ermittlungen von ukrainischer Seite in fünf Fällen mit 22 Opfern bekannt. Es seien jedoch keine Verurteilungen von Tätern bekannt. Lubinez: Keine Beweise für Tötung russischer Kriegsgefangener Das Außenministerium in Kiew dankte der UN-Mission zur Überwachung der Menschenrechte in der Ukraine für ihre Nachforschungen, warnte aber zugleich vor jedem Versuch, "der als Gleichsetzung des Opfers mit dem Aggressor interpretiert werden könnte". Es sei "inakzeptabel", das "Opfer der Aggression" verantwortlich zu machen. Auch der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinez widersprach den UN-Angaben. Es gebe keine Beweise für die Tötung russischer Kriegsgefangener. Die Ukraine verletzte die Rechte der Gefangenen nicht und halte sich an internationale Abkommen, teilte er im Nachrichtenkanal Telegram mit. Bogner und ihre Kollegen hätten die Vorwürfe bei Treffen mit ihm nie angesprochen. Zugleich wies der Menschenrechtsbeauftragte auf eine Vielzahl russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine hin. Auf russischer Seite sind nach UN-Angaben elf der 15 bekannten Hinrichtungen durch die Wagner-Söldnergruppe verübt worden. Anfang März hatte ein Video einer mutmaßlichen Hinrichtung eines ukrainischen Kriegsgefangenen weltweit für große Empörung gesorgt. Russland gewährt keinen Zugang zu Kriegsgefangenen Die UN hätten über 400 Kriegsgefangene interviewt, so Bogner. Es seien zwar Gefangene von beiden Seiten befragt worden, doch gebe Russland den Vereinten Nationen keinen Zugang zu ukrainischen Kriegsgefangenen. Von etwas über 200 interviewten ehemaligen Gefangenen Russlands habe die Mehrzahl von Misshandlungen vor ihrer Internierung berichtet. Bei Verhören seien die Gefangenen vom russischen Militär und Geheimdienst geschlagen, an Strom angeschlossen, angeschossen, mit Messern verletzt und mit Scheinhinrichtungen bedroht worden. Die Haftbedingungen seien zudem auf russischer Seite sehr schlecht. Mindestens fünf Kriegsgefangene seien jeweils wegen unzureichender medizinischer Behandlung oder an den Misshandlungen gestorben. Hinrichtungen und Misshandlungen von Zivilisten Die Vereinten Nationen haben in dem inzwischen mehr als 13 Monate andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bisher mehr als 8300 getötete Zivilisten registriert. Die Organisation geht aber aufgrund des fehlenden Zugangs zu den russisch besetzten Gebieten von weitaus höheren Opferzahlen aus. Von den Todesfällen bei Zivilisten seien "mehr als 90 Prozent durch Raketen, Sprengstoffwaffen, Minen und explosive Rückstände verursacht worden", sagte Bogner. In den von Russland besetzten Gebieten seien Hinrichtungen von Zivilisten und willkürliche Festnahmen dokumentiert worden. Mindestens 621 Menschen seien entweder verschwunden oder gewaltsam von den russischen Besatzern festgenommen worden. Die Freigelassenen berichteten zu 90 Prozent von Folter und Misshandlungen. | /ausland/europa/krieg-gegen-die-ukraine-hinrichtungsvorwuerfe-der-un-101.html |
2023-03-24 | Bahn will Strompreisbremse nutzen | Medienbericht zu Energiekosten | Die Bahn ist der größte Stromverbraucher in Deutschland - und will laut einem Medienbericht als erster Konzern die Strompreisbremse nutzen. Doch die Bedingungen dafür dürften nicht allen Managern passen.
mehr | Die Bahn ist der größte Stromverbraucher in Deutschland - und will laut einem Medienbericht als erster Konzern die Strompreisbremse nutzen. Doch die Bedingungen dafür dürften nicht allen Managern passen. Seit Anfang des Monats greift für Haushalte und Firmen die Strom- und Gaspreisbremse: Die Preise werden für einen Basisbedarf gedeckelt. Als erstes Großunternehmen wird nun offenbar die Deutsche Bahn die Strompreisbremse in Anspruch nehmen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Konzernkreise. Demnach habe der Konzernvorstand die Entscheidung nach längerer Prüfung getroffen. Die hochverschuldete Bahn ist der größte Stromverbraucher in Deutschland und bekommt daher die gestiegenen Preise besonders deutlich zu spüren. Bahnchef Richard Lutz hatte in November von bis zu zwei Milliarden Euro Mehrkosten alleine beim Strom gesprochen. Keine Dividenden oder Manager-Boni Allerdings ist die Strompreisbremse an Bedingungen geknüpft: So muss ein Konzern, der sie in Anspruch nehmen möchte, einen Gewinnrückgang oder Verluste ausweisen. Zudem darf ein Unternehmen dann keine Manager-Boni und Dividenden auszahlen, was viele börsennotierte Firmen abgeschreckt hat. Dies trifft jetzt auch die Bahn-Manager. Eine Bahn-Sprecherin wollte sich zu dem Reuters-Bericht nicht äußern. Für besondere Unruhe habe gesorgt, dass die Bonus-Sperre bereits Zahlungen für 2022 betreffen könne, obwohl die Preisbremse erst ab Januar 2023 greift, sagten Konzernvertreter der Nachrichtenagentur. Es gebe hier unterschiedliche juristische Auffassungen. Die Bahn wolle Auszahlungen vorerst auf Eis legen, sagten Konzernvertreter. Bereits seit längerem ist bei der Bahn geplant, das Vergütungssystem zu reformieren. Boni sollen schrumpfen und dafür die regulären Gehälter angehoben werden. Damit will sich der Aufsichtsrat des Konzerns in der nächsten Woche befassen. Obwohl es sich um einen Staatskonzern handelt, hatte die Bahn in der Vergangenheit auch Dividenden zahlen müssen, die an den Bund flossen. Dieser investierte sie wiederum zurück ins Schienennetz. Da das Unternehmen aber 2022 erneut keinen Gewinn erzielt haben dürfte, könnte die Dividende ohnehin ausfallen. | /wirtschaft/unternehmen/bahn-strompreisbremse-101.html |
2023-03-24 | Häuser und Wohnungen werden billiger | Erstmals seit 2010 | Deutlich höhere Kosten für Kredite lassen die Nachfrage nach Wohnimmobilien sinken. Die Folge: Zum ersten Mal seit zwölf Jahren sind die Preise Ende 2022 deutschlandweit gesunken.
mehr | Deutlich höhere Kosten für Kredite lassen die Nachfrage nach Wohnimmobilien sinken. Die Folge: Zum ersten Mal seit zwölf Jahren sind die Preise Ende 2022 deutschlandweit gesunken. Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind zum Ende des vergangenen Jahres erstmals seit zwölf Jahren gesunken. Sie fielen von Oktober bis Dezember um durchschnittlich 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, teilte das Statistische Bundesamt mit. Das ist der erste Rückgang seit Ende 2010, als es ein Minus von 0,5 Prozent gegeben hatte. Im Vergleich zum Vorquartal fielen die Preise für Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser mit minus 5,0 Prozent noch deutlicher. Ende des Booms? Einen stärkeren Rückgang der Kaufpreise für Wohnimmobilien hatte es zuletzt im ersten Quartal 2007 mit minus 3,8 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2006 gegeben, teilten die Wiesbadener Statistiker mit. "Ausschlaggebend für den Rückgang der Kaufpreise dürfte eine gesunkene Nachfrage infolge gestiegener Finanzierungskosten und der anhaltend hohen Inflation sein." Mit dem rasanten Zinsanstieg ist der langjährige Boom auf dem deutschen Immobilienmarkt ins Stocken geraten, da Kredite teurer geworden sind. Im Gesamtjahr 2022 stiegen die Preise für Wohnimmobilien aufgrund der Zuwächse in den ersten drei Quartalen aber immer noch um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Jahr 2021 war mit plus 11,5 Prozent im Vorjahresvergleich der höchste Preisanstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 verzeichnet worden. Größeres Minus bei Häusern Sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen waren im letzten Quartal 2022 laut Statistik überwiegend Preisrückgänge zu verzeichnen. "Dabei sanken die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser stärker als die für Eigentumswohnungen", so die Statistiker. So verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser in den kreisfreien Großstädten im Vergleich zum Vorjahresquartal um 5,9 Prozent, während die Preise für Eigentumswohnungen in diesen Städten nur um 1,0 Prozent sanken. In den dünn besiedelten ländlichen Kreisen waren Ein- und Zweifamilienhäuser um 5,5 Prozent billiger, Eigentumswohnungen dagegen mit plus 0,1 Prozent nur geringfügig teurer. Preise immer noch unangemessen hoch In den Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt/Main, Stuttgart und Düsseldorf verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser um 2,9 Prozent, für Eigentumswohnungen waren 1,6 Prozent weniger zu zahlen. Nach Angaben der Bundesbank bleiben sehr viele Wohnimmobilien indes überbewertet. In den Städten lagen die Preise für Wohnimmobilien 2022 demnach immer noch zwischen 25 und 40 Prozent über dem eigentlich gerechtfertigten Niveau. Fachleuten zufolge dürfte sich der Trend sinkender Immobilienpreise fortsetzen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält dieses Jahr einen Rückgang um bis zu zehn Prozent für möglich, die DZ Bank erwartet Nachlässe von vier bis sechs Prozent. "Rückgänge werden moderat bleiben" Experten bezweifeln aber, dass Deutschland vor dem Platzen einer Immobilienblase steht. Der Wohnungsmarkt gilt als robust selbst in Wirtschaftskrisen, denn Immobilien werden oft konservativ und langfristig finanziert. Selbst wenn die Preise über einen längeren Zeitraum in Summe um 15 Prozent nachgäben, stünde der Markt auf dem Niveau von Anfang 2020, sagte Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer beim Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp), kürzlich. Zugleich lag die Zuwanderung nach Deutschland auch im Zuge des Ukraine-Kriegs auf Rekordniveau. Der Bedarf an Wohnungen dürfte daher weiter zunehmen, erklärte Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). "Die Preisrückgänge werden moderat bleiben", erwartet er. Dazu kommt, dass Wohnungen knapp bleiben, denn der Baubranche machen niedrige Zinsen und teure Materialien zu schaffen. Im Januar brach der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe weiter ein, vor allem der schwache Neubau belastet. Das dürfte die Immobilienpreise stützen. | /wirtschaft/konjunktur/haeuser-wohnungen-preisentwicklung-101.html |
2023-03-24 | Lösung im Verbrenner-Streit "sehr nah" | Regierung zuversichtlich | In der Ampelkoalition gab es verschiedene Auffassungen über den Stand im Verbrenner-Streit mit der EU. Verkehrsminister Wissing betonte nun: Eine Einigung sei "sehr nah". Auch Kanzler Scholz erwartet eine zügige Lösung.
mehr | In der Ampelkoalition gab es verschiedene Auffassungen über den Stand im Verbrenner-Streit mit der EU. Verkehrsminister Wissing betonte nun: Eine Einigung sei "sehr nah". Auch Kanzler Scholz erwartet eine zügige Lösung. Nach Unklarheiten über eine Beilegung des Streits über das Ende von Autos mit Verbrennermotor hat die Bundesregierung deutlich gemacht, dass sie in Kürze mit einer abschließenden Einigung rechnet. "Es sieht nun gut aus", sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing im ARD-Mittagsmagazin. Er habe den Eindruck man sei jetzt "sehr nah" an einer Lösung dran. "Jetzt müssen letzte juristische Fragen noch geklärt werden, was die technische Umsetzung dieses Vorschlags angeht", erklärte er am Nachmittag in Mainz. Etwa müsse die Frage geklärt werden, wo und wie das Element der "Technologie-Neutralität" ins europäische Recht komme, sagte Wissing. Er habe dazu einen Vorschlag gemacht, zu der die EU-Kommission Stellung bezogen habe. "Das stimmt mich optimistisch." Was die EU-Kommission vom deutschen Vorschlag hält, bleibt allerdings offen. Scholz: Einigung kommt "ziemlich zügig" Ein Optimismus, den auch Bundeskanzler Scholz beim EU-Gipfel in Brüssel teilte. "Ich weiß, dass Journalismus auch ein Unterhaltungsbusiness ist und dass sie es ganz doof finden, dass wir uns einfach einigen", sagte er. "Aber das wird schon passieren und zwar ziemlich zügig." Hintergrund ist eine grundsätzliche Einigung von Europaparlament und EU-Staaten, wonach in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Die Bundesregierung hatte diese Pläne laut Wissing um weitere Vorschläge ergänzt. "Wir stellen die Ziele, ab 2035 nur noch klimaneutrale Fahrzeuge zuzulassen, nicht in Frage. Das haben wir auch nie getan", betonte Wissing. Es gehe aber darum, dass der Verbrennungsmotor als technologische Option geschützt bleibe. Deutschland sei führend in dieser Technologie. Sie jetzt zu verbieten, habe keinen Sinn, so der FDP-Politiker. Sensortechnik für E-Fuels Ziel ist es, dass auch nach 20235 noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zuzgelassen werden dürfen, die E-Fuels tanken - also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden. Laut Nachrichtenagentur dpa betonte Wissing in Mainz, es müsse etwa durch Sensortechnik sichergestellt werden, dass nicht auch andere Kraftstoffe genutzt werden könnten. Kritiker des Vorhabens betonen, dass für die Herstellung von E-Fuels verhältnismäßig sehr viel Energie gebraucht wird und die Kraftstoffe knapp sind. Sie würden in der Luft- und Schifffahrt dringender gebraucht. Inhaltlich liegen die EU-Kommission und Wissing nicht weit auseinander und wollen mit einer Änderung der Euro-6-Verordnung eine neue Typenklasse für E-Fuels-Autos schaffen. Diese sollen ausschließlich mit E-Fuels zu betreiben sein und bei anderen Kraftstoffen sofort abschalten. Allerdings will Wissing den Weg über einen Rechtsakt gehen, der wiederum von Parlament und auch Mitgliedsstaaten gestoppt werden könnte. Die Kommission wollte dies rein über technische Änderungen schneller und aus ihrer Sicht einfacher regeln. Zudem möchte Wissing eine Anrechnung von E-Fuels-Fahrzeugen auf die CO2-Vorgaben der EU. Unterschiedliche Ansichten vom Stand der Gespräche Zuvor hatte es Unklarheiten beim Stand der Gespräche gegeben. So sagte Wissing der dpa, man habe sich eng mit der EU-Kommission beraten und ihr nach sorgfältiger Prüfung einen konstruktiven Lösungsvorschlag übermittelt. "Wir gehen davon aus, dass damit nicht nur alle inhaltlichen, sondern auch die rechtlichen Fragen hinreichend beantwortet sind." Einer Genehmigung neuzugelassener Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden, sollte damit auch nach 2035 nichts mehr im Wege stehen. Man erwarte nun, dass die Kommission eine entsprechende Erklärung abgebe, zeitliche Zielmarken nenne und den Prozess für entsprechende Rechtsakte angehe. Sein Parteikollege, Bijan Djir-Sarai, hatte eine Einigung jedoch bestritten. "Ich kann das nicht bestätigen, dass dieser Streit vom Tisch ist", sagte der FDP-Generalsekretär im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Dies sei erst der Fall, wenn die EU-Kommission eine "ganz klare rechtliche Vorgabe" vorlege. | /inland/wissing-verbrenner-101.html |
2023-03-24 | "Anleger müssen nicht um ihr Geld fürchten" | Folgen der Bankenpleiten | Nach den Bankenpleiten in den USA und der Schweiz sind viele Menschen verunsichert. Nun sackten Bankaktien erneut ab. Im Interview erläutert Anlage-Profi Christian Kahler, was Sparer und Kleinanleger beachten sollten.
mehr | Nach den Bankenpleiten in den USA und der Schweiz sind viele Menschen verunsichert. Nun sackten Bankaktien erneut ab. Im Interview erläutert Anlage-Profi Christian Kahler, was Sparer und Kleinanleger beachten sollten. tagesschau.de: Herr Kahler, müssen sich Sparer angesichts der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor Sorgen um ihr Erspartes machen? Christian Kahler: Meine Meinung ist: nein. Wir sehen eine Marktbereinigung, die im kapitalistischen System dazu gehört. Schwache Banken - in dem Fall die Silicon Valley Bank in den USA und auch die Credit Suisse in der Schweiz - haben Fehler gemacht, teils schwerwiegende Fehler, und das über viele Jahre. Dass eine Systemkrise droht und Anleger um ihr Geld fürchten müssen, das sehe ich nicht. Nationale und EU-weite Einlagensicherung tagesschau.de: Wie sicher ist das Ersparte, das auf einer deutschen Bank oder Sparkasse auf dem Girokonto liegt? Kahler: Die Kundeneinlagen sind geschützt durch das Gesetz. Das heißt Festgeld und auch Spareinlagen. Das Einlagensicherungsgesetz gibt es seit den 1970er-Jahren, und dadurch sind deutsche Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken verpflichtet, die Einlagen der Kunden zu schützen. (Anmerkung der Redaktion: Seit 2015 gilt das für ein Bankguthaben von bis zu 100.000 Euro je Anleger und Institut) Und ich kann mich nicht erinnern, dass das in den vergangenen 40, 50 Jahren bei den großen Geldinstituten ein einziges Mal in Anspruch genommen wurde. tagesschau.de: Stichwort: Einlagensicherung: Wie sieht es mit außereuropäischen Banken aus? Ist das eigene Geld dort genauso sicher wie auf einer deutschen Bank oder Sparkasse? Kahler: Das ist ein EU-weites Gesetz. Das heißt, das Geld ist auf den Banken der Länder in der Eurozone genauso sicher wie hier. (Anmerkung der Redaktion: Das Verbraucherportal Finanztip empfiehlt ausschließlich Banken, die der gesetzlichen Einlagensicherung in einem wirtschaftlich starken europäischen Land angehören.) "Krisen gehören zum Börsenalltag dazu" tagesschau.de: Angesichts der hohen Inflation und im Verhältnis dazu sehr magerer Zinsen auf dem Tagesgeldkonto ist es ohnehin Wertvernichtung, das Ersparte einfach auf dem Konto liegen zu lassen. Viele Deutsche tun es weiterhin. Doch immer mehr Menschen entdecken auch Aktien, insbesondere Aktiensparpläne, für sich. Was sollten Kleinanleger angesichts der jüngsten Turbulenzen beachten? Kahler: Ich empfehle grundsätzlich einen Ratensparplan - also monatlich oder quartalsweise eine gewisse Summe besparen und sich so dem Thema nähern. Dann hat man erfahrungsgemäß langfristig ganz gute Chancen, dass es gut läuft. Aus meiner Erfahrung macht es mal Sinn, in Krisen quasi gegen die eigene Handlungsmaxime zu handeln und dann vielleicht ein bisschen mehr zu sparen als man könnte. Wovon ich aber abrate, ist, wenn jemand eine Erbschaft gemacht hat oder Geld geschenkt bekommen hat, alles auf einmal zu investieren. Das ist keine gute Idee. Besser über ein halbes Jahr oder über ein Jahr hinweg die Summe anlegen. tagesschau.de: Welchen Tipp haben Sie als Anlage-Profi, wie soll man mit Krisen wie diesen umgehen? Kahler: Krisen gehören zum Börsenalltag dazu. Als Anleger ist man gut damit bedient, das kontinuierlich auszublenden. tagesschau.de: Und neben Diversifizierung der Anlage wird immer dazu geraten, einen langfristigen Anlagehorizont zu haben, richtig? Kahler: Wenn ich an der Börse aktiv bin, würde ich immer sagen: mindestens sieben, zehn Jahre rechnen. Gerne auch deutlich mehr. tagesschau.de: Aktiendepots, ETF und andere Fonds sind nicht von der Einlagensicherung geschützt. Was passiert, wenn die Bank oder das Institut, wo ich meinen Fonds-Sparplan habe, Pleite geht oder übernommen wird? Kahler: Die gute Nachricht ist, dass das Geld dann immer noch da ist. Weil: Wenn ich Geld in Form eines Fonds bei einer Bank halte, ist es ein sogenanntes Sondervermögen. Das heißt, das wird von dem Kapital der Bank getrennt. Deswegen heißt es auch Sondervermögen, es liegt eben bei einer bei einer neutralen Verwahrstelle. Und ich sage mal als Beispiel, wenn meine Bank vor Ort Pleite geht, und ich habe da einen Aktienfonds, dann habe ich nicht zu befürchten, dass das Geld weg ist oder irgendwie beschlagnahmt wird. Das ist sicher. Ähnliche Symptome, aber andere Ursachen tagesschau.de: Trotz der Achterbahnfahrt an den Finanzmärkten sehen Ihre Ex-Kollegen von der DZ-Bank den DAX zum Jahresende schon bei 16.000 Punkten. Teilen Sie diese Ansicht und wenn ja, wieso erwarten Sie keinen Einbruch? Kahler: Ich halte mich aus diesen Prognosen raus, weil es einfach unfassbar schwierig ist. Man weiß ja noch nicht einmal, wo der DAX Anfang nächster Woche steht. Wir haben jetzt seit mehreren Monaten sehr schlechte Nachrichten und eine sehr schlechte Marktstimmung. Aber aus Erfahrung weiß man, dass es wieder besser werden wird. Und wenn man in Krisenphasen oder auch in Rezessionsjahren einsteigt am Aktienmarkt, macht man langfristig eigentlich immer einen ganz guten Schnitt, und deshalb teile ich schon ein Stück weit den Optimismus, dass der DAX in einem Jahr vielleicht sogar höher steht als heute. tagesschau.de: Mal generell gefragt, Sie als jahrelanger Kenner der Branche: Erleben wir gerade den Beginn einer Bankenkrise, oder sind es einzelne Institute, die ins Straucheln geraten? Kahler: Wir sehen jetzt Symptome, die sind ähnlich wie bei der Lehman-Brothers-Krise 2008/2009, aber die Ursachen sind ganz andere als damals. Wir haben erhebliche Probleme gesehen bei der Credit Suisse die letzten Jahre, wo auch diese Selbstbedienungsmentalität dazu beigetragen hat, dass es schlechter wurde. Und die Silicon Valley Bank ist auch ein Sonderfall. Dass es jetzt zu einer weltweiten Bankenkrise kommen wird oder zu Domino-Effekten, das glaube ich nicht. Aber man muss sich auch klar machen, das Thema ist nicht nächste Woche vom Tisch. tagesschau.de: Wir sehen aktuell, dass die Bankaktien kurz vorm Wochenende wieder einbrechen, insbesondere die der Deutschen Bank. Und gestiegen sind die Kosten für sogenannte Credit Default Swaps, also Kreditausfallversicherungen, die Halter von Anleihen der Deutschen Bank gegen mögliche Kreditausfälle absichern. Wie erklären Sie das? Kahler: Der Markt ist nervös. Anleger befürchten jetzt, dass noch mehr "faule Eier" unter den Banken sind und dass es eine Ansteckungsgefahr gibt. Bei der einen oder anderen Bank wird jetzt sicher auch Geld abgezogen. Und viele Profi-Investoren versuchen jetzt dieses Risiko zu verringern, in dem sie sich absichern. Das Interview führte Bianca von der Au, tagesschau.de | /wirtschaft/finanzen/banken-krise-spareinlagen-geld-interview-kahler-101.html |
2023-03-24 | Kommt jetzt die Abwrackprämie? | Streit über Gas- und Ölheizungen | Seit Tagen streitet sich die Ampel-Koalition über das geplante Verbot von neuen Gas- und Ölheizungen. Nun soll es offenbar erste Kompromisse geben. Demnach sind Abwrackprämien für alte Heizkessel im Gespräch.
mehr | Seit Tagen streitet sich die Ampel-Koalition über das geplante Verbot von neuen Gas- und Ölheizungen. Nun soll es offenbar erste Kompromisse geben. Demnach sind Abwrackprämien für alte Heizkessel im Gespräch. Im Streit über Gas- und Ölheizungen wird in der Bundesregierung über eine sogenannte Abwrackprämie diskutiert. "Wir stehen dem erstmal offen gegenüber, fänden das positiv", sagte eine Sprecherin des SPD-geführten Bundesbauministeriums. Es handele sich bisher aber nur um einen Diskussionsbeitrag. Zuvor hatte der "Spiegel" darüber berichtet. Demnach sei eine "Abwrackprämie für alte Heizkessel" im Gespräch, ähnlich wie nach der Finanzkrise 2009 bei Autos. Haushalte mit geringem Einkommen sollen profitieren Die Abwrackprämie soll nach "Spiegel"-Informationen aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden, in den Erlöse des Staates unter anderem aus dem Emissionshandel fließen. Davon sollten vor allem Haushalte mit geringeren oder mittleren Einkommen profitieren. Für Wohnungs- und Hausbesitzende vor allem mit höheren Einkommen seien günstige Kredite für die Anschaffung einer Wärmepumpe vorgesehen. Erleichterungen soll es laut "Spiegel" auch für Mieterinnen und Mieter geben, die vom Austausch der Heizung in ihrem Haus betroffen sind. Gehe die Heizung kaputt, könne der Wohnungsbesitzer diese Kosten nunmehr nur zu einem geringeren Teil per Modernisierungsumlage auf die Mieter umwälzen, hieß es unter Berufung auf Angaben aus Regierungskreisen. Regierungssprecher: Vorschlag "wäre mir neu" Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte zu einer möglichen Abwrackprämie allerdings, ein solcher Vorschlag "wäre mir neu". Ein Sprecher von Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte, dieser Begriff sei "nicht von unserem Haus in die Diskussion gebracht worden". In der Koalition wird um die Neuregelungen für Gebäudeheizungen derzeit heftig gestritten. Ein gemeinsamer Referentenentwurf des Bau- und des Wirtschaftsministeriums sieht vor, dass ab 2024 keine Öl- und Gasheizungen mehr in Neubauten eingebaut werden dürfen. Alle neu verbauten Heizungsanlagen müssen ihre Heizwärme zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen. Dies ist Experten zufolge mit Öl- und Gasanlagen nicht machbar, sondern nur mit alternativen Anlagen wie etwa Wärmepumpen oder durch einen Anschluss an Fernwärme. Habeck: Abwrackprämie gibt es faktisch schon Der Referentenentwurf sorgte für koalitionsinterne Kritik. Der FDP geht das Vorhaben zu weit. Über das Thema dürfte am Sonntag im Koalitionsausschuss verhandelt werden. Laut "Spiegel" gibt es auch in dieser Frage Bewegung. So könnten in Neubauten auch Heizungen zugelassen werden, die mit Biomethan oder grünem Wasserstoff betrieben werden, hieß es. Am Rande einer Reise nach Kopenhagen antwortete Habeck auf die Frage, ob eine Abwrackprämie für alte Heizkessel denkbar sei, eine solche gebe es faktisch schon. Er verwies auf die bestehende Förderung, durch die der Einbau einer Wärmepumpe oder der Austausch mit bis zu 40 Prozent der Investitionskosten bezuschusst werde. Dies sei aber für die Zukunft noch nicht spezifisch und ausreichend genug, denn es handle sich um eine einkommensunabhängige, pauschale Zahlung. Union hatte bereits Abwrackprämie ins Spiel gebracht Dem "Spiegel"-Bericht zufolge wird auch erwogen, dass Wohnungs- und Hausbesitzer mit höheren Einkommen günstige Kredite für die Anschaffung einer Wärmepumpe erhalten könnten. Außerdem solle es auch dabei bleiben, dass man die Investition zu 20 Prozent von der Einkommenssteuer abschreiben könne, was insbesondere für Gutverdiener eine finanziell interessante Option sei. Eine Abwrackprämie hatte zuvor bereits die Union ins Spiel gebracht. Am vergangenen Montag forderte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in der "Bild"-Zeitung einen Klimabonus für den Austausch alter Heizungen in Höhe von 80 Prozent der Kosten. Zudem müsse es eine "Abwrackprämie für Energiefresser" geben. "Es braucht Anreize statt Verbote, um die Menschen davon zu überzeugen, dass Klimaschutz auch wirtschaftlich sinnvoll ist", sagte Dobrindt der "Bild". Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung sagte, die Wärmewende könne nur "mit Fördern und Fordern" gelingen, "mit Verbieten und Verordnen fährt sie vor die Wand". | /inland/abwrackpraemie-heizung-gas-oel-101.html |
2023-03-24 | 34 Menschen nach Bootsunglück vermisst | Küste vor Tunesien | Vor der Küste Tunesiens werden 34 Migranten nach einem Bootsunglück vermisst - nur vier Menschen konnten bislang gerettet werden. Es war der fünfte Schiffbruch innerhalb von zwei Tagen. Das Land selbst steckt in einer tiefen Krise.
mehr | Vor der Küste Tunesiens werden 34 Migranten nach einem Bootsunglück vermisst - nur vier Menschen konnten bislang gerettet werden. Es war der fünfte Schiffbruch innerhalb von zwei Tagen. Das Land selbst steckt in einer tiefen Krise. Nach einem Bootsunglück vor der Küste Tunesiens werden 34 Flüchtende vermisst. Vier der 38 Menschen an Bord hätten gerettet werden können, sagte ein Gerichtssprecher in der tunesischen Hafenstadt Sfax. Demnach war das Boot am Donnerstag vor der Küste der Region Sfax Richtung Italien gestartet und heute vor der tunesischen Küste gesunken. Alle Menschen sollen aus Ländern südlich der Sahara kommen. Es war der fünfte Schiffbruch innerhalb von zwei Tagen, womit sich die Gesamtzahl der Vermissten nach tunesischen Angaben auf 67 erhöhte. Zuletzt hatten viele aus Subsahara-Staaten stammende Menschen versucht, Tunesien zu verlassen. 750 Migranten vor Italiens Küste gerettet Die italienische Küstenwache teilte am Donnerstag mit, sie habe in zwei getrennten Einsätzen rund 750 Migranten vor der süditalienischen Küste gerettet. Stunden zuvor waren bei einer versuchten Überfahrt von Tunesien aus mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen und 33 wurden vermisst. Ein Vertreter der Nationalgarde sagte, die Küstenwache habe in zwei Tagen 56 Boote auf dem Weg nach Italien gestoppt und mehr als 3000 Migranten, vor allem aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara, festgenommen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind in diesem Jahr mindestens 12.000 Migranten von Tunesien aus nach Italien gelangt - verglichen mit 1300 im gleichen Zeitraum des Jahres 2022. Tunesien steckt in einer Wirtschaftskrise Der tunesische Präsident, Kais Saied, hatte im vergangenen Monat in einer Rede gefordert, gegen die illegale Einwanderung von Menschen aus Ländern südlich der Sahara vorzugehen. Die Rede stieß international auf breite Empörung. Tunesien ist an einigen Stellen weniger als 150 Kilometer von der italienischen Insel Lampedusa entfernt - einem der wichtigsten Anlaufpunkte für Menschen aus Tunesien und anderen afrikanischen Ländern, die nach Europa wollen. Das Land steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Es ist hoch verschuldet und verhandelt mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein Rettungsdarlehen in Höhe von zwei Milliarden Euro. Situation ist "sehr, sehr gefährlich" Frankreich und Italien riefen zur Unterstützung des Landes auf. Der französische Präsident Emmanuel Macron forderte, "gemeinsam" auf europäischer Ebene zu handeln, um Tunesien zu helfen und eine "Kontrolle der Auswanderung" zu ermöglichen. Macron betonte, es müsse "sehr kurzfristig gelingen, die Migrationsströme aus Tunesien zu stoppen". Er habe darüber mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gesprochen. "Vielleicht ist sich nicht jeder der Risiken bewusst, denen wir in Bezug auf die Situation in Tunesien ausgesetzt sind, und der Notwendigkeit, die Stabilität in einem Land zu unterstützen, das ernsthafte finanzielle Probleme hat", sagte Meloni. "Wenn wir diese Probleme nicht angemessen angehen, besteht die Gefahr, dass es zu einer objektiv beispiellosen Migrationswelle kommt." Meloni bestätigte auch Pläne für eine Mission in Tunesien, an der auch die Außenminister Italiens und Frankreichs beteiligt sein sollen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte am Montag gesagt, die Situation in Tunesien sei "sehr, sehr gefährlich". "Wenn das Land wirtschaftlich oder sozial zusammenbricht, werden neue Migrantenströme nach Europa kommen. Diese Situation müssen wir vermeiden." | /ausland/afrika/tunesien-bootsunglueck-migranten-vermisst-101.html |
2023-03-24 | ++ UN besorgt über Hinrichtungen ++ | Russlands Krieg gegen die Ukraine | Die Vereinten Nationen haben sich besorgt über Hinrichtungen von Kriegsgefangenen gezeigt. Bundeskanzler Scholz hat von China gefordert, mit der ukrainischen Führung zu sprechen. Alle Entwicklungen im Liveblog.
mehr | Die Vereinten Nationen haben sich besorgt über Hinrichtungen von Kriegsgefangenen gezeigt. Bundeskanzler Scholz hat von China gefordert, mit der ukrainischen Führung zu sprechen. Alle Entwicklungen im Liveblog. UN besorgt über Hinrichtungen von KriegsgefangenenScholz: China sollte auch mit Ukraine sprechenEstland verweist russischen Diplomaten des LandesKreml: Bei Pipeline gefundenes Objekt identifizierenLondon: Russland fehlt es an militärischen Ausbildern Russland wirft Slowakei Vertragsbruch vor Russland hat der Slowakei wegen der Übergabe der aus Sowjetzeiten stammenden Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 an die Ukraine Vertragsbruch vorgeworfen. Es sei laut einem 1997 geschlossenen Vertrag nicht zulässig, die Maschinen ohne Zustimmung Russlands einem anderen Staat zu überlassen, teilte der Föderale Dienst für die militärtechnische Zusammenarbeit in Moskau mit. Auf der Seite des russischen Außenministeriums war zudem der Vertrag einsehbar. Moskau sprach von einem "unfreundlichen Akt" und einem Verstoß gegen die internationalen Pflichten der Slowakei. Die slowakische Politik hat bisher nicht öffentlich reagiert auf die russischen Vorwürfe, die zuvor auch Moskaus Botschaft in Bratislava geäußert hatte. Die Slowakei hatte am Donnerstag vier Flugzeuge an die Ukraine übergeben. Weitere neun sollen folgen. Rettungsdienste korrigieren Opferzahl nach russischem Angriff Bei russischen Angriffen auf die ostukrainische Stadt Kostjantyniwka sind ukrainischen Angaben zufolge drei Menschen ums Leben gekommen. Davon berichteten die Nachrichtenagenturen dpa und AFP. Bei dem Raketenbeschuss in der Nacht zu Freitag seien zudem zwei Menschen verletzt worden, erklärten die Rettungsdienste im Kurznachrichtendienst Telegram und korrigierten damit frühere Angaben, wonach fünf Menschen bei den Angriffen getötet worden seien. Gemeinsame nordische Flugabwehr geplant Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark haben heute Pläne für eine geeinte nordische Flugabwehr gegen eine Bedrohung aus Russland bekanntgegeben. Eine entsprechende Absichtserklärung sei vergangene Woche auf dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland unter Anwesenheit hochrangiger US-Militärs unterzeichnet worden, teilten sie mit. Ziel ist es demnach, gemeinsam nach bestehenden NATO-Vorgaben zu agieren. Die Verzahnung der Luftwaffen sei durch Russlands Einmarsch in die Ukraine angestoßen worden, sagte der Kommandeur der dänischen Luftwaffe, Jan Dam, der Nachrichtenagentur Reuters. Zusammen verfügen die vier Staaten über mehr als 400 Kampfflugzeuge - so viele wie ein großes europäisches Land. USA verschärfen Sanktionen gegen Belarus Die US-Regierung hat die Sanktionen gegen Belarus ausgeweitet. Konkret seien zwei Staatsunternehmen, die zentrale Wahlkommission, das Präsidentenflugzeug von Machthaber Alexander Lukaschenko sowie mehrere Einzelpersonen von den Strafmaßnahmen betroffen, wie das amerikanische Finanzministerium mitteilte. Hintergrund der Sanktionen seien das brutale Vorgehen der Lukaschenko-Regierung gegen die Demokratiebewegung des Landes, Menschenrechtsverstöße und die Unterstützung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, teilte das US-Außenministerium mit. Eine Folge der Sanktionen sei, dass etwaige Vermögenswerte der Betroffenen in den USA eingefroren werden - Geschäfte mit ihnen würden US-Bürgern untersagt. Auch internationale Geschäfte werden demnach durch die Sanktionen für Betroffene meist deutlich schwieriger. Das Regierungsflugzeug sei als Eigentum, aus dem Lukaschenko Nutzen ziehe, ebenfalls von den Sanktionen betroffen, erklärte das Finanzministerium. Außerdem seien gegen 14 Einzelpersonen Visarestriktionen erlassen worden. UEFA will über Ausschluss von Belarus beraten Der Europäische Fußballverband (UEFA) will nach Forderungen von EU-Parlamentariern wohl über einen möglichen Ausschluss von Teams aus Belarus beraten. Das teilte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin in einem Brief an Mitglieder des EU-Parlaments mit, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. "Es ist seit Langem die Absicht der UEFA, die Situation von Belarus bei der nächsten Sitzung unseres Exekutivkomitees zu erörtern", schrieb Ceferin. Das Treffen findet am 4. April in Lissabon statt. EU-Parlamentarier hatten gefordert, wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine nicht nur Mannschaften aus Russland auszuschließen, sondern auch aus Belarus. Die UEFA beobachte die besorgniserregenden Entwicklungen, "die Sie in Ihrem Schreiben genannt haben", genau, schrieb Ceferin in dem Brief. Die diesbezüglich zu treffenden Entscheidungen würden aber "ausschließlich" in die Kompetenz des UEFA-Exekutivkomitees fallen, hieß es weiter. UN besorgt über Hinrichtungen von Kriegsgefangenen Die Vereinten Nationen haben sich "zutiefst besorgt" gezeigt über bekannt gewordene Hinrichtungen zahlreicher Kriegsgefangener seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als einem Jahr. "Das wurde oft unmittelbar nach der Gefangennahme auf dem Schlachtfeld verübt", sagte die Leiterin der UN-Menschenrechtskommission (OHCHR) in der Ukraine, Matilda Bogner, auf einer Pressekonferenz in Kiew. Auf russischer Seite würden die Verbrechen oft von der berüchtigten Söldnergruppe Wagner verübt, hieß es. Von 15 bekanntgewordenen Tötungen von ukrainischen Soldaten würden elf den Wagner-Kämpfern zugeordnet. Tiefe Besorgnis äußerte Bogner auch "über die Hinrichtung von bis zu 25 russischen Kriegsgefangenen und außer Gefecht gesetzten Personen durch die ukrainischen Streitkräfte, die wir dokumentiert haben". Zugleich laufen Untersuchungen der ukrainischen Staatsanwaltschaft zu Misshandlungen von Kriegsgefangenen in fünf Fällen mit insgesamt 22 Opfern. Laut OHCHR kämen die Ermittlungen jedoch nur schleppend voran. Es sei noch zu keiner Anklage gekommen. Die Vereinten Nationen befragten für ihren Bericht eigenen Angaben zufolge mehr als 400 Menschen auf beiden Seiten, die in Kriegsgefangenschaft sind oder waren. Russland wurde dabei vorgeworfen, den internationalen Beobachtungsteams keinen Zugang zu den ukrainischen Gefangenen zu gewähren. Von etwas mehr als 200 bereits wieder befreiten Ukrainern habe die Mehrzahl von Misshandlungen vor ihrer Internierung berichtet, hieß es. Bei Verhören seien die Gefangenen vom russischen Militär und Geheimdienst geschlagen, an Strom angeschlossen, angeschossen, mit Messern verletzt und mit Scheinhinrichtungen bedroht worden. Die Haftbedingungen seien zudem auf russischer Seite sehr schlecht. Kopenhagen und Kiew wollen Städtepartnerschaft Die dänische Hauptstadt Kopenhagen und die ukrainische Hauptstadt Kiew gehen unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs in der Ukraine eine Städtefreundschaft ein. Das bestätigte ein Sprecher der Kopenhagener Oberbürgermeisterin Sophie Hæstorp Andersen der Nachrichtenagentur dpa. Andersen und Kiews Oberbürgermeister Vitali Klitschko müssen das Abkommen noch unterschreiben, das zunächst für drei Jahre gilt. Damit verbunden sind nach Angaben der Nachrichtenagentur Ritzau unter anderem der kulturelle Austausch zwischen den beiden Städten und ein Ferienlager für ukrainische Kinder in Kopenhagen. Scholz in Brüssel: China sollte auch mit Ukraine sprechen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in Brüssel von China gefordert, auch mit der ukrainischen Führung Gespräche zu führen. Damit verweist Scholz auf ein Treffen des chinesischen Staatschefs Xi Jinping mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. Außerdem bekräftigte Scholz, die EU-Staaten würden die Ukraine so lange unterstützen wie nötig. Damit wiederholte Scholz sein Versprechen vom Vortag. Ukraine meldet weitere Tote Zivilisten In der Region Cherson im Süden der Ukraine, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gestern besuchte, kam nach Angaben der Ukraine ein Mensch durch russischen Beschuss ums Leben. Ein weiteres Todesopfer habe es in der Stadt Biloserka gegeben. Erst am Mittwoch waren bei einem russischen Drohnenangriff auf eine weiterführende Schule und ein Wohnheim in Cherson mindestens neun Menschen getötet worden. Russland: Ukrainische Drohnen in Odessa zerstört Das russische Verteidigungsministerium sagte, seine Streitkräfte hätten einen Hangar zerstört, in dem Drohnen der ukrainischen Streitkräfte in der südwestlichen Region Odessa des Landes untergebracht seien. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Selenskyj soll Karlspreis am 14. Mai erhalten Der Karlspreis soll dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am 14. Mai verliehen werden. "Wir arbeiten auf diesen Termin hin", sagte eine Sprecherin der Stadt Aachen. Ob es wirklich dabei bleibe, hänge von der weiteren Entwicklung in der Ukraine ab. Traditionell findet die Karlspreis-Verleihung eigentlich am Feiertag Christi Himmelfahrt (18. Mai) statt, dies sei aber wegen Terminkollisionen nicht möglich. Auch der genaue Rahmen der Feier stehe noch nicht fest. Ob Selenskyj persönlich komme oder per Video zugeschaltet werde, werde sich möglicherweise erst sehr kurzfristig entscheiden, sagte die Sprecherin. Zuvor hatte die "Aachener Zeitung" berichtet. Selenskyj und das ukrainische Volk erhalten den Karlspreis 2023 für ihre Verdienste um Europa. Kristersson: Ungarn will NATO-Beitritt Schwedens nicht verzögern Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hat dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson nach dessen Angaben versichert, den NATO-Beitritt Schwedens nicht verzögern zu wollen. Ungarn habe nicht die Absicht, ein Land auf dem Weg in die NATO aufzuhalten, erklärte Kristersson laut einem Bericht der schwedischen Nachrichtenagentur TT. Das habe Orban ihm am Rande des EU-Gipfels in Brüssel gesagt. Eine Erklärung dafür, weshalb das ungarische Parlament die Beitrittsanträge aus Schweden und Finnland anscheinend getrennt behandeln wolle, habe Kristersson aber nicht bekommen. Estland verweist russischen Diplomaten des Landes Estland hat erneut einen Mitarbeiter der russischen Botschaft in Tallinn zur unerwünschten Person erklärt und des Landes verwiesen. Auf Aufforderung des Außenministeriums muss der Diplomat den baltischen EU- und NATO-Staat bis zum 29. März verlassen. Darüber er informiert worden, hieß es in einer Mitteilung. Begründet wurde die Ausweisung mit Handlungen, die gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen verstoßen hätten. "Der fragliche Diplomat war direkt und aktiv daran beteiligt, Estlands Sicherheit und verfassungsmäßige Ordnung zu untergraben und Propaganda zu verbreiten, die Russlands militärische Aktivitäten rechtfertigt und zu Spaltungen in der estnischen Gesellschaft führt", teilte das Außenministerium mit. In dem im Osten an Russland grenzenden Estland lebt eine große russischstämmige Minderheit. Russland: Wollen keinen "direkten Konflikt" mit NATO Russland hat nach Worten des ehemaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedjew nicht vor, in einen "direkten Konflikt" mit der NATO zu kommen. Russland sei vielmehr an einer Lösung der "Ukraine-Krise durch Gespräche" interessiert, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Er warnte allerdings, jeder ukrainische Versuch, die Halbinsel Krim wieder zurückzugewinnen, wäre für Russland ein Grund, "absolut jede Waffe" gegen Kiew einzusetzen. Kreml: Bei Pipeline gefundenes Objekt identifizieren Das in der Nähe der Nord Stream-Pipeline gefundene Objekt sollte nach Ansicht des Kremls identifiziert werden. Die laufenden Ermittlungen zu den Explosionen, die die Pipelines im vergangenen September erschütterten, müssten mit voller Transparenz durchgeführt werden, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Es sei ein positives Zeichen, dass Dänemark den Betreiber der Nord Stream 2-Pipeline eingeladen habe, bei der Bergung des Objekts zu helfen. Man müsse herausfinden, ob das Objekt mit dem "terroristischen Akt in Verbindung" stehe, so Peskow weiter. Vergangene Woche hatten die dänischen Behörden mitgeteilt, dass bei einer Inspektion der letzten noch intakten Nord Stream-Pipeline durch die Nord Stream 2 AG ein röhrenförmiges Objekt mit einem Durchmesser von 10 cm gefunden wurde, das etwa 40 cm aus dem Meeresboden ragt. Die Nord Stream 2 AG gehört dem russischen Gaskonzern Gazprom. Ukraine meldet getötete Zivilisten bei russischen Angriffen Russische Raketeneinschläge und Granatenbeschuss haben nach Angaben ukrainischer Behörden innerhalb eines Tages mindestens neun Zivilisten in der Nord- und Ostukraine getötet. Nach Angaben der Rettungsdienste wurden allein in der Stadt Kostjantyniwka in der Region Donezk fünf Zivilisten durch Beschuss einer humanitären Hilfseinrichtung getötet. Unter den Toten sollen Binnenvertriebene sein. Das Büro von Präsident Wolodymyr Selenskyj gab laut Nachrichtenagentur Reuters zudem an, dass bei intensivem Beschuss von Bilopillja in der nördlichen Region Sumy zwei Menschen getötet und neun verwundet wurden. Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte ein Video auf Twitter, das die Zerstörung zeigen soll. The results of russian airstrike at Bilopilya, Sumy region.Two people are reported dead.The terrorist will never stop until they are stopped.#russiaisaterroriststate 📹 @suspilne_news https://t.co/XKUIMvfDf8 London: Russland fehlt es an militärischen Ausbildern Die russische Armee hat nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten zunehmend Schwierigkeiten, ihre Rekruten auszubilden. Das geht aus dem täglichen Update des Londoner Verteidigungsministeriums zum Ukraine-Krieg hervor. Demnach wurden kürzlich 1000 Soldaten nach Übungen in einem Lager in Belarus wieder in die Ukraine verlegt. "Obwohl keine neue Truppenverlegung dorthin festgestellt wurde, hat Russland das Zeltlager höchstwahrscheinlich an Ort und Stelle belassen, was darauf hindeutet, dass sie das Übungsprogramm fortsetzen", so die britischen Experten. Die Tatsache, dass Russland sich bei der Ausbildung seines Personals auf die weit weniger erfahrene belarussische Armee verlasse, sei ein Anzeichen dafür, dass der Krieg in der Ukraine das russische Ausbildungsprogramm aus dem Gleichgewicht gebracht habe. Russische Ausbilder seien weitgehend in der Ukraine im Kampfeinsatz. Die indirekte Unterstützung durch Belarus werde aber wohl auch als wichtiges politisches Signal in Moskau gewertet. Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 24 March 2023.Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/rQBoHmhsbB🇺🇦 #StandWithUkraine 🇺🇦 https://t.co/leo9MwlOvq Medwedjew: Russland könnte bis Kiew oder Lwiw vorrücken Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedjew schließt russischen Medienberichten zufolge nicht aus, dass russische Truppen bis nach Kiew oder Lwiw vorrücken. "Nichts kann hier ausgeschlossen werden. Wenn man nach Kiew gehen muss, dann muss nach Kiew gehen, wenn nach Lwiw, muss man nach Lwiw gehen, um diese Infektion zu zerstören", zitiert ihn die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti. Blinken schließt langfristig Verhandlungen über Grenzen der Ukraine nicht aus US-Außenminister Antony Blinken schließt langfristig Verhandlungen über die künftigen Grenzen der Ukraine nicht aus. Die Entscheidung darüber liege aber bei den Ukrainern, betonte er vor einem Parlamentsausschuss in Washington. Jeder eventuelle Friedensschluss müsse "gerecht und dauerhaft" sein. Die Unabhängigkeit und territoriale Integrität der Ukraine müsse gewahrt bleiben, betonte Blinken. "Aber wie diese konkret im Territorium definiert wird, da warten wir, dass die Ukrainer uns das sagen." Zugleich fügte der US-Außenminister hinzu: "Ich glaube, dass es Gebiete in der Ukraine gibt, bei denen die Ukrainer entschlossen sind, am Boden darum zu kämpfen. Und eventuell gibt es Gebiete, bei denen sie beschließen, dass sie versuchen wollen, sie auf anderen Wegen wiederzuerlangen." Beobachtern zufolge ließ der Chef der US-Diplomatie damit durchblicken, dass Washington eine Rückeroberung aller von Russland besetzten ukrainischen Gebiete - vor allem der Krim - durch Kiews Truppen für nicht wahrscheinlich hält. Selenskyj will moderne Kampfjets - Keine Zusagen beim EU-Gipfel Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt die EU zur Lieferung westlicher Kampfjets zur Verteidigung gegen den russischen Angreifer. "Wir brauchen moderne Flugzeuge", sagte Selenskyj bei einem EU-Gipfel, zu dem er per Video zugeschaltet war. Zugleich dankte er Polen und der Slowakei für die Entscheidung, Kampfjets des sowjetischen Typs MiG-29 bereitzustellen. "Dies wird die Verteidigung unseres Luftraums erheblich stärken." Beim Gipfel selbst spielten mögliche Kampfjet-Lieferungen allerdings keine größere Rolle. Über das Thema sei nicht im Detail gesprochen worden, sagte Österreichs Kanzler Karl Nehammer. EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonten lediglich, dass die Entscheidung über die Lieferung solcher Kampfjets von den einzelnen Mitgliedstaaten getroffen werden müsse. Michel fügte noch hinzu, dass die Ukraine "mehr Unterstützung und mehr militärische Ausrüstung" benötige. Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine Haltung bereits mehrfach deutlich gemacht: Für ihn ist die Lieferung moderner westlicher Kampfjets derzeit kein Thema. "Die Debatte macht keinen Sinn", sagte er im Februar. Mehrere andere Länder haben sich offen dafür gezeigt. Verhaftung von weiterem Oppositionellen in Russland angeordnet Ein russisches Gericht hat die Verhaftung eines weiteren Oppositionsaktivisten unter dem Vorwurf der Verunglimpfung des Militärs angeordnet. Der erlassene Haftbefehl richtet sich gegen den Aktivisten und Blogger Maxim Katz, der das Land bereits verlassen hat. Ihm wird die Verbreitung angeblicher Falschinformationen über das Militär vorgeworfen - was mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Das russische Parlament hatte wenige Tage nach Beginn der Invasion russischer Truppen in die Ukraine ein Gesetz verabschiedet, das "Falschinformationen" über das Militär unter Strafe stellt. Das fängt schon damit an, dass der Militäreinsatz in der Ukraine nicht als Krieg bezeichnet werden darf. Die russische Führung bezeichnet ihn als militärische Spezialoperation. Gerichte im ganzen Land haben seither in wachsendem Umfang Gefängnisstrafen gegen Kritiker des militärischen Vorgehens verhängt, etwa gegen den bekannten Oppositionspolitiker Ilja Jaschin. Gegen ihn wurde unter dem Vorwurf, das Militär diskreditiert zu haben, eine Haft von achteinhalb Jahren verhängt. Unter demselben Vorwurf wurde der Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa eingesperrt, der auf seinen Prozess wartet. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen | /newsticker/liveblog-ukraine-freitag-241.html |
2023-03-24 | Nervosität an der Wall Street | Banken weiter im Fokus | An der Wall Street stand die jüngste Bankenkrise weiter im Fokus und zügelte den Risikoappetit der Anleger. Die Kurse erholten sich aber im Verlauf, auch weil die Tech-Börse Nasdaq Stärke zeigt.
mehr | An der Wall Street stand die jüngste Bankenkrise weiter im Fokus und zügelte den Risikoappetit der Anleger. Die Kurse erholten sich aber im Verlauf, auch weil die Tech-Börse Nasdaq Stärke zeigt. Die Unsicherheit im Bankensektor hat die Anleger an der Wall Street auch zum Wochenschluss umgetrieben. Im Zuge fallender europäischer Bankenwerte geriet auch der US-Sektor unter Druck. Am Vortag hatte US-Finanzministerin Janet Yellen ihre Bereitschaft erklärt, bei Bedarf weitere Maßnahmen zum Schutz von Bankeinlagen zu ergreifen. Zuvor hatte sie einer "pauschalen" Einlagensicherung zur Stabilisierung des US-Bankensystems noch eine Absage erteilt. Die Unsicherheit hält indes weiter an: So bleibt der über die US-Notenbank Fed gedeckte Liquiditätsbedarf der Banken vergleichsweise hoch. Anleger griffen hingegen zu Energie- und Konsumwerten, was den Gesamtmarkt stützte. Die Aussicht auf ein baldiges Erreichen des Zinsgipfels kommt derzeit auch den Technologieaktien zugute, die sich in der Bankenkrise bisher besser halten. Indizes drehen ins Plus Trotzdem blieb das Handelsgeschehen von Vorsicht und Nervosität geprägt. Der Markt konnte anfänglich höhere Verluste aber aufholen und drehte im Verlauf ins Plus. Für eine dynamische Trendwende, zumal vor dem Wochenende, reichte es jedoch nicht. Der Leitindex Dow Jones, der in dieser Woche eine regelrechte Berg- und Talfahrt erlebte, schloss am Ende bei 32.237 Punkten, ein moderater Tagesgewinn von 0,41 Prozent. Die Tech-Börse Nasdaq, die sich in dieser Woche recht gut behauptete, schloss leicht um 0,3 Prozent höher, auch der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte in der gleichen Größenordnung vor. Der S&P-500-Index stieg um 0,56 Prozent auf 3970 Zähler. Bankaktien meist im Minus Aktien von JP Morgan, Citigroup und Goldman Sachs fielen um bis zu 1,9 Prozent. Morgan Stanley gaben 2,2 Prozent nach. Die angeschlagene Regionalbank First Republic Bank sackte weitere 1,4 Prozent nach unten. Titel der Western Alliance und PacWest drehten ins Plus und gewannen 5,7 und 3,2 Prozent. "Die Tatsache, dass wir bei den überverkauften Regionalzahlen einen kleinen Aufschwung bekommen, macht Sinn, weil wir wahrscheinlich näher am Ende dieses Mini-Bank-Dramas sind als am Anfang", sagte Art Hogan, Marktstratege beim Vermögensverwalter Riley Wealth. Banken-Beben drückt den DAX Der Abschluss der Handelswoche an der Frankfurter Börse stand ganz im Zeichen der Rückkehr der Bankenkrise. Zwar grenzten sowohl der DAX als auch Bank-und Immobilienaktien am Ende ihre Verluste noch etwas ein, die Sorgen der Anleger bleiben aber nach dem Banken-Beben der jüngsten Zeit in den USA und in der Schweiz auch hierzulande groß. Entsprechend zogen sie sich heute vom Markt zurück. Das Rätselraten um die Folgen der Probleme bei einzelnen Geldhäusern für das ganze Finanzsystem sei längst nicht vorbei, schreiben Experten der Helaba. Am Ende schloss der DAX bei 14.957 Punkten um 1,66 Prozent schwächer. Der deutsche Leitindex unterschritt dabei auch die Marke von 15.000 Punkten und fiel im Tief bis auf 14.809 Zähler. Die Wochenbilanz des deutschen Leitindex ist mit plus 1,3 Prozent aber weiter positiv. Der MDAX mit den mittelgroßen Börsenwerten schloss am Freitag um 2,86 Prozent tiefer auf 26.484Zähler. Bankaktien am DAX-Ende - Kanzler Scholz beruhigt Aktien der Deutschen Bank sackten im DAX im Tief bis auf 7,94 Euro oder rund 15 Prozent ab und damit so stark wie seit dem Corona-Crash im Februar 2020 nicht mehr. Am Ende verlor das Papier der führenden deutschen Privatbank 8,5 Prozent und ging bei 8,54 Euro aus dem Handel. Preise für die Versicherungen gegen Zahlungsausfälle, sogenannte "Credit Default Swaps" (CDS), bei Anleihen der Deutschen Bank stiegen stark, der Anstieg setzte sich heute bis auf ein Vierjahreshoch fort. Ansteigende CDS-Prämien gelten am Markt als ein Alarmsignal. Im Gegenzug sanken die Kurse von einigen Deutsche-Bank-Anleihen, weil sich mancher Investor lieber von ihnen trennen wollte. Sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist Befürchtungen über eine mögliche Schieflage der Deutschen Bank entgegengetreten. "Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen", sagte Scholz heute zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel unter Anspielung auf den zeitweise eingebrochenen Börsenkurs des Instituts. "Die Deutsche Bank hat ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert und neu organisiert und ist eine sehr profitable Bank", betonte der Kanzler. Commerzbank-Papiere gaben ebenfalls deutlich um 5,4 Prozent nach. Auch Immobilienaktien waren betroffen, sie leiden schon länger unter der Zinswende, die sich bereits negativ auf das Neugeschäft der Branche auswirken. Im DAX sackten Vonovia deutlich um 4,7 Prozent ab. Banken: eine Frage des Vertrauens Vor allem der Zahlungsausfall nachrangiger Anleihen der Credit Suisse beschwört derzeit Sorgen über höhere Refinanzierungskosten von Banken herauf. Die Experten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) sehen den Bankensektor zwar weit besser aufgestellt als zur Finanzkrise vor rund 15 Jahren, schließen aber nicht aus, dass nach der Credit Suisse demnächst ein weiteres Geldinstitut Probleme bekommen könnte. "Dabei versuchen die wichtigsten Notenbanken zwar einerseits die Finanzstabilität möglichst sicherzustellen, geben andererseits jedoch dem Kampf gegen die Inflation weiterhin den Vorrang über den Schutz der Konjunktur", hieß es von der LBBW, die deshalb beim Bankensektor weiter zur Vorsicht rät. "Das Bankensystem basiert auf Vertrauen, daher müssen wir die zukünftigen Entwicklungen sehr genau beobachten", sagte Frederique Carrier, Leiter Investmentstrategie beim Vermögensverwalter RBC. Sichere Häfen gesucht Angesichts der Sorgen um den Finanzsektor griffen viele Anleger beim Dollar zu, der gern in Krisenzeiten als "sicherer Hafen" angesteuert wird. Auch Gold notierte mit 1976 Dollar je Feinunze auf hohem Niveau. Der Euro, der am Donnerstag noch ordentlich zugelegt hatte, gab zeitweise ein Prozent auf 1,0720 Dollar nach und grenzte zuletzt im US-Handel bei 1,0759 Dollar seine Verluste etwas ein. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0745 (Donnerstag: 1,0879) Dollar fest. Ebenfalls gefragt waren Staatsanleihen, die ihre Anfangsgewinne mittlerweile aber größtenteils abgegeben haben. Die Kurse der zehnjährigen deutschen Bonds notierten nahezu unverändert bei einer Rendite von 2,14 Prozent. Im Tageshoch fiel deren Rendite bis auf 1,99 Prozent - nach 2,18 Prozent am Donnerstag. Die Ölpreise geben nach. TUI zahlt Corona-Hilfen "vollständig" zurück Der Touristikkonzern TUI hat angekündigt, die in der Corona-Krise bezogenen staatlichen Hilfen in Kürze gänzlich zurückzuzahlen. Der Konzernvorstand habe zu diesem Zweck einer Kapitalerhöhung in Höhe von 1,8 Milliarden Euro zugestimmt. "Mit dem Erlös aus der Kapitalerhöhung setzen wir um, was wir zugesagt haben: die vollständige Rückzahlung der staatlichen Corona-Hilfen", erklärte Vorstandschef Sebastian Ebel. Deutsche Wohnen stagniert Die Vonovia-Tochter Deutsche Wohnen hat im vergangenen Geschäftsjahr keine großen Sprünge gemacht. Das Ergebnis aus dem operativen Geschäft (Group FFO) belief sich auf 593,6 Millionen Euro nach 594,3 Millionen Euro im Vorjahr. Die Leerstandsquote habe sich weiter auf einem niedrigen Niveau bei 1,9 Prozent bewegt. Rund 87 Prozent der Deutsche Wohnen sind in Händen des Mutterkonzerns Vonovia, der diese 2021 nach mehreren vergeblichen Anläufen übernommen hatte. Varta einigt sich mit Banken auf Umbauprogramm Der zuletzt schwächelnde Batteriekonzern Varta hat sich mit den Banken und seinem Mehrheitseigner auf einen weitreichenden Umbau geeinigt. Dabei gehe es um eine Anpassung von Produktions- und Strukturkosten sowie um Investitionen in Wachstumsfelder wie Energiewende und E-Mobilität, teilte die im SDAX gelistete Gesellschaft am Abend in Ellwangen mit. Das Konzept für den Umbau wurde auf Basis eines Sanierungsgutachtens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG erarbeitet. Der darin identifizierte kurzfristige Finanzierungsbedarf sei durch die gerade abgeschlossene Kapitalerhöhung gedeckt, hieß es weiter. Damit hatte Varta in dieser Woche brutto rund 51 Millionen Euro hereingeholt. US-Behörden überprüfen Credit Suisse und UBS zu Russland-Sanktionen Die US-Behörden überprüfen einem Medienbericht zufolge unter anderem die Credit Suisse und UBS im Zusammenhang mit etwaigen Hilfen für russische Oligarchen bei der Umgehung von Sanktionen. Das Justizministerium befasse sich neben den beiden Großbanken auch mit Mitarbeitern einiger US-Finanzinstitute, meldete die Agentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Die entsprechenden Schreiben mit Bitten um Auskunft seien dabei vor der Übernahme der Credit Suisse versandt worden. Flüchtiger Krypto-Pleitier Do Kwon festgenommen Die Polizei in Montenegro hat den flüchtigen Kryptowährungs-Gründer Do Kwon festgenommen. Kwon hatte in Singapur die Kryptowährungen Terra und Luna kreiert. Das System Terra-Luna brach jedoch im Mai vorigen Jahres spektakulär zusammen. Die Anleger gingen leer aus. Die Pleite soll Verluste in Höhe von 40 Milliarden Dollar verursacht haben. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/dax-dow-inflation-geldanlage-bankenkrise-dollar-euro-fed-rezession-101.html |
2023-03-24 | Bankaktien stürzen erneut ab | Wieder Unruhe an den Märkten | Befürchtungen wegen der Lage am Finanzmarkt sind an den Börsen zurückgekehrt. Aktienkurse europäischer Banken fielen zeitweise stark. Besonders betroffen war die Deutsche Bank - zugleich stieg der Preis von Kreditausfallversicherungen.
mehr | Befürchtungen wegen der Lage am Finanzmarkt sind an den Börsen zurückgekehrt. Aktienkurse europäischer Banken fielen zeitweise stark. Besonders betroffen war die Deutsche Bank - zugleich stieg der Preis von Kreditausfallversicherungen. Sorgen um den Bankensektor sind an den Finanzmärkten mit voller Wucht zurückgekehrt. Kurz vor dem Wochenende rauschte der Aktienkurs der Deutschen Bank im Tagesverlauf zeitweise um bis zu fast 15 Prozent in den Keller. Auch Commerzbank-Aktien wurden massenhaft verkauft, die Papiere verloren zeitweise bei zu zehn Prozent an Wert. Beide Aktien grenzten am Ende des Handelstages ihre Verluste aber noch ein. Die Papiere der Deutschen Bank verloren letztlich 8,5 Prozent auf 8,54 Euro, Commerzbank-Aktien gingen bei 8,87 Euro um 5,4 Prozent schwächer aus dem Handel. Über Nacht waren die Kosten sogenannter Credit Default Swaps in die Höhe geschnellt, also von Finanzinstrumenten, die den Halter von Anleihen der Deutschen Bank gegen einen etwaigen Zahlungsausfall der Bank absichern. Für die Absicherung eines zehn Millionen Euro schweren Pakets von Deutsche-Bank-Anleihen mussten dem Datenanbieter S&P Market Intelligence zufolge 173.000 statt 142.000 Euro gezahlt werden. In ganz Europa Bankenwerte unter Druck Europaweit verloren Bankaktien ebenfalls massiv. Im Index der größten europäischen Werte, dem Eurostoxx 50, lag die finnische Nordea-Bank mit mehr als 9,7 Prozent im Minus. Allerdings hatte das bei dem nach eigenen Angaben "führenden Finanzkonzern Nordeuropas" auch damit zu tun, dass die Aktie am Tag nach der Hauptversammlung mit Dividenden-Abschlag gehandelt wurde. Auf der Hauptversammlung wurde ein Gewinnanteil von 80 Cent je Aktie beschlossen. Das drückte den Kurs der Nordea-Bank zusätzlich ins Minus. Doch auch die Papiere anderer europäischer Banken, wie der französischen BNP Paribas, der spanischen BBVA und der italienischen Unicredit büßten stark ein. Die Skepsis von Anlegern gegenüber dem Bankensektor scheint nach dem Zusammenbrechen zweier kleinerer US-Banken sowie der Not-Übernahme der Schweizer Problembank Credit Suisse wieder zuzunehmen. Nach der staatlich vorangetriebenen Ad-Hoc-Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse durch den Konkurrenten UBS am vergangenen Wochenende war zwischenzeitilich wieder etwas Ruhe im Finanzsektor eingekehrt. Irreführende Aussagen verunsichern Märkte Doch nachdem Mitte der Woche die US-Notenbank den Leitzins zur Bekämpfung der Inflation erneut angehoben hatte, kehrte die Nervosität in den Markt zurück. Zumal missverständliche Aussagen der US-Finanzministerin Janet Yellen zur Einlagensicherung der Sparer zu Irritationen und einem Kursrutsch führten. In Folge der Turbulenzen und Schwierigkeiten einzelner Geldinstitute in den USA und zuletzt auch in der Schweiz wurden Banken weltweit in Mitleidenschaft gezogen. Die Aktienkurs der Deutschen Bank ist innerhalb eines Monats um gut 30 Prozent gefallen. | /wirtschaft/finanzen/banken-krise-kursrutsch-kreditausfall-risiko-101.html |
2023-03-24 | Hunderte verletzte Polizisten bei Protesten | Französisches Innenministerium | Bei den teils gewalttätigen Protesten gegen die Rentenreform sind in Frankreich laut Innenministerium Hunderte Polizisten verletzt und Hunderte Protestierende festgenommen worden. Für heute sind weitere Protestaktionen angekündigt.
mehr | Bei den teils gewalttätigen Protesten gegen die Rentenreform sind in Frankreich laut Innenministerium Hunderte Polizisten verletzt und Hunderte Protestierende festgenommen worden. Für heute sind weitere Protestaktionen angekündigt. Bei den teilweise von Gewalt überschatteten Protesten gegen die umstrittene Rentenreform sind in Frankreich Innenminister Gérald Darmanin zufolge etwa 440 Polizisten verletzt worden. Insgesamt 457 Menschen seien im Rahmen der landesweiten Demonstrationen festgenommen worden, sagte Darmanin im TV-Sender CNews. Gestern waren in Frankreich nach Angaben des Innenministeriums mehr als eine Million Menschen gegen die Pläne der Regierung auf die Straße gegangen, die Gewerkschaften sprachen von 3,5 Millionen Teilnehmern. Dabei kam es in mehreren Städten zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstrierenden. Zahlreiche Brände im ganzen Land Seit die Mitte-Regierung unter Präsident Emmanuel Macron die umstrittene Rentenreform vergangene Woche ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung gedrückt hat, kommt es bei Protesten vermehrt zu Gewalt: In Paris feuerte die Polizei Tränengas ab und setzte Schlagstöcke gegen die Menge ein. Einige Demonstranten setzten Berge von Müll in Brand, die infolge des anhaltenden Streiks der Müllabfuhr an den Straßenrändern liegen. Die Feuerwehr musste eingreifen. Allein in Paris seien 903 Feuer entzündet worden, sagte Darmanin. Es gebe eine "Radikalisierung" seitens "Linksextremer", die "die Republik angreifen" wollten, sagte Darmanin, der innerhalb der von Ministerpräsidentin Elisabeth Borne angeführten Regierung als Rechtsaußen gilt. In Bordeaux wurde während der Proteste das Tor des Rathauses in Flammen gesetzt. Es falle ihm schwer, "diese Art von Vandalismus zu verstehen und zu akzeptieren", sagte der Bürgermeister der Stadt, Pierre Hurmic, dem Radiosender RTL. Flugaufsicht fordert Flugstreichungen Die zivile Flugaufsichtsbehörde DGAC forderte die Airlines im Land für Sonntag auf, am Pariser Flughafen Orly 33 Prozent der geplanten Starts zu annullieren. Für Montag sollen demnach 20 Prozent der Flüge gestrichen werden. Auch in Marseille und Lyon soll ein Fünftel der Flüge wegfallen - in Marseille soll das nach Ansicht der Behörde auch am Montag geschehen. Zuvor hatte die DGAC bereits für heute und morgen die Streichung eines ähnlichen Anteils der Flüge in Paris-Orly, Marseille, Bordeaux und Lyon verlangt. Es wird mit Auswirkungen auf den Flugverkehr auch im Rest Europas gerechnet. Einschränkungen für das öffentliche Leben dürften Frankreich auch in den kommenden Tagen treffen. Neue Proteste gegen Rentenreform Die Proteste gegen die geplante Rentenreform in Frankreich werden auch heute mit vereinzelten Aktionen fortgesetzt. In Marseille blockierten Lastwagen die Zufahrt zum Handelshafen. Der Zugverkehr rollte nur eingeschränkt, in Paris sammelte sich nicht abgeholter Müll weiter auf den Straßen. Nach Angaben von Energiewendeministerin Agnès Pannier-Runacher wurde die Treibstoffversorgung von Paris durch die Raffinerie Gonfreville-L'Orcher in der Normandie nach dem Einschreiten der Polizei wieder aufgenommen. Am Ölterminal Fos-sur-Mer in der Nähe von Marseille planten Demonstranten jedoch weitere Blockaden von Ölraffinerien. Umstrittene Reform soll bis Jahresende in Kraft treten Die Rentenreform gilt als eines der zentralen Vorhaben von Präsident Macron. Die Regierung will das Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben. Außerdem soll die Zahl der nötigen Einzahlungsjahre für eine volle Rente schneller steigen. Damit soll ein drohendes Loch in der Rentenkasse abgewendet werden. Die Gewerkschaften halten das Projekt für ungerecht und brutal. Der Text ist verabschiedet, liegt zur Prüfung aber noch beim Verfassungsrat. Macron will, dass die Reform bis zum Jahresende in Kraft tritt. | /ausland/europa/frankreich-verletzte-proteste-101.html |
2023-03-24 | Minimales Ergebnis, maximaler Schaden | Verbrennerstreit beim EU-Gipfel | Die Bundesregierung hat einen Streit um das Verbrenner-Aus angezettelt - und damit auf europäischer Bühne viel Schaden angerichtet. Deutschland steht da als ein Land, auf das kein Verlass ist, meint Helga Schmidt. | Die Bundesregierung hat einen Streit um das Verbrenner-Aus angezettelt - und damit auf europäischer Bühne viel Schaden angerichtet. Deutschland steht da als ein Land, auf das kein Verlass ist. Es ist fast schon gleichgültig, was am Ende beim Streit um den Verbrennermotor rauskommt. Ob das mehr ist als ein für alle irgendwie gesichtswahrender Formelkompromis. Sicher ist, dass Deutschland auf der europäischen Bühne ziemlich viel Schaden angerichtet hat. Längst gefasste Beschlüsse einfach wieder neu aufrollen, aus innenpolitischen Gründen, das wird Nachahmer finden. Deutschland steht da als ein Land, auf das kein Verlass ist. Mit einer Regierung, die sich von vielen Partnern anhören musste, dass der Klimawandel scharfe Gegenmaßnahmen erfordert, die nur dann durchzuhalten sind, wenn kein Land ausschert. Und wenn alle sich auf die Rechtstreue des größten Landes in Europa verlassen können. Eine gute Vorlage für Orban Beim Gipfel in Brüssel fiel auf, dass ein Regierungschef dieses Mal gar nichts gesagt hat. Einer, der sonst keine Gelegenheit auslässt, querzuschießen: Der ungarische Regierungschef Victor Orban musste einfach nur zuhören. Und er konnte die Botschaft mitnehmen: Beschlüsse von gestern können heute in Frage gestellt werden, wenn es zu Hause das Regieren leichter macht. Deutschland hat es ja auch getan. Von allen Verbrenner-Verwerfungen ist der Nachahmereffekt der gefährlichste. Es ist nicht übertrieben, da von einem Dammbruch zu sprechen. Denn all die Argumente, die Verkehrsminister Volker Wissing jetzt für den Verbrennermotor nennt - zum Beispiel, dass die Forschung weiter möglich sein muss, dass der Antrieb mit synthetischen Kraftstoffen heute vielleicht noch zu teuer ist, in einigen Jahren aber vielleicht schon eine echte Alternative zum Elektromotor bieten könnte - all diese Argumente sind seit langem bekannt. Trotzdem hat sich die Bundesregierung - und damit auch die FDP - im vergangenen Herbst zusammen mit den Partnern entschieden, nur noch auf emissionsfreie Motoren zu setzen. Und Verbrenner-Autos sind nun mal nicht emissionsfrei. Auch nicht, wenn sie mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden. FDP hinkt der Autoindustrie hinterher Wie rückwärtsgewandt die FDP in dieser Frage taktiert hat, lässt sich am besten am Verhalten der Autoindustrie ablesen. Fast alle großen Autohersteller haben nämlich längst die Weichen für die Elektromobilität gestellt. Volkswagen und Audi, Volvo und Mercedes werden die Produktion von Benzinern und Dieseln einstellen. Und das schon deutlich vor 2035, also sogar früher als sie eigentlich müssten. In Deutschland glaubt man fast nur noch bei Porsche, dass der Verbrenner auch mit den extrem teuren synthetischen Kraftstoffen noch eine Zukunft hat. Das könnte an der Kundschaft liegen. Aber kann das im Ernst der Maßstab für das Handeln der Bundesregierung sein? Natürlich nicht! Das wissen auch die Liberalen, das weiß auch Porschefahrer Christian Lindner. Ihm geht es um etwas anderes. Er will seine Liberalen nach vielen Wahlniederlagen in den Bundesländern wieder verlässlich über fünf Prozent bringen. Und dafür scheint ihm die Nostalgie der Deutschen zum Otto-Motor, ihre nationale Treue zu Benzin und Diesel genau der richtige Angang zu sein. So verzweifelt ist die FDP, dass sie die Autohersteller maximal verunsichert und ausgerechnet diejenigen unter den Konzernchefs bestraft, die sich auf die Vereinbarung der Europäer inklusive Deutschland verlassen hatten. Scholz muss eine Ansage machen Weil es hier um nichts anderes als Egoismus beim kleinsten Koalitionspartner geht, ist der Bundeskanzler gefragt. Olaf Scholz wird sich entscheiden müssen. Gegen den eigenen Verkehrsminister oder gegen die Brüsseler EU-Kommission. Die hatte bisher große Hoffnungen auf die Bundesregierung gesetzt, Deutschland sollte Zugpferd im Kampf gegen die Klimakrise sein. Wenn jetzt plötzlich kleinkarierte Berliner Koalitionsarithmetik wichtiger ist, sollte der Bundeskanzler das sagen. Auch andere Regierungen in der EU mussten schon mit Koalitionsknatsch zurechtkommen, auch andere Regierungschefs stellen nationale Interessen schon mal über das europäische Gemeinwohl. Aber dann bitte professionell. Ein klares, verlässliches Nein zum Verbrenner-Aus von Anfang an hätte allen das peinliche Dramolett der vergangenen Wochen erspart. | /kommentar/verbrenner-streit-eu-gipfel-deutschland-fdp-101.html |
2023-03-24 | Solides Debüt, große Pläne | Klinsmanns Start als Trainer in Südkorea | Lange war Jürgen Klinsmann von der Bildfläche verschwunden, nun will er als Nationaltrainer in Südkorea hoch hinaus. Bei seinem Debüt als Chefcoach gegen Kolumbien verpasste er allerdings den Sieg. Von Thorsten Iffland. | Lange war Jürgen Klinsmann von der Bildfläche verschwunden, nun will er als Nationaltrainer in Südkorea hoch hinaus. Bei seinem Debüt als Chefcoach gegen Kolumbien verpasste er allerdings den Sieg. In einem schwarzen Kapuzenpulli, mit einem Dauergrinsen trotz Dauerregens - und natürlich ohne Textkenntnisse hat Jürgen Klinsmann die Nationalhymne Südkoreas miterlebt. Erstmals in seinem neuen Job als Nationaltrainer von Südkorea. Bei einem Freundschaftsspiel in Ulsan, im Südosten des Landes. Die Freude an der neuen Aufgabe konnte man jederzeit spüren. Erst recht nach den zwei Toren von Ex-Bundesliga-Star Heung-Min Son in der ersten Hälfte. Ein perfekter Start für Klinsmann. Und die koreanischen Reporter waren für ein Freundschaftsspiel auch erstaunlich gut in Form. Am Ende stand ein 2:2 auf der Anzeigetafel. Defensiv noch Luft nach oben Dass Klinsmann als gelernter Stürmer offensiv spielen lassen will, hatte er bereits im Vorfeld angekündigt. Dass dann aber gerade auch defensiv noch Luft nach oben ist, überraschte wenig. "Am Ende des Tages müssen wir Fußballspiele gewinnen. Das ist aber ein Prozess. Das geht nicht von heute auf morgen", so Klinsmann. "Wir starten jetzt damit und ich bin gespannt, ob wir uns Schritt für Schritt weiterentwickeln und dann kommen auch die Ergebnisse." Das große Ziel ist der Titel bei den Asienmeisterschaften Anfang 2024. Südkorea hat seit mehr als 60 Jahren keinen bedeutenden Titel mehr gewonnen. Klinsmann will das ändern. Ob ihm und seinem bekannten Trainer-Team um Co-Trainer Andreas Herzog und Torwarttrainer Andreas Köpke das gelingt? Noch sind die Südkoreaner da skeptisch. Klinsmann will koreanisch lernen Klinsmanns unrühmlicher Abgang bei Hertha BSC und die Tatsache, dass er seit 2016 keine Nationalmannschaft mehr betreut hat, waren durchaus Thema - auch am anderen Ende der Welt. Aber Sunnyboy Klinsmann versucht auch hier die Leute charmant auf seine Seite zu ziehen: "Das ist alles neu für mich. Aber ich will in den kommenden Jahren unbedingt Koreanisch lernen. Ich liebe Sprachen, aber ich weiß auch: Koreanisch ist verdammt schwierig. Aber ich habe schon Unterricht genommen und werde weiter Stunden nehmen. Doch das dauert." Sein Vorgänger, der Portugiese Paulo Bento, hatte übrigens gar nicht erst versucht, die Sprache zu lernen. Natürlich sammelt Klinsmann damit Pluspunkte. Und wenn es doch mal Verständigungsschwierigkeiten geben sollte, dann hat Klinsmann ja immer noch Heung-Min Son. Der ist Kapitän, schießt die Tore, kann sehr gut deutsch und natürlich auch die Nationalhymne mitsingen. | /sport/klinsmann-suedkorea-trainer-101.html |
2023-03-24 | Linke für Senkung der Fünf-Prozent-Hürde | Streit über Wahlrechtsreform | Vor einer Woche beschloss der Bundestag die Wahlrechtsreform. CSU und Linke sehen sich dadurch benachteiligt. Linken-Politiker Gysi schlägt deshalb einen Kompromiss vor: Die Ampel-Koalition müsse die Fünf-Prozent-Hürde senken.
mehr | Vor einer Woche beschloss der Bundestag die Wahlrechtsreform. CSU und Linke sehen sich dadurch benachteiligt. Linken-Politiker Gysi schlägt deshalb einen Kompromiss vor: Die Ampel-Koalition müsse die Fünf-Prozent-Hürde senken. Im Streit zwischen Koalition und Opposition über das neue Wahlrecht schlägt der frühere Linksfraktionschef Gregor Gysi eine Absenkung der Fünf-Prozent-Hürde vor. "Wenn die Ampel-Koalition keinen verfassungsrechtlichen Streit riskieren will, muss sie die Prozenthürde auf 3 oder 3,5 Prozent senken", schrieb Gysi auf Twitter und äußerte dies gleichlautend auch gegenüber dem "Spiegel", der zuerst darüber berichtet hatte. ... die Prozenthürde auf 3 oder 3,5 Prozent senken. Damit wären beide höchstrichterlich festgelegten Ziele - Erleichterung der Mehrheitsbildung und regionale Repräsentanz - erreichbar und Klagen oder Beschwerden in Karlsruhe mit großer Wahrscheinlichkeit überflüssig. 4/5 Hintergrund ist die Streichung der sogenannten Grundmandatsklausel in der gerade beschlossenen Wahlrechtsreform. Diese Klausel sichert Parteien bisher beim Gewinn von drei Direktmandaten den Einzug ins Parlament nach ihrem Anteil der Zweitstimmen. Davon profitierte die Linke 2021. Gysi: Chancengleichheit spricht gegen Prozenthürde Gysi argumentiert mit der grundgesetzlich verankerten Chancengleichheit der Parteien. So habe das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, dass die Grundmandatsregel zur Abbildung des Wählerwillens beitrage. Wenn die Direktmandatsregel wegfalle, müsse auch die prozentuale Hürde gesenkt werden. "Damit wären beide höchstrichterlich festgelegten Ziele - Erleichterung der Mehrheitsbildung und regionale Repräsentanz - erreichbar und Klagen oder Beschwerden in Karlsruhe mit großer Wahrscheinlichkeit überflüssig", schrieb er weiter. Er forderte die Ampelregierung auf, "das Wahlrecht unverzüglich entsprechend zu verändern, so dass der notwendige breite Konsens im Parlament zustande kommen kann". Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Bundestag, Jan Korte, stellte sich hinter diese Argumente. "Völlig richtig", schrieb er dazu auf Twitter. "Ampel hat es selbst in der Hand: Entweder Fünfprozenthürde senken oder Verfassungsklage in Karlsruhe. #Wahlrecht muss gerecht sein!" Söder gegen Absenkung der Fünf-Prozent-Hürde CSU-Chef Markus Söder lehnt eine Senkung der Fünf-Prozent-Hürde hingegen ab, wie er der "Süddeutschen Zeitung" sagte. "Die Ampel muss dieses Wahlrecht ganz zurücknehmen, Korrekturen reichen nicht", betonte Söder. "Um sich ihre Mehrheit zu sichern, hat sie zwei von drei Oppositionsparteien in ihren Grundfesten benachteiligt. Die Ampel hat sich an der politischen Kultur versündigt", kritisierte der bayerische Ministerpräsident. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte eine Wahlrechtsreform beschlossen, um den Bundestag dauerhaft auf 630 Abgeordnete zu verkleinern. Die Linke und CDU/CSU fühlen sich durch die Reform benachteiligt und erwägen den Gang vor das Bundesverfassungsgericht. | /inland/fuenf-prozent-huerde-linke-csu-101.html |
2023-03-24 | Tuchel löst Nagelsmann bei Bayern ab | Trainerwechsel | Der FC Bayern München hat die Trennung von Trainer Julian Nagelsmann offiziell bestätigt. Sein Nachfolger wird Thomas Tuchel, der einen Vertrag bis Sommer 2025 erhält. Am Montag soll er erstmals das Training leiten.
mehr | Der FC Bayern München hat die Trennung von Trainer Julian Nagelsmann offiziell bestätigt. Sein Nachfolger wird Thomas Tuchel, der einen Vertrag bis Sommer 2025 erhält. Am Montag soll er erstmals das Training leiten. Der FC Bayern München hat die Freistellung von Trainer Julian Nagelsmann nun auch offiziell bestätigt und Thomas Tuchel als Nachfolger bekanntgegeben. "Nach der WM haben wir immer weniger erfolgreich und attraktiv gespielt, die starken Leistungsschwankungen haben unsere Ziele in dieser Saison infrage gestellt, aber auch über diese Saison hinaus. Deshalb haben wir jetzt reagiert", begründete Vorstandschef Oliver Kahn den Trainerwechsel in einer Vereinsmitteilung. Zu der Personalentscheidung seien Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic in Abstimmung mit Bayern-Präsident Herbert Hainer gekommen, hieß es weiter. Vertrag für Tuchel bis 2025 Tuchel erhält an der Isar einen Vertrag bis zum 30. Juni 2025 und wird schon am Montag erstmals das Training an der Säbener Straße leiten. Der 49-Jährige wird die Münchner auf den Klassiker gegen Tabellenführer Borussia Dortmund nach der Länderspielpause vorbereiten. Auch wenn der deutsche Fußball-Rekordmeister nach dem 1:2 in Leverkusen in der Bundesliga auf den zweiten Platz abgerutscht war, überraschte der Zeitpunkt der Trennung von Nagelsmann viele. Schließlich marschierten die Münchner mit ihrem 2021 verpflichteten Coach in der Champions League bislang souverän ins Viertelfinale, im DFB-Pokal steht das Star-Ensemble ebenfalls in der Runde der besten Acht. Das Titel-Triple ist möglich. Mehr dazu bei sportschau.de. | /sport/bayern-nagelsmann-tuchel-101.html |
2023-03-24 | App geht in den Schlafmodus | Corona-Warn-App | Nach drei Jahren und mehr als 48 Millionen Installationen wird die Corona-Warn-App des Bundes am 1. Juni in einen Schlafmodus versetzt. Sie kann jedoch auf dem Handy verbleiben und bei Bedarf sogar wieder geweckt werden.
mehr | Nach drei Jahren und mehr als 48 Millionen Installationen wird die Corona-Warn-App des Bundes am 1. Juni in einen Schlafmodus versetzt. Sie kann jedoch auf dem Handy verbleiben und bei Bedarf sogar wieder geweckt werden. Die millionenfach genutzte Corona-Warn-App des Bundes soll angesichts der entspannteren Pandemielage Anfang Juni in einen "Schlafmodus" gehen. Bis zum 30. April soll die Warnfunktion nach einem positiven Test noch verwendet werden können, wie das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Im Mai sollen die Systeme dann dafür vorbereitet werden, bestimmte Funktionen zum 1. Juni in einen Schlafmodus zu versetzen. Auf regelmäßige Aktualisierungen der App soll verzichtet werden. Mehr als 48 Millionen Mal installiert Man kann die App aber auf dem Handy behalten, um damit zum Beispiel weiter elektronische Impfzertifikate zu nutzen. Sollte sich die Situation wieder ändern, könne die App schnell aus dem Schlafmodus geweckt und angepasst werden, sagte ein Sprecher. Die Anwendung wurde laut Ministerium seit ihrer Einführung im Juni 2020 mehr als 48 Millionen Mal auf Endgeräten installiert, knapp neun Millionen Menschen teilten positive Testergebnisse, um andere Nutzer zu warnen. Die laufenden Verträge mit den Dienstleistern SAP und T-Systems enden zum 31. Mai. | /inland/gesellschaft/corona-warn-app-schlafmodus-101.html |
2023-03-24 | Rusesabagina kommt frei | Kritiker aus "Hotel Ruanda" | In Ruanda ist die Haftstrafe gegen den wegen Terrorismus verurteilten "Hotel Ruanda"-Protagonisten Rusesabagina aufgehoben worden. Er soll laut einer Regierungssprecherin am Samstag freikommen.
mehr | In Ruanda ist die Haftstrafe gegen den wegen Terrorismus verurteilten "Hotel Ruanda"-Protagonisten Rusesabagina aufgehoben worden. Er soll laut einer Regierungssprecherin am Samstag freikommen. Der wegen Terrorvorwürfen verurteilte ruandische Regierungskritiker Paul Rusesabagina kommt aus der Haft frei. Wie die ruandische Regierungssprecherin Yolande Makolo mitteilte, soll Rusesabagina am Samstag aus dem Gefängnis entlassen werden. Außerdem sollen 18 verurteilte Mittäter ebenfalls entlassen werden. Wie das ruandische Justizministerium am Freitag mitteilte, erließ Präsident Paul Kagame nach einem Gnadengesuch des 68-jährigen Rusesabagina eine entsprechende Anordnung. "Ruanda nimmt die konstruktive Rolle der US-Regierung bei der Schaffung von Bedingungen für einen Dialog über dieses Thema sowie die Unterstützung durch Katar zur Kenntnis", sagte Makolo weiter. Präsident Kagame erklärte Anfang des Monats, es liefen Gespräche zur Lösung des Problems. Der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madschid Al-Ansari, teilte mit, das Verfahren für die Überstellung Rusesabaginas laufe. Von Katar aus werde er dann in die Vereinigten Staaten reisen. Diese Frage sei zwischen katarischen und ruandischen Vertretern auf höchster Ebene erörtert worden. "Wir sind über die Nachricht von Pauls Freilassung erfreut", erklärte die Familie des 68-Jährigen, die besorgt über dessen Gesundheitszustand gezeigt hatte. "Die Familie hofft auf ein baldiges Wiedersehen mit ihm." Rusesabagina erlangte weltweite Bekanntheit, weil er als Manager während des Völkermords 1994 Hunderten Tutsi in seinem Hotel Unterschlupf gewährt haben soll. Die Geschehnisse dienten im Jahr 2004 als Vorlage für den Hollywood-Film "Hotel Ruanda". Rusesabagina war Anfang 2020 festgenommen worden Im August 2020 war Rusesabagina, ein erklärter Gegner von Langzeitpräsident und Autokrat Kagama, festgenommen worden. Ein Jahr später wurde er wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Makolo wies darauf hin, dass das Urteil trotz der Haftentlassung weiterhin bestand habe: "Es besteht Einigkeit darüber, dass schwere Verbrechen begangen wurden." | /ausland/afrika/ruanda-169.html |
2023-03-24 | Viel Aufmerksamkeit für fragwürdige Experten | Krieg in der Ukraine | Sie füllen Hallen, schreiben Bücher oder sitzen in Talkshows: vermeintliche Experten zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Dabei gelten viele ihrer Ansichten in der Wissenschaft als abwegig - oder ganz falsch. Von C. Reveland und P. Siggelkow. | Sie füllen Hallen, schreiben Bücher oder sitzen in Talkshows: vermeintliche Experten zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Dabei gelten viele ihrer Ansichten in der Wissenschaft als abwegig - oder ganz falsch. Westfalenhalle in Dortmund: ausverkauft; Eurogress in Aachen: ausverkauft; Stadtcasino in Basel: ausverkauft. Mit seiner Vortragsreihe "Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen?" füllt der Schweizer Daniele Ganser derzeit die Hallen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Und das trotz Ticketpreisen von 27 Euro aufwärts. Und vor allem: trotz fehlender Expertise im Bereich osteuropäischer Geschichte, wie Experten bemängeln. "Ganser hat sich nie intensiver mit der Ukraine oder mit Russland beschäftigt und er verfügt nicht über entsprechende Landes- oder Sprachkenntnisse", sagt Frithjof Benjamin Schenk, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Basel. "Dennoch wird er oft als Osteuropaexperte wahrgenommen." Eigene Forschung oder wissenschaftliche Publikationen speziell über die Ukraine oder zu Russland könne Ganser nicht nachweisen, so Schenk. "Ganser verbreitet Antiamerikanismus" Das hindert Ganser jedoch nicht daran, seine Thesen zum russischen Angriffskrieg öffentlichkeitswirksam und gewinnbringend zu verbreiten. Diese unterscheiden sich sehr stark von dem, was aus Sicht vieler Osteuropahistoriker Konsens ist. "Sein zentrales Narrativ ist, dass letztlich die USA Schuld am Krieg in der Ukraine seien", sagt Schenk. "Ein dezidierter Antiamerikanismus zieht sich wie ein roter Faden durch seine gesamten Arbeiten." Denn Gansers bisherige Bücher beziehen sich größtenteils auf die USA und die NATO, so zweifelt er zum Beispiel die offiziellen Untersuchungsergebnisse zum 11. September an. In Gansers Augen sind die USA für den russischen Angriffskrieg verantwortlich, da die US-Regierung unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama im Zuge des Euromaidans 2014 angeblich einen Putsch gegen den früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch angezettelt habe. Doch das sei gleich auf mehreren Ebenen falsch, sagt Klaus Gestwa, Direktor des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde an der Universität Tübingen. "Unter einem Putsch versteht man, dass politische Funktionsträger - meistens das Militär oder der Geheimdienst - die Möglichkeit einer instabilen politischen Situation nutzen, um an die Regierung zu kommen." Somit stimme das Wort Putsch bereits nicht mit den Geschehnissen des Euromaidans überein. "Der Euromaidan war die größte demokratische Massenbewegung in Europa seit 1989. Und diese Bewegung hat große Teile der Ukraine erfasst - und zwar schichten- und generationsübergreifend", so Gestwa. Millionen von Menschen seien auf die Straße gegangen und hätten gegen das immer korrupter und repressiver werdende Janukowitsch-Regime demonstriert. Janukowitsch wurde nicht gestürzt Auch die Behauptung, Janukowitsch sei gestürzt worden, ist faktisch falsch, sagt Gestwa. "Abgemacht war eigentlich - und zwar auch unter europäischer Vermittlung von Polen, Deutschland und Frankreich -, dass Janukowitsch bis zum Ende seiner Amtszeit so eine Art Übergangsregime führen sollte, um dann nach den Wahlen neue politische Machtverhältnisse etablieren zu können. Janukowitsch hat sich dieser Verantwortung jedoch entzogen und ist nach Russland geflohen." Erst daraufhin sei wegen einer unklaren Verfassungslage eine Interimsregierung gewählt worden, um Neuwahlen vorzubereiten. Das Narrativ eines Stellvertreterkriegs zwischen Russland und den USA sehen Gestwa und Schenk ebenfalls sehr kritisch. "Ganser spricht der Ukraine eine eigene Handlungsmacht und Souveränität ab und stellt die Ukrainer als Marionetten der US-Amerikaner dar", sagt Schenk. "Und dieses Narrativ ist fast deckungsgleich mit der russischen Propaganda über diesen Krieg." Daran ändere auch nichts, dass Ganser zu Beginn seiner Vorträge betone, dass er den Krieg verurteile. Denn im Anschluss komme immer das große "aber" und die vielen Relativierungen, so Schenk. Selbst die Kriegsverbrechen in Butscha zweifelte Ganser gegenüber seinen Anhängern an und bezeichnet diese als vermutliche "Fehlinformation". 7/ Ganser sagt, er schaue, was SRF und Der Spiegel sowie, was RT Deutsch sowie der “Anti-Spiegel” (ein Blog mit komplett absurder Pro-Kreml-Desinformation) dazu schreiben. RT Deutsch und der Anti-Spiegel hätten ihn überzeugt; es sei vermutlich eine ukrainische Inszenierung. https://t.co/HeSrl8viWc "Ganser ist ein Unternehmer" Wissenschaftlich tätig ist Ganser schon länger nicht mehr: An der Universität St. Gallen hatte er zuletzt im Jahr 2017 einen Lehrauftrag über die Geschichte und Zukunft von Energiesystemen, die Uni Basel hatte die Zusammenarbeit mit ihm bereits im Jahr 2015 beendet. Auch für das von ihm gegründete "Swiss Institute for Peace and Energy Research" - das laut Website neben Ganser aus einem Buchhalter und einem Berater besteht - hat der selbsternannte Friedensforscher in den vergangenen Jahren keinerlei Publikationen in renommierten Fachzeitschriften in diesem Bereich vorzuweisen. "Ich würde die heutige Tätigkeit Gansers nicht als die eines Wissenschaftlers bezeichnen, sondern als die eines geschickten Unternehmers", sagt Schenk. Denn neben seiner lukrativen Vortragsreihe hat Ganser noch weitere Einnahmequellen: So kann man für 365 Euro im Jahr Mitglied seiner "Community" werden, um unter anderem an monatlichen Videofragerunden mit Ganser teilnehmen zu können. Nach Angaben des Schweizer Journalisten Marko Kovic gab das Betreiberunternehmen an, weit mehr als 500 Mitglieder zu haben - das allein entsprächen Einnahmen in Höhe von mindestens 182.500 Euro im Jahr. Auch Guérot macht USA verantwortlich Ebenfalls viel Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine erhielt in den vergangenen Monaten die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Momentan ist sie noch Leiterin der Professur für Europapolitik an der Universität Bonn, allerdings wurde ihr Ende Februar wegen Plagiatsvorwürfen gekündigt - Guérot kündigte daraufhin wiederum juristische Schritte an. Auch sie hat speziell zur Geschichte Russlands oder der Ukraine keine wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht, bemängeln Experten. Dennoch wurde sie unter anderem in Talkshows eingeladen. Ihre Thesen zum russischen Angriffskrieg ähneln denen von Ganser. Auch sie sieht die USA als Hauptverantwortliche für den Krieg, sagt Martin Aust, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Bonn. Ihrer Ansicht nach sei das große strategische Ziel der US-amerikanischen Außenpolitik, Russland und die Europäische Union voneinander zu entfremden. Und das Instrument dafür sei die Ukraine. Für Aust wird daraus deutlich, dass Guérot auf mehreren Ebenen nicht mit der Thematik vertraut sei. "Das übersieht auf Seiten der USA, wie stark sich dort der Fokus auf China gerichtet hat und wie sehr Europa für die US-amerikanische Außenpolitik an Bedeutung abnimmt." Zudem würden dadurch all die russischen Aggressionen der vergangenen Jahre gegenüber der Ukraine unter den Tisch gekehrt werden - beispielsweise die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und der Krieg im Osten der Ukraine. "Selektive Quellenauswahl" Ähnlich wie bei Ganser kritisiert Aust auch bei Guérot, dass die Ukraine ausschließlich als Objekt angesehen werde, über das andere verfügten. "Sie machen sich überhaupt nicht die Mühe, sich mit der Ukraine zu beschäftigen", sagt Aust. Ebenfalls gemein mit Ganser habe Guérot die minderwertige Quellenauswahl. "Der Anmerkungsapparat erweist sich als ein dünner Aufguss von einigen Zeitungsartikeln, Internetseiten und publizistischen Texten. Wissenschaftliche Publikationen zu den einschlägigen Themen des Buches werden bis auf seltene und höchst selektive Ausnahmen nicht zitiert." Diese selektive Auswahl zeige sich beispielsweise beim Thema Rechtsextremismus in der Ukraine. So werde auf Quellen verwiesen, die in das Schema einer zerrissenen und rechten Ukraine passten. "Unter den Tisch fällt jedoch beispielsweise das Faktum, dass es in der Ukraine zwar eine rechte Szene, aktuell jedoch im Unterschied zu vielen Ländern Europas keine rechten Parteien im Parlament gibt", sagt Aust. Das alles führe dazu, dass Guérot mit ihren Erzählungen der russischen Propaganda "vollkommen in die Karten" spiele. Krone-Schmalz nennt Annexion der Krim "Notwehr" Etwas differenzierter sei die ehemalige ARD-Russlandkorrespondentin Gabriele Krone-Schmalz zu betrachten, sagen die Experten. Anders als bei Guérot und Ganser kokettiere sie nicht mit den extremen Rändern und Verschwörungsideologen - so hatte Ganser unter anderem bei seinem Auftritt in Kiel den wegen Volksverhetzung angeklagten Sucharit Bhakdi als Ehrengast eingeladen. Doch auch Krone-Schmalz weiche mit ihren Ansichten zum Teil stark vom wissenschaftlichen Konsens ab und relativiere die russischen Gräueltaten. Angesprochen auf die Kriegsverbrechen in Butscha reagierte sie auf einer Podiumsdiskussion beispielsweise mit der Gegenfrage, welcher Krieg nicht barbarisch sei. "Sie will nicht darüber sprechen", sagt Gestwa. "Stattdessen zieht sie ihr Narrativ einfach weiter durch." Die russischen Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur stelle sie ebenfalls lediglich als Reaktionen auf ukrainische Aktionen dar. Dabei könne das überhaupt nicht verglichen werden, sagt Gestwa. "Seit der Krieg begonnen hat, schießt die russische Artillerie ganz gezielt auf Infrastrukturen, auf Krankenhäuser, auf Schulen, auf Bildungseinrichtungen, auch auf Kraftwerke." Das habe eine ganz andere Qualität als beispielsweise der Angriff auf die Krimbrücke. Auch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim nannte Krone-Schmalz "Notwehr unter Zeitdruck". Dabei folgte die Annexion auf ein völkerrechtswidriges Scheinreferendum unter militärischer Besatzung. Das Ergebnis der "Abstimmung" wird nicht nur von Experten, sondern von der Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft infrage gestellt. Die Osteuropa-Historikerin Franziska Davies von der Universität München schreibt von einem "Gewaltakt". Russlands Präsident Wladimir Putin sagte in einer Dokumentation im Jahr 2015, dass die Annexion der Krim von Russland und seinen Spezialtruppen geplant worden sei. Dennoch genießt Krone-Schmalz innerhalb von Teilen der deutschen Öffentlichkeit ein hohes Ansehen. Aus Sicht von Aust ist das fragwürdig. Schon über ihr Buch "Russland verstehen", das einige Monate nach der Annexion der Krim und nach Beginn des Kriegs in der Ostukraine erschien, hätten Osteuropaexperten den Kopf geschüttelt. "Aber das haben wir halt unter uns in Gesprächen getan und nicht in die Öffentlichkeit getragen. Und da muss man im Nachhinein sagen, das ist ein Fehler gewesen, da hätten wir uns sehr viel früher öffentlich zu äußern sollen als Historiker." "Sie versuchen sich in einer Schuldumkehr" Auch wenn Ganser, Guérot und Krone-Schmalz sich von dem Krieg in der Ukraine distanzieren und Russland vordergründig verurteilen, geschehe dies nach Ansicht von Gestwa lediglich, um sich nicht angreifbar zu machen. Allerdings würden sie dennoch ganz klar prorussische Positionen verbreiten. "Das grundlegende Problem, das wir bei solchen Leuten haben: Sie versuchen sich in einer Schuldumkehr. Sie versuchen herauszuarbeiten, dass nicht Putin an allem schuld ist, sondern dass der Westen zumindest auch eine große Portion Schuld trägt." Die Erkenntnisse der Osteuropaforschung würden dabei völlig außer Acht gelassen. Denn eine wichtige Rolle für den Krieg würde zum Beispiel die russische Innenpolitik spielen. "Es geht Putin im Wesentlichen um den eigenen Machterhalt", sagt Gestwa. "Putin konnte nicht als Modernisierer oder Reformer Geschichte schreiben, weil er seine Oligarchie unterstützen musste. Deshalb will er es unbedingt als Eroberer und als Feldherr schaffen." Aus diesem autoritären Regime Putins heraus erwachse automatisch so etwas wie eine äußere Aggression, die sich dann auch in Kriegsaktionen niedergeschlagen habe. Akteuren wie Ganser, Guérot oder Krone-Schmalz werde angesichts ihrer aktuellen oder früheren Tätigkeit von der Öffentlichkeit ein Expertenstatus und daher Glaubwürdigkeit zugeschrieben. "Und wenn nun Vorträge und Bücher von 'Experten' mit einem wissenschaftlichen Anspruch daherkommen, ohne sich mit Russland, mit Putin oder mit der ukrainischen Gesellschaft beschäftigt zu haben, dann schränkt uns das ganz erheblich bei anderen Aufgaben ein", sagt Aust. "Wir sind permanent beschäftigt, immer wieder die gleichen Falschaussagen und Verzerrungen zu korrigieren. Das zieht Zeit von konstruktiven Beiträgen zur Gestaltung der Zukunft, etwa der Beziehungen zur Ukraine und ihrer Wissenschaft ab." Auf Anfrage des ARD-faktenfinders antworteten Ganser, Guérot und Krone-Schmalz nicht. Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, der Journalist Marko Kovic sei Österreicher. Richtig ist, dass er Schweizer ist. Der Text wurde entsprechend korrigiert. | /faktenfinder/ganser-guerot-krone-schmalz-101.html |
2023-03-24 | Wie sicher ist das Aus vom Verbrenner-Aus? | Kompromissfindung in der EU | Eine Einigung im Streit über das Verbrenner-Aus ist in Sicht. Doch hundertprozentig verbindlich dürfte sie nicht werden. Und das deutsche Vorgehen könnte langfristig die Spielregeln der Kompromissfindung in der EU beschädigen. Von C. Feld. | Eine Einigung im Streit über das Verbrenner-Aus ist in Sicht. Doch hundertprozentig verbindlich dürfte sie nicht werden. Und das deutsche Vorgehen könnte langfristig die Spielregeln der Kompromissfindung in der EU beschädigen. Die Rue de la Loi ist eine der zentralen Verkehrsachsen von Brüssel. Auf der einen Straßenseite liegt das Hauptgebäude der EU-Kommission, auf der anderen Seite tagen - so wie gestern und heute beim Gipfel - die Mitgliedsstaaten. Zu den Stoßzeiten geht es hier nur sehr langsam voran. Mit ähnlichem Tempo scheint in diesen Tagen eine mögliche Einigung im Streit über das Verbrenner-Aus näher zu rücken. Im ARD-Mittagsmagazin sagt Verkehrsminister Volker Wissing: "Es sieht nun gut aus." Bei Twitter hatte der FDP-Politiker am Morgen geschrieben: "Unser Vorschlag an die EU-Kommission ist das Aus für das Verbrenner-Aus." Wir wollen, dass Autos, die mit klimafreundlichen Kraftstoffen betrieben werden, auch in Zukunft neu zugelassen werden können. Unser Vorschlag an die EU-Kommission ist das Aus für das Verbrenner-Aus. Doch es bleibt so lange ein Vorschlag, bis die Bundesregierung und die EU-Kommission final grünes Licht geben. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte zum Abschluss des EU-Gipfels auf die Frage nach einer Einigung: "Das wird schon passieren, und zwar ziemlich zügig." Fahrzeug-Kategorie "E-Fuels only" Die Konfliktfrage: Die FDP pocht darauf, dass auch nach 2035 noch Verbrenner-Pkw neu zugelassen werden dürfen, wenn sie denn ausschließlich mit E-Fuels CO2-neutral betankt werden. Verkehrsminister Wissing hatte kürzlich einer längst ausverhandelten Neuregelung der Pkw-Grenzwerte die finale Zustimmung verweigert, weil die EU-Kommission auch nach Monaten noch keinen konkreten Vorschlag für die E-Fuels-Ausnahme gemacht habe. In Berlin und bei der EU-Kommission gehen allerdings die Sichtweisen auseinander, wie verbindlich dieser Prüfauftrag eigentlich war. Der Bundesregierung folgten im vorläufigen Nein weitere Mitgliedsstaaten - unter anderem Italien, Polen, Tschechien und Österreich. In der Praxis könnte es darauf hinauslaufen, dass eine neue Fahrzeug-Kategorie "E-Fuels only" - also reine E-Fuels-Verbrenner - geschaffen wird. Die Hersteller müssten technisch sicherstellen, dass ein solches Fahrzeug nicht gestartet werden kann, wenn nach 2035 doch Benzin oder Diesel getankt wurde. Dieser Schritt allein reicht jedoch nicht. Es muss rechtlich auch geregelt werden, wie diese Fahrzeuge zu den CO2-Reduktionszielen beitragen können, wie sie vom geplanten Verbrenner-Aus ausgenommen werden. Die Feinheiten der EU-Gesetzgebung Immer wieder waren zuletzt Vorschläge zwischen dem Berliner Verkehrsministerium und der EU-Kommission ausgetauscht worden. Die FDP will die Ausnahme für E-Fuels möglichst rechtsverbindlich bekommen. Offenbar hat sich in Berlin ein großes Misstrauen gegenüber der Brüsseler Behörde aufgebaut. Donnerstagabend ging ein neuer Text aus Berlin nach Brüssel. Eine Reaktion gibt es bereits, bekannt ist darüber allerdings nichts. Das Verkehrsministerium prüft. Wissing sagt am frühen Nachmittag, die Antwort auf die jüngsten Vorschläge stimme ihn optimistisch. Geklärt werden müssten jetzt noch "letzte juristische Fragen". Dazu könnte zählen, wie die gewünschte Ausnahme juristisch genau erreicht werden soll. Und hier geht es in die Feinheiten der EU-Gesetzgebung. Das Verkehrsministerium will, dass die Kommission "vor Herbst 2023" einen sogenannten Delegierten Rechtsakt vorschlägt. Das ist ein juristischer Text, der eine Regelung ändert oder ergänzt. Der eigentliche Text zum Verbrenner-Verbot müsste dann nicht neu aufgeschnürt werden. "Sehr, sehr schwieriges Zeichen für die Zukunft" Allerdings haben EU-Parlament und Mitgliedsstaaten die Chance, dem Rechtsakt am Ende zu widersprechen. Im Parlament müsste sich eine Mehrheit der Abgeordneten dagegen aussprechen. Schon jetzt gibt es dort Bedenken, dass die Kommission zu diesem Zweck überhaupt einen Delegierten Rechtsakt erlassen darf. Eine Rechtsverbindlichkeit von 100 Prozent kann die EU-Kommission der Bundesregierung folglich wohl nicht geben. Alle Beteiligten dürften hoffen, dass das Ende des Verbrenner-Streits bald kommt. Beim EU-Gipfel hatte sich gezeigt: Die Bundesregierung hat Mitstreiter für die "Technologie-Offenheit". Es war jedoch auch offene Kritik zu hören: Das deutsche Vorgehen könne die Spielregeln der Kompromissfindung in der EU beschädigen. Der lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins sprach von einem "sehr, sehr schwierigen Zeichen für die Zukunft". | /inland/innenpolitik/verbrenner-aus-107.html |
2023-03-24 | "Freut euch mit uns" | Ramadan | Am Donnerstag begann der diesjährige Ramadan, am Abend haben Muslime erstmals ihr Fasten gebrochen. Bis Sonnenuntergang haben sie nichts gegessen und getrunken. Bemitleidet werden wollen die Gläubigen dafür aber nicht. Von V. Wawatschek. | Am Donnerstag begann der diesjährige Ramadan, am Abend haben Muslime erstmals ihr Fasten gebrochen. Bis Sonnenuntergang haben sie nichts gegessen und getrunken. Bemitleidet werden wollen die Gläubigen dafür aber nicht. Nach Verzicht sieht das, was Ahmet Malak in seiner Münchner Restaurantküche zubereitet, ganz und gar nicht aus. Dabei gehört "Annes Haus-Mamas-Kost" zum Münchner Forum für Islam, auch der Koch ist Muslim - und gerade hat der Ramadan begonnen. Einen Monat lang verzichten Muslime darauf, zu essen und zu trinken. Allerdings nur tagsüber. Sobald die Sonne untergegangen ist, dürfen sie zugreifen. In der bayerischen Landeshauptstadt ist Ahmet Malaks Restaurant im Münchner Forum für Islam ein Anlaufpunkt, wo Muslime zum Iftar zusammenkommen. Dem täglichen Fastenbrechen, das erste im diesjährigen Ramadan, fand am Donnerstagabend um Punkt 18:36 Uhr statt. Fastenbrechen wie der Prophet Aufgetischt werden Hummus und Linsensuppe, Fleisch- und Bohneneintopf, Reis, zum Dessert Baklava. Am Anfang der rund einhundert Essen steht aber bescheiden ein Glas Wasser und eine Dattel. "Das ist so Tradition, weil schon der Prophet Mohammed so sein Fasten gebrochen hat und seitdem machen wir das auch so wie er", erklärt der Chef-Koch. Der Palmenfrucht schreiben Muslime zudem eine besondere Wirkung der inneren Reinigung zu. Außerdem liefert die Wüstenfrucht schnelle und gesunde Energie nach den vielen Stunden Abstinenz. Ramadan als "Personality-Entwicklung" Dabei geht es im muslimischen Fastenmonat Ramadan - ähnlich wie in der christlichen Fastenzeit vor Ostern - längst nicht nur um Verzicht aufs Essen und Trinken. Die Fastentage sind auch Tage des Gebets, der Reflexion, der inneren Einkehr. "Für mich eine Zeit der Zusammenkunft, der Gemeinschaft, des friedlichen Miteinanders", sagt ein Gast am Tisch von "Annes Haus-Mamas-Kost". Für ihn habe die bewusste Mäßigung auch etwas mit Charakterbildung zu tun: "Was man heute Selbstentwicklung oder Personality-Entwicklung nennt, machen wir sozusagen im Ramadan schon immer." Respekt statt Mitleid gefragt Viele Muslime wollen deshalb auch nicht bemitleidet werden, weil sie nicht essen und trinken. Im Netz kursieren zahlreiche Memes, Bilder und Videos dazu, was sich fastende Muslime und Musliminnen von Nicht-Muslimen im Ramadan wünschen würden: "Freut euch mit uns, beglückwünscht uns", schreibt die österreichische Buchautorin Amani Abuzhara auf Instagram. Im Ramadan gäben Muslime ein Zeichen der Stärke - und das sei eben gerade nichts, "was anderen leidtun muss". So sollten Außenstehende auf Sprüche wie "Noch nichtmal Wasser?" verzichten oder aus Respekt nicht direkt vor einem Fastenden ins belegte Brötchen beißen. Und wer besonders nett sein möchte, der kann "Ramadan Mubarak", also "Frohen Ramadan" wünschen. | /inland/gesellschaft/ramadan-201.html |
2023-03-24 | Komplettverbot für TikTok? | Anhörung im US-Kongress | Die Kurzvideo-Plattform TikTok steht zunehmend in der Kritik, weil Sicherheitsbehörden befürchten, dass die chinesische Regierung Zugang zu den Daten aus der App hat. Nun stellte sich Firmenchef Chew den Fragen der US-Abgeordneten. Von Claudia Sarre. | Die Kurzvideo-Plattform TikTok steht zunehmend in der Kritik, weil Sicherheitsbehörden befürchten, dass die chinesische Regierung Zugang zu den Daten aus der App hat. Nun stellte sich Firmenchef Chew den Fragen der US-Abgeordneten. Sichtlich angespannt versuchte der 40-jährige TikTok-Topmanager aus Singapur die Sicherheitsbedenken bezüglich der chinesischen Video-App auszuräumen. "Wir haben von den Sorgen gehört hinsichtlich eines möglichen unerwünschten ausländischen Zugriffs auf US-Daten und einer möglichen Manipulation des TikTok Systems", sagte Shou Chew und bekräftigte im gleichen Atemzug, dass seine Firma sensible Daten der rund 150 Millionen US-Nutzer durch eine neue Firewall schützen werde. Er argumentierte außerdem, Bytedance - der chinesische Mutterkonzern von TikTok - sei weder im Besitz, noch werde er kontrolliert von der chinesischen Regierung. 60 Prozent von TikTok gehörten ohnehin globalen Investoren. US-Abgeordnete mit bohrenden Fragen Der republikanischen Ausschussvorsitzenden Cathy McMorris Rodgers sah man ihre Skepsis an. Ob Chew hundertprozentig ausschließen könnte, dass die chinesische Regierung Einfluss auf die Inhalte habe, fragt sie Chew - mit feindseligem Unterton. Die Abgeordneten im Ausschuss für Energie und Handel im US-Repräsentantenhaus stehen TikTok und seinem CEO zweifellos kritisch gegenüber. Aus zwei Gründen: Erstens befürchten sie, die chinesische Regierung könnte durch TikTok Zugang zu sensiblen Nutzerdaten von Amerikanern bekommen. Und zweitens könnte Chinas Führung TikTok für ihre eigenen Interessen - sprich Propaganda - missbrauchen. Ob jemand aus der chinesischen kommunistischen Partei diese Anhörung mit Chew diskutiert habe, will der Kongressabgeordnete Burgess aus Texas wissen. TikTok-Chef Chew verneinte vehement. Komplettverbot trotz Kritik unwahrscheinlich Zahlreichen Abgeordneten ging es auch um den Schutz von Kindern und Teenagern. Sie warfen dem TikTok-Manager vor, sein Unternehmen sei eine Gefahr für die psychische Gesundheit von Jugendlichen, führe nicht selten zu Angstzuständen und Depressionen. "Sie geben keine direkten Antworten, wir finden sie nicht glaubwürdig", so der Kongressabgeordnete Dunn aus Florida. Die Vorsitzende Cathy McMorris Rodgers richtete sich direkt an die amerikanische Bevölkerung: "TikTok ist eine Waffe der chinesisch-kommunistischen Partei, euch auszuspionieren und zu manipulieren. Ein Verbot der App ist nur eine kurzfristige Lösung." Dass es in den USA aber tatsächlich zu einem Komplettverbot von TikTok kommt, ist eher unwahrscheinlich. Die US-Regierung und die Demokraten wollen nicht riskieren, ihre jungen Wähler zu verprellen. Auf ihre Stimmen könnten sie bei den nächsten Präsidentschaftswahlen angewiesen sein. | /ausland/amerika/tiktok-chef-vorladung-us-kongress-105.html |
2023-03-24 | 3000 Hektar Wald in Spanien zerstört | Hunderte Menschen evakuiert | Im Osten Spaniens sind bei einem Waldbrand rund 3000 Hektar Wald zerstört worden. Etwa 1500 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Es ist das erste große Feuer in diesem Jahr, 2022 war das verheerendste Waldbrand-Jahr in Spanien seit Beginn der Aufzeichnungen.
mehr | Im Osten Spaniens sind bei einem Waldbrand rund 3000 Hektar Wald zerstört worden. Etwa 1500 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Es ist das erste große Feuer in diesem Jahr, 2022 war das verheerendste Waldbrand-Jahr in Spanien seit Beginn der Aufzeichnungen. Ein Waldbrand hat im Osten Spaniens rund 3000 Hektar zerstört. Im betroffenen Gebiet an der Grenze zwischen den Regionen Aragonien und Valencia wurden etwa 1500 Menschen aus ihren Häusern evakuiert, wie der staatliche Fernsehsender RTVE unter Berufung auf die Behörden berichtete. Betroffen sind bereits mehr als zehn Ortschaften der Provinzen Castellón und Teruel. Die Flammen seien von Anfang an "sehr gefräßig" gewesen, erklärte der Regierungschef der Region Valencia, Ximo Puig. Es gab zahlreiche Stromausfälle, mindestens drei Landstraßen sind gesperrt. Dutzende Löscheinheiten im Einsatz Nach Behördenangaben sind rund 20 Hubschrauber und Löschflugzeuge sowie Dutzende Bodeneinheiten der Feuerwehr, der Militärischen Nothilfe-Einheit UME, des Zivilschutzes und des Notfalldienstes Samu im Einsatz. Die Bekämpfung des Feuers wird laut dem Wetterdienst Aemet von starken Winden, geringer Luftfeuchtigkeit und den relativ hohen Temperaturen von mehr als 20 Grad erschwert. Es ist der erste größere Waldbrand des Jahres im Land. 2022 war für Spanien das verheerendste Waldbrand-Jahr seit Beginn der Erfassungen des Europäischen Waldbrandinformationssystem EFFIS. Nach Messungen des europäischen Erdbeobachtungssystems Copernicus wurde bei 493 größeren Bränden in Spanien eine Fläche von gut 306.000 Hektar zerstört. Das sind über 3000 Quadratkilometer. Zum Vergleich: Das Saarland hat eine Fläche von knapp 2570 Quadratkilometern. | /ausland/waldbraende-spanien-109.html |
2023-03-24 | Einigung im Verbrenner-Streit naht | Verhandlungen mit der EU | Beim Verbrenner-Streit zwischen der EU und Deutschland ist eine Einigung in Sicht. Medienberichten zufolge hat Verkehrsminister Wissing nach enger Beratung mit der EU-Kommission einen Lösungsvorschlag übermittelt.
mehr | Beim Verbrenner-Streit zwischen der EU und Deutschland ist eine Einigung in Sicht. Medienberichten zufolge hat Verkehrsminister Wissing nach enger Beratung mit der EU-Kommission einen Lösungsvorschlag übermittelt. Im Streit um die Zukunft von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zeigt sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing zuversichtlich, dass es nun zu einer gangbaren Lösung kommt. Der FDP-Politiker sagte der Nachrichtenagentur dpa, man habe sich eng mit der EU-Kommission beraten und ihr nach sorgfältiger Prüfung einen konstruktiven Lösungsvorschlag übermittelt. "Wir gehen davon aus, dass damit nicht nur alle inhaltlichen, sondern auch die rechtlichen Fragen hinreichend beantwortet sind." Zuvor hatte bereits der "Spiegel" von einer unmittelbar bevorstehenden Einigung berichtet. Ausschließlich mit E-Fuels betriebene Neuwagen auch nach 2035 Wissing fügte hinzu: "Der Genehmigung von neuzugelassenen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden, sollte damit auch nach 2035 nichts mehr im Wege stehen." Man erwarte nun, dass die EU-Kommission eine entsprechende Erklärung abgebe, klare zeitliche Zielmarken nenne und den Prozess für entsprechende Rechtsakte in Gang setze. Schreiben nach Brüssel geschickt Das Ministerium hatte am Abend ein Antwortschreiben zu jüngsten Lösungsvorschlägen der EU-Kommission nach Brüssel geschickt, wie es aus Regierungskreisen in Berlin hieß. Zu Wochenbeginn waren deren Vorschläge bekanntgeworden. Demnach definierte die Behörde in einem Entwurf Kriterien für die Zulassung neuer Fahrzeuge, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden. Hintergrund ist eine grundsätzliche Einigung von Europaparlament und EU-Staaten, wonach in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Deutschland dringt aber darauf, auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zuzulassen, die E-Fuels tanken - also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert. Verbrenner-Aus beschäftigt auch den EU-Gipfel Wenn auch nicht in großer Runde, so kam das Verbrenner-Aus doch auch am Rande des EU-Gipfels zur Sprache. Dort hatte Bundeskanzler Olaf Scholz noch einmal die Erwartung Berlins unterstrichen, dass die EU-Kommission eine Regelung vorschlage, "die sicherstellt, dass nach 2035 Fahrzeuge die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden können, weiter zugelassen werden können. Das ist schon Konsens. Und es geht jetzt eigentlich nur noch ganz pragmatisch den richtigen Weg zu finden, diese von der Kommission längst gegebene Zusage auch umzusetzen." Deutschland nicht allein in seiner Position In einigen Länder war die deutsche Blockade-Haltung auf deutliche Kritik gestoßen, der lettische und der belgische Ministerpräsident äußerten beispielsweise Unverständnis. Doch allein steht die Bundesregierung nicht mit ihrer Position. Etwa Italien und Österreich setzen sich ebenfalls für E-Fuels ein. Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer sprach nach dem ersten Gipfeltag davon, dass es zum - wie er ihn nennt - grünen Verbrenner sehr viel Zustimmung gab. Die kam nach seinen Angaben auch aus einem Land, das bislang Deutschlands Vorgehen kritisiert hat: "Auch Frankreich unterstützt diese Position jetzt. Das ist für uns ein wichtiges Signal, dass wir weiter technologie- und innovationsfreundlich bleiben." | /ausland/europa/eu-gipfel-ukraine-115.html |
2023-03-24 | Annäherung im Schneckentempo | Verbrenner-Streit beim EU-Gipfel | Beim EU-Gipfel gab es wie erwartet keinen großen Durchbruch im Streit um das Verbrenner-Aus. Alle Beteiligten gaben sich zumindest zuversichtlich. Stattdessen wurden Munitionslieferungen an die Ukraine beschlossen. Von Astrid Corall. | Beim EU-Gipfel gab es wie erwartet keinen großen Durchbruch im Streit um das Verbrenner-Aus. Alle Beteiligten gaben sich zumindest zuversichtlich. Stattdessen wurden Munitionslieferungen an die Ukraine beschlossen. Eine Nachtsitzung haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU diesmal erspart. Gegen halb zehn verließen die ersten gestern Abend das Ratsgebäude, in dem sie zuvor über Themen wie die Wettbewerbsfähigkeit der EU, den Klimawandel und die Migration gesprochen hatten. Wenn auch nicht in großer Runde, so kam doch am Rande auch das Aus für den Verbrenner-Motor ab 2035 zur Sprache. Über das waren sich die Mitgliedstaaten und das Europaparlament eigentlich schon im Oktober einig, doch nun blockiert Deutschland den finalen Beschluss. Denn für Bundeskanzler Olaf Scholz gibt es eine klare Verständigung, dass die EU-Kommission eine Regelung vorschlägt, "die sicherstellt, dass nach 2035 Fahrzeuge die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden können, weiter zugelassen werden können. Das ist schon Konsens. Und es geht jetzt eigentlich nur noch ganz pragmatisch den richtigen Weg zu finden, diese von der Kommission längst gegebene Zusage auch umzusetzen." Deutschland nicht allein in seiner Position In einigen Länder stößt die deutsche Haltung auf deutliche Kritik, der lettische und der belgische Ministerpräsident äußerten beispielsweise Unverständnis. Doch allein steht die Bundesregierung nicht mit ihrer Position. Etwa Italien und Österreich setzen sich ebenfalls für E-Fuels ein. Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer sprach nach dem ersten Gipfeltag davon, dass es zum - wie er ihn nennt - grünen Verbrenner sehr viel Zustimmung gab. Die kam nach seinen Angaben auch aus einem Land, das bislang Deutschlands Vorgehen kritisiert hat. Auch Frankreich unterstützt diese Position jetzt. Das ist für uns ein wichtiges Signal, dass wir weiter technologie- und innovationsfreundlich bleiben. Von der Leyen erkennt Fortschritte Der französische Präsident Emmanuel Macron selbst äußerte sich bei diesem Gipfel öffentlich allerdings nicht. Und gelöst wurde der Streit über das Verbrenner-Aus wie erwartet auch nicht. Stattdessen laufen die Gespräche zwischen dem Verkehrsministerium in Berlin und der EU-Kommission weiter. Laut Olaf Scholz sind sie auf einem guten Weg. Auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erkennt Fortschritte bei den Verhandlungen: Ich möchte nur erwähnen, dass in diesem Fall Zeit von entscheidender Bedeutung ist, da dieses Vorhaben eine wichtige Säule unseres Klimapakets Fit for 55 ist. Deshalb intensivieren wir die Gespräche, und ich bin zuversichtlich, dass wir bald eine gute Lösung finden. Gipfel billigt Plan zu Munitionslieferungen an die Ukraine Von der Leyen begrüßte, dass die Staats- und Regierungschefs den Plan gebilligt haben, der Ukraine in den kommenden zwölf Monaten eine Million Artilleriegeschosse zu liefern. Der Krieg spielte gestern beim Gipfel eine größere Rolle. Heute steht unter anderem ein Euro-Gipfel auf der Tagesordnung, bei dem es auch um die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor in der Schweiz und den USA geht. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde ist ebenfalls dabei - und könnte das wiederholen, was sie unlängst im Europaparlament betont hat: "Die Vollendung der Bankenunion und die vollständige Entwicklung der Kapitalmarktunion sind unerlässlich. Dafür brauchen wir einen verbindlichen Zeitplan, den die Finanzminister jetzt vorbereiten müssen." Aber: Die Vollendung der Bankenunion ist bislang auch unter anderem am Widerstand Deutschlands gescheitert. | /ausland/europa/eu-gipfel-ukraine-113.html |
2023-03-24 | Wissing für Aufhebung des Sonntagsfahrverbots | Warnstreiks am Montag | Der für Montag angekündigte Warnstreik im Verkehrssektor steht in der Kritik. Die Bundesregierung rief die Tarifparteien nun zu Verhandlungen auf. Verkehrsminister Wissing ist für eine Aufhebung des Fahrverbots für Lkw an diesem Sonntag.
mehr | Der für Montag angekündigte Warnstreik im Verkehrssektor steht in der Kritik. Die Bundesregierung rief die Tarifparteien nun zu Verhandlungen auf. Verkehrsminister Wissing ist für eine Aufhebung des Fahrverbots für Lkw an diesem Sonntag. Vor dem für Montag geplanten bundesweiten Warnstreik im Verkehrssektor hat die Bundesregierung die beteiligten Tarifparteien zu einer baldigen Verhandlungslösung aufgerufen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit wies in Berlin darauf hin, dass das Streikrecht ein Grundrecht in Deutschland ist. Grundsätzlich rufe man aber zugleich dazu auf, "dass die Tarifpartner bald zu einer tragfähigen Lösung finden, damit die Auswirkungen eines solchen Streiks nicht zu arg sind". Bundesverkehrsminister Volker Wissing appellierte nach Angaben seines Ministeriums an alle Beteiligten, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und die Auswirkungen des Streiks so gering wie möglich zu halten. Um die Lieferketten möglichst stabil zu halten und die Versorgung nicht zu gefährden, bat er die Länder, von Kontrollen des Sonntagsfahrverbots für Lkw abzusehen. Faktisch sprach er sich somit für eine einmalige Aufhebung des Sonntagsfahrverbots für Lastwagen durch die Länder aus. "Wir unterstützen das", sagte der FDP-Politiker in Mainz. Zudem seien Landesluftfahrtbehörden und Flughäfen gefordert, auch verspätete Landungen und Abflüge zu ermöglichen, damit gestrandete Passagiere ihr Ziel erreichen könnten, sagte der Minister der "Bild"-Zeitung. Deutsche Bahn: Kein Ersatzfahrplan am Montag Die Gewerkschaft ver.di und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben in jeweils eigenen Tarifrunden für Montag zu einem bundesweiten Warnstreik im Verkehr aufgerufen. Betroffen sein sollen der Fern- und Regionalverkehr auf der Schiene, Flughäfen, Wasserstraßen und Häfen sowie die Autobahngesellschaft. Die Deutsche Bahn will im Güterverkehr versorgungsrelevanten Zügen Priorität einräumen. Einen Notfahrplan im Fernverkehr wird es laut einem Konzernsprecher jedoch nicht geben. Es seien zu viele Berufsgruppen zum Streik aufgerufen. Die Auswirkungen werden dem Bahnsprecher zufolge aufgrund von überlappenden Schichten schon am Sonntagabend zu spüren sein. Betroffen ist auch der Bahnverkehr nach Österreich. Es werde keine grenzüberschreitenden Nah- und Fernverkehrszüge geben, teilten die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) mit. In der Regel endeten sie vor der Grenze. Auch Nachtzüge mit deutschen Streckenabschnitten, die am Sonntag und Montag starten, seien betroffen. Flugausfälle bereits am Sonntag Auch nahezu sämtliche deutschen Flughäfen sollen bestreikt werden. Lufthansa-Passagiere müssen sich bereits am Sonntag auf erhebliche Ausfälle einstellen. Am Flughafen München finden bereits dann - abgesehen von humanitären Flügen - keine Lufthansa-Flüge mehr statt, wie die Airline mitteilte. Die Lufthansa gehe aber davon aus, dass bereits am Dienstag der Flugbetrieb wieder weitestgehend normal durchgeführt werden könne. Arbeitgeber warnen: "Nicht radikalisieren" Der Bundesverband Güterverkehr und Logistik (BGL) warnt angesichts des Streiks vor einem Versorgungschaos. Die Gewerkschaften handelten "gegen den Willen von Millionen Bundesbürgern", sagte Verbandspräsident Dirk Engelhardt der "Bild"-Zeitung. Auch Deutschlands Arbeitgeber warfen den Gewerkschaften überzogenes Handeln vor. "Wer so handelt, handelt unverhältnismäßig und gefährdet die Akzeptanz für das Streikrecht", sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, der dpa. Er mahnte, der Kampf um Mitglieder dürfe die Tarifautonomie in Deutschland nicht radikalisieren. Gewerkschaften verteidigen Warnstreiks Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Werneke, verteidigte den Streik indes. "Ein Arbeitskampf, der keine Wirkung erzielt, ist ein zahnloser Arbeitskampf", sagte er im Fernsehsender Phoenix. Werneke räumte ein, dass der gemeinsame Streik mit der Eisenbahnergewerkschaft EVG zur Belastung für viele Menschen werde, "aber besser ein Tag Belastung mit der Perspektive, zu einem Tarifabschluss zu kommen, als ein wochenlanger Arbeitskampf". Denn davon wären nicht nur die Verkehrsbereiche betroffen, "sondern auch Krankenhäuser, Abfallwirtschaftsunternehmen und Kitas", sagte Werneke. Er sieht die Arbeitgeber in der Verantwortung, sich in den Tarifverhandlungen zu bewegen. Fahimi: "Forderungen nicht unrealistisch" Die Forderungen der Gewerkschaft im Tarifstreit hat die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, verteidigt. "Sie sind notwendig", sagte sie dem SWR in einem Interview, das am Samstag ausgestrahlt werden sollte. Das Ergebnis bei der Post, wo eine durchschnittliche Tariferhöhung von 11,5 Prozent über alle Einkommensgruppen hinweg erzielt wurde, zeige auch, dass die Forderungen "ganz und gar nicht unrealistisch" seien. Im Tarifstreit im öffentlichen Dienst wird derzeit ein Anstieg der Löhne und Gehälter um 10,5 Prozent gefordert, bei der Bahn verlangt die verhandelnde Gewerkschaft EVG zwölf Prozent mehr Lohn. Fahimi sagte dazu dem SWR, es gebe sowohl einen "Nachholbedarf aus dem Jahr 2022 mit einem Inflationsrekord" als auch eine vorausschauende Perspektive. "Denn in diesem Jahr wird die Inflation ja auch nicht gerade wieder auf zwei, drei Prozent fallen", sagte sie. Fahimi warnte außerdem vor einer Einschränkung des Streikrechts: "Damit spielt man nicht", sagte sie im ZDF. "Und ich kann auch nur davon abraten zu spekulieren, ob man das Streikrecht nicht in Deutschland einschränken müsste. Das Streikrecht in Deutschland kenne bereits Grenzen: politische Streiks wie gegen die Rentenreform in Frankreich seien hierzulande gar nicht möglich. DIW-Präsident: Streiks werden zunehmen Mit einer Zunahme von Streiks in den kommenden Jahren rechnet der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Der Arbeitsmarkt entwickele sich zu einem Arbeitnehmermarkt. Bereits heute gebe es in Deutschland zwei Millionen offene Stellen und eine riesige Fachkräftelücke, die sich in den kommenden zehn Jahren noch vergrößern werde. "Der Arbeitskampf und der Mega-Streik im Verkehrssektor am kommenden Montag sind das logische Resultat dieser Zeitenwende", sagte Fratzscher. "Ich erwarte für die kommenden Jahre eine deutliche Zunahme der Arbeitskämpfe in Deutschland." | /inland/gesellschaft/reaktionen-warnstreiks-verkehr-103.html |
2023-03-24 | US-Militär greift Ziele in Syrien an | Nach tödlicher Drohnenattacke | Nach dem Tod eines US-Bürgers durch einen Drohnenangriff in Syrien hat das US-Militär Ziele von Verbündeten der iranischen Revolutionsgarden angegriffen. Nach Einschätzung von Geheimdiensten war die Drohne "iranischen Ursprungs".
mehr | Nach dem Tod eines US-Bürgers durch einen Drohnenangriff in Syrien hat das US-Militär Ziele von Verbündeten der iranischen Revolutionsgarden angegriffen. Nach Einschätzung von Geheimdiensten war die Drohne "iranischen Ursprungs". Das US-Militär hat in Syrien mit Luftangriffen auf eine tödliche Drohnenattacke reagiert. Es griff dort Ziele von Verbündeten der iranischen Revolutionsgarden an. Er habe die Luftangriffe im Osten des Landes auf Weisung von US-Präsident Joe Biden genehmigt, sagte Verteidigungsminister Lloyd Austin. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden dabei mindestens elf pro-iranische Kämpfer getötet. Zuvor seien bei dem mutmaßlich iranischen Drohnenangriff auf einen Militärstützpunkt nahe Al-Hassaka im Nordosten des Landes ein Auftragnehmer des US-Militärs getötet und ein weiterer Auftragnehmer sowie fünf US-Soldaten verletzt worden, teilte das Pentagon mit. Die Drohne sei nach Einschätzung der Geheimdienste "iranischen Ursprungs". Kurze Zeit später reagierte das US-Militär mit mehreren Luftangriffen im Osten Syriens. Ziel seien Einrichtungen von Gruppen gewesen, "die mit den iranischen Revolutionsgarden in Kontakt stehen", sagte Austin. Austin spricht von "Präzisionsschlägen" Mit den "Präzisionsschlägen" solle der Schutz und die Verteidigung der US-Truppen gewährleistet werden. "Keine Gruppe darf unsere Truppen ungestraft angreifen", sagte Austin. Eine militärische Auseinandersetzung mit dem Iran wollen die USA laut dem Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, aber nicht. "Wir wollen keinen Krieg mit dem Iran", sagte Kirby dem Sender CNN. Bei dem US-Angriff auf ein Waffenlager in der Stadt Deir Essor seien sechs Kämpfer getötet worden, fünf weitere bei Angriffen nahe den an der Grenze zum Irak gelegenen Städte Majadin und Abu Kamal, erklärte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk in Syrien. Die Angaben der Organisation sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen. Noch 900 US-Soldaten stationiert Die US-Truppen wurden 2015 nach Syrien geschickt, um den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu unterstützen. Derzeit sind dort etwa 900 US-Soldaten zum Kampf gegen den IS stationiert, die meisten im Osten des Landes. Der IS hatte weite Gebiete in Syrien und dem benachbarten Irak beherrscht. Trotz des 2019 verkündeten militärischen Siegs über den IS sind dessen Zellen weiterhin im Land aktiv und verüben Anschläge. Vergangenes Jahr beanspruchte der IS etwa 280 Angriffe für sich in Syrien. US-Präsident Biden hat seit seinem Amtsantritt schon mehrfach Ziele der Iran-treuen Milizen in Syrien angreifen lassen. Biden und das US-Militär sprachen bei den Angriffen im August 2022 sowie im Juni 2021 von Vergeltungsschlägen für Attacken gegen US-Kräfte im Irak. Der Iran ist im Bürgerkrieg neben Russland der wichtigste Verbündete des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. | /ausland/amerika/usa-syrien-153.html |
2023-03-24 | Unbekanntes Objekt bei Pipelines entdeckt | Nach Nord-Stream-Explosionen | Vor sechs Monaten hatten Explosionen Lecks in die Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 gerissen. Nun wurde neben den Leitungen ein unbekanntes Objekt entdeckt. Dänemark will den Gegenstand gemeinsam mit Russland bergen.
mehr | Vor sechs Monaten hatten Explosionen Lecks in die Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 gerissen. Nun wurde neben den Leitungen ein unbekanntes Objekt entdeckt. Dänemark will den Gegenstand gemeinsam mit Russland bergen. Rund sechs Monate nach den Explosionen an den Nord-Stream-Gaspipelines will Dänemark gemeinsam mit Russland einen Gegenstand bergen, der neben den Röhren gefunden wurde. Die dänischen Behörden hätten das etwa 40 Zentimeter hohe und zylinderförmige Objekt auf dem Grund der Ostsee bereits untersucht, teilte die Energiebehörde in Kopenhagen mit. Unmittelbar gehe davon kein Sicherheitsrisiko aus. Es sei möglich, dass es sich um eine Rauchboje handele. Um das aber abschließend zu klären, soll der Gegenstand nun geborgen werden. In diesem Zusammenhang habe man der Nord Stream 2 AG angeboten, an der Bergung teilzunehmen, hieß es in der Mitteilung der dänischen Energiebehörde. Moskau sieht Einladung als "positive Nachricht" Moskau begrüßte die Einladung. "Es ist eine positive Nachricht, wenn der Pipeline-Eigentümer zu wichtigen Ermittlungshandlungen eingeladen wird", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Es müsse untersucht werden, ob das gefundene Objekt etwas mit dem "Terrorakt" an den Nord-Stream-Leitungen zu tun habe. Entgegen dänischer Informationen fügte Peskow hinzu: "Und anscheinend hat es das." Russlands Präsident Wladimir Putin hatte vor knapp zwei Wochen im Zusammenhang mit den Anschlägen auf die Gaspipeline in einem Fernsehbeitrag auf das Objekt hingewiesen. Der Gegenstand war laut Nachrichtenagentur AFP vom russischen Gaskonzern Gazprom ausfindig gemacht worden. Ermittlungen dauern an Ende September 2022 waren als Folge von Explosionen nahe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm insgesamt vier Lecks an den beiden Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 entdeckt worden. Die Behörden gehen von Sabotage aus. Wer dafür verantwortlich ist, ist unklar. Deutschland, Schweden und Dänemark ermitteln dazu. Nach Recherchen der ARD und der "Zeit" führen Spuren der Ermittlungen in die Ukraine. Deutsche Regierungspolitiker warnten zuletzt vor voreiligen Schlüssen und mahnten dazu, ein Ende der Untersuchungen abzuwarten. Moskau hingegen hatte bereits kurz nach dem Anschlag die "Angelsachsen" - also Briten und Amerikaner - verantwortlich gemacht. | /ausland/europa/nord-stream-daenemark-russland-101.html |
2023-03-24 | Selbstfindung in Schkeuditz | CDU-Regionalkonferenz | Die CDU ist auf der Suche nach einem neuen Grundsatzprogramm. Bei der Regionalkonferenz im sächsischen Schkeuditz sprach Parteichef Merz vor wohlwollendem Publikum. Einig ist man sich aber nicht in allen Fragen. Von Sarah Frühauf. | Die CDU ist auf der Suche nach einem neuen Grundsatzprogramm. Bei der Regionalkonferenz im sächsischen Schkeuditz sprach Parteichef Merz vor wohlwollendem Publikum. Einig ist man sich aber nicht in allen Fragen. Hier geht's zur CDU. Daran lassen die Schilder am Straßenrand keine Zweifel, die im Abstand von nur wenigen Metern hängen. Der Weg nach Schkeuditz zur dritten von vier CDU-Regionalkonferenz ist ein wenig mühsam. Die Veranstaltungshalle liegt am Rande der sächsischen Kleinstadt, die wiederum weit am Rand von Leipzig liegt. Hier mitten in einem kleinen Gewerbegebiet, in dem die Zeit Anfang der 2000er Jahre stehen geblieben zu sein scheint, diskutiert die größte Partei Deutschlands über ihre Zukunft. Dieser Donnerstagabend Ende März ist nur ein Gesprächsformat von vielen. Im Herbst will die Partei das, was in diversen Arbeitsgruppen besprochen, von Mitgliedern über Umfragen eingebracht und auf den Regionalkonferenzen diskutiert wurde, in ein neues Grundsatzprogramm gießen. Das Ziel: Fünf bis zehn Punkte, in denen sich die CDU deutlich von den anderen Parteien unterscheidet. Eine ambitionierte Aufgabe, das wird auch in Schkeuditz deutlich. Kritik vor allem an den Grünen Nicht mehr in der Regierung zu sein, habe auch einen Vorteil. So versucht Generalsekretär Mario Czaja gleich zu Beginn des Abends, Optimismus zu verbreiten. Man könne sich mal nur mit sich selbst beschäftigen: "Darüber reden, was uns bewegt!" Nimmt man Czaja beim Wort, bewegt die Partei derzeit allerdings am meisten, was andere machen. In den Redebeiträgen geht es immer wieder um die Performance der Ampelkoalition, am meisten geht es aber um die Grünen. Lautes Lachen geht durch den Saal, als Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff Grüße an den sächsischen Landeschef Winfried Kretschmann richtet, aber eigentlich Michael Kretschmer meint, der wegen anderer Termine nicht da sein kann. Haseloff korrigiert sich und legt nach, Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann sei einer der wenigen Grünen, die ihre Politik nicht allen anderen überhelfen wollten. Das ist der Tenor der Debatte: Deutschland dürfe kein Experimentierfeld werden für grüne Ideologie. Insbesondere im Osten sei man sensibel, wo schon einmal ein Regime versucht habe, den Bürgern ihr Leben vorzuschreiben. Klimaschutz ja, aber anders Die Bewahrung der Schöpfung sei eine urchristliche Aufgabe und damit auch Ziel der CDU, macht der Parteivorsitzende Friedrich Merz klar und sendet damit gleichzeitig ein Signal an die Basis: Niemand könne und dürfe den Klimawandel leugnen. Klar und deutlich wird, was die CDU nicht will: ein Verbot von neuen Öl- und Gasheizungen, einen noch früheren Kohleausstieg, eine generelle Abkehr von der Atomkraft. Nur wie genau Deutschland die Klimaziele einhalten soll, die die Union damals noch in Regierungsverantwortung mitgesteckt hat, ist nicht ganz so klar. Es ist die Rede von Technologieoffenheit und davon Anreize zu schaffen, damit Bürger und Wirtschaft von selbst CO2 einsparen. Eine Meldung aus dem Publikum, also der Parteibasis, an Merz gerichtet, bringt es auf den Punkt: Warum die CDU Klimaschutz nicht zu ihrem Kernthema mache? Warum lasse man sich das Thema von anderen Parteien wegnehmen? Am Klimaschutz wird und will die Parteispitze künftig nicht mehr vorbeikommen. Da herrscht große Einigkeit. Nur: Wie das Thema angehen und mit wem? Es geht ums Kanzleramt Damit hängt ein anderer Vorschlag aus dem Publikum zusammen: Wäre es nicht gut für die CDU, so wie es die CSU in Bayern gerade macht, in Zukunft Wahlkampf gegen die Grünen zu führen und eine Koalition mit ihnen auszuschließen? So weit will Merz nicht gehen. Er will keinen Koalitionswahlkampf und sich alle Optionen offen halten - auch die, mit den von der Union gerade so heftig kritisierten Grünen zu koalieren. Denn am Ende steht ein Ziel und auf dem Weg dorthin ist das neue Grundsatzprogramm nur ein Schritt dorthin: Es geht darum, wieder ins Kanzleramt einzuziehen. Auch wenn Merz sich noch nicht klar positioniert hat, geht wohl kaum einer mehr in der Partei von einem anderen Kanzlerkandidaten als ihm aus. In Umfragen bleibt die CDU seit Monaten meist knapp unter 30 Prozent und damit hinter ihren selbstgesteckten Erwartungen zurück. Immer wieder ist in Schkeuditz die Rede davon, dass der Osten Seismograf für die Stimmung im Land sei. Der Saal tobt, als der Parteichef den Begriff "Pascha" wiederholt, den er nach den Berliner Silvesterkrawallen in einer Talkshow verwendet hatte. Wie weiter mit der AfD? In Schkeuditz trifft Merz auf ein wohlwollendes Publikum, viele in Ostdeutschland haben ihn beim Kampf um den Parteivorsitz unterstützt. Es gibt hier vielerorts ein großes Bedürfnis nach einem stärker konservativen Profil und teilweise sogar die Ansicht, man könne sich nicht für immer der Zusammenarbeit mit der AfD verschließen. Dem erteilt Merz in Schkeuditz allerdings eine deutliche Absage: "Für die christlich-demokratische Union wird es mit dieser Partei an keiner Stelle der Bundesrepublik Deutschland eine parlamentarische Zusammenarbeit geben." Im nächsten Jahr stehen im Osten drei Landtagswahlen an, Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Ob dann alle in der CDU-Basis Merz-Ansage folgen werden, wird sich zeigen. In Schkeuditz zumindest lief alles nach Plan: Nach gut drei Stunden war Schluss. Von 30 eingereichten Wortbeiträgen kamen nicht mal die Hälfte dran. Heute steht bereits die nächste und letzte Regionalkonferenz an. Im Norden, in Mecklenburg-Vorpommern. In der CDU hat man viel vor, doch nicht ewig Zeit. | /inland/innenpolitik/cdu-grundsatzprogramm-regionalkonferenzen-101.html |
2023-03-24 | Frankreich-Besuch von Charles III. verschoben | Wegen Streiks und Protesten | Der Staatsbesuch des britischen Königs Charles III. in Frankreich ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Grund sind die landesweiten Streiks und Proteste gegen die Rentenreform. Am Mittwoch werden Charles und Camilla in Deutschland erwartet.
mehr | Der Staatsbesuch des britischen Königs Charles III. in Frankreich ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Grund sind die landesweiten Streiks und Proteste gegen die Rentenreform. Am Mittwoch werden Charles und Camilla in Deutschland erwartet. Der Staatsbesuch von König Charles III. in Frankreich ist wegen der dortigen Proteste gegen die Rentenreform verschoben worden. Das teilte der Élysée-Palast mit. Ein neues Datum für den Besuch stehe noch nicht fest. Ursprünglich hatte Charles auf seinem ersten Auslandsbesuch als britischer König zusammen mit der Königin-Gemahlin Camilla von Sonntag bis Mittwoch nach Frankreich kommen sollen. In Frankreich hat sich der Streit um die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron seit einigen Tagen zugespitzt. Am Donnerstag beteiligten sich laut Innenministerium mehr als eine Million Menschen an einem Streik- und Protesttag. Die Gewerkschaft CGT sprach von 3,5 Millionen Beteiligten. Züge und Flüge fielen aus, Öldepots wurden blockiert. Mehr als 450 Menschen wurden bei Ausschreitungen festgenommen. Entscheidung nach Telefonat von Macron und Charles Die Gewerkschaften haben für Dienstag zu einem neuen Streik- und Protesttag aufgerufen. Der Élysée-Palast nannte dies als Grund, den Besuch von Charles zu verschieben. Die Entscheidung hätten die französische und die britische Regierung nach einem Telefonat von Macron und Charles am Freitagmorgen gemeinsam getroffen. Es solle möglich sein, Charles unter den Bedingungen zu empfangen, die der freundschaftlichen Beziehung entsprächen. Der Buckingham-Palast hat eine Verschiebung des Besuchs inzwischen bestätigt - allerdings ohne eine Begründung zu nennen: "Ihre Majestäten freuen sich sehr auf die Gelegenheit, Frankreich zu besuchen, sobald ein Datum gefunden ist", hieß es lediglich in einer knappen Mitteilung. Besuch in Deutschland kann wie geplant stattfinden Zuvor hatte es in Frankreich Gerüchte gegeben, ein Teil des Besuchsprogramms könne wegen der anhaltenden Rentenproteste angepasst werden. Der Staatsbesuch von Charles und Camilla in Deutschland von Mittwoch bis Freitag kommender Woche bleibt von der Absage jedoch unberührt und kann wie geplant stattfinden. Das gab das Bundespräsidialamt in Berlin bekannt. | /ausland/europa/frankreich-koenig-charles-besuch-grossbritannien-101.html |
2023-03-24 | Honig häufig mit Sirup verlängert | Untersuchung der EU | Honig ist teuer - das zieht offenbar Betrüger an. Nach einer Untersuchung der EU-Kommission wurde in fast der Hälfte aller untersuchten Honigproben Zuckersirup gefunden. Auch Deutschland ist stark betroffen.
mehr | Honig ist teuer - das zieht offenbar Betrüger an. Nach einer Untersuchung der EU-Kommission wurde in fast der Hälfte aller untersuchten Honigproben Zuckersirup gefunden. Auch Deutschland ist stark betroffen. Die EU-Kommission hat Honig auf seine Reinheit hin untersuchen lassen. Das Ergebnis: In 46 Prozent von 320 Honigproben wurde billiger Zuckersirup nachgewiesen. Die Proben wurden vom Labor der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) mit modernen Methoden untersucht. Die Fälschungsquote von fast der Hälfte ist etwa dreimal so hoch wie beim letzten EU-Kontrollbericht aus dem Untersuchungszeitraum 2015 bis 2017. Damals lag der Anteil der beanstandeten Proben bei nur 14 Prozent. Panschen mit Sirup ist verboten In Deutschland war die Hälfte der 32 Proben auffällig. In Frankreich waren von 21 Proben nur vier "echter Honig". Im Einzelnen waren 74 Prozent der 89 Honige aus China zu beanstanden, ebenso fast alle Honige aus der Türkei (14 von 15). Die Beimischung von Sirupen beispielsweise aus Reis, Weizen oder Zuckerrüben zu Honig ist nach EU-Recht verboten. Die dickflüssige Substanz muss als Naturprodukt rein und frei von anderen Stoffen oder gar Wasser sein, die das Volumen des Produktes erhöhen könnten. Die Fälschungen werden immer ausgeklügelter Nach Untersuchungen der Verbraucherorganisation Foodwatch hätten die Fälscher den Honig früher mit Zuckersirupen aus Maisstärke oder Zuckerrohr verdünnt. “Heute verwenden sie Sirupe, die vor allem aus Reis, Weizen oder Zuckerrüben hergestellt werden", heißt es; dies sei ein Betrug, der für die meisten Labors derzeit technisch nicht nachweisbar sei. "Verbraucher und Verbraucherinnen haben jahrelang gefälschten Honig in Supermärkten gekauft, ohne es zu wissen", erklärte Chris Methmann, Geschäftsführer von Foodwatch Deutschland. "Die Betrüger nutzen die Lücken in der Lebensmittelüberwachung schamlos aus. Erst mit moderneren Analysemethoden können Kontrollbehörden Fälschungen erkennen und dafür sorgen, dass sie vom Markt verschwinden." Hohe Gewinnspanne bei Fälschungen Laut den Foodwatch-Recherchen kostet importierter Honig in Europa durchschnittlich 2,17 Euro pro Kilo, Zuckersirup aus Reis dagegen zwischen 0,40 und 0,60 Euro pro Kilo. Da die Nachfrage nach Honig in der EU höher ist als die heimische Produktion, werden rund 40 Prozent des Honigs importiert. Der Preisunterschied zwischen echtem Honig und Zuckersirupen und die Schwierigkeit, den Zusatz von Honig zu Sirupen zu erkennen, mache Betrug "sehr attraktiv", wie die EU-Kommission mitteilte. Beimischungen in Lebensmitteln nicht selten Dass Lebensmittel gepanscht werden, ist nichts Ungewöhnliches. Vor mehr als zehn Jahren machte der so genannte Analogkäse von sich reden. Das Käseimitat sieht aus wie Käse und schmeckt auch so. Im Gegensatz zu Käse wird es meist aus einer Kombination von Pflanzenöl, Stärke, Wasser und Aromen hergestellt, die gemischt und zu einer käseähnlichen Konsistenz verarbeitet werden. Er ist auch wesentlich billiger in der Herstellung als Käse aus Milch. | /wirtschaft/honig-faelschung-101.html |
2023-03-24 | Große Reichweite nur mit viel PS? | Teure Elektroautos | Elektroautos haben zuletzt einen Boom erlebt. Doch wer mit ihnen viele Kilometer schaffen will, muss tief in die Tasche greifen. Betreiben die Hersteller eine falsche Modellpolitik? Von Maria Kümpel. | Elektroautos haben zuletzt einen Boom erlebt. Doch wer mit ihnen viele Kilometer schaffen will, muss tief in die Tasche greifen. Betreiben die Hersteller eine falsche Modellpolitik? Der Bürgermeister von Dormagen, Erik Lierenfeld (SPD), ist seit Kurzem mit einem Mercedes EQS 450+ unterwegs. Der Kaufpreis für das E-Auto liegt bei fast 130.000 Euro. Viele Bürger sind entsetzt. "Es musste ein Fahrzeug sein, was rund 500 Kilometer Reichweite hat", erklärt Lierenfeld gegenüber dem WDR. Autos mit großen Reichweiten seien kaum in kleineren und günstigeren Ausführungen zu haben. Stimmt das? Mit 783 Kilometern gehört der Mercedes auf dem Markt der Elektroautos zu den Fahrzeugen mit der größten Reichweite. Doch auch andere Modelle - etwa von BMW, Hyundai, Tesla und Ford - versprechen mehr als 600 Kilometer Reichweite. Das Problem: Sie alle sind verhältnismäßig teuer. Zwischen 49.000 und 143.000 Euro müssen Käufer für die sieben reichweitenstärksten E-Autos bezahlen. 44 Prozent der zugelassenen E-Autos sind SUV An der Modellpolitik der Hersteller gibt es Kritik. "Es ist ein großer Fehler, wenn die Automobilindustrie nicht Angebote von bezahlbaren, ressourcenleichten und klimafreundlichen Autos macht", sagt Winfried Hermann, grüner Verkehrsminister in Baden-Württemberg, gegenüber dem ARD-Magazin Plusminus. Es brauche mehr bezahlbare E-Autos, ansonsten verhindere die Industrie den Wechsel zur Klimaneutralität. Dass viele Elektroautos in Deutschland so teuer sind, liegt auch am Nachfrageverhalten der Deutschen. Zwar wurden Jahr 2022 mehr kleine E-Autos zugelassen als Mittelklassewagen. Doch der Anteil von Elektro-SUV war am größten. Das geht aus Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) hervor. Laut einer Studie des Center of Automotive Management (CAM) waren im vergangenen Jahr 44 Prozent aller neuzugelassenen E-Autos SUV. Autohersteller stärken das Luxussegment Das liegt teilweise auch am Produktangebot. "Wir sehen eine klare Tendenz, dass die Automobilhersteller eher auf größere Fahrzeuge setzen, auf spezielle Modesegmente wie SUV, die teuer sind", sagt Stefan Bratzel, Direktor des CAM. Denn dort sei die Marge besonders hoch. Aus Sicht der Hersteller rechnet sich diese Strategie. Mercedes-Benz hat beispielsweise im vergangenen Jahr rund 14,8 Milliarden Euro verdient - rund ein Drittel mehr als im Vorjahr. "Wir wollten das Luxusgeschäft stärken. Bei den Top-Modellen hatten wir ein erhebliches Wachstum", sagt Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender bei Mercedes. PS-Stärke als Klimabelastung Wer viel Reichweite haben möchte, muss auch viel PS in Kauf nehmen. Zwischen 231 und 544 PS haben die sechs E-Autos mit der größten Reichweite auf dem Markt. Lediglich ein Modell von Hyundai liegt mit 151 PS bei einer Reichweite von über 600 Kilometern darunter. Die PS-starken Autos sind nicht nur teuer, sondern auch klimaschädlich, behauptet Baden-Württembergs Verkehrsminister Hermann: "Die Herausforderung besteht deshalb darin, dass man einfachere und klimaneutrale Autos herstellt." Nicht jedes Auto müsse 200 Kilometer pro Stunde fahren können. Schwere Autos haben höheren Stromverbrauch Und: Elektro-SUV sind ökologisch nicht wirklich effizient. "Je schwerer das Auto ist, umso größer ist der Stromverbrauch", sagt Sven Bauer, Chef des deutschen Batterieherstellers BMZ. Idealerweise nehme man ein kleines Auto und eine Batterie, mit der man sicher 500 Kilometer fahren könne. "Aber der Deutsche mag gar keine kleinen Autos. Er will immer größer und größer", so Bauer. Die Reichweite von E-Autos wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Die Geschwindigkeit, die Fahrweise und die Temperatur haben großen Einfluss. Auch die Größe und das Gewicht des Autos wirken sich auf die Reichweite aus. In der Realität weichen die Reichweiten oft von denen ab, die der Hersteller angibt. Die offiziellen Reichweiten-Angaben seien wenig wert, bestätigt auch der ADAC. Rund ein Drittel mehr Elektro-Zulassungen Trotz immer noch vorhandener Skepsis in der Bevölkerung gab es im vergangenen Jahr einen Elektro-Boom. Knapp 470.000 E-Autos wurden neu zugelassen. Das sind so viele wie nie zuvor - ein Plus von mehr als 30 Prozent im Vergleich zu 2021. Zwischen Berlin und Brüssel wird derweil über die Frage gerungen, ob Autos mit einem Verbrennermotor nach 2035 in der EU überhaupt noch neu zugelassen werden dürfen. Bis dahin wird sich viel auf dem E-Automarkt verändern. Vielleicht gibt es dann auch günstigere Autos, die hohe Reichweiten schaffen. Über dieses Thema berichtete das Erste in "Plusminus" am 22. März 2023 um 21.45 Uhr. | /wirtschaft/technologie/elektroautos-reichweite-modellgroesse-101.html |
2023-03-24 | Twitter macht blaue Haken kostenpflichtig | Ab 1. April | Seit der Twitter-Übernahme durch Elon Musk hat es viel Wirbel um die Zukunft des Verifikations-Häkchens gegeben. Nun will die Plattform die kostenlose Variante ab dem 1. April abschaffen - und durch ein Bezahl-Abo ersetzen.
mehr | Seit der Twitter-Übernahme durch Elon Musk hat es viel Wirbel um die Zukunft des Verifikations-Häkchens gegeben. Nun will die Plattform die kostenlose Variante ab dem 1. April abschaffen - und durch ein Bezahl-Abo ersetzen. Twitter will am 1. April damit beginnen, die kostenlosen blauen Häkchen-Symbole für verifizierte Profile zu entfernen. Um das Zeichen zu behalten, müssten Einzelpersonen das pro Monat acht Euro teure Abo "Twitter Blue" abschließen, hieß es in einem Tweet in der Nacht. Twitter-Besitzer Elon Musk verwies auch darauf, dass Accounts, die mit verifizierten Unternehmen und Organisationen verbunden sind, automatisch das Symbol bekämen. Twitter setzt den Basispreis für verifizierte Unternehmen und Organisationen in Deutschland bei 950 Euro im Monat plus 50 Euro für jeden angeschlossenen Account an. Für Unternehmens-Accounts gibt es ein goldgelbes Symbol und für Regierungen und andere Organisationen ein graues. Any individual person’s Twitter account affiliated with a verified organization is automatically verified https://t.co/5j6gx6UKHm Twitter kämpft nach der rund 44 Milliarden Dollar schweren Übernahme durch Musk mit sinkenden Werbeerlösen und hofft auf Abo-Einnahmen. Die Verifikations-Häkchen wurden früher von Twitter kostenlos an Prominente, Politiker oder Journalisten vergeben. Musk behauptete nach dem Kauf des Dienstes im vergangenen Herbst, das bisherige Vergabeverfahren sei "korrupt" gewesen. Stattdessen sollten sich alle das Symbol mit dem Abonnement ohne eine Prüfung zulegen können. Fake-Accounts mit verifiziertem Häkchen Musk argumentierte, dass die Authentifizierung durch Bezahldienste und App-Plattformen ausreichend vor einem Missbrauch des neuen Systems schütze. Doch zahlreiche Nutzer hielt das nicht davon ab, mit Verifikations-Häkchen versehene Fake-Accounts von Prominenten und Unternehmen anzulegen. Es traf unter anderem Sport-Stars, den Pharmakonzern Eli Lilly und den Frucht-Spezialisten Chiquita. Twitter setzte die Abo-Funktion nach dem Chaos für mehrere Wochen aus. Seit Dezember gibt es nun ein Verfahren, bei dem auch Abo-Kunden mehrere Voraussetzungen erfüllen müssen. Unter anderem muss ihr Account mindestens 90 Tage alt und mit einer Telefonnummer verknüpft sein. | /wirtschaft/technologie/twitter-musk-haekchen-101.html |
2023-03-24 | "Bankensystem in Europa ist stabil" | EU-Gipfel zu Finanzmarkt | Inflation, taumelnde Banken, fallende Aktienkurse. Der Finanzmarkt steht vor Herausforderungen. Beim EU-Gipfel verbreiteten Kanzler Scholz und andere Regierungschefs die Botschaft, dass das System stabil sei.
mehr | Inflation, taumelnde Banken, fallende Aktienkurse. Der Finanzmarkt steht vor Herausforderungen. Beim EU-Gipfel verbreiteten Kanzler Scholz und andere Regierungschefs die Botschaft, dass das System stabil sei. Angesichts der in Schieflage geratenen Banken in den USA und in Europa haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten bei ihrem Gipfel in Brüssel um eine Beruhigung der Finanzmärkte bemüht. Sie betonten demonstrativ die Krisenfestigkeit des Systems. Das Bankensystem in Europa sei sehr stabil und widerstandsfähig, erklärte Bundeskanzler Scholz nach dem Treffen in Brüssel. Die EU habe strenge Regeln für die Aufsicht etabliert. Strenge Regeln nach der Finanzkrise Der Deutschen Bank sprach der Bundeskanzler demonstrativ sein Vertrauen aus, nachdem die Aktien um mehr als elf Prozent abgestürzt waren. "Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen", sagte Scholz. Die Deutsche Bank habe ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert, neu organisiert und "ist sehr profitabel". Frankreichs Präsident Emmanuel Macron machte "Spekulanten" für die jüngste Talfahrt an den Börsen verantwortlich und betonte: "Die Eurozone ist die Region, in der die Banken am solidesten sind." Man habe aus vergangenen Krisen gelernt, so der französische Präsident. Ähnlich äußerte sich auch die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, die am EU-Gipfel teilnahm. Der Bankensektor sei stark und widerstandsfähig, wozu auch die nach der globalen Finanzkrise eingeleiteten Reformen der Bankenaufsicht beigetragen hätten, so Lagarde nach Angaben von Teilnehmern. Der Instrumentenkasten sei zudem voll ausgestattet, um nötigenfalls den Geldhäusern mit Liquiditätshilfen unter die Arme zu greifen, so die EZB-Präsidentin. Stabilität kann schnell in Schieflage geraten Auch der belgische Premierminister Alexander De Croo betonte vor dem Gipfel, man sehe momentan keinen Grund zur Sorge. "Aber natürlich konnte sich vor einigen Wochen auch niemand von uns vorstellen, dass die US-amerikanische Silicon Valley Bank und die Credit Suisse in der Schweiz in solch gravierende Schwierigkeiten geraten könnten", sagt er. Das zeige, dass die Finanzstabilität schnell in eine Schieflage geraten könne. Auch wenn die Banken mit ihren Kapital- und Liquiditätspositionen im Moment gut aussähen - niemand wisse, was noch passieren könne, so der Belgier weiter. Forderung nach Umsetzung der Bankenunion Möglicherweise werden die zunehmenden Turbulenzen im Bankensektor einem seit langem debattierten Projekt Aufwind geben. Es geht um die europäische Bankenunion. Da brauche es nun endlich Fortschritte, verlangte Paschal Donohoe, der als Chef der sogenannten Eurogruppe alle EU-Staaten mit der Gemeinschaftswährung vertritt. Der Bankensektor stelle sich dank der bisherigen Maßnahmen als sehr widerstandsfähig dar. Daran müsse angesichts der Herausforderungen angeknüpft werden. "Vergangenen Sommer hat die Eurogruppe vereinbart, die Bankenunion zu vollenden. Ich erwarte, dass die EU-Kommission da sehr bald entsprechende Pläne vorlegen wird. Wir müssen jetzt umsetzen, was wir vereinbart haben." Die Bankenunion könne den Unterschied bei der Stärkung des Bankensystems im Euroraum machen, so Donohoe weiter. Bisher scheiterten die Pläne zur Bankenunion am gemeinsamen europäischen Einlagensicherungssystem, gegen das sich auch Deutschland ausgesprochen hat. Mit Informationen von Matthias Reiche, ARD-Studio Brüssel. | /wirtschaft/finanzen/eu-gipfel-finanzen-103.html |
2023-03-24 | Ärzte verteidigen hohes Honorar | Corona-Impfung | Von April an müssen Krankenkassen die Corona-Impfung übernehmen. Bisher zahlt der Bund. Doch es gibt Streit über die Höhe der Honorare. Die Ärzte wollen etwa dreimal so viel Geld wie für eine Grippeimpfung. Von M. Grill und S. Wippermann. | Von April an müssen Krankenkassen die Corona-Impfung übernehmen. Bisher zahlt der Bund. Doch es gibt Streit über die Höhe der Honorare. Die Ärzte wollen etwa dreimal so viel Geld wie für eine Grippeimpfung. Im November 2021 zeigte sich der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn noch einmal großzügig gegenüber den niedergelassenen Ärzten. Diese erhielten bis dahin 20 Euro für eine Corona-Impfung, zusätzlich zur üblichen Quartalspauschale für jeden Patienten. Doch um die Booster-Kampagne gegen Corona anzukurbeln, erhöhte Spahn das Impfhonorar auf 28 Euro, am Wochenende sogar auf 36 Euro. Die Kosten für den Impfstoff sind darin noch gar nicht enthalten. Für manche Arztpraxen waren die Corona-Impfungen außerordentlich profitabel. Praxen bekamen teils Zehntausende Euro pro Woche. Etwa 2,7 Milliarden Euro hat der Bund insgesamt an niedergelassene Ärztinnen und Ärzte für Corona-Impfungen gezahlt. Vergütung noch nicht ausgehandelt Die aktuelle Regelung läuft jedoch am 7. April aus. Danach müssen die Krankenkassen die Kosten für die Impfungen übernehmen. Unklar ist jedoch, in welcher Höhe. Bundesweit verhandeln darüber derzeit die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), die die Interessen der Ärzte vertreten, und die Landesverbände der Krankenkassen. Über den Stand der Gespräche hüllen sich die meisten Beteiligten in Schweigen. So teilt etwa die KV Bremen mit, man könne "aus verhandlungstaktischen Gründen keine Auskunft geben." Die KV Bayern räumt immerhin ein: "Aktuell liegen die Vorstellungen über eine angemessene Vergütung noch sehr weit auseinander". Und die KV Westfalen-Lippe teilte auf Anfrage mit, dass sie nicht mit einer Einigung auf dem Verhandlungsweg rechne. Denn die Vergütungsvorstellungen lägen sehr weit auseinander, so die dortige KV. Sie nannte als eine von wenigen konkrete Zahlen. Die KV Westfalen-Lippe will, dass die Ärzte für die Corona-Impfung so viel bekommen wie bislang. Auch die Ärztevertretungen in Niedersachsen und Sachsen bestätigten, dass sie 28 Euro fordern. Kassen halten Forderungen für überzogen Von Krankenkassen ist zu vernehmen, dass sie diese Höhe für maßlos übertrieben halten. Bei den meisten Corona-Impfungen, die heute noch verabreicht würden, handle es sich um Booster-Impfungen. Die Betroffenen wüssten Bescheid über die Impfung, müssten nicht mehr so umfassend aufgeklärt werden wie beim ersten Mal und hätten auch weniger Fragen. Der AOK-Bundesverband hält eine "Orientierung an den bestehenden Honoraren für Einzelimpfungen für geboten". Dies entspreche auch den gesetzlichen Vorgaben. Für Einzelimpfungen wie die Grippeschutzimpfung erhalten die Ärzte zwischen 7,60 Euro in Rheinland-Pfalz und 9,18 Euro in Thüringen, ebenfalls zusätzlich zur Quartalspauschale. Streit könnte teuer werden Nach Informationen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" (SZ) ist bislang in keinem Bundesland eine Einigung in Sicht. Bleibt es bei den starren Fronten, könnte die Corona-Impfung für die Krankenkassen am Ende teuer werden - zumindest zeitweise. "In diesem Fall würden die Ärzte dann die Leistungen nach der GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte, Anm. der Redaktion) erbringen und in Rechnung stellen", teilte der Sprecher der KV Westfalen-Lippe, Daniel Müller, mit. Diese Kosten müssten die Versicherten dann zunächst auslegen, können sie aber von ihrer Kasse erstattet bekommen. "Für die Krankenkassen würde dieser (sehr unwahrscheinliche) Fall einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursachen", so ein Sprecher des AOK-Bundesverbandes. Wie lange dieser Zustand dann anhalten könnte, ist unklar. Wenn sich Kassen und Ärztevertretungen nicht einigen sollten, wird die Honorarhöhe in einem Schiedsverfahren festgelegt. Anmerkungen der Redaktion: In einer früheren Fassung des Artikels wurde der Sprecher einer Kassenärztlichen Vereinigung auf die Frage, was bei einer Nicht-Einigung passiert, mit folgendem Satz zitiert: "Nach der GOÄ werden für Impfungen durchschnittliche Kosten von rund 60 Euro erhoben. Diese beinhalten den Impfstoff und die ärztliche Leistung." Wie haben diesen Satz gestrichen, weil die Kosten für den Corona-Impfstoff bis auf weiteres durch den Bund finanziert werden und die tatsächliche Summe deshalb unklar ist. | /investigativ/ndr-wdr/corona-impfung-kosten-105.html |
2023-03-24 | Was wird aus Paragraf 218? | Schwangerschaftsabbrüche | In der Ampel gibt es Bestrebungen, das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen zu kippen - auch Familienministerin Paus unterstützt dies. Die Grünen-Politikerin hat aber nicht alle Koalitionspartner an ihrer Seite. Von Anita Fünffinger. | In der Ampel gibt es Bestrebungen, das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen zu kippen - auch Familienministerin Paus unterstützt dies. Die Grünen-Politikerin hat aber nicht alle Koalitionspartner an ihrer Seite. Familienministerin Lisa Paus steht an einem heißen Juni-Tag 2022 am Rednerpult des Deutschen Bundestags und freut sich. Endlich werde die Ampelkoalition den Paragrafen 219a abschaffen, der "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft" verbietet. Der Paragraf im Strafgesetzbuch sorgte bislang dafür, dass Frauenärzte nicht dafür werben durften, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, ohne Strafen fürchten zu müssen. Die Ampel hatte bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben, Paragraf 219a abschaffen zu wollen. Und auch Paragraf 218 Strafgesetzbuch sollte nach dem Willen von SPD, Grünen und FDP auf den Prüfstand. Er stellt Schwangerschaftsabbrüche insgesamt unter Strafe: "Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft", so der Gesetzestext. Die Ausnahmen davon, sprich die Straffreiheit, stehen im Paragrafen 218a. Es gibt eine Fristen- und Beratungsregelung - ein Kompromiss, der nach der Deutschen Einheit und einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mühsam gefunden wurde. Die Regelung bedeutet, dass der Abbruch bis zur 12. Schwangerschaftswoche erfolgen und von einem Arzt vorgenommen werden muss. Die Schwangere muss sich zudem vorher beraten lassen, um straffrei zu bleiben. Der nächste Schritt Mit dem Beschluss des Bundestags zu Paragraf 219a kündigte Paus den nächsten Schritt an: Man müsse auch über den Paragrafen 218 reden. Deswegen werde die Bundesregierung nun eine Kommission für diese Frage einrichten - weil klar sei, dass das für "die Gesellschaft ein nach wie vor umstrittenes Thema" sei. Die Ministerin bekam für die Ankündigung viel Applaus von den Linken, der SPD und den Grünen, beim Koalitionspartner FDP aber klatschte niemand. Die Liberalen können mit dem Twitter-Hashtag #wegmit218, den auch die Familienministerin verwendet, nicht viel anfangen. Es geht um das Menschenrecht auf reproduktive Selbstbestimmung und um das Recht über den eigenen Körper zu entscheiden. #wegmit218 https://t.co/q1P7oFmUjQ FDP gegen Streichung von Paragraf 218 Die rechtspolitische Sprecherin der FDP, Katrin Helling-Plahr, weiß nicht, was besser werden soll, wenn der Paragraf 218 gestrichen wird. Der Großteil der FDP hält den vor fast 30 Jahren geschlossenen Kompromiss nach wie vor für richtig. Die FDP sorgt sich stattdessen um die Versorgung von ungewollt Schwangeren, die zum Teil katastrophal sei. In einigen Regionen müssen Frauen mehr als 100 Kilometer weit fahren, um einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen. Außerdem müssten Mediziner nach Auffassung der FDP in ihrer Ausbildung endlich mehr über Abtreibungen lernen. Bislang gehöre die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs nicht zum Standard. Viele Möglichkeiten der Umsetzung Der Slogan #wegmit218 kann vieles bedeuten: die komplette Streichung und damit die Freigabe von Abtreibungen ebenso wie eine Änderung im Strafrecht. Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, ist es wichtig, dass es "nicht mehr um die Verurteilung und die moralische Instanz" geht, die mit der Verankerung im Strafgesetzbuch einhergeht. Bei der aktuellen Regelung komme das Selbstbestimmungsrecht der Frau zu kurz, sagt Schauws. Konkreter will sie nicht werden, um der Kommission nicht vorzugreifen. Union auch gegen eine Änderung Wie die Liberalen findet auch die Union, dass der nach der Deutschen Einheit nach langem Ringen gefundene Kompromiss ein guter war. Der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Union, Dorothee Bär, kommt bei den Plänen der Familienministerin das Recht des ungeborenen Kindes zu kurz. Paus gehe es nur einseitig um die reproduktive Selbstbestimmung und das Recht der Frau auf Abtreibung, kritisiert Bär. Die bayerische Staatsregierung hat bereits mit einer Klage in Karlsruhe gedroht, sollte Paragraf 218 Strafgesetzbuch tatsächlich abgeschafft werden. Kommission muss Empfehlung abgeben Die Familienministerin selbst möchte im Moment zu dem Thema keine Interviews geben. Nun solle erst einmal die Kommission arbeiten. Ihr gehören Medizinethiker, Juristinnen und Ärzte an. Wie lange sie zusammensitzen werden, ist nicht bekannt. Nur was dabei nicht herauskommt, steht für die FDP-Politikerin und Juristin Helling-Plahr so gut wie fest: Für eine ersatzlose Streichung des Paragrafen 218 sei "überhaupt kein Raum", sagt sie. Daher habe sie auch keine Angst vor Diskussionen innerhalb der Ampelkoalition. Paus braucht nicht nur ein eindeutiges Votum der Kommission, sondern auch den Koalitionspartner FDP an ihrer Seite, um den Paragrafen abzuschaffen. | /inland/innenpolitik/paragraf-218-107.html |
2023-03-24 | Streit über Verbrenner-Aus vom Tisch? | Verhandlungen mit der EU | Gibt es zwischen EU-Kommission und Bundesverkehrsministerium eine Einigung über das geplante Verbrenner-Aus? Die Minister Wissing und Habeck klingen optimistisch, FDP-Generalsekretär Djir-Sarai sieht den Streit noch nicht gelöst.
mehr | Gibt es zwischen EU-Kommission und Bundesverkehrsministerium eine Einigung über das geplante Verbrenner-Aus? Die Minister Wissing und Habeck klingen optimistisch, FDP-Generalsekretär Djir-Sarai sieht den Streit noch nicht gelöst. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat eine Einigung des Bundesverkehrsministeriums mit der EU-Kommission über das geplante Aus von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor bestritten. "Ich kann das nicht bestätigen, dass dieser Streit vom Tisch ist", sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Dies sei erst der Fall, wenn die EU-Kommission eine "ganz klare rechtliche Vorgabe" vorlege, derzufolge auch nach 2035 Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, in Betrieb sein dürften. Laut Wissing alle Fragen geklärt Bei Djir-Sarais Parteikollege, Bundesverkehrsminister Volker Wissing, hatte es zuvor noch nach einer bevorstehenden Einigung geklungen. Wissing sagte der Nachrichtenagentur dpa, man habe sich eng mit der EU-Kommission beraten und ihr nach sorgfältiger Prüfung einen konstruktiven Lösungsvorschlag übermittelt. "Wir gehen davon aus, dass damit nicht nur alle inhaltlichen, sondern auch die rechtlichen Fragen hinreichend beantwortet sind." Der Genehmigung von neu zugelassenen Fahrzeugen mit E-Fuels sollte damit "auch nach 2035 nichts mehr im Wege stehen", sagte Wissing. Man erwarte nun, dass die EU-Kommission eine entsprechende Erklärung abgebe, klare zeitliche Zielmarken nenne und den Prozess für entsprechende Rechtsakte in Gang setze. Auch der "Spiegel" hatte von einer unmittelbar bevorstehenden Einigung berichtet. Auch Habeck geht von Einigung aus Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck geht ebenfalls von einer Einigung aus. Es sei sein Verständnis, dass es eine Einigung gebe, sagte er. Er hoffe, er liege richtig in der Interpretation. Schreiben nach Brüssel geschickt Wissings Ministerium hatte am Donnerstagabend ein Antwortschreiben zu jüngsten Lösungsvorschlägen der EU-Kommission nach Brüssel geschickt, wie es aus Regierungskreisen in Berlin hieß. Zu Wochenbeginn waren deren Vorschläge bekannt geworden. Demnach definierte die Behörde in einem Entwurf Kriterien für die Zulassung neuer Fahrzeuge, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden. Hintergrund ist eine grundsätzliche Einigung von Europaparlament und EU-Staaten, wonach in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Deutschland dringt aber darauf, auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zuzulassen, die E-Fuels tanken - also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert. Unterstützung für deutschen Vorschlag wächst In einigen Länder war die deutsche Blockade-Haltung auf deutliche Kritik gestoßen, der lettische und der belgische Ministerpräsident äußerten beispielsweise Unverständnis. Doch allein steht die Bundesregierung nicht mit ihrer Position. Etwa Italien und Österreich setzen sich ebenfalls für E-Fuels ein. Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer sprach nach dem ersten Gipfeltag davon, dass es zum - wie er ihn nennt - "grünen Verbrenner" sehr viel Zustimmung gab. Die kam nach seinen Angaben auch aus einem Land, das bislang Deutschlands Vorgehen kritisiert hat: "Auch Frankreich unterstützt diese Position jetzt. Das ist für uns ein wichtiges Signal, dass wir weiter technologie- und innovationsfreundlich bleiben." | /ausland/zukunft-verbrenner-eu-101.html |
2023-03-24 | Vielerorts können Schüler zu Hause bleiben | Vor Warnstreiks am Montag | Wegen des am Montag stattfindenden Warnstreiks im Verkehrssektor stellen einige Bundesländer den Schülern und Schülerinnen frei, in die Schule zu kommen. In Nordrhein-Westfalen und Berlin bleibt die Präsenzpflicht bestehen.
mehr | Wegen des am Montag stattfindenden Warnstreiks im Verkehrssektor stellen einige Bundesländer den Schülern und Schülerinnen frei, in die Schule zu kommen. In Nordrhein-Westfalen und Berlin bleibt die Präsenzpflicht bestehen. Der geplante Großstreik im Verkehrssektor am Montag hat in mehreren Bundesländern auch Auswirkungen auf den Schulbetrieb. Grundsätzlich gilt trotz der zu erwartenden Verkehrsprobleme die Schulpflicht. Damit findet auch regulärer Unterricht statt. Doch es gibt Ausnahmen. Schüler, die wegen ausfallender Busse und Bahnen nicht zur Schule kommen und keine alternativen Fahrtmöglichkeiten haben, können am Montag ausnahmsweise dem Präsenzunterricht fernbleiben. Auf die Regelung weisen die Kultusministerien beispielsweise in Bayern, Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern hin. Die Schule muss in diesem Fall - ähnlich wie bei einer Krankmeldung - aber umgehend informiert werden. Sonderregelung in Bayern In Bayern gebe es für Schüler, die wegen ausfallender Busse und Bahnen nicht zur Schule kommen könnten, eine Sonderregelung: "Sie können am Montag zu Hause bleiben", sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) der Nachrichtenagentur dpa. Je nach Situation vor Ort sind im Einzelfall auch weitergehende Maßnahmen wie eine Verlegung angekündigter Leistungsnachweise, Distanzunterricht für einzelne Jahrgangsstufen oder Ähnliches möglich. Das liegt in der Verantwortung der jeweiligen Schule. Präsenzpflicht in NRW und Berlin In Nordrhein-Westfalen dagegen müssen die Kinder trotz Warnstreiks zur Schule. "Am kommenden Montag findet Schule statt", hieß es aus dem Schulministerium. Auch an den Brandenburger Schulen soll der Unterricht nach Plan laufen. Allerdings könnten sich Schüler, die auf den Schülerverkehr angewiesen seien, auch dort vom Präsenzunterricht befreien lassen. In Berlin dürfen die Kinder nicht zu Hause bleiben. In Niedersachsen und Bremen starten am Montag die Osterferien. Für Montag sind bundesweite Warnstreiks im Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr auf der Schiene, auf vielen deutschen Flughäfen, Wasserstraßen und Häfen sowie Autobahnen angekündigt. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und ver.di kämpfen für mehr Einkommen in unterschiedlichen Tarifrunden. | /inland/gesellschaft/warnstreik-schulen-schulfrei-101.html |
2023-03-24 | Große Aufgaben, große Kontroversen | Regierung vor Koalitionsausschuss | Vor dem Koalitionsausschuss am Sonntag bringen sich SPD, Grüne und FDP in Stellung. Streitthemen sind unter anderem der Haushalt, die Ausgestaltung des Klimaschutzes - aber auch die Art und Weise, wie gestritten wird.
mehr | Vor dem Koalitionsausschuss am Sonntag bringen sich SPD, Grüne und FDP in Stellung. Streitthemen sind unter anderem der Haushalt, die Ausgestaltung des Klimaschutzes - aber auch die Art und Weise, wie gestritten wird. Vor dem Treffen des Koalitionsausschusses am Sonntag streiten vor allem Grüne und FDP weiter über den künftigen Regierungskurs: Grünen-Chefin Ricarda Lang erneuerte die Kritik ihrer Partei an den Ampelpartnern und warf ihnen eine Blockadehaltung bei einzelnen Themen vor. Über den richtigen Weg kann man reden. Was nicht geht, ist einfach alles zu blockieren. Djir-Sarai für "Haushaltsdisziplin" FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai rief die Regierungspartner dagegen zur "Haushaltsdisziplin" auf. "Wir müssen uns auf die Vorhaben konzentrieren, die Innovationen befördern und Wachstum schaffen." Konkret bedeute dies, auf eine solide Haushaltspolitik zu pochen, sagte Djir-Sarai. "Die Schuldenbremse muss eingehalten werden und die Ausgaben des Staates müssen priorisiert werden." Zudem dürften die Bürgerinnen und Bürger nicht weiter belastet werden. "Das gilt für Steuererhöhungen, überbordende Bürokratie, das übereilte Verbot von Öl- und Gasheizungen oder auch das Aus für den Verbrennungsmotor", fügte er mit Blick auf einige der Streitthemen hinzu. Offiziell betonen alle Seiten: Der Haushalt spielt in diesem Koalitionsausschuss keine Rolle. Viele der strittigen Themen haben allerdings auch mit Geld zu tun. Djir-Sarai für behutsameren Kurs beim Klimaschutz Außerdem sprach sich Djir-Sarai für einen behutsameren Kurs beim Klimaschutz aus. "Klimaschutz kann nur gelingen, wenn er sich an den Erfordernissen und der Lebensrealität der Bürgerinnen und Bürger orientiert." Zu diesem Aspekt sagte Lang den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: "Alle demokratischen Parteien haben sich dem Ziel verschrieben, dass wir 2045 klimaneutral werden. Wenn es dann aber konkret wird, ducken sich plötzlich alle weg." Dies ginge so nicht. "In Zukunft darf es wieder weniger ruckeln" Zum Zustand der Koalition sagte Grünen-Chefin Lang: "In einer Regierung ruckelt es auch mal. In Zukunft darf es gerne wieder weniger ruckeln." Es sei jetzt an der Zeit, Lösungen zu finden. Auf die Frage, ob dies bereits am Sonntag gelingen könnte, wollte sich Lang nicht festlegen. Sie machte aber klar, dass ihre Partei anders als die FDP dem Straßenbau weiterhin keine Priorität einräumen wolle. Auch Djir-Sarai forderte von die Regierungsparteien Einheit: "Die Koalition muss wieder deutlich machen, dass sie an einem Strang zieht", sagte er der "Rheinischen Post". Die SPD warf den Koalitionspartnern FDP und Grünen unterdessen vor, anstatt auf das Suchen von Lösungen abseits der Öffentlichkeit auf unnütze Profilierung zu setzen. "Selbstdarstellung hilft niemandem", sagte Fraktionschef Rolf Mützenich der "Süddeutschen Zeitung". Habeck für mehr Kompromissbereitschaft Vizekanzler Rober Habeck (Grüne) hatte die Zusammenarbeit der Ampel zuletzt in den tagesthemen bitter bewertet - und eine Kompromissbereitschaft aller Ampelpartner gefordert. "Alle kommen aus unterschiedlichen politischen Vorstellungen", sagte er den Sendern RTL/ntv. "Und wenn man sich auf die konzentriert, also auf die Erwartungen, die Parteifreunde, die eigenen Freundeskreise, vielleicht die eigenen Medien-Freunde haben, dann kriegt man eben nicht das gemeinsame Werk hin", fügte er hinzu. Also müssten alle etwas gewinnen. "Und das bedeutet, alle müssen auch was geben. Das ist das Geheimnis von Kompromissen." Nouripour: Weniger Streit auf offener Bühne Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour rief im ZDF-Morgenmagazin dazu auf, weniger "auf offener Bühne" zu streiten. Streit sei zwar wichtig, aber müsse nicht so öffentlich ausgetragen werden. Habecks Kritik könne er gut verstehen - "das musste einfach mal raus", sagte Nouripour. Für das Treffen am Sonntag wünsche er sich, dass die teilnehmenden Parteien darauf schauen, "was gut für das Land ist". Man müsse nicht alles immer mit einer "Farbe" versehen, ergänzte Nouripour. Der Grünen-Vorsitzende zeigte sich zuversichtlich, dass der Koalitionsausschuss dazu beitragen könne, Lösungen in den zentralen Streitthemen zu finden. Bereits vor einem Jahr war die Koalition mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen in einen Koalitionsausschuss gegangen. Damals ging es um Entlastungen wegen der hohen Energiepreise. Am Ende einigte sich die Koalition auf Punkte, bei denen jede Partei einen Erfolg für sich verbuchen konnte - vom 9-Euro-Ticket bis zum Tankrabatt. Treffen am Sonntag SPD, Grüne und FDP wollen sich am Sonntag zu einem Koalitionsausschuss treffen, um zentrale Streitthemen anzugehen. Dazu zählen unter anderem der Haushalt und die Prioritäten für das kommende Jahr. Vor allem Grüne und FDP streiten seit Wochen über zentrale Vorhaben wie die Kindergrundsicherung. Zudem gibt es aus zahlreichen Ressorts zusätzliche Finanzforderungen für die Haushaltsplanung, die sich auf bis zu 70 Milliarden Euro summieren. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will aber wie in diesem Jahr weiter die Schuldenbremse einhalten. Er musste wegen des Konflikts den für Mitte März geplanten Kabinettsbeschluss zu den Haushaltseckpunkten 2024 und zum Finanzplan bis 2027 verschieben. | /inland/streit-vor-koaltionsausschuss-101.html |
2023-03-24 | Mehr Diplomatie wagen - aber wie? | Krieg gegen die Ukraine | Mehr als die Hälfte der Bevölkerung befürwortet Friedensverhandlungen, um den Ukraine-Krieg zu beenden. Aber wie soll das gehen, ohne Russlands Präsident Putin durch Zugeständnisse für seinen Angriffskrieg zu belohnen? Von Kai Küstner. | Mehr als die Hälfte der Bevölkerung befürwortet Friedensverhandlungen, um den Ukraine-Krieg zu beenden. Aber wie soll das gehen, ohne Russlands Präsident Putin durch Zugeständnisse für seinen Angriffskrieg zu belohnen? Frieden in der Ukraine klingt aus heutiger Sicht wie ein sehr ferner Traum. Denn dass der Mann, der diesen Zustand herbeiführen könnte, an Frieden ein Interesse hat, dafür gibt es nicht das geringste Anzeichen: Wladimir Putin ist bislang nicht einen Millimeter von seinen Kriegszielen abgerückt, weshalb es aus Sicht des Politikexperten Gustav Gressel auch - Stand heute - keine Chancen auf Verhandlungen gibt. "Zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht. Putin spielt auf Sieg", meint Gressel von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Und in der Tat: Das von Putin ausgegebene Ziel der "Denazifizierung" der Ukraine ist nicht viel mehr als eine Chiffre für eine Russland genehme Marionettenregierung. Und "Demilitarisierung" hieße: Eine wehrlose Ukraine, die dem Putinschen Vernichtungskrieg schutzlos ausgeliefert wäre. "Die Ukrainer sind auch nicht dumm und wissen, was die Konsequenzen sind", sagt Gressel. "Was ist das für ein Frieden?" In Teilen der deutschen Öffentlichkeit ist der Wunsch nach Frieden dennoch so groß, dass der Vorwurf an die Politik laut wird, nicht genug auf Diplomatie zu setzen - bis hin zu Ideen, die Ukraine möge doch bitte auf von Russland geraubte Gebiete verzichten, damit dieser Krieg aufhört. "All diejenigen, die jetzt sagen: 'Die Waffen müssen nur schweigen, weil dann haben wir Frieden', denen möchte ich deutlich sagen: Was ist das für ein Frieden, wenn man unter russischer Besetzung leben muss? Wenn man jeden Tag die Sorge hat, dass man kaltblütig ermordet, vergewaltigt oder als Kind verschleppt wird", entgegnete Außenministerin Annalena Baerbock im Februar den Unterzeichnern des sogenannten "Manifests für den Frieden" von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer. Von anderer Seite wurde die Initiative dafür kritisiert, dass ihre Forderung nach einem Stopp von Waffenlieferungen einen Frieden eher in weite Ferne rücke, weil Putin sich ermutigt fühlen könnte und mit dem militärischen Sieg vor Augen zu Verhandlungen erst recht nicht bereit sein werde. Geredet wird weiterhin Der Vorwurf, dass zwischen dem Westen und Moskau gar nicht mehr geredet wird, stimmt nicht so ganz: Beim G20-Treffen in Indien sprachen Anfang März US-Außenminister Antony Blinken und Russlands Sergej Lawrow miteinander. Nach dem Absturz einer Drohne über dem Schwarzen Meer telefonierten die Verteidigungsminister beider Staaten, Lloyd Austin und Sergej Schoigu. Und auch der Bundeskanzler redet - wenn auch selten - mit Russlands Präsident Putin. Natürlich wird bei solchen Gesprächen jedes Wort des Gegenübers wie unter einem Mikroskop betrachtet, wird ausgelotet, ob sich auch nur im Ansatz Verhandlungsbereitschaft erkennen lässt. Bislang offenbar ohne erkennbaren Erfolg. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner beklagt, dass in der Debatte über eine Beendigung des Krieges zu sehr die militärischen Mittel im Fokus stünden: "Ich finde, es muss auch Initiativen geben, dass dieser Krieg eben nicht ewig dauert", forderte der SPD-Linke bei Anne Will in der ARD und schlug vor, mit China zu reden, das ja zweifellos Einfluss auf Putin habe. Frieden am Verhandlungstisch Nun leugnet kaum ein seriöser Beobachter, dass dieser Krieg am Verhandlungstisch beendet werden muss - die Frage ist nur: Wann? Wie? Und unter welchen Bedingungen? Bereits gegen Ende vergangenen Jahres ließ eine Geschichte in der "Washington Post" aufhorchen: Demnach soll die Regierung von US-Präsident Joe Biden die Ukraine inoffiziell gedrängt haben, Bereitschaft zu Verhandlungen zu signalisieren. Auch weil eine beharrliche Weigerung Teile des globalen Südens in Asien, Afrika, Lateinamerika verschrecken könnte. Schon machten Gerüchte die Runde, Ziel der USA sei es, die Ukraine mit Waffenlieferungen noch einmal in die Lage zu versetzen, eine Offensive zu beginnen und weitere Gebiete zu befreien, um Kiew eine bessere Position für Verhandlungen zu verschaffen - und die Ukraine dann irgendwann auch zu solchen Gesprächen zu bewegen. Einen Beleg dafür gibt es nicht. Putin an den Verhandlungstisch zwingen Doch selbst wenn es so wäre - der Weg dahin wäre noch weit, der Katalog ungeklärter Fragen lang. Angefangen damit, wer der Ukraine genau welche Sicherheitsgarantien gibt, damit die nicht über kurz oder lang erneut angegriffen wird - wie nach 2014. "Die Lehre auf ukrainischer Seite aus den vergangenen Minsk-Waffenstillständen lautet, dass diese eben nur Vorbereitungen eines weiteren Krieges waren", gibt Politikexperte Gressel zu bedenken. Der Leiter des Ukraine-Sonderstabs im Bundesverteidigungsministerium, Christian Freuding, äußerte im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio die Befürchtung, dass Putin seinen Krieg als langfristiges Projekt betrachtet - und auf die zunehmende Erschöpfung des Westens bei der Unterstützung der Ukraine setzt. So betrachtet gibt es zu den Waffenlieferungen und den beständigen Signalen an Moskau, dass man nicht einknicken werde, keine Alternative, weil nur die Einsicht, dass es für ihn militärisch kein Vorankommen mehr gibt, Putin an den Verhandlungstisch zwingen könnte. "Nur Druck, nur das Zurückdrängen Putins wird dazu führen, dass er überhaupt Interesse an Verhandlungen hat", sagt die Frankfurter Politik-Professorin Nicole Deitelhoff. Bislang gibt es bei Putin dafür aber keine Anzeichen - und damit auch kaum Aussichten, dass der Traum von Frieden in der Ukraine rasch in Erfüllung gehen könnte. | /inland/innenpolitik/ukraine-diplomatie-117.html |
2023-03-24 | Wie teuer Döner geworden ist | Steigende Preise | Der Döner als schnelles Essen für zwischendurch ist beliebter als Currywurst. Auch hier sind die Preise stark gestiegen. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Von Lilli-Marie Hiltscher. | Der Döner als schnelles Essen für zwischendurch ist beliebter als Currywurst. Auch hier sind die Preise stark gestiegen. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Döner gilt als schnelles, billiges Essen für zwischendurch - für ein paar Euro zu haben. Die flächendeckende Verfügbarkeit und die niedrigen Preise haben ihn zu einem der Lieblings-Fast-Food-Gerichte der Deutschen werden lassen. Doch die Zeiten des Drei-Euro-Döners sind vorbei. Die Gastronomen kämpfen mit der hohen Inflation und sind gezwungen, ihre Preise anzuheben. Kostendeckend erst ab neun Euro? "Wenn wir den Döner kostendeckend verkaufen wollten, müssten wir die Preise auf mindestens neun Euro anheben", sagt Ömer Gülec. Er betreibt gemeinsam mit seinem Bruder einen Dönerladen in Frankfurt am Main und musste den Preis für seinen Döner im Februar bereits einmal anheben. Viele seiner Kunden könnten den dringend notwendigen Schritt hin zu höheren Preisen zwar verstehen. Aber: "Für manche Kunden ist der Döner ein Grundnahrungsmittel, das nicht mehr als sechs Euro kosten darf." Also müsse er gut kalkulieren, damit die Kunden nicht plötzlich wegen zu hoher Preise fernbleiben. Besonders starke Lebensmittel-Teuerung Wie Ömer Gülec geht es deutschlandweit vielen Gastronomen: Sie leiden unter der hohen Inflation. Im Februar dieses Jahres lagen die Verbraucherpreise 8,7 Prozent über dem Vorjahresniveau. Neben den Energiepreisen machen auch die hohen Einkaufspreise für Lebensmittel den Dönerbuden-Besitzern zu schaffen. "Allein die Tomatenpreise sind um 65 Prozent gestiegen", so Gülec. Die gestiegenen Einkaufspreise beschränken sich nicht nur auf einzelne Produkte: Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass etwa die Preise für Getreideerzeugnisse im Februar 2023 um 24,3 Prozent höher waren als noch vor einem Jahr. Gemüse kostete rund 20 Prozent mehr, Rind- und Kalbfleisch haben sich um etwa 18 Prozent verteuert. Setzt man diese Preissteigerungen ins Verhältnis zur Gesamtinflation, dann zeigt sich, dass Lebensmittelpreise auf Jahressicht deutlich stärker gestiegen sind als die Preise anderer Produkte. Auch der Mindestlohn spielt eine Rolle "Wir haben aktuell eine Situation, in der insbesondere der Krieg in der Ukraine dazu geführt hat, dass viele Preise - auch beim Import von Waren - deutlich gestiegen sind", erklärt Karsten Sandhop, Referent beim Statistischen Bundesamt. Lebensmittel sind laut dem Experten besonders betroffen: "Zu einen spielen hier Lieferengpässe eine Rolle, die zu einer Verknappung des Angebots und damit zu steigenden Preisen führen." Hinzu kommen laut Sandhop Personalkosten: "Im Oktober 2022 wurde der Mindestlohn in Deutschland auf zwölf Euro angehoben. Diese Kosten werden natürlich auch auf die Kunden umgelegt." Wo der Döner am teuersten ist Die hohen Energiekosten sind für Gastronomen wie Ömer Gülec eine besondere Belastung: Denn die Lebensmittel, die in Restaurants und Imbissen zu Gerichten weiterverarbeitet werden, müssen gekocht und vorher im Kühlraum gelagert werden. Und bei den Gülecs dreht sich, wie bei allen anderen Dönerbuden-Besitzern hierzulande, den ganzen Tag der Dönerspieß - ein immenser Kostentreiber. Deutschlandweit reagieren die Inhaber von Dönerläden deshalb und heben ihre Preise an: Zahlen des Lieferdienstes Lieferando zufolge kostet der Döner in Dresden mittlerweile 6,40 Euro, in Frankfurt am Main ist der Durchschnittspreis auf 7,80 Euro gestiegen. In München wird für den Döner demnach im Durchschnitt sogar schon 7,98 Euro verlangt. Deutschlandweit den günstigsten Döner gibt es in Bremen. Dort liegt der Durchschnittspreis bei 6,17 Euro. In der "Dönerhauptstadt" Berlin liegt der Durchschnittspreis bei 7,08 Euro. Preise bald bei zehn Euro? Nutzerinnen und Nutzer von Internetplattformen wie Instagram haben schon eine "Dönerpreisbremse" von der Bundesregierung gefordert. Die reagierte auf aufgebrachte User: "Die Bundesregierung hilft mit den Energiepreisbremsen auch kleinen Unternehmern. Wie dem Dönerhändler. Ob der Döner dadurch günstiger wird? Das lässt sich noch nicht sicher sagen." Ömer Gülec hat darauf eine klare Antwort: "Die Energiepreisbremsen, die von der Bundesregierung verabschiedet wurden, sorgen aktuell nicht dafür, dass unsere Kunden entlastet werden." Sollte die Teuerung weiterhin auf so hohem Niveau verharren, müsse er den Döner noch teurer machen: "Wenn die Preise noch mindestens ein halbes Jahr so stark steigen, dann werden die Dönerpreise überall an der Zehn-Euro-Marke kratzen." Selbst der Döner für unter fünf Euro könnte bald schwer zu finden sein. | /wirtschaft/verbraucher/inflation-doenerpreise-101.html |
2023-03-24 | Elf Millionen Kinder im Jemen brauchen Hilfe | UNICEF-Bericht | Der seit acht Jahren andauernde Krieg im Jemen hat laut dem Hilfswerk UNICEF verheerende Folgen für Kinder: Elf Millionen von ihnen sind demnach auf humanitäre Hilfe angewiesen - rund 2,2 Millionen leiden an Unterernährung.
mehr | Der seit acht Jahren andauernde Krieg im Jemen hat laut dem Hilfswerk UNICEF verheerende Folgen für Kinder: Elf Millionen von ihnen sind demnach auf humanitäre Hilfe angewiesen - rund 2,2 Millionen leiden an Unterernährung. Im Bürgerkriegsland Jemen sind nach Angaben von UNICEF elf Millionen Kinder auf humanitäre Hilfe angewiesen. Etwa 2,2 Millionen jemenitischer Mädchen und Jungen leiden demnach an akuter Mangelernährung. Das Leben von Millionen Kindern im Jemen ist durch die unerträglichen Folgen des überwältigenden, nicht enden wollenden Krieges bedroht. 540.000 Kinder in unmittelbarer Gefahr Mehr als 540.000 Kinder seien so schwer mangelernährt, dass ihr Leben ohne Behandlung in unmittelbarer Gefahr sei, bilanzierte UNICEF. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen warnte außerdem: Ohne sofortiges Gegensteuern steige das Risiko von Mangelernährung noch weiter. Mehr als 2,3 Millionen Kinder lebten in Vertriebenenlagern, führte UNICEF weiter aus. Dort würden sie nur unzureichend versorgt, es fehle etwa an Medizin und sanitären Einrichtungen. Mehr als 11.000 Kinder getötet oder schwer verletzt Laut UNICEF wurden zwischen März 2015 und November 2022 außerdem mehr als 11.000 Kinder im Jemen getötet oder schwer verletzt. In ihrer Not träfen die Familien für ihre Kinder vielfach schädliche Entscheidungen wie Kinderheirat, Kinderarbeit oder Rekrutierung zum Kriegsdienst. Laut UNICEF wurden mehr als 4000 Kinder von den Kriegsparteien als Soldaten eingesetzt. Zudem seien Hunderte Schulen und Gesundheitseinrichtungen angegriffen oder militärisch genutzt worden. 17 Millionen Menschen haben nicht genug zu essen Nach UN-Angaben haben insgesamt 17 Millionen Menschen im Jemen nicht genug zu essen. In dem Land kämpft ein von Saudi-Arabien geführtes Militärbündnis auf Seite der Regierung gegen die Huthi-Rebellen. Die humanitäre Krise in dem arabischen Land lasse sich auf ein verheerendes Zusammenspiel von Faktoren zurückführen: Acht Jahre Bürgerkrieg hätten zum Zusammenbruch der Wirtschaft und dadurch auch der Grundversorgung der Bevölkerung geführt, so UNICEF. UNICEF benötigt nach eigenen Angaben 484 Millionen US-Dollar - umgerechnet rund 445 Millionen Euro -, um seine humanitäre Hilfe für Kinder im Jemen auch dieses Jahr fortzusetzen. Wenn die Finanzierungslücken nicht geschlossen würden, seien wichtige Maßnahmen für die Grundversorgung und das Wohlergehen der Kinder in Gefahr. | /ausland/asien/jemen-elf-mio-kinder-hilfe-unicef-101.html |
2023-03-24 | Bevölkerung "nicht in Geiselhaft" nehmen | Kritik am geplanten Warnstreik | Die Kritik am geplanten Warnstreik im Verkehr am Montag ist groß - und kommt von vielen Seiten. Der Bundesverband Güterverkehr warnte vor Chaos und brachte sogar eine Aufhebung des Lkw-Fahrverbots für diesen Sonntag ins Spiel.
mehr | Die Kritik am geplanten Warnstreik im Verkehr am Montag ist groß - und kommt von vielen Seiten. Der Bundesverband Güterverkehr warnte vor Chaos und brachte sogar eine Aufhebung des Lkw-Fahrverbots für diesen Sonntag ins Spiel. Angesichts des von den Gewerkschaften geplanten Großstreiks am Montag warnt der Bundesverband Güterverkehr und Logistik (BGL) vor einem Versorgungschaos. Die Gewerkschaften handelten "gegen den Willen von Millionen Bundesbürgern", sagte Verbandspräsident Dirk Engelhardt der "Bild"-Zeitung Der Streik werde viele Lkw-Fahrer und -Fahrten "massiv treffen". Es drohe ein Versorgungschaos und Schaden von zig Millionen Euro, wenn Waren nicht rechtzeitig geliefert werden können, sagte Engelhardt. "Es wäre daher sinnvoll, wenn Verkehrsminister Wissing das Fahrverbot für Lkw an diesem Sonntag aufheben würde." Das sieht der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth, ähnlich. Zwar seien die Auswirkungen des anstehenden Streiks eine "verkraftbare Herausforderung", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Einzelhandel und Logistik würden das "gemeinsam gut hinbekommen". Trotzdem wäre es sinnvoll, das Lkw-Sonntagsfahrverbot für das Wochenende aufzuheben und der Logistik so zumindest die Möglichkeit zu geben, einige Transporte vorzuziehen. Bevölkerung "nicht in Geiselhaft nehmen" Auch der Mittelstand blickt besorgt auf Montag: Unternehmen und Bevölkerung dürften "nicht in Geiselhaft genommen werden für Forderungen, die in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation nicht zielführend sind", sagte der Chef des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Markus Jerger, der dpa. Die Forderungen der Gewerkschaft ver.di und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) dürften keine Signalwirkung für die mittelständische Wirtschaft haben, sagte Jerger. Das wäre gerade für viele kleine und mittelständische Unternehmen existenzbedrohend. Diese litten bereits unter Lieferkettenproblemen, steigenden Energie- und Rohstoffpreisen sowie mangelnder Verfügbarkeit von Arbeits- und Fachkräften. Arbeitgeber warnen: "Nicht radikalisieren" Auch Deutschlands Arbeitgeber warfen den Gewerkschaften überzogenes Handeln vor. "Wer so handelt, handelt unverhältnismäßig und gefährdet die Akzeptanz für das Streikrecht", sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, der dpa. Er mahnte, der Kampf um Mitglieder dürfe die Tarifautonomie in Deutschland nicht radikalisieren. Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge, findet den Ausstand "nicht okay". Die Gewerkschaften "sollten aufpassen, dass sie nicht überziehen", sagte sie. Ver.di-Chef verteidigt Warnstreiks Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Werneke, hat den Streik indes verteidigt. "Ein Arbeitskampf, der keine Wirkung erzielt, ist ein zahnloser Arbeitskampf", sagte Werneke im Fernsehsender Phoenix. Er räumte ein, dass der gemeinsame Streik mit der Eisenbahnergewerkschaft EVG zur Belastung für viele Menschen werde, "aber besser ein Tag Belastung mit der Perspektive, zu einem Tarifabschluss zu kommen, als ein wochenlanger Arbeitskampf". Denn davon wären nicht nur die Verkehrsbereiche betroffen, "sondern auch Krankenhäuser, Abfallwirtschaftsunternehmen und Kitas", sagte Werneke. Er sieht die Arbeitgeber in der Verantwortung, sich in den Tarifverhandlungen zu bewegen. Fluglinien-Verband: Vorgehen "verantwortungslos" Der Airline-Verband Barig, dem neben internationalen auch die meisten deutschen Anbieter angehören, kritisierte das Vorgehen der Gewerkschaften als "verantwortungslos". Die "unverhältnismäßig massiv" eingeschränkte Mobilität erschwere die Verkehrsströme, den Warentransport sowie "wichtige humanitäre Hilfslieferungen und das gesellschaftliche Zusammenleben allgemein", sagte Barig-Chef Michael Hoppe. Bahn-Personalvorstand Martin Seiler hatte die EVG bereits am Vortag zur unverzüglichen Rückkehr an den Verhandlungstisch aufgefordert. Lufthansa-Ausfälle bereits am Sonntag Mit dem großangelegten bundesweiten Warnstreik wollen die EVG und ver.di am Montag weite Teile des öffentlichen Verkehrs lahmlegen. Betroffen sind der Fern- und Regionalverkehr auf der Schiene, auf Wasserstraßen, an Häfen und Autobahnen. Auch nahezu sämtliche deutsche Flughäfen sollen bestreikt werden. Lufthansa-Passagiere müssen sich bereits am Sonntag auf erhebliche Ausfälle einstellen. Am Flughafen München finden bereits dann - abgesehen von humanitären Flügen - keine Lufthansa-Flüge mehr statt, wie die Airline mitteilte. Die Lufthansa gehe aber davon aus, dass bereits am Dienstag der Flugbetrieb wieder weitestgehend normal durchgeführt werden könne. Tuifly ist zuversichtlich, die Auswirkungen zu begrenzen Bei der Tui-Airline Tuifly laufen die Vorbereitungen für mögliche Umbuchungen und Verschiebungen von Urlaubsflügen. "Wir schauen, was umzubuchen ist, was an Ausweichflughäfen dargestellt werden kann oder was auch an einem Tag später denkbar wäre", hieß es von der konzerneigenen Fluggesellschaft des größten europäischen Reiseanbieters. Man sei guten Mutes, die Auswirkungen auf die Kunden begrenzen zu können - dies sei schon beim Airport-Ausstand von ver.di im Februar so gewesen. Auf Sonntag vorgezogene Flüge seien aber eher kein Thema. "Das würde ja bedeuten, dass manche Gäste ihren Urlaub früher beenden müssten als geplant", teilte Tuifly mit. Bahn will versorgungsrelevante Züge priorisieren Auch auf der Schiene wird es zu massiven Ausfällen kommen. Die Bahn will im Güterverkehr versorgungsrelevanten Zügen Priorität einräumen. "Ich denke da vor allem an die Energietransporte in die Kraftwerke", sagte ein Konzernsprecher. "Versprechen können wir das aber noch nicht." Die Bahn sei mit den Kunden im Güterverkehr in Kontakt, "ob nicht doch die Möglichkeit besteht, einzelne Züge zu fahren". Betroffen ist auch der Bahnverkehr nach Österreich. Es werde keine grenzüberschreitenden Nah- und Fernverkehrszüge geben, teilten die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) mit. In der Regel endeten sie vor der Grenze. Auch Nachtzüge mit deutschen Streckenabschnitten, die am Sonntag und Montag starten, seien betroffen. Die EVG fordert mindestens 650 Euro mehr Lohn. Bei den höheren Entgelten strebt sie eine Steigerung um zwölf Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten an. Ver.di fordert gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb für den öffentlichen Dienst 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. | /wirtschaft/reaktionen-warnstreiks-verkehr-101.html |
2023-03-24 | Nordkorea testet angeblich neue Waffe | Unterwasser-Drohne | Nordkorea hat nach eigenen Angaben Atomangriffe auf feindliche Marineanlagen und Häfen geübt. Angeblich kam dabei auch eine nuklearwaffenfähige Unterwasserdrohne zum Einsatz, die Pjöngjang offenbar seit 2012 entwickelt.
mehr | Nordkorea hat nach eigenen Angaben Atomangriffe auf feindliche Marineanlagen und Häfen geübt. Angeblich kam dabei auch eine nuklearwaffenfähige Unterwasserdrohne zum Einsatz, die Pjöngjang offenbar seit 2012 entwickelt. Nordkorea hat nach eigenen Angaben eine neuartige militärische Unterwasser-Drohne getestet, die mit einem Atomsprengkopf ausgerüstet werden kann. Das unbemannte Unterwasser-Fahrzeug "Haeil" für einen Atomangriff könne unter Wasser zur Explosion gebracht werden und dadurch einen "radioaktiven Tsunami" auslösen, berichteten die staatlich kontrollierten Medien. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Auch strategische Marschflugkörper getestet Der weithin isolierte Staat ist wegen seines Atomwaffen- und Raketenprogramms harten internationalen Sanktionen unterworfen. Den Berichten zufolge wurde der Drohnen-Test im Rahmen einer Kommandoübung von Dienstag bis Donnerstag vorgenommen, um den Feind "auf eine aktuelle Nuklearkrise" aufmerksam zu machen. Dabei seien auch strategische Marschflugkörper erprobt worden, um einen Nuklearangriff zu simulieren. Unter Feinden versteht Nordkorea die USA und Südkorea. Das Militär in Südkorea hatte am Mittwoch den Start mehrerer Lenkflugkörper durch Nordkorea an der Ostküste erfasst. Spannungen auf Halbinsel wachsen Die Drohne wurde von Nordkorea als Geheimwaffe beschrieben. Sie könne zum Einsatz "an jeder Küste und jedem Hafen stationiert oder von einem Überwasser-Schiff gezogen" werden, hieß es. Der Test habe am Donnerstag stattgefunden, um den Angriff auf einen feindlichen Hafen zu üben. Der Test-Gefechtskopf sei vor der Ostküste in einer Meerestiefe von 80 bis 150 Metern explodiert. Derzeit wachsen die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel. Die Tests gelten auch als Reaktion auf neue Militärübungen der USA mit Südkorea. Nordkorea hat nach einer beispiellosen Raketentestserie im vergangenen Jahr auch in diesem Jahr trotz Verbots durch UN-Beschlüsse wieder mehrfach atomwaffenfähige Raketen und auch Lenkflugkörper getestet. Die USA und Südkorea nahmen ihre Manöver wieder in vollem Umfang auf. | /ausland/asien/nordkorea-unterwasser-drohne-101.html |
2023-03-23 | Wie Apples Milliarde auf die Mieten wirkt | Teures München | München ist Apples größter Entwicklungsstandort in Europa. Nun will der US-Konzern eine weitere Milliarde Euro dort investieren. Was viele begrüßen, weckt bei anderen Angst vor weiter steigenden Mieten. Von Moritz Steinbacher. | München ist Apples größter Entwicklungsstandort in Europa. Nun will der US-Konzern eine weitere Milliarde Euro dort investieren. Was viele begrüßen, weckt bei anderen Angst vor weiter steigenden Mieten. Vor rund zwei Wochen wurde bekannt, dass der Technologiekonzern Apple in München eine weitere Milliarde Euro investieren möchte und damit seinen Standort an der Isar zu einem Schwerpunkt in der Chipentwicklung ausbaut. Für die bayerische Landeshauptstadt bedeutet das nicht nur sprudelnde Gewerbesteuern, sondern auch eine Herausforderung. Tilman Schaich kämpft seit Jahren für bezahlbare Mieten in München. Er ist Mitgründer der Bürgerinitiative "#ausspekuliert". Erst in der vergangenen Woche wurde bekannt, dass der Mietenspiegel um 21 Prozent gestiegen ist - innerhalb von zwei Jahren. Bei Neuvermietungen liegt der Quadratmeterpreis in München im Durchschnitt nun bei 16,07 Euro. Kurze "Verweildauer" der Apple-Mitarbeiter? Tech-Konzerne wie Apple suchten die besten Mitarbeiter und zahlten die dementsprechenden Gehälter, was nur logisch sei, so Schaich. Jedoch kämen diese Menschen nicht wirklich nach München, um hier ansässig zu werden. Die meisten, glaubt Schaich, "sind ein paar Jahre hier, zahlen eine hohe Miete und sind dann wieder weg". Die Mietwohnung sei aber dann für Menschen mit mittleren Einkommen nicht mehr zu finanzieren. Der Mietaktivist befürchtet, dass sich in München Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt entwickeln könnten, wie man sie über Jahre aus dem Ursprungsort vieler Tech-Konzerne gehört hat, dem Silicon Valley bei San Francisco. Dort sind die Mieten enorm hoch. München wird schon "Isar Valley" genannt In München haben sich über die vergangenen Jahre viele Tech-Konzerne angesiedelt: Amazon, Yahoo, Microsoft und auch Google sowie unzählige große und kleine Start-ups. Apple kam schon in den 1990er-Jahren. Im Jahr 2022 wurden laut einer Studie in Deutschland die meisten Start-ups in München gegründet - und nicht mehr in Berlin. Deswegen wird München in manch einer Zeitung halb bewundernd "Isar-Valley" genannt. "München ist ein attraktiver Standort und das ist wunderschön", sagt Schaich. "Aber es kann einfach nicht sein, dass Lehrerinnen, Polizistinnen, Feuerwehrfrauen und -männer - also die Mittelschicht - die Stadt verlassen und die Stadt nicht mehr lebenswert ist." Eine "spalterische" Diskussion? Clemens Baumgärtner findet Vergleiche mit dem Silicon Valley falsch. In den USA habe man eine ganz andere Sozialstruktur als in Deutschland. Der CSU-Politiker ist so etwas wie der Stadtminister für Wirtschaft. Als städtischer Wirtschaftsreferent ist er unter anderem dafür verantwortlich, den Standort München so attraktiv wie möglich zu gestalten. Er empfindet die Diskussion, wer nun nach München kommen darf und wer nicht, als spalterisch. "Das ist eine Teilung der Gesellschaft, die mit nichts, aber auch gar nichts sachlich begründet ist", so Baumgärtner. Baumgärtner erinnert daran, dass auch in der "guten alten Zeit" schon große Unternehmen in München ansässig waren. Seit den 1960er-Jahren sei Siemens das Tech-Unternehmen in München gewesen und habe vielen Menschen in der Stadt gut bezahlte Arbeitsplätze geboten. Allerdings habe Siemens in den letzten Jahrzehnten große Teile seines Geschäfts aufgegeben. Damit seien viele Arbeitsplätze in München verschwunden. Genauso verhalte es sich derzeit mit der zwar immer noch großen Autoindustrie, aber auch die werde kleiner. Unternehmen wie Apple böten die Möglichkeit, die Münchner Unternehmenslandschaft in die Zukunft zu transferieren, findet Baumgärtner. Apple zahle auch keine "Wundergehälter", so Baumgärtner. Und es wollten sich auch gar nicht alle Mitarbeiter von Tech-Unternehmen in der Innenstadt ansiedeln. Viele ziehe es in die Region, das Homeoffice mache das möglich. Viertel im Wandel Moses Wolff hingegen sagt: "Menschen, die bei Apple arbeiten, verdienen in der Regel nicht einen Appel und ein Ei, sondern mehr." Wolff ist Kabarettist und ein "Münchner Urgestein" und mit seiner blütenweißen Mütze nebst ebenso blütenweißem Kaschmirschal bereits von Weitem zu erkennen. Er wohnt im Gärtnerplatzviertel, einem Münchner Szeneviertel. Einst zogen hier der Regisseur Rainer Werner Fassbinder und Queen-Sänger Freddy Mercury um die Häuser. All das ist lange her. Aus dem einstigen Künstlerviertel mit vielen heruntergekommenen Häusern ist mit den Jahren eine begehrte Wohngegend geworden. Durch den Immobilienboom der vergangenen Jahre und die Corona-Pandemie hat sich der Strukturwandel in München nochmal beschleunigt. Dazu kommt die Inflation. Vergangene Woche machte in München das erste Gasthaus Schlagzeilen in der Lokalpresse, das für einen halben Liter Bier sechs Euro verlangt. Viele Künstler seien in den vergangenen Jahren aus München weggezogen, sagt Wolff. Und viele Studierende suchten sich eher Unis in kleineren Städten. Legendärer Club soll abgerissen werden In München werde zwar sehr viel für die Kultur getan, die örtliche Politik und das städtische Kulturreferat förderten, wo es möglich sei, sagt Wolff. Doch die Orte, die kreative Freiräume böten, würden weniger. Der seit 20 Jahren existierende Technoclub "Harry Klein", ein Fixpunkt des Münchner Nachtlebens, schließt im März seine Türen. Ein Investor möchte das Gebäude abreißen und dort ein Hotel errichten. Das Problem der sich stetig verteuernden Innenstädte sei ein Phänomen, das München mit ganz vielen Städten der Welt teile, sagt Baumgärtner. Das habe nichts mit Unternehmen per se zu tun. Im Gegenteil, man brauche Tech-Konzerne wie Apple und Google, um im internationalen Vergleich nicht zurückzufallen, findet er. Von den circa 7,5 Milliarden Euro des städtischen Haushalts kämen rund drei Milliarden Euro durch die Gewerbesteuer. "Daran tragen die in München ansässigen Tech-Unternehmen einen großen Anteil." Von diesem Geld profitiere die Kultur genauso wie der Bereich des Sozialen oder die öffentliche Infrastruktur. Wären Werkswohnungen eine Lösung? Wolff und Schaich sind nicht per se gegen die Ansiedlung von Unternehmen. "Ich wünsche mir von Apple und Google, dass sie einen Teil ihres Gewinns in die freie Kulturszene stecken, wenn sie hier herziehen", sagt Wolff. Und auch Schaich findet es sehr gut, wenn Unternehmen in München investieren. Die Frage sei aber, ob auch in bezahlbaren Wohnraum investiert werde. In den Hochzeiten von Siemens in München unterhielt der Konzern rund 2300 Werkswohnungen in der Stadt. | /wirtschaft/apple-muenchen-101.html |
2023-03-23 | Unschuldige im Visier | Clankriminalität | Seit Jahren bekämpfen Politik und Polizei die Kriminalität von Mitgliedern von Großfamilien als sogenannte Clankriminalität. Doch großangelegte Kontrollen und Razzien bringen weniger als erhofft - und treffen oft auch Unschuldige. Von A. Spinrath. | Seit Jahren bekämpfen Politik und Polizei die Kriminalität von Mitgliedern von Großfamilien als sogenannte Clankriminalität. Doch großangelegte Kontrollen und Razzien bringen weniger als erhofft - und treffen oft auch Unschuldige. Kontrollen - am Tag, am späten Abend, in der Nacht. Immer wieder durchsuchen die Behörden die Läden von Ismail Sahan im Frankfurter Gallusviertel. Auf Überwachungsvideos ist zu sehen, wie sich gleich zwölf Polizisten durch den schmalen Hintereingang des Kiosks drängen, mit schusssicheren Westen. Auf anderen Videos sieht man Sahan an der Wand, mit erhobenen Händen. Mehr als 150 Einsätze hat der 39-Jährige in seinem Kiosk und seiner Shishabar seit 2019 gezählt. Aber weshalb er so im Visier der Polizei ist, das kann sich der Vater von drei Kindern nicht erklären. "Jedes Mal, wenn sie da waren, habe ich gefragt: Was mache ich falsch?", sagt er. Nach Recherchen des ARD-Magazins Monitor und der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) ist der Grund sein polizeibekannter Nachname. Große Öffentlichkeitswirkung Sogenannte Clankriminalität gehört zu den meistdiskutierten Kriminalitätsfeldern in Deutschland: Politik und Polizei bekämpfen die "kriminellen Großfamilien" öffentlichkeitswirksam, erstellen Lagebilder, lassen Razzien mit der Kamera begleiten. 2021 gab es deutschlandweit 47 Ermittlungsverfahren gegen Clans, die meisten davon betrafen Drogendelikte. Clans werden aber auch mit spektakulären Straftaten in Verbindung gebracht, mit Überfällen auf Geldtransporter, ein Pokerturnier oder das Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe. Mitglieder einer Berliner Großfamilie haben sich offenbar auf Museumseinbrüche spezialisiert und vor sechs Jahren eine hundert Kilogramm schwere Goldmünze aus dem Bode-Museum gestohlen. Auch für das Verschwinden der Juwelen aus dem Grünen Gewölbe in Dresden wird sie verantwortlich gemacht. Der Clankriminalität zugeordnet Zu diesen Verbrechen haben die Sahans keinerlei Verbindungen. Aber, so zeigen es die Recherchen, sie firmieren bei den hessischen Behörden als Familie, die sie der sogenannten Clankriminalität zuordnen. Verwandte von Ismail Sahan sollen in eine Messerstecherei und ein weiteres versuchtes Tötungsdelikt verwickelt gewesen sein, aus polizeilicher Sicht habe es "dringenden Handlungsbedarf" gegeben. Seitdem taucht nicht nur die Polizei ungewöhnlich oft bei Sahan auf. Auf seinem Wohnzimmertisch stapelt sich Behördenpost: Die Polizei, das Ordnungsamt, der Zoll, die Steuerfahndung, das Gesundheitsamt, das Bauamt. Alle waren schon da. Seine Geschäfte leiden unter den Kontrollen, Stammgäste bleiben aus. "Die haben Angst. Die sagen, die Polizei kommt nicht ohne Grund", so Sahan. Warum genau die Behörden ihn in so außergewöhnlichem Ausmaß kontrollieren, weiß er nicht. Er habe mit Kriminalität nichts zu tun. Auch als er eine Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt einlegt, bekommt er keine ergiebige Antwort. Die Recherchen zeigen zudem: Es laufen keinerlei staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Ismail Sahan - offenbar hat er lediglich den "falschen" Nachnamen. Begriff "Clan" umstritten Das Bundeskriminalamt bezeichnet Clans als "informelle soziale Organisation", "die durch ein gemeinsames Abstammungsverständnis ihrer Angehörigen bestimmt" seien. Der Begriff ist umstritten, weil nicht klar ist, wer überhaupt zu einem Clan gehört und weil die Clans selbst aus vielen Familien bestehen, die oft nicht einmal miteinander verwandt sind und von denen nur ein winziger Teil kriminell ist. Sahans Fall klingt wie aus dem Lehrbuch der sogenannten "Politik der 1000 Nadelstiche". Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul prägte den Begriff. Die Nadelstiche, das sind niederschwellige Kontrollen von Betrieben wie Kiosken, Shishabars oder Friseurläden. Orte, die angeblich mit der "Clankriminalität" in Verbindung stehen. Behördenaktionen auch ohne konkreten Anfangsverdacht Als sogenannte Verbundaktionen werden diese gemeinsam von Behörden wie dem Ordnungsamt und der Polizei durchgeführt, ohne Durchsuchungsbeschluss und ohne konkreten Anfangsverdacht. Häufig dürfen Fernsehteams dann filmen, wie Genehmigungen für Spielautomaten oder der Brandschutz kontrolliert werden oder die Besucher von Shishabars nach ihren Ausweisen gefragt werden. Die Polizei hofft offenbar, dabei Waffen oder Drogen zu finden, meist bleibt es aber bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten oder wenigen Kilogramm unverzolltem Tabak. Allein in NRW wurden seit 2019 insgesamt 2468 solcher Kontrollaktionen durchgeführt. "Wo ist dann die Grenze?" Die Kontrollen sehen Experten wie der Frankfurter Professor für Kriminologie Tobias Singelnstein kritisch: "Ich glaube, das ist in verschiedener Weise problematisch, dass in diesem Vorfeldbereich und in dieser Breite vorgegangen wird mit der 'Politik der 1000 Nadelstiche'." Es gebe gesetzliche Grundlagen dafür, dass die Gewerbeaufsicht diese Kontrollen durchführen kann, sagt Singelnstein im Monitor-Interview. "Und jetzt kann man sich natürlich die Frage stellen: Wo ist dann die Grenze?" Der Nutzen dieser Strategie für die Aufklärung schwerer Straftaten ist jedenfalls begrenzt: "Mit diesen Maßnahmen finden sie keine organisierte Kriminalität", sagt der Politikwissenschaftler Mahmoud Jaraba von der Universität Erlangen-Nürnberg. Jaraba hat zahlreiche Interviews mit Familienangehörigen von Großfamilien geführt, die die Behörden der Clankriminalität zurechnen. "Diese regelmäßigen Kontrolle verstärken die Pauschalisierung. Shishabars werden direkt verknüpft mit Kriminalität und Großfamilien." Minister gibt "Nebenwirkungen" zu Ein weiteres Problem: Die "Nadelstiche" werden nicht sehr gezielt gesetzt. Oft reicht es, über mehrere Ecken mit kriminellen Clanmitgliedern verwandt zu sein. Oder denselben Nachnamen zu haben. Angesprochen auf diese Diskriminierung und auf die Begleiterscheinungen der Kontrollen sagt Innenminister Reul im Monitor-Interview: "Also das, was wir machen, ist nicht ohne Nebenwirkungen." Es treffe auch Unschuldige: "Kontrolle bedeutet immer, sie werden viele Menschen auch belästigen, die sich gar nichts haben zuschulden kommen lassen." Doch wo Behörden ganz genau hinschauen, da werden sie in der Regel auch fündig. Bei Ismail Sahan wurde eine Reihe von Ordnungswidrigkeiten festgestellt, Lärmbelästigung etwa. Einmal fehlte am Kontrolltag ein Impfausweis eines Mitarbeiters, ein anderes Mal Speisekarten auf den Tischen oder Sahan hatte falsch geparkt. Ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Vorhaltens von Arbeitsentgelt und Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsgesetz wurde eingestellt wegen geringer Schuld. LKA rechtfertigt Razzien Und doch antwortet das Landeskriminalamt Hessen auf Anfrage von Monitor und der SZ, die Kontrollen in seinen Geschäften stünden im Zusammenhang mit Clankriminalität. Oberstes Ziel sei es, "kriminelle Strukturen aufzuhellen und die Bedrohung der Bürgerinnen und Bürger in Frankfurt konsequent zu bekämpfen." Es stehe allerdings "nicht die gesamte Familie im Fokus, sondern ausschließlich tatverdächtige Angehörige", heißt es in der Antwort. Polizeiliches Handeln sei zudem stets transparent dargestellt worden. Ismail Sahan lässt das ratlos zurück. Er sei "schockiert", sagt er, und "sehr traurig." Er habe sich noch nie strafbar gemacht - warum also muss er die Kontrollen ertragen? "In einer Kiste mit Äpfeln gibt es immer einen faulen", sagt er. Den müsse man entfernen und doch nicht gleich die ganze Kiste kaputtmachen. | /investigativ/monitor/clan-kriminalitaet-111.html |
2023-03-23 | US-Kongress befragt TikTok-Chef Chew | Umstrittene Video-App | Für den TikTok-Chef Chew geht es um die Existenz seiner Firma in den USA. Entsprechend bemühte er sich im US-Kongress, Sorgen über chinesische Spionage und Einflussnahme zu zerstreuen - und traf dabei auf starken Gegenwind.
mehr | Für den TikTok-Chef Chew geht es um die Existenz seiner Firma in den USA. Entsprechend bemühte er sich im US-Kongress, Sorgen über chinesische Spionage und Einflussnahme zu zerstreuen - und traf dabei auf starken Gegenwind. TikTok verbieten? Über 100 Millionen Nutzer in den USA - überwiegend Jugendliche - würde das massiv verärgern. Doch gleichzeitig wächst die Kritik an der chinesischen Video-App gewaltig. Demokraten und Republikaner haben ein Gesetz entworfen, das zu einem Verbot von TikTok führen könnte. Der Grund sind Sicherheitsbedenken. Die App des chinesischen Unternehmens Bytedance sei ein Risiko für die nationale Sicherheit der USA, sagte FBI-Chef Christopher Wray vor kurzem bei einer Anhörung. "Hintertür für die Kommunistische Partei" Ganz konkret befürchten die Geheimdienste Spionage durch die chinesische Regierung. Auch viele Kongressabgeordnete sind sich sicher, dass die chinesische Führung auf die Nutzerdaten des TikTok-Konzerns zugreifen kann. Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der Republikaner Michael McCaul, hat diesen Verdacht. "TikTok ist für die Kommunistische Partei Chinas eine Hintertür, an persönliche Daten oder Passwörter zu gelangen. Es ist so, als würde man einen Spionageballon in sein Handy lassen." Tatsächlich kann die TikTok-App laut dem Bericht einer Cybersecurity-Firma aus dem vergangenen Jahr auf Mikrofon, Kamera, Standort, SMS-Nachrichten und andere private Daten der Nutzer zugreifen. Außerdem könnte TikTok chinesische Propaganda fördern oder Inhalte unterdrücken, die der chinesischen Regierung nicht passen, befürchten die Sicherheitsbehörden. Auf Geräten von Regierungsmitarbeitern und im Weißen Haus ist TikTok daher längst verboten. Chew wirbt um Vertrauen "Propaganda ist tatsächlich eine Sorge, besonders in Bezug auf China. Aber chinesische Unternehmen können genauso gut Anzeigen auf US-Webseiten kaufen. Und die russische Propaganda-Kampagne fand seinerzeit auf Facebook statt", argumentiert der Rechtswissenschaftler Anupam Chander von der Georgetown University. Die Sorgen in den USA sind so groß, dass heute TikTok-Chef Shou Zi Chew vor einem Kongressausschuss erscheinen muss. Chew hatte sich im Vorfeld redlich bemüht, das Vertrauen in TikTok zurückzugewinnen. Schriftlich beteuerte er, TikTok habe nie Daten von US-Nutzern an die chinesische Regierung weitergegeben. Einer solchen Anfrage würde TikTok niemals nachkommen. Außerdem sehe man sich nicht als Tochter des chinesischen Unternehmens Bytedance, da die App zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren sei. Drohung der Biden-Administration Mit derlei Beteuerungen wird sich der Ausschuss für Energie und Handel des Repräsentantenhauses vermutlich nicht zufrieden geben. Dass es am Ende tatsächlich zu einem Verbot der TikTok-App kommt, hält Rechtsexperte Chander dennoch für unwahrscheinlich. Mit der Drohung, TikTok zu verbieten, hoffe die Biden-Administration, dass die App von einem nicht-chinesischen Eigentümer übernommen werde, vermutet er. Tatsächlich fordert die US-Regierung den Ausstieg der chinesischen Anteilseigner. Ob es dazu kommen wird, ist allerdings mehr als fraglich. Faeser: Verbot nicht verhältnismäßig Auch in Deutschland gibt es massive Datenschutzbedenken und Befürchtungen über einen Zugriff des chinesischen Staates auf Nutzerdaten von TikTok. "Man muss sehr stark aufklären, dass das ein Konzern ist, der staatlich gehalten wird und wo die Daten natürlich auch abfließen können", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei ihrem Besuch in Washington. Es sei auch wichtig darauf zu achten, was auf TikTok für "politische Botschaften" gesendet würden, und ob es "Propaganda" gebe. Faeser betonte, die App sei auf Diensthandys der Bundesverwaltung aus Sicherheitsgründen "noch nie erlaubt gewesen". Ein grundsätzliches Verbot der App wäre aber "nicht verhältnismäßig". | /ausland/amerika/tiktok-chef-vorladung-us-kongress-101.html |
2023-03-23 | Tief gespalten | AfD in Bremen | Im Streit zweier AfD-Landesvorstände entscheidet der Wahlausschuss in Bremen heute darüber, ob die Partei auf den Wahlzetteln der Stadt erscheint. Ein bundespolitisches Bündnis könnte von dem Zoff profitieren. Von Kristian Klooß. | Im Streit zweier AfD-Landesvorstände entscheidet der Wahlausschuss in Bremen heute darüber, ob die Partei auf den Wahlzetteln der Stadt erscheint. Ein bundespolitisches Bündnis könnte von dem Zoff profitieren. Wer bin ich - und wenn ja, wie viele? Auf diese Frage hat Bremens AfD derzeit keine eindeutige Antwort. Die Folge: Für die Stadt Bremen hat die tief gespaltene Partei zwei konkurrierende Kandidatenlisten eingereicht. Das verbietet jedoch das Bremer Wahlgesetz. Der AfD droht deshalb für die Bürgerschaftswahl am 14. Mai der Ausschluss, sollte der heute beratende Landeswahlausschluss die Beschwerden der Parteilager nicht doch zulassen. Dass die Partei sich nicht auf eine Liste einigen konnte, liegt unter anderem daran, dass der Landesvorsitz der Partei seit gut zwei Jahren unbesetzt ist. Das hat dazu geführt, dass sich heute ein im vergangenen Oktober formierter "Notvorstand" und ein seit Mai 2022 amtierender "Rumpfvorstand" befehden. Die Ursachen für den Riss in der Bremer AfD gehen jedoch viel weiter zurück. Nur Monate nach den Bürgerschaftswahlen 2015, als die Partei erstmals mit vier Abgeordneten in den Landtag einzog, zerfiel die Bremer AfD-Gruppe bereits in verschiedene Lager. Einher ging dies damals mit der Abwahl des wirtschaftsliberalen Parteigründers Bernd Lucke als AfD-Chef zugunsten der nationalkonservativen Frauke Petry. Im Zuge dessen strengten die Befürworter des Rechtsrucks um die Landesvorstandsmitglieder Thomas Jürgewitz aus Bremerhaven und den Bremer Frank Magnitz mehrere Parteiausschlussverfahren an, unter anderem gegen den damals einzig verbliebenen AfD-Bürgerschaftsabgeordneten Alexander Tassis und drei weitere AfD-Mitglieder. Machtkampf zwischen Jürgewitz und Magnitz Nach den Bürgerschaftswahlen 2019 zerstritten sich dann jedoch auch Jürgewitz und Magnitz. Der Grund: Magnitz war seit 2017 Bundestagsabgeordneter. Überraschend ließ er sich dann auch zur Wahl als Spitzenkandidat für die Bremische Bürgerschaft aufstellen, obwohl er dies zuvor öffentlich ausgeschlossen hatte. Der Streit um dieses Doppelmandat beschäftigte danach nicht nur die Bremer AfD. Auch der Bundesvorstand drohte Magnitz mit Ordnungsmaßnahmen, sollte dieser nicht eines der Mandate niederlegen. Der lehnte ab, sprach von einer "Schlammschlacht" und trat im September 2019 mit zwei weiteren Abgeordneten aus der Bremer AfD-Fraktion aus. Den Landesvorsitz legte Magnitz zwei Wochen später nieder. Letzter Landeschef schmiss 2021 hin Neuer Landesvorsitzender wurde der AfD-Abgeordnete Peter Beck. Doch auch er scheiterte daran, die innerparteilichen Querelen zu beenden. Im Januar 2021 schmiss er hin und trat aus der AfD aus. "Ich bin mit dieser Partei durch", sagte er damals. Wenige Tage später wechselte er zur Wählervereinigung Bürger in Wut. Alle Versuche, die Parteispitze der Bremer AfD neu zu ordnen, sind seither gescheitert - zuletzt im Mai 2022. Da hatte sich der mit Magnitz verbündete Bürgerschaftsabgeordnete Heiner Löhmann als einziger Kandidat zur Landesvorsitzenden-Wahl gestellt. Die Mehrheit verfehlte er dennoch. Die Mitglieder der Bremerhavener AfD um Jürgewitz waren der Veranstaltung sogar ganz ferngeblieben, weil die Einladung ihrer Ansicht nach gegen die Satzung verstoßen hatte. Rumpfvorstand und Notvorstand im Clinch Die Folge: Eine Konkurrenz aus Rumpfvorstand um den geschäftsführenden Parteivize Sergej Minich und Notvorstand um Löhmann und Magnitz. Welcher Vorstand das Recht hat, Kandidatenlisten für Bürgerschaftswahlen einzureichen, ist offen. Der AfD-Bundesvorstand steht hinter dem Rumpfvorstand um Minich. "Die einreichenden Personen sind nicht demokratisch legitimiert, für den Landesverband irgendwelche Erklärungen abzugeben", sagt daher Frank Jacobi, Anwalt und Vertrauensmann Sergej Minichs über die Gegenseite. Das Bremer Landesschiedsgericht und das Bundesschiedsgericht stützen hingegen den Notvorstand. "Alle parteiinternen Gerichte, alle sagen, das ist kein Vorstand", sagt Löhmann. AfD-Aus könnte Bündnis Deutschland helfen Sollte der Landeswahlausschuss bei der einstimmig vom Wahlbereichsausschuss der Stadt Bremen getroffenen Entscheidung bleiben, dass eine Prüfung dieses Streitfalls nicht Sache des Wahlausschusses ist, hätte das unmittelbare Folgen. Dann nämlich würde Bremen damit beginnen, Briefwahlunterlagen und Wahlzettel mit 15 statt 16 Parteien zu drucken. Den AfD-Lagern bliebe parallel die nächste Instanz, das Wahlprüfungsgericht. Sollte auch dies scheitern, bliebe nur noch der Weg zum Staatsgerichtshof. Falls die AfD vor Gericht scheitert, stünde wohl eine Alternative für unzufriedene Wähler bereit: die bislang vor allem in Bremerhaven vertretenen Bürger in Wut. Für den Wahlkampf erhält die Partei mehrere Hunderttausend Euro Wahlkampfzuschuss von der noch jungen hessischen Partei Bündnis Deutschland. Eine Fusion beider Parteien ist bereits geplant - und hätte bei einem Einzug der Bürger in Wut ins Bremer Landesparlament wohl auch bundesweite Strahlkraft. Zusätzliche Protestwähler kämen da gelegen. Das Potenzial ist da: In einer Infratest-dimap-Wahlumfrage von Ende Februar haben rund sieben Prozent der Bremerinnen und Bremer ihr Kreuz bei der AfD gesetzt. | /inland/innenpolitik/afd-bremen-117.html |
2023-03-23 | Erste 3D-Druck-Rakete abgehoben | USA | Der erste Start einer fast vollständig am 3D-Drucker entstandenen Rakete ist nach drei Minuten geendet. Beim ersten Testflug hat "Terran 1" es nicht wie geplant in die Erdumlaufbahn geschafft. Kurz nach dem Start stürzte sie ins Meer.
mehr | Der erste Start einer fast vollständig am 3D-Drucker entstandenen Rakete ist nach drei Minuten geendet. Beim ersten Testflug hat "Terran 1" es nicht wie geplant in die Erdumlaufbahn geschafft. Kurz nach dem Start stürzte sie ins Meer. Die weltweit erste Rakete aus dem 3D-Drucker hat es bei ihrem ersten Testflug nicht wie geplant in die Erdumlaufbahn geschafft. Die unbemannte "Terran 1" hob in Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida zwar von der Startrampe ab - erreichte dann aber nicht die erhoffte Höhe und stürzte nach rund drei Minuten Flugzeit in den Atlantik. Die erste Stufe nach dem Start von der Cape Canaveral Space Force Station zündete wie geplant. Die obere Stufe zündete ebenfalls zunächst, schaltete dann jedoch ab, sodass die Rakete ins Meer fiel. Geplant war eigentlich, dass "Terran 1" nach acht Minuten die niedrige Erdumlaufbahn erreicht. An Bord des Testflugs von Relativity Space befand sich nichts außer dem ersten 3D-Druck aus Metall, den das Unternehmen vor sechs Jahren produziert hatte. Betreiberfirma dennoch zufrieden Das Ziel des ersten Testflugs war laut der Betreiberfirma Relativity Space, Daten zu sammeln und zu zeigen, dass eine Rakete aus dem 3D-Drucker dem Druck des Starts und der Reise standhalten kann. Laut der Betreiberfirma ist das geglückt: Auf Twitter schrieb Relativity Space, der Start von "Terran 1" habe die Technologie bestätigt und werde den Start der nächsten Rakete "Terran R" ermöglichen. Dies sei der größte Beweis für den neuartigen Ansatz der additiven Fertigung, heißt es in der Nachricht weiter. Today’s launch proved Relativity’s 3D-printed rocket technologies that will enable our next vehicle, Terran R. We successfully made it through Max-Q, the highest stress state on our printed structures. This is the biggest proof point for our novel additive manufacturing approach.… https://t.co/S5gkZcy4ap https://t.co/9iaFVwYoqe Aus Metalllegierungen hergestellt Nach Angaben des kalifornischen Weltraum-Startup-Unternehmens Relativity Space ist "Terran 1" das größte jemals mit einem 3D-Drucker produzierte Objekt. Die meisten Bauteile der 33 Meter hohen Rakete, einschließlich der Triebwerke, stammten aus den riesigen 3D-Druckern des Unternehmens in Long Beach im US-Staat Kalifornien. Dem Hersteller zufolge bestehen 85 Prozent der Rakete "Terran 1" aus 3D-gedruckten Metallteilen. Größere Versionen sollen sogar einen noch höheren Anteil haben und mehrfach wiederverwendbar sein. Auch andere Raumfahrtunternehmen setzen auf den 3D-Druck, aber die Teile machen nur einen kleinen Teil ihrer Raketen aus. Das 2015 von zwei jungen Luft- und Raumfahrtingenieuren gegründete Unternehmen Relativity Space hat die Aufmerksamkeit von Investoren und Risikokapitalgebern auf sich gezogen. | /wissen/technologie/erste-rakete-aus-3d-drucker-101.html |
2023-03-23 | Beteiligungen statt teurer Kredite | Unternehmensfinanzierung | Die Zinsen steigen - und damit die Kosten von Krediten. Dabei gibt es gerade für Firmen eine alternative Finanzierung. Sie ist nicht neu, aber zeitgemäß: die Beteiligung. Von Peter Sonnenberg. | Die Zinsen steigen - und damit die Kosten von Krediten. Dabei gibt es gerade für Firmen eine alternative Finanzierung. Sie ist nicht neu, aber zeitgemäß: die Beteiligung. Vor acht Jahren gründete Michael Pauly ein Unternehmen für "die Erschaffung eines Verfahrens zur Erzeugung digitaler Zwillinge" und nannte es Kaptura. Mittels eines patentierten 3D-Scansystems erzeugen seine Geräte Modelle, Fotos und Daten über Eigenschaften und Packmaße von Gegenständen, die zum Beispiel versandt werden müssen. Er erspart seinen Kunden nicht nur unnötige Verpackungsmaterialien, sondern gibt ihnen auch die Möglichkeit, ohne Barcodesystem Produkte zu identifizieren. Ein Kredit wäre viel zu teuer gewesen Am Anfang stand nur die Idee; was fehlte, war das Kapital zur Umsetzung. Start-ups wie Kaptura bekommen in der Regel keine Bankkredite, ohne persönlich in Haftung zu gehen. Das Startkapital für die Prototypen holte sich der Gründer deshalb aus dem privaten und geschäftlichen Umfeld. Als das nicht mehr ausreichte, "verkaufte" er einen Teil seines jungen Unternehmens an die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB). "Die ISB hat mir einen Anteil zu einer bestimmten Unternehmensbewertung abgekauft. Das Kapital floss ins Unternehmen, um Personal, Forschung und Ausstattung zu finanzieren", erklärt Pauly. Der Kapitalbedarf sei höher gewesen als mit den vorhandenen Sicherheiten darstellbar. Zusätzlich wären bei einem Kredit monatliche Zinsen und Tilgungen immens gewesen. Geld gegen Gewinnbeteiligung und Mitspracherecht Eine Beteiligung ist eine sogenannte Eigenkapitalfinanzierung - ähnlich wie bei der Ausgabe von Aktien, nur ohne Aktien. Der Käufer erwirbt nicht nur Anteile und ist deshalb zukünftig am Gewinn beteiligt, er trägt auch einen Teil des Risikos in Höhe seiner Einlagen und bekommt dafür Mitspracherecht an Unternehmensentscheidungen. Das Kapital wird unbefristet zur Verfügung gestellt und nicht später wieder zurückgezahlt. So muss der Gründer sich nicht verschulden und reduziert die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit, das unternehmerische Risiko wird minimiert. Die Gewinnbeteiligung für den Investor kann er allerdings nicht steuermindernd geltend machen, wie die Zinsen bei einem Kredit. Ausschüttungen an den Geldgeber erfolgen aus bereits versteuertem Gewinn. Das Geschäftsverhältnis löst sich auf, wenn das Unternehmen verkauft wird oder beide Seiten entscheiden, die Zusammenarbeit zu beenden und den Geldgeber, entsprechend der Geschäftsentwicklung, auszuzahlen. Keine blinden Investments "Bei unseren Investments tragen wir das alleinige Risiko, bis hin zum Totalausfall, da in der Regel keine Sicherheiten verlangt werden", sagt Claudia Wichmann, Pressesprecherin der ISB Rheinland-Pfalz. Deshalb investieren Kapitalgeber nicht blind, sondern suchen sich vielversprechende Investments und nehmen Einfluss auf vorher festgelegte Bereiche unternehmerischer Entscheidungen. Es würde "Vorgaben zu zustimmungspflichtigen Rechtsgeschäften" gemacht, so Wichmann. "Diese könnten beispielsweise sein: Sitzverlegung des Unternehmens, Gründung von Tochtergesellschaften, Verkauf von wesentlichen Vermögenswerten oder Aufnahme von Fremdkapital." Investitionsbank soll fördern und beraten Allerdings ist der Ansatz der landeseigenen ISB ein anderer als der von privaten Venture-Capital-Gesellschaften. Da es der Investitionsbank vor allem um "Förderung von Innovationen und der Wirtschaft in Rheinland-Pfalz" gehe, sei man "weniger renditegetrieben". Die ISB investiert nicht nur, sie vergibt ebenso Kredite und bietet zahlreiche Förderprogramme an. Dabei arbeitet sie zum einen mit dem rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium zusammen, zum anderen mit der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft Venture-Capital Mittelrhein, die eine eigene Tochtergesellschaft ist. "Eine deutlich steigende Nachfrage verzeichnen wir derzeit bei unserer Beratungsförderung und hier insbesondere im Rahmen der Mittelstandsberatung - ein Zeichen dafür, dass Unternehmen weiter investieren." Zwischenfinanzierungen möglich Ein Kapitalgeber kann offen als Gesellschafter auftreten oder nicht. Bei Kaptura seien die Fonds in einer Kombination von offener und stiller Beteiligung eingestiegen, erklärt Wichmann. "Allerdings haben unsere Gesellschaften den Status eines Minderheitengesellschafters, da wir als öffentlicher Beteiligungsgeber in der Regel nicht mehr als 24,9 Prozent des Stammkapitals halten wollen." Es muss, wie auch bei Kaptura, nicht bei einer Beteiligungsrunde bleiben. Sollen zur Erweiterung des Unternehmensportfolios beispielsweise neue Maschinen angeschafft werden, wird frisches Kapital nötig. "Wir hatten zwei sogenannte Finanzierungsrunden", sagt Michael Pauly. Während des weltweiten Lieferengpasses durch Coronakrise und Ukraine-Krieg hat Kaptura parallel zusätzlich ein Darlehen aufgenommen, "um uns die Lager voll zu machen und für die nächsten Monate lieferfähig zu bleiben", so der Geschäftsführer. Private Beteiligungen als Alternative Anders als die ISB wollen private Geldgeber hauptsächlich ihr Geld vermehren. Wer ein Näschen für erfolgversprechende Geschäftsideen hat, kann mit Beteiligungen viel Geld verdienen. So schwappte ab 2008 die aus den USA stammende Idee der "Business Angels" nach Deutschland. Im Grunde ist es das gleiche Prinzip wie die Beteiligung der rheinland-pfälzischen Investitions- und Strukturbank, nur privat. Erfolgversprechende Start-ups können neben staatlicher Förderung auch die Dienste der "Business Angels" in Anspruch nehmen. Das sind meist erfahrene Manager mit eigenem Vermögen. Matthias Helfrich, "Business Angel des Jahres 2021" und Geschäftsführer der MGH Beratungs- und Beteiligungs-GmbH, erklärt das Prinzip so: "Der Business-Angel besitzt zwei Flügel." Das solle verdeutlichen, dass neben dem Kapital weitere Assets vorhanden seien. "Der zweite Flügel ist für junge Unternehmerinnen und Unternehmer besonders wichtig, da er die Basis für die praktische Zusammenarbeit bildet." Der "Business Angel" investiert zum einen sein Geld in ein Unternehmen seiner Wahl, steht dem Gründer aber auch mit seinem Know-how in unternehmerischen Entscheidungen zur Seite beziehungsweise erkauft sich ein mehr oder weniger starkes Mitspracherecht. Beide Seiten schließen einen Vertrag, der den Umfang der Mitsprache- beziehungsweise Beratungsleistung und die Höhe des "Return of Investment" regelt. Keine einsamen Entscheidungen mehr "Der Unternehmer hat sich primär die Frage zu stellen, ob er sich damit zurechtfinden kann, sich bei wichtigen Entscheidungsprozessen mit dem Investor abzustimmen", sagt Helfrich. "Beide tragen das Risiko des Scheiterns in sich, wobei das höhere Risiko beim Unternehmer liegt. Als Investor verliert man seine Kapitaleinlage, was zumeist schmerzlich, aber nicht existentiell ist." Gut mit Investorenkapital ausgestattete Unternehmen kämen besser durch Krisen als Firmen ohne Beteiligungskapital. Allerdings ist auch an diese Finanzierungsform nicht mehr so leicht heranzukommen. "Beteiligungskapital reagiert generell sehr sensibel auf wirtschaftlich unsichere Situationen." In sieben von zehn Investments verliere der "Business Angel" sein Geld, so Helfrich. "Vision und Strategie treu bleiben" Mit den restlichen 30 Prozent ihrer Beteiligungen müssten die rund 10.000 "Business Angels" in Deutschland also ordentlich verdienen, damit das Geschäftsmodell funktioniere. In Zeiten von steigenden Zinsen gäbe es auch für die "Engel" gute und risikoärmere Investments. Vielleicht deshalb sind sie hierzulande noch nicht so verbreitet. Zum Vergleich: In den USA schätzt man, dass es rund drei Millionen von ihnen gibt. Unternehmer Michael Pauly versucht, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Kapital vorausschauend drohende Durststrecken wie Lieferengpässe zu umschiffen. "Man sollte seiner Vision und seiner Strategie treu bleiben", sagt er. Aber es sei noch nie emotional anspruchsvoller gewesen, Unternehmer zu sein, als seit Beginn der Pandemie. | /wirtschaft/unternehmen/unternehmensfinanzierung-inflation-beteiligung-101.html |
2023-03-23 | Forscher entdecken "verdächtige" Abgaswerte | Emissionen von Dieselautos | Laut einer Analyse des Umweltforschungsverbunds ICCT fallen viele Dieselautos in Europa durch einen deutlich zu hohen Abgasausstoß auf. In vielen Modellen seien weiterhin unerlaubte Abschalteinrichtungen eingebaut, so der Verdacht.
mehr | Laut einer Analyse des Umweltforschungsverbunds ICCT fallen viele Dieselautos in Europa durch einen deutlich zu hohen Abgasausstoß auf. In vielen Modellen seien weiterhin unerlaubte Abschalteinrichtungen eingebaut, so der Verdacht. Der internationale Umweltforschungsverbund ICCT hat bei einer übergreifenden Analyse von Tests und Studien aus mehreren Jahren einen deutlich zu hohen Abgasausstoß vieler Dieselautos in Europa festgestellt. Grund für die zusammenfassende "Neubewertung" waren Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu sogenannten Abschalteinrichtungen. Die Reinigung darf demnach nur noch heruntergefahren werden, wenn konkrete Technikschäden und Sicherheitsrisiken drohen. Dennoch zeigten nach Darstellung des ICCT unter der Maßgabe der nun geltenden Einschränkungen gut 85 Prozent der Euro-5- und 77 Prozent der Euro-6-Dieselfahrzeuge "verdächtig hohe Emissionen", wie die Forscher heute berichteten. In 40 Prozent der Fälle hätten sich sogar "extreme" Werte für gesundheitsschädliche Stickoxide (NOx) ergeben. Rund 700.000 Autos berücksichtigt Die Zahlen basieren allerdings nicht auf eigenen Erhebungen, sondern auf einer großen Testdatenbank sowie Zweitauswertungen zu Abgastests von Behörden und Organisationen, die seit 2016 liefen. Ein Jahr zuvor waren die Diesel-Manipulationen bei Volkswagen bekanntgeworden. Laut ICCT decken die Angaben ungefähr 700.000 Autos aus verschiedenen europäischen Ländern ab. Dabei berücksichtigten die Wissenschaftler unterschiedliche Messverfahren - größtenteils das sogenannte "Remote Sensing", also Abgaswerte vorbeifahrender Wagen vom Straßenrand aus, aber auch Tests mit mobilen Messgeräten am Auspuff. Sie setzten die so ermittelten Werte dann mit einem Schwellenwert für den jeweiligen Motor- und Fahrzeugtyp in Bezug. Dieser sei "anhand des normalerweise zu erwartenden Abgasreinigungsverhaltens" abgeleitet worden, hieß es. Einsatz von Abschalteinrichtungen "fast sicher" Die Forscher interpretieren die Abweichungen so, dass bei Dieselautos mit als "extrem" eingestuftem NOx-Ausstoß "die Verwendung einer Abschalteinrichtung als fast sicher gelten" könne. Auch etwas weniger erhöhte Werte deuteten auf die "wahrscheinliche Verwendung einer Motorkalibrierungsstrategie hin, die nach den jüngsten Urteilen des EuGH als verbotene Abschalteinrichtung eingestuft werden kann". Zur Methodik, die teils als unscharf geltenden Zuordnungen einzelner Autos zu Straßenrand-Messungen mit heranzuziehen, erklärte der ICCT, man habe sich intensiv damit beschäftigt zu zeigen, wie diese "trotz einiger Einschränkungen robuste Schätzungen der realen Emissionen einzelner Fahrzeuggruppen liefern können". Zusammen mit den Daten aus Messungen direkt am Auspuff böten sie eine Grundlage für zusätzliche Nachweise des zu hohen NOx-Ausstoßes in verschiedenen Testverfahren. Schreitet das Kraftfahrt-Bundesamt ein? Die Deutsche Umwelthilfe verlangte vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), sämtliche Dieselautos der Abgasnormen 5 und 6 in Deutschland "mit den geltenden Bestimmungen in Einklang zu bringen und alle unzulässigen Abschalteinrichtungen entfernen zu lassen". Es gehe um mehr als acht Millionen Pkw. Man habe bereits Rechtsmittel gegen das KBA eingelegt. Erst diese Woche hatte der Europäische Gerichtshof die Hürden für Schadenersatzklagen von Dieselkäufern im Fall unzulässiger Abgastechnik gesenkt. Die Autohersteller könnten auch dann haften, wenn sie ohne Betrugsabsicht einfach nur fahrlässig gehandelt hätten, entschied der EuGH am Dienstag in einem Mercedes-Fall. | /wirtschaft/technologie/abgas-diesel-abgaswerte-abschalteinrichtung-klima-umwelt-manipulation-101.html |
2023-03-23 | Auswärtiges Amt kritisiert Siedler-Rückkehr | Entscheidung der Knesset | Das israelische Parlament will den Rückzug aus vier Siedlungen im nördlichen Westjordanland teilweise aufheben. Nun hat das Auswärtige Amt die Entscheidung kritisiert und vor Reisen in das Gebiet gewarnt.
mehr | Das israelische Parlament will den Rückzug aus vier Siedlungen im nördlichen Westjordanland teilweise aufheben. Nun hat das Auswärtige Amt die Entscheidung kritisiert und vor Reisen in das Gebiet gewarnt. Das Auswärtige Amt hat die Entscheidung des israelischen Parlaments scharf kritisiert, Siedlern die Rückkehr in vier Siedlungen im Westjordanland zu erlauben. Die nun erfolgte Gesetzesänderung stelle "einen gefährlichen Schritt hin zu möglichen erneuten Siedlungsaktivitäten dar", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts laut einer Mitteilung. Die Entscheidung des Parlaments könne dazu führen, "die ohnehin angespannte Sicherheitslage im Westjordanland weiter zu verschärfen". Reisewarnung für Westjordanland und Ost-Jerusalem Das Auswärtige Amt twitterte, man rate aktuell von Reisen in das Westjordanland inklusive Ost-Jerusalem ab, "da dort derzeit mit verstärkten Auseinandersetzungen zu rechnen ist". Wir raten aktuell von Reisen in das #Westjordanland inkl. Ost-Jerusalem ab, da dort derzeit mit verstärkten Auseinandersetzungen zu rechnen ist.
👉Mehr in unseren #RSHW unter https://t.co/nhk7jOt3jm Zur Begründung sagte die Sprecherin, die Einhaltung einmal gemachter Zusagen sei auch eine Frage vertraglicher Verlässlichkeit. Die Entscheidung stehe im Widerspruch zu der Absicht der erst am Sonntag erfolgten Einigung zwischen Israel und den Palästinensern, für einen Zeitraum von vier bis sechs Monaten auf unilaterale Schritte zu verzichten. Das palästinensische Außenministerium hatte schon vor der Entscheidung vor einer "Eskalation des Konflikts" gewarnt. Rückzug aus Siedlungen am Dienstag aufgehoben Am Dienstag hatte das israelische Parlament beschlossen, den 2005 beschlossenen Rückzug aus vier Siedlungen im nördlichen Westjordanland teilweise aufzuheben. Laut der Gesetzesänderung soll Siedlern die Rückkehr in die vier Orte Chomesch, Ganim, Kadim und Sanur ermöglicht werden, die im Rahmen des israelischen Abzugs aus dem Gazastreifen 2005 ebenfalls geräumt worden waren. Seitdem kehrten Siedler zwar bereits mehrmals auf eigene Faust zurück. Sie wurden dann aber wieder zur Evakuierung gezwungen. UN-Sicherheitsrat gegen Siedlungsaktivitäten Israel hatte während des Sechstagekrieges 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Knapp 600.000 Israelis leben dort heute in mehr als 200 Siedlungen. Der UN-Sicherheitsrat bezeichnete 2016 diese Siedlungen als Verletzung des internationalen Rechts und forderte Israel auf, alle Siedlungsaktivitäten zu stoppen. Die Palästinenser wollen im Westjordanland, dem Gazastreifen und Ost-Jerusalem einen eigenen Staat einrichten. Der rechtskonservative israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu hatte mehrfach eine Annexion weiter Teile des Westjordanlands angekündigt. | /ausland/asien/auswaertiges-amt-israels-rueckkehr-erlaubnis-siedlungen-101.html |
2023-03-23 | "Bedrohung der öffentlichen Gesundheit" | Geplantes EU-Verbot von PFAS | PFAS-Chemikalien sollen in der EU künftig verboten werden. Seit Mittwoch läuft die öffentliche Anhörung. US-Umweltanwalt Bilott befürchtet, dass vor allem die Industrie diese nutzen wird, um das Verbot zu verhindern.
mehr | PFAS-Chemikalien sollen in der EU künftig verboten werden. Seit Mittwoch läuft die öffentliche Anhörung. US-Umweltanwalt Bilott befürchtet, dass vor allem die Industrie diese nutzen wird, um das Verbot zu verhindern. tagesschau.de: Seit Mittwoch können unter anderem Industrievertreter Stellungnahmen zum geplanten EU-Verbot der ewigen Chemikalien PFAS abgeben. Was erwarten Sie davon? Bilott: Wir sehen bereits die Botschaften, es sind mehr oder weniger dieselben Argumente, die wir seit 30 Jahren in den USA hören. Nämlich, dass diese Chemikalien für unsere Gesellschaft unverzichtbar sind. Sie sind in praktisch jedem Produkt enthalten, in Dingen, die wir brauchen. Das klingt in etwa so: "Naja, dann haben Sie kein Handy mehr, keine 5G-Netze, keine lebensrettenden Arzneimittel." Das ist das Argument, das den politischen Entscheidungsträgern vorgetragen wird. tagesschau.de: Das klingt aber tatsächlich nach einem validen Argument. Bilott: Wenn man zurückgeht und sich die Geschichte anschaut, sieht man, dass es eine konzertierte Aktion dieser Unternehmen war, diese Chemikalien in so viele Dinge wie möglich zu stecken. Damit sie heute argumentieren können, dass sie in zu vielen Dingen enthalten sind, um sie zu regulieren. Aber es geht hier um die öffentliche Gesundheit. Erst kürzlich wurde eine Studie veröffentlicht, die zeigt, wie viele Todesfälle beispielsweise allein in den Vereinigten Staaten seit 1999 auf PFAS zurückzuführen sein könnten: mehr als sechs Millionen. Und die Kosten, die dem Gesundheitssystem durch die Behandlung der gesundheitlichen Folgen dieser Chemikalien entstehen, belaufen sich auf Milliarden und Abermilliarden von US-Dollar. PFAS auch im Wasser tagesschau.de: Im Februar haben NDR, WDR und SZ gemeinsam mit europäischen Medien erstmals gezeigt, dass bereits mehr als 17.000 Standorte in Europa nachweislich mit PFAS belastet sind. Viele Menschen in Deutschland waren davon ziemlich überrascht. Sie auch? Bilott: In den USA ist das schon seit Jahrzehnten bekannt, während die Menschen in Europa erst jetzt bemerken, dass dieses Zeug auch in ihrem Wasser ist. Diese vom Menschen hergestellten Chemikalien durchtränken den Boden, das Wasser und das Blut der Menschen überall auf der Welt. Die Tatsache, dass wir erst jetzt beginnen, den Umfang und das Ausmaß dieses Problems zu erkennen, ist beunruhigend, denn diese Chemikalien werden mit einer Reihe von potenziellen Folgen für die menschliche Gesundheit in Verbindung gebracht - darunter Krebs, eine verminderte Immunfunktion und eine geringere Wirksamkeit von Impfstoffen. tagesschau.de: Was erwarten Sie denn von der europäischen Politik? Bilott: Es liegen die wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, dass diese Chemikalien eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellen und dass jetzt Schritte unternommen werden müssen, um dagegen vorzugehen. Wir können nicht ewig darüber diskutieren, während wir alle diesen Chemikalien ausgesetzt sind. Der EU-Vorschlag alle PFAS als Gruppe zu verbieten, sorgt für viel Wirbel, die Hersteller wehren sich. Zu wenig Belege? tagesschau.de: Während unserer Recherchen konnten wir auch auf Tausende von Dokumenten der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zugreifen, die zeigen, dass Lobbyvertreter verschiedener Branchen vage oder irreführende Informationen verwenden, um ihre Argumente vorzubringen. Inwieweit erinnert Sie das an die Lobbyarbeit rund um PFAS in den USA? Bilott: Von dem Tag an, an dem ich vor 24 Jahren mit diesem Thema begann, habe ich gehört, dass es nicht genug Beweise und Daten gebe, um PFAS zu verbieten. Es gibt eine ganze Industrie, deren einziger Zweck es ist, Zweifel zu säen und der Öffentlichkeit, den Aufsichtsbehörden und der Wissenschaft zu sagen, dass wir noch nicht genug wissen, um Vorschriften zu erlassen. Diese Strategie geht zurück auf die Tabakindustrie und andere chemische Problemfälle, die Jahrzehnte zurückliegen. Kampf um Sanierungskosten tagesschau.de: Das Problem ist ja nicht nur, dass PFAS immer noch in die Umwelt gelangen, sondern dass sie bereits dort sind und bleiben. Bilott: Das ist ein großes Problem. Alles, was in den letzten 70 bis 80 Jahren emittiert wurde, ist da draußen und es wird nicht verschwinden. Deshalb nennt man PFAS auch Ewigkeitschemikalien. Es ist wichtig, zu bedenken, dass diese Chemikalien vollständig von Menschen hergestellt werden. Wenn man sie also im Boden, im Wasser, in Menschen oder in Tieren findet, sind das im Wesentlichen Fingerabdrücke, die zu den Unternehmen zurückführen, die sie entwickelt und in all diese Produkte gebracht haben. Wir kämpfen in den USA gerade vor Gerichten im ganzen Land, um sicherzustellen, dass die Unternehmen, die diese Stoffe hergestellt und wissentlich verwendet haben, die jahrzehntelang enorm davon profitiert haben, für die Kosten des entstandenen Schadens verantwortlich gemacht werden. Das wird ein großer Kampf werden, die Kosten für Sanierungen werden astronomisch sein. tagesschau.de: Alles begann mit Wilbur Tennant, einem Bauern, der in Ihre Anwaltskanzlei kam, weil seine Kühe an mit PFAS verunreinigten Wasser starben. Glauben Sie, er hat realisiert, was er da ins Rollen gebracht hat? Bilott: Wilbur Tennant war derjenige, der sicherstellen wollte, dass wir einen Weg finden, diese Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen. Die Tatsache, dass PFAS möglicherweise in Europa verboten werden, dass die Vereinigten Staaten Trinkwasserstandards für PFAS vorschlagen, das waren Dinge, von denen niemand von uns dachte, dass sie jemals passieren würden. Wir verdanken es wirklich der Tatsache, dass ein Einzelner, ein Landwirt aus West Virginia, aufgestanden ist und gesagt hat: So sollte das nicht laufen. Er hat vielleicht die größtmöglichen Gegner gegen sich, einen der größten Chemiekonzerne der Welt, das amerikanische Regulierungs- und Justizsystem, aber das muss sich ändern. Er hatte Recht. "Ich sehe, dass wir Fortschritte machen" tagesschau.de: Sie machen das seit 24 Jahren, wie halten Sie das durch? Bilott: Mich ermutigt, dass etwas passiert. Ich sehe, dass wir Fortschritte machen, vor allem in den letzten paar Jahren, besonders seit dem Film "Vergiftete Wahrheit". Es hat ein so unglaubliches, plötzliches Bewusstsein gegeben, dass die Menschen erkennen: Moment mal, das passiert wirklich, und zwar nicht nur hier, sondern überall. Die Menschen ziehen endlich die richtigen Schlüsse, und das führt dazu, dass sich die Gesetze ändern. Ich hätte nie gedacht, dass der Präsident der Vereinigten Staaten öffentlich über das PFAS-Problem spricht und Milliarden von Dollar zur Verfügung stellt. Das ist eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit weltweit, über die wir wirklich sprechen müssen. Es muss etwas geschehen, um uns alle und unsere Kinder in Zukunft zu schützen. Ich kann mir also, ehrlich gesagt, nichts Wichtigeres vorstellen. Das Gespräch führten Johannes Edelhoff und Catharina Felke, NDR. Es wurde für die schriftliche Fassung redigiert und gekürzt. | /investigativ/ndr/pfas-verbot-anwalt-bilott-101.html |
2023-03-23 | Was Deutschland bei den Warnstreiks erwartet | Arbeitsniederlegungen im Verkehr | Mit einem bundesweiten Warnstreik wollen die Gewerkschaften ver.di und EVG am kommenden Montag weite Teile des öffentlichen Verkehrs lahmlegen. Reisende müssen mit massiven Beeinträchtigungen rechnen.
mehr | Mit einem bundesweiten Warnstreik wollen die Gewerkschaften ver.di und EVG am kommenden Montag weite Teile des öffentlichen Verkehrs lahmlegen. Reisende müssen mit massiven Beeinträchtigungen rechnen. Zum Auftakt der nächsten Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst kommt es im Verkehrssektor zu einem neuen Höhepunkt der Warnstreiks. Am Montag sollen weite Teile des öffentlichen Verkehrs nahezu stillstehen, einschließlich des Personennahverkehrs, der Bahn sowie Flughäfen und die Autobahngesellschaft. Was steht Fahrgästen bevor, und wie ist der aktuelle Verhandlungsstand? Welche Bereiche trifft es? Betroffen von den Warnstreiks sind der Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr der Deutschen Bahn (DB) sowie weiterer Eisenbahn-Unternehmen. Die Deutsche Bahn kündigte als Reaktion bereits an, am Montag den gesamten Fernverkehr bundesweit einzustellen. Auch im Regionalverkehr werde "größtenteils kein Zug fahren", hieß es. Im öffentlichen Personennahverkehr trifft es zusätzlich die Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern. Außerdem ruft die Gewerkschaft ver.di zu Arbeitsniederlegungen an mehreren Flughäfen auf, ausgenommen Berlin. Auch die Autobahngesellschaft soll bestreikt werden, ebenso die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Auf der Schiene sind laut EVG neben der Deutschen Bahn unter anderem die Bahn-Unternehmen Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, eurobahn sowie die Länderbahn betroffen. Der Warnstreik soll sich von Sonntag, 24.00 Uhr, über den gesamten Montag hinziehen. Die Warnstreiks an den Flughäfen betreffen nach Angaben der Gewerkschaften zum einen die Verhandlungen für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes, zum anderen die örtlichen Verhandlungen für die Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste sowie die bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten der Luftsicherheit. Wie äußern sich die beteiligten Gewerkschaften? Die Gewerkschaften begründeten ihr Vorgehen mit mangelnden Fortschritten bei den jeweiligen Tarifrunden. "Wir müssen feststellen, dass die Arbeitgeber nach wie vor sämtliche Augen verschließen vor den Nöten der Beschäftigten", erklärte EVG-Chef Martin Burkert. "Wir wollen keine weitere Eskalation. Wir wollen ein verhandlungsfähiges Angebot." Angesichts der "Stimmung" in den Unternehmen werde mit einer hohen Teilnahme und "massiven" Auswirkungen im gesamten Verkehrssektor gerechnet, sagte ver.di-Chef Frank Werneke. Die Gewerkschaft ver.di vertritt rund 2,5 Millionen Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen, darunter auch im Nahverkehr und an Flughäfen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) verhandelt für etwa 230.000 Beschäftigte bei Bahnen und Busunternehmen. Wie üblich sind koordinierte Warnstreiks aus zwei Tarifrunden? "Das ist eine ungewöhnliche Sache", sagte der Tarifexperte Thorsten Schulten der Nachrichtenagentur dpa. Wenn zwei Gewerkschaften feststellten, dass sie parallel in ähnlichen Bereichen verhandeln, sei ein gemeinsames Vorgehen jedoch naheliegend. Ein großer Warnstreik zu Beginn einer Verhandlungsrunde signalisiere den Arbeitgebern: "Wir meinen es ernst, und die Beschäftigten stehen hinter uns." Allerdings könnte ein möglicher gemeinsamer Streiktag "erst einmal eine punktuelle Aktion" darstellen, wie der Forscher des Instituts WSI der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervorhebt. Letztendlich gebe es keine gemeinsame Planungsinstanz bei verschiedenen Gewerkschaften. Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen bei der Bahn? Im Februar dieses Jahres begannen die Verhandlungen der EVG mit der Deutschen Bahn sowie etwa 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen. Das erste Angebot des bundeseigenen Konzerns hatte die Gewerkschaft vergangene Woche abgelehnt, da sie eine Lohnerhöhung von mindestens 650 Euro als "soziale Komponente" fordert. Die EVG strebt eine Steigerung der Entgelte um zwölf Prozent an, mit einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten. Außerdem fordert die Gewerkschaft einen sofortigen gesetzlichen Mindestlohn als Basis, auf dem die Forderungen aufsetzen. Die Bahn hatte unter anderem vorgeschlagen, die Löhne der etwa 180.000 betroffenen Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt fünf Prozent zu erhöhen und Einmalzahlungen von insgesamt 2500 Euro zu gewähren. Zudem will der Konzern einen tariflichen Bahn-Mindestlohn von 13 Euro einführen. Der nächste reguläre Termin für die Tarifverhandlungen der 180.000 Beschäftigten bei der DB ist für den 24. und 25. April geplant. Wie ist der Verhandlungsstand im Öffentlichen Dienst? Am Montag beginnt in Potsdam die dritte Verhandlungsrunde für die 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Ver.di und der Beamtenbund dbb fordern eine Erhöhung des Einkommens um 10,5 Prozent, jedoch mindestens 500 Euro mehr im Monat. Die Arbeitgeber bieten bisher ein Angebot von fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro - für die Gewerkschaften "eine Zumutung", wie sie sagten. Die Verhandlungen sind für drei Tage angesetzt. Der Öffentliche Dienst leidet unter einer bundesweiten Besetzungslücke von über 300.000 Stellen. Bis zum Ende der nächsten zehn Jahre müssten laut ver.di etwa 1,4 Millionen Stellen neu besetzt werden, da die sogenannten Baby-Boomer in den Ruhestand gehen. In den Kommunen ist jede siebte Stelle bei der Berufsfeuerwehr unbesetzt, was rund 5000 Stellen entspricht. In Kitas fehlten im Jahr 2021 etwa 173.000 Fachkräfte. Wie hoch ist die Eskalationsbereitschaft der Gewerkschaften? In den vergangenen Wochen waren auch Kitas, Kliniken und viele weitere Bereiche des öffentlichen Lebens von Streiks betroffen. "Der Frühling naht, und es kann sein, dass wir uns dann hier noch einmal wiedersehen müssen", sagte ver.di-Chef Frank Werneke auf einer Kundgebung in Köln. Bereits zuvor hatte er Spekulationen über ein Scheitern der Tarifverhandlungen angestellt. Bei einer Kundgebung in Berlin sagte dbb-Chef Ulrich Silberbach am Mittwoch: "Vor allem die Komplettverweigerung der Kommunen, einen Mindestbetrag auch nur in Erwägung zu ziehen, steht dabei jeder Annäherung im Weg." Wie der Tarifexperte Schulten erläutert, endete die Friedenspflicht bereits mit dem Auslaufen des bisherigen Tarifvertrags, und rechtlich stehe Warnstreiks auch während der Verhandlungen nichts im Wege. Auch die EVG betonte zuletzt immer wieder ihre Bereitschaft zum Warnstreik als "letztes Mittel". | /wirtschaft/verbraucher/grossstreik-verkehr-tarife-verdi-evg-101.html |
2023-03-23 | Marburg-Virus breitet sich weiter aus | Äquatorialguinea | Der Ausbruch des mit Ebola verwandten Marburg-Virus in Äquatorialguinea weitet sich aus. Fälle traten weit voneinander entfernt auf, mehrere Menschen sind bereits gestorben. Die WHO schickt weitere Experten in die Region.
mehr | Der Ausbruch des mit Ebola verwandten Marburg-Virus in Äquatorialguinea weitet sich aus. Fälle traten weit voneinander entfernt auf, mehrere Menschen sind bereits gestorben. Die WHO schickt weitere Experten in die Region. Das mit dem Ebola-Virus verwandte tödliche Marburg-Virus breitet sich in Äquatorialguinea weiter aus. In dem zentralafrikanischen Land seien mittlerweile Fälle in 150 Kilometer Entfernung voneinander registriert worden, was auf eine größere Verbreitung hindeute, teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit. Von neun laborbestätigten Erkrankten seien bisher sieben gestorben. Hinzu kommen 20 weitere Tote, die wahrscheinlich ebenfalls infiziert waren. Um eine großflächige Epidemie zu vermeiden, seien dringend "verstärkte Gegenmaßnahmen" erforderlich, so die WHO. Viele Erkrankte sterben Das Marburg-Virus löst ein lebensgefährliches Fieber mit Symptomen wie Krämpfen, blutigem Erbrechen und Durchfall aus. Es wird durch direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten von Infizierten übertragen oder über Oberflächen wie kontaminierte Bettlaken. Je nach Behandlungsmöglichkeiten sterben bis zu 88 Prozent der Infizierten. Seinen Namen hat das Virus, weil es 1967 bei einem Ausbruch im hessischen Marburg identifiziert wurde. Bei infizierten Versuchsaffen steckten sich auch Labormitarbeiter an. Seinen Ursprung hat das Virus vermutlich in Flughunden, die mit Fledermäusen verwandt sind. Mögliche Impfstoffe sollen getestet werden Zugelassene Impfstoffe oder Medikamente gibt es nach Angaben der WHO bislang nicht. Allerdings seien Impfstoffkandidaten entwickelt worden, die bei dem jüngsten Ausbruch getestet werden sollen. Nötig sei laut WHO nur die Genehmigung der örtlichen Regierungen, mit den Tests beginnen zu können. WHO will weitere Experten schicken Wegen des Ausbruchs in Zentralafrika stuft die WHO das Risiko für die Region mit den Nachbarländern Gabun und Kamerun als mittelhoch ein, für Äquatorialguinea als hoch. Die rund 1,5 Millionen Einwohner gehören zu den ärmsten der Welt. Die WHO will nun zusätzliche Experten wie Epidemiologen und Gesundheitspersonal in die Region schicken - auch, um Gabun und Kamerun auf einen möglichen Ausbruch vorzubereiten und ihn eindämmen zu können. Im ostafrikanischen Tansania war am Dienstag ebenfalls ein Ausbruch gemeldet worden, dort waren den Behörden zufolge bis zu diesem Zeitpunkt fünf Menschen gestorben. | /ausland/afrika/marburg-virus-aequatorialguinea-who-101.html |
2023-03-23 | Neue Massenproteste in Israel | Verabschiedung von umstrittenen Gesetz | Trotz wochenlanger Proteste hat das israelische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das den Regierungschef vor einer Amtsenthebung schützt. Am Abend gingen erneut Tausende auf die Straße. Premier Netanyahu versucht zu beschwichtigen.
mehr | Trotz wochenlanger Proteste hat das israelische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das den Regierungschef vor einer Amtsenthebung schützt. Am Abend gingen erneut Tausende auf die Straße. Premier Netanyahu versucht zu beschwichtigen. Die israelische Regierung schreitet mit ihrem Plan voran, die Justiz weiter zu schwächen. Das Parlament in Jerusalem verabschiedete ein Gesetz, das es künftig deutlich schwerer macht, einen Ministerpräsidenten für amtsunfähig zu erklären. Dies ist die erste Gesetzesänderung im Rahmen einer höchst umstrittenen Justizreform der neuen rechts-religiösen Regierung um Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Am Abend gingen in ganz Israel wieder Tausende auf die Straße, um gegen die Gesetzesänderung zu demonstrieren. Dabei kam es vereinzelt zu Konfrontationen mit der Polizei. Unter anderem in den Küstenstädten Tel Aviv und Haifa setzten die Einsatzkräfte Wasserwerfer ein, um gegen Demonstrierende vorzugehen. Landesweit wurden Dutzende Menschen laut Medienberichten festgenommen. Netanyahu verschiebt Reise nach London Eine große Menge zog vor Netanyahus Residenz in Jerusalem. Der Regierungschef verschob eine offizielle Reise nach Großbritannien auf den frühen Freitagmorgen und versprach in einer Fernsehansprache, die "Kluft zu heilen", die durch das Land gehe. "Wir werden die Grundrechte aller israelischen Bürger gewährleisten - Juden und Nicht-Juden, säkular und religiös, Frauen, die LGBTQ-Gemeinschaft, aller ohne Ausnahme", sagte Netanyahu. "Ich werde alles tun, die Wogen zu glätten und die Kluft in der Nation zu heilen, weil wir Familie sind." Gleichwohl machte er deutlich, dass er das Gesetzesvorhaben weiter vorantreiben will. Die Protestbewegung wies Netanyahus Äußerungen umgehend zurück. "Wir haben heute Abend einen Diktator-im-Werden gesehen, der, anstatt den legalen Coup zu stoppen, die feindliche Übernahme des Obersten Gerichts fortsetzt", hieß es in einer Erklärung. Lapid: Kein Interesse an einem Dialog Oppositionsführer Jair Lapid sagte, Netanyahu habe deutlich gemacht, dass er nicht die Absicht habe, "einen wirklichen Dialog zu führen". Der Oppositionspolitiker Avigdor Lieberman kündigte an, vor dem Höchsten Gericht dagegen vorzugehen. Die frühere Außenministerin Zipi Livni sagte: "Entweder wird Israel ein jüdischer, demokratischer und fortschrittlicher Staat sein oder ein religiöser, totalitärer, scheiternder, isolierter und abgeschotteter Staat." Das verabschiedete Gesetz legt fest, dass ein israelischer Ministerpräsident nur aus gesundheitlichen oder mentalen Gründen als regierungsunfähig eingestuft werden kann. Gleichzeitig kann nur der Amtsinhaber oder seine Regierung diese Entscheidung treffen. Ein Korruptionsverdacht oder ein Interessenkonflikt reichen als Gründe für einen solchen Schritt nicht aus. Kritiker sagen, das Gesetz sei auf Netanyahu zugeschnitten, fördere die Korruption und vertiefe die Kluft zwischen den Israelis im Streit um die Justizreform. Kluft zwischen säkularen und religiösen Israelis Zuvor waren Forderungen an den Generalstaatsanwalt des Landes lauter geworden, den Ministerpräsidenten wegen seiner rechtlichen Probleme für regierungsunfähig zu erklären. Der Generalstaatsanwalt hat Netanyahu bereits von der Mitwirkung an der Justizreform ausgeschlossen, weil er aufgrund seines Korruptionsverfahrens in einen Interessenkonflikt geraten könnte. Netanyahu steht wegen Betrugs, Untreue und Annahme von Bestechungsgeldern in einer Reihe von Skandalen vor Gericht, in die reiche Partner und mächtige Medienmogule verwickelt sind. Er bestreitet ein Fehlverhalten und weist Vorwürfe zurück, er wolle durch die von seiner Regierung vorangetriebene Rechtsreform einen Prozess umgehen. Die Krise hat die seit langem bestehende Kluft zwischen säkularen und religiösen Israelis in der Frage verschärft, welche Rolle die Religion in ihrem Alltag spielen soll. Die Regierung lehnte Anfang des Monats einen Kompromissvorschlag zur Entschärfung der Krise ab. Sie kündigte an, sie werde die meisten Abstimmungen auf die Zeit nach der einmonatigen Parlamentspause im April verschieben. Den Kern der Reform treibt die Regierung jedoch voran: die eigene Kontrolle über die Ernennung von Richtern. | /ausland/asien/israel-regierungschef-absetzung-verfahren-103.html |
2023-03-23 | US-Börsen machen Boden gut | Zinsängste flauen ab | Die US-Anleger haben sich nach dem gestrigen Zinsschock unter Führung der Tech-Aktien wieder etwas vorgewagt. Dabei half insbesondere die Hoffnung, dass der Zinsgipfel bald erreicht sein sollte.
mehr | Die US-Anleger haben sich nach dem gestrigen Zinsschock unter Führung der Tech-Aktien wieder etwas vorgewagt. Dabei half insbesondere die Hoffnung, dass der Zinsgipfel bald erreicht sein sollte. So schnell kann es gehen an der Börse. Nachdem die US-Anleger gestern sehr negativ auf den Zinsentscheid der Notenbank Federal Reserve (Fed) reagiert hatten, ging es heute wieder bergauf an der New Yorker Börse. Die großen Indizes konnten ihre Höchststände allerdings nicht behaupten und schlossen unter Tageshoch. Getragen wurde der Aufschwung primär von der Hoffnung, dass der Zinsgipfel bald erreicht sein dürfte. Die US-Währungshüter strichen eine Passage aus ihrem Text, wonach weitere Zinserhöhungen angemessen sein dürften. Stattdessen spricht die Fed jetzt davon, dass noch "eine gewisse zusätzliche geldpolitische Straffung" angebracht sein könnte. "Die Anleger gehen davon aus, dass sie nur noch eine weitere Zinserhöhung vor sich haben", sagte Robert Pavlik, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Dakota Wealth. Hoffnungen auf eine Zinssenkung seien allerdings vom Tisch. Nasdaq profitiert besonders Am Markt schob diese Aussicht vor allem die hochbewerteten und zinssensitiven Techwerte an. Auch in Europa hatte die Branche heute schon besser als der Gesamtmarkt abgeschnitten. Sorgen bleiben allerdings bei den US-Regionalbanken, die anfängliche Gewinne nicht halten konnten. Der Bankensektor geriet unter Druck, nachdem US-Finanzministerin Janet Yellen gestern die Anleger mit der Bemerkung aufschreckte, dass es keine Diskussion über die Versicherung aller Bankeinlagen gegeben habe. An der Nasdaq stieg der Nasdaq-Composite-Index indes um 1,0 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 1,3 Prozent. Der Dow-Jones-Index, Leitindex der Standardwerte, konnte da nicht mithalten und rückte um 0,2 Prozent auf 32.105 Zähler vor. Er machte damit nur einen kleinen Teil seiner gestrigen Verluste wieder wett und stand zwischenzeitlich auch im Minus. Tagessieger im Dow war Intel, am Ende standen die Papiere des Versicherers Travelers. Der marktbreite S&P-500-Index legte 0,3 Prozent zu auf 3948 Punkte. Coinbase brechen ein Aktien der Krypto-Börse Coinbase brachen um 14 Prozent ein. Die US-Börsenaufsicht (SEC) drohte damit, Coinbase wegen einiger Produkte zu verklagen. Die SEC hatte schon gestern den TRON-Gründer Justin Sun und eine Handvoll weiterer prominenter Krypto-Manager wegen illegaler Verbreitung von Wertpapieren und Manipulation des Marktes angeklagt. US-Arbeitsmarkt bleibt robust Sogar weiter sehr robuste Daten vom Arbeitsmarkt wurden heute am Markt ignoriert. Denn in den USA ist die Zahl der wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe überraschend weiter gefallen. In der vergangenen Woche gingen sie um 1000 auf 191.000 zurück, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. An den Finanzmärkten war hingegen ein Anstieg der Hilfsanträge auf 197.000 erwartet worden. Bei Werten unter der Marke von 200.000 sprechen Experten von einem niedrigen Niveau an Hilfsanträgen. Wer auf baldige Zinssenkungen spekuliert, dürfte es bei diesen Daten trotz der heute guten Stimmung weiter schwer haben. Denn obwohl die US-Notenbank Fed seit Monaten versucht, die hohe Inflation mit Zinserhöhungen in den Griff zu bekommen, bleibt die Lage auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt robust. DAX berappelt sich im Sog der Wall Street Nach zunächst deutlicheren Verlusten hat sich der DAX im Verlauf noch gefangen. Der deutsche Leitindex folgte dabei der Wall Street nach oben, an der Zinsängste heute in den Hintergrund traten. Die Weltleitbörse glich unter der Führung der Technologieaktien ihre gestrigen Kursverluste aus, die nach dem Zinsentscheid der US-Notenbank Federal Reserve vom Vorabend zunächst für Ernüchterung gesorgt hatten. Der DAX schloss am Ende bei 15.210 Punkten, ein Mini-Minus von 0,04 Prozent, nachdem er im Tagestief schon bis auf 15.078 abgesackt war. Der Index behauptete zudem die Marke von 15.000 Punkten. Thema des Tages waren die geldpolitischen Beschlüsse gleich mehrerer Notenbanken und deren Folgen. Die US-Notenbank Fed setzte schon am Mittwoch den Schlüsselsatz für die Zinsen wie erwartet um einen Viertel Prozentpunkt auf die neue Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent. Notenbanken im Fokus Neben der Fed erhöhte heute auch die Schweizer Nationalbank SNB den Zins um 50 Basispunkte. Zudem signalisierten die Währungshüter um SNB-Präsident Thomas Jordan eine weitere geldpolitische Straffung. "Es ist nicht auszuschließen, dass zusätzliche Zinserhöhungen nötig sein werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten", erklärte die Zentralbank. Wie erwartet hob auch die Bank of England den Leitzins um 25 Basispunkte auf nunmehr 4,25 Prozent an. es war die elfte Zinserhöhung in Folge. Die Notenbank hält sich zudem mit Blick auf den Preisauftrieb die Tür für weitere Zinsschritte offen. Auch in Norwegen erhöhte die Notenbank die Zinsen um 25 Basispunkte. Die Schritte waren im Vorfeld zwar so erwartet worden, von einigen Investoren erhoffte positive Überraschungen blieben aber aus. EZB signalisiert weiter eine straffe Geldpolitik Die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor werden Österreichs EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann zufolge kaum Einfluss auf die nächste Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank haben. Die Inflation hat zuletzt zwar geringfügig nachgelassen. Im Februar fiel sie auf 8,5 Prozent nach 8,6 Prozent im Januar. Das Ziel der EZB einer Teuerungsrate von zwei Prozent liegt damit jedoch immer noch weit entfernt. Die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert sind, stieg sogar auf 5,6 Prozent im Februar von 5,3 Prozent im Januar. Auch vor diesem Hintergrund hat die EZB laut dem niederländischen Notenbankchef Klaas Knot mit ihren Zinsanhebungen im Kampf gegen die Inflation das Ende der Fahnenstange voraussichtlich noch nicht erreicht. Euro knapp unter 1,09 Dollar Spekulationen über einen weniger aggressiven Zinserhöhungskurs in den USA in den kommenden Monaten machten unterdessen dem Dollar zu schaffen. Der Euro profitierte davon, gab anfänglich stärkere Gewinne aber wieder ab und wurde zuletzt gegen den Greenback im US-Handel bei 1,0896 rund 0,1 Prozent schwächer gehandelt. Er bleibt aber wegen der gesunkenen Zinserwartungen für den Dollar auf erhöhtem Niveau. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs in Frankfurt auf 1,0879 (Mittwoch: 1,0785) Dollar festgesetzt. Goldpreis zieht weiter an Richtung 2000 Dollar Der zweite große Gewinner des Fed-Entscheids war das Gold. Das gelbe Edelmetall profitierte von dem gesunkenen Dollar, wird es dadurch doch für Käufer aus dem Nicht-Dollar-Raum billiger. Das stärkt die Nachfrage, was sich wiederum in einem steigenden Goldpreis widerspiegelt: Die Feinunze Gold kostete am Abend 1997 Dollar und damit rund 1,4 Prozent mehr als vor dem Fed-Entscheid. Am Montag hatte der Goldpreis im Zuge der frühen Börsenpanik noch bis auf 2009 Dollar zulegen und damit den höchsten Stand seit elf Monaten markiert. Bank-Aktien im Fokus - Citigroup stuft den Sektor zurück Einmal mehr standen hierzulande die Bankaktien im Fokus. Anders als an der Wall Street blieben die heimischen Investoren aber skeptisch. Papiere der Commerzbank und der deutschen Bank standen am Indexende. Die Aktien der Commerzbank hielten mit einem Kursverlust von 4,1 Prozent die rote Laterne im DAX, die Titel der Deutschen Bank fielen um 3,1 Prozent. Die Analysten der Citigroup stuften derweil den europäischen Bankensektor auf "Neutral" von "Overweight" herunter. Die Fundamentaldaten für die Institute sähen zwar gesund aus. "Aber die anhaltende Vertrauenskrise könnte die Risikobereitschaft der Banken einschränken und den Kreditfluss verringern", sagten die Aktienstrategen. Nicht nur die zahlreichen Zinserhöhungen der globalen Notenbanken lassen Anleger derzeit vor Bank-Aktien zurückschrecken - auch die Aussage von US-Finanzministerin Janet Yellen, dass es im Zinsausschuss keine Diskussion über die Versicherung aller Bankeinlagen gegeben habe, gibt den Anlegern Anlass zur Sorge. Kritik an Verbindungen Deutscher Telekom mit Huawei Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat sich besorgt über die Verbindungen zwischen der Deutschen Telekom und dem chinesischen Telekom-Ausrüster Huawei gezeigt. "Das klingt nicht gut", sagte die SPD-Politikerin dem "Handelsblatt" während eines US-Besuches. Das "Handelsblatt" berichtete, die deutschen Verbindungen stießen auch bei US-Politikern auf Unverständnis. Die T-Aktie reagierte jedoch kaum. Niederlage für Deutsche Börse im Streit um Iran-Milliarden Die Deutsche Börse muss im milliardenschweren Rechtsstreit um Gelder aus dem Iran in den USA eine Niederlage hinnehmen. Auf Grundlage der rechtlichen Bewertung ergebe sich aus der Entscheidung durch ein US-Gericht keine wesentliche Änderung der Risikosituation, die die Bildung einer Rückstellung erfordern würde, teilte der DAX-Konzern in Frankfurt mit. Porsche SE will Schuldenberg etwas abbauen Die VW-Dachgesellschaft Porsche SE (PSE) will ihren durch den Porsche-Börsengang angehäuften Schuldenberg im Jahresverlauf leicht abbauen. Lag die Nettoverschuldung Ende 2022 noch bei 6,7 Milliarden Euro, erwartet die Holding zum Abschluss des laufenden Jahres ein Minus von 6,1 bis 5,6 Milliarden Euro. Ende 2021 hatte der DAX-Konzern noch 641 Millionen Euro in der Kasse. Porsche-Mitarbeiter erhalten bis zu 9050 Euro zusätzlich Porsche-Mitarbeiter profitieren mit bis zu 9050 Euro Prämie von den starken Geschäftszahlen des Sport- und Geländewagenbauers. Der Bonus für 2022 liegt damit deutlich über den 7900 Euro des Vorjahres, wie eine Sprecherin gestern mitteilte. Das Geld solle mit dem April-Gehalt an insgesamt 27.000 Beschäftigte an deutschen Standorten der Porsche AG sowie von Tochtergesellschaften ausbezahlt werden. Heidelberg Materials erhöht Dividende Der Baustoffkonzern Heidelberg Materials will nach einem Milliardengewinn mehr an seine Aktionäre ausschütten. Für das Jahr 2022 soll eine Dividende von 2,60 Euro je Aktie gezahlt werden, wie der DAX-Konzern in seinem Geschäftsbericht mitteilte. Das sind 20 Cent mehr als im Vorjahr. Analysten hatten etwas weniger auf ihren Zetteln. Das Gewinnziel für das laufende Jahr bestätigte das Management. HelloFresh macht Konsumflaute zu schaffen Der Kochboxenversender Hellofresh aus dem MDAX rechnet wegen der Konsumflaute und zunehmenden Kostendrucks mit einem schwachen Auftaktquartal. Das Wachstum der Monate Januar bis März werde nicht zweistellig ausfallen, sagte Konzernchef Dominik Richter heute auf einer Investorenveranstaltung in Berlin. Im vierten Quartal des vergangenen Jahres lag das Umsatzwachstum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum noch bei fast einem Fünftel. Mittelfristig baut der Manager bei seinen Wachstumsambitionen vor allem auf den verstärkten Vertrieb verzehrfertiger Mahlzeiten (Ready-To-Eat), neue Marken und die Expansion. Zudem soll der Durchschnittswarenwert durch erweiterte Bestelloptionen, gesteigert werden, etwa durch den Austausch oder die Aufwertung von Fleischprodukten sowie durch Zusatzprodukte wie Snacks, Nachspeisen oder Getränke. CTS Eventim sorgt mit Ausblick für Enttäuschung Die Aktie von CTS Eventim steht unter Druck. Im Zuge der detaillierten Jahreszahlen, die der Eventvermarkter vorlegte, lag der Fokus vor allem auf dem Ausblick - und diesen werteten Marktteilnehmer in ersten Einschätzungen als "etwas enttäuschend". CTS Eventim rechnet 2023 mit einer stabilen Umsatz- und Gewinnentwicklung. Am Markt war aber Händlern zufolge jeweils ein kleiner Anstieg erwartet worden. Nemetschek an der MDAX-Spitze Der Bausoftwareanbieter Nemetschek hat die Anleger wegen des in der Branche inzwischen üblichen Abomodells von Software über das Internet auf ein Übergangsjahr eingestellt. Nach einem schwächeren Wachstum bei sinkender Profitabilität soll der Umsatz ab 2024 wieder zweistellig zulegen und auch die Marge wieder anziehen. An der Börse werden die Prognosen mit Erleichterung aufgenommen. Die im MDAX notierte Aktie legt um bis zu knapp 15 Prozent auf 60,72 Euro und damit den höchsten Stand seit September 2022 zu. Die Aktie hatte im vergangenen Jahr fast 60 Prozent verloren und damit einen Lauf von zehn Jahren in Folge mit einem Kursgewinn beendet. Sanofi-Blockbuster Duxipent punktet gegen Raucherlunge Der französische Pharmakonzern Sanofi kann auf zusätzliche Milliardeneinnahmen mit seinem Blockbuster-Medikament Duxipent hoffen. Das Mittel, das bereits bei Neurodermitis und Asthma zugelassen ist, erreichte in einer Phase-III-Studie zur Behandlung von Raucherlunge alle Zielvorgaben. Duxipent könnte damit Sanofi zufolge das erste biotechnologisch hergestellte Medikament zur Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) werden. Vodafone macht Kasse - Vantage Towers-Übernahme steht Vodafone hat seine Anteile an der Funkturmtochter Vantage Towers an die neue Oak Holdings übertragen und dafür einen Milliardenerlös eingefahren. Vodafone erhalte 4,9 Milliarden Euro und halte nun 64 Prozent an der Dachgesellschaft Oak Holdings, teilte der Telekommunikationskonzern heute in London mit. Der Nettoerlös kann bis Ende Juni noch auf bis zu 6,6 Milliarden Euro steigen, sofern sich das an Oak Holdings beteiligte Konsortium aus Global Infrastructure Partners und KKR entschließt, seine Beteiligung auf 50 Prozent zu erhöhen. Die Papiere von Vodafone und Vantage Towers legten nach Bekanntwerden der Nachricht moderat zu. Oak Holdings will die im MDAX gelisteten Vantage Towers rund zwei Jahre nach der Erstnotiz wieder von der Börse nehmen. Aktionäre sollen 32 Euro je Aktie erhalten. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/dax-dow-gold-fed-zinsen-bankenkrise-porsche-telekom-101.html |
2023-03-23 | ++ EU will Druck auf Russland erhöhen ++ | Krieg gegen die Ukraine | Die EU-Staaten haben der Ukraine versprochen, härter gegen Russland vorzugehen - dies schließe auch mögliche weitere Sanktionen ein. Die Slowakei hat der Ukraine nach eigenen Angaben vier MiG-29-Jets übergeben. Alle Entwicklungen im Liveblog.
mehr | Die EU-Staaten haben der Ukraine versprochen, härter gegen Russland vorzugehen - dies schließe auch mögliche weitere Sanktionen ein. Die Slowakei hat der Ukraine nach eigenen Angaben vier MiG-29-Jets übergeben. Alle Entwicklungen im Liveblog. Scholz: Ukraine wird so lange wie nötig unterstütztSlowakei übergibt Ukraine die ersten MiG-29-KampfjetsUkrainischer Befehlshaber kündigt Offensive bei Bachmut anStoltenberg: Waffenlieferungen an die Ukraine noch lange nötigIAEA: Lage am ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja "prekär" Selenskyj fordert beim EU-Gipfel moderne Kampfjets Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten zur Lieferung moderner Kampfjets an sein Land aufgefordert. Er sei Polen und der Slowakei dankbar für die Entscheidung, Kampfjets des sowjetischen Typs MiG-29 bereitzustellen, sagte Selenskyj am Donnerstag bei einem EU-Gipfel, zu dem er per Video zugeschaltet war. "Dies wird die Verteidigung unseres Luftraums erheblich stärken. Aber wir brauchen moderne Flugzeuge." An Kanzler Olaf Scholz und dessen Kollegen gerichtet fragte Selenskyj nun, ob es einen rationalen Grund für die Verzögerung bei der Bereitstellung moderner Flugzeuge gebe. Dabei verwies er auf die russischen Drohungen vor der Lieferung des deutschen Leopard-Kampfpanzers aus der EU. "Und was hat Russland daraufhin getan? Wir alle müssen uns daran gewöhnen, dass ein terroristischer Staat öfter blufft, als dass er eskalieren kann", sagte Selenskyj nach Angaben der Regierung in Kiew. Ukraine widerruft Mitteilung über russische Aufgabe von Nowa Kachowka Der Generalstab der ukrainischen Armee hat eine Mitteilung zurückgezogen, nach der russische Truppen aus Nowa Kachowka abgezogen sein sollen. Eine weitere Erklärung wird es dazu zunächst nicht geben, hieß es. Kiew: Russen starten Säuberungsaktion im Gebiet Cherson Russische Truppen und Sicherheitsdienste haben nach Erkenntnissen des ukrainischen Generalstabs mit sogenannten Säuberungsaktionen unter der Bevölkerung des von ihnen kontrollierten Dnipro-Ufers in der südukrainischen Region Cherson begonnen. Dort habe in verschiedenen Siedlungen die Suche nach Bürgern mit pro-ukrainischer Einstellung, Militärrentnern und Mitarbeitern ukrainischer Strafverfolgungsbehörden eingesetzt, teilte der Generalstab in Kiew in seinem Lagebericht mit. Leichtathletik-Weltverband: Russen weiter nicht dabei Leichtathletinnen und Leichtathleten aus Russland sowie aus Belarus dürfen wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine weiterhin nicht an internationalen Wettkämpfen teilnehmen. Das entschied das Council von World Athletics (WA). Die Suspendierung des nationalen russischen Verbandes Rusaf wegen flächendeckenden und staatlich-unterstützten Dopings wurde aber nach mehr als sieben Jahren aufgehoben. Wegen der russischen Invasion verhängte die WA eine separate Sperre. Diese Entscheidung folgte auf den Beschluss des Europäischen Leichtathletik-Verbandes von vergangener Woche, wonach russische und belarussische Athleten bis zum Ende des Krieges kein Teilnahmerecht haben. Ukraine: Russische Truppen verlassen Nowa Kachowka in Region Cherson Die russischen Truppen sind nach ukrainischen Angaben aus Nowa Kachowka im Süden der Ukraine abgerückt. "Am 22. März 2023 haben alle Einheiten der Besatzungsarmee, die in Nowa Kachowka in der Region Cherson stationiert waren, die Stadt verlassen", teilte der Generalstab der ukrainischen Armee in seinem abendlichen Bericht über die Lage an der Front mit. Beim Abmarsch hätten russische Soldaten Geräte, Wertsachen, Kleidung und Mobiltelefone aus nahe gelegenen Häusern gestohlen. Die Stadt Nowa Kachowka liegt am Ostufer des Dnipro. Dorthin hatten sich russische Truppen im November zurückgezogen, nachdem sie wegen der ukrainischen Gegenoffensive Stellungen am Westufer des Flusses aufgegeben hatten. EU will Druck auf Russland erhöhen Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten haben der Ukraine versprochen, härter gegen Russland vorzugehen. Die Europäische Union sei entschlossen, den kollektiven Druck auf Russland zu erhöhen, hieß es in einer beim EU-Gipfel verabschiedeten Erklärung. Dies schließe auch mögliche weitere Sanktionen und Arbeiten an der bereits existierenden Preisobergrenze für russische Erdölerzeugnisse ein. Zuletzt hatten unter anderem Länder wie Polen und Litauen eine Absenkung der Preisobergrenze gefordert, um Russlands Einnahmen aus Ölexporten noch weiter zu beschneiden. Zugleich sagten Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Kollegen der Ukraine auch weitere politische, wirtschaftliche, militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe zu - solange dies nötig ist. Geplant wird zum Beispiel, in den kommenden zwölf Monaten eine Million neue Artilleriegeschosse zu liefern. Ungarn würde Putin auf seinem Gebiet nicht festnehmen Ungarn würde den mit einem Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) belegten russischen Präsidenten Wladimir Putin auf seinem Staatsgebiet nicht festnehmen. Das sagte der Stabschef von Ministerpräsident Viktor Orban, Gergely Gulyas, und erklärte dazu, der Haftbefehl sei in Ungarn nicht rechtlich bindend. Das Römische Statut des IStGH sei nicht formell in das ungarische Recht aufgenommen worden, da es "gegen die Verfassung verstoßen würde". Die Regierung in Budapest selbst wollte den Haftbefehl gegen Putin nicht kommentieren. Gulyas sagte, die Entscheidung sei "nicht die glücklichste", sondern ein Schritt "in Richtung Eskalation und nicht in Richtung Frieden". Am vergangenen Freitag hatte der IStGH wegen der mutmaßlichen Verschleppung tausender ukrainischer Kinder nach Russland im Ukraine-Krieg Haftbefehl gegen Putin und dessen Kinderrechtsbeauftragte, Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, erlassen. Einige Länder, darunter Russland, China und die USA, erkennen den IStGH nicht an. Schweden will Erklärung von Ungarn zu verzögerter Ratifizierung von NATO-Beitritt Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson will Ungarn um eine Erklärung bitten, weshalb das ungarische Parlament den finnischen NATO-Beitritt vor der Aufnahme Schwedens in das Bündnis genehmigen will. "Ich werde fragen, warum sie Schweden von Finnland trennen. Das sind Signale, die wir vorher nicht hatten", sagte er im schwedischen Rundfunk. "Ich werde das heute unbedingt mit (dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor) Orban ansprechen." Beide nehmen am EU-Gipfel in Brüssel teil. Orbans regierende rechtskonservative Fidesz-Partei hatte erklärt, das Parlament werde Finnlands NATO-Beitritt am kommenden Montag ratifizieren. Über die Aufnahme Schwedens in das Militärbündnis solle "später" entschieden werden. Fahrzeug von Estlands Außenminister fängt Feuer bei Kiew-Besuch Bei einer Fahrt durch die Innenstadt von Kiew hat das gepanzerte Fahrzeug von Estlands Außenminister Urmas Reinsalu plötzlich Feuer gefangen. In dem Auto saß auch der estnische Botschafter Kaimo Kuusk. "Ich saß dort mit Kaimo Kuusk auf dem Rücksitz, und auf einmal sagte Kaimo, dass irgendetwas rieche. Und dann brachen plötzlich hinter uns Flammen aus", berichtete Reinsalu auf der Regierungspressekonferenz in Tallinn. Nur mit Mühe habe das Personal von außen die Türen öffnen können, auch die Heckklappe sei blockiert gewesen. "Zum Glück gingen die hinteren Türen schließlich auf, denn das Auto hätte sich in wenigen Sekunden in eine Gaskammer verwandelt", sagte der estnische Außenminister. Verletzt wurde bei dem Vorfall am Dienstagabend in Kiew niemand. Zur möglichen Ursache des Brandes machte Reinsalu keine Angaben. Finnischer Präsident unterzeichnet NATO-Gesetze Finnlands Präsident Sauli Niinistö hat die Gesetze unterzeichnet, die den Weg zur NATO-Mitgliedschaft seines Landes zumindest von finnischer Seite aus frei machen. Das Parlament hatte Anfang März mit großer Mehrheit für den Vorschlag der Regierung zu der Gesetzgebung gestimmt, die für den Beitritt des Landes in das westliche Verteidigungsbündnis nötig ist. Niinistö hatte nach der Abstimmung angekündigt, das Ganze noch vor der finnischen Parlamentswahl am 2. April absegnen zu wollen. Finnland muss aber weiter auf die Ratifizierung seines Mitgliedsantrags durch die Türkei und Ungarn warten. Alle anderen 28 Nato-Mitglieder haben dem Beitritt bereits zugestimmt. Ungarn will den finnischen Beitritt am 27. März ratifizieren. Auch die Türkei hat angekündigt, bald darüber abstimmen zu wollen. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hatte das nordische Land im vergangenen Mai gemeinsam mit Schweden die Aufnahme in das Verteidigungsbündnis beantragt. Die beiden Länder hatten lange gehofft, der NATO zeitgleich beitreten zu können. Weil die Türkei einen Beitritt Schwedens aber bislang blockiert, könnte Finnland allein vorangehen. EU-Kommission: Mehr als 2000 Ukrainer auf Europas Kliniken verteilt Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor über einem Jahr sind mehr als 2000 ukrainische Patienten in europäische Krankenhäuser gebracht worden. Die Verletzten und Kranken werden im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens auf Kliniken in 20 europäischen Länder verteilt, wie die EU-Kommission mitteilte. "Ich bin dankbar für die EU-weite Solidarität bei der Aufnahme dieser schutzbedürftigen Patienten in Not", sagte der für das Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic. Dadurch werde der enorme Druck auf das ukrainische Gesundheitssystem verringert. Die polnische Stadt Rzeszow nahe der Grenze zur Ukraine dient nach Angaben der Kommission bei der Verteilung der Kranken und Verletzten als Drehkreuz. Dort erhielten die ukrainischen Patienten rund um die Uhr Krankenpflege bevor sie weiter in Krankenhäuser in ganz Europa gebracht würden. Verteidigungsministerium: Slowakei hat erste Jets geliefert Die Slowakei hat nach eigenen Angaben die ersten vier zugesagten MiG-29-Jets an die Ukraine übergeben. Die restlichen Flugzeuge sollen in den kommenden Wochen ausgeliefert werden, teilte das slowakische Verteidigungsministerium mit. Die ersten MiGs seien an die ukrainischen Streitkräfte übergeben worden, erklärte Verteidigungsminister Verteidigungsminister Jaroslav Nad auf Facebook und auf Twitter. Die Slowakei hat sich vergangene Woche dem NATO-Mitglied Polen angeschlossen, das ebenfalls Kampfflugzeuge an die Ukraine übergeben will. Insgesamt plant die Slowakei die Lieferung von 13 Kampfjets aus sowjetischer Fertigung. First 4 Slovak #MiG29s handed over to #Ukraine. May they save many #lives and help Ukraine defend its land and infrastructure against Putin's aggression! Our support will continue as long as needed. @oleksiireznikov @Slovakia_NATO @DefenceU @NATO @ZelenskyyUa #WeAreNATO https://t.co/IvPb2jJ247 Ungarn: Würden Putin trotz IStGH-Haftbefehl nicht festnehmen Ungarn will den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin einem führenden Regierungsvertreter zufolge ignorieren. Putin würde nicht verhaftet, wenn er nach Ungarn käme, sagte der Stabschef von Ministerpräsident Viktor Orban, Gergely Gulyas. Es gäbe für eine Vollstreckung des Haftbefehls keine rechtliche Grundlage in Ungarn. Ungarn hat zwar das Römische Statut als vertragliche Grundlage des Internationalen IStGH unterzeichnet und ratifiziert. Es sei aber nicht in das ungarische Rechtssystem integriert worden, sagte Gulyas. Auf Basis des ungarischen Rechts könne Putin nicht verhaftet werden. Selenskyj reiste aus dem Osten nach Cherson Nach einem Besuch in den ostukrainischen Gebieten Donezk und Charkiw ist Präsident Wolodymyr Selenskyj in das ebenso frontnahe südukrainische Gebiet Cherson gereist. Veröffentlichten Videos zufolge besuchte er das von den Kämpfen mit russischen Truppen in Mitleidenschaft gezogene Dorf Possad-Pokrowske. "Ich denke, dass wir das sehr schnell bei Ihnen wiederaufbauen werden", sagte Selenskyj vor Einwohnern. Ebenso besichtigte er ein durch Beschuss beschädigtes Umspannwerk und ließ sich die Reparaturarbeiten erläutern. Begleitet wurde der Staatschef von Vizeregierungschef Olexander Kubrakow, Energieminister Herman Haluschtschenko und dem Chef des Stromnetzbetreibers Ukrenerho, Wolodymyr Kudryzkyj. Scholz: Ukraine wird so lange wie nötig unterstützt Zum Auftakt des EU-Gipfels hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Geschlossenheit der Europäischen Union bei der Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer beschworen. "Das ist etwas, das (der russische Präsident Wladimir) Putin niemals im Blick hatte, dass die Unterstützung für die Ukraine so geschlossen funktioniert und auch so lange", sagte Scholz. "Und wir sind auch vorbereitet darauf, die Ukraine so lange zu unterstützen, wie das tatsächlich notwendig sein wird." Dänemark wird der Europäischen Verteidigungsagentur beitreten Das dänische Parlament hat heute für einen Beitritt des Landes zur Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) gestimmt. Außerdem will Dänemark künftig an der Kooperationsplattform Pesco teilnehmen, über die gemeinsame Militärprojekte von EU-Staaten organisiert werden. Der 2004 gegründeten EDA mit Sitz in Brüssel gehören alle EU-Staaten außer Dänemark an. Sie ist Koordinierungsstelle für die Verteidigungszusammenarbeit in Europa und unterstützt gemeinsame Verteidigungsprojekte sowie die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung ihrer militärischen Ressourcen. Deutschland und 17 weitere Staaten hatten am Montag eine Vereinbarung zur gemeinsamen Beschaffung von Munition über die EDA unterzeichnet. Über ein Schnellverfahren sollen zwei Jahre lang Artilleriegeschosse im Kaliber 155 mm unter anderem für die Ukraine gekauft werden. Unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hatte Dänemark im Juni 2022 per Volksabstimmung eine seit Jahrzehnten bestehende Sonderregel abgeschafft, nach der das Land bei der EU-Verteidigungszusammenarbeit außen vor war. 4,3 Millionen Ukrainer suchten 2022 Schutz in der EU Die Zahl der Asylanträge in der EU ist das zweite Jahr in Folge deutlich gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden in den 27 Mitgliedstaaten 881.200 Erstanträge gestellt, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat in Luxemburg mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies ein Plus von 64 Prozent. EU-Staaten haben im vergangenen Jahr zusätzlich mehr als 4,3 Millionen Menschen aus der Ukraine Schutz vor dem russischen Angriffskrieg geboten. Flüchtlinge aus der Ukraine müssen keinen Asylantrag stellen. Wie in jedem Jahr seit 2013 kamen die meisten Asylsuchenden in Europa aus dem Bürgerkriegsland Syrien, insgesamt fast 132.000. Dies entsprach 15 Prozent aller Erstanträge. Es folgen Afghanistan (13 Prozent) sowie Venezuela und die Türkei (jeweils fast sechs Prozent). Luxemburgs Ministerpräsident fordert Friedensplan von Biden und Xi Der luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel hat den amerikanischen Präsidenten Joe Biden aufgefordert, mit Chinas Präsidenten Xi Jinping einen Friedensplan zur Ukraine auszuhandeln. Das würden die anderen Staaten akzeptieren, sagt er vor dem EU-Gipfel in Brüssel. Er wisse aber, dass er als Regierungschef des kleinen Luxemburg wenig Einfluss auf die Präsidenten habe. Estland Ministerpräsidentin fordert Senkung des Ölpreisdeckels Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas hat die G7-Staaten aufgefordert, die Höhe des Preisdeckels für russisches Öl zu senken. "Wir wissen, dass Russland bereits 42 Prozent weniger verdient hat an Ölverkäufen", sagt sie vor Beginn des EU-Gipfels. Das reduziere die Möglichkeit Russlands, den Krieg gegen die Ukraine zu führen. Sie verstehe, dass einige Länder aus der Gruppe der sieben führenden westlichen Wirtschaftsnationen die Sorge hätten, dass ein abgesenkter Preis nicht wieder angehoben werden könne. Das sei aber nicht der Fall. Die EU hatte sich im Februar auf eine Preisobergrenze von 100 Dollar je Barrel auf hochwertige Ölprodukte wie Diesel aus Russland und von 45 Dollar je Barrel auf günstigere Produkte wie Heizöl geeinigt. Spaniens Ministerpräsident hofft auf China als Vermittler Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez will Ende des Monats bei einem Besuch in Peking die Chancen auf eine Vermittlung Chinas im Krieg in der Ukraine ausloten. Das kündigte Präsidentschaftsminister Félix Bolaños im Fernsehsender RTVE an. Peking könne bei der Vermittlung zwischen Kiew und Moskau eine "sehr wichtige Rolle spielen". Bolaños fügte hinzu: "Dieser Konflikt muss unbedingt beendet werden, und Russland muss anerkennen, dass es sich um eine völlig ungerechtfertigte Aggression handelt." China hatte zum russischen Krieg gegen die Ukraine ein Positionspapier veröffentlicht, das im Westen auf Enttäuschung stieß. Staats- und Parteichef Xi Jinping war zu Beginn dieser Woche zu Besuch in Moskau und unterzeichnete dabei auch ein Abkommen über strategische Zusammenarbeit. Über Kontakte zur Führung in Kiew wurde nichts bekannt. Sánchez hält sich am 30. und 31. März in Peking auf. Russland will dieses Jahr 1500 Panzer produzieren Russland will in diesem Jahr 1500 Panzer für den Krieg gegen die Ukraine produzieren. "Der militärisch-industrielle Komplex ist heißgelaufen", sagte der Vizechef des Nationalen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedjew, in einem heute veröffentlichten Interview. Die Mehrheit der Rüstungsbetriebe arbeite im Dreischichtensystem. Der Westen versuche zwar, Russland von wichtigen Bauteilen abzuschneiden und behaupte, dem Land gingen die Artilleriegeschosse, Panzer und Raketen aus. "Dabei stellen wir allein 1500 Panzer in diesem Jahr her", sagte der Ex-Präsident. Noch im Februar hatte Medwedjew, der im Sicherheitsrat auch für die Rüstungsindustrie zuständig ist, beim Besuch einer Fabrik von Bau und Modernisierung Tausender Panzer gesprochen. Experten bezweifeln, dass sein Land solche Mengen herstellen kann. Medwedjew sagte nun auch, dass Russland zwar eigene Drohnen produziere. Es fehle bislang aber an großen Kampfdrohnen, für die es bald eine eigene Produktion geben werde. Ukrainischer Befehlshaber kündigt Offensive bei Bachmut an Die Ukraine bereitet nach eigenen Angaben nahe der seit Monaten heftig umkämpften Stadt Bachmut im Osten des Landes einen Gegenangriff auf die russischen Streitkräfte vor. Die russischen Truppen verlören deutlich an Kraft und seien erschöpft, erklärte der Befehlshaber der ukrainischen Bodentruppen, Oleksandr Syrskyj, heute im Onlinedienst Telegram. "Wir werden diese Gelegenheit sehr bald nutzen, so wie wir es bei Kiew, Charkiw, Balaklija und Kupjansk getan haben". Russland wolle Bachmut um jeden Preis einnehmen und scheue weder Verluste an Menschen noch an Material, sagte Syrskyj weiter. Die Ankündigung erfolgte einen Tag nach einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an der Front bei Bachmut. Der gestrige Besuch war aus Sicherheitsgründen ohne öffentliche Vorankündigung erfolgt. Selenskyj hatte dort unter anderem bei den Kämpfen verletzte Soldaten besucht und den Soldaten für ihren Einsatz gedankt. Später besuchter er auch Charkiw im Nordosten. London: Russland drängt ukrainische Truppen nahe Kreminna zurück Im Osten der Ukraine haben russische Truppen bei schweren Kämpfen nahe der russisch besetzten Stadt Kreminna nach britischer Einschätzung die ukrainischen Truppen zurückgedrängt. "Russland hat teilweise die Kontrolle über die unmittelbaren Zugänge nach Kreminna zurückerlangt, die Anfang des Jahres einer unmittelbaren ukrainischen Bedrohung ausgesetzt war", berichtete das britische Verteidigungsministerium heute unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse. Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 23 March 2023.Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/Abxa9sU1iq🇺🇦 #StandWithUkraine 🇺🇦 https://t.co/XpuSn2ERQG "An einigen Stellen hat Russland Geländegewinne von mehreren Kilometern gemacht." Nun wollten die russischen Truppen vermutlich eine "Sicherheitszone" westlich ihrer vorbereiteten Verteidigungsstellungen errichten, hieß es weiter. Dabei würden sie vermutlich den Fluss Oskil als natürliches Hindernis einbeziehen und zudem versuchen, den Logistikknotenpunkt Kupjansk zurückzuerobern. Grundsätzlich verfolge Russland in der Ostukraine aber weiterhin einen defensiven Ansatz. "Kommandeure fürchten vermutlich, dass das einer der Frontabschnitte sein könnte, an dem die Ukraine eine Großoffensive versuchen könnte." Medwedjew: Festnahme Putins wäre Kriegserklärung Für Russlands früheren Präsidenten Dmitri Medwedjew wäre eine Festnahme von Wladimir Putin im Ausland infolge des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) eine Kriegserklärung an sein Land. Das sagte er in einem heute veröffentlichten Interview der staatlichen Nachrichtenagentur Tass: "Stellen wir uns vor (...) ein amtierender Präsident einer Atommacht kommt zum Beispiel nach Deutschland und wird verhaftet. Was ist das? Eine Kriegserklärung an die Russische Föderation", sagte Medwedjew, der zurzeit stellvertretender Vorsitzende des Sicherheitsrates der Russischen Föderation ist. Gegen den Kremlchef Putin besteht seit vergangener Woche ein internationaler Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine. Russland erkennt die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs aber nicht an. Die Aussage des deutschen Bundesjustizministers Marco Buschmann (FDP), Deutschland müsse das Urteil umsetzen und den russischen Staatschef festnehmen, sollte er deutsches Territorium betreten, kommentierte Medwedjew so: "Ist er sich überhaupt klar, dass dies ein Casus Belli, eine Kriegserklärung wäre? Oder hat er versäumt, seine Hausaufgaben zu machen?" Jedenfalls sei die ICC-Entscheidung negativ für die Beziehungen zum Westen, die jetzt schon schlechter seien als zu Beginn des Kalten Kriegs. IAEA: Lage am ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja "prekär" Die Lage am von Russland besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja ist nach Ansicht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) "prekär". Probleme bereite vor allem die Stromversorgung des Kraftwerks von außen, erklärte IAEA-Direktor Rafael Grossi. "Ich rufe erneut alle Seiten auf, die nukleare Sicherheit und den Schutz des Kraftwerks zu sichern." Russland hatte das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine kurz nach Beginn des Krieges im eingenommen und hält es seitdem besetzt. Seit Monaten beschuldigen sich Moskau und Kiew gegenseitig, für Angriffe um und auf das Atomkraftwerk verantwortlich zu sein. Diese haben bereits mehrmals zu einer Abkopplung des Kraftwerks vom ukrainischen Stromnetz gesorgt - dann müssen Notgeneratoren einspringen. Das größte AKW Europas liegt in der von Russland für annektiert erklärten Region Saporischschja nicht weit von der Front entfernt. Stoltenberg: Waffenlieferungen an die Ukraine noch lange nötig NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat den Westen darauf eingeschworen, die Ukraine noch lange mit Waffen für den Kampf gegen die russische Invasion ausrüsten zu müssen. Der russische Präsident Wladimir Putin habe keine unmittelbaren Pläne für einen Frieden in der Ukraine, sagte er der britischen Zeitung "Guardian". "Präsident Putin plant nicht für den Frieden, er plant für mehr Krieg." Deshalb müsse sich der Westen darauf einstellen, Kiew noch lange Zeit mit Waffen zu versorgen. Russland steigere für seinen "Zermürbungskrieg" die militärische Industrieproduktion und reiche "autoritären Regimen wie dem Iran oder Nordkorea" die Hand, um mehr Waffen zu bekommen, sagte Stoltenberg. Die heftigen Kämpfe um Bachmut in der Ostukraine zeigten, dass Russland bereit sei, "Tausende und Abertausende von Soldaten einzusetzen und für minimale Gewinne viele Opfer in Kauf zu nehmen". Infolgedessen müssten die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und andere westliche Staaten darauf vorbereitet sein, die Ukraine über einen langen Zeitraum mit Waffen, Munition und Ersatzteilen zu unterstützen. "Der Bedarf wird weiterhin bestehen, denn dies ist ein Zermürbungskrieg; es geht um die industrielle Kapazität, um die Unterstützung aufrechtzuerhalten." Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen | /newsticker/liveblog-ukraine-donnerstag-219.html |
2023-03-23 | Bahn stellt am Montag Fernverkehr ein | Wegen Warnstreiks | Wegen des Großstreiks wird am Montag der gesamte Fernverkehr und großteils auch der Regionalverkehr der Deutschen Bahn eingestellt. Massive Beeinträchtigungen wird es auch auf Flughäfen sowie im Straßen- und Schiffsverkehr geben.
mehr | Wegen des Großstreiks wird am Montag der gesamte Fernverkehr und großteils auch der Regionalverkehr der Deutschen Bahn eingestellt. Massive Beeinträchtigungen wird es auch auf Flughäfen sowie im Straßen- und Schiffsverkehr geben. Die Deutsche Bahn stellt am Montag wegen des angekündigten Großstreiks bundesweit den gesamten Fernverkehr ein. Das kündigte der Konzern an. Auch im Regionalverkehr werde "größtenteils kein Zug fahren", hieß es. "Bereits am Sonntagabend sind laut Aussagen der Gewerkschaft erste Auswirkungen durch streikende Mitarbeitende möglich." Der Warnstreik werde sich demnach auch am Dienstag noch auf den Bahnverkehr auswirken. Fahrgäste, die für Montag oder Dienstag eine Bahnreise gebucht haben, könnten das Ticket noch bis einschließlich zum 4. April flexibel nutzen, kündigte die Bahn an. Sitzplatzreservierungen könnten kostenlos storniert werden. Der Konzern versprach, so bald wie möglich ausführlicher über die Warnstreik-Auswirkungen zu informieren. Zuvor hatten die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und ver.di angekündigt, am Montag große Teile des öffentlichen Verkehrs lahmzulegen. Es werde "im gesamten Bundesgebiet zu starken Verzögerungen bis hin zum Erliegen der Verkehrsdienste in allen genannten Bereichen kommen", so die Gewerkschaften. Ver.di rief bundesweit 120.000 Beschäftigte zum Streik auf, die EVG 230.000 Beschäftigte bei Bus und Bahn. Auch Straßenverkehr und Schifffahrt betroffen Betroffen von der beispiellosen Warnstreik-Aktion sind der Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr der Deutschen Bahn sowie weitere Eisenbahn-Unternehmen. Ver.di ruft zudem zu Arbeitsniederlegungen an mehreren Flughäfen auf sowie im öffentlichen Nahverkehr in den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern. Auch die Autobahngesellschaft soll bestreikt werden, ebenso wie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Auf der Schiene sind neben der Deutschen Bahn laut EVG unter anderem die Bahn-Unternehmen Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, eurobahn sowie Die Länderbahn betroffen. "Der ganztägige Streik beginnt in der Regel in der Nacht vom 26. auf den 27. März um 00.00 Uhr und endet um 24.00 Uhr", teilten beide Gewerkschaften mit. Der EVG-Vorsitzende Martin Burkert empfahl Reisenden, schon am Sonntag möglichst frühzeitig ans Ziel zu kommen. Es könne "durchaus Schichten geben, die schon ab Sonntagabend in den Montag hineingehen", sagte er. Die Bahn hatte den Streik nach der Ankündigung als "grundlos und unnötig" kritisiert. Die EVG müsse sich ihrer Verantwortung stellen und "umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren", forderte Personalvorstand Martin Seiler. Die Bahn habe ein "verantwortungsvolles Angebot vorgelegt" und sei zu jeder Zeit gesprächsbereit. Der nächste reguläre Verhandlungstermin Ende April sei viel zu spät. Kein Betrieb an den Flughäfen Frankfurt und München Die beiden größten deutschen Flughäfen in Frankfurt und München kündigten wegen des Streiks bereits an, dass kein regulärer Passagier- und Frachtverkehr möglich sei. In Frankfurt gilt das für Montag, am Flughafen München sind Beschäftigte der Gepäckabfertigung und der Sicherheitsdienste bereits am Sonntag zu einem zweitägigen Streik aufgerufen. An diesen beiden Tagen werde der reguläre Betrieb eingestellt, teilte die Flughafengesellschaft mit. Passagiere, die an diesen Tagen eine Flugreise von oder nach München geplant haben, sollen sich mit ihrer Fluggesellschaft in Verbindung setzen. Nach Einschätzung des Flughafenverbands ADV wird der Streik Hunderttausende Flugreisende treffen. "Rund 380.000 Geschäfts- und Privatreisende werden ihren Flug nicht antreten können", hieß es vom Verband. Die Rede war von "Streikeskalation nach französischem Vorbild". Ein ganzes Land werde vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten. Druck für Verhandlungen erhöht Mit den Aktionen erhöht ver.di den Druck für die am Montag beginnende dritte Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde Ende Februar ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro. Ende Februar begannen zudem die Verhandlungen der EVG mit der Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen. Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche ein erstes Angebot der Bahn abgelehnt. Sie fordert mindestens 650 Euro mehr Lohn. Bei den höheren Entgelten strebt sie eine Steigerung um zwölf Prozent an bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten. Die Bahn hatte unter anderem angeboten, die Löhne der rund 180.000 betroffenen Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt fünf Prozent anzuheben sowie mehrere Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro in Aussicht gestellt. | /wirtschaft/bahn-streik-fernverkehr-101.html |
2023-03-23 | Spaßige App - oder Sicherheitsrisiko? | Bedenken zu TikTok | Immer mehr Staaten verbieten Regierungsmitarbeitern die App TikTok auf Diensthandys. Die Bundesregierung sieht bislang keine ausreichende Gefahr durch das Programm aus China. In einem Ministerium kann die App bereits auf Dienstgeräten installiert werden.
mehr | Immer mehr Staaten verbieten Regierungsmitarbeitern die App TikTok auf Diensthandys. Die Bundesregierung sieht bislang keine ausreichende Gefahr durch das Programm aus China. In einem Ministerium kann die App bereits auf Dienstgeräten installiert werden. Eines muss man bei TikTok nicht diskutieren: den Erfolg bei Nutzern. Es gibt kaum eine App, die bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen so populär ist. Kurze Videos, oft mit Musik. Schnell mit dem Handy aufgenommen und im Netz geteilt. Je jünger die Menschen, desto größer die Beliebtheit von TikTok, so eine Erhebung. TikTok scheint die Zukunft zu gehören. Doch es gibt erhebliche Zweifel an der Sicherheit der App: Die Zahl der Staaten und politischen Einrichtungen, die TikTok auf Diensthandys verbieten, steigt gerade deutlich. Die EU-Kommission hat es so beschlossen. Auch Länder wie die USA oder Großbritannien verbannen TikTok von Mobiltelefonen der Staatsbediensteten. Sicherheitsbehörden äußern Bedenken Die Bundesregierung aber hat sich bislang nicht zu einem solchen Schritt mit deutlicher Signalwirkung entschieden - auch wenn es nach Informationen von WDR und NDR in den Sicherheitsbehörden erhebliche Bedenken mit Blick auf TikTok gibt. Die Bundesregierung hat sich zuletzt mit der Firma über Sicherheitsfragen ausgetauscht, wie eine Unternehmenssprecherin bestätigte. Geprüft wurde unter anderem die technische Ausgestaltung der App. Das Ergebnis: Nach der Prüfung sieht die Regierung nach Informationen von WDR und NDR aktuell keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit - also keine schwerwiegende Gefahr. Was die Regierung aber durchaus sieht: Datenschutzprobleme. Eine Entscheidung über ein ausdrückliches Verbot steht demnach im Moment aber nicht an. Faeser mahnt zur Wachsamkeit Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte bei einem Besuch in den USA mögliche Risiken: Sie forderte Nutzer der App zu besonderer Wachsamkeit auf. Hinter TikTok stehe ein Konzern, "der staatlich gehalten wird und wo die Daten natürlich auch abfließen können". Ein explizit festgeschriebenes Verbot der App halte sie aber für "nicht verhältnismäßig". Akuten Handlungsbedarf sieht die Ministerin aktuell offenbar nicht: Denn TikTok sei auf Diensthandys der Bundesverwaltung gar nicht explizit erlaubt. Oder anders ausgedrückt: Die Bundesregierung müsse sich bei dem heiklen Thema aktuell gar nicht festlegen. Demnach handele es sich eher um eine potenzielle Gefahr. Doch die Lage scheint etwas komplizierter: Tatsächlich haben bislang zwei Ministerien eine mögliche Nutzung von TikTok auf Diensthandys durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) prüfen lassen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Frage des innenpolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), hervor, die WDR und NDR vorliegt. Demnach hält das Verkehrs- und Digitalministerium einen Einsatz für "theoretisch zulässig" - allerdings stehe die App auf den Dienstgeräten des Ministeriums nicht zum Herunterladen zur Verfügung. Genutzt werden kann die App aber offenbar im Bildungsministerium: Der Prüfbericht habe "keinen Anlass" gegeben, um die App auf eine hausinterne sogenannte "Blacklist" zu setzen, heißt es in der Antwort. "Eine Installation der App im öffentlichen Bereich der dienstlichen Geräte ist daher möglich." Das Bundesinnenministerium wiederum hat mit Blick auf die eigenen hohen Sicherheitsanforderungen auch ohne BSI-Prüfung entschieden, dass TikTok auf Diensthandys im Haus nicht genutzt werden könne. Kritik am Kurs der Regierung Throm kritisiert den unklaren Kurs in der Regierung und fordert "schleunigst Klarheit". Während das Innenministerium die Nutzung ausschließe, könnten die Beamten im Verkehrs- und Bildungsministerium TikTok nutzen. "Entweder ist die App sicher, oder sie ist unsicher", so Throm. "Wenn Zweifel an der Zuverlässigkeit von chinesischen Apps bestehen, haben sie in keinem Ministerium etwas verloren." In Deutschland gibt es bislang keine allgemeine Richtlinie zur Nutzung von TikTok auf Dienstgeräten der Bundesverwaltung. Das heißt: Bundesbehörden entscheiden im Grunde in eigener Verantwortung, welche Apps sie auf Dienstgeräten in ihrem Zuständigkeitsbereich zulassen. Über ein Portal beim BSI können die Ministerien Apps überprüfen lassen. TikTok sendet viele Informationen Was genau bei der Nutzung der App passiert, erklärt Hannes Federrath von der Universität Hamburg: "Jedes Mal, wenn ich wische, um mir einen neuen Inhalt aufzurufen, entsteht ein neuer Zugriff aufs Internet, auf die Server von TikTok." Dabei würden viele Informationen übertragen - wie lange ein Video angeschaut werde, wo und wofür man sich interessiere. Das Unternehmen erfährt also ziemlich viel über seine Nutzer. Grundsatzdiskussion zu chinesischer Technologie Die aktuelle Verbotsdiskussion erinnert an die langwierigen Debatten über chinesische Technologie, etwa des Konzerns Huawei, in Kommunikationsnetzen. Mehrere westliche Partner, allen voran die USA, hatten früh gefordert, auf Komponenten aus China etwa beim Ausbau des 5G-Netzes zu verzichten. Die Bundesregierung allerdings sah zunächst kein konkretes Risiko - und vermied bis zuletzt eine Festlegung. Erst vor kurzem ist man zu dem Schluss gekommen, dass die Nutzung bei dieser wichtigen Infrastruktur eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeute - da die Abhängigkeit von der Autokratie zu groß werden würde. Nun sollen chinesische Komponenten auch aus deutschen Netzen verschwinden, eine entsprechende Untersagung durch das Bundesinnenministerium soll in den kommenden Monaten angeblich erfolgen. Ein Verbot der Nutzung von TikTok auf Diensthandys jetzt wäre ein deutliches politisches Signal im geopolitischen Ringen mit der mächtigen Autokratie: Eine spaßige Video-App würde damit als Gefahr oder Propagandainstrument Pekings gebrandmarkt. Chinesische Unternehmen zu Kooperation verpflichtet In deutschen Sicherheitsbehörden erhofft man sich künftig auch bei TikTok einen strengeren Umgang. Die Firma sei eindeutig ein chinesisches Unternehmen, heißt es aus Sicherheitskreisen - und damit ein Instrument, mit dem weltweit Daten in großem Stil gesammelt werden können und das bei einer internationalen Krise genutzt werden könnte. Demnach liegt die Kontrolle über TikTok und den Mutterkonzern Bytedance in chinesischen Händen. Die dortigen Gesetze wiederum würden chinesische Unternehmen zur Kooperation mit der Autokratie und ihren Geheimdiensten verpflichten. Der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Sinan Selen, machte am Rande einer Sicherheitstagung in Berlin auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa ebenfalls auf Sicherheitsrisiken aufmerksam. Mutterkonzern nutzte bereits Daten Vor ein paar Monaten musste der chinesische Mutterkonzern zugeben, auf Nutzerdaten von US-amerikanischen Journalisten zugegriffen zu haben, die kritisch über das Unternehmen berichtet hatten - offenbar, um herauszufinden, ob und welche Mitarbeiter Informationen durchgestochen hatten. Die betroffene Journalistin Emily Baker-White sagt dazu: "Sie haben Daten aus meiner TikTok-App benutzt, um herauszufinden, wo ich bin und ob ich mich mit Mitarbeitern von TikTok treffe." Warnungen aus mehreren Ländern Neben den USA haben weitere Länder wiederholt auf Sicherheitsrisiken hingewiesen - dazu zählen insbesondere die Staaten der westlichen Geheimdienst-Allianz Five Eyes, bestehend aus den USA, Kanada, Großbritannien, Australien und Neuseeland. Es heißt, der chinesische Staat könne auf Nutzerdaten zugreifen. Zudem würden auf der App Videos mit Themen unterdrückt, die dem chinesischen Staat ein Dorn im Auge sind. TikTok wiederum weist auf Nachfrage darauf hin, dass man sich nicht als chinesisches Unternehmen betrachte, immerhin befinde sich der Firmensitz auf den Cayman-Islands. Datenschutzbeauftragter prüft noch Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat bislang keine klare Haltung zu der App aus China. Bereits 2021 hatte er in einem Schreiben erklärt, dass Apps wie TikTok unter die Lupe genommen werden. Die technische Prüfung ist aber bislang nicht abgeschlossen. Wobei schon damals feststand, dass datenschutzrechtliche Defizite bestehen würden. Solche Bedenken aber treffen auf viele soziale Netzwerke zu, allerdings haben die meisten davon keine solch enge Verbindung zu einer Autokratie. | /inland/innenpolitik/tiktok-171.html |
2023-03-23 | Kein leichter Stand für TikTok | Anhörung im US-Kongress | Für TikTok-Chef Chew geht es um die Existenz seiner Firma in den USA. Entsprechend bemühte er sich im US-Kongress, Sorgen über chinesische Spionage und Einflussnahme zu zerstreuen - und traf parteiübergreifend auf scharfen Gegenwind.
mehr | Für TikTok-Chef Chew geht es um die Existenz seiner Firma in den USA. Entsprechend bemühte er sich im US-Kongress, Sorgen über chinesische Spionage und Einflussnahme zu zerstreuen - und traf parteiübergreifend auf scharfen Gegenwind. So etwas kommt nur selten vor im politischen Washington: Dass sich ein Zeuge, der vor dem US-Kongress in kniffeligen Fragen "gegrillt" werden soll, vorab mit einer Videobotschaft an die Öffentlichkeit wendet. Aber Shou Zi Chew ist nicht irgendein Topmanager, sondern Chef der Videoplattform TikTok - und er versucht, ein Komplettverbot der vor allem bei Jugendlichen beliebten Kurzvideo-Plattform in den USA abzuwenden. Er sei mit Neuigkeiten im Gepäck nach Washington gekommen, so Chew. Unmittelbar vor Sitzungsbeginn gab er vier Versprechen ab: unter anderem, dass seine Firma Daten aus den USA durch eine neue Firewall vor unerwünschtem Zugriff aus dem Ausland schützen werde. Und dass TikTok eine Plattform für freie Rede bleibe, ohne dass irgendeine Regierung irgendwie Einfluss nehmen könne. Diese Zusagen zeigen, dass der CEO, der aus Singapur angereist ist, die Stoßrichtung der Befragung wegen möglicher Datenspionage richtig eingeschätzt hatte. Kein warmer Empfang für Chew Die Vorsitzende des Handelsausschusses, Cathy McMorris Rodgers, empfing Chew mit den Worten: "Herr Chew, Sie sind hier, weil das amerikanische Volk die Wahrheit über die Bedrohung wissen muss, die TikTok für unsere nationale und persönliche Sicherheit darstellt. TikTok hat wiederholt einen Weg für mehr Kontrolle, mehr Überwachung und mehr Manipulation gewählt." Rodgers‘ Kollege von demokratischer Seite, der Abgeordnete Frank Pallone aus New Jersey, wurde zu Sitzungsbeginn ähnlich deutlich: Die kommunistische Regierung Chinas könne Firmen mit Sitz in Peking wie TikTok zwingen, Daten mit Peking zu teilen, behauptete Pallone. Eine Anspielung darauf, dass die Video-App dem chinesischen Unternehmen ByteDance gehört. "Sie werden weiterhin Daten sammeln, Sie werden weiterhin Daten verkaufen und Sie werden weiterhin unter der Ägide der Kommunistischen Partei stehen", so Pallone. Wegen einer möglichen Weitergabe von Nutzerdaten haben inzwischen zahlreiche Staaten TikTok von Diensthandys verbannt. Chew: Keine Manipulation durch die chinesische Regierung Chew versuchte, den Spionageverdacht zu entkräften: "Wir fördern oder entfernen keine Inhalte auf Verlangen der chinesischen Regierung", betonte Chew. "Wir verpflichten uns gegenüber diesem Ausschuss und allen unseren Nutzern, dass wir TikTok frei von jeglicher Manipulation durch eine Regierung halten." TikTok sei auf dem chinesischen Markt nicht verfügbar. Die Firmenzentralen lägen in den USA und in Singapur. Für TikTok habe die Sicherheit seiner jungen Nutzerinnen und Benutzer höchste Priorität, so Chew. Er wies Vorwürfe zurück, die Plattform sei eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA. Daten amerikanischer Nutzer würden auf Servern des US-Konzerns Oracle gespeichert und gewartet. Im Kongress unterstützen 20 Abgeordnete und Senatoren eine parteiübergreifende Initiative, die der Regierung die Möglichkeit geben soll, ausländische Technologie zu verbieten, wenn diese die nationale Sicherheit gefährdet. Damit könnte eine hohe Hürde für das TikTok-Verbot aus dem Weg geräumt werden, an der der ehemalige US-Präsident Donald Trump 2020 gescheitert war. Gefährlicher Präzedenzfall? Gerichte hatten den per Dekret verordneten Bann gekippt, weil er das Recht auf freie Meinungsäußerung beschneide. Experten zufolge muss allerdings auch bei einem neuen Gesetz mit Klagen gerechnet werden. "Die Beschränkung des Zugangs zu einer Plattform, die täglich von Millionen von Amerikanern genutzt wird, wäre ein gefährlicher Präzedenzfall für die Regulierung unserer digitalen Öffentlichkeit im Allgemeinen", warnte Jameel Jaffer, Chef des Knight First Amendment Institute der Columbia Universität, das sich dem Schutz der Meinungsfreiheit verschrieben hat. Auch unter demokratischen Kongressabgeordneten gibt es Verbotskritiker. Einige von ihnen schlossen sich am Mittwoch einer Demonstration von TikTok-Influencern an. Experten zufolge würde ein Verbot der App der Demokratischen Partei schaden, weil sie darüber junge Wähler erreicht. | /ausland/amerika/tiktok-chef-vorladung-us-kongress-103.html |
2023-03-23 | Galeria bekommt neuen Chef | Angeschlagene Warenhauskette | Bei Galeria Karstadt Kaufhof dreht sich das Personalkarussell. Der bisherige Chef Müllenbach wechselt zur Muttergesellschaft Signa, während der frühere Kaufhof-CEO van den Bossche die Leitung der angeschlagenen Warenhauskette übernimmt.
mehr | Bei Galeria Karstadt Kaufhof dreht sich das Personalkarussell. Der bisherige Chef Müllenbach wechselt zur Muttergesellschaft Signa, während der frühere Kaufhof-CEO van den Bossche die Leitung der angeschlagenen Warenhauskette übernimmt. Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof bekommt einen neuen Chef. Nach dem Ende des laufenden Insolvenzverfahrens soll der frühere Kaufhof-Chef Olivier van den Bossche die Leitung des letzten großen deutschen Warenhauskonzerns übernehmen, wie das Unternehmen mitteilte. Der bisherige Galeria-Chef Miguel Müllenbach wechselt nach drei Jahren an der Konzernspitze in die Geschäftsführung der Galeria-Muttergesellschaft Signa Retail. Außerdem wird er künftig im Galeria-Aufsichtsrat sitzen. "Wie kein anderer für den Neustart prädestiniert" "Olivier van den Bossche ist als Galeria-Vertriebschef und ehemaliger Kaufhof-CEO wie kein anderer für den Neustart nach erfolgreicher Beendigung des Schutzschirms prädestiniert", sagte Galeria-Aufsichtsratschef Wolfram Keil. Mit dem Abschluss des Insolvenzverfahrens rechnet der Konzern Anfang Mai. Für van den Bossche ist es bereits das zweite Mal an der Spitze eines deutschen Warenhauskonzerns. Zwischen 2014 und 2017 hatte er zweieinhalb Jahre lang die Geschicke der damals noch eigenständigen Warenhauskette Kaufhof geleitet. Später arbeitete er für den niederländischen Kosmetikanbieter Rituals und kehrte im Juni vergangenen Jahres in die Warenhausbranche als neuer Vertriebschef bei Galeria Karstadt Kaufhof zurück. Galeria-Aufsichtsratschef Keil dankte Müllenbach für seinen unermüdlichen Einsatz und den Glauben an die Zukunftsfähigkeit des innerstädtischen Warenhauses. Müllenbach betonte, er sehe seine Aufgabe beim Warenhauskonzern als erledigt an: "Mit Abschluss des Verfahrens sehe ich Galeria Karstadt Kaufhof so aufgestellt, dass ich es guten Gewissens an meinen Kollegen Olivier Van den Bossche übergeben kann." Schließung von Warenhäusern angekündigt Galeria hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Müllenbach damals die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland. Mitte März kündigte der Konzern zudem an, 52 seiner 129 Warenhäuser zu schließen. Später wurde die Zahl auf 47 reduziert. Die Modekette Aachener will nach eigener Aussage mehrere Standorte von Galeria übernehmen. | /wirtschaft/unternehmen/galeria-karstadt-kaufhof-131.html |
2023-03-23 | Mehr als eine Million Menschen protestieren | Rentenreform in Frankreich | Deutlich mehr Menschen als bisher haben in Frankreich gegen die Rentenreform der Regierung protestiert. Das Innenministerium sprach von knapp 1,1 Millionen Menschen, die Gewerkschaft CGT von 3,5 Millionen. Mancherorts gab es Ausschreitungen.
mehr | Deutlich mehr Menschen als bisher haben in Frankreich gegen die Rentenreform der Regierung protestiert. Das Innenministerium sprach von knapp 1,1 Millionen Menschen, die Gewerkschaft CGT von 3,5 Millionen. Mancherorts gab es Ausschreitungen. In Frankreich sind nach Angaben des Innenministeriums knapp 1,1 Millionen Menschen gegen die Rentenreform und gegen die Regierung auf die Straße gegangen - deutlich mehr als bisher. Die Gewerkschaft CGT meldete 3,5 Millionen Menschen. Beim mittlerweile neunten landesweiten Protesttag wurden Bahnhöfe, Raffinerien und Häfen blockiert, Verbindungen im Nah- und Fernverkehr fielen aus. Auch ein Teil des Pariser Flughafen Charles de Gaulle wurde blockiert. Viele Schulen blieben geschlossen, weil Lehrer streikten. Mancherorts kam es zu Ausschreitungen. In Paris setzte die Polizei Wasserwerfer ein und auch in Bordeaux, Nantes und Rennes war die Stimmung aufgeheizt. In Lorient in der Bretagne wurde nach Angaben der Zeitung "Ouest-France" der Hof einer Polizeiwache in Brand gesetzt. Im Vorfeld waren etwa 800.000 Protestierende landesweit erwartet worden - die Gewerkschaft CGT meldete diese Teilnehmerzahl nun allein für Paris, das Innenministerium sprach für die Hauptstadt von etwa 119.000 Menschen. Die Wut ist gewachsen Es war der erste Protesttag, seit Premierministerin Elisabeth Borne auf Anweisung Macrons die Rentenreform mittels des Verfassungsartikels 49.3 ohne Abstimmung des Parlaments durchgedrückt hatte. Ein darauf folgendes Misstrauensvotum überstand die Regierung nur knapp. Am Mittwoch hatte sich Präsident Emmanuel Macron in einem Interview unnachgiebig gezeigt. Seitdem sei die Wut bei vielen Menschen noch größer geworden, sagten mehrere Gewerkschaftsfunktionäre. Macron hatte die Proteste dabei auch in die Nähe des Sturms auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 gerückt. Macron nahm am Donnerstag am EU-Gipfel in Brüssel teil, stellte sich aber keinen Fragen von Journalisten. "Er ist derjenige, der das Land in Brand setzt", sagte Celine Verzeletti von der Gewerkschaft CGT dem Radiosender France Inter. Der Chef der moderateren Gewerkschaft CFDT, Laurent Berger, sagte, Macron müsse die Reform aussetzen. "Das heißt, sie zurückziehen oder ihre Umsetzung aussetzen, es kann alles mögliche bedeuten." | /ausland/europa/frankreich-streiks-rentenreform-103.html |
2023-03-23 | Mindestens fünf Tote in Kalifornien | Nach heftigen Stürmen | In Nordkalifornien sind nach heftigen Stürmen mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. In Los Angeles sorgte unterdessen ein Tornado für Zerstörung. Auch Starkregen spielt eine immer größere Rolle in dem sonst eher trockenen US-Bundesstaat.
mehr | In Nordkalifornien sind nach heftigen Stürmen mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. In Los Angeles sorgte unterdessen ein Tornado für Zerstörung. Auch Starkregen spielt eine immer größere Rolle in dem sonst eher trockenen US-Bundesstaat. Bei heftigen Winterstürmen in Nordkalifornien sind mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Nach Mitteilung der Stadt San Francisco starben zwei Menschen an ihren Verletzungen, die sie sich während des Extremwetters zugezogen hatten. In Oakland wurde ein Obdachloser tot aus seinem Zelt geborgen, das von einem umgestürzten Baum getroffen wurde, wie die Zeitung "San Francisco Chronicle" berichtete. Im Bezirk Contra Costa stürzte ein großer Baum auf ein fahrendes Auto. Einer der beiden Insassen kam ums Leben, teilte die örtliche Feuerwehr mit. Auch in Portola Valley kam eine Person auf diese Weise in ihrem Fahrzeug ums Leben. Stromausfälle in Nordkalifornien Starkregen und Sturmböen richteten in weiten Teilen Nordkaliforniens außerdem Schäden an: In San Francisco seien über 700 Bäume umgestürzt oder beschädigt worden, zogen die Behörden der Westküstenmetropole etwa Bilanz. Der Sturm habe in Hochhäusern Scheiben eingedrückt. Zehntausende Menschen waren zeitweise ohne Strom. Es gab Berichte von weiteren Straßenschäden, Hochwasser und Erdrutschen. Tornado beschädigt bei Los Angeles Häuser und Autos In der Nähe von Los Angeles sorgte unterdessen ein Tornado für erhebliche Zerstörungen. In Montebello wurden durch den Sturm Dächer von Häusern abgedeckt; Autos wurden herumgewirbelt und beschädigt. "Es war einfach nur Chaos", berichtete ein Geschäftsmann aus der Stadt mit rund 60.000 Einwohnern im Fernsehsender KTLA. Videoaufnahmen zeigten zudem beschädigte Industriegebäude und eine zerstörte Kanalisation. Zuletzt immer wieder Unwetter und Starkregen Im eigentlich für seinen Sonnenschein bekannten Kalifornien gibt es seit Wochen immer wieder heftige Unwetter mit ungewöhnlichen Mengen an Regen. An verschiedenen Orten des Westküstenstaates kommt es deshalb immer wieder zu Überschwemmungen und Erdrutschen. Nach Angaben des Wetterdienstes könnte der Allzeit-Regenrekord für den Bundesstaat fallen. Der viele Regen bringt aber nicht nur Zerstörung. Einer der Vorteile laut Behörden: Die Wasserspeicher Kaliforniens sind derzeit so gut gefüllt wie seit Jahren nicht mehr. | /ausland/amerika/stuerme-in-kalifornien-101.html |
2023-03-23 | Gerechtigkeitsdilemma der Ostländer | Ausgleich von DDR-Renten | Mit dem Ende der DDR verloren Hunderttausende Menschen einen Teil ihrer Rentenansprüche. Einigen soll nun ein Härtefallfonds helfen. Die Ostbundesländer finden den zwar richtig, manche verweigern aber die Unterstützung. Von T. Vorreyer. | Mit dem Ende der DDR verloren Hunderttausende Menschen einen Teil ihrer Rentenansprüche. Einigen soll nun ein Härtefallfonds helfen. Die Ostbundesländer finden den zwar richtig, manche verweigern aber die Unterstützung. Ein Härtefallfonds für ehemalige DDR-Bürgerinnen und -Bürger sorgt für Diskussionen in den ostdeutschen Ländern. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die Bundesländer dem Fonds des Bundes beitreten. Das würde die Auszahlungen an Betroffene verdoppeln, jedoch Zuschüsse in zweistelliger Millionenhöhe fordern. Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen wollen diese leisten. Anderswo stehen die Zeichen hingegen auf Ablehnung. Bislang gebe es "keine akzeptable Lösung", sagte etwa Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Dabei läuft die Frist zum Beitritt der Länder nach bisherigen Angaben Ende März aus. Jahrelanges Warten Beim Übergang in die Bundesrepublik haben zahlreiche DDR-Bürgerinnen und -Bürger einen Teil ihrer Rentenansprüche verloren. Schätzungsweise sind 500.000 Menschen betroffen. Einige hatten versucht, vor dem Bundesverfassungsgericht eine Angleichung zu erreichen. Karlsruhe untersagte das. Der Rechtsweg gilt als ausgeschöpft. Planungen für eine Abhilfe wurden erst 2021 begonnen, über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung. Ein Teil der Betroffenen soll nun zumindest eine Einmalzahlung von 2500 Euro erhalten. Dazu gehören ehemalige Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn oder im DDR-Gesundheits- und Sozialwesen. Auch in der DDR geschiedene Frauen können in bestimmten Fällen das Geld erhalten. Antragsberechtigt ist aber nur, wer 2021 eine Netto-Monatsrente von 830 Euro oder weniger erhielt. Festgelegt hat all das der Bund. Der Fonds steht zudem auch Menschen offen, die als Spätaussiedler oder jüdische Kontingentflüchtlinge nach Deutschland kamen. Der Bund geht davon aus, dass bis zu 190.000 Menschen anspruchsberechtigt sind, 50.000 bis 70.000 davon mit DDR-Ansprüchen. Leben sie in einem Bundesland, das dem Fonds beigetreten ist, erhöht sich die Zahlung auf 5000 Euro. Anträge können bereits gestellt werden. Haseloff beklagt Sonderaufgaben Während einer Regierungsbefragung im Landtag von Sachsen-Anhalt bemängelte Haseloff die engen Regelungen. "Wir sind nicht bereit, für zehn Prozent etwas zu machen, wenn 90 Prozent sagen: Und was ist mit uns?", so Haseloff. Er wolle soziale Härten für alle abfedern. Entsprechend werden vorerst keine 36 Millionen Euro vom Land bereitgestellt. Von den oppositionellen Grünen wurde Haseloff dafür vorgeworfen, auf eine "biologische Lösung" des Problems zu warten. Die über 70-jährigen Betroffenen würden sterben, bevor über die Hilfen entschieden sei. "Sie brauchen ein klares Zeichen", selbst wenn es insgesamt nur ein kleines wäre, so Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. "Nicht der Rechtsnachfolger der DDR" Haseloffs Unmut entzündet sich an zwei weiteren Punkten. Als ostdeutsche Bundesländer "sind wir nicht der Rechtsnachfolger der DDR", so Haseloff. Rentenrecht sei Bundesrecht. So sieht es auch die Betroffenenvertretung "Runder Tisch Rentengerechtigkeit". Schon heute stemmen die ostdeutschen Bundesländer Sonderleistungen für die Rentenkasse. Um ehemalige DDR-Sonder- und Zusatzrenten abzusichern, zahlten sie zuletzt jährlich rund 2,5 Milliarden Euro an den Bund. Bund und Ost-Länder teilen sich die Kosten. Der Bund hat schrittweise größere Anteile übernommen. Haseloff verwies in dem Zusammenhang darauf, dass kein westdeutsches Bundesland bislang dem Härtefallfonds beigetreten ist. Der sollte zudem ursprünglich größer ausfallen. Als die damalige schwarz-rote Koalition im Bund das Vorhaben 2021 auf den Weg brachte, wollte sie noch eine Milliarde Euro in den Topf geben. Bedingung dafür war, dass die Länder die gleiche Summe einzahlen würden. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Die neue Koalition aus SPD, Grünen und FDP beschloss dann 2022, den Fonds auf 500 Millionen Euro zu begrenzen. Offiziell wollte man so "eine politische Verständigung mit den Ländern erleichtern", heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag. Die Länder können nun freiwillig beitreten. Diskussionen auch in Brandenburg und Sachsen Mit dieser Lösung ist auch die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen unzufrieden. Dort scheiterte vergangene Woche ein Antrag auf einen Beitritt des Freistaates in den Fonds. Zwar erklärten Vertreterinnen von AfD, SPD und Grünen Unterstützung für die Forderung der Linksfraktion. Dresdens schwarz-rot-grüne Koalition stimmte aber aufgrund der CDU-Haltung dagegen. Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) hat dennoch am Mittwoch beim Landesfinanzministerium den Beitritt ihres Landes zum Fonds beantragt. Der "Sächsischen Zeitung" sagte Köpping, sie halte den Schritt weiterhin für "eine gute, wenn auch kleine Lösung, die Sachsen gut zu Gesicht stehen würde". Das sächsische Kabinett solle nochmals kurzfristig beraten. In Brandenburg berät der Landtag am Freitag über einen möglichen Beitritt. Auch hier stellte die Linksfraktion den entsprechenden Antrag. Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke, der mit CDU und Grünen regiert, lehnt einen Beitritt aus ähnlichen Gründen wie sein Kollege in Sachsen-Anhalt ab. Haseloff will nachverhandeln Eine Beteiligung zugesagt hat die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern unter Führung von Manuela Schwesig (SPD). Der Landtag hat 25 Millionen Euro bereitgestellt. Auch Thüringens Landesregierung will dem Fonds beitreten. Die entsprechenden 35 Millionen Euro könnten aber erst 2024 geleistet werden, wenn die Minderheitsregierung von Bodo Ramelow (Die Linke) dafür eine Mehrheit im Landtag findet. Reiner Haseloff setzt derweil auf Nachverhandlungen. Staatsministerin Sarah Ryglewski habe ihm die Zusage gegeben, dass Länder auch nach dem 31. März noch dem Fonds beitreten können, sagte Haseloff. Ryglewski ist im Bundeskanzleramt für die Bund-Länder-Abstimmung zuständig. | /inland/innenpolitik/haertefallfonds-ddr-renten-101.html |
2023-03-23 | Nebenaußenpolitik im Sinne des Kanzlers? | Klingbeil in der Türkei | Lars Klingbeil ist als SPD-Vorsitzender in die Türkei gereist. Doch teils sprach er wie ein Regierungsmitglied. Macht die SPD Außenpolitik an Außenministerin Baerbock vorbei? Von Moritz Rödle. | Lars Klingbeil ist als SPD-Vorsitzender in die Türkei gereist. Doch teils sprach er wie ein Regierungsmitglied. Macht die SPD Außenpolitik an Außenministerin Baerbock vorbei? Die Stimmung ist gut in der Parteizentrale der HDP in Ankara. Als der HDP-Co-Chef Mithat Sancar und SPD-Chef Lars Klingbeil auf das Podium im Presseraum steigen, scherzt der HDP-Vorsitzende, es sei nicht schön, neben Klingbeil zu stehen. Er meint den Größenunterschied der beiden. Sancar geht Klingbeil gerade bis zu Schulter. Klingbeil nimmt den Ball auf und antwortet: "Frag mal Olaf Scholz!" Beide Männer lachen. Sie können sich auf Deutsch unterhalten, denn der HDP-Chef spricht die Sprache fließend. Klingbeil und Sancar duzen sich. HDP und SPD sehen sich als Schwesterparteien. Beide sind Mitglied der sogenannten Progressive Alliance, einem internationalen Zusammenschluss Sozialdemokratischer Parteien. Treffen mit Erdogans Konkurrenten Der SPD-Co-Vorsitzende ist zum richtigen Zeitpunkt nach Ankara gekommen: Am Vormittag hat die HDP verkündet, dass sie keinen eigenen Präsidentschaftskandidaten aufstellen wird. Aus Klingbeils Sicht ist das eine gute Nachricht - es erhöht nämlich die Chancen für einen anderen Gesprächspartner an diesem Tag: CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu. Auch die CHP ist eine Schwesterpartei der SPD. Kilicdaroglu führt derzeit die Umfragen in der Türkei teilweise deutlich an. Er hat gute Chancen, die Herrschaft von Präsident Recep Tayyip Erdogan zu beenden. Der deutsche SPD-Chef trifft hier also den möglichen nächsten Präsidenten der Türkei. Auch für Klingbeil ist das noch etwas Besonderes, das merkt man ihm an. Streitpunkt Flüchtlingspolitik Das Treffen mit Kilicdaroglu ist in einer Frage nicht einfach für den SPD-Chef: Die CHP und ihr Präsidentschaftskandidat haben aus SPD-Sicht eine schwierige Haltung in der Flüchtlingspolitik. Die Millionen syrischen Geflüchteten im Land will die CHP am liebsten wieder nach Hause schicken. Auch das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen stellt Kilicdaroglu infrage. Klingbeil betont in allen Gesprächen, dass Deutschland die Vereinbarung aber gerne verlängern würde. Der Niedersachse ist in schwieriger Mission unterwegs, denn er ist kein deutscher Regierungsvertreter. Im Gegenteil: Klingbeil betont, dass er als Parteivorsitzender in der Türkei sei. Gespräche im Sinne des Kanzlers Trotzdem wird er natürlich anders wahrgenommen: Klingbeil ist der Chef der Kanzlerpartei. Das wissen die Türken auch. Und manchmal blitzt auch auf, dass er eben kein normaler Parteivorsitzender ist. Als er am Dienstag in der vom Erdbeben stark getroffenen Stadt Nurdagi zum ersten Mal auf den CHP-Chef Kilicdaroglu trifft, spricht er wie ein deutsches Regierungsmitglied. Er sagt, Deutschland habe mit der Türkei mitgeweint. Auch im Namen von Bundeskanzler Olaf Scholz wolle er sein tiefes Mitgefühl ausdrücken. Der SPD-Chef ist hier auch als eine Art Nebenaußenminister unterwegs. In der SPD nimmt man eine Lücke wahr, die Außenministerin Baerbock in den Augen einiger Sozialdemokraten hinterlässt. Pragmatische, realpolitische Gespräche im Sinne des Kanzlers zu führen, das trauen der Außenministerin nicht alle zu. Eindruck von Einflussnahme verhindern Eigentlich ist bei der Reise auch ein Gespräch mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu vorgesehen, doch das Treffen platzt. Klingbeil hatte sich zuvor auf Social Media kritisch über ein laufendes Verbotsverfahren gegen die SPD-Schwesterpartei HDP geäußert. Für den türkischen Außenminister offenbar Grund genug, das Treffen abzusagen. Klingbeil trifft stattdessen türkische Abgeordnete mit Verbindungen nach Deutschland. Darunter auch den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im türkischen Parlament, Akif Cagatay Kilic von der Erdogan-Partei AKP. Klingbeil will auf keinen Fall als parteiisch wahrgenommen werden. Bloß nicht der AKP einen Grund liefern, von deutscher Einflussnahme auf den Wahlkampf sprechen zu können. Treffen mit deutschen Helfern im Erdbebengebiet Am Tag zuvor im Erdbebengebiet nahe der syrischen Grenze will sich Klingbeil ein Bild über die Lage vor Ort machen. Er wolle sehen, wie Deutschland noch besser helfen könne, sagt er dem CHP-Präsidentschaftskandidaten Kilicdaroglu. Der gibt darüber auch bereitwillig Auskunft. Die Türkei brauche derzeit vor allem Zelte und Wohncontainer. Und davon viele. Kurz vor dem Rückflug aus den Erdbebengebieten zeigen sich auch die Vorteile einer Reise als Parteichef: Am Flughafen von Gaziantep ist Klingbeil mit vier Männern aus seinem heimischen Wahlkreis verabredet. Die Mitglieder eines kurdischen Fußballklubs aus dem Heidekreis haben in Deutschland über 30.000 Euro Spenden für die Erdbebenopfer gesammelt und das Geld selbst in den Osten der Türkei gebracht. In den vergangenen zehn Tagen sind sie rund 4000 Kilometer gefahren, um möglichst vielen Menschen helfen zu können. Für Klingbeil sind sie nochmal fünf Stunden gefahren, um ihn zu treffen. Nach dem gemeinsamen Kaffee im Flughafen müssen die vier die Strecke auch wieder zurückfahren. Klingbeil ist sichtlich stolz auf die Männer aus seinem Wahlkreis. Als Minister wäre so ein Treffen nicht möglich gewesen. Parteiarbeit und Regierungsjobs dürfen nicht vermischt werden. In seinem Job als Parteivorsitzender kann er aber Wahlkreisarbeit mit Nebenaußenpolitik im Sinne des Kanzlers verbinden. | /inland/klingbeil-tuerkei-101.html |
2023-03-23 | Straße der Hoffnung für Migranten | US-kanadische Grenze | Wer aus den USA kommend in Kanada Asyl suchen will, wird abgewiesen. Es sei denn, man überquert die Grenze illegal - wie an der Roxham Road. 98 Prozent aller Asylsuchenden gelangen über diese Straße ins Land. Von P. Mücke. | Wer aus den USA kommend in Kanada Asyl suchen will, wird abgewiesen. Es sei denn, man überquert die Grenze illegal - wie an der Roxham Road. 98 Prozent aller Asylsuchenden gelangen über diese Straße ins Land. Die Roxham Road ist eine unscheinbare Kiesstraße zwischen dem US-Bundesstaat New York und der kanadischen Provinz Quebec. Früher flohen Sklaven aus dem Süden der USA hier in die Freiheit nach Kanada. Danach interessierten sich höchstens noch Schmuggler für die lange Zeit ungesicherte Grenzstraße, sagt Frances Ravensbergen von der Organisation Bridges not Borders - "Brücken statt Grenzen". "Hier gab es nichts - bis 2017, als viele Menschen aus Haiti kamen", erklärt Ravensberger. "Dann hat die Polizei zunächst ein Zelt aufgebaut. Danach eine Baracke. Dann ein richtiges Gebäude mit Toiletten. Und jetzt haben wir hier einen voll ausgerüsteten Polizeiposten." "Sicherer Ort, um nach Kanada zu kommen" Inzwischen überfliegen Drohnen das Gelände, Kameras überwachen die Umgebung, rund um die Uhr sind Beamte im Einsatz. Denn die Roxham Road ist in den vergangenen Jahren zur Straße der Hoffnung für viele Migranten geworden, die lieber in Kanada als in den USA leben wollen. Allein im vergangenen Jahr waren es 40.000. Dieses Jahr bereits jetzt mehr als 10.000. "Die Leute wissen: Wenn sie nach Kanada kommen wollen, ist das ein sicherer Ort dafür. Hier werden sie festgenommen und dann mit Bussen zum örtlichen Grenzposten transportiert. Von dort geht es nach Montreal, wo sie Papiere bekommen und dann einen Asylantrag stellen können", so Ravensbergen. Möglich ist das nur, weil die Roxham Road ein illegaler Grenzübergang ist. An einem legalen müssten die Menschen abgewiesen werden. So sieht es ein Abkommen mit den USA vor, das 2004 abgeschlossene sogenannte Safe Third Country Agreement. "Es ist illegal, von hier aus Kanada zu betreten" Auch heute sind wieder Migranten zur US-Seite der Roxham Road gekommen. Meist bringen Taxis sie aus der nächstgelegenen Stadt Plattsburgh hierher. 70 US-Dollar pro Person kostet das, 90 US-Dollar für eine Familie. An einem Wendehammer werden sie mit ihren Habseligkeiten herausgelassen. Von dort sind es nur noch ein paar Meter bis zur Grenze, die ein kleiner weißer Pfahl markiert. Kanadische Polizisten nehmen die Menschen in Empfang. Ein junger Mann mit einem Rollkoffer will nicht stehenbleiben und gleich über die Grenze laufen. Kurze Zeit sieht es so aus, als könnte die Lage eskalieren. Dann bleibt er doch auf der US-Seite stehen. "Es ist illegal, von hier aus Kanada zu betreten", sagt der Grenzpolizist. "Wenn sie es tun, muss ich sie festnehmen." Arbeit bereits nach wenigen Monaten möglich Ravensbergen von Bridges not Borders steht fast jeden Tag hier auf der kanadischen Seite der Roxham Road. Zusammen mit anderen Freiwilligen will sie den Neuankömmlingen beistehen. An kalten Tagen verteilen sie Handschuhe, Mützen und Schals an die Migranten, von denen manche hier zum ersten Mal Schnee sehen. Und sie gibt ihnen Ratschläge, so wie heute: "Ihr müsst tun, was sie sagen. Hört zu. Haltet euch an die Regeln, dann passiert euch nichts. Drängelt nicht, beruhigt euch. Hört zu und antwortet." Ob die Menschen sie wirklich verstanden haben, ist unklar. Die meisten nicken aber dankbar. Für sie ist der Grenzübertritt der Beginn eines neuen Lebens. In Kanada haben sie die Aussicht, bereits nach wenigen Monaten arbeiten zu können. Bis dahin bekommen sie Unterstützung vom Staat und Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung. New York spendiert Bustickets an die Grenze Das ist weit mehr als in den USA, wo auch die Bearbeitung der Asylanträge deutlicher länger dauert, sagt die Anwältin Stéphanie Valois, die in Montreal viele Migranten dabei unterstützt: "Die meisten meiner Klienten wollen schnell eine Entscheidung haben, damit sie ihre Familienmitglieder nachholen können. Viele Antragsteller sind auch vorher in den USA inhaftiert worden. Davor haben sie Angst. Sie wollen nicht eingesperrt werden." In Kanada werden sie nach Feststellung der Personalien freigelassen und wohnen für einige Wochen in Flüchtlingsunterkünften. In den USA ist man froh, so zumindest einen Teil der Migranten, die zu Millionen aus dem Süden kommen, in Richtung Norden wieder loszuwerden. Die Stadt New York spendiert sogar Tickets für den Greyhound-Bus an die Grenze. Doch auch in Kanada, vor allem in Quebec, droht die Stimmung langsam zu kippen. Vor allem rechte Parteien fordern, die Roxham Road ganz zu schließen. Abkommen mit USA soll neu verhandelt werden Der kanadische Premierminister Justin Trudeau lehnt das ab: "Könnte man Barrikaden errichten und eine große Mauer bauen an der Roxham Road? Ja, das könnte man. Das Problem ist nur: Wir haben eine 6000 Kilometer lange Grenze zu den USA. Die einzige Möglichkeit, die irreguläre Einwanderung effektiv zu unterbinden ist, das Safe Third Country Agreement mit den USA neu zu verhandeln. Und das tun wir als Regierung im Augenblick." Das 2004 zwischen Kanada und den USA abgeschlossene Abkommen sieht vor, dass das Land, in dem die Migranten zuerst ankommen, für das Asylverfahren zuständig ist. In aller Regel also die USA. Deshalb müssen die Menschen an legalen Grenzübergängen nach Kanada abgewiesen werden - und es auf illegalem Weg versuchen, vor allem über die Roxham Road. Weshalb auch Aktivistin Ravensbergen die Abschaffung des Abkommens fordert: "Dann könnten die Migranten über alle regulären Grenzübergänge im ganzen Land einreisen. Das würde auch die Probleme lösen, die wir gerade in Quebec haben: 98 Prozent der Asylsuchenden kommen auf dem Landweg über die Roxham Road. Wenn man das auf ganz Kanada verteilen würde, dann könnte man die Migranten auch im ganzen Land versorgen. Wohnungen, Unterstützung, Jobs: Im Augenblick ist alles auf Quebec fokussiert." Roxham Road mache in so vielen Bereichen einfach keinen Sinn. | /ausland/usa-kanada-migration-101.html |
2023-03-23 | Auch Studierende sollen profitieren | Verkehrsminister zum 49-Euro-Ticket | Die Verkehrsminister der Länder haben die letzten Hürden für das bundesweite Nahverkehrsticket ausgeräumt. Neu ist: Studierende mit Semesterfahrschein müssen für das "Deutschlandticket" nur den Differenzbetrag zahlen.
mehr | Die Verkehrsminister der Länder haben die letzten Hürden für das bundesweite Nahverkehrsticket ausgeräumt. Neu ist: Studierende mit Semesterfahrschein müssen für das "Deutschlandticket" nur den Differenzbetrag zahlen. Das 49-Euro-Ticket im gesamten deutschen Nahverkehr soll endgültig eingeführt werden. "Wir haben letzte Hürden beim 'Deutschlandticket' genommen", kündigte Nordrhein-Westfalens Minister Oliver Krischer (Grüne) als Vorsitzender der in Aachen tagenden Verkehrsminister-Konferenz an. Das Ticket komme nun wie angekündigt im Mai, der Verkauf beginne am 3. April. Er gehe davon aus, dass auch der Bundesrat am Freitag kommender Woche grünes Licht gibt, sagte Krischer. Es werde den Nahverkehr revolutionieren und ihn günstig und einfach machen, so Krischer. Bund und Länder teilten sich die Kosten, sagte der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir. Für Susanne Henckel, Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, ist das Ticket "die bislang größte Reform im öffentlichen Nahverkehr." Studierende können Semesterticket upgraden lassen Ein Angebot soll es für Studierende geben. Die müssten, so Krischer, ausgehend vom Betrag ihres Semestertickets nur die Differenz bis zum Preis von 49 Euro für das Deutschlandticket bezahlen. Für eine dauerhafte und bundesweit einheitliche Einbeziehung der Tickets für Studierende in das 49-Euro-Ticket sei ein Arbeitsprozess vereinbart worden, erläuterte der NRW-Minister. Hierzu seien noch rechtliche Fragen zu klären. Das "Deutschlandticket" soll Nachfolger des Neun-Euro-Tickets aus dem Sommer 2022 werden, das über 50 Millionen Mal verkauft worden war. Es galt in den Monaten Juni bis August: Für monatlich neun Euro konnte man mit Bus und Bahn im Nahverkehr bundesweit unterwegs sein. Dieses Prinzip soll auch für das neue Deutschlandticket für jetzt 49 Euro gelten. Vorgesehen ist ein digital buchbares, monatlich kündbares Abonnement, das bundesweit im Nahverkehr gilt. Der Bundestag hat das Finanzierungsgesetz bereits beschlossen, am 31. März muss abschließend noch der Bundesrat zustimmen. Der Bund stellt demnach von 2023 bis 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro bereit, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsanbietern zur Hälfte auszugleichen. Für die andere Hälfte sollen die Länder aufkommen. | /inland/49-euro-ticket-121.html |
2023-03-23 | Warnstreik soll Montag Verkehr lahmlegen | Ankündigung von ver.di und EVG | Die Gewerkschaften ver.di und EVG haben für Montag einen umfassenden Warnstreik angekündigt. Er betrifft den Fern-, Regional- und Nahverkehr sowie Flughäfen und die Autobahngesellschaft - bundesweit.
mehr | Die Gewerkschaften ver.di und EVG haben für Montag einen umfassenden Warnstreik angekündigt. Er betrifft den Fern-, Regional- und Nahverkehr sowie Flughäfen und die Autobahngesellschaft - bundesweit. Mit einem großangelegten bundesweiten Warnstreik wollen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sowie ver.di am Montag große Teile des öffentlichen Verkehrs lahmlegen. Das teilten beide Organisationen mit. Es werde "im gesamten Bundesgebiet zu starken Verzögerungen bis hin zum Erliegen der Verkehrsdienste in allen genannten Bereichen kommen", hieß es. Ver.di-Chef Frank Werneke sagte, der Streiktag werde "massive Wirkung" haben. Angesichts der Stimmung in den Unternehmen werde mit einer hohen Teilnahme gerechnet. Ver.di rief bundesweit 120.000 Beschäftigte zum Streik auf, die EVG 230.000 Beschäftigte bei Bus und Bahn. Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr betroffen Betroffen von der beispiellosen Warnstreik-Aktion sind der Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr der Deutschen Bahn sowie weiterer Eisenbahn-Unternehmen. Ver.di ruft zudem zu Arbeitsniederlegungen an mehreren Flughäfen auf sowie im öffentlichen Nahverkehr in den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern. Auch die Autobahngesellschaft soll bestreikt werden, ebenso wie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Auf der Schiene sind neben der Deutschen Bahn laut EVG unter anderem die Bahn-Unternehmen Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, eurobahn sowie Die Länderbahn betroffen. "Der ganztägige Streik beginnt in der Regel in der Nacht vom 26. auf den 27. März um 00.00 Uhr und endet um 24.00 Uhr", teilten beide Gewerkschaften mit. Der EVG-Vorsitzende Martin Burkert empfahl Reisenden, schon am Sonntag möglichst frühzeitig ans Ziel zu kommen. "Weil es durchaus Schichten geben kann, die schon ab Sonntagabend in den Montag hineingehen", sagte er. Auch Straßentunnel sollen bestreikt werden. "Wir werden bestimmte Tunnel in den Blick nehmen", sagte ver.di-Vize Christine Behle. Welche Tunnel betroffen seien, ist noch unklar. Es würden aber bestimmte Tunnel geschlossen, "durch die man dann faktisch nicht fahren kann, beispielsweise der Elbtunnel" in Hamburg. "Streikeskalation nach französischem Vorbild" Die Warnstreiks an Flughäfen hängen den Gewerkschaften zufolge einerseits mit den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zusammen. Zum anderen geht es auch um die örtlichen Verhandlungen für Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste sowie die bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten der Luftsicherheit. Nach Einschätzung des Flughafenverbands ADV wird der Streik Hunderttausende Passagiere treffen. "Rund 380.000 Geschäfts- und Privatreisende werden ihren Flug nicht antreten können", hieß es vom Verband. Die Rede war von "Streikeskalation nach französischem Vorbild". Ein ganzes Land werde vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten. "Die Gewerkschaften verabschieden sich von der bewährten Tradition, dass in Deutschland Lösungen am Verhandlungstisch erreicht werden", kritisierte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Die angekündigten Aktionen sprengten jedes vorstellbare und vertretbare Maß und hätten nichts mehr mit einem Warnstreik zu tun. "Vielmehr ist es der Versuch, per Generalstreik französische Verhältnisse in Deutschland einziehen zu lassen." Deutsche Bahn: "Grundlos und unnötig" Die Deutsche Bahn kritisierte den Streik als "grundlos und unnötig". Die EVG müsse sich ihrer Verantwortung stellen und "umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren", forderte Personalvorstand Martin Seiler. Die Bahn habe ein "verantwortungsvolles Angebot vorgelegt" und sei zu jeder Zeit gesprächsbereit. Der nächste reguläre Verhandlungstermin Ende April sei viel zu spät. Für Montag rechnet der Konzern mit einem nahezu vollständigen Stillstand auf der Schiene. "Wir gehen davon aus, dass am Montag das Land lahmgelegt ist und dass so gut wie kein Eisenbahnverkehr möglich ist", sagte Seiler. "Selbstverständlich sind wir auch in solchen Situationen in sehr großem Umfang zur Kulanz bereit." Allen Fahrgästen riet er dennoch: "Jeder, der umdisponieren kann, sollte das auch entsprechend tun." Bundesverkehrsminister Volker Wissing mahnte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Ich kann nur an alle Tarifpartner appellieren, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und die Auswirkungen auf die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten." Die Schiene leiste einen enormen Beitrag für die Mobilität und Versorgung der Gesellschaft. Druck für Verhandlungen erhöht Mit den Aktionen erhöht ver.di den Druck für die am Montag beginnende dritte Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde Ende Februar ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro. Die Gewerkschaften seien "mit einem völlig unzureichenden Angebot konfrontiert, und deshalb ist es uns wichtig, am Beginn und vor dem Beginn der dritten Tarifverhandlungsrunde am kommenden Montag nochmal deutlich zu machen, dass unsere Forderungen eine breite Unterstützung in den Belegschaften haben", sagte Werneke. Das werde sich am Montag zeigen. Ende Februar begannen zudem die Verhandlungen der EVG mit der Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen. Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche ein erstes Angebot der Bahn abgelehnt. Sie fordert mindestens 650 Euro mehr Lohn. Bei den höheren Entgelten strebt sie eine Steigerung um zwölf Prozent an bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten. Die Bahn hatte unter anderem angeboten, die Löhne der rund 180.000 betroffenen Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt fünf Prozent anzuheben sowie mehrere Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro in Aussicht gestellt. | /wirtschaft/warnstreik-verkehr-101.html |
2023-03-23 | "Gewaltsame Umsturzfantasien" | Nach Razzia bei "Reichsbürgern" | Die Schüsse auf einen Polizisten bei einer Razzia im "Reichsbürger"-Milieu hat Politiker aus der Regierungskoalition alarmiert. Sie pochen auf schärfere Auflagen für Waffenbesitzer und mehr Wachsamkeit.
mehr | Die Schüsse auf einen Polizisten bei einer Razzia im "Reichsbürger"-Milieu hat Politiker aus der Regierungskoalition alarmiert. Sie pochen auf schärfere Auflagen für Waffenbesitzer und mehr Wachsamkeit. Nach einem Schuss in Reutlingen auf einen Polizisten bei Durchsuchungen im "Reichsbürger"-Milieu haben Politiker der Ampelparteien vor Bedrohungen durch die Szene gewarnt. "Wir haben es nicht mit harmlosen Spinnern zu tun, sondern mit gefährlichen Extremisten, die von gewaltsamen Umsturzfantasien getrieben sind und viele Waffen besitzen", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Staat sei in der Verantwortung, alles zu tun, um so früh wie irgend möglich zu erkennen, wenn von Waffenbesitzern erhebliche Gefahren für andere Menschen ausgehen. "Dafür fehlen uns bislang wichtige Regelungen im Waffengesetz", sagte sie mit Verweis auf ihren Gesetzentwurf vom Januar. "Wir müssen sicherstellen, dass bei Anzeichen für eine Gefährlichkeit der jeweiligen Person Waffenerlaubnisse gar nicht erst erteilt oder rechtzeitig entzogen werden." Von Notz: "Umfassende Aufklärung" Auch die Grünen mahnten zu Wachsamkeit. Der Vorfall in Reutlingen "führt einmal mehr die massiven sicherheitspolitischen Gefahren vor Augen, die von dieser demokratiefeindlichen Szene ausgehen", sagte der Grünen-Sicherheitsexperte Konstantin von Notz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es brauche eine "umfassende und vorbehaltlose Aufklärung" nicht nur des Angriffs, sondern auch der Netzwerke, Verbindungen und Planungen der bereits im Dezember aufgedeckten "Reichsbürger"-Gruppe. Razzien in acht Bundesländern Am Mittwoch hatte es im Zusammenhang mit dem "Reichsbürger"-Milieu Durchsuchungen in acht deutschen Bundesländern und der Schweiz gegeben. Ein Beamter eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) wurde dabei in Reutlingen angeschossen und am Arm verletzt. Der Schütze wurde festgenommen und ist in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen des Verdachts des mehrfachen versuchten Mordes. Die Durchsuchungen standen im Zusammenhang mit einer Großrazzia Anfang Dezember, die sich unter anderem gegen den Unternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß als mutmaßlichen Rädelsführer gerichtet hatte. Ermittlungen offenbar langwierig Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hat sie im Zuge dieser Ermittlungen neben den bisher 25 Hauptverdächtigen fünf neue Beschuldigte im Visier. Gegen sie bestehe der Verdacht der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, die das politische System in Deutschland stürzen wollte. Die fünf neuen Beschuldigten kommen aus Bayern, Niedersachsen, Sachsen und der Schweiz. Daneben wurden am Mittwoch die Räumlichkeiten von 14 weiteren Personen durchsucht, die nicht als verdächtig gelten. Unter ihnen sind nach Informationen aus Sicherheitskreisen ein Polizist und ein Angehöriger der Bundeswehr. Weitere Festnahmen gab es laut Bundesanwaltschaft nicht. Die Ermittlungen würden einige Zeit in Anspruch nehmen, in zwei, drei Monaten sei noch mit keiner Anklage zu rechnen. Bundesanwaltschaft: "Robusteres Vorgehen" Generalbundesanwalt Peter Frank sagte, das "Reichsbürger"-Milieu sei nicht mehr dasselbe wie vor zehn Jahren. Damals hätten deren Mitglieder keine Steuern gezahlt oder versucht, irgendwelche Gerichtstermine zu boykottieren. Inzwischen hätten die Vernetzung und die Gewalttätigkeit zugenommen, man beobachte einen stärkeren Zusammenschluss. Deshalb sehe die Bundesanwaltschaft auch die Gefahr, dass sich dort kriminelle oder terroristische Vereinigungen bildeten - und habe sich 2022 zu einem "robusteren Vorgehen" entschieden. | /inland/innenpolitik/reichsbuerger-razzia-reaktionen-101.html |
2023-03-23 | AfD darf in Bremen nicht antreten | Landtagswahl | Der Landeswahlausschuss im Bundesland Bremen lässt auch für die Stadt Bremerhaven keine Liste zur Bürgerschaftswahl am 14. Mai zu. Damit darf die AfD bei der Landtagswahl im kleinsten Bundesland überhaupt nicht antreten.
mehr | Der Landeswahlausschuss im Bundesland Bremen lässt auch für die Stadt Bremerhaven keine Liste zur Bürgerschaftswahl am 14. Mai zu. Damit darf die AfD bei der Landtagswahl im kleinsten Bundesland überhaupt nicht antreten. Lesen Sie mehr dazu hier: | /inland/bremen-wahl-afd-101.html |
2023-03-23 | Inflation im Fokus der Notenbanken | Geldpolitik | Nach EZB und Fed heben auch die Schweizer Nationalbank, die Bank of England und die Notenbank Norwegens die Leitzinsen an. Trotz Marktturbulenzen und Bankenkrise bleibt die Inflation im Fokus.
mehr | Nach EZB und Fed heben auch die Schweizer Nationalbank, die Bank of England und die Notenbank Norwegens die Leitzinsen an. Trotz Marktturbulenzen und Bankenkrise bleibt die Inflation im Fokus. Die Notenbankentscheidungen dieser Woche lassen keinen Zweifel daran, dass sich die Geldpolitik trotz Bankenkrise vor allem auf die Bekämpfung der Inflation fokussiert. Am Morgen hob die Schweizerischer Nationalbank SNB den Leitzins um deutliche 0,5 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent an. Gegen Mittag folgte die Bank of England mit einer Zinserhöhung um einen Viertelpunkt auf 4,25 Prozent. Und bereits gestern hatte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ihren Zinssatz um einen Viertel-Prozentpunkt auf die neue Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent angehoben. Ziel dieser Maßnahmen der Notenbanken ist es auch, das Vertrauen der Märkte in die Stabilität des Finanzsystems zu stärken. Ein Verzicht auf Zinserhöhungen hätte von den Marktakteuren als Signal dafür aufgefasst werden können, dass die Situation an den Finanzmärkten aller gegenteiliger Bekenntnisse zum Trotz ernster ist als gedacht. "Inflationsdruck jetzt bekämpfen" Dabei hatten einige Investoren wegen der aktuellen Geschehnisse im Bankensektor durchaus darauf gehofft, vor allem die Fed würde eine Zinspause einlegen. Angesichts der sich überschlagenden Ereignisse im Schweizer Bankenwesen, die mit der Übernahme der taumelnden Credit Suisse durch den Konkurrenten UBS einen womöglich vorläufigen Endpunkt erreichte, dürften einige Anleger auch dort auf eine zurückhaltende SNB spekuliert haben. Der Schweizer Notenbankchef Thomas Jordan verteidigte die kräftige Leitzinserhöhung trotz der jüngsten Turbulenzen. "Selbstverständlich haben wir auch die Situation auf den internationalen Finanzmärkten, die Unsicherheit, die im Moment im Bankensystem ist, beurteilt", sagte Jordan. "Aber wir sind zum Schluss gekommen, dass eine Zinserhöhung hier keinen negativen Einfluss haben wird." Würde hingegen dem inflationären Druck nicht mit der nötigen Straffung der Geldpolitik begegnet, "werden wir später ein größeres Problem haben", erklärte Jordan. Eine Zinspause sei kein Thema gewesen. "Man muss den Inflationsdruck jetzt bekämpfen." "Ein starkes Signal" Die Entscheidung der SNB sei ein starkes Signal, kommentiert Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. "Angesichts der jüngsten Marktturbulenzen war dies nicht selbstverständlich", unterstreicht der Experte. Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank weist darauf hin, dass Schweizerische Nationalbank im großen Umfang auch Liquiditätshilfen in Franken und Fremdwährung zur Verfügung stelle. "Das bedeutet, die SNB hat Notfallmechanismen in Kraft gesetzt, die es ihr auf der anderen Seite erlauben, weiter an der Zinsschraube zu drehen." Jordan äußerte sich auch explizit zur Causa Credit Suisse: "Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ist beschlossene Sache." Weitere Liquiditätsstützen seien nicht notwendig. "Im Moment sind die Liquiditätsinstrumente sehr groß, sie sind sehr mutig. Ich denke, das sollte ausreichen, um sicherzustellen, dass diese Transaktion reibungslos über die Bühne geht." Umstrittene Entscheidung Die Zinserhöhung der Bank of England (BoE) will ebenfalls keinen Zweifel am Ziel der Inflationsbekämpfung aufkommen lassen. Sie hob den Leitzins wie erwartet zum elften Mal in Folge an. Aktuell liegt die Inflationsrate im Vereinigten Königreich bei 10,4 Prozent. Allerdings war die Entscheidung vor dem Hintergrund der jüngsten Turbulenzen im globalen Finanzsektor intern umstritten: Die Befürworter setzten sich mit sieben zu zwei Stimmen durch. Vor dem Hintergrund der jüngsten Bankturbulenzen in den USA und Europa erklärte die Zentralbank, die britischen Banken seien widerstandsfähig und gut aufgestellt. Die Geldhäuser wiesen ferner ausreichend Kapital und Liquidität auf. Der BoE bleibe angesichts der Inflation trotz der Ereignisse der letzten Wochen kaum eine andere Wahl, als die Zinsen erneut anzuheben", kommentiert Craig Orlam, Marktbeobachter beim Broker Oanda. Norwegen zieht mit Auch die norwegische Notenbank hob im Kampf gegen die hohe Inflation den Leitzins von 2,75 auf 3,0 Prozent an. Zugleich signalisierte die Zentralbank, dass sie trotz unsicherer Konjunkturaussichten wahrscheinlich nachlegen wird: "Falls die Entwicklung so verläuft, wie wir es jetzt erwarten, wird der Leitzins im Mai weiter angehoben", sagte Zentralbankchefin Ida Wolden Bache. Die norwegische Kerninflation, bei der Energiepreise und Steuern ausgeklammert werden, fiel im Februar zwar auf 5,9 Prozent. Sie ist damit vom Ziel der Notenbank von 2,0 Prozent aber noch weit entfernt. Türkische Zentralbank lässt Leitzins unverändert Obwohl die Inflation in der Türkei im vergangenen Monat noch bei 55 Prozent lag, verfolgt die türkische Zentralbank einen Kurs, der unter Ökonomen als falsches Rezept angesichts einer Inflationsrate von zeitweise 85 Prozent gilt: Sie hat den Leitzins kontinuierlich gesenkt. Im vergangenen Jahr nahm sie den Leitzins in mehreren Schritten von 14,0 auf 9,0 Prozent zurück, um dem Konjunkturabschwung entgegenzuwirken. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich wiederholt als "Zinsfeind" bezeichnet und die Notenbank dazu gedrängt, die Zinsen zu senken. Bei ihrer heutigen Entscheidung beließ sie den Leitzins bei den aktuellen 8,5 Prozent. Im Februar hatten die Notenbanker den Leitzins kurz nach dem schweren Erdbeben im Südosten des Landes noch einmal von 9,0 Prozent auf das aktuelle Niveau gesenkt. | /wirtschaft/weltwirtschaft/notenbanken-inflation-snb-boe-tuerkische-notenbank-fed-powell-bankenkrise-credit-suisse-svb-101.html |
2023-03-23 | Oppositionspolitiker Gandhi verurteilt | Verleumdungsprozess in Indien | Der indische Oppositionspolitiker Gandhi ist von einem Gericht wegen Verleumdung verurteilt worden. Dabei ging es um eine Bemerkung Gandhis 2019 über den Namen Modi. Gandhi bleibt zunächst gegen Kaution frei und kann Berufung einlegen.
mehr | Der indische Oppositionspolitiker Gandhi ist von einem Gericht wegen Verleumdung verurteilt worden. Dabei ging es um eine Bemerkung Gandhis 2019 über den Namen Modi. Gandhi bleibt zunächst gegen Kaution frei und kann Berufung einlegen. Der führende indische Oppositionspolitiker Rahul Gandhi ist nach einer umstrittenen Äußerung über Ministerpräsident Narendra Modi wegen des Vorwurfs der Rufschädigung zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden. Gandhi war anwesend, als das Gericht im Unionsstaat Gujarat das Urteil verkündete. Gandhi bleibe jedoch zunächst gegen Kaution für 30 Tage auf freiem Fuß und könne gegen das Urteil Berufung einlegen, berichteten indische Medien nach der Urteilsverkündung. Der Fall geht auf eine Bemerkung während des Wahlkampfs 2019 zurück, in der der 52-Jährige gefragt hatte, warum "alle Diebe den Nachnamen Modi gemeinsam haben". Die Äußerungen wurden als Verunglimpfung des Premierministers und Chefs der hinduistisch-nationalistischen Partei BJP aufgefasst, der die Wahl damals haushoch gewann. Gandhis Bemerkungen seien "nicht dazu gedacht" gewesen, irgendeine Gemeinschaft "zu verletzen oder zu beleidigen", sagte sein Anwalt nach der Verhandlung vor Journalisten. Klage wegen Rufschädigung Ein ranghoher Funktionär von Modis Regierungspartei BJP, er heißt ebenfalls Modi, Purnesh Modi, hatte Ghandi wegen Rufschädigung verklagt und erklärt, er habe die gesamte Modi-Gemeinde beleidigt. Gandhis Anwälte hatten vor Gericht vorgebracht, dass es keine rechtliche Grundlage für die Klage gebe. Gandhi habe sich in seiner Rede weder auf den Abgeordneten noch auf den Premierminister bezogen. Gandhi ist der Sohn, Enkel und Urenkel ehemaliger indischer Premierminister. Von 2017 bis 2019 war er der Vorsitzender der Kongress-Partei. Die Gandhi-Familie ist nicht mit Unabhängigkeitsheld Mahatma Gandhi verwandt, sondern besteht aus Nachkommen des ersten Premierministers des Landes, Jawaharlal Nehru. Nach der letzten Niederlage 2019 trat Parteichef Gandhi zugunsten seiner Mutter Sonia Gandhi zurück, die den Posten erstmals im Jahr 1998 übernommen hatte. Seit Oktober 2022 wird die Partei vom ehemaligen Minister Mallikarjun Kharge geführt. Indien wählt im Frühjahr 2024 ein neues Parlament. Es wird erwartet, dass Modi seine Wiederwahl für eine dritte Amtszeit anstrebt. Seine Bharatiya Janata Partei hatte die vergangenen beiden Wahlen mit großem Vorsprung gewonnen. | /ausland/asien/indien-gandhi-modi-101.html |
2023-03-23 | Klimaaktivisten bauen Verkehrsschilder ab | Aktion von Extinction Rebellion | Klimaaktivisten haben seit Anfang des Jahres nach eigenen Angaben Verkehrsschilder an Autobahnen abmontiert - bisher auf 1500 Kilometern, zuletzt auf der A1. Damit wollen sie für die Einführung eines Tempolimits demonstrieren.
mehr | Klimaaktivisten haben seit Anfang des Jahres nach eigenen Angaben Verkehrsschilder an Autobahnen abmontiert - bisher auf 1500 Kilometern, zuletzt auf der A1. Damit wollen sie für die Einführung eines Tempolimits demonstrieren. Klimaaktivisten der Gruppe Extinction Rebellion haben in den vergangenen Tagen nach eigenen Angaben auf der Autobahn 1 zwischen Bramsche und Osnabrück Schilder zur Aufhebung von Geschwindigkeitsbegrenzungen abmontiert. Damit hätten sie insgesamt auf mehr als 1500 Autobahnkilometern eigenhändig ein Tempolimit eingeführt, erklärte die Organisation. Bereits zu Beginn des Jahres hatten die Aktivisten demnach damit begonnen, solche Schilder unter anderem rund um Berlin, Hamburg und Frankfurt am Main zu entfernen. Sie wollen "das lähmende Blockieren des FDP-geführten Verkehrsministeriums" gegen ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen nicht hinnehmen. Aktivisten: Mehrheit der Bundesbürger für Tempolimit Eine große Mehrheit der Bundesbürger habe sich in Umfragen für ein Tempolimit zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen ausgesprochen. Rückhalt für ein Tempolimit gebe es außerdem vom Umweltbundesamt, der Deutschen Umwelthilfe, dem ADFC und der evangelischen Kirche, begründete Extinction Rebellion die Aktion. Dennoch blockiere Verkehrsminister Volker Wissing eine solch einfache Maßnahme, unter anderem mit Verweis auf fehlende Straßenschilder. "Wenn die Regierung es trotz Klimakrise nicht schafft, so etwas Einfaches wie das Tempolimit umzusetzen, dann gibt es keinen Zweifel mehr daran, dass unser System in dieser Krise auf voller Länge versagt", betonte Aktivistin Amelie Meyer. Die Politik lasse sich zu sehr von Lobbyisten der Automobilindustrie beeinflussen, die ihre Einzelinteressen durchsetzen wollten, sagte Florian Zander von Extinction Rebellion. Er forderte ein "Update der Demokratie" durch die Einführung von Bürgerräten. Das Umweltbundesamt hatte zuletzt für ein Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen und Tempo 80 auf Landstraßen geworben. Damit könne ein Sechstel der notwendigen Minderung klimaschädlicher Treibhausgase im Verkehrssektor erreicht werden. | /inland/autobahn-strassenschilder-klimaaktivisten-101.html |
2023-03-23 | Ein mobiles Krankenhaus für Altinözü | Bundeswehr in der Türkei | Nach dem Erdbeben in der Türkei ist in Altinözü bei Hatay das Krankenhaus nicht mehr nutzbar. Hier hilft jetzt die Bundeswehr: 300 Tonnen Material wurden für eine Klinik aus Zelten dorthin geschafft, doch der Einsatz ist begrenzt. Von Uwe Lueb. | Nach dem Erdbeben in der Türkei ist in Altinözü bei Hatay das Krankenhaus nicht mehr nutzbar. Hier hilft jetzt die Bundeswehr: 300 Tonnen Material wurden für eine Klinik aus Zelten dorthin geschafft, doch der Einsatz ist begrenzt. Generatoren brummen über das ganze Gelände am Ortsrand von Altinözü in der südtürkischen Erdbebenprovinz Hatay. Sogar ihren Strom haben die Bundeswehrsoldatinnen und Bundeswehrsoldaten mitgebracht. "Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie im Namen von 140 Soldaten und Soldatinnen, die hier den Lagerbereich und vor allen Dingen das Rettungszentrum aufgebaut haben", sagt Kommandeur Kai Schlolaut bei der Eröffnung des Feldkrankenhauses. 300 Tonnen Material mit 15 Transportflügen 300 Tonnen Material, darunter Autos, Zelte, medizinische Geräte, eine Wasseraufbereitungsanlage bis hin zu den Generatoren, hat die Bundeswehr mit 15 Transportflügen hergeschafft. Zehn Tage lang haben Schlolauts Leute Zelte aufgebaut und eingerichtet. Im Normalfall sollte so ein Krankenhaus binnen drei bis vier Tagen stehen, etwa bei Evakuierungseinsätzen. Aber hier geht es um einen zivilen, einen anderen Einsatz. Daher, sagt Oberfeldarzt Jean, haben sie etwas umgebaut, "so dass wir die ambulante Behandlungskapazität auf bis zu 100 am Tag erweitern konnten." Auch die Anzahl der Pflegebetten konnte erhöht werden. Es gibt einen sogenannten Schockraum für die Aufnahme Schwerverletzter, eine Intensivstation und einen Operationssaal. Ab heute behandelt die #BundeswehrimEinsatz in einem mobilen Rettungszentrum Patienten aus der vom Erdbeben betroffenen Provinz Hatay in der Türkei. 140 Soldatinnen und Soldaten stellen die medizinische Versorgung von bis zu 200 Patienten am Tag sicher. https://t.co/Ugl5sS7Svz https://t.co/0bzcD8miyQ Alltägliche, wichtige Hilfe Nach dem Erdbeben hatte die Türkei bei der NATO um Hilfe gebeten. Eine Anfrage landete bei Kommandeur Schlolaut - daraus erwuchs der Einsatz in Altinözü. Das örtliche Krankenhaus wurde beim Erdbeben zerstört. Danach kamen zwar Bergungstrupps und Ersthelfer. "Aber die ziehen ihre Kräfte jetzt auch ab, so dass wir jetzt in diese Lücke kommen, die Behandlung fortsetzen und erstmals hier in Altinözü überhaupt medizinische und internationale Hilfe ankommt", so Schlolaut. Mehr oder weniger alltägliche, jedoch umso wichtigere Hilfe, sagt Krankenhauschef Jean. Denn zu den Folgen des Bebens gehöre es, "dass die hausärztliche Versorgung nicht sichergestellt werden kann. Dementsprechend werden wir das erstmal übernehmen." Notaufnahme rund um die Uhr Doch wenn es sein muss, können sie hier auch stationär aufnehmen. Und es gibt eine Notaufnahme rund um die Uhr. Über sprachliche Barrieren helfen rund zehn Soldaten mit türkischen Wurzeln hinweg. Einer von ihnen ist Oberfeldapotheker Recep. Für ihn ist der Einsatz mehr als Beruf, eher eine Herzensangelegenheit. Denn die Berichte über das Erdbeben gehen ihm nahe, sagt er. "Deswegen hoffe ich auch, dass ich mit meinem Beitrag hierzu zur Hilfeleistung, zur Verständigung beitragen kann." Bundeswehr bleibt bis Ende Mai Doch die Bundeswehr bleibt mit ihrem Feldkrankenhaus in Altinözü nur bis Ende Mai. Länger gehe es nicht, so Kommandeur Schlolaut. Denn die Einrichtung fehle ja für militärische Einsätze: "Diese haben wir für diesen wichtigen Auftrag rausgenommen, nehmen dort jetzt zeitweise ein Lücke in Kauf. Deswegen müssen wir diese Behandlungseinrichtung am Ende auch zurückführen , dass sie ihrem eigentlichen militärischen Auftrag wieder zugeführt wird." Hoffen auf ein Bleiben In Altinözü versteht man das zwar. Der zuständige Gouverneur Osman Kaymak hofft jedoch, dass es noch zu einem Sinneswandel kommt. "Ich denke, wenn unsere deutschen Freunde den großen Bedarf hier sehen, dann werden sie sich vielleicht entscheiden, länger zu bleiben. Ich erwarte das ehrlich gesagt auch - und habe es auch schon angesprochen." Logistisch wäre das sicher möglich. Planung und Aufbau hätten sich dann auch mehr gelohnt. Die Generatoren jedenfalls halten länger durch. | /ausland/europa/erdbeben-tuerkei-187.html |
2023-03-23 | China-Einstieg bei HHLA verzögert sich | Hamburger Hafen | Der geplante Einstieg der chinesischen Reederei COSCO beim Hamburger Hafen verzögert sich. Wann die Genehmigung aus dem Bundeswirtschaftsministerium zur Beteiligung vorliegen wird, bleibt unklar.
mehr | Der geplante Einstieg der chinesischen Reederei COSCO beim Hamburger Hafen verzögert sich. Wann die Genehmigung aus dem Bundeswirtschaftsministerium zur Beteiligung vorliegen wird, bleibt unklar. Der umstrittene Einstieg der chinesischen Containerreederei COSCO bei einem Terminal im Hamburger Hafen ist noch immer nicht genehmigt. Man warte seit mittlerweile 18 Monaten auf die finale Genehmigung durch das Bundeswirtschaftsministerium, sagte HHLA-Chefin Angela Titzrath. Man habe bereits alle Auflagen des Bundesministeriums in den Verträgen mit COSCO umgesetzt, nun warte sie auf eine zügige Rückmeldung, sagte Titzrath. Die Bundesregierung müsse sich der Verantwortung für den Hamburger Hafen bewusst sein. China sei mit Abstand größter Handelspartner des Hafens. Strittige Beteiligung Die Bundesregierung hatte im Oktober trotz massiver Bedenken den Weg für den Einstieg der Chinesen bei einem HHLA-Terminal frei gemacht. Statt der anfangs geplanten Beteiligung von 35 Prozent an der Betreibergesellschaft des Containerterminals Tollerort genehmigte sie aber nur einen Anteil der Chinesen von 24,9 Prozent und untersagte Sonderrechte. Die HHLA strebt die Beteiligung mit COSCO an, um auch künftig Ladung zu binden. Geschäftsjahr 2022 von Ukraine-Krieg geprägt Im vergangenen Jahr hatte das operative Ergebnis mit gut 220 Millionen Euro deutlich über den Erwartungen gelegen. "Das Geschäftsjahr 2022 war geprägt von dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, dessen Auswirkungen und den Störungen der globalen Lieferketten", sagte Titzrath. Der Containerumschlag schrumpfte wegen der Auswirkungen des Kriegs Russlands gegen die Ukraine und den Corona-Lockdowns in China um knapp acht Prozent auf rund 6,4 Millionen Boxen. Für das kommende Jahr rechnet der Konzern mit einem deutlichen Gewinnrückgang: Weil sich die Lieferketten nach der Corona-Krise entspannen und die Einnahmen aus Lagergebühren für Container sinken, geht Konzernchefin Titzrath für 2023 von einem Betriebsergebnis (EBIT) in einer Spanne zwischen 160 und 190 Millionen Euro aus. Jahr mit vielen Unsicherheiten Dies entspreche einem Rückgang zwischen 60 und 30 Millionen Euro zum Vorjahr, teilte die HHLA heute mit. "Vor uns liegt nun erneut ein Jahr, das viele Unsicherheiten mit sich bringt", erklärte Titzrath. Sowohl beim Containerumschlag, als auch beim Transport über die Schiene und per Lkw stellte Titzrath einen moderaten Anstieg in Aussicht. Der Umsatz im Kerngeschäft Hafenlogistik werde voraussichtlich auf dem Niveau des Vorjahres liegen, der Betriebsgewinn der Sparte in einer Spanne zwischen 145 und 175 Millionen Euro landen. | /wirtschaft/unternehmen/hamburg-hafen-hhla-cosco-103.html |
2023-03-23 | Elektroauto-Exporte stark gestiegen | Deutsche Hersteller | Volkswagen, Daimler, BMW und Co. haben im vergangenen Jahr eine halbe Million Elektroautos ins Ausland exportiert. Vom Band liefen in Deutschland zuletzt aber weiterhin fast fünfmal mehr Verbrenner als E-Fahrzeuge.
mehr | Volkswagen, Daimler, BMW und Co. haben im vergangenen Jahr eine halbe Million Elektroautos ins Ausland exportiert. Vom Band liefen in Deutschland zuletzt aber weiterhin fast fünfmal mehr Verbrenner als E-Fahrzeuge. Deutsche Hersteller haben im vergangenen Jahr rund 500.000 E-Autos im Wert von 24,2 Milliarden Euro ins Ausland geliefert. Das teilte das Statistische Bundesamt hmit. Das waren 65,2 Prozent mehr als 2021. Wichtigster Abnehmer im vergangenen Jahr war Großbritannien mit einem mengenmäßigen Anteil von 14,0 Prozent. Dahinter folgen die USA mit 13,1 Prozent. Auch bei den Einfuhren gab es einen kräftigen Anstieg: Insgesamt 358.000 Elektroautos für 10,5 Milliarden Euro wurden importiert, ein Plus von 22,2 Prozent. China kauft die meisten Verbrenner Die Exporte von Verbrennern gingen hingegen leicht zurück. In den drei wichtigsten Hubraumklassen für Pkw ausschließlich mit Verbrennungsmotoren wurden insgesamt 1,48 Millionen Autos im Wert von 55,5 Milliarden Euro exportiert, mengenmäßig 0,3 Prozent weniger als 2021. Wichtigstes Abnehmerland für diese Antriebsart war die Volksrepublik China mit einem Anteil von 14,0 Prozent, gefolgt von den USA mit 11,9 Prozent. Die Importe von Verbrennern gingen ebenfalls zurück, und zwar auf rund 1,0 Millionen solcher Autos im Wert von 23,5 Milliarden Euro. Das entspricht einem Minus von 12,8 Prozent verglichen mit 2021. Unklarheit über künftige EU-Regeln Da die Zukunft von Verbrennermotoren derzeit innerhalb der EU diskutiert wird, ist ihre künftige Attraktivität für die Käufer zweifelhaft. Zwischen Berlin und Brüssel wird aktuell über die Frage gerungen, ob Autos mit diesem Antrieb nach 2035 in der EU noch neu zugelassen werden dürfen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts produziert die deutsche Automobilindustrie hierzulande noch überwiegend Autos mit klassischem Verbrennungsmotor. Die Herstellung von Elektroautos nehme jedoch deutlich zu. In den ersten drei Quartalen 2022 wurden demnach rund 375.600 E-Autos im Wert von knapp 16,2 Milliarden Euro produziert. Das waren 66,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Autos ausschließlich mit Verbrennungsmotor wurden nach einem deutlichen Produktionsrückgang im Jahr 2021 in den ersten drei Quartalen 2022 wieder etwas mehr herstellt: Insgesamt 1,7 Millionen Verbrenner liefen vom Band - fast fünfmal mehr als Elektroautos. Gegenüber den ersten drei Quartalen des vorherigen Jahres war das ein Plus von 5,7 Prozent. Plug-In-Hybride weniger beliebt Bei den hybridangetriebenen Pkw war die Entwicklung der Exporte uneinheitlich. Im vergangenen Jahr wurden 640.500 sogenannte Mild-Hybride, bei denen der Elektromotor den Verbrennungsantrieb lediglich unterstützt, ins Ausland exportiert - 16,4 Prozent mehr als 2021. Importiert wurden 272.000 Hybride, ein Anstieg von knapp einem Drittel. Bei den sogenannten Plug-In-Hybriden, die auf kürzeren Strecken als vollwertige und extern wiederaufladbare E-Autos unterwegs sind, gab es einen Export-Rückgang um vier Prozent auf 253.300 Fahrzeuge. Autoindustrie steigert Umsatz massiv Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) wurden im Jahr 2022 rund 471.000 reine Elektroautos neu zugelassen, ein Plus von 32,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr (356.000 Neuzulassungen). Demgegenüber standen 1,3 Millionen Neuzulassungen von Pkw mit Verbrennungsmotor. Damit erreichten Elektro-Pkw einen Anteil von 17,7 Prozent an den Neuzulassungen insgesamt. 2017 hatte der Anteil der E-Autos an den gesamten Pkw-Neuzulassungen noch 0,7 Prozent betragen. Die Autoindustrie ist gemessen am Umsatz die größte Branche des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland. Insgesamt 63 Unternehmen erwirtschafteten mit der Herstellung von Pkw und Pkw-Motoren 2022 einen Rekordumsatz von 385,1 Milliarden Euro, auch aufgrund der gestiegenen Preise. Das entspricht 17,4 Prozent des gesamten Umsatzes der Industrie in Deutschland. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Umsatz der Autoindustrie damit um fast ein Drittel. | /wirtschaft/unternehmen/elektroautos-importe-exporte-verbrenner-deutschland-eu-verbrenneraus-101.html |
2023-03-23 | CO2-Ausstoß von Schiffen soll sinken | EU-Pläne bis 2050 | Die EU will die CO2-Emissionen in der Schifffahrt bis zur Mitte des Jahrhunderts schrittweise reduzieren. Bis 2050 soll der Ausstoß um 80 Prozent gesenkt werden. Zudem sollen häufiger E-Fuels eingesetzt werden.
mehr | Die EU will die CO2-Emissionen in der Schifffahrt bis zur Mitte des Jahrhunderts schrittweise reduzieren. Bis 2050 soll der Ausstoß um 80 Prozent gesenkt werden. Zudem sollen häufiger E-Fuels eingesetzt werden. Große Schiffe in der EU müssen ihren Treibhausgasausstoß bis 2050 um 80 Prozent verringern. Darauf einigten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments, wie das EU-Parlament mitteilte. Von den Neuregelungen sind Schiffe ab einer Größe von 5000 Bruttoregistertonnen betroffen. Diese sind nach laut EU-Parlament für den Großteil der CO2-Emissionen in der Seeschifffahrt verantwortlich. Mehr E-Fuels in der Schifffahrt Die Unterhändler der EU-Staaten und des EU-Parlaments einigten sich konkret darauf, dass der CO2-Ausstoß bis 2035 um 14,5 Prozent, bis 2040 um 31 Prozent und bis 2045 um 62 Prozent reduziert werden soll. Die Reduktionsziele gelten nach Angaben des Parlaments für Energie, die in oder zwischen EU-Häfen verbraucht wird. Wenn der Abfahrts- oder Ankunftshafen außerhalb der EU lägen, gelten die Reduktionsziele zu 50 Prozent. Zudem sollen ab 2034 mindestens zwei Prozent erneuerbare Kraftstoffe verwendet werden. Wenn E-Fuels mit erneuerbarem Strom hergestellt werden, können diese künstlichen Kraftstoffe klimaneutral sein. Viele Ausnahmen Einer der Streitpunkte waren die zahlreichen Ausnahmeregelungen. Der an den Verhandlungen beteiligte Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen kritisierte: "Durch sehr weitreichende Ausnahmen, beispielsweise für den Inselverkehr und kleinere Schiffe, sind die vereinbarten Schlupflöcher zu groß." So sind etwa Schiffe, die kleine Inseln und Gebiete ansteuern, die wirtschaftlich in hohem Maße von ihrer Anbindung abhängen, von den Neuregelungen ausgenommen. | /wirtschaft/unternehmen/schifffahrt-emissionen-101.html |
2023-03-23 | "Es geht um etwas viel Größeres" | Proteste in Frankreich | In ganz Frankreich demonstrieren Menschen gegen die Regierung, blockieren Straßen und die Zugänge zu Universitäten und Schulen. Vielen geht es um mehr als um die Rentenreform. Nach Macrons jüngstem Auftritt ist die Wut teils noch gewachsen. Von Julia Borutta. | In ganz Frankreich demonstrieren Menschen gegen die Regierung, blockieren Straßen und die Zugänge zu Universitäten und Schulen. Vielen geht es um mehr als um die Rentenreform. Nach Macrons jüngstem Auftritt ist die Wut teils noch gewachsen. Chaos am Flughafen Charles de Gaulle bei Paris: Demonstrierende haben die Zufahrten von Terminal 1 blockiert. Reisende versuchen, zu Fuß das Gelände zu verlassen und ziehen ihre Koffer entlang der Ausfallstraßen, weil kaum S-Bahnen oder Busse fahren. Rund um den Flughafen bilden sich lange Staus, die Nerven liegen bei einigen Autofahrern schon am Morgen blank. Rund die Hälfte der TGV-Verbindungen fällt heute aus. Auch im Nahverkehr fahren deutlich weniger Züge als sonst. Seit sich Präsident Emmanuel Macron in seinem gestrigen Fernsehinterview unnachgiebig gezeigt hat, ist die Wut noch einmal gewachsen, sagt Mustapha Zoufir von der Gewerkschaft CFDT im Süden Frankreichs einem Lokalreporter von BFMTV. Wir sind wütend. Mit dem Artikel 49.3 hat er die Demokratie verleugnet. Dann stellt er sich da ins Fernsehen und gießt auch noch Öl ins Feuer. Wir machen weiter und zeigen dem Präsidenten unseren Unmut, damit er die Reform zurückzieht. Wir geben nicht auf. Streiks auch bei Müllabfuhr und in Grundschulen Auch bei der Müllabfuhr wird weiter gestreikt. Nur eine von vier Total-Raffinerien ist noch in Betrieb, andere haben die Produktion drosseln müssen. Rund 15 Prozent der Tankstellen im Land fehlt bereits mindestens ein Treibstoff. Auch das Kerosin wird knapp. Und in den Grundschulen streiken nach Angaben der Gewerkschaft Snuipp-FSU 40 bis 50 Prozent der Lehrkräfte. Die Regierung hofft, dass dies das letzte große Aufbäumen der Anti-Reform-Bewegung sein wird, doch das ist längst nicht ausgemacht. Norbert Meler, Bürgermeister der kleinen Stadt Foix südlich von Toulouse, erklärt: "Die Aussagen des Präsidenten gestern haben nicht gerade Enthusiasmus ausgelöst. Unsere Mitbürger demonstrieren gerade gegen die Rentenreform, aber ihre Wut sitzt viel tiefer." Es gehe um die Frage, wie sie am Ende des Monats über die Runden kommen sollen, so Meler. Es gehe auch um den öffentlichen Dienst, um die Gesundheitsversorgung. Das sei auf dem Land alles schwierig geworden. "Es geht also um etwas viel Größeres." Bis zu 800.000 Demonstrierende erwartet Die Polizei rechnet heute mit 600.000 bis 800.000 Demonstrierenden landesweit. In vielen Orten kommt es zu spontanen Blockaden von Straßen, Schienen oder Eingängen. Am Nachmittag soll sich der Protestzug in Paris in Bewegung setzen. Er verläuft zwischen Bastille und der Place Opera, im Herzen eines der touristischsten Viertel der Hauptstadt. Dieser Platz ist klein und die Sorge groß, dass es dort am Abend zu Zusammenstößen mit der Polizei kommen könnte. Der Chef der gemäßigten Gewerkschaften CFDT, Laurent Berger, verurteilte mögliche Ausschreitung aufs Neue, sieht aber die Verantwortung dafür bei der Regierung. "Wir werden alles dafür tun, dass es gut verläuft", sagt er. "Aber wir haben auch nicht alles im Griff. Wir haben gewarnt, dass die Stimmung explosiv werden könnte, wenn man den Menschen nicht zuhört. Man muss die Verbitterung der Menschen doch mal hören. Im Moment, wo sich die Wut Bahn bricht, wird es schwierig." Alleine 5000 Polizistinnen und Polizisten werden in Paris im Einsatz sein. Arbeitsminister Olivier Dussopt hat am Morgen im Interview mit RTL beteuert, den sozialen Dialog wieder in Gang bringen zu wollen. Es warteten andere wichtige Gesetze rund um das Thema Arbeit darauf, gemeinsam debattiert zu werden. Da gehe es um die Arbeitsbedingungen der Menschen und um Ausbildung. Dass er mit dieser Botschaft heute durchdringt, ist unwahrscheinlich. | /ausland/frankreich-protesttag-101.html |
2023-03-23 | Was die DNA-Funde in Wuhan beweisen | Studie zu Corona-Ursprung | Genetische Untersuchungen vom Wildtiermarkt in Wuhan zeigen eine enge Vermischung der DNA von Marderhunden und dem Coronavirus. Wieso wurden die Daten erst jetzt bekannt? Und ist damit der tierische Ursprung der Pandemie bewiesen?
mehr | Genetische Untersuchungen vom Wildtiermarkt in Wuhan zeigen eine enge Vermischung der DNA von Marderhunden und dem Coronavirus. Wieso wurden die Daten erst jetzt bekannt? Und ist damit der tierische Ursprung der Pandemie bewiesen? Was wurde entdeckt? Virologen sind auf bislang unbekannte genetische Analysen vom Wildtiermarkt in Wuhan gestoßen. Diese stammen von Anfang 2020, also dem Beginn der Pandemie. Die genetischen Sequenzen seien aus Abstrichen gewonnen worden, die an und in der Nähe von Marktständen genommen wurden. Sie seien von Forschern des chinesischen Zentrums für Seuchenkontrolle und -prävention (CCDC) in die frei zugängliche Genomdatenbank GISAID eingestellt und dort Anfang März von Wissenschaftlern um die Französin Florence Débarre - quasi zufällig - entdeckt und analysiert worden. So schreiben es die Forscher in einer Preprint-Studie, die am Montag veröffentlicht wurde. Was leiten die Experten aus den Daten ab? Eine Auswertung ergab den Forschern zufolge, dass Marktproben, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden waren, auch tierisches Genmaterial enthielten - unter anderem vom Marderhund. Diese Tiere sind laut den Forschern "für eine SARS-CoV-2 Infektion anfällig und können genügend Virus ausscheiden, um es auf andere Arten zu übertragen." Sie stehen deshalb schon länger als Zwischenwirt im Verdacht, die das Virus auf den Menschen übertragen haben könnten. Wie US-Medien berichten, schließen die Wissenschaftler aus der Art der Probenentnahme, dass an den betroffenen Stellen ein mit dem Coronavirus infizierter Marderhund gewesen sein könnte. Die Virologin Angela Rasmussen, die an der Analyse beteiligt war, sagte in "The Atlantic": "Das ist ein sehr starker Hinweis, dass Tiere auf dem Markt infiziert waren. Es gibt keine andere sinnvolle Erklärung." Der Mikrobiologe Fabian Leendertz von One Health Institute in Greifswald betont jedoch, dass damit nicht zweifelsfrei bewiesen sei, dass Marderhunde wirklich infiziert waren. "Es könnte auch sein, dass infizierte Menschen das Virus dorthin getragen haben. Oder dass ein anderes Tier das Virus übertragen hat." Wichtig sei aber die Erkenntnis, dass Marderhunde definitiv auf dem Markt gehandelt wurden - denn das sei lange von den chinesischen Behörden abgestritten worden. Warum kommt diese Entdeckung erst jetzt? Es handelt sich um einen Zufallsfund. Nachdem Débarre und ihre Kollegen die chinesischen Autoren am 9. März kontaktiert hatten, ließen diese die Daten zwei Tage später von GISAID löschen - die westlichen Forscher hatten die Daten jedoch schon heruntergeladen. Die Gründe für das Löschen sind unbekannt. Ist damit der Ursprung des Coronavirus geklärt? Nein. Aber die Erkenntnisse stützen laut Beobachtern die von vielen Wissenschaftlern vertretene These, dass das Virus einen natürlichen Ursprung hat und nicht aus einem Labor stammt. "Das vorläufige Ergebnis untermauert stark meine seit Beginn der Pandemie geäußerte Vermutung eines Ursprungs in Marderhunden oder anderen Fleischfressern wie zum Beispiel Schleichkatzen", erklärte etwa der Berliner Virologe Christian Drosten. Auch Leendertz sieht in den jüngsten Veröffentlichungen ein "wichtiges Puzzlestück". Einen definitiven Beweis, wie das Virus in die Welt kam, werde es wahrscheinlich nie geben, denn die Tiere seien nicht mehr am Leben. Aber die Entdeckung mache die bestehende Hypothese plausibler. Welche Rolle spielen die chinesischen Behörden? Dass diese Daten erst so spät und auch nur zufällig ans Licht kommen, dürfte viele Beobachter verärgern. Der Vorsitzende der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, kritisierte Chinas Informationspolitik. "Diese Daten hätten schon vor drei Jahren zur Verfügung gestellt werden können, und das hätte auch passieren müssen. Wir rufen China erneut auf, transparent zu sein, indem es Daten zur Verfügung stellt, und wir fordern China auf, die nötigen Untersuchungen durchzuführen und über die Resultate zu berichten." Leendertz nennt die Kommunikation der Chinesen "extrem unglücklich". Möglicherweise solle so die Fellproduktion, die ein großer Wirtschaftszweig in dem Land sei, geschützt werden. Denn Marderhunde werden vor allem wegen ihres Fells gehalten - das auch in europäischen Produkten landet. Laut dem Zoonosen-Experten, der in die Suche der WHO nach dem SARS-CoV-2-Ursprung eingebunden war, gab es bereits in dem ersten Bericht der WHO zur Untersuchung des Ursprungs von SARS-CoV-2 die Empfehlung die Proben auch auf Säugetier-DNA zu untersuchen. "Warum das nicht direkt gemacht wurde, weiß ich nicht. Das widerspricht eigentlich der üblichen wissenschaftlichen Praxis." Was folgt aus der Entdeckung? Die neuen Daten liefern einen starken Hinweis auf den Zwischenwirt. Nun sei es geboten, zu schauen, wie das Virus in die Welt kam beziehungsweise auf den Zwischenwirt übertragen wurde: "Was jetzt fehlt, ist, weiter rückwärts zu schauen - wo kommen die Wildtiere her, die dort gehandelt wurden? Wo haben die Marderhunde oder andere empfängliche Tiere, die dort gehandelt wurden, möglicherweise das Virus her?", so Leendertz. Hier stünden Fledermäuse oder andere Kleinsäuger im Fokus. "Da mal eine systematische Studie mit einer guten Stichprobengröße, das wäre sehr sinnvoll, nicht erst jetzt - sondern schon lange." | /wissen/gesundheit/corona-ursprung-wuhan-marderhunde-101.html |
2023-03-23 | Wenn im Hospiz kein Platz ist | Regionale Unterversorgung | In stationären Hospizen werden Sterbende bis zuletzt begleitet. Doch in einigen Regionen Deutschlands gibt es zu wenige Plätze. Und dann ist da noch die Personalnot. Von Lucretia Gather. | In stationären Hospizen werden Sterbende bis zuletzt begleitet. Doch in einigen Regionen Deutschlands gibt es zu wenige Plätze. Und dann ist da noch die Personalnot. Patricia Mollnau streicht Marmelade auf eine Scheibe Toast und schneidet sie in kleine Stücke. Es ist 10 Uhr im Christophorus-Hospiz in Mainz. Im Krankenhaus wäre jetzt Zeit für die Visite, hier bereitet die Pflegekraft gerade das Frühstück für einen älteren Herrn zu, der am Tisch sitzt und die Tageszeitung liest. Im Hospiz ticken die Uhren anders. "Jeder Gast bestimmt seinen Tagesablauf selbst", erzählt sie. "Einige schlafen bis 12 und frühstücken erst dann, andere wollen gar nichts essen. Wir richten uns nur nach dem Wunsch der Gäste." Gäste, keine Patienten Wer hierher ins Hospiz kommt, ist Gast, kein Patient mehr. Denn eine Heilung ihrer Krankheit ist nicht mehr möglich. Nur noch Linderung der Beschwerden durch palliativmedizinische Versorgung mit Medikamenten und andere Behandlungsmethoden. Wer ins Hospiz einzieht, weiß, dass er bald sterben wird. So wie Claudia Weber. Die 50-Jährige leidet seit vielen Jahren an Krebs, ihre Krankheit schreitet voran. Seit einigen Monaten ist sie bettlägerig, seit wenigen Wochen lebt sie hier im Hospiz, weil eine Versorgung zu Hause nicht mehr möglich war. Die Belastung für ihren Mann und den zwölf Jahre alten Sohn war zu groß. Ein wertvolles Leben bis zuletzt Pflegerin Patricia Mollnau massiert ihr die Beine, um die Schwellung zu verringern. "Wir wollen den Menschen hier die bestmögliche Lebensqualität bieten", erklärt Mollnau. "Es geht bei uns nämlich nicht nur um das Thema Sterben, sondern vor allem um das Leben - und das soll wertvoll sein, bis zuletzt." Diese persönliche Zuwendung mache auch ein guter Betreuungsschlüssel möglich, erklärt Mollnau, denn hier kümmere sich jede Pflegekraft um maximal vier Gäste. Acht Betten - viel zu wenig Das Christophorus-Hospiz in Mainz hat acht Betten. Mehrmals täglich rufen Interessenten an, berichtet die stellvertretende Pflegedienstleiterin Carmen Zimmermann. Nicht nur Privatpersonen und Angehörige, sondern auch Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die Patienten ins Hospiz verlegen möchten. "Leider müssen wir die Anrufer sehr häufig vertrösten, denn wir haben einfach zu wenig Kapazitäten", erklärt Zimmermann. Das sei frustrierend, besonders wenn sie die Not der Menschen am anderen Ende der Leitung spüre. Zimmermann verweist die Anrufenden dann an andere Hospize in der Region oder, wenn es dringend ist, an ambulante palliative Dienste. Etwa 260 stationäre Hospize in Deutschland Deutschlandweit gibt es nach Angaben des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands (DHPV) etwa 260 stationäre Hospize für Erwachsene und 19 solcher Einrichtungen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Zudem gibt es in Krankenhäusern etwa 340 eigene Palliativstationen, auf denen ebenfalls schwerstkranke Menschen versorgt werden. Hinzu kommen 1500 ambulante Hospizdienste und sogenannte Teams der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV). Regionale Unterversorgung Insgesamt sei die Versorgung sterbender Menschen in Deutschland also durchaus gewährleistet, erläutert eine Sprecherin des DHPV. Aber der Bedarf an stationären Hospizplätzen sei in manchen Regionen größer als das Angebot. Vor allem im ländlichen Raum und im Osten gebe es mancherorts eine Unterversorgung. Für die Versorgungslücke in Mainz und Umgebung ist eine Lösung schon in Sichtweite: In der Nähe der Landeshauptstadt entsteht in Ingelheim ein neues Hospiz, berichtet Markus Hansen, Leiter der Caritas Altenhilfe St. Martin Rheinhessen gGmbH, die als Träger fungiert. Im kommenden Jahr soll es fertig sein und zehn Plätze bieten. Zu wenig Pflegekräfte Das sei gut, meint Hansen, bringe aber auch neue Herausforderungen mit sich. Denn schon jetzt sei es schwierig, Menschen für den Pflegeberuf zu motivieren. Der Fachkräftemangel sei hinlänglich bekannt. "Wenn wir jetzt für unser neues Hospiz Pflegekräfte gewinnen wollen, dann ziehen wir sie gleichzeitig aus Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen ab", sagt Hansen. In einer solchen Situation flächendeckend mehr Hospize zu bauen, sei nicht die Lösung: "Solange wir kein Personal haben, können wir keine neuen Plätze schaffen." Stattdessen müsse die ambulante Hospizversorgung in manchen Regionen gestärkt werden. | /inland/gesellschaft/hospiz-platzmangel-101.html |
2023-03-23 | Neues Gesetz erschwert Absetzung von Netanyahu | Israel | In Israel wird es deutlich schwerer, einen Regierungschef abzusetzen. Nur noch eine Dreiviertelmehrheit im Kabinett kann ihn aus bestimmten Gründen des Amtes entheben. Die Opposition will dagegen vor dem Höchsten Gericht klagen.
mehr | In Israel wird es deutlich schwerer, einen Regierungschef abzusetzen. Nur noch eine Dreiviertelmehrheit im Kabinett kann ihn aus bestimmten Gründen des Amtes entheben. Die Opposition will dagegen vor dem Höchsten Gericht klagen. Israels Parlament hat ein Gesetz ratifiziert, das den Ministerpräsidenten vor einer Amtsenthebung schützen soll. Mit 61 zu 47 Stimmen billigte die Knesset den Entwurf. Es legt fest, dass ein israelischer Ministerpräsident nur aus gesundheitlichen oder mentalen Gründen als regierungsunfähig eingestuft werden kann. Gleichzeitig kann nur der Amtsinhaber oder eine Dreiviertelmehrheit des Kabinetts diese Entscheidung treffen. Ein Korruptionsverdacht oder ein Interessenkonflikt reichen als Gründe für einen solchen Schritt nicht aus. Korruptionsprozess gegen Netanyahu Dies ist die erste von mehreren höchst umstrittenen Gesetzesänderungen der neuen rechtsreligiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, die vom Parlament abschließend gebilligt wurde. Mit ihnen soll die Macht der Justiz eingeschränkt werden. Kritiker sagen, das Gesetz sei auf Netanyahu zugeschnitten, fördere die Korruption und vertiefe die Kluft zwischen den Israelis. Gegen den 73-Jährigen läuft seit längerer Zeit ein Korruptionsprozess. Mit der Gesetzesänderung soll eine Einflussnahme des Höchsten Gerichts oder der Generalstaatsanwaltschaft auf eine mögliche Amtsenthebung verhindert werden. Generalstaatsanwältin ist ausgeschlossen Zuvor waren die Einzelheiten für ein Absetzungsverfahren nicht genau festgelegt. Laut dem unparteiischen Israel Democracy Institute (IDI) hatte das Gesetz in seiner vorherigen Form es leichter gemacht, Netanyahu im Rahmen der Korruptionsverfahren, die gegen ihn laufen, abzusetzen. Nun werde ausgeschlossen, dass die Generalstaatsanwältin, die gegen den Regierungschef ermittelt, Netanyahu für untauglich erkläre, sagte IDI-Experte Amir Fuchs. Allerdings wäre dies ohnehin unwahrscheinlich gewesen, so der Experte. Netanyahu sieht darin den Versuch, ihn abzusetzen. Er bestreitet ein Fehlverhalten und weist Vorwürfe zurück, er wolle einen Prozess durch die Gesetzesänderung umgehen. "Unanständig und korrupt" Die Opposition verurteilte das neue Gesetz als "unanständig und korrupt". Der Oppositionspolitiker Avigdor Lieberman kündigte an, vor dem Höchsten Gericht dagegen vorzugehen. Die frühere Außenministerin Zipi Livni sagte: "Entweder wird Israel ein jüdischer, demokratischer und fortschrittlicher Staat sein oder ein religiöser, totalitärer, scheiternder, isolierter und abgeschotteter Staat." In Israel gibt es seit rund drei Monaten heftige Proteste gegen die geplante Schwächung der Justiz. Bemühungen um einen Kompromiss waren aber bisher erfolglos. Es mehren sich Warnungen, das Land steuere auf eine Staatskrise hin. Demonstranten protestierten erneut. Sie blockierten wichtige Straßen, steckten Reifen in der Nähe eines Seehafens in Brand und drapierten eine riesige israelische Flagge und eine Kopie der Unabhängigkeitserklärung des Landes an den Mauern der Jerusalemer Altstadt. | /ausland/asien/israel-regierungschef-absetzung-verfahren-101.html |
2023-03-23 | Europäisches Signal gegen Kreml-Einfluss | Baerbock in Nordmazedonien | Bundesaußenministerin Baerbock besucht heute und morgen Nordmazedonien und Georgien. Dabei geht es um deren Aussichten, Mitglieder der Europäischen Union zu werden - und um russischen Einfluss. Von Kai Küstner. | Bundesaußenministerin Baerbock besucht heute und morgen Nordmazedonien und Georgien. Dabei geht es um deren Aussichten, Mitglieder der Europäischen Union zu werden - und um russischen Einfluss. Dass Deutschland und Europa die Länder an der Türschwelle zur EU jahrelang vernachlässigten, ist schwer zu leugnen. Dazu zählte vor allem der westliche Balkan - und damit auch Nordmazedonien, ein Land, das seit sage und schreibe 2005 den Status des offiziellen Beitrittskandidaten genießt, also bereits vor knapp 20 Jahren im Wartezimmer der EU Platz nahm. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist das Interesse auch Deutschlands am Balkan neu erwacht. Schon damit diese Staaten nicht dem Einfluss Moskaus anheimfallen. "Der Platz von Nordmazedonien ist ebenso wie der unserer anderen Partner des westlichen Balkans in der EU", versicherte nun Außenministerin Annalena Baerbock kurz vor ihrer Abreise nach Skopje. Baerbock fordert Verfassungsänderung Die Grünen-Politikerin ermuntert den Balkanstaat, der bereits NATO-Mitglied ist, insbesondere zu einer Verfassungsänderung. Die soll einen langen Streit mit dem Nachbarn Bulgarien entschärfen, indem die Rechte der bulgarischen Minderheit in Nordmazedonien gestärkt werden. Diese Verfassungsänderung würde "in die gesamte Region das Signal senden: Wir wollen den EU-Beitritt unbedingt", erklärte Baerbock. Der Schritt gilt als Voraussetzung dafür, dass erste Verhandlungskapitel mit Brüssel geöffnet werden. EU besteht auf Reformen in Georgien Noch etwas komplizierter ist die Lage in Georgien, das die Außenministerin anschließend besucht. Der russische Nachbar beantragte den EU-Beitritt erst im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Ukraine: Den offiziellen Kandidatenstatus hat Georgien noch nicht. Die EU besteht zuvor auf Reformen. Die Bevölkerung des Kaukasus-Staats ist mit überwältigender Mehrheit pro-europäisch orientiert. Die Regierung jedoch gilt durchaus als Russland-nah. Als sie Anfang März versuchte, ein Gesetz nach russischer Bauart zur Registrierung vom Ausland finanzierter Medien und Organisationen durchzusetzen, trieb das Zehntausende in Tiflis auf die Straße. Das Gesetz wurde gestoppt. "Wir sehen den Druck, dem das Land von innen und außen ausgesetzt ist", erklärte Baerbock vor ihrer Abreise. Sie erinnerte daran, dass noch Schritte gegangen werden müssten, um offizieller EU-Beitrittskandidat zu werden, unter anderem mit Blick auf freie Medien und eine lebendige Zivilgesellschaft. Außer Zweifel steht: Die Frage des russischen Einflusses stellt sich in Georgien noch viel dringlicher als auf dem Balkan. | /ausland/europa/baerbock-nordmazedonien-101.html |
2023-03-23 | Lemke fordert Sondergesandten für Wasser | UN-Wasserkonferenz | In New York hat die UN-Wasserkonferenz begonnen. Generalsekretär Guterres mahnte, es bedürfe eines Quantensprungs beim Kampf gegen den Wassermangel. Bundesumweltministerin Lemke forderte einen UN-Sondergesandten für Wasser. Von Antje Passenheim. | In New York hat die UN-Wasserkonferenz begonnen. Generalsekretär Guterres mahnte, es bedürfe eines Quantensprungs beim Kampf gegen den Wassermangel. Bundesumweltministerin Lemke forderte einen UN-Sondergesandten für Wasser. Es muss schneller gehen. Es muss weniger geredet und dafür mehr getan werden - das unterstreichen die Redner des ersten Gipfels fürs Wasser seit fast 50 Jahren. Die Bekämpfung der Wasserkrise sei von zentraler Bedeutung, hebt auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke hervor: "Das Wasser ist der Kern der drei Haupt-Umweltkrisen: Klimawandel, Artensterben und Umweltverschmutzung." Wasserverschmutzung, Dürren und Überschwemmungen gefährdeten die weltweiten Rechte und die Pariser Klimaziele. Deshalb müsse die Weltgemeinschaft zusammenarbeiten. Wasser mache nicht an Landesgrenzen halt. "Aus diesem Grund ist es von entscheidender Bedeutung, zwischenstaatliche Vereinbarungen zur grenzüberschreitenden Wasserbewirtschaftung zu fördern", so Lemke, die auch regelmäßige Wasserkonferenzen und einen UN-Sondergesandten für Wasser forderte: Diese Initiative hat bereits die Unterstützung von 150 Delegationen. Deutschland ist bereit, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Denn wir sind überzeugt, dass nur ein Sondergesandter sicherstellen kann, dass Wasser künftig eine Priorität in der multilateralen Zusammenarbeit bleibt. Guterres schlägt Alarm Vorher hatte UN-Generalsekretär António Guterres angesichts einer weltweit drohenden Wasserkrise Alarm geschlagen: "Wasser ist das Herzblut zum Leben", sagte er - und: Die Welt sei in großen Schwierigkeiten. Wir saugen diesen Lebenssaft der Menschheit ab - durch vampirischen Überkonsum und nicht nachhaltige Nutzung. Wir lassen das Wasser durch unsere globale Heizung verdampfen. Wir haben den Wasserzyklus durchbrochen, Ökosysteme zerstört und das Grundwasser verseucht. Fast drei von vier Naturkatastrophen hingen mit Wasser zusammen. Es brauche deshalb neue Wege, das "Lebenselixier der Menschheit" aufzubereiten und zu sparen. Guterres forderte ein globales Informationssystem, um den Wasserbedarf in Echtzeit vorherzusagen. Auch müsse ein Frühwarnsystem gegen gefährliche Klima- oder Wetterereignisse her. Kurz vor der Konferenz hatte eine UN-Studie gewarnt: Die weltweite Trinkwasserknappheit werde sich weiter verstärken. Die bisherigen Fortschritte beim Erreichen des UN-Nachhaltigkeitsziels zum Zugang zu Wasser für alle Menschen seien unzureichend. Es brauche eine mindestens viermal so schnelle Geschwindigkeit, um die Ziele umzusetzen. Auf der Konferenz soll am Ende über ein nicht-verbindliches Aktionspapier abgestimmt werden. | /ausland/amerika/un-wasserkonferenz-105.html |
2023-03-23 | Was nach den Containern kommt | Flüchtlingsunterkünfte in Dresden | Bloß keine Turnhallen: Um Geflüchtete unterzubringen, nehmen Kommunen viel Geld in die Hand. Wohncontainer sollen Platz und sozialen Frieden schaffen - auch in Dresden. Doch die Stadt hat genug von kurzfristigen Lösungen. Von T. Vorreyer. | Bloß keine Turnhallen: Um Geflüchtete unterzubringen, nehmen Kommunen viel Geld in die Hand. Wohncontainer sollen Platz und sozialen Frieden schaffen - auch in Dresden. Doch die Stadt hat genug von kurzfristigen Lösungen. Vom Sachsenplatz in Dresden sind es nur fünfzehn Fußminuten in die berühmte Altstadt, immer an der Elbe entlang. Bis zur Bombennacht 1945 stand hier eine Kaserne. Heute dient die Wiese als Parkplatz für ein Pflegeheim und eine Reihe Zehngeschosser. Neulich hing ein Aushang der Wohnungsbaugenossenschaft im Hausflur: Aus dem Parkplatz könnte eine Flüchtlingsunterkunft werden. 152 Plätze, vornehmlich für Alleinreisende, will die Stadt hier bis zum Sommer errichten - 36 Wohncontainer in Reihen von je zweimal vier. WC, Bad und Küche kommen extra hinzu. Kosten für zwei Jahre: geschätzt 6,7 Millionen Euro. Deutschlandweit werden solche Container-Unterkünfte derzeit geplant und gebaut, am Rand von Gewerbegebieten oder in Häfen, seltener in Wohngebieten wie am Sachsenplatz. Gleich neun Standorte hat die Stadt Dresden ausgewählt, um so über 800 Menschen Obhut zu bieten. "Schon jetzt mehr als 2015" "Es gibt de facto keinen Standort, der unkritisch ist", sagt der Baubeigeordnete Stephan Kühn. Seine Verwaltung habe vor einem halben Jahr begonnen, alle städtischen Flächen "abzugrasen". Groß sei die Auswahl nach umfangreicher Prüfung nicht gewesen. Es mangele an freien Flächen und an den neun Standorten werde zumindest in den nächsten zwei Jahren nichts anderes gebaut, sagt der Grünen-Politiker. Eine erste, bereits beschlossene Container-Unterkunft soll im Frühling den Betrieb aufnehmen. Parallel versucht die Stadt weiter, Hotels anzumieten und neue Objekte zu erschließen. Schon jetzt wurden in einer Veranstaltungshalle und einem Gebäude des ehemaligen VEB Kombinat Robotron kurzfristig jeweils rund 300 Plätze geschaffen. Dafür konnte eine Notunterkunft in der Messe abgebaut werden. Einige Hundert Plätze sind in Hotels angemietet. Doch all das reicht nicht. 1600 Asylsuchende wurden Dresden 2022 vom Land zugewiesen. In diesem Jahr rechnet die Stadt mit 2200. Menschen aus der Ukraine sind da nicht eingerechnet. Schon jetzt verzeichne man mehr Zugänge "als in den Jahren 2015 bis ’17", sagt Kühn. Dabei fänden die meisten Einreisen erst im Herbst statt. Die Container seien daher die einzige Möglichkeit, rechtzeitig Kapazitäten zu schaffen - und keine Turnhallen belegen zu müssen. Auch Zeltunterkünfte seien keine Option. Kosten von 47 Millionen Euro Für die "mobilen Raumeinheiten", wie die Stadt die Container nennt, plant sie mit Kosten von 47 Millionen Euro, verteilt auf zwei Jahre. Elf Millionen Euro entfallen auf Miete, Planung und Errichtung der die Container, 19 Millionen Euro kostet der Wachschutz. Für einen Großteil des Geldes muss die Finanzierung noch gefunden werden. Laut Gesetz soll der Freistaat Sachsen später 90 Prozent davon übernehmen. Noch sind die Kosten pro Kopf gerechnet fast dreimal so hoch wie die Pauschale, die Sachsen derzeit auszahlt. Laut der Sozialbeigeordneten Kristin Kaufmann sind temporäre Unterkünfte langfristig gesehen am teuersten, die Unterbringung in Wohnungen hingegen am billigsten. Nur habe man weder die Zeit noch die Wohnungen, so die Linken-Politikerin. Eine einzige große Container-Unterkunft für Hunderte Menschen, wie sie derzeit etwa in Upahl in Mecklenburg-Vorpommern für hitzige Diskussionen sorgt, sei bewusst nicht geplant worden. Schon 2017 hatte Dresdens Stadtrat beschlossen, nur Unterkünfte bis maximal 65 Plätze einzurichten. Um Integration vor Ort zu gewährleisten, aber auch für "ein Mindestmaß an Privatsphäre, Schutz- und Rückzugsräumen" für die Bewohner, sagt Kaufmann. Dass nun einige Standorte wie der Sachsenplatz dennoch größer werden, sei der Gesamtlage geschuldet. Kaufmann zeigt sich dennoch sicher, dass die Betreuung gelingen wird. "Wir sind keine Rookies", sagt sie. Jeder Geflüchtete werde in Dresden bedarfsgerecht und in seiner Muttersprache begleitet. "Unsere Migrationssozialarbeiter helfen, wenn es um Sprache geht, um Bildung oder einen Kita- oder Schulplatz." Sie würden zugleich Werte und Normen vermitteln und als Netzwerker für die Geflüchteten fungieren. Zumindest den Personalmangel, den andere Kommunen beklagen, gibt es laut Stadtverwaltung in Dresden nicht. "Wollen Fehler nicht wiederholen" Doch die Container-Bauten sind Plan B für einen Plan A, der noch unvollendet ist: Kristin Kaufmann und Stephan Kühn wollen in Dresden dauerhafte Unterkünfte schaffen. Schon nach 2015/16 hätte man solche Standby-Kapazitäten aufbauen müssen, sagt Kühn. Nur gab es damals weder Geld von Bund und Land, noch die Weitsicht, dass die Zuwanderung dauerhaft hoch bleiben würde. "Wir wollen diesen Fehler nicht wiederholen", sagt Kühn. Vier Gebäude in der Stadt sollen "durchsaniert" werden. Kostenpunkt in zwei Fällen: je sechs bis sieben Millionen Euro. "Bisher habe ich dafür null Euro im Haushalt", sagt Kühn. Der Soziologe Özgür Özvatan begrüßt solche Überlegungen. Beim Umgang mit Fluchtmigration erlebe man bislang "viele Ad-hoc-Regelungsversuche, aber keine auf Dauer angelegte Programmatik", sagt der Forscher vom Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung. Selbst die Unterbringung in Containerbauten sei aus humanitärer Sicht schwierig, in der aktuellen Wohnungsknappheit erscheine sie "vielerorts aber als übergangsweise pragmatisch", sagt Özvatan. Gegen Alternativen wie Notunterkünfte in Turnhallen spreche, dass diese oft als "lebensnahe Beispiele dafür gesehen werden, dass Neue kommen und Infrastruktur vereinnahmen". Das werde symbolisch aufgeladen und könne vor Ort "problemzentrierte Konkurrenzdynamiken" auslösen. In den vergangenen Jahren habe es einen dramatischen Anstieg von Angriffen auf Notunterkünfte gegeben, betont Özvatan. Hinzu kämen Bedrohungen für Kommunalpolitikerinnen und -politiker. Ähnliche Überlegungen wie in Dresden hatte zuletzt auch der Landrat des Kreises Mittelsachsen, Dirk Neubauer, geäußert. Beide Kommunen hoffen auf Unterstützung von höherer Ebene. Beim sächsischen Innenministerium rennen sie damit keine offene Türen ein. Das Ministerium stellt gegenüber tagesschau.de keine zusätzlichen Hilfen in Aussicht. Im Gegenteil: Weil für Jahre mit niedrigeren Zuwanderungszahlen auch eine Nutzung für andere Zwecke zur Diskussion steht, müsse geprüft werden, inwieweit sich die Projekte im bestehenden "pauschalierten Abrechnungssystem wiederfinden" würden. Eine Idee hat man dennoch, woher das Geld kommen könnte. Sachsen gehört zu den Bundesländern, die bislang kaum oder gar nicht von freien Liegenschaften des Bundes profitieren. Diese hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser mehrfach den Kommunen und Ländern als Unterkünfte in Aussicht gestellt. Wenn es diese weiterhin nicht gebe, schreibt nun das sächsische Innenministerium, erwarte man "einen angemessenen Anteil an finanzieller Beteiligung des Bundes", sprich: mehr Geld, das dann, so schreibt es das Ministerium, für die Schaffung dauerhafter Kapazitäten verwendet werden könnte. "Nicht eine Frage des Ob, sondern des Wie" Aber das ist Zukunftsmusik. Und so beginnt Kristin Kaufmann in diesen Tagen eine Tour durch Dresden, um die Container-Pläne vorzustellen. Ende März soll es einen großen Bürgerdialog geben. Danach geht es in die Stadtbezirksräte. Im Mai soll der Stadtrat final beschließen. Selbst wenn die Container schon stehen, sollen erstmal Tage der offenen Türen stattfinden. Dresdens CDU-Fraktion hält viele der neun Standorte für ungeeignet. Und sie geht noch weiter: Die derzeitige Asylpolitik müsse beendet werden. "Nein! Wir haben keine Kapazitäten!", heißt es in einem Positionspapier. Im Stadtrat stellt die Fraktion elf von 70 Abgeordneten. Die rechtsextremen "Freien Sachsen" mobilisieren bereits gegen den angeblichen "Asylwahnsinn" - bislang mit mäßigem Erfolg. Für die Abstimmungen in den Stadtbezirken wird aktuell dennoch ein Sicherheitskonzept erarbeitet. Kristin Kaufmann rechnet mit schwierigen Diskussionen. "Wir stoßen hier auf Ressentiments unserer Bürgerinnen und Bürger, die Ängste haben, die Zweifel haben, dass es uns gelingen kann", sagt sie. Seitdem auch Ukrainerinnen und Ukrainer fliehen, seien die Schulen voll. Doch die Frage sei nicht, ob man Geflüchtete unterbringe, sondern wie. Kaufmann hofft auf Verständnis und Unterstützung und darauf, dass die Menschen die Alternativen abwägen. Das Damoklesschwert namens Turnhalle schwebe über jedem Standort, der nicht durchgesetzt wird. Und die würde dann für den Schul- oder Vereinssport oder wegfallen. "So knallhart muss man das an dieser Stelle sagen", sagt Kaufmann. | /inland/innenpolitik/container-fluechtlinge-101.html |
2023-03-23 | Über diese Themen streitet der EU-Gipfel | Treffen in Brüssel | Strommarktreform, Atomenergie, Munition für die Ukraine: Beim EU-Gipfel stehen zahlreiche Themen an. Auch die deutsche Blockade beim Verbrenner-Aus dürfte diskutiert werden. Ein Überblick. Von Stephan Ueberbach. | Strommarktreform, Atomenergie, Munition für die Ukraine: Beim EU-Gipfel stehen zahlreiche Themen an. Auch die deutsche Blockade beim Verbrenner-Aus dürfte diskutiert werden. Ein Überblick. In Brüssel treffen sich die Staats- und Regierungschefs der EU zum Frühjahrsgipfel. Zu Beginn soll es einen Austausch mit UN-Generalsekretär António Guterres geben, anschließend soll der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video zugeschaltet werden. Die vereinbarten Munitionslieferungen an die Ukraine werden auch ein Thema des Gipfels sein, Streit gibt es aber an anderen Stellen: der deutschen Blockade beim Verbrenner-Aus und der Atomkraft. Der Streit über das Verbrenner-Aus Eigentlich war die Sache längst durch. Erst hatten sich die 27 EU-Mitgliedsstaaten untereinander geeinigt, dann auch mit dem Europaparlament. Ab 2035 sollen in der EU nur noch Autos neu zugelassen werden, die kein CO2 mehr ausstoßen. Auf Drängen der FDP wurde die EU-Kommission außerdem aufgefordert, Möglichkeiten für den Einsatz sogenannter E-Fuels, also synthetischer Kraftstoffe zu prüfen. Und genau hier scheiden sich die Geister. Denn für Verkehrsminister Volker Wissing ist damit klar, dass Verbrennungsmotoren mit klimaneutralen E-Fuels auch nach 2035 betrieben werden können - was aber nicht nur die EU-Kommission ganz anders sieht. Seit Tagen wird nach einem Kompromiss gesucht, bisher allerdings vergeblich. In Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten ist man über die deutsche Blockade in letzter Sekunde wahlweise erstaunt, verärgert oder empört. Schließlich hatte auch Deutschland der Einigung schon zugestimmt. Und was, wenn demnächst auch andere auf die Idee kommen, ausgehandelte Vereinbarungen wieder infrage zu stellen? Das Thema steht zwar offiziell gar nicht auf der Tagesordnung, Bundeskanzler Olaf Scholz sollte sich aber trotzdem schon mal auf ein paar kritische Fragen gefasst machen. Die Rüstungshilfe für die Ukraine Der ukrainischen Armee geht allmählich die Munition aus. Damit sich das Land gegen die russischen Angreifer verteidigen kann, will die EU für Nachschub sorgen und in den nächsten zwölf Monaten eine Million Artilleriegranaten zur Verfügung stellen. Sie sollen aus eigenen Beständen geliefert und mit Sammelbestellungen zu möglichst günstigen Preisen eingekauft werden. Etwa über die Europäische Verteidigungsagentur oder, weil das schneller gehen könnte, über nationale Kaufverträge - so plant es die Bundesregierung. Für die Munitionsbeschaffung will die EU zwei Milliarden Euro aus ihrem Friedensfonds bereitstellen. Außerdem ist im Gespräch, die Rüstungsindustrie in der EU beim Ausbau ihrer Kapazitäten zu unterstützen - was allerdings nicht unumstritten ist. Die Reform der europäischen Strommärkte Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sind nicht nur die Gaspreise durch die Decke gegangen, sondern auch die Kosten für den Strom. Denn das sogenannte Merit-Order-System sorgt dafür, vereinfacht gesagt, dass teure Gaskraftwerke zwar erst zum Einsatz kommen, wenn man sie wirklich braucht - aber dann den Preis für den gesamten Markt vorgeben. Also auch für Strom aus Solar- oder Windkraftanlagen, der eigentlich deutlich billiger wäre. Viele EU-Staaten, vor allem im Süden, würden deshalb die Kopplung der Strom- und Gaspreise am liebsten beenden. Aber so weit will die EU-Kommission nicht gehen. Von einer Revolution ist keine Rede mehr, stattdessen sollen langfristige Versorgungsverträge die Preise dauerhaft stabil halten. Außerdem will die Kommission den EU-Staaten erlauben, die Produktion von kostengünstiger Energie großzügiger zu fördern. Investitionen in Ökostrom zum Beispiel, aber auch in Atomkraft. Ländern wie Portugal oder Spanien dürfte das zu wenig sein. Andere, wie Deutschland, Finnland oder die Niederlande, warnen dagegen vor Nachteilen und verlangen, dass erstmal die möglichen Folgen dieser Reform gründlich geprüft werden. Der Ärger mit der Atomenergie Schon wieder geht es um die Frage, ob die Kernkraft als sauber und klimafreundlich eingestuft wird oder nicht. Mit dem sogenannten "Netto-Null-Industrie-Gesetz" will sich die EU bei wichtigen grünen Technologien unabhängiger von Lieferanten aus dem Ausland machen, etwa von China. Deshalb sollen nachhaltige Branchen großzügig mit Staatsgeld gefördert werden, auch damit keine Unternehmen in die USA abwandern, wo die Regierung von Präsident Joe Biden mit milliardenschweren Subventionen winkt. Als förderwürdig sind unter anderem sauberer Wasserstoff im Gespräch, CO2-Speicher, synthetische Kraftstoffe und: Mini-Atomreaktoren - auf ausdrücklichen Wunsch von Frankreich, das sich sogar noch mehr Unterstützung für seine nuklearen Pläne vorstellen könnte. Deutschland und Österreich wollen dagegen verhindern, dass die Atomenergie als grün gilt. Entschieden wird darüber bei diesem Gipfel aber nicht. | /ausland/europa/eu-gipfel-streitpunkte-101.html |
2023-03-23 | Ein Treffen mit voller Agenda | EU-Gipfel in Brüssel | In Brüssel hat der EU-Gipfel begonnen. Die Agenda ist ungewöhnlich umfangreich: Ukraine-Hilfen, Wirtschaftsfragen, Migration. Ein größerer Streitpunkt dürfte das geplante Verbrenner-Aus werden. Von Matthias Reiche.
mehr | In Brüssel hat der EU-Gipfel begonnen. Die Agenda ist ungewöhnlich umfangreich: Ukraine-Hilfen, Wirtschaftsfragen, Migration. Ein größerer Streitpunkt dürfte das geplante Verbrenner-Aus werden. Der erste reguläre EU-Gipfel des Jahres könnte vom Streit über das geplante Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor überschattet werden. Deutschland blockiert die Pläne, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) dagegen stellt. Die Angelegenheit werde sich aber schnell klären, gab sich Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Eintreffen in Brüssel optimistisch. Man sei sich einig, dass die EU-Kommission eine Regelung vorschlägt, die sicherstellt, dass auch nach 2035 Fahrzeuge, die ausschließlich mit E-Fuels fahren, zugelassen werden: "Und es geht jetzt eigentlich nur noch ganz pragmatisch darum, den richtigen Weg zu finden, diese von der Kommission ja längst gegebene Zusage auch umzusetzen", so der Kanzler. Wenn er die Gespräche zwischen der Kommission und des Bundesregierung richtig verstehe, "ist das alles auf einem gutem Weg." Wirtschaft im Fokus des Gipfels Das Hauptaugenmerk soll dann eigentlich auf der Wirtschaft liegen. Nachdem Europa Hunderte von Milliarden Euro zur Abfederung der Pandemiefolgen und der steigenden Energiekosten ausgegeben hat, brauche es besondere Anstrengungen, um im internationalen Wettbewerb nicht den Anschluss zu verlieren. So müsse in den kommenden Jahren das Potenzial des europäischen Binnenmarktes besser ausgeschöpft werden, sagte Ursula von der Leyen. Für die EU-Kommissionschefin ist dabei klar, dass Forschung und Entwicklung eine herausragende Rolle spielen müssen. Das Ziel, dafür bis zum Jahr 2030 drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes auszugeben, sei allerdings nicht ausreichend. Sie wolle daher der schwedischen Ratspräsidentschaft sowie den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten vorschlagen, "dieses gemeinsame europäische Ziel für Forschungsausgaben zu erhöhen, und uns hinzusetzen und genau zu schauen, warum die Investitionen in Innovation, in Forschung und Entwicklung so langsam geht bei uns, und wie wir besser werden können." Das sei nicht nur notwendig für Europas Forscherinnen, Wissenschaftler und Unternehmen, sondern es wäre auch ein "ganz, ganz starkes Signal, dass wir es wirklich ernst nehmen mit der Wettbewerbsfähigkeit unseres europäischen Binnenmarktes", so von der Leyen. Die massiven Industriesubventionen von China oder den USA stellen die EU vor neue Herausforderungen, erklärte im Vorfeld dieses Gipfels auch Ratspräsident Charles Michel. Er will, dass die EU auf mehr Freihandel setzt, weshalb es auch um das angestrebte Abkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten gehen wird. Migration und Ukraine ebenfalls Themen Es gab selten einen EU-Gipfel mit so vielen unterschiedlichen Themen, sagt Michel, der als EU-Ratspräsident maßgeblich für die Tagesordnung verantwortlich ist: "Wir werden auch bei diesem Rat über das Thema Migration sprechen. Wir wollen da vorankommen. Aktuell geht es um eine bessere Zusammenarbeit mit Drittstaaten, mit den Herkunfts- und Transitländern." Es müsse gemeinsam gegen Menschenhändler gekämpft werden, welche mit Armut und Elend spekulierten. "Und wir müssen auch stärker legale Einwanderungskanäle öffnen, damit nicht die Kriminellen entscheiden, wer in die EU kommen darf." Am ersten Gipfeltag soll auch ein milliardenschweres Munitionspaket für die Ukraine offiziell gebilligt werden. Am Freitag wird es dann um die Reform des Strommarktes gehen. Länder wie Spanien oder Frankreich wollen stärkere Eingriffe, um die Preise zu stabilisieren, während andere Staaten, darunter Deutschland, vor zu tiefgreifenden Reformen warnen. | /ausland/europa/eu-gipfel-bruessel-117.html |
2023-03-23 | Ein Geschenk für Söder | Streit um Wahlrechtsreform | Der Aufschrei der CSU über das neue Bundestagswahlrecht war laut - auch, weil die Partei einen Bedeutungsverlust fürchtet. Der Streit kommt Parteichef Söder wenige Monate vor der bayerischen Landtagswahl aber nicht ungelegen. Von P. Jerabek. | Der Aufschrei der CSU über das neue Bundestagswahlrecht war laut - auch, weil die Partei einen Bedeutungsverlust fürchtet. Der Streit kommt Parteichef Söder wenige Monate vor der bayerischen Landtagswahl aber nicht ungelegen. Es dauerte etwas, bis dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder die Dimension des neuen Ampel-Vorschlags zum Wahlrecht so richtig klar wurde. In seiner ersten Reaktion äußerte er sich erst auf Nachfrage zur Streichung der Grundmandatsklausel - und machte nur die Linkspartei als Opfer aus, die dadurch aus dem Bundestag fliegen könnte. Für die CSU befürchte er das "weniger", sagte Söder Anfang vergangener Woche. Nur 24 Stunden später klang er ganz anders: Die Existenz seiner Partei sei "fundamental in Frage" gestellt, ein "dicker Hund" sei das. In Berlin assistierte CDU-Chef Friedrich Merz: "Dieses Wahlrecht richtet sich jetzt vor allem gegen die CSU." Jahrzehntelang ermöglichte die Grundmandatsklausel Parteien, trotz Scheiterns an der Fünf-Prozent-Hürde in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen, sofern sie mindestens drei Direktmandate holten. Zuletzt profitierte davon die Linkspartei. Obwohl die CSU nur in Bayern antritt, lag ihr bundesweiter Zweitstimmenanteil bisher stets oberhalb dieser fünf Prozent, 2021 mit 5,2 Prozent aber denkbar knapp. Durch die am Freitag beschlossene Reform wird nun folgendes Szenario möglich: Die CSU könnte über die Erststimmen mehr als 40 Wahlkreissieger in Bayern stellen, bei einem bundesweiten Zweitstimmen-Ergebnis von weniger als fünf Prozent aber dennoch ohne einzigen Bundestagsabgeordneten bleiben. Angst vor Bedeutungsverlust Aus CSU-Sicht wirft ein solches Szenario rechtliche Fragen auf: Würden Stimmen bayerischer Wähler benachteiligt? Schon jetzt ist klar, dass das Selbstverständnis der CSU fundamental erschüttert wäre. Der bundespolitische Gestaltungsanspruch gehört zu ihrer DNA. Als die Partei noch in Berlin mitregierte, lobte Söder, wie viele Millionen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer nach Bayern geholt habe. Seit die Ampel das Sagen hat, verkauft Söder seine CSU als einzige Verfechterin bayerischer Interessen im Bund. Würde die CSU aus dem Bundestag fliegen, würde sie zu jener Regionalpartei verzwergen, die sie nie sein wollte. Auch die theoretische Möglichkeit einer Listenverbindung von CDU und CSU ist aus Sicht der Christsozialen wenig reizvoll. Immer schon kämpften sie vehement gegen den Eindruck, kaum mehr als ein CDU-Landesverband zu sein. So lässt sich der Aufschrei der CSU als Ausdruck der Angst vor Bedeutungsverlust deuten. Aber nicht nur. Das Poltern gegen das Wahlrecht lenkt auch davon ab, dass über die Jahre gerade die CSU eine Verkleinerung des Bundestags blockiert hatte. In der aktuellen Debatte hatten die Christsozialen schon schwere rhetorische Geschütze aufgefahren, als im ersten Ampel-Entwurf die Grundmandatsklausel noch gar nicht in Frage gestellt wurde. Stimmung gegen die Bundesregierung Mitte Januar geißelte CSU-Generalsekretär Martin Huber die Vorschläge als "organisierte Wahlfälschung" wie in "Schurkenstaaten", Söder drohte damals schon mit Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. Am Wochenende präzisierte er: Noch vor der Sommerpause werde die CSU eine Verfassungsklage einreichen und die Staatsregierung eine Normenkontrollklage. Zudem wollen im Bundestag Abgeordnete von CSU und CDU gemeinsam eine weitere Normenkontrolle auf den Weg bringen. Dreifach hält besser. Mit Verfassungsklagen zu drohen, ist derzeit quasi eine Konstante bayerischer Politik. Länderfinanzausgleich, Erbschaftssteuer, Krankenhausreform, Cannabis-Legalisierung, mögliche Streichung des Abtreibungsparagrafen 218 - sollten CSU und Staatsregierung ihren Worten Klagen folgen lassen, bekommen die Karlsruher Richter viel Arbeit. Die Wahlrechtsreform reiht sich ein in eine Liste von Themen, mit der die CSU im bayerischen Landtagswahljahr Stimmung gegen die Bundesregierung macht. Seit Monaten schon verbreitet Söder die Erzählung vom Kampf des "Ampel-Nordens" gegen den "freien Süden", von der bewussten Benachteiligung des Freistaats. Mit dem Wahlrecht ist der CSU ein neues Wahlkampfargument in den Schoß gefallen. Seit Tagen postet die Partei in sozialen Netzwerken Bildtafeln mit dem Slogan "Ampel gegen Bayern" und Sätzen wie: "Das Ampel-Wahlrecht entmündigt bayerische Wähler." Anti-Ampel-Wahlkampf Söder baut darauf, ab Herbst die Koalition mit den Freien Wählern fortzusetzen. Jüngsten Umfragen zufolge stehen die Chancen gut. Trugen Söder und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger insbesondere in der Corona-Politik manchen Kampf aus, so schweißt sie der Anti-Berlin-Kurs zusammen. Die Ampel-Parteien in Bayern gehen derweil unterschiedlich mit dem Attacken-Feuerwerk um. SPD und Grüne keilen zurück und verweisen auf das bayerische Wahlrecht, das ebenfalls eine strikte Fünf-Prozent-Hürde vorsieht. Bei der FDP, die um den Wiedereinzug in den Landtag bangt, überwiegt die Sorge, den CSU-Wahlkampf unfreiwillig zu befeuern. Landeschef Martin Hagen versicherte, es sei nicht das Ziel der Liberalen, dass die CSU aus dem Bundestag fliege. Er habe Söder persönlich zugesagt, sich für eine Lösung einzusetzen, "die die parlamentarische Existenz der CSU" sichere. Die Christsozialen denken freilich nicht daran, mit der FDP die Friedenspfeife zu rauchen. Schon wenige Stunden nach Hagens Vorschlag legten mehrere CSUler mit Kritik nach. Am Anti-Ampel-Wahlkampf wird sich bis Oktober wohl kaum etwas ändern - ganz unabhängig von der weiteren Entwicklung im Wahlrecht-Streit. | /inland/innenpolitik/csu-wahlrechtsreform-101.html |
2023-03-23 | Ungarn würde Putin nicht festnehmen | Haftbefehl des IStGH | Russlands Präsident Putin hätte bei einem Besuch in Budapest wohl keinen Haftbefehl zu befürchten. Laut der Regierung in Budapest gibt es für die Vollstreckung keine rechtliche Grundlage. Derweil pocht Außenministerin Baerbock auf die Umsetzung.
mehr | Russlands Präsident Putin hätte bei einem Besuch in Budapest wohl keinen Haftbefehl zu befürchten. Laut der Regierung in Budapest gibt es für die Vollstreckung keine rechtliche Grundlage. Derweil pocht Außenministerin Baerbock auf die Umsetzung. Ungarn will den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin offenbar ignorieren. Putin würde nicht verhaftet, wenn er nach Ungarn käme, sagte der Stabschef von Ministerpräsident Viktor Orban, Gergely Gulyas, auf einer Pressekonferenz in Budapest. Für eine Vollstreckung des Haftbefehls gebe es keine rechtliche Grundlage. Ungarn habe zwar das Römische Statut als vertragliche Grundlage des Internationalen IStGH unterzeichnet und ratifiziert. Es sei aber nicht in das ungarische Rechtssystem integriert worden, sagte Gulyas. Auf Basis des ungarischen Rechts könne Putin nicht verhaftet werden. Auf Nachfrage sagte Gulyas, die Regierung in Budapest habe sich zu dem Haftbefehl gegen Putin keine Meinung gebildet. Seine persönliche Meinung sei aber, dass diese Entscheidungen nicht sehr glücklich seien, da sie die Dinge in Richtung einer weiteren Eskalation und nicht in Richtung Frieden führten. Ratifizierungsgesetz wurde nie gegengezeichnet 1999 hatte Ungarn das Römische Statut des IStGH unterzeichnet, 2001 wurde es ratifiziert, und im selben Jahr wurden die diesbezüglichen Dokumente am Sitz des Gerichts deponiert. Zugleich versäumten es wechselnde konservative Staatspräsidenten, das Ratifizierungsgesetz gegenzuzeichnen. Sie beriefen sich auf angebliche Unvereinbarkeiten mit der ungarischen Verfassung. Der IStGH betrachtet Ungarn als Signatarstaat und damit an das Statut gebunden. Unter ungarischen Juristen ist die Angelegenheit umstritten. Am Freitag hatte der IStGH Haftbefehl gegen Putin und dessen Kinderrechtsbeauftragte, Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, wegen der mutmaßlichen Verschleppung Tausender ukrainischer Kinder nach Russland erlassen. Während die Ukraine den Haftbefehl begrüßte, wies Russland die Vorwürfe zurück - und drohte den Vertragsstaaten des IStGH. IStGH-Vertragsstaaten beklagen Drohungen aus Russland Gestern erklärte der Vorsitz der Versammlung der IStGH-Vertragsstaaten, das Gremium bedauere "Versuche, die internationalen Bemühungen um eine strafrechtliche Haftung für Handlungen, die nach allgemeinem Völkerrecht verboten sind, zu behindern." Es habe "Drohungen" sowohl gegen das Gericht als auch die "Androhung von Maßnahmen gegen Ermittler und Richter" gegeben, so der Vorsitz. Die Versammlung, in der alle 123 Vertragsstaaten des IStGH vertreten sind, bekräftigte ihre "unerschütterliche Unterstützung" für den Strafgerichtshof. Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedjew warnte, eine Festnahme von Putin im Ausland infolge des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs sei eine Kriegserklärung an sein Land. "Ein amtierender Präsident einer Atommacht kommt zum Beispiel nach Deutschland und wird verhaftet. Was ist das? Eine Kriegserklärung an die Russische Föderation", sagte Medwedjew der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Sollte eine Festnahme etwa in Deutschland erfolgen, "werden alle unsere Mittel, Raketen und andere, auf den Bundestag, das Kanzleramt und so weiter fliegen", erklärte Medwedjew. "Niemand steht über der Charta der Vereinten Nationen" Ungeachtet der russischen Drohungen stellte sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erneut hinter den internationalen Haftbefehl. "Niemand steht über der Charta der Vereinten Nationen, niemand steht über dem humanitären Völkerrecht, niemand kann Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit ungesühnt begehen", sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit ihrem mazedonischen Kollegen Bujar Osmani in der Hauptstadt Skopje. Deutschland verteidige die Charta der Vereinten Nationen, unterstrich die deutsche Außenministerin. Deswegen stehe man voll und ganz hinter dem Internationalen Strafgerichtshof, der dafür geschaffen worden sei, dass Kriegsverbrechen nicht ungesühnt blieben. "Manchmal dauert das Zeit, manchmal dauert das Jahrzehnte", sagte Baerbock. Aber aus diesem Grund habe Deutschland den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag in den vergangenen Jahren uneingeschränkt unterstützt. Putin ist nach Omar al-Baschir aus dem Sudan und Muammar al-Gaddafi aus Libyen der dritte Staatschef, gegen den in seiner Amtszeit ein IStGH-Haftbefehl ausgestellt wurde. Der Strafgerichtshof wird von 123 Staaten getragen, Russland ist nicht darunter. Er verfügt über keine eigenen Polizeikräfte und ist darauf angewiesen, dass seine Mitgliedsstaaten Verdächtige festnehmen und überstellen. | /ausland/ungarn-putin-haftbefehl-ukraine-101.html |
2023-03-23 | Elbe für Containerschiffe gesperrt | Streik im Hamburger Hafen | Wegen eines Warnstreiks sind im Hamburger Hafen keine Lotsenboote im Einsatz. Große Schiffe dürften die Elbe derzeit nicht befahren. Zahlreiche Containerfrachter müssen in der Deutschen Bucht warten.
mehr | Wegen eines Warnstreiks sind im Hamburger Hafen keine Lotsenboote im Einsatz. Große Schiffe dürften die Elbe derzeit nicht befahren. Zahlreiche Containerfrachter müssen in der Deutschen Bucht warten. Containerschiffe können Deutschlands größten Seehafen weiter nicht anlaufen. Wegen eines Warnstreiks der Lotsenversetzer hat Hamburgs Hafenverwaltung die Elbe für große Schiffe gesperrt. Die Versetzboote bringen normalerweise die Lotsen an Bord der großen Frachter. Ausstand bis Freitagfrüh Betroffen von der Sperrung sind alle Schiffe ab einer Länge von 90 Metern oder einer Breite von 13 Metern. Der Warnstreik habe bereits am Mittwochabend begonnen, sagte eine Sprecherin der Gewerkschaft ver.di. Der Ausstand im Hafen soll bis Freitagfrüh dauern. Mit dem Warnstreik wollen die Arbeitnehmer vor der dritten Verhandlungsrunde ab 27. März ihren Forderungen Nachdruck verleihen. Ver.di fordert für die bundesweit rund 2,5 Millionen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Die Arbeitgeberseite bietet bislang fünf Prozent mehr Geld in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro. Hapag-Lloyd: Genaue Folgen noch nicht absehbar Vom Streik im Hamburger Hafen sind auch die Lieferketten in Deutschland betroffen. Große Containerschiffe, die Waren zum Im- und Export transportieren, sind teilweise fast 400 Meter lang. In der Deutschen Bucht ankern derzeit zahlreiche Schiffe - Containerfrachter, Massengutschiffe und große Tanker -, weil sie auf die Weiterfahrt in die Elbmündung warten. Von der Hamburger Containerreederei Hapag-Lloyd hieß es gegenüber dem "Handelsblatt": "Aktuell lässt sich noch nicht vollends absehen, welchen genauen Umfang die Störungen im Hafenbetrieb und in den Lieferketten in den nächsten Tagen annehmen werden." | /wirtschaft/unternehmen/hamburg-hafen-119.html |
2023-03-22 | Wirtschaftsweise erwarten leichtes Wachstum | Inflation bleibt hoch | Im Herbst gingen sie in ihrer Prognose noch von einem Abschwung der deutschen Wirtschaft aus. Nun sehen die Wirtschaftsweisen ein Wachstum von 0,2 Prozent. Doch bleibt die Inflation ein Problem.
mehr | Im Herbst gingen sie in ihrer Prognose noch von einem Abschwung der deutschen Wirtschaft aus. Nun sehen die Wirtschaftsweisen ein Wachstum von 0,2 Prozent. Doch bleibt die Inflation ein Problem. In ihrer aktualisierten Konjunkturprognose für dieses und nächstes Jahr schreiben die sogenannten Wirtschaftsweisen: "Ein milder Winter macht noch keinen Frühling." Zwar habe sich der kurzfristige Ausblick auf die deutsche Wirtschaft aufgrund einer vorerst stabilisierten Energieversorgungslage und gesunkener Großhandelspreise leicht aufgehellt. Doch sorge die weiterhin erhöhte Inflation für Kaufkraftverluste und dämpfe die Konsumnachfrage. Kaufkraftverlust verhindert stärkeren Aufschwung Für Deutschland erwartet der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage für dieses Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 Prozent. Im November war noch ein Rückgang von 0,2 Prozent vorausgesagt worden. Für das kommende Jahr rechnen die Regierungsberater mit einem Wachstum von 1,3 Prozent. "Der inflationsbedingte Kaufkraftverlust, die schlechteren Finanzierungsbedingungen und die sich nur langsam erholende Auslandsnachfrage verhindern einen stärkeren Aufschwung in diesem und im kommenden Jahr", sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrates, Monika Schnitzer. Höhepunkt der Inflation erreicht Die Wirtschaftsweisen sehen den Höhepunkt bei der Inflation mittlerweile überschritten. Sie sei aber immer noch deutlich erhöht und dürfte nur langsam zurückgehen. Im Schnitt rechnen die Regierungsberater für dieses Jahr mit einer Inflationsrate von 6,6 Prozent nach 6,9 Prozent im vergangenen Jahr. "Die Inflation kommt zunehmend in der Breite der Wirtschaft an", sagte der Wirtschaftsweise Martin Werding. "Die gestiegenen Erzeugerpreise und die zu erwartenden Lohnsteigerungen dürften die Verbraucherpreisinflation noch bis ins kommende Jahr hinein hoch halten." Erst für 2024 erwartet der Sachverständigenrat einen deutlichen Rückgang der Inflationsrate auf 3,0 Prozent. EZB sollte auf Zinserhöhungs-Kurs bleiben Die straffere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) verschlechtert nach Einschätzung der Sachverständigen die Finanzierungsbedingungen für Haushalte und Unternehmen, was sowohl die Konsumnachfrage als auch die Investitionen dämpfe. Dies dürfte sich aber erst im Verlauf des Jahres merklich auf die Inflation auswirken und deren Entwicklung spürbar bremsen. "Die Inflation ist noch weit vom Ziel der EZB von zwei Prozent entfernt, daher dürften weitere Zinserhöhungen in diesem Jahr erforderlich sein", sagte die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier. Die hohe Unsicherheit an den Finanzmärkten der vergangenen Wochen erschwere allerdings die Inflationsbekämpfung durch die Zentralbanken. Kurz zuvor hatte Bundesbankpräsident Joachim Nagel in einem Interview mit der "Financial Times" betont, dass die EZB Rufen nach baldigen Zinssenkungen widerstehen müsse, wenn der Zinsgipfel erst einmal erreicht sei. Ansonsten drohe die hohe Teuerung wieder aufzuflammen. "Unser Kampf gegen die Inflation ist noch nicht vorbei", sagte der Bundesbankchef, der im geldpolitischen Rat der EZB sitzt. Wirtschaftsweise sehen keine neue Finanzmarktkrise Mit Blick auf die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor sehen die Wirtschaftsweisen keine neue Finanzkrise aufziehen: "Anders als in der globalen Finanzkrise basieren die Schwierigkeiten einzelner Banken aber nicht auf weitgehend wertlosen Finanzprodukten. Zudem sind derzeit der Interbankenmarkt und die Kreditversorgung der Realwirtschaft nicht gestört." Die Finanzmarktstabilität dürfte daher nach Einschätzung des Sachverständigenrates aktuell nicht gefährdet sein. Optimistisch blicken die Regierungsberater auf die deutschen Staatsfinanzen. Insbesondere die erwarteten Ausgaben für die Energiepreisbremsen fallen deutlich niedriger aus als zuvor angenommen. Der Sachverständigenrat erwartet ein Staatsdefizit von 1,6 Prozent im laufenden Jahr, das 2024 auf 0,4 Prozent schrumpfen soll. Der Schuldenstand soll von 67,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im vergangenen Jahr auf 63,5 Prozent im kommenden Jahr sinken. | /wirtschaft/konjunktur/wirtschaftsweise-konjunkturprognose-wachstum-inflation-101.html |
2023-03-22 | Tote nach Erdbeben in Afghanistan und Pakistan | Erdstöße der Stärke 6,5 | In Afghanistan und Pakistan hat es ein schweres Erdbeben gegeben. Mehrere Menschen kamen ums Leben, viele weitere wurden verletzt. Auch in anderen Ländern waren die Erschütterungen zu spüren. Wie groß die Schäden sind, ist noch nicht abzusehen.
mehr | In Afghanistan und Pakistan hat es ein schweres Erdbeben gegeben. Mehrere Menschen kamen ums Leben, viele weitere wurden verletzt. Auch in anderen Ländern waren die Erschütterungen zu spüren. Wie groß die Schäden sind, ist noch nicht abzusehen. Bei einem schweren Erdbeben in der afghanisch-pakistanischen Grenzregion hat es in der Nacht Tote und viele Verletzte gegeben. Das genaue Ausmaß war noch unklar. In Pakistan sprachen lokale Behörden in der im Norden gelegenen Provinz Khyber Pakhtunkhwa von mindestens neun Toten sowie mehr als 40 Verletzten. Die Menschen seien ums Leben gekommen, als Dächer an verschiedenen Orten Nordwestpakistans über ihnen eingestürzt seien, sagte ein Sprecher der pakistanischen Rettungsdienste, Bilal Faizi. Dutzende weitere seien verletzt worden. Im Swattal in der pakistanischen Nordwestprovinz seien mehr als 100 Menschen mit einem Schock in Krankenhäuser eingeliefert worden, die meisten von ihnen seien inzwischen wieder entlassen worden. Zuvor hatte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, allein im Distrikt Swat in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa habe es 150 Verletzte gegeben. Mindestens zwei Tote in Afghanistan In einigen Gebirgsregionen löste das Beben Erdrutsche aus, was zu Verkehrsbehinderungen führte. Taimoor Khan, Sprecher der Behörde für Katastrophenschutz in den Provinzen im Nordwesten Pakistans, sagte, mindestens 19 Lehmziegelhäuser in abgelegenen Gebieten seien in sich zusammengefallen. Man sei noch beschäftigt, Informationen über die Schäden zusammenzutragen. Premierminister Shehbaz Sharif erklärte, er habe Mitarbeiter des Katastrophenschutzes angewiesen, auf jede Lage vorbereitet zu sein. In Afghanistan sprach der von den Taliban eingesetzte Sprecher des Gesundheitsministeriums, Scharafat Saman Amar, von mindestens zwei Toten und 20 Verletzten. "Leider könnte es mehr Opfer geben, da das Beben so mächtig war", sagte er. Laut der pakistanischen meteorologischen Behörde hatte das Erdbeben in der Hauptstadt Islamabad eine Stärke von 6,8. Die US-Erdbebenwarte verortete das Epizentrum in der nordafghanischen Provinz Badachschan in der Ortschaft Dschurm und gab für den Ort eine Stärke von 6,5 an. Das Deutsche Geoforschungszentrum Potsdam nannte eine Stärke von 6,5 und verortete das Beben in einer Tiefe rund 180 Kilometern. Immer wieder schwere Beben am Hindukusch In sozialen Netzwerken wurden Videos geteilt, die zeigten, wie Anwohner in den südlichen Städten Schymkent und Taras des zentralasiatischen Landes aufgeregt auf die Straße liefen. Auch im Norden Indiens stürmten Menschen panisch auf die Straße, wie die "The Times of India" schrieb. Die Erschütterungen hätten 30 Sekunden gedauert. Über Schäden wurde zunächst nichts berichtet. Immer wieder kommt es zu schweren Erdbeben in der Region am Hindukusch und den Nachbarländern, wo die Arabische, die Indische und die Eurasische Platte aufeinandertreffen. Bei einem verheerenden Erdbeben waren im Sommer 2022 in der Grenzregion zwischen Afghanistan und Pakistan mehr als 1000 Menschen gestorben. Das Beben weckt Erinnerungen an die schweren Erdbeben Anfang Februar in der Türkei und im Norden Syriens. Allein in der Türkei starben mehr als 50.000 Menschen. Rund zwei Millionen Menschen mussten in Notunterkünften wie Zelten und Containern untergebracht werden. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen bei den Beben in ganz Syrien rund 6800 Menschen ums Leben. | /ausland/asien/erdbeben-pakistan-afghanistan-107.html |
2023-03-22 | "Wasser ist ein Menschenrecht" | UN-Konferenz | Weltweit haben noch immer mehr als zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die deutsche NGO "Viva con Agua" macht dieser Tage beim UN-Wassergipfel auf das Thema aufmerksam. Von Antje Passenheim. | Weltweit haben noch immer mehr als zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die deutsche NGO "Viva con Agua" macht dieser Tage beim UN-Wassergipfel auf das Thema aufmerksam. "Wasser ist ein Menschenrecht" - zum Höhepunkt ihrer jahrelangen Kampagne leuchtet die deutsche NGO "Viva con Agua" frisch am Times Square. Zehn Minuten lang machen die Aktivisten aus Hamburg und der ganzen Welt mit ihren Billboards auf das Recht auf sauberes Wasser aufmerksam. Promis blicken mit diesem Motto von tollen schwarz-weiß-Fotos von der Reklamesäule, an der Silvester der berühmte Ball in die Tiefe fällt. Mitgründer Micha Fritz ist stolz: "Wir werden zum ersten Mal jetzt Greta Thunberg releasen, Zoe Wees ist dabei, Milky Chance, Jackson Irvine vom FC St. Pauli, denn da kommen wir her. Da ist 'Viva con Agua' entstanden." Zwei Milliarden Menschen ohne sauberes Trinkwasser Die besonders unter jungen Leuten erfolgreiche Non-Profit-Organisation setzt sich für einen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung ein. Immer noch haben zwei Milliarden Menschen auf der Welt keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 3,6 Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer Sanitärversorgung. Deshalb seien Konferenzen wie diese in New York so wichtig - gerade, um sich weltweit zu vernetzen, sagt Fritz. Wir kommunizieren sehr selten die destruktiven alten Narrative des afrikanischen und asiatischen Kontinents, und auch immer die Schwächen. Sondern wir kommunizieren immer mit Freude, mit Kunst, mit Musik, mit Kultur - aus den Ländern und eben die Protagonisten selber. Zwei Tage lang tun das die ganze Stadt New York und die Vereinten Nationen. Zum ersten Mal seit fast 50 Jahren geht es in einer UN-Konferenz wieder ausschließlich ums Wasser - seine Bedeutung für Mensch, Umwelt und nachhaltige Entwicklung. Es werden über 6500 Teilnehmer erwartet, darunter Ministerinnen, Wissenschaftler, Klimaaktivisten und private Unternehmen. Sie thematisieren den Zugang zu sauberem Wasser, Sanitärversorgung und das Recht auf eine saubere Umwelt. Die Lage sei überall alarmierend - auch in Europa, sagt die deutsche UN-Botschafterin Antje Leendertse: "Entweder, es ist zu viel Wasser da, dann wird das Trinkwasser und die Trinkwasserversorgung natürlich auch durch Flutkatastrophen wie an der Ahr 2021 beeinträchtigt. Oder es ist zu wenig Wasser da - für die Landwirtschaft, für die Begrünung zur Verhinderung von Klimawandelschäden." Geschäft mit abgefülltem Trinkwasser untergräbt Nachhaltigkeitsziele Auf der Konferenz soll die Situation von Millionen bedrohten Kindern durch mangelndes Trinkwasser in Afrika ebenso thematisiert werden wie das wachsende Geschäft mit abgefülltem Trinkwasser, das nach einem neuen Bericht die UN-Nachhaltigkeitsziele untergräbt. Die deutsche Delegation, angeführt von Umweltministerin Steffi Lemke, will dabei helfen, die globale Trendwende einzuläuten, die auch Experte Henk Ovink anstoßen will. "Die Konferenz will sicherstellen, dass die Welt aufwacht", sagt der Sonderbeauftragte der Regierung der Niederlande, die gemeinsam mit Tadschikistan Gastgeber des UN-Wassergipfels sind. Wir nehmen Wasser für garantiert. Und dabei überanspruchen wir diese vitale Ressource - als Individuen, als Firmen, als Investoren, als Regierungen. Aktionsplan statt bindendem Vertrag Deshalb soll am Ende der Woche ein Aktionsplan für alle herauskommen. Das wird allerdings nur eine Sammlung freiwilliger Verpflichtungen sein. Kein Vertrag. Warum, das liege auf der Hand, erklärt die deutsche Botschafterin Leendertse. Wasser spiele in allen Lebensbereichen eine derart zentrale Rolle, dass so etwas in einem umfassenden Vertrag nicht festgelegt werden könne. Stattdessen müsse eine Aktionsagenda beschlossen werden, "die in allen Verträgen, die es gibt, eine Rolle spielt." In den nächsten zwei Tagen sollen Regierungen, öffentliche Verwaltungen und der Privatsektor dazu Lösungsvorschläge vorlegen. | /ausland/un-wasserkonferenz-103.html |
2023-03-22 | "Kommen unserem Auftrag nicht ausreichend nach" | Habeck im tagesthemen-Interview | Bundeswirtschaftsminister Habeck hat im tagesthemen-Interview die bisherige Bilanz und den Zustand der Ampelkoalition kritisiert. Vor dem Koalitionsausschuss setzt er auf mehr Einigkeit.
mehr | Bundeswirtschaftsminister Habeck hat im tagesthemen-Interview die bisherige Bilanz und den Zustand der Ampelkoalition kritisiert. Vor dem Koalitionsausschuss setzt er auf mehr Einigkeit. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die momentane Leistung der Bundesregierung scharf kritisiert. "Wir haben einen Auftrag, für die Menschen - für Deutschland - was zu leisten, und im Moment kommen wir dem nicht ausreichend genug nach", sagte Habeck in den tagesthemen. Er hoffe, "dass wir jetzt in dieser Woche viele Knoten lösen und viele Blockaden überwinden können. Und dann wieder richtig eine gute Leistungsbilanz bekommen. Aber im Moment ist das sicherlich nicht der Fall." Man könne "jetzt nicht behaupten, dass im Moment die Dinge zügig abgearbeitet werden", obwohl sie seiner Ansicht nach entscheidungsreif und fertig seien, sagte Habeck. "Ein bisschen alarmiert, ob überhaupt Einigungswille da ist" Der Minister kritisierte auch, der Gesetzentwurf zum Heizungsaustausch sei in einem sehr frühen Stadium "an die Bild-Zeitung - ich muss unterstellen bewusst - geleakt worden, um dem Vertrauen in der Regierung zu schaden". Dadurch seien Gespräche der Koalitionspartner "wahrscheinlich mit Absicht zerstört worden, des billigen taktischen Vorteils wegen". Da so etwas ja "nicht aus Versehen" passiere, sei er "ein bisschen alarmiert, ob überhaupt Einigungswille da ist". Das Vertrauen in die Regierung habe dadurch Schaden genommen. "Und eine Regierung, die das Vertrauen verspielt, hat natürlich ihr größtes Pfund verloren", sagte Habeck. Er gehe davon aus, dass dies beim Koalitionsausschuss am kommenden Sonntag wieder gekittet werden könne. "Das Miteinander im Kabinett ist tadellos, wir können die Dinge ruhig und ganz normal bereden", betonte Habeck, "aber wir kriegen sie halt nicht über die politische Ziellinie gebracht, weil dann immer wieder geschaut wird, wie ist der mediale Echoraum, was macht mein nächster Parteitag, wo sind die nächsten Landtagswahlen". In den vergangenen Wochen hatte es zahlreiche Diskussionen zwischen SPD, Grünen und FDP gegeben, vom Autobahnausbau über ein Verbot neuer Öl- und Gasheizungen bis hin zum anstehenden Etat für 2024. Nun müsse man sich in der Regierungskoalition wieder "auf uns selbst konzentrieren und uns noch mal klarmachen, welches Privileg es ist, in dieser Regierung zu sein, klarzumachen, dass auch Klimaschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist". | /inland/innenpolitik/habeck-tagesthemen-koalition-101.html |
2023-03-22 | Sorge um die Sicherheit der heiligen Stätte | Ramadan in Jerusalem | Morgen beginnt der muslimische Fastenmonat Ramadan - es wird mehr Pilgerreisen auf den Tempelberg geben. Die israelische Polizei will ihre Präsenz in Jerusalem deutlich verstärken. Von J.-C. Kitzler. | Morgen beginnt der muslimische Fastenmonat Ramadan - es wird mehr Pilgerreisen auf den Tempelberg geben. Die israelische Polizei will ihre Präsenz in Jerusalem deutlich verstärken. Wenn der muslimische Fastenmonat Ramadan beginnt, dann fängt in Jerusalem eine besondere Zeit an. Im Fokus steht vor allem der Ort, den die Muslime Haram al-Sharif nennen und die Juden Tempelberg. Zum Gebet kommen hierhin laut Status quo nur Muslime. Insbesondere die Feiertage im Ramadan werden viele Gläubige anziehen. Haram al-Sharif mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee gilt nach Mekka und Medina als drittheiligste Stätte im Islam. Omar Youssef ist Stadtplaner und Fachmann für Jerusalem. Er befürchtet turbulente Wochen, vor allem rund um das wichtige Freitagsgebet: "Freitags im Ramadan ist ein besonderer Tag. Da hast du Zigtausende, es kann bis zu einer halben Million sein." Die Al-Aksa-Moschee werde voll sein, die Leute draußen beten. "Und es ist so eine spirituelle Stimmung. Und wenn jetzt die israelischen Provokationen anfangen - man weiß nicht, was mit diesen Massen passiert. Und das ist das Gefährliche", sagt der Stadtplaner. 2000 zusätzliche Sicherheitskräfte Mit "Provokationen" meint Youssef mögliche Sicherheitsbeschränkungen. Wegen der vielen erwarteten Pilger werden rund 2000 zusätzliche Sicherheitskräfte in und um die Altstadt von Jerusalem ihren Dienst tun. Nicht alle Muslime können kommen: Nur Männer ab 55 Jahren, Frauen und Kinder bis zwölf Jahren brauchen keine Genehmigung - alle anderen schon. Pilger der vergangenen Jahre berichten von langen Sicherheitskontrollen und zum Teil erniedrigenden Szenen an den Eingängen zur Altstadt von Jerusalem. "Wenn Polizei und Militär provozieren, wird das für Spannung sorgen" Omar Al-Kiswani, der Direktor der Al-Aksa-Moschee, rechnet vor allem zum Ende des Ramadan mit immer größeren Menschenmassen: Wenn sie Jerusalem militarisieren und Menschen davon abhalten, Al-Aksa zu erreichen, wird das für mehr Spannung sorgen. Wenn sie Menschen herkommen lassen, um zu beten - ohne diese Provokationen -, dann nicht. Was sie tun, wird einen Effekt auf das Verhalten der Menschen haben. Vor allem wenn die Polizei und das Militär provozieren, wird das für Spannung sorgen. Besonders problematisch ist in diesem Jahr, dass zwei weitere wichtige Feste der großen Religionsgemeinschaften in diesem Jahr mit dem Ramadan zusammenfallen: Das jüdische Pessach-Fest beginnt am 5. April und dauert acht Tage. Ostern ist am 9. April. Das bedeutet: viele Besucher in Jerusalem auf engstem Raum. Immer mehr gläubige Juden wollen auf den Tempelberg Auch für die Juden ist der Berg, auf dem einst der erste und zweite Tempel standen, ein heiliger Ort. So heilig, dass Shmuel Rabinovitch ihn niemals betreten würde. Rabinovitch ist der für die Klagemauer zuständige Rabbiner. Er organisiert immer größere Besucherströme zum heiligsten Ort des Judentums. Kamen vor zehn Jahren noch vier Millionen im Jahr, sind es inzwischen zwölf Millionen. Immer mehr gläubige Juden wollen auch auf den Tempelberg. Vor allem Extremisten haben dort immer wieder provoziert, weiß Rabinovitch: Wir können keiner extremistischen Gruppe erlauben, die Dinge in die Hand zu nehmen. Wir müssen die Führer auf beiden Seiten auffordern, Ruhe zu bewahren. Das ist ein Problem auf der ganzen Welt. Extremisten wollen Feuer legen. Und das ist für die Gemeinschaft nicht gut. Wir dürfen das nicht zulassen. Wenn alles normal läuft, dann wird Haram al-Sharif, der Tempelberg, in den letzten zehn Tagen des Ramadan für nicht-muslimische Besucher komplett gesperrt. Aber die angespannte Lage im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern könnte sich jederzeit auch in Jerusalem entladen. Der Stadt stehen schwierige Wochen bevor. Anm. der Red.: In einer früheren Version dieses Berichts hieß es, der Tempelberg werde voraussichtlich in den letzten zehn Tagen des Ramadan für nicht-jüdische Besucher komplett gesperrt. Richtig ist, dass der Tempelberg für nicht-muslimische Besucher komplett gesperrt werden soll. Wir haben die Passage korrigiert. | /ausland/asien/ramadan-jerusalem-101.html |
2023-03-22 | Erste Bahnen fahren wieder | Nach Zugunglück in Griechenland | Wochenlang stand nach dem schweren Zugunfall in Griechenland der Bahnverkehr still - wegen Streiks und Sicherheitsbedenken. Nun fahren wieder erste Züge. Die Regierung kündigte an, die für April geplante Wahl zu verschieben.
mehr | Wochenlang stand nach dem schweren Zugunfall in Griechenland der Bahnverkehr still - wegen Streiks und Sicherheitsbedenken. Nun fahren wieder erste Züge. Die Regierung kündigte an, die für April geplante Wahl zu verschieben. Gut drei Wochen nach dem verheerenden Zugunglück Ende Februar ist in Griechenland der Bahnverkehr teilweise wieder aufgenommen worden. Zunächst waren Güterzüge und mehrere Regionalbahnen im Großraum Athen, der Hafenstadt Patras und Thessaloniki unterwegs, wie das Verkehrsministerium mitteilte. Auch die Vorstadtbahn, die Athen mit dem internationalen Flughafen verbindet, fährt wieder, wie das staatliche Fernsehen zeigte. Der erste Intercity auf der Strecke zwischen Athen und Thessaloniki - auf der auch der Unfall passierte - soll erst am 1. April rollen. Der volle Zugbetrieb soll bis zum 11. April angelaufen sein. Eisenbahner im Dauerstreik, massive Proteste Die griechischen Eisenbahner waren nach dem schwersten Zugunglück in der Geschichte des Landes in den Dauerstreik getreten. Sie und Tausende Demonstranten, die seither fast täglich protestierten, fordern die umfassende Aufklärung der Unfallursachen. Viele Griechen machen die Regierung für die Probleme im Bahnnetz verantwortlich und werfen dem konservativen Regierungschef Kyriakos Mitsotakis einen schlechten Umgang mit der Katastrophe vor. Auf den Demonstrationen wird immer wieder sein Rücktritt gefordert. Mitsotakis entschuldigte sich am Dienstagabend in einem Interview mit dem TV-Sender Alpha erneut für das Unglück und versprach, die marode griechische Bahn zu modernisieren. Er werde alles dafür tun, damit die Ursachen des Unglücks nicht vertuscht werden. "Es ist unvorstellbar, dass in Griechenland im Jahr 2023 zwei Züge auf demselben Gleis in entgegengesetzte Richtungen fahren könnten und das niemand bemerkt." Seine Regierung sei jetzt in der Verantwortung und müsse damit umgehen. Wahl um etwa einen Monat verschoben Mitsotakis kündigte zudem an, dass die Parlamentswahlen in Griechenland im Mai abgehalten werden sollen. Nach Medienberichten sollten diese eigentlich im April stattfinden. "Ich kann mit Sicherheit sagen, dass die Wahlen im Mai stattfinden", sagte Mitsotakis. Einen konkreten Termin nannte er nicht. Der in Umfragen zuvor bequeme Vorsprung seiner konservativen Partei hat sich zuletzt um die Hälfte reduziert. Bei dem Unglück in Nordgriechenland waren am 28. Februar zwei Züge frontal zusammengeprallt, 57 Menschen starben. Neun Verletzte liegen bis heute im Krankenhaus. Der Unfall legte massive Schwächen im Bahnbetrieb offen. | /ausland/europa/griechenland-bahn-wahl-101.html |
2023-03-22 | Mehr Lust aufs Land? | Wohnungsnot in Städten | In vielen Städten ist Wohnraum knapp - deshalb schlägt Bauministerin Geywitz besonders Familien vor, aufs Land zu ziehen. Die Regierung fördere Projekte, die das Leben außerhalb von Großstädten attraktiver machen sollen.
mehr | In vielen Städten ist Wohnraum knapp - deshalb schlägt Bauministerin Geywitz besonders Familien vor, aufs Land zu ziehen. Die Regierung fördere Projekte, die das Leben außerhalb von Großstädten attraktiver machen sollen. Um die Wohnungsnot in den Städten zu lindern, will Bundesbauministerin Klara Geywitz mehr Menschen zum Umzug aufs Land bewegen. "In Deutschland gibt es schätzungsweise 1,7 Millionen leer stehende Wohnungen. Der überwiegende Teil dieser Wohnungen befindet sich in ländlichen Regionen", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Gelinge es, das Leben auf dem Land attraktiver zu machen, würden sich mehr Menschen für ein Leben dort entscheiden und den Wohnungsmarkt in den Städten entlasten. Besonders für Familien mit Kindern biete der ländliche Raum "eine hohe Lebensqualität, weg vom Lärm der Großstadt". Es brauche unter anderem mehr Digitalisierung und eine noch stärkere Verbreitung von Homeoffice, um mehr Menschen vom Leben im ländlichen Raum zu überzeugen, sagte Geywitz weiter. 790 Millionen Euro für den Erhalt von Innenstädten Geywitz teilte mit, sie habe am Dienstag eine Verwaltungsvereinbarung zur Städtebauförderung unterzeichnet. "Allein im Jahr 2023 stellen wir erneut 790 Millionen Euro bereit, um damit Projekte zum Erhalt von Innenstädten und Ortskernen zu finanzieren und die Städte und Gemeinden lebenswerter zu gestalten." Darüber hinaus werde der öffentliche Nahverkehr mit dem geplanten Deutschlandticket verbessert. Zuvor hatte bereits der Städte- und Gemeindebund dazu aufgerufen, Wohnungen auf dem Land zu nutzen, um die Wohnungsnot in den Metropolen zu lindern. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg nannte es sinnvoll, ländliche Regionen "mit guten Verkehrsverbindungen, etwa durch neue oder reaktivierte Bahnstrecken, besser zu erschließen, damit die Menschen dort gut und preiswert wohnen und leben können." Das Ziel der Bundesregierung, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr fertigzustellen, sei jedenfalls "kaum erreichbar". | /inland/geywitz-umzug-land-101.html |