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2023-03-30 | Verspätete Zukunft | Bahn-Bilanz | Die Passagierzahlen der Bahn steigen stark. Auch wirtschaftlich geht es ihr besser. Die Konzernleitung will sie zum Verkehrsmittel der Zukunft machen - und gönnt sich höhere Bezüge. Die Gegenwart zeigt: Die Bahn ist am Anschlag. Von A. Kartschall. | Die Passagierzahlen der Bahn steigen stark. Auch wirtschaftlich geht es ihr besser. Die Konzernleitung will sie zum Verkehrsmittel der Zukunft machen - und gönnt sich höhere Bezüge. Die Gegenwart zeigt: Die Bahn ist am Anschlag. Bahnchef Richard Lutz kann relativ gute Nachrichten verkünden: Rund 40 Prozent mehr Passagiere im Fernverkehr, mehr Umsatz als jemals zuvor und ein operativer Gewinn von 1,3 Milliarden Euro. Die Bilanz für 2022 sieht deutlich besser aus als die der Vorjahre. Die Bahn hat das Corona-Tief endgültig hinter sich gelassen. Mehr Menschen als jemals zuvor wollen in Deutschland Bahn fahren. Paradoxerweise liegt genau hier das Problem. Denn die Bahn kann nicht mehr. Das Schienennetz ist bereits heute quasi voll ausgelastet: Mehr Züge fahren zu lassen geht einfach nicht. Und die Bahnen, die fahren, sind so unpünktlich wie nie zuvor. Spät, später, Deutsche Bahn 65,2 Prozent der Fernzüge kamen 2022 pünktlich an - also weniger als sechs Minuten zu spät, so lautet die Definition. Heißt im Umkehrschluss: Das Risiko, zu spät zu kommen, lag bei mehr als einem Drittel. Blöd für Bahnkunden - besonders, wenn sie noch einen Anschlusszug erreichen wollen. Immer wieder führt die Bahn den Investitionsrückstand im Schienennetz als Hauptgrund für die Unpünktlichkeit ins Feld. Und tatsächlich sind Gleise und Bahndämme vielerorts überaltert, Brücken marode und Stellwerke störungsanfällig. Die Strategie der Bahn: mit aufwändigen Generalsanierungen sollen ganze Abschnitte modernisiert werden. Das heißt aber auch: Vollsperrungen für wichtige Verbindungen über Monate. Und das Programm soll über Jahre laufen. Jahrzehnt der Baustellen Bahnchef Lutz stellt für die nahe Zukunft auch nur leichte Verbesserungen in Aussicht. Sein bescheidenes Ziel: "Wir wollen unsere Pünktlichkeit dieses Jahr auf deutlich mehr als 70 Prozent verbessern." Mehr scheint nicht drin in Anbetracht der überfüllten Gleise und vielen Baustellen. Verkehrsminister Volker Wissing, der sich in die Bilanzpressekonferenz der Bahn zuschaltete, beantwortet die Frage danach, wann die Bahn denn wieder ihren Fahrplan halbwegs einhalten kann, trocken: "Die Bahn ist dann pünktlich, wenn wir das Hochleistungsnetz geschaffen haben. Und dieses Hochleistungsnetz ertüchtigen wir in diesem Jahrzehnt." 2030 als Zielmarke für eine pünktlichere Bahn also: Das zeigt, wie groß die Aufgabe ist, vor der der Staatskonzern steht. Kritiker wie der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, sehen die Dauerbaustellen schon als Feigenblatt, hinter dem sich der Bahnvorstand verstecken kann, während die Züge des Konzern auf Jahre unpünktlich fahren: "Jetzt hat man eine neue Ausrede, nach dem Motto: Wir machen jetzt Generalsanierung und dann ist die Pünktlichkeit sowieso nicht zu halten." Tafelsilber zu verkaufen? Wirtschaftlich geht es der Bahn derweil besser als zuletzt. Der operative Gewinn von mehr als einer Milliarde Euro kommt allerdings nicht durch das Kerngeschäft - den Personenverkehr - zustande. Hier fährt das Unternehmen weiter Verluste ein. Die Logistiktochter DB Schenker glänzt unterdessen mit dem sechsten Rekordjahr in Folge. Der operative Gewinn stieg hier 2022 auf satte 1,8 Milliarden Euro. Das machte den Verlust von minus 600 Millionen Euro aus dem Eisenbahngeschäft mehr als wett. DB Schenker transportiert Waren weltweit, per Schiff, Lkw und Flugzeug. In Zeiten von angespannten Lieferketten setzten viele Kunden auf die Verlässlichkeit des Unternehmens - das machte sich auch im Ergebnis bemerkbar. Doch die Zukunft der einzigen zuverlässigen "Cash Cow" im Konzern ist ungewiss, seit der Bund als Alleineigentümer der Bahn den Auftrag erteilt hat, einen Verkauf zu prüfen. Die Bahn betont, ein Verkauf komme nur in Betracht, wenn dieser wirtschaftlich sinnvoll sei. Die Prüfung läuft noch. Milliardenverlust für dieses Jahr erwartet Für das laufende Jahr rechnet die Bahn derweil nicht mit einem Gewinn für den Gesamtkonzern. Stattdessen dürfte das operative Minus nach derzeitiger Schätzung rund eine Milliarde Euro betragen. Hintergrund sind die gestiegenen Energiekosten, höhere Einkaufspreise für Güter und Dienstleistungen und eine möglicherweise deutliche Lohnerhöhung für die Beschäftigten. Vor allem aber schlagen die dringend notwendigen Investitionen in die Infrastruktur zu Buche. Hier will das Unternehmen auch ohne Finanzierungszusagen des Bundes in Vorleistung gehen. Das Schienennetz sei so marode, dass eine Sanierung keinen Aufschub zulasse, heißt es aus dem Unternehmen. Erhöhte Bezüge und Boni für den Vorstand Die Konzernspitze selbst bekam im vergangenen Jahr mehr Geld ausgezahlt. Die Bezüge von Bahnchef Lutz haben sich gegenüber 2021 mehr als verdoppelt und lagen laut Geschäftsbericht bei 2,24 Millionen Euro. Sie setzen sich zusammen aus einem Grundgehalt von fast 970.000 Euro und einem Bonus von mehr als 1,26 Millionen. Infrastrukturvorstand Berthold Huber landete bei einer Gesamtvergütung von 1,41 Millionen Euro (2021: 662 000 Euro), Personalvorstand Martin Seiler verdiente 1,39 Millionen Euro (2021: 659 000 Euro). Sämtlichen Vorstandsmitgliedern wurde im vergangenen Jahr ein erfolgsabhängiger Bonus gezahlt. 2021 und 2020 erhielten die Vorstandsmitglieder solche Boni den Geschäftsberichten zufolge nicht. | /wirtschaft/unternehmen/deutsche-bahn-bilanz-verspaetung-ausblick-101.html |
2023-03-30 | "Geschlagen, gejagt und gedemütigt" | Flüchtlingsbericht des Europarats | Erschreckende Zustände im Umgang mit Geflüchteten prangert das Anti-Folter-Komitee des Europarats an. Die Pushbacks und Misshandlungen an den Außengrenzen der EU müssten aufhören, fordern die Experten. Sie waren selbst vor Ort.
mehr | Erschreckende Zustände im Umgang mit Geflüchteten prangert das Anti-Folter-Komitee des Europarats an. Die Pushbacks und Misshandlungen an den Außengrenzen der EU müssten aufhören, fordern die Experten. Sie waren selbst vor Ort. Experten des Europarats prangern die illegale Zurückweisung von Geflüchteten an den Grenzen an. Die sogenannten Pushbacks an Land- oder Seegrenzen müssten aufhören, insbesondere an den Grenzen der EU, hieß es in einem in Straßburg veröffentlichten Bericht des Anti-Folter-Komitees (CPT). Dessen Präsident, Alan Mitchell, sagte, jede Art der Misshandlung an den Grenzen müsse verhindert werden. Viele europäische Länder sind an ihren Grenzen mit sehr komplexen Migrationsproblemen konfrontiert, was jedoch nicht bedeutet, dass sie ihre Menschenrechtsverpflichtungen ignorieren können. Pushbacks seien illegal und inakzeptabel, fügte Mitchell hinzu. Das CPT forderte von den Staaten eine ordnungsgemäße Registrierung von ankommenden Migranten und die Möglichkeit für diese, Asyl zu beantragen. "Vorwürfe nicht ausreichend untersucht" Den Experten zufolge werden Geflüchtete an Grenzen geschlagen, mit Hunden gejagt oder gedemütigt. Manche müssten sich ausziehen und nackt die Grenze überqueren. Misshandlungsvorwürfe würden derzeit nicht ausreichend untersucht, kritisierte der Bericht. Die Zustände in den grenznahen Einwanderungszentren seien teilweise erschreckend. Der Berichts stützt sich auf Besuche der Experten im vergangenen Jahr, unter anderem in Ländern mit EU-Außengrenzen wie Kroatien, Italien, Polen und Griechenland. Sie besichtigten Polizeistationen, Aufnahmezentren und Transitzonen entlang der "Hauptmigrationsrouten" nach Europa. Der Europarat ist gemeinsam mit seinem Gerichtshof für die Wahrung der Menschenrechte in den 47 Mitgliedstaaten zuständig. Er ist kein Organ der Europäischen Union. | /ausland/fluechtlingsbericht-europarat-101.html |
2023-03-30 | US-Journalist in Untersuchungshaft | Spionagevorwurf in Russland | Seit vergangenem Jahr ist Evan Gershkovich Moskau-Korrespondent des "Wall Street Journal". Der Spionagevorwurf Russlands gegen den US-Journalisten könnte bis zu 20 Jahre Haft für ihn bedeuten. Von Frank Aischmann. | Seit vergangenem Jahr ist Evan Gershkovich Moskau-Korrespondent des "Wall Street Journal". Der Spionagevorwurf Russlands gegen den US-Journalisten könnte bis zu 20 Jahre Haft für ihn bedeuten. Im September 1986 wurde in Moskau ein US-Korrespondent des "U.S. News and World Report" vom KGB wegen Spionageverdacht festgenommen - und 20 Tage später gegen einen in den USA inhaftierten Sowjetbürger ausgetauscht. 37 Jahre vergingen bis zum nächsten Fall - soweit offiziell bekannt. Der KGB-Nachfolger FSB vehaftete in der Millionenstadt Jekaterinburg im Ural Evan Gershkovich. Er ist seit Februar vergangenen Jahres Moskau-Korrespondent des "Wall Street Journal". Zuvor berichtete er für verschiedene Medien aus Russland. "Auf frischer Tat ertappt" "Bei dem Versuch, geheime Informationen zu erhalten, wurde der ausländische Bürger in Jekaterinburg inhaftiert", meldete die Presseabteilung des Inlandsgeheimdienstes. Es gehe um Spionage im Interesse der amerikanischen Regierung. Kurz darauf sagte Dmitri Peskow, Sprecher des russischen Präsidenten: "Es gab ja schon eine Erklärung vom FSB. Das einzige, was ich ergänzen kann: Soweit wir wissen, wurde er auf frischer Tat ertappt." Weitere offizielle Kommentare klangen, als sei in Russland die Unschuldsvermutung abgeschafft oder ausgesetzt. Von Maria Sacharowa, Sprecherin des Außenministeriums, hieß es: "In diesem Fall sprechen wir davon, dass er unter dem Deckmantel journalistischer Aktivitäten, eines Journalistenvisums und einer Akkreditierung an völlig anderen Aktivitäten beteiligt war." Der 31-jährige "Wall Street Journal"-Korrespondent soll in und um Jekaterinburg unter anderem recherchiert haben, wie die Bevölkerung zu den Rekrutierungsbemühungen der Wagner-Gruppe steht. Die Wagner-Gruppe ist ein nichtstaatliches Militärunternehmen des Putin-Vertrauten Jewgenij Prigoschin, das zur Zeit neben der russischen Armee in der Ukraine kämpft. Offiziell sprach der russische Geheimdienst davon, der Journalist habe Informationen "über die Aktivitäten eines der Unternehmen des russischen militärisch-industriellen Komplexes gesammelt". Dem Reporter drohen bis zu 20 Jahre Haft Die seit Kriegsbeginn verschärften Mediengesetze erschweren die Berichterstattung über Militärthemen und Militärunternehmen ohnehin erheblich. Weil aber unter dem Paragrafen 276 des Strafgesetzbuches ermittelt wird - wegen Spionage - drohen Gershkovich bis zu 20 Jahre Haft. Der Korrespondent wurde am Nachmittag in geschlossener Sitzung vor das Moskauer Bezirksgericht in Lefortowo gestellt. Er plädierte nach Angaben der Nachrichtenagentur Tass auf "nicht schuldig" - das Gericht ordnete dennoch eine zunächst zweimonatige Untersuchungshaft an, die aber auch nach dem 29. Mai verlängert werden kann. Mit großer Besorgnis und der Forderung nach Freilassung kommentierte das "Wall Street Journal" die Nachricht von der Festnahme des eigenen Korrespondenten, die Organisation "Reporter ohne Grenzen" forderte: "Journalisten dürfen nicht zur Zielscheibe werden!" | /ausland/russland-gershkovich-spionage-101.html |
2023-03-30 | Russlands Handlanger in Moldau | Die Shor-Partei | Der Kreml und der verurteilte Betrüger Ilan Shor haben einen gemeinsamen Gegner: die pro-westliche Regierung Moldaus. Nun versucht die Partei des Oligarchen, die Lage im Land zu destabilisieren. Von Stephan Laack. | Der Kreml und der verurteilte Betrüger Ilan Shor haben einen gemeinsamen Gegner: die pro-westliche Regierung Moldaus. Nun versucht die Partei des Oligarchen, die Lage im Land zu destabilisieren. Die Hochburg der Shor-Partei des moldauischen Oligarchen Ilan Shor ist nur etwa eine Autostunde von der Hauptstadt Chisinau entfernt. Orhei ist ein Städtchen mit etwa 20.000 Einwohnern. Gepflegte Grünanlagen, saubere Bürgersteige - hier scheint die Welt in Ordnung zu sein. Für Bedürftige gibt es Sozialkaufhäuser, in denen Lebensmittel zu günstigen Preisen angeboten werden. "Merishor" heißt die Kette, was Äpfelchen bedeutet. Der Name weist aber auch auf Shor hin, der hier von 2015 bis 2019 Bürgermeister war und immer noch viele Anhänger hat. Gemischte Meinungen zu Shor Swetlana, die in einem der Merishor-Läden eine Anstellung sucht, sagt, sie habe eine gute Meinung von Shor: "Weil man sieht, was er für Orhei und die angrenzenden Dörfer getan hat. Man sieht doch, dass er für die Gemeinschaft etwas zum Guten verändert hat." Sogar einen Vergnügungspark vor der Stadt hat Shor errichten lassen und der Eintritt ist frei im "Orheiland". Mihai, der als medizinisch-technischer Assistent in Orhei arbeitet, weist allerdings darauf hin, dass Shor eine umstrittene Person sei. "Meine Mutter und meine Tante bewundern die Shor-Partei, auch viele Lehrer tun das. Ich selbst weiß nicht so recht, ich bin da etwas skeptisch." Flucht wegen Milliardenbetrugs In der Tat: Der Oligarch war in den größten Bankenbetrugsfall Moldaus verwickelt. Ungefähr eine Milliarde Dollar betrug der Schaden für die drei größten Geschäftsbanken des Landes. Am Ende musste die Nationalbank einspringen und Moldau vor einem Bankenkollaps bewahren. "Shor ist der Organisator des Diebstahls von einer Milliarde Dollar. Und deshalb muss jeder von uns, egal ab Greis oder Kind, 500 Euro zahlen, um die von Herrn Shor verursachten Schulden zu begleichen", erklärt Sergiu Tofilat, ehemaliger Berater von Präsidentin Maia Sandu. Erst die pro-europäische Regierung unter Sandu ermöglichte letztlich die Strafverfolgung von Shor. Der Oligarch wurde zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt und setzte sich nach Israel ab. Zuvor hatte er unter dem Schutz eines weiteren Oligarchen, Vladimir Plahotniuc, gestanden, der bis 2019 die politische Macht im Land kontrollierte. Regierung als gemeinsamer Feind von Shor und Putin Jetzt organisiert Shor aus dem Exil die Proteste gegen die pro-europäische Regierung zusammen mit seinen verbliebenen Parteifreunden in Orhei. Die Demonstrationen begannen zu dem Zeitpunkt, als Russland die Gaslieferungen an Moldau kürzte und somit die Energiepreise und Inflation nach oben trieb. "Wir konnten erkennen, dass die Interessen von Ilan Shor, der der Justiz entkommen wollte, mit dem Interesse Russlands zusammenfiel, das Land zu destabilisieren und Moldau davon abzubringen, einen pro-europäischen Kurs zu verfolgen", erklärt die moldauische Investigativjournalistin Daniela Calmish. Zusammen mit drei Kollegen der Zeitung "Ziarul de Garda" gelang ihr der Nachweis, dass die sogenannten Proteste eine Inszenierung der Shor-Partei waren. In Orhei wurden dafür gezielt Teilnehmer angeworben und bezahlt. Inszenierte Proteste Es gelang ihr, sich dort in einer Undercover-Aktion einschleusen zu lassen. Mit Bussen seien sie von Orhei in die Hauptstadt Chisinau gebracht worden und hätten 20 Dollar dafür erhalten. Während der Fahrt sei ihnen eingetrichtert worden, auf keinen Fall mit Journalisten zu sprechen. "Außerdem sagten sie uns, welche Slogans wir rufen sollten", erzählt Calmish. "Und als wir dann in Chisinau protestierten, kamen manchmal Organisatoren und ermahnten uns, lauter 'Nieder mit Maia Sandu' zu rufen. 'Wofür bezahlen wir euch?'" Der Bürgermeister von Orhei, Pavel Verejanu, spielt die Zahlungen herunter. Er ist ebenfalls Mitglied der Shor-Partei und hat gute Kontakte zum flüchtigen Oligarchen. Shor habe die Zahlungen zugegeben, aber das Geld sei für die Versorgung der Demonstranten gedacht gewesen. "Für ein Stück Pizza und zwei Flaschen Wasser." Shor habe gesagt, "er wolle niemanden losschicken, der dann an Hunger und Durst sterbe", so Verejanu. "Shor nutzt wirtschaftlich schwere Lage aus" Der moldauische Politologe Ion Tabirta sieht in den bezahlten Protesten ein gefährliches Spiel. Die Shor-Partei agiere letztlich im Interesse Russlands und nutze dafür die wirtschaftlich schwierige Situation der Menschen aus. "Russland versucht Wege zu finden, die gesellschaftliche und politische Situation in Moldau zu destabilisieren", sagt Tabirta. "Und die pro-russischen Kräfte finden sich insbesondere bei der Shor-Partei." Es sei eine von Oligarchen gelenkte, opportunistische Partei, die Reformen aufhalten wolle und deren Interessen mit denen Russlands zusammenfallen. Sollte sich die wirtschaftliche Situation der Menschen, die unter einer hohen Inflation von 30 Prozent leiden, nicht spürbar verbessern, könnte dieser Plan womöglich aufgehen. Denn auch Gegner der Shor-Partei könnten sich trotz aller Bedenken gegenüber dem Oligarchen den Protesten anschließen. So wie Nikolaj, der sagt: "Die Proteste, die es jetzt gibt, hätten schon früher beginnen sollen." Er unterstütze Shor zwar überhaupt nicht - aber was dieser macht, sei dennoch richtig. "Jeder hat diese Regierung satt. Beten wir zu Gott, dass wir sie loswerden." | /ausland/europa/moldau-shor-partei-101.html |
2023-03-30 | Schiff ausgebrannt - mindestens 31 Tote | Philippinen | Auf einer philippinischen Fähre ist ein Feuer ausgebrochen und hat Passagiere im Schlaf überrascht. Viele seien in Panik über Bord gesprungen. Mindestens 31 Menschen konnten sich nicht retten.
mehr | Auf einer philippinischen Fähre ist ein Feuer ausgebrochen und hat Passagiere im Schlaf überrascht. Viele seien in Panik über Bord gesprungen. Mindestens 31 Menschen konnten sich nicht retten. Bei einem Brand auf einer Fähre im Süden der Philippinen sind mindestens 31 Menschen ums Leben gekommen. 195 Passagiere und 35 Besatzungsmitglieder seien gerettet worden, teilten die Behörden mit. Die tatsächliche Zahl der Opfer könnte noch höher sein, da offenbar auch Menschen an Bord waren, die nicht als Besatzungsmitglieder oder Passagiere registriert waren. Laut Behörden wurden 14 Menschen verletzt. Vom Feuer im Schlaf überrascht Das Feuer auf der Fähre "Lady Mary Joy 3" war nach Angaben des Katastrophenschutzes am späten Abend aus noch ungeklärter Ursache ausgebrochen. Das geschah in der Nähe von Baluk-Baluk Island rund 880 Kilometer südlich der Hauptstadt Manila. Das Schiff war auf dem Weg von der Insel Mindanao zur Insel Jolo. Rejard Marfe von der philippinischen Küstenwache sagte, Überlebende hätten berichtet, dass sie im Schlaf von dem Feuer überrascht worden und in Panik geraten seien. Einige Passagiere seien ins Meer gesprungen, um den Flammen zu entgehen, sagte Nixon Alonzo, Chef des Katastrophenschutzes der Region. "Einige der Toten wurden auf dem Schiff gefunden, andere sind ertrunken." Für die Philippinen mit ihren mehr als 7000 Inseln zählen Schiffe zu den Hauptverkehrsmitteln. Da die Fähren oftmals schlecht gewartet und überfüllt sind sowie Sicherheitsvorschriften ungenügend kontrolliert werden, kommt es immer wieder zu tödlichen Unglücken. | /ausland/faehrunglueck-philippinen-101.html |
2023-03-30 | Inflationsrate sinkt auf 7,4 Prozent | Verbraucherpreise im März | Die Inflationsrate ist im März auf 7,4 Prozent gesunken. Die Teuerung hat sich deutlich verlangsamt. Besonders bei den Energiepreisen verringerte sich der Anstieg.
mehr | Die Inflationsrate ist im März auf 7,4 Prozent gesunken. Die Teuerung hat sich deutlich verlangsamt. Besonders bei den Energiepreisen verringerte sich der Anstieg. Niedrigere Benzin- und Heizölpreise drücken die Inflation in Deutschland auf den tiefsten Stand seit August 2022. Waren und Dienstleistungen kosteten im März durchschnittlich 7,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitteilte. Im Januar und Februar hatte die Teuerung noch jeweils bei 8,7 Prozent gelegen. Von Februar auf März zogen die Preise um 0,8 Prozent an. "Das ist doch mal eine gute Nachricht", sagte Jörg Zeuner, Chefökonom der Union Investment. Auch Sebastion Dullien vom gewerkschaftsnahen IMK-Institut sieht darin ein gutes Zeichen: "Das dürfte der erste Schritt eines nachhaltigen Abwärtstrends bei den Teuerungsraten in Deutschland sein. In den kommenden Monaten ist nun mit einem weiteren, kontinuierlichen Rückgang der Inflationsraten zu rechnen." "Essen wird teurer, Wohnen bleibt teuer" Eine schlechte Nachricht für Verbraucher gab es allerdings, denn Nahrungsmittel bleiben Preistreiber Nummer eins. Sie verteuerten sich um durchschnittlich 22,3 Prozent im Vergleich zum März 2022. Damit sind die Preise noch einmal stärker gestiegen als im Februar, als die Teuerung bei 21,8 Prozent lag. "Das liegt vor allem daran, dass Gemüse offenbar aufgrund von Ernteausfällen einiger Lieferländer knapp geworden ist", sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. "Essen wird teurer, Reisen wird teurer, Wohnen bleibt teuer", urteilte Jens-Oliver Niklasch von der LBBW. Somit würden Verbraucher die Entlastung nicht sofort spüren, da auch Nicht-Energieprodukte weiterhin teuer blieben. Kerninflation steigt an Grund dafür ist die hartnäckig hohe Kerninflation, bei der die stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden. Sie gilt als Zeichen dafür, dass die Inflation zunehmend in der Breite der Wirtschaft ankommt. Laut aktuellen Zahlen der Commerzbank ist sie im März sogar gestiegen, von 5,7 auf 5,9 Prozent. So waren im März etwa Pauschalreisen in Bayern um 12,8 Prozent teuer als vor Jahresfrist. Experten halten Höhepunkt der Inflation für überschritten Energie kostete im März dieses Jahres nur noch 3,5 Prozent mehr als vor einem Jahr, nach 19,1 Prozent im Februar. Allerdings liegt das nicht an sinkenden Preisen, sondern einem günstigeren Basiseffekt: Vor einem Jahr waren die Energiepreise, nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, in die Höhe geschnellt. Nun werden sie erstmals mit den schon erhöhten Preisen verglichen, nicht mehr mit den niedrigeren vor Kriegsausbruch - das wird als Basiseffekt bezeichnet. "Eine Entwarnung für die EZB ist das noch nicht", sagte Ökonom Schmieding angesichts der heutigen Zahlen. Nach den Worten von EZB-Direktorin Isabel Schnabel erweist sich die Kerninflation inzwischen als viel hartnäckiger als die Gesamtinflation. "Und natürlich verursacht das auch einige Kopfschmerzen für Notenbanker", merkte sie an. Dennoch halten die meisten Experten den Höhepunkt der Inflation mittlerweile für überschritten. Die Wirtschaftsweisen erwarten im Jahresschnitt eine Inflationsrate von 6,6 Prozent, nach 6,9 Prozent im vergangenen Jahr. Erst 2024 dürfte sie merklich zurückgehen, und zwar auf 3,0 Prozent. | /wirtschaft/inflationsrate-sinkt-im-maerz-101.html |
2023-03-30 | US-Anleger werden vorsichtiger | Vor neuen Inflationsdaten | Nach der Bankenkrise war heute vor wichtigen neuen Preisdaten. Die US-Anleger haben sich nicht mehr weiter vorgewagt, denn Inflationsängste sind noch nicht gebannt.
mehr | Nach der Bankenkrise war heute vor wichtigen neuen Preisdaten. Die US-Anleger haben sich nicht mehr weiter vorgewagt, denn Inflationsängste sind noch nicht gebannt. Anders als die heimischen Anleger haben sich die Investoren an der Wall Street heute nur zögerlich vorgewagt. Zwar überwog die Erleichterung, dass die Bankenkrise vorerst glimpflich überstanden sei, neue Inflationsdaten werfen aber bereits ihre Schatten voraus. Denn am Freitag stehen die Februar-Daten des Preisindex der persönlichen Konsumausgaben (PCE) an, das bevorzugte Inflationsmaß der Notenbank Federal Reserve (Fed). Die Januar-Zahlen zeigten eine starke Beschleunigung der Verbraucherausgaben. "Die Daten, die wir allmählich sehen, sehen weniger rosig aus, und obwohl die Inflation schmerzhaft langsam zurückgeht, bewegt sie sich in die richtige Richtung", sagte Stuart Cole, leitender Makroökonom beim Maklerunternehmen Equiti Capital. "Dies deutet zunehmend darauf hin, dass die Fed kurz davor steht, ihre Zinserhöhungspolitik einzustellen." Laut dem Fedwatch-Indikator der weltgrößten Terminbörse CME Group (Chicago Mercantile Exchange) werden die Wetten der Händler momentan zu gleichen Teilen zwischen einer Pause und einer Zinserhöhung um 25 Basispunkte durch die Fed im Mai aufgeteilt. Indizes blieben im Plus Nach einer freundlichen Eröffnung fehlten der Street die Anschlusskäufe, um die anfänglichen Gewinne noch auszuweiten. Am Ende stand ein moderater Aufschlag beim Leitindex Dow Jones von 0,43 Prozent auf 32.859 Punkte. Die Technologiebörse Nasdaq verteidigte ihre Anfangsgewinne und schloss 0,7 Prozent höher - zu mehr reichte es aber nicht mehr. Der Auswahlindex Nasdaq 100 legte 0,9 Prozent zu. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 4050 Zählern um 0,5 Prozent höher aus dem Handel. Biden will schärfere Bankenauflagen Bankaktien konnten unter den Standardwerten anfängliche Gewinne nicht halten, hier nahmen die Anleger Gewinne mit. US-Präsident Joe Biden will derweil angesichts der Bankenturbulenzen in den USA wieder schärfere Auflagen für Geldhäuser und damit eine Rücknahme von Erleichterungen seines Vorgängers Donald Trump. Biden fordere daher die Bankaufsichtsbehörden unter anderem auf, die Liquiditätsanforderungen für kleinere Banken zu erhöhen, teilte das Weiße Haus am Donnerstag mit. Außerdem sollten diese sich wieder jährlichen Stresstests unterziehen müssen. Disney-Aktien legen zu Gefragt waren hingegen Disney-Aktien, nachdem sich das Unternehmen mit einem juristischen Kniff erfolgreich gegen ein neues Gesetz des ultrakonservativen Gouverneurs von Florida, Ron DeSantis, gewehrt hatte. Es ging um die Hoheitsrechte für das etwa zehn Quadratkilometer große Areal des Disney-Vergnügungsparks in Orlando, die der Politiker beschneiden wollte. Disney hatte durch einen aus den 1960er-Jahren stammenden alten Sonderstatus etwa die Kontrolle über den Bau der riesigen Vergnügungsparks und auch das Recht, kommunale Anleihen auszugeben. Auf dem Gebiet befinden sich außer Disney World auch noch etliche weitere Vergnügungs- und Wasserparks, Hotels und die dazugehörige Infrastruktur. Das neue Gesetz hätte dem von DeSantis ernannten Gremium weitreichendes Mitspracherecht über die künftige Entwicklung des Gebietes gegeben. Es galt als Retourkutsche dafür, dass sich der Konzern zuletzt gegen ein Gesetz des Republikaners gestellt hatte, das Unterricht über sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität vom Kindergarten bis zur dritten Klasse verbietet und in höheren Klassen einschränkt. China-Aktien fallen auf Aktien von Alibaba legten 3,5 Prozent zu. Der chinesische Amazon-Rivale hat einem Medienbericht zufolge mit den Vorbereitungen für den Börsengang seiner Logistiksparte Cainiao Network Technology in Hongkong begonnen. Diese werde derzeit mit mehr als 20 Milliarden Dollar bewertet, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. Für Kursfantasie sorgte auch JD.com. Der chinesische E-Commerce-Riese will seine Immobilien- und Industriesparten abspalten und an die Hongkonger Börse bringen. Umfang und Struktur der Börsengänge seien noch nicht abschließend geklärt, hieß es. Die in den USA gelisteten Papiere gewannen knapp acht Prozent. Erstanträge und BIP-Daten im Fokus Die Anleger blickten auch auf neue Konjunkturdaten, die eine weiterhin robuste US-Wirtschaft signalisieren. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ist auf niedrigem Niveau etwas stärker als erwartet um 7000 Anträge auf 198.000 gestiegen. Seit Beginn des Jahres liegen die Werte mit nur wenigen Ausnahmen aber unter der Marke von 200.000. Bei Werten unter dieser Marke sprechen Experten von einem niedrigen Niveau an Hilfsanträgen, was auf einen robusten Arbeitsmarkt in den USA hindeutet. Die US-Wirtschaft ist Ende 2022 etwas schwächer als erwartet gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im vierten Quartal auf das Jahr hochgerechnet um 2,6 Prozent zu, wie das Handelsministerium in Washington nach einer dritten Schätzung mitteilte. In einer zweiten Schätzung war noch ein Wachstum um 2,7 Prozent ermittelt worden. Bankvolkswirte hatten im Schnitt mit einer Bestätigung der Zweischätzung gerechnet. US-Wachstumszahlen werden annualisiert, also auf das Jahr hochgerechnet. Sie geben damit an, wie stark die Wirtschaft wachsen würde, wenn das aktuelle Tempo vier Quartale anhielte. In Europa wird auf diese Vorgehensweise verzichtet, weshalb die Wachstumszahlen nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Um näherungsweise auf eine mit Europa vergleichbare Wachstumsrate zu kommen, müsste man die US-Rate durch vier teilen. DAX auf Klettertour So schnell und brutal wie sie kam, scheint sie auch wieder aus den Köpfen der Anleger zu verschwinden: die Bankenkrise. Erinnerungen an den systemischen Ausfall nach der Lehman-Pleite im Jahr 2008 hatten den DAX in der Vorwoche bis auf 14.458 Punkte gedrückt. Von diesem Ausverkauf war heute nichts mehr zu spüren. Der deutsche Leitindex setzte vielmehr seine jüngste Erholung fort und schloss auf einem neuen Drei-Wochen-Hoch bei 15.522 Punkten. Prozentual legte der Index damit 1,26 Prozent zu. Noch besser lief es bei den Aktien aus der zweiten Reihe. Der industrie- und exportlastige MDAX stieg kräftig um 2,14 Prozent, wobei vor allem die dort besonders stark vertretenen Immobilienaktien Boden gut machen. Nach den jüngsten Turbulenzen im Bankensektor habe sich ein zuversichtlicherer Tenor an den Börsen durchgesetzt, sagte LBBW-Analyst Rolf Schäffer. Die akute Furcht der Marktteilnehmer vor einer Finanzsystemkrise sollte weiter nachlassen - gänzlich verschwinden dürfte sie nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank in den USA und der Notübernahme der Credit Suisse aber nicht. Inflation fällt, bleibt aber hoch - noch keine Entwarnung Trotz der Erholung bleibt beim Blick auf die Wirtschaftsdaten aber Vorsicht geraten. Denn die Hoffnungen der Anleger auf Signale für einen weniger steilen Zinspfand in der Eurozone wurden von den deutschen Verbraucherpreise im März nicht erfüllt. Die Teuerungsrate sank hierzulande gegenüber Vorjahr zwar auf 7,4 von 8,7 Prozent. Dabei wurde sie aber erstmals mit den durch den Ukraine-Krieg und die Energiepreis-Explosion schon erhöhten Preisen verglichen, nicht mehr mit den niedrigeren vor Kriegsausbruch - Fachleute sprechen von einem Basiseffekt. "Für den Verbraucher ist es im Grunde wichtiger, was von Monat zu Monat passiert. Und hier ist die Teuerung noch immer recht hoch", sagte Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust. Obwohl sich Kraftstoffe und Heizöl etwas verbilligten, stieg das Preisniveau um 0,8 Prozent im Vergleich zum Februar. Damit schließt sich ein womöglich noch problematischer Kreis. Denn es waren unter anderem die drastischen Zinserhöhungen der großen Notenbanken, die so manches Geldhaus diesseits und jenseits des Atlantik in Schwierigkeiten gebracht haben. Allerdings scheinen die Bilanzen der Banken derzeit widerstandsfähiger zu sein als 2008, was an der Börse entsprechend goutiert wird und durchaus Anlass zur Hoffnung gibt. Neben dem Dauerthema um Zinsen und Banken standen heute auch eine Reihe von Quartalsergebnissen aus der zweiten Reihe auf der Agenda. Infineon stark gesucht Unter den Einzelwerten im DAX punktete neben dem Sportartikelkonzern Adidas besonders der Chiphersteller Infineon. Zahlreiche positive Analystenkommentare katapultierten die Aktien auf den höchsten Stand seit Januar 2022. Nach starken vorläufigen Zahlen zum zweiten Geschäftsquartal hatte Infineon am Dienstagabend seine Jahresziele angehoben. Am Mittwoch und auch am Donnerstag hoben zahlreiche Analysten ihre Kursziele für die Aktie an. Am Ende stand ein deutliches Plus von über fünf Prozent auf der Anzeigetafel. Auch Adidas stiegen in der gleichen Größenordnung. Am DAX-Ende standen die Papiere des Börsenbetreibers Deutsche Börse. Die Schweizer Großbank UBS hat die Einstufung für auf "Buy" mit einem Kursziel von 205 Euro belassen. Analyst Michael Werner senkte aber seine Ergebnisschätzungen bis 2025 leicht ab, wie er in einer heute vorliegenden Studie aufgrund zuletzt gefallener Zinserwartungen schrieb. Anleger nahmen Gewinne mit, nachdem die Aktie zuletzt gut gelaufen war. Ölpreise ziehen an Die Ölpreise haben erneut zugelegt. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 1,3 Prozent mehr. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 1,7 Prozent auf 24,76 Dollar. Die erneut freundliche Stimmung an den Aktienmärkten stützte auch die Ölpreise. An den vergangenen Tagen ist die Angst vor einer Bankenkrise in den Hintergrund getreten. Verbesserte wirtschaftliche Aussagen würden auch die Nachfrage nach Rohöl stützen. Händler verwiesen zudem auf zuletzt gesunkene Rohöllagerbestände in den USA. Gestützt wurden die Ölpreise durch einen schwächeren Dollarkurs. Dieser macht Rohöl für Anleger aus anderen Währungsräumen günstiger. Dies stützt die Nachfrage. Darüber hinaus gibt es Unsicherheiten auf der Angebotsseite. So steht ein Streit zwischen dem Irak, der Türkei und den kurdischen Behörden seit Tagen Öllieferungen aus dem türkischen Hafen Ceyhan im Weg. Es geht um Exporte von etwa 400 000 Barrel je Tag. Der Streit erfolgt in einem Umfeld mit einem bereits verringerten Angebot aus Russland. Gold mit moderaten Gewinnen Für eine Feinunze Gold wurden 1973 Dollar gezahlt, rund ein halbes Prozent mehr als gestern. Das gelbe Edelmetall ist seit dem Abflauen der Bankenturbulenzen allerdings bei Anlegern weniger stark gefragt, nachdem es in der Vorwoche noch zeitweise über die Marke von 2000 Dollar gestiegen war. Euro legt über 1,09 Dollar zu Der Euro hat am Abend im späten US-Währungshandel die Gewinne zum US-Dollar gehalten. Für Kursauftrieb hatten Preisdaten aus Deutschland und Spanien, die Hinweise auf weiter steigende Zinsen lieferten, gesorgt. Zuletzt notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,0902 Dollar und damit etwa auf dem Niveau des späten europäischen Handels. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,0886 (Mittwoch: 1,0847) Dollar festgesetzt. Chefvolkswirt Jörg Zeuner von Union Investment verwies auf die sogenannte Kernrate der Preisentwicklung ohne die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise und bezeichnete diese als "hartnäckig hoch". "Deshalb dürften die Währungshüter bei der EZB den Fuß auf dem Bremspedal halten und die Zinsen bis in den Sommer noch um 0,75 Prozentpunkte erhöhen", sagte Zeuner. Steigende Leitzinsen im Kampf gegen die hohe Inflation stützen den Kurs einer Währung. Erholungsrally bei Immobilien-Aktien geht weiter Auf Unternehmensseite bleiben Immobilienwerte auch am vorletzten Handelstag der Woche gefragt. Aktien von Vonovia verteuern sich im DAX um fast fünf Prozent, im MDAX gehörten TAG Immobilien und Aroundtown mit deutlichen Kursaufschlägen von sieben und gut acht Prozent zu den größten Gewinnern. Die Stimmung für den durch steigende Zinsen und hohe Energie- und Baukosten angeschlagenen Sektor hatte sich mit der Hoffnung auf ein baldiges Ende des harten Kurses der Notenbanken bereits zur Wochenmitte gedreht. Die Aktien kommen allerdings von einem niedrigen Niveau und sind daher auch für Schnäppchenjäger interessant. H&M-Kurssprung beflügelt Zalando Die Zalando-Aktie war ebenfalls stark gefragt. Dabei helfen auch die Zahlen von H&M. Die Bekleidungskette hatte im ersten Quartal dank eines Sondereffekts operativ mehr verdient als vor einem Jahr und dabei auch die Erwartungen übertroffen. Dabei hätten die Margen überzeugt, so Analyst Richard Chamberlain von RBC. Die H&M-Aktie sprang in Stockholm prozentual zweistellig in die Höhe. Ita und Lufthansa kommen sich näher Der Einstieg der Lufthansa bei der italienischen Fluggesellschaft Ita Airways steht unmittelbar bevor. Der Vorstand von Ita stimmte einem gemeinsamen Businessplan mit dem deutschen Konzern zu, wie heute in Rom bekanntgegeben wurde. Die Lufthansa will zunächst 40 Prozent der Anteile an dem Nachfolger der Traditionsairline Alitalia übernehmen, der bislang noch komplett dem italienischen Staat gehört. Finanzminister Giancarlo Giorgetti traf sich am Donnerstag mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr und dem Ita-Präsidenten Antonino Turicchi. Der Minister sprach danach von einem weiteren Schritt hin zu einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit. United Internet verunsichert Anleger mit Ausblick Im MDAX ragten Aktien des Telekommunikationskonzerns United Internet mit einem Abschlag von 3,6 Prozent am Index-Ende negativ heraus. Das angepeilte Betriebsergebnis liege unter den Markterwartungen, betonte ein Börsianer. SMA Solar an SDAX-Spitze nach erhöhter Prognose Aktien des Solartechnikspezialisten SMA setzten sich mit einem Aufschlag von mehr als 20 Prozent auf dem SDAX-Spitzenplatz weit nach vorne ab - dies bedeutet ein Hoch seit 2010. Höhere Jahresziele für den Umsatz und das operative Ergebnis ziehen die Anleger an. VW lehnt Einigung zu Sklavenarbeit in Brasilien ab Volkswagen do Brasil hat in einer Anhörung zu möglicher Sklavenarbeit auf einer Amazonas-Farm eines Tochterunternehmens in den 1970er und 80er Jahren nach Angaben der brasilianischen Staatsanwaltschaft den Verhandlungstisch verlassen. Das Unternehmen habe erklärt, kein Interesse an einem Abkommens mit der für Arbeitsrecht zuständigen Anklagebehörde zu haben, hieß es in einer Mitteilung der Behörde in Brasília. SAF-Holland steigert Dividende stärker als erwartet Der Nutzfahrzeugzulieferer SAF-Holland will die Dividende stärker anheben als erwartet. Die Aktionäre sollen 60 Cent je Aktie als direkte Gewinnbeteiligung erhalten. Von Bloomberg befragte Experten hatten lediglich mit 50 Cent Dividende gerechnet. Shop Apotheke: Anleger begrüßen Schweiz-Partnerschaft Anleger der Shop Apotheke schauen über eine Kapitalerhöhung hinweg. Sie konzentrierten sich eher auf die Chancen, die eine Partnerschaft in der Schweiz mit der Unternehmensgruppe Galenica mit sich bringt. Erstmals seit sieben Monaten wurden in der Spitze wieder mehr als 80 Euro für die Aktien der Online-Apotheke gezahlt. Eckert & Ziegler kommt unter die Räder Der Strahlen- und Medizintechnikkonzerns Eckert & Ziegler rechnet 2023 wegen höherer Kosten für die klinische Entwicklung mit einem weiteren Gewinnrückgang. Der Überschuss werde im laufenden Jahr wegen dieser Belastungen im Segment "Sonstige" rund 25 Millionen Euro betragen, wie das im Nebenwerteindex SDax notierte Unternehmen heute in Berlin mitteilte. Investoren erwischte das auf dem falschen Fuß. Der Aktienkurs brach um 15 Prozent ein. Steigt Apple ins Geschäft mit VR-Brillen ein? Apple hat seine diesjährige Entwicklerkonferenz WWDC für den 5. bis 9. Juni angesetzt. Unter anderem der Finanzdienst Bloomberg berichtete, dass Apple eine Brille zur Anzeige virtueller Realität (VR) ankündigen wolle, die einige Monate später auf den Markt kommen werde. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/dax-kurspotenzial-dow-apple-inflation-gold-oel-ki-geldanlage-101.html |
2023-03-30 | + Ukraine kontrolliert ein Drittel von Bachmut + | Krieg gegen die Ukraine | Die ukrainische Armee kontrolliert nach Regierungsangaben nur noch ein Drittel der heftig umkämpften Stadt Bachmut. Das chinesische Militär will enger mit der russischen Armee zusammenarbeiten. Die Entwicklungen im Liveblog.
mehr | Die ukrainische Armee kontrolliert nach Regierungsangaben nur noch ein Drittel der heftig umkämpften Stadt Bachmut. Das chinesische Militär will enger mit der russischen Armee zusammenarbeiten. Die Entwicklungen im Liveblog. Laut Kiew noch ein Drittel Bachmuts unter ukrainischer KontrolleSelenskyj erinnert an russischen Abzug aus KiewBachmut: Ukraine kontrolliert nur noch ein Drittel der StadtZahl der Schutzsuchenden in Deutschland angestiegenChinas Militär will enger mit Russland zusammenarbeiten Ukraine meldet Raketeneinschläge in Charkiw Die Ukraine meldet den Einschlag von mindestens sechs russischen Raketen in Charkiw. Regionalgouverneur Oleh Sinegubow schrieb auf Telegram unter Berufung auf erste vorliegende Informationen, dass es sich bei den Geschossen um S-300-Luftabwehrraketen handeln soll. Die Behörden seien dabei, Angaben zu etwaigen Schäden und Opfern zusammenzutragen. Eine Stellungnahme der Regierung in Moskau liegt nicht vor. Russland setzt Experten zufolge die S-300 auch für Angriffe auf Bodenziele ein. US-Militär: Tausende Ukrainer in vergangenen Monaten ausgebildet Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben die USA nach eigenen Angaben mehr als 7000 Mitglieder der ukrainischen Streitkräfte ausgebildet. Das Training habe an verschiedenen Standorten im In- und Ausland stattgefunden, darunter in Deutschland, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder. Erst in den vergangenen Tagen hätten 65 Ukrainer im Bundesstaat Oklahoma ihre Ausbildung am Flugabwehrsystem Patriot abgeschlossen und seien nun wieder in Europa. Selenskyj zieht Bilanz nach 400 Tagen Krieg Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am 400. Tag des Kriegs Bilanz gezogen. "400 Tage der Verteidigung gegen eine umfassende Aggression, dies ist ein kolossaler Weg, den wir zurückgelegt haben", sagte er in seiner allabendlichen Videoansprache. Die Ukraine habe "die schlimmsten Tage" des russischen Angriffs im Februar des Vorjahres überstanden. "Wir haben auch diesen Winter überlebt", erinnerte er an die massiven russischen Luft- und Raketenangriffe gegen die Energie-Infrastruktur der Ukraine. "Hinter diesen Worten steckt eine gewaltige Anstrengung." Die Ukraine habe in den vergangenen Monaten mit der Rückeroberung großer Gebiete ihr Heldentum bewiesen, sagte Selenskyj. "Wir bereiten unsere nächsten Schritte, unsere neuen Aktionen vor, wir bereiten uns auf unseren baldigen Sieg vor." Selenskyj verwies darauf, dass die Erfolge der Ukraine auch mit Hilfe der westlichen Partner möglich wurden. "Heute, am 400. Tag des Widerstands, des umfassenden Widerstands, möchte ich allen in der Welt danken, die an der Seite der Ukraine stehen." Bundesregierung "tief besorgt" über Verhaftung von US-Reporter Die Bundesregierung hat sich "tief besorgt" über die Verhaftung des US-Journalisten Evan Gershkovich in Russland geäußert. "Die Arbeit von in Russland akkreditierten ausländischen Korrespondentinnen und Korrespondenten muss ungehindert und ohne Einschüchterungen möglich sein", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. "Journalismus darf nicht kriminalisiert werden." Bericht: Offenbar geheimes Kreml-Programm für Cyberangriffe Russische Geheimdienste planen einem Medienbericht zufolge zusammen mit einer Moskauer IT-Firma weltweite Hacker-Einsätze, die etwa auch Angriffe auf Einrichtungen der kritischen Infrastruktur ermöglichen sollen. Das geht nach Recherchen eines Journalistenteams des "Spiegel", "ZDF", der "Süddeutschen Zeitung" sowie weiteren internationalen Medien aus einem Datenleak des russischen Sicherheitsapparats hervor. In den zugespielten Dokumenten werde etwa ein offensives Cyberprogramm beschrieben, das auch Angriffe auf Einrichtungen der kritischen Infrastruktur ermöglichen soll, berichtet der "Spiegel". Zu den Zielen des Programms gehöre den Unterlagen zufolge, mit spezieller Software Züge entgleisen zu lassen oder Computer eines Flughafens lahmzulegen. Es sei aber nicht ersichtlich, ob das Programm derzeit etwa gegen die Ukraine eingesetzt werde. USA: Russland will Waffen von Nordkorea kaufen Russland bemüht sich nach Angaben der US-Regierung weiterhin um die Beschaffung von Waffen und Munition aus Nordkorea. "Uns liegen neue Informationen vor, wonach Russland aktiv versucht, zusätzliche Munition von Nordkorea zu erwerben", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby. Im Mittelpunkt dieser Bemühungen stehe ein Waffenhändler mit dem Namen Aschot Mkrtytschew. Über ihn versuche Russland, ein geheimes Waffenabkommen mit Nordkorea zu vermitteln. Damit könne Russland an mehr als zwei Dutzend Arten von Waffen und Munition von Nordkorea gelangen. Im Gegenzug biete Russland Nordkorea Lebensmittel an. Ein solches Abkommen verstoße gegen eine Reihe von Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, sagte Kirby. Die US-Regierung habe die jüngsten Äußerungen Nordkoreas zur Kenntnis genommen, wonach das Land keine Waffen an Russland verkaufen oder liefern wolle. "Wir werden diese Angelegenheit weiterhin genau beobachten." Washington: US-Bürger sollten Russland sofort verlassen Die US-Regierung hat nach der Inhaftierung eines US-Journalisten ihren Aufruf an US-Staatsbürger erneuert, sofort aus Russland auszureisen. Die Anwesenheit von US-Amerikanern in Russland sei zutiefst besorgniserregend, sagte der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, John Kirby. Von der Festnahme des US-Reporters Evan Gershkovich und den Vorwürfen gegen ihn sei man überrascht worden. Es habe keine Vorwarnung gegeben und auch keine Anzeichen dafür, dass Russland eine Art größere Aktion gegen Journalisten im Allgemeinen plane, sagte Kirby weiter. Es sei nun noch zu früh zu sagen, ob dies der Fall sei. Ukraine: Kontrollieren noch ein Drittel von Bachmut Die ukrainische Armee kontrolliert nach Regierungsangaben nur noch ein Drittel der seit Monaten heftig umkämpften Stadt Bachmut im Osten des Landes. "Bachmut wird zu einem Drittel von der Ukraine kontrolliert, wie internationale Beobachter festgestellt haben", sagte der ukrainische Präsidentenberater Sergej Leschtschenko in einer über den Telegram-Kanal des Präsidialamts übertragenen Botschaft. Leschtschenko dementierte jedoch, dass die Stadt von russischen Streitkräften umzingelt sei, wie ein prorussischer Beamter kürzlich erklärt hatte. Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hatte am 20. März erklärt, seine Söldner kontrollierten "etwa 70 Prozent" von Bachmut. Von ukrainischer Seite war diese Aussage bislang nicht bestätigt worden. Die Söldnergruppe Wagner nimmt in der Schlacht um Bachmut eine zentrale Rolle ein. Moskau: Sieben Jahre Haft für Anti-Kriegs-Posts Ein Gericht in Moskau hat einen 63-Jährigen für zwei Anti-Kriegs-Posts in sozialen Netzwerken zu sieben Jahren Lagerhaft verurteilt. Er hatte im März des Vorjahres in zwei Kommentaren die Angriffe russischer Militärs gegen die ukrainische Hauptstadt Kiew und die Hafenstadt Mariupol verurteilt, schrieb das russische Medium "Meduza". Dieses berichtet aus Lettland. Das Gericht habe ihn für schuldig befunden, "Fakes" über die russische Armee verbreitet zu haben. Ein Post des Mannes auf "WKontakt" lautete: "Während wir Kinder töten, singen wir im Ersten Kanal (des Fernsehens) Lieder; Wir, Russland, sind gottlos geworden - Herr, vergib uns." In seinem zweiten Kommentar schrieb er "Russische Flieger bomben Kinder". Die russische Gesetzgebung sieht für jede beliebige Kritik an den Streitkräften oder der Kriegsführung in der benachbarten Ukraine harte Strafen vor. Bundestag diskutiert über Wiederaufbau der Ukraine Der Bundestag erinnert in seiner Sitzung morgen unter anderem an den Marshall-Plan. Das Wiederaufbauprogramm für Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg war vor 75 Jahren vom US-Kongress verabschiedet worden. In einem Entschließungsantrag der Ampel-Fraktionen wird "tiefe Dankbarkeit" über die milliardenschwere Hilfe ausgedrückt. Zugleich wird gefordert, für die Ukraine ein ähnliches Wiederaufbauprogramm ins Leben zu rufen. Abgestimmt wird auch über einen Antrag der Unionsfraktion zum gleichen Thema. Kiew: Mehrere russische Angriffe abgewehrt Die ukrainischen Truppen haben im Osten des Landes nach eigenen Angaben mehrere gleichzeitig geführte russische Angriffe an verschiedenen Frontabschnitten abgeschlagen. "Im Brennpunkt" standen die Abschnitte bei Kupjansk, Limansk, Bachmut, Awdijiwka und Marjinsk, teilte der Generalstab in Kiew in seinem Lagebericht mit. "Insgesamt wurden 47 Angriffe des Feindes abgewehrt", heißt es darin. Einmal mehr stand die seit Monaten schwer umkämpfte ostukrainische Stadt Bachmut im Mittelpunkt des Geschehens. "Unsere Verteidiger halten die Stadt jedoch tapfer und wehren zahlreiche feindliche Angriffe ab", heißt es in der Mitteilung des Generalstabs auf Facebook. Moskau: Lawrow wird UN-Sicherheitsratssitzung leiten Russlands Außenminister Sergej Lawrow wird nach Angaben Moskaus im April während der russischen Ratspräsidentschaft eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats leiten. "Ein (...) Schlüsselereignis der russischen Präsidentschaft wird die hochrangige öffentliche Debatte des Rates zum Thema 'effektiver Multilateralismus durch die Verteidigung der Grundsätze der UN-Charta' sein", sagte Lawrows Sprecherin Maria Sacharowa vor Journalisten. Diese Sitzung werde vom russischen Außenminister geleitet, fügte sie hinzu. Der Vorsitz im UN-Sicherheitsrat rotiert monatlich, die 15 Mitgliedstaaten wechseln sich in alphabetischer Reihenfolge ab. Im April ist turnusgemäß Russland an der Reihe. Die Ukraine hatte bereits zuvor die bevorstehende Übernahme der Ratspräsidentschaft durch Russland scharf kritisiert. Litauen verschärft Strafen für Verstöße gegen Sanktionen Litauen hat härtere Strafen für Unternehmen beschlossen, die gegen nationale oder internationale Sanktionen gegen Russland und Belarus verstoßen. Das Parlament in Vilnius stimmte für eine Verschärfung der bisher geltenden Regelungen in dem baltischen EU- und NATO-Land. Demnach können Verstöße gegen die Sanktionen künftig mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro oder bis zu fünf Prozent des Jahresumsatzes sowie der Beschlagnahmung von Gütern oder Geld im Zusammenhang mit den Verstößen geahndet werden. Schweden unsicher über NATO-Beitritt bis Juli Nach neuen Zeichen des Widerstands aus Ungarn zeigt sich Schweden weniger sicher, noch vor dem NATO-Gipfel im Juli dem Verteidigungsbündnis beitreten zu können. Er wisse, was in den vergangenen Tagen insbesondere in Ungarn gesagt worden sei, zitierte die Nachrichtenagentur TT Außenminister Tobias Billström. In diesem Zusammenhang sei daher das Wort "hoffnungsvoll" besser. Die ungarische Regierung erklärte gestern, man bremse den Beitritt Schwedens aus Ärger über frühere Kritik an der Politik von Ministerpräsident Viktor Orban. Auch die Türkei verweigert bislang ihre Zustimmung zur Aufnahme des nordischen Landes. Polen bekommt knapp 30 Millionen Euro Agrarhilfe Weil günstiges Getreide aus der Ukraine Polens Bauern unter Druck setzt, bekommt das Land knapp 30 Millionen Euro an Agrarhilfe aus EU-Geldern. Auch Bulgarien und Rumänien erhalten Geld aus der EU-Agrarreserve - Sofia knapp 17 und Bukarest gut zehn Millionen Euro. Die Maßnahme sei von den EU-Staaten angenommen worden, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission laut der Nachrichtenagentur dpa. In Polen wie auch in Bulgarien war es in den vergangenen Tagen zu Protesten von Landwirten gekommen. Sie beklagen, dass günstige Getreideexporte aus der Ukraine zu Preiseinbrüchen geführt haben. Wenige Monate vor Beginn der Ernte gibt es zudem die Sorge, dass die Speicher mit ukrainischem Getreide gefüllt sind und diese die heimische Produktion nicht aufnehmen können. Haftbefehl gegen US-Journalisten Gershkovich Ein Gericht in Moskau hat gegen den festgenommenen Korrespondenten Evan Gershkovich der renommierten US-Zeitung "Wall Street Journal" Haftbefehl wegen angeblicher Spionage erlassen. Die Untersuchungshaft sei zunächst bis 29. Mai angesetzt, teilte das Gericht mit. Dem Journalisten drohen bis zu 20 Jahre Haft bei einer Verurteilung. Die Zeitung wies die Vorwürfe gegen ihren Mitarbeiter, der seine Arbeit erledigt habe, zurück. UN-Sicherheitsrat: Ukraine kritisiert russischen Vorsitz Die Ukraine hat die Übernahme der Ratspräsidentschaft im UN-Sicherheitsrat durch Russland scharf kritisiert. Der am 1. April beginnende russische Vorsitz im UN-Sicherheitsrat sei "ein schlechter Witz", schrieb der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter. Russland habe seinen Sitz in dem Rat unrechtmäßig errungen, es führe einen "Kolonialkrieg" und sein Anführer sei "ein Kriegsverbrecher", gegen den der Internationale Strafgerichtshof wegen der Verschleppung ukrainischer Kinder Haftbefehl erlassen habe, schrieb Kuleba weiter. Russland hätte als Vorsitz zwar wenig Einfluss auf die Entscheidungen des Rats, würde aber die Tagesordnung bestimmen. Russian UN Security Council presidency on April 1 is a bad joke. Russia has usurped its seat; it’s waging a colonial war; its leader is a war criminal wanted by the ICC for kidnapping children. The world can’t be a safe place with Russia at UNSC #BadRussianJoke #InsecurityCouncil Polen will von EU-Kommission Lösung für Getreideexporte Polen will die EU-Kommission gemeinsam mit anderen mittelosteuropäischen Ländern auffordern, Mechanismen für den Weitertransport von ukrainischen Getreideexporten zu schaffen. "Wir können den Transport in afrikanische Länder unterstützen, aber wir müssen die Situation auf dem Markt in Polen im Auge behalten", sagte Regierungssprecher Piotr Müller in Warschau. In Polen wie auch in Bulgarien kommt es seit Tagen zu Protesten von Landwirten. Sie beklagen, dass günstige Getreideexporte aus der Ukraine zu Preiseinbrüchen geführt haben. Wenige Monate vor Beginn der Ernte gibt es zudem die Sorge, dass die Speicher mit ukrainischem Getreide gefüllt sind und diese die heimische Produktion nicht aufnehmen können. Die Ukraine ist einer der weltweit größten Getreideexporteure. Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatten Polen und andere Länder in der Region angeboten, beim Transit des ukrainischen Getreides in Drittländer zu helfen, da Russland die traditionellen Handelsrouten blockierte. Doch mit dem Weitertransport hapert es. Finnland: Russische Geheimdienstaktivitäten eingeschränkt Finnland hat nach Angaben des Geheimdienstes russische Spionagetätigkeiten in dem Land im vergangenen Jahr erheblich geschwächt. Dazu beigetragen hätten die Ausweisung russischer Geheimdienstoffiziere und die Verweigerung von Visa, teilte der finnische Sicherheits- und Geheimdienst Supo mit. "Die russische Geheimdienststation (in Finnland) ist im vergangenen Jahr auf etwa die Hälfte ihrer ehemaligen Größe geschrumpft", teilte Supo-Direktor Antti Pelttari mit. Die sinkende Zahl von Geheimdienstoffizieren und Reisebeschränkungen an der Grenze zwischen Finnland und Russland angesichts des russischen Kriegs in der Ukraine hätten den Einsatz für russische Spionage deutlich schwieriger gemacht, teilte die Behörde mit. Inflationsrate in Deutschland sinkt im März auf 7,4 Prozent Sinkende Benzin- und Heizölpreise drücken die Inflation in Deutschland deutlich. Waren und Dienstleistungen kosteten im März durchschnittlich 7,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitteilte. Im Januar und Februar hatte die Teuerung noch jeweils bei 8,7 Prozent gelegen. Bei den Energiepreisen verringerte sich demnach der Anstieg deutlich, weil sie bereits im Vergleichsmonat März 2022 wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sprunghaft angestiegen waren. Ostermärsche im Zeichen des Krieges gegen die Ukraine Auch in diesem Jahr sind zahlreiche Ostermärsche unter dem Eindruck des anhaltenden russischen Krieges gegen die Ukraine geplant. Wie das Netzwerk Friedenskooperative mitteilte, sollen von Gründonnerstag, 6. April, bis Ostermontag, 10. April, in mehr als 100 Städten Demonstrationen unter dem Motto "Frieden muss verhandelt werden!" stattfinden. Im Mittelpunkt der Märsche stehe vor allem die Forderung nach einem Waffenstillstand und der Aufnahme von Friedensverhandlungen. Auch die Gefahr durch Atomwaffen werde ein Thema sein. Die Friedensbewegung fordert ein Ende der Aufrüstung und den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag. Tochter malte Antikriegsbild: Flüchtiger Russe festgenommen Der zu zwei Jahren Haft verurteilte russische Vater eines Mädchens, das ein Antikriegsbild gemalt hatte, ist nach Angaben seines Anwalts auf der Flucht festgenommen worden. "Ja, er wurde in Gewahrsam genommen", sagte Anwalt Dmitri Sachwatow der Nachrichtenagentur Reuters. Details nannte er nicht. Alexej Moskaljow war in der Nacht zu Dienstag vor Verkündung des Strafmaßes aus dem Hausarrest geflohen. Das russischsprachige Nachrichtenportal Sota meldete, der 54-Jährige sei in Minsk festgenommen worden, der Hauptstadt des Russland-Verbündeten Belarus. US-Journalist: Kreml hält Spionagevorwürfe für bewiesen Die Spionagevorwürfe gegen den in Russland festgenommenen US-Journalisten Evan Gershkovich sind nach Darstellung des Kremls bewiesen. "Soweit uns bekannt ist, wurde er auf frischer Tat ertappt", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow im staatlichen Rundfunk. Der Korrespondent der renommierten Tageszeitung "Wall Street Journal" war zuvor vom russischen Geheimdienst FSB in Jekaterinburg im Ural wegen angeblicher Spionage gegen Russlands militärisch-technischen Komplex festgenommen worden. Das "Wall Street Journal" hat inzwischen alle Vorwürfe gegen seinen Reporter dementiert und dessen Freilassung gefordert. Charles III.: Deutsche Hilfe für die Ukraine "wichtig" Der britische König Charles III. hat die umfangreiche deutsche Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine gewürdigt. "Der Entschluss Deutschlands, der Ukraine so große militärische Unterstützung zukommen zu lassen, ist überaus mutig, wichtig und willkommen", sagte der Monarch in einer Rede im Deutschen Bundestag. Der Auftritt im Bundestag war der zentrale Programmpunkt am zweiten Tag des Staatsbesuchs von Charles und Königsgemahlin Camilla, die mit ihrem Mann in das Reichstagsgebäude gekommen war. Asylrecht: Union und FDP für Verschärfung In Union und FDP werden Forderungen lauter, das Asylrecht zu verschärfen und illegale Zuwanderung zu begrenzen. Wie die Mediengruppe Bayern berichtete, haben zwei FDP-Politiker ein Positionspapier verfasst, das mehr Ordnung und Konsequenz in der gesamten Migrationspolitik fordert. Konkret sind Fraktions-Vize Konstantin Kuhle und der Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Thomae laut Zeitungsgruppe dafür, dass Asylanträge künftig auch in Drittstaaten geprüft werden können. Auch wolle man die Kompetenzen der Bundespolizei bei Rückführungen von ausreisepflichtigen Personen erweitern. Vor dem für heute angesetzten Kommunalgipfel der Union zur Flüchtlingskrise warf der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Flüchtlingspolitik Fahrlässigkeit vor. Moskau: Schutzzone für AKW Saporischschja im Gespräch Die russische Führung spricht nach Angaben aus Moskau weiterhin mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA über deren Vorschlag für eine Sicherheitszone um das ukrainische AKW Saporischschja. Die Idee werde "weiterentwickelt", sagt Vize-Außenminister Sergej Rjabkow laut der russischen Nachrichtenagentur RIA. Die Agentur Interfax zitierte ihn mit den Worten, die Regierung stehe in "ständigem Kontakt" mit IAEA-Chef Rafael Grossi. Grossi hatte das AKW im Süden der Ukraine, das von russischen Truppen kontrolliert wird, gestern besucht. Dabei hatte er sich besorgt über eine verstärkte Truppenpräsenz in dem Gebiet geäußert und erklärt, er stelle die Pläne für eine Sicherheitszone zurück, um Schutzmaßnahmen vorzuschlagen, die sowohl von Russland als auch der Ukraine akzeptiert werden könnten. Die Anlage gerät immer wieder unter Beschuss, wofür sich beide Seiten gegenseitig die Schuld geben. Die Region Saporischschja gehört zu den ukrainischen Regionen, die Russland im Zuge seiner Invasion annektiert hat. London: Russische Freiwilligenrekrutierung nur vorgeschoben Eine geplante Rekrutierungskampagne in Russland von Freiwilligen für den Krieg gegen die Ukraine ist nach britischer Einschätzung nur ein Deckmantel für neue Zwangseinziehungen. "Es besteht die realistische Möglichkeit, dass diese Unterscheidung in der Praxis verwischt und dass regionale Behörden versuchen werden, die ihnen zugewiesenen Einstellungsziele zu erreichen, indem sie Männer zum Beitritt zwingen", teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Russischen Medien zufolge sollen 400.000 Freiwillige angeworben werden. Das angebliche "Freiwilligenmodell" solle Unzufriedenheit im Land möglichst minimieren, so das britische Ministerium. "Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die Kampagne 400-000 echte Freiwillige anzieht." Notwendig sei zudem nicht nur frisches Personal. "Russland benötigt mehr Munition und Rüstungsgüter, als es derzeit zur Verfügung hat", hieß es weiter. Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 30 March 2023.Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/U2ty7b1e7h🇺🇦 #StandWithUkraine 🇺🇦 https://t.co/QweoSriH6U Türkei: Abstimmung über NATO-Beitrittswunsch Finnlands Das türkische Parlament stimmt am Donnerstag über den NATO-Beitrittswunsch Finnlands ab. Die Abstimmung ist für 14 Uhr angesetzt, wie aus der Tagesordnung des Parlaments hervorgeht. Die Türkei ist das letzte der 30 NATO-Mitgliedsländer, das dem Antrag Finnlands auf eine Mitgliedschaft in dem Militärbündnis noch nicht zugestimmt hat. Ein "Ja" im Parlament galt als sicher. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte vergangenen Freitag nach monatelangen Verzögerungen grünes Licht für den NATO-Beitritt Finnlands gegeben. Am Montag ratifizierte Ungarn bereits den NATO-Beitritt des nordischen Landes. "Wall Street Journal"-Reporter in Russland festgenommen Ein Reporter des "Wall Street Journal" ist nach russischen Angaben in Jekaterinburg festgenommen worden. Der Journalist Ewan Gerschkowitsch sei in der russischen Stadt im Ural wegen Spionage-Verdachts festgenommen worden, zitiert die Nachrichtenagentur Interfax den russischen Inlandsgeheimdienst FSB. Zahl der Schutzsuchenden in Deutschland stark gestiegen Zum Jahresende 2022 sind in Deutschland 3,08 Millionen Menschen als Schutzsuchende im Ausländerzentralregister erfasst gewesen. Die Zahl der registrierten Geflüchteten stieg gegenüber dem Vorjahr um 1,14 Millionen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Dieser höchste Zuwachs seit Beginn der Statistik im Jahr 2007 sei auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen. Als Folge des russischen Angriffskriegs suchten den Angaben zufolge bis zum Dezember rund eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer zumindest vorübergehend Schutz in Deutschland. Schutzsuchende sind Ausländerinnen und Ausländer, die sich aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründe in Deutschland aufhalten. Chinas Militär will enger mit Russland zusammenarbeiten Das chinesische Militär ist dazu bereit, mit Russlands Militär zusammenzuarbeiten. So solle die strategische Kommunikation und Koordination gestärkt werden, erklärte das Verteidigungsministerium in Peking. Die beiden Länder würden bei der Umsetzung globaler Sicherheitsinitiativen zusammenarbeiten. Sie würden auch weiter gemeinsame See- und Luftpatrouillen und gemeinsame Übungen organisieren. Selenskyj erinnert an russischen Abzug aus Kiew Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mit einem Video an den russischen Abzug aus dem Gebiet Kiew vor einem Jahr erinnert. "Ereignisse, die man sich im 21. Jahrhundert nicht vorstellen konnte, wurden in den Vororten von Kiew Butscha und Irpin zur Realität", schrieb der 45-Jährige auf Telegram. Für viele Bewohner des Gebietes Kiew sei das vergangene Jahr zum schrecklichsten ihres Lebens geworden. Die aus dem Norden eindringenden russischen Truppen brachten "Tod und Zerstörung". "Doch die Befreiung des Gebietes Kiew wurde zu einem Symbol dessen, dass die Ukraine in diesem Krieg gewinnen kann", so der ukrainische Staatschef. In dem Video wurde die Zahl der zivilen Opfer um Kiew mit 1137 und allein in Butscha mit 461 angegeben. In der etwa zehn Kilometer von Kiew entfernten Kleinstadt Butscha wurde der Opfer mit einer Gedenkminute gedacht. Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen: | /newsticker/liveblog-ukraine-donnerstag-221.html |
2023-03-30 | Einblick in russische Pläne für Cyberangriffe | Medienberichte | Ein Whistleblower hat mehreren Medien Dokumente zugespielt, die Vorbereitungen für großangelegte Cyberangriffe Russlands belegen sollen. Demnach entwickeln Geheimdienste des Kreml mit einer Moskauer IT-Firma Software zur Sabotage.
mehr | Ein Whistleblower hat mehreren Medien Dokumente zugespielt, die Vorbereitungen für großangelegte Cyberangriffe Russlands belegen sollen. Demnach entwickeln Geheimdienste des Kreml mit einer Moskauer IT-Firma Software zur Sabotage. Russische Geheimdienste planen laut Medienberichten zusammen mit der Moskauer IT-Firma NTC Vulkan weltweite Hacker-Einsätze, die auch Angriffe auf Einrichtungen der kritischen Infrastruktur ermöglichen sollen. Das geht nach Recherchen eines Journalistenteams des "Spiegel", des ZDF, der "Süddeutschen Zeitung" sowie weiteren internationalen Medien aus geleakten Dokumenten des russischen Sicherheitsapparats hervor. NTC Vulkan entwickelt demnach Software für alle drei großen russischen Dienste FSB, GRU und SWR, die zur Sabotage dienen soll. Westliche Dienste sollen Echtheit bestätigt haben Eine anonyme Quelle habe den Großteil der sogenannten "Vulkan Files" kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zunächst der "Süddeutschen Zeitung" zugespielt und die Daten später auch anderen Medien zur Verfügung gestellt, berichtet der "Spiegel". Als Motiv habe die Quelle Russlands Angriffskrieg und die engen Verbindungen von NTC Vulkan zu Geheimdiensten genannt. Mehrere westliche Nachrichtendienste hätten dem internationalen Rechercheteam bestätigt, dass die Dokumente authentisch seien. Wie der "Spiegel" schreibt, sollen Analysten von Google bereits vor Jahren eine Verbindungen zwischen NTC Vulkan und der Hackergruppe "Cozy Bear" entdeckt haben. "Cozy Bear" drang in der Vergangenheit in Systeme des US-Verteidigungsministeriums ein. Ausführung weltweiter Hacking-Operationen Bei dem Datenleak handelt es sich demnach um Tausende Seiten interner Unterlagen von NTC Vulkan. Darunter seien etwa Projektpläne, Softwarebeschreibungen, Anleitungen, interne E-Mails sowie Überweisungsunterlagen der Firma. Die Dokumente zeigen laut "Spiegel", ZDF und der "Süddeutschen Zeitung", wie russische Geheimdienste mit Hilfe privater Firmen weltweite Hacking-Operationen planen und ausführen lassen. So werde etwa das offensive Cyberprogramm unter dem Codenamen "Amezit" beschrieben, das auch Angriffe auf Einrichtungen der kritischen Infrastruktur ermöglichen soll, so der "Spiegel". Zu den Zielen des Programms gehöre den Unterlagen zufolge, mit spezieller Software Züge entgleisen zu lassen oder Computer eines Flughafens lahmzulegen. Es sei aber nicht ersichtlich, ob das Programm derzeit etwa gegen die Ukraine eingesetzt werde. Ein weiteres Vulkan-Projekt heißt laut den Recherchen "Skan-V". Das Programm durchsucht demnach das Netz nach Schwachstellen, mit denen man in fremde Server eindringen und Schaden anrichten kann. | /ausland/europa/cyberkrieg-russland-datenleak-101.html |
2023-03-30 | EU-Spitze will härteren Kurs gegenüber China | Kommissionschefin von der Leyen | Kurz vor ihrer Peking-Reise hat EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen eine deutlich härtere Haltung der EU gegenüber China angekündigt. Sie machte deutlich, mit welcher Gangart sie auf eine zunehmend aggressivere Wirtschaftspolitik reagieren will. Von H. Schmidt. | Kurz vor ihrer Peking-Reise hat EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen eine deutlich härtere Haltung der EU gegenüber China angekündigt. Sie machte deutlich, mit welcher Gangart sie auf eine zunehmend aggressivere Wirtschaftspolitik reagieren will. Für die Chefin der EU-Kommission ist Chinas Position im Ukraine-Krieg ziemlich klar. Ursula von der Leyen macht sich keine Illusionen, auf welcher Seite die Regierung in Peking steht. "Wir haben eine richtige Freundschafts-Show gesehen", sagte sie, als sie auf den Besuch des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping bei Russlands Präsident Wladimir Putin zu sprechen kam. "Mehr als 1000 Worte" sage das aus über Pekings Vision von einer neuen internationalen Ordnung. "China sieht Putins Schwäche als eine Chance" Keine Illusionen herrschen auch bei der Frage, wer von den beiden Herrschern - Putin oder Xi Jinping - die Regeln der neuen internationalen Ordnung bestimmen wird. Die Frage ist für von der Leyen entschieden: "China sieht Putins Schwäche als eine Chance." Es sei offensichtlich, dass das Machtverhältnis zwischen Russland und China gerade verändert wird, zugunsten von China. Im Grunde sei es fast 100 Jahre lang umgekehrt gewesen, da lag Russland vorne. Aber das sei Vergangenheit. Deutliche Empfehlung an Mitgliedsstaaten Wenige Tage vor ihrer Reise nach Peking Anfang April wählte die Kommissionspräsidentin deutliche Worte. Sie empfahl allen EU-Mitgliedsländern eine realistische Sicht auf das, was Chinas Staats- und Parteichefs Xi Jinping will. "Er will, dass China die mächtigste Nation der Welt wird", sagte sie. In der Brüsseler EU-Kommission wächst der Eindruck, dass die EU ihre Beziehungen zu China neu ordnen muss. An erster Stelle steht dabei die Abhängigkeit von wichtigen Rohstoffen. Bei Magnesium und seltenen Erden ist sie am größten. Mehr als 90 Prozent kommen zur Zeit aus China - entweder direkt als Rohstoffe oder in vorgefertigten Teilprodukten. In jedem Fall geht es um Zulieferungen, die für die ökologische Transformation der europäischen Wirtschaft besonders wichtig sind. Zum Beispiel für den größer werdenden Bedarf an Batterien. Hinweis auf Risiken der deutschen China-Geschäfte Von der Leyen wies auch auf die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen durch die Machthaber in Peking hin. Nach ihrer Einschätzung zeigen sie, dass China im Ausland selbstbewusster und im eigenen Land repressiver wird. "Die schweren Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang müssen uns sehr beunruhigen", sagte sie. Xinjiang ist die chinesische Provinz, in der die muslimische Gruppe der Uiguren unterdrückt wird. Und es ist die Provinz, in der Volkswagen Autos produziert werden. Von der VW-Konzernspitze wird zwar seit Jahren betont, es gebe keinen Zusammenhang zwischen der Produktion vor Ort und der Zwangsarbeit in den Uiguren-Lagern. Aber dass von der Leyen die Unterdrückung der Uiguren beim Namen nannte, dürfte man in Berlin durchaus als Hinweis verstehen - auf die Risiken der deutschen China-Geschäfte. Deutschlands Abhängigkeit von China halten Experten in einigen Branchen für gefährlich. Jedes dritte deutsche Auto geht nach China Die Autoindustrie wird in diesem Zusammenhang an erster Stelle genannt. Sie verkauft etwa jedes dritte Auto in China, bei Volkswagen sind es sogar rund 40 Prozent. Damit wächst die Gefahr, dass genau diese Handelsbeziehungen gekappt werden müssen - etwa, wenn Washington und Brüssel im Fall einer chinesischen Eskalation gegenüber Taiwan scharfe Wirtschaftssanktionen gegen Peking verhängen sollten. Dann könnte Deutschlands Abhängigkeit vom China-Handel zu einem Problem werden, ganz ähnlich wie die deutsche Abhängigkeit vom russischen Gas zu einem Problem für ganz Europa geworden ist. Eindeutige Erwartungen aus Washington Vor zwei Wochen erst war von der Leyen in Washington. Da hat man der Kommissionspräsidentin deutlich gemacht, dass Europa seine Investitionen in China besser kontrollieren soll. Und damit sind an erster Stelle deutsche Investitionen gemeint - Deutschlands Handelsvolumen mit China ist größer als das der anderen großen EU-Länder zusammengerechnet. | /wirtschaft/weltwirtschaft/eu-kommission-china-kurs-101.html |
2023-03-30 | Sorge um inhaftierten US-Reporter | "Wall Street Journal" | Nach der Festnahme in Russland fürchtet das "Wall Street Journal" um die Sicherheit seines Reporters Gershkovich. Die US-Regierung verurteilte dessen Inhaftierung und rief ihre Bürger erneut auf, Russland zu verlassen. Von Peter Mücke. | Nach der Festnahme in Russland fürchtet das "Wall Street Journal" um die Sicherheit seines Reporters Gershkovich. Die US-Regierung verurteilte dessen Inhaftierung und rief ihre Bürger erneut auf, Russland zu verlassen. Die Zeitung mit Sitz in New York zeigte sich in einer Stellungnahme "tief besorgt um die Sicherheit" ihres Journalisten. Evan Gershkovich war nach Angaben des russischen Geheimdienstes FSB in Jekaterinburg festgenommen worden. Das Gebiet um die Stadt im Ural gilt als eine der Hochburgen der russischen Rüstungsindustrie. Die Moskauer Behörden werfen dem Journalisten Spionage vor und erließen Haftbefehl. Der Mann sei auf frischer Tat ertappt worden, als er im Auftrag der US-Seite "Informationen über ein Unternehmen des militärisch-industriellen Komplexes" gesammelt habe, die ein Staatsgeheimnis darstellten. Das russische Außenministerium erklärte, er habe seine Akkreditierung als Deckmantel für Aktivitäten genutzt, die nichts mit Journalismus zu tun hätten. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft. Recherche zu Wagner-Anwerbeversuchen Das "Wall Street Journal" wies die Anschuldigungen gegen seinen Journalisten "vehement" zurück und forderte dessen Freilassung. "Wir sind solidarisch mit Evan und seiner Familie", hieß es. "Reporter ohne Grenzen" äußerte sich "zutiefst beunruhigt" über das, was nach einer Vergeltungsmaßnahme aussehe. Der Organisation zufolge recherchierte der 31-Jährige zu den Anwerbeversuchen des Militärunternehmens Wagner, eine Söldnergruppe, die eine wichtige Rolle bei Russlands Offensive in der Ukraine spielt. Bericht über russischen Wirtschaftsabschwung Gershkovich war im vergangenen Jahr zum "Wall Street Journal" gewechselt. Zuvor hatte er unter anderem für die französische Nachrichtenagentur AFP und die "New York Times" geschrieben. Der Reporter spricht fließend Russisch und gehört dem Moskauer Büro des "Wall Street Journal" an. Sein jüngster Bericht erschien in dieser Woche und handelte vom russischen Wirtschaftsabschwung wegen der vom Westen verhängten Sanktionen nach dem Einmarsch in die Ukraine. Geboren wurde Gershkovich in Russland, seine Familie wanderte in die USA aus, als er noch ein Kind war. Gershkovich ist der erste Reporter eines US-Medienunternehmens seit dem Kalten Krieg, der in Russland unter Spionagevorwürfen festgenommen wurde. Zwar werden immer wieder US-Amerikaner der Spionage verdächtigt. Es handelt sich jedoch um den ersten Fall eines Journalisten, der offiziell beim russischen Außenministerium akkreditiert ist. Weißes Haus: US-Bürger sollten Russland sofort verlassen Die US-Regierung verurteilte die Inhaftierung des Journalisten in Russland "aufs Schärfste". "Die Verfolgung amerikanischer Staatsbürger durch die russische Regierung ist inakzeptabel", teilte das Weiße Haus mit. Washington erneuerte seinen Aufruf an US-Staatsbürger, sofort aus Russland auszureisen. Die Anwesenheit von US-Amerikanern in Russland sei zutiefst besorgniserregend, sagte der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, John Kirby. Von der Festnahme Evan Gershkovichs und den Vorwürfen gegen ihn sei man überrascht worden. Es habe keine Vorwarnung gegeben und auch keine Anzeichen dafür, dass Russland eine Art größere Aktion gegen Journalisten im Allgemeinen plane, sagte Kirby weiter. | /ausland/amerika/us-reporter-wall-street-journal-101.html |
2023-03-30 | Wie geht es im Tarifstreit weiter? | Keine Einigung in dritter Runde | Wie kann nach dem Scheitern der Gespräche zwischen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes und Gewerkschaften nun eine Schlichtungskommission helfen? Und stehen weitere Streiks bevor? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Tarifkonflikt.
mehr | Wie kann nach dem Scheitern der Gespräche zwischen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes und Gewerkschaften nun eine Schlichtungskommission helfen? Und stehen weitere Streiks bevor? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Tarifkonflikt. Wer leitet die Schlichtung? Die Schlichtung läuft nach festen Regeln und Fristen ab. Die Vorsitzenden der Schlichtungskommission sind der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt von der Arbeitgeberseite und der ehemalige Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr für die Gewerkschaften - Lühr mit der im Zweifelsfall entscheidenden Stimme. Stehen weitere Streiks an? Ab Sonntag setzt eine Friedenspflicht ein - zumindest bis nach Ostern sind Warnstreiks dann ausgeschlossen. Die Gewerkschaft ver.di kündigte in der Zeit bis zum Sonntag zwar "einzelne Warnstreiks in verschiedenen Teilbereichen, darunter auch in Kitas oder Kliniken" an. Das seien jedoch vor allem Informationsformate, bei denen die Gewerkschaft keine ganzen Verwaltungen oder Unternehmen lahmlegen wolle, sagte ver.di-Chef Frank Werneke der "Süddeutschen Zeitung". Wie kann die Schlichtung enden? Mit einer Einigung - wenn beide Seiten den Mitte April erwarteten Schlichterspruch annehmen. Wie das Beispiel der bisher letzten umfassenden Streiks im öffentlichen Dienst zeigt, bringt aber auch eine Schlichtung nicht unbedingt den Durchbruch. 1992 wurde ein Schlichterspruch nicht angenommen - rund zehntägige flächendeckende Streiks folgten. Was liegt auf dem Verhandlungstisch? Die Gewerkschaften hatten 10,5 Prozent mehr Lohn gefordert, mindestens aber 500 Euro mehr, die Arbeitgeber boten acht Prozent mehr Einkommen und einen Mindestbetrag von 300 Euro sowie eine Einmalzahlung von 3000 Euro an - bei unterschiedlichen Vorstellungen zur Laufzeit. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) meinte, damit hätte man jetzt im Mai den Menschen sehr schnell helfen können - schließlich seien die Kosten gerade jetzt sehr hoch. "Und ich glaube, das wäre im Sinne der Beschäftigten gewesen, jetzt eine schnelle Lösung zu haben." Was sagen die Arbeitgeber über ihr Agieren in der Schlussrunde? Faeser verwies auf die Verantwortung, die daraus erwachse, dass nicht über irgendwelches Geld verhandelt wurde - sondern über Steuergeld, mit dem die Einkommen der Beschäftigten bezahlt werden müssen. Die Verhandlungsführerin der Kommunen, Karin Welge sagte: "Wir haben bis kurz vor Mitternacht den Glauben nicht verloren, dass wir die Brücke schlagen können." Wie reagierten die Gewerkschaften auf das Angebot? Ver.di-Chef Werneke sprach von unüberbrückbaren Unterschieden. Die öffentlichen Arbeitgeber seien "nicht in der Lage, den ersten Schritt auf die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften zuzugehen, um einen tatsächlich sozial gerechten Abschluss möglich zu machen". Worüber wurde noch verhandelt? Ein weiterer Aspekt ist die Laufzeit - zwölf Monate fordern die Gewerkschaften. Den Arbeitgebern ist das zu wenig. Sie hatten zunächst 27 Monate angeboten. Auch darüber wurde intensiv gerungen. Wie es in Verhandlungskreisen hieß, waren hier beide Seiten kompromissbereit. Der Chef des Beamtenbunds, Ulrich Silberbach, merkte an, das Entgegenkommen der Gewerkschaften bei der Laufzeitfrage habe angesichts der generellen Position der Arbeitgeber am Ende für eine Gesamtlösung nicht gereicht. Wie ist die Streikbereitschaft der Gewerkschaften heute? Ob Busfahrer, Krankenpflegerinnen, Erzieherinnen, Müll- und Klärwerker, Straßenbahnfahrer oder Angestellte an Flughäfen - Beschäftigte zeigten seit Monaten große Streikbereitschaft. In Umfragen bekundeten große Teile der Bevölkerung für sie Verständnis - und für das Argument, dass viele öffentlich Bedienstete eher unterbezahlt seien. Ver.di sieht sich durch die massiven Warnstreiks der vergangenen Wochen gestärkt und verzeichnete mehr als 70.000 Eintritte in den vergangenen drei Monaten. Ver.di-Chef Werneke stellt sich im September beim Bundeskongress seiner Gewerkschaft auch zur Wiederwahl. Dann zählen gute Tarifabschlüsse und erfolgreiche Mobilisierung. Was macht den aktuellen Tarifstreit besonders? "Da ist jetzt richtig Druck auf dem Kessel", sagte Werneke schon vor Wochen. Bereits als ver.di und der dbb im Oktober ihre Forderungen aufstellten, befand sich das Land mitten in der Inflations- und Energiepreiskrise. Doch auch viele Kommunen haben leere Kassen. Sie rechneten vor, bei ihnen würde eine Umsetzung der Forderung 15,4 Milliarden Euro kosten. Auf was kommt es den Gewerkschaften besonders an? Vielen Beschäftigten etwa von Kitas, Bädern oder Müllabfuhr reicht der Lohn derzeit nur knapp zum Leben, wie in vielen Interviews anlässlich der Streiks immer wieder zu hören war. Auch im Januar und Februar lagen die Verbraucherpreise jeweils um 8,7 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Nun soll der Abschluss für einen Ausgleich der hartnäckig hohen Inflation sorgen - und eine Reallohnerhöhung. Als "das Wichtigste für die Beschäftigten" bezeichnete Werneke dabei "einen sozial balancierten Tarifvertrag, eine soziale Komponente, einen Mindestbetrag". | /wirtschaft/tarifstreit-oeffentlicher-dienst-schlichtung-faq-101.html |
2023-03-30 | Mehr Öko-Landwirtschaft - weniger Kosten? | Diskussion über Studie | Bislang nimmt die Öko-Landwirtschaft in Deutschland nur etwa elf Prozent der Fläche ein - bis 2030 soll sich der Wert verdreifachen. So das Ziel der Politik. Welche Auswirkungen hat das auf Umwelt und Gesellschaft? Von Doris Fenske. | Bislang nimmt die Öko-Landwirtschaft in Deutschland nur etwa elf Prozent der Fläche ein - bis 2030 soll sich der Wert verdreifachen. So das Ziel der Politik. Welche Auswirkungen hat das auf Umwelt und Gesellschaft? Deutschland könnte jährlich vier Milliarden Euro an Umweltkosten sparen, wenn es - wie geplant - die Öko-Landwirtschaft ausdehnt. Das geht aus einer viel beachteten Studie der TU München hervor. Derzeit werden 11,3 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen in der Bundesrepublik ökologisch bewirtschaftet. Politisches Ziel ist es, diesen Anteil auf 30 Prozent bis zum Jahr 2030 zu erhöhen. Das würde nicht nur die Umwelt entlasten, durch weniger Pestizid-Einsatz. Ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Kurt-Jürgen Hülsbergen von der TU München hat ermittelt: Pro Hektar, aber auch bezogen auf das jeweilige Produkt, schneidet Öko-Landwirtschaft besser ab - sowohl in Sachen Klimaschutz als auch beim Schutz des Grundwassers. Der Unterschied in der Treibhausgasbilanz wurde außerdem finanziell bewertet. Bisher kaum im Fokus: Umweltkosten für die Gesellschaft 800 Euro weniger Kosten pro Hektar und Jahr berechnen die Wissenschaftler für die Öko-Landwirtschaft. "Wird weiterhin konventionell gewirtschaftet, dann fallen diese Umweltkosten real an. Und die muss die Gesellschaft tragen", sagt Wissenschaftler Hülsbergen. "Nur tauchen sie eben in den bisherigen Berechnungen überhaupt nicht auf." Das sichtbar zu machen, sei die Idee der Studie gewesen, so der Pflanzenbauwissenschaftler. Es gibt aber auch Kritik an dieser Analyse - von Herbert Ströbel, Agrar-Professor der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Der emeritierte Hochschullehrer sagt, die finanzielle Bewertung sei zu kurz gegriffen. Kritik: Müssen Kosten für zusätzliche Flächen berücksichtigt werden? Ströbel schlägt vor, auch die Auswirkungen des Öko-Landbaus in Bezug auf die Erntemengen einzurechnen. Da Öko-Landwirte keine Mineraldünger und chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel einsetzen, fallen die Erträge je nach Betrieb und Kultur teils deutlich niedriger aus als in der konventionellen Landwirtschaft. "Auf den Unterschied im Ertrag des Öko-Landbaus kann ja nicht einfach verzichtet werden, sondern der muss ja irgendwo wieder ersetzt werden", argumentiert Ströbel. Dafür müsse zusätzliche Fläche genutzt werden, im In- oder Ausland. "Und das verursacht erhebliche zusätzliche Kosten", sagt Ströbel, "diese tauchen in der TU-Studie nicht auf". Er rechnet vor, dass 800 Euro Produktionskosten entstehen, um die Ertragslücke zu schließen. Dadurch, dass mehr Fläche genutzt werden müsse, fielen aber wiederum Umweltkosten in Höhe von 800 Euro pro Hektar an, so Ströbel. So gesehen, sei der Öko-Landbau "ein Verlustgeschäft". Er führt aber noch einen Punkt an. Um die Ersatzflächen zu beschaffen, könnten zum Beispiel Wälder abgeholzt werden. Das führe wiederum zum Treibhausgasausstoß und schädige die Artenvielfalt. Und deswegen setzt der Agrarökonom auch dafür Kosten an. Was sagen die Autoren zur Kritik? Wissenschaftler Hülsbergen reagiert gelassen auf diese Kritik. Seine Studie ziele auf eine andere Fragestellung ab. Er entgegnet aber auch: "Es gibt kein Naturgesetz, das festlegt, dass im Öko-Landbau nur 50 oder 60 Prozent der konventionellen Erträge erreicht werden." Seine Forschungsergebnisse zeigen, dass es erhebliches Potenzial gibt. "Wir sehen heute schon, dass die besten Biobetriebe durchaus beim Ertrag mithalten können mit den mittleren konventionellen Betrieben. Das ist bemerkenswert." Aber es bestehe bei einigen Betrieben auch noch Verbesserungsbedarf, sagt Hülsbergen. Hans Marten Paulsen vom Thünen-Institut, einer der Autoren der Studie, nimmt die Kritik ernst, sagt aber: "Das ist zu kurz gedacht, pauschal Zusatzfläche einzuberechnen." Ob durch mehr Öko-Landbau Deutschland im In- oder Ausland mehr Agrarfläche nutzen würde, "hängt von sehr vielen Faktoren ab". Da müsse man den Rahmen viel größer stecken, Handelsbeziehungen und Ernährungsgewohnheiten berücksichtigen. Trend zu weniger Fleisch setzt Flächen frei „Entscheidend ist die Zukunft unserer Ernährung“, erklärt Hülsbergen. "Wir erzeugen immer noch sehr viel Fleisch. Bei Schweinefleisch haben wir mittlerweile eine Eigenversorgung von über 130 Prozent." Das sei möglich, weil wir in großem Umfang Soja und Sojaprodukte importieren. Mit dem Sojafutter gelangen enorme Nährstoffmengen nach Deutschland, die hohe Nährstoff- und Gülleüberschüsse erzeugen. "Das Fleisch exportieren wir dann teilweise wieder, zum Beispiel in den asiatischen Raum", so Hülsbergen weiter. Das sorge derzeit für erhebliche Umweltprobleme durch zu viel Stickstoff aus Gülle, das in Form von Nitrat Grundwasser belastet. Hier sei der Öko-Landbau klar im Vorteil, weil die Anzahl der Tiere an die Fläche gebunden, Stickstoff kostbar und knapp sei. Aber allein auf Öko umzustellen, reiche nicht. Das ganze Agrar- und Ernährungssystem müsse umgestellt werden, erklärt der Wissenschaftler. Derzeit werden in Deutschland etwa 60 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche für die Erzeugung von Tierfutter verwendet. "Wenn wir im Ackerbau Tierfutter erzeugen, haben wir einen erheblichen Nährwertverlust. Nehmen wir mehr pflanzliche Kalorien zu uns, werden Flächen in erheblichem Umfang frei", ergänzt Wissenschaftler Paulsen. Was passiert, wenn wir 30 Prozent Öko-Landwirtschaft haben? Um letztendlich beurteilen zu können, ob durch mehr Öko-Landbau in Deutschland mehr Fläche für die Lebensmittelerzeugung im In- oder Ausland herangezogen werden müsse, brauche es eine völlig andere Studie, meint Hülsbergen. "Die würde ich gern machen, das nehmen wir uns demnächst vor", sagt der Pflanzenbauwissenschaftler. Ein Blick auf die Entwicklung der vergangenen 15 Jahre zeige jedoch: "Mehr Öko-Landbau sorgt nicht automatisch für mehr Lebensmittel-Importe." Das sei mit statistischen Daten leicht zu überprüfen. "Wir haben in den letzten 15 Jahren eine Million Hektar mehr Öko-Landbaufläche hinzubekommen. Vor 15 Jahren hatten wir 87 Prozent Eigenversorgung in der Bundesrepublik Deutschland. Heute haben wir immer noch 87 Prozent Eigenversorgung." Für Agarökonom Ströbel dagegen steht jetzt schon fest, mehr Öko-Landbau in Deutschland sei keine gute Entscheidung. | /wissen/klima/oeko-landwirtschaft-109.html |
2023-03-30 | Macrons Plan gegen den Wassermangel | Trockenheit in Frankreich | Angesichts trockener Sommer und regenarmer Winter wird Wasser in Frankreich immer knapper. Staatschef Macron setzt mit seinem Wasserplan auf massive Einsparungen. Besonders die Landwirtschaft ist gefordert. Von Carolin Dylla. | Angesichts trockener Sommer und regenarmer Winter wird Wasser in Frankreich immer knapper. Staatschef Macron setzt mit seinem Wasserplan auf massive Einsparungen. Besonders die Landwirtschaft ist gefordert. Die Zahlen, die Frankreichs Präsident Emmanuel Macron präsentierte, sind ebenso nüchtern wie deutlich. "Infolge des Klimawandels werden uns bis 2050 insgesamt 30 bis 40 Prozent weniger Wasser zur Verfügung stehen", erklärte der Staatschef, als er seinen Wasserplan am größten Süßwasser-Reservoir Westeuropas vorstellte - dem Lac de Serre-Ponçon in Südfrankreich. Schon jetzt ist die Lage mehr als angespannt. Laut dem Nationalen Forschungsbüro für Geologie und Bergbau lagen 80 Prozent der Grundwasservorkommen in Frankreich im Februar unter dem Normalwert. Sie konnten sich vom extrem trockenen Sommer des vergangenen Jahres nicht erholen, weil es im Herbst und Winter zu wenig geregnet hatte. Sektoren sollen Sparpläne ausarbeiten Erstmal gehe es darum, sich auf den kommenden Sommer vorzubereiten, sagte der Präsident. "Ähnlich wie wir es letztes Jahr in Sachen Energiesparen gemacht haben, werden wir wichtige Sektoren auffordern, bis zum Sommer Wasser-Sparpläne auszuarbeiten." Dazu würden sich die zuständigen Minister in den kommenden Tagen mit Vertretern verschiedener Sektoren treffen. "Energie, Industrie, Tourismus, Landwirtschaft. Es funktioniert gut, wenn alle Verantwortung übernehmen und man die Anstrengungen verteilt", so Macron. Staat stellt 100 Millionen Euro Hilfe in Aussicht Darüber hinaus gab Macron ein langfristiges Ziel aus: Bis 2030 sollen zehn Prozent des Wasserverbrauchs eingespart werden. Neben dem Energiesektor und der Industrie spielt dabei die Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Denn knapp 60 Prozent des Wasserverbrauchs in Frankreich gehen auf diesen Wirtschaftszweig zurück. Hier sei die Herausforderung aber eine andere, betonte Macron. "Unsere Souveränität bei der Lebensmittelversorgung ist nicht verhandelbar. Und wir haben hier ein einfaches Prinzip: Wir werden in Zukunft mehr bewässern müssen - aber mit der gleichen Menge an Wasser, die uns heute dafür zur Verfügung steht." Frankreich brauche Innovationen und eine bessere Organisation. Außerdem müssten die Landwirte unterstützt werden, wenn sie wasserschonend arbeiten sollen. Deshalb werde der Staat 100 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr zur Verfügung stellen, um solche Techniken zu fördern. "Ein wirklich grundlegender Wandel" Gerade in der Landwirtschaft sei darüber hinaus ein grundlegender Kulturwandel nötig, findet Gonérie Le Cozannet. Er ist Geograf und hat am letzten Bericht des Weltklima-Rates mitgeschrieben. Eine erste Möglichkeit sei es, weniger Fleisch zu essen. Die Produktion brauche viel Wasser, was Stress für die Böden bedeuten würde, sagt er. Zudem müsse eine umweltverträglichere Landwirtschaft geschaffen werden. "Zum Beispiel indem man die Nitrat- und Pestizidbelastung reduziert. Denn wir müssen uns auch um die Wasserqualität kümmern." Der Geograf fordert, dass die Böden wieder durchlässiger werden; das Wasser durchkommt und die Grundwasser-Reservoirs erreicht. Dies könnte durch weniger Eingriffe in die natürlichen Landschaften erreicht werden. "Es geht also um einen wirklich grundlegenden Wandel." Preissystem soll Verbraucher motivieren Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, Abwasser besser zu nutzen. Bislang wird in Frankreich nur rund ein Prozent des aufbereiteten Abwassers wiederverwendet. Bis 2030 soll dieser Anteil laut Macron auf zehn Prozent steigen. Ein letzter - sehr greifbarer - Punkt des Wasserplans ist ein Preissystem, das private Verbraucher zum Sparen motivieren soll. "Wir brauchen ein abgestuftes Preissystem, das an die Verantwortung appelliert. Die ersten Kubikmeter werden für alle weiterhin günstig sein; also die Menge, die wir zum Trinken und Waschen sowie für den täglichen Gebrauch im Haushalt brauchen", erklärte der Staatschef. Wer mehr verbrauche, müsse dafür auch mehr bezahlen. "Das erscheint mir normal für einen Verbrauch, der nur dem Komfort dient - und es soll ein Anreiz sein, um Wasser zu sparen." Komitee soll über Umsetzung wachen Insgesamt umfasst der Wasserplan rund 50 kleinere und größere Maßnahmen, die den Verbrauch drücken oder zumindest die Nutzung effizienter machen sollen. Ab September soll im Rahmen des "Nationalen Wasser-Komitees" - ein Beratungsgremium, das im Umweltministerium angesiedelt ist - mindestens zweimal pro Jahr darüber berichtet werden, wie es bei der Umsetzung der Maßnahmen steht. | /ausland/europa/frankreich-macron-wasserplan-101.html |
2023-03-30 | Gestresste Tomaten werden laut | Geräusche bei Pflanzen | Pflanzen sind nicht so still, wie viele vielleicht denken: Haben sie zu wenig Wasser oder erleben anderen Stress, geben sie Geräusche ab, so eine Studie. Menschen können diese nicht hören, wohl aber Insekten.
mehr | Pflanzen sind nicht so still, wie viele vielleicht denken: Haben sie zu wenig Wasser oder erleben anderen Stress, geben sie Geräusche ab, so eine Studie. Menschen können diese nicht hören, wohl aber Insekten. Gestresste Pflanzen können einer Studie zufolge ganz schön Lärm machen - Menschen hören den allerdings nicht. Die Geräusche seien ungefähr so laut wie ein normales Gespräch, doch die Frequenz der im Ultraschallbereich liegenden Töne sei für Menschen zu hoch, schreiben Wissenschaftler der Universität Tel Aviv im Fachjournal "Cell". Ploppen wie Luftpolsterfolie "Die Geräusche im Ultraschallbereich könnten aus einer Entfernung von drei bis fünf Metern von vielen Säugetieren und Insekten wahrgenommen werden", so die Forscher. Für die Untersuchung platzierten sie Mikrofone in etwa zehn Zentimeter Entfernung von den Pflanzen, heißt es in der Preprint-Version, die bereits 2019 erschien. Die Aufnahmen wurden in einem schallgedämpften Raum und auch in einem Gewächshaus gemacht. Die Klänge der Pflanzen lagen demnach im Bereich zwischen 20 und 100 Kilohertz - zu hoch für das menschliche Ohr. Doch die Forscher haben die Audiosignale verändert, um sie auch für Menschen wahrnehmbar zu machen. Zu hören ist ein Ploppen, das ein bisschen an platzende Luftpolsterfolie erinnert. Algorithmus kann Töne nach Stressart unterschieden Die Forscher hatten für die Studie Tomaten- und Tabakpflanzen unter verschiedenen Bedingungen untersucht. In einem der Experimente hatten die Pflanzen zu wenig Wasser, in einem anderen wurden ihnen die Stängel geschnitten. Ob die Pflanzen solche Töne erzeugen, um mit anderen Organismen zu kommunizieren, sei unklar. Zum Vergleich schaute sich das Team auch ungestörte Exemplare an. Das Ergebnis: Gestresste Pflanzen gaben laut der Studie auffällig mehr Geräusche ab als die gesunden. Unter Stress machten sie rund 30 bis 50 Töne pro Stunde. "Wenn Tomaten überhaupt nicht gestresst sind, sind sie sehr leise", teilt Lilach Hadany, Evolutionsbiologin an der Universität in Tel Aviv, mit. Mithilfe eines Algorithmus konnte das Team zudem erkennen, wie sich die Töne je nach Stressart unterschieden. Konkrete Anwendung denkbar Und auch andere Pflanzen wie Mais oder Weizen gäben unter Stress Töne von sich, erläutern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. "Daher ist es wahrscheinlich, dass auch beim Schneiden der Ernte Geräusche ausgestoßen werden", so Hadany. Das Team konnte zudem zeigen, dass auch Kakteen, Wein und Taubnesseln Geräusche machen. Die Erkenntnissen könnten laut den Forschern auch einen konkreten Nutzen in der Landwirtschaft haben: Anhand von Tonaufnahmen könne zum Beispiel die Bewässerung von Pflanzen auf dem Feld oder im Gewächshaus überwacht und effektiver gemacht werden. Luftblasen im Gefäßsystem Die Forscher nehmen an, dass sich die Ursache für dieses Phänomen im Inneren einer Pflanze abspielt. Untersuchungen hätten gezeigt, dass es bei Pflanzen, die unter Trockenstress leiden, zur sogenannten Kavitation kommt - das Phänomen ist bereits länger bekannt. Dabei bilden sich, grob gesagt, Luftblasen im Gefäßsystem, die sich ausdehnen und wieder zusammenfallen. Dies führe zu Vibrationen. "Das Design der Studie ist gut", sagt Sibaji Kumar Sanyal, Molekularbiologe an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, der nicht an der Studie beteiligt war. Man könne anhand der Töne schnell verstehen, wenn die Pflanzen etwa nicht richtig bewässert wurden. "Vor allem die Algorithmen und die Aufnahme-Technik sind sehr gut." Für zukünftige Studien sei es aber wichtig, neben Tomaten und Tabak auch andere Pflanzenarten zu untersuchen. | /wissen/forschung/pflanzen-geraeusche-101.html |
2023-03-30 | Eine Rede über die Freundschaft | König Charles III. im Bundestag | Kein Wort vom Brexit und von der EU. Stattdessen betonte der britische König in seiner Rede im Bundestag die enge Freundschaft und Verbundenheit beider Länder. Charles' politische und teils sehr persönliche Worte fanden großen Anklang - auch bei den Kritikern. Von Cosima Gill. | Kein Wort vom Brexit und von der EU. Stattdessen betonte der britische König in seiner Rede im Bundestag die enge Freundschaft und Verbundenheit beider Länder. Charles' politische und teils sehr persönliche Worte fanden großen Anklang - auch bei den Kritikern. Ein König, der den deutschen Humor versteht und das gekonnt einsetzt. Er wisse, dass Miss Sophies "the same procedure as every year, James" zu einem deutschen glücklichen neuen Jahr gehöre. "Wie unter guten Freunden üblich, erlaubt die Herzlichkeit unserer Beziehungen manchmal ein kleines Lächeln auf Kosten der Anderen", so Charles III.. Die enge Freundschaft beider Länder: Das ist das zentrale Thema seiner Rede im Bundestag. Das erste Mal spricht ein Monarch vor dem Parlament - und dann auch noch in großen Teilen auf Deutsch. Bilaterale Beziehungen statt EU Interessiert hat der deutsche Historiker und Adelsexperte Leonhard Horowski bei der Rede des Königs zugehört. Ihm fällt besonders auf, dass Charles ganz bewusst die EU oder den Brexit nicht erwähnt hat. "Er hat sich auf die bilateralen Beziehungen konzentriert, die Beziehungen, die nach dem Brexit verbessert werden können, und das ist sicherlich auch im Interesse der britischen Regierung." Denn Charles sei auch im Auftrag des britischen Staates unterwegs. "Es ist ausdrücklich so, dass die Reden des britischen Monarchen vom britischen Außenministerium und dem Premierminister vorab gegengelesen werden", so Horowski. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas betont, dass auch nach dem Brexit eines gelte: "Großbritannien und Deutschland sind und bleiben enge Verbündete und vertrauensvolle Partner." Sie bedankt sich außerdem für den "unverzichtbaren und großen Beitrag" des Vereinten Königreichs zur Befreiung Europas vom Nationalsozialismus und die Freundschaft mit Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Erster Deutschland-Besuch mit 13 Jahren Die enge Verbundenheit beider Länder wird während des dreitägigen Staatsbesuches immer wieder thematisiert. Charles erinnert daran, dass er bereits mit 13 Jahren das erste Mal in Deutschland gewesen sei. Ein Foto seines ersten Besuches hatte er vom Bundespräsidenten Steinmeier gestern als Gastgeschenk erhalten. "Charles ist Deutschland noch zugewandter als seine Mutter, da er durch seinen Vater zum Beispiel von den Hohenzollern abstammt", betont Horowski. "Er ist der Monarch mit den engsten familiären Beziehungen zu Deutschland seit dem Ersten Weltkrieg." Genau das wurde für den Historiker auch deutlich bei der Aussprache schwieriger deutscher Wörter in seiner Rede. Enge Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen Der König sei jemand, der Brücken bauen kann, weil er die deutsche Kultur versteht. Das betont Jens Zimmermann, Vorsitzender der deutsch-britischen Parlamentarier Gruppe, im Interview mit Phoenix: "Nach der Rede stehen alle da und fragen sich alle noch ein bisschen mehr: Wie konnte das mit dem Brexit eigentlich passieren?" Er war überrascht, wie politisch die Rede doch in Teilen gewesen sei. So lobte der König die deutsche und britische "Führungsrolle" bei der Unterstützung der Ukraine im russischen Angriffskrieg und würdigt den deutschen Beitrag: "Der Entschluss Deutschlands, der Ukraine so große militärische Unterstützung zukommen zu lassen, ist überaus mutig, wichtig und willkommen." Nicht überraschend erwähnt der König ein Thema, das ihn seit Jahren bewegt: "die existenzielle Herausforderung des Klimawandels und der Erderwärmung zu bewältigen". Renate Künast von den Grünen hofft, dass er alleine durch seine Anwesenheit das Thema hebt und betont vorab im Interview mit Phoenix: "Er ist ein bisschen so ein grüner König." Sie kennt Charles bereits seit Jahren und hat sich mit ihm fachlich ausgetauscht. Immer wieder sollen auch Experten beeindruckt davon sein, wie gut sich der König auskennt. Selbst Kritiker klatschen mit Die einzige Rivalität, die Charles zwischen Deutschland und Großbritannien erwähnt, ist die im Fußball. Besonders herzlich bedankt er sich für die deutsche Anteilnahme nach dem Tod seiner Mutter und er erinnert an ihren Beitrag zur Versöhnung von Deutschland und Großbritannien nach zwei Weltkriegen. Die Rede des Königs kommt bei den Abgeordneten gut an, am Ende folgt stehender Beifall im ganzen Parlament. Selbst Abgeordnete der Linkspartei klatschen, obwohl es aus ihren Reihen zum Teil Kritik an dem Auftritt gab. Linken-Chef Martin Schirdewan kritisierte vorab: "Es ist nicht angemessen, dass sich das höchste demokratische Gremium vor einem Monarchen verneigt." Auch prominente Gäste auf der Tribüne Zu einem Verneigung der Abgeordneten kam es nicht, aber zu einer größtmöglichen Aufmerksamkeit auf deutscher Seite. Neben der Anwesenheit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz sowie den Präsidenten von Bundestag, Bundesrat und dem Bundesverfassungsgericht waren auch auf der Tribüne prominente Gäste. Von dort verfolgten unter anderem die früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck und Christian Wulff die etwa halbstündige Rede und die ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestages, Rita Süßmuth. Der Staatsbesuch soll ein neues Kapitel in den deutsch-britischen Beziehungen aufschlagen: "Die lange und besondere Geschichte unserer beiden Länder enthält noch viele ungeschriebenen Kapitel. Lassen Sie uns diese mit einem unermüdlichen Streben nach einer besseren Zukunft füllen." Mit diesem Aufruf beendet der König seinen Auftritt im Deutschen Bundestag. | /inland/koenig-charles-rede-bundestag-101.html |
2023-03-30 | Alles - nur nicht gewöhnlich | Charles III. im Bundestag | Bei seinem Redemanuskript hatte vermutlich die britische Regierung die Federführung, aber Charles III. hat dennoch etwas Außergewöhnliches geleistet, meint Evi Seibert. Lustig und etwas schrullig war es obendrein.
mehr | Bei seinem Redemanuskript hatte vermutlich die britische Regierung die Federführung, aber Charles III. hat dennoch etwas Außergewöhnliches geleistet. Lustig und etwas schrullig war es obendrein. Jan Korte von der Linkspartei hat wohl gewusst, warum er verhindern wollte, dass der britische König Charles III. vor dem Bundestag spricht. Korte begründete es damit, dass Charles weder gewählt sei noch etwas Außergewöhnliches geleistet habe. In Wirklichkeit hat der Linken-Politiker aber wohl geahnt, dass ihm da starke Konkurrenz im Bundestag blüht. Denn Korte ist ein prima Redner. König Charles III. war da harte Konkurrenz. Wenn alle so reden würden wie er, wäre Bundestags-TV wahrscheinlich ein Quotenhit. König Charles ist ein echter Reden-Profi. Er balancierte gekonnt zwischen historischen Begebenheiten im deutsch-britischen Verhältnis, persönlichen Anekdoten mit seiner Mutter, der verstorbenen Queen Elizabeth II., in Deutschland - und der gemeinsamen Haltung von Briten und Deutschen im Ukraine-Krieg. Er freute sich auf Musik des Deutschen Georg Friedrich Händel zu seiner bevorstehenden Krönung und war sich auch nicht zu schade, den legendären Satz: "The same procedure as every year, Miss Sophie" aus "Dinner for One" unterzubringen. Im selben upperclass english wie Butler James. Großes Gelächter im Bundestag. Der schrullige Onkel aus London Selbstverständlich hat Charles III. diese Rede nicht allein geschrieben. Die Redenschreiber der britischen Regierung hatten da wohl die Federführung, Downing Street hat ihn schließlich nach Deutschland geschickt. Das Ziel der Rede war klar: Wir Briten wollen wieder Europas beste Freunde sein. Darum fiel das Trennungswort Brexit auch kein einziges Mal. Es ging ausschließlich um Gemeinsamkeiten. Um das sympathisch rüberzubringen, war Charles aber genau der Richtige: Er wirkte wie der nette, etwas schrullige aber belesene Onkel aus London, der für seinen Besuch extra noch mal seine Deutschkenntnisse aufpoliert hat, der seine deutschen Verwandten kennt und irgendwie auch ein bisschen gern hat. Insofern hat Jan Korte von der Linkspartei nur halb recht. Ja, Charles III. ist nicht demokratisch gewählt - aber heute hat er Außergewöhnliches geleistet. | /kommentar/charles-bundestag-rede-103.html |
2023-03-30 | Papst auf dem Weg der Besserung | Krankenhausaufenthalt in Rom | Der Vatikan gibt Entwarnung: Papst Franziskus hat sich nach seiner Einweisung in eine Klinik offenbar gut erholt. Doch ob das Kirchenoberhaupt an den Zeremonien zu Ostern teilnehmen kann, bleibt offen.
mehr | Der Vatikan gibt Entwarnung: Papst Franziskus hat sich nach seiner Einweisung in eine Klinik offenbar gut erholt. Doch ob das Kirchenoberhaupt an den Zeremonien zu Ostern teilnehmen kann, bleibt offen. Nach einer Nacht im Krankenhaus geht es Papst Franziskus besser. Das teilte Matteo Bruni, der Sprecher des Heiligen Stuhls, mit. Der wegen einer Atemwegsinfektion stationär behandelte Pontifex habe sich "gut erholt", sagte Bruni. Sein Zustand "verbessert sich allmählich und er setzt die geplante Behandlung fort". Der 86-Jährige habe am Morgen einige Zeitungen gelesen und gearbeitet. In dem Privatappartement innerhalb der Klinik habe er in einer kleinen Kapelle gebetet und die Eucharistie empfangen. Welche Art von Infekt den Südamerikaner plagt, blieb lange unklar. Am Abend gab der Vatikan schließlich bekannt, dass der 86-Jährige an einer Bronchitis leide. Nachdem er intravenös Antibiotika erhalten habe, gehe es ihm deutlich besser. "Ausgehend vom erwarteten Verlauf könnte der Heilige Vater in den nächsten Tagen entlassen werden", teilten die Ärzte der Gemelli-Klinik mit. Behandlungen dauern an Franziskus ist seit Mittwoch im Gemelli-Krankenhaus in Rom. Vatikan-Sprecher Bruni hatte mitgeteilt, dass der Papst mehrere Tage lang behandelt werden müsse, nachdem er zuletzt Probleme beim Atmen gehabt habe. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge leidet der Argentinier auch an Herzproblemen, die er unter anderem nach der Generalaudienz am Mittwoch gespürt habe. Sein persönlicher medizinischer Betreuer Massimiliano Strappetti habe dann empfohlen, in das Gemelli-Krankenhaus zu fahren. Neben der Diagnose der Atemwegsinfektion ergaben Tests dann aber keine besorgniserregenden Befunde, wie es in Medien hieß. Knieschmerzen und Darmbeschwerden Der Papst leidet schon seit längerem unter gesundheitlichen Beschwerden. Ebenfalls im Gemelli-Krankenhaus war er im Juli 2021 am Darm operiert worden. Zudem kämpft Franziskus seit längerem mit Schmerzen im Knie. Der 86-Jährige stützt sich seit Monaten auf einen Gehstock oder sitzt im Rollstuhl. Als junger Mann wurde dem Papst wegen einer Infektion der Atemwege ein Teil seiner Lunge entfernt. Die Coronavirus-Pandemie hat er bislang offenbar ohne positives Testergebnis überstanden. Teilnahme an Zeremonien ist unsicher Kurz vor Ostern sorgen sich viele Gläubige wegen des erneuten Aufenthalts in der Klinik um das Oberhaupt der katholischen Kirche. Aus Vatikankreisen war zu hören, dass der Papst den Gottesdienst am Palmsonntag vermutlich nicht leiten werde. Bei welchen kirchlichen Zeremonien der Karwoche und der Ostertage Franziskus mitwirken kann, sei noch unklar. Nach Angaben des Senders Rai soll am Palmsonntag ein Kardinal der Messe auf dem Petersplatz vorstehen und sie zelebrieren. Aus der ganzen Welt kamen seit Mittwochabend die Genesungswünsche für Franziskus. US-Präsident Joe Biden, selbst Katholik, rief bei einem Empfang im Weißen Haus dazu auf, für Franziskus zu beten. Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella wünschte eine schnelle Erholung. | /ausland/papst-franziskus-krankenhaus-besserung-101.html |
2023-03-30 | Verhandlungen im öffentlichen Dienst gescheitert | Nun Schlichtung | Begleitet von massiven Warnstreiks haben Gewerkschaften und Arbeitgeber über die Einkommen im öffentlichen Dienst verhandelt. Drei Tage dauerte die Schlussrunde. Am Ende gab es keine Einigung - nun geht es in die Schlichtung.
mehr | Begleitet von massiven Warnstreiks haben Gewerkschaften und Arbeitgeber über die Einkommen im öffentlichen Dienst verhandelt. Drei Tage dauerte die Schlussrunde. Am Ende gab es keine Einigung - nun geht es in die Schlichtung. Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sind gescheitert. Arbeitgeber und Gewerkschaften erzielten in der letzten von drei geplanten Verhandlungsrunden kein Ergebnis. Nun werden unabhängige Schlichter nach einer Lösung suchen. In der Zeit der Schlichtung herrscht Friedenspflicht - somit wird es über die Ostertage keine neuen Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Dienst geben. Faeser: "Werden Schlichtung einberufen" "Am Ende mussten wir feststellen, dass die Unterschiede nicht überbrückbar waren", sagte ver.di-Chef Frank Werneke am frühen Morgen in Potsdam. Ver.di habe das Scheitern der Verhandlungen erklärt, sagte Werneke. Die Gewerkschaftsgremien hätten dies einstimmig beschlossen. Entsprechend äußerte sich auch der Chef des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, für seine Gewerkschaft. Kurz darauf teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit: "Wir werden jetzt die Schlichtung einberufen." Faeser und die Verhandlungsführerin der Kommunen, Karin Welge, bedauerten, dass die Gewerkschaften ein Scheitern erklärt hatten. Bei der Schlichtung machen bereits vorher bestimmte unabhängige Schlichter innerhalb festgelegter Fristen einen Lösungsvorschlag. Über diesen verhandeln die Tarifparteien dann erneut. 10,5 Prozent mehr Einkommen gefordert Seit Montag hatten Gewerkschaften und Arbeitgeber in Potsdam in ihrer dritten Verhandlungsrunde über die Einkommen von 2,5 Millionen Beschäftigten verhandelt. Die Gewerkschaft ver.di und der Beamtenbund dbb fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Dieser Mindestbetrag ist für sie zentral: Für die Bezieherinnen und Bezieher kleinerer Einkommen soll so ein Ausgleich für die hohe Inflation erreicht werden. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hatte einen Mindestbetrag lange abgelehnt. Die Arbeitgeber hatten die Forderungen aber auch insgesamt als nicht leistbar zurückgewiesen. Die Arbeitgeber haben laut Innenministerin Faeser acht Prozent mehr Einkommen und einen Mindestbetrag von 300 Euro sowie eine Einmalzahlung von 3000 Euro angeboten. Beide Seiten haben unterschiedliche Vorstellungen zur Laufzeit, zeigten bei diesem Thema aber Kompromissbereitschaft, wie es aus Verhandlungskreisen hieß. Zwölf Monate forderten die Gewerkschaften zunächst. Den Arbeitgebern ist das zu kurz. Sie hatten zunächst 27 Monate angeboten. Ver.di sieht sich durch Warnstreiks gestärkt Ver.di sieht sich durch die massiven Warnstreiks der vergangenen Wochen gestärkt. Von der "größten Warnstreik-Beteiligung seit vielen Jahren und Jahrzehnten" sprach Werneke. Die Gewerkschaft verzeichnete über 70.000 Eintritte in den vergangenen drei Monaten. Betroffen von den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind Angehörige etlicher Berufe - unter anderem Erzieherinnen und Erzieher, Busfahrer und Busfahrerinnen, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Krankenpflegepersonal, Verwaltungsangestellte, Altenpflegepersonal, Klärwerksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, Försterinnen und Förster und Ärztinnen und Ärzte. Es geht um das Einkommen von mehr als 2,4 Millionen Tarifbeschäftigten der kommunalen Arbeitgeber und 134.000 des Bundes. Auf die Beamtinnen und Beamten soll das Ergebnis nach dem Willen der Gewerkschaften übertragen werden. | /wirtschaft/tarifverhandlungen-oeffentlicher-dienst-schlichtung-101.html |
2023-03-29 | 21 Salutschüsse und eine Premiere | Britisches Königspaar in Berlin | Mit militärischen Ehren hat Bundespräsident Steinmeier den britischen König Charles III. und seine Gemahlin Camilla in Deutschland begrüßt. Ort des offiziellen Empfangs war erstmals nicht das Schloss Bellevue.
mehr | Mit militärischen Ehren hat Bundespräsident Steinmeier den britischen König Charles III. und seine Gemahlin Camilla in Deutschland begrüßt. Ort des offiziellen Empfangs war erstmals nicht das Schloss Bellevue. Der britische König Charles III. ist zu Beginn seines dreitägigen Staatsbesuchs in Deutschland offiziell von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen worden. Erstmals fand das traditionelle Ritual mit militärischer Ehrenformation am Brandenburger Tor statt. Der übliche Ort ist am Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten, doch das Wahrzeichen Berlins bietet mehr Platz - außerdem können dort auch Bürger und Bürgerinnen einen Blick auf die Gäste werfen. Die beiden Staatsoberhäupter hörten gemeinsam die Hymnen beider Länder und schritten an den Soldaten vorbei. Einige Hundert Schaulustige durften nach scharfen Sicherheitskontrollen auf den abgesperrten Pariser Platz. Viele jubelten, als Charles und seine Frau Camilla um 15:10 Uhr aus einer Limousine stiegen. Steinmeier wurde begleitet von seiner Frau Elke Büdenbender. Salutschüsse und Ehrenspalier am Flughafen Zuvor waren Charles und Camilla auf dem militärischen Teil des Flughafens Berlin-Brandenburg gelandet. Dort wurden sie mit 21 Salutschüssen, den Überflügen zweier Eurofighter und einem militärischen Ehrenspalier empfangen. 21 Kanonenschüsse werden nur beim Besuch von Monarchen oder dann abgefeuert, wenn ein ausländisches Staatsoberhaupt erstmals in dieser Funktion in die Bundesrepublik kommt. In einem Konvoi im gepanzerten Bentley fuhr das Paar dann weiter zum Brandenburger Tor, wo die Zuschauer teils schon seit Stunden auf die royalen Gäste warteten. Steinmeier: "Großartige persönliche Geste" Steinmeier dankte Charles dafür, dass dieser die allererste Auslandsreise als neuer britischer König nach Deutschland unternimmt - und das noch vor der Krönung am 6. Mai. Dies sei "eine großartige persönliche Geste und ein wichtiges Zeichen für die deutsch-britischen Beziehungen", sagte der Bundespräsident. Am Nachmittag gab er für den König einen Empfang zum Thema Energiewende und Nachhaltigkeit im Schloss Bellevue. Umwelt- und Klimaschutz sowie der ökologische Landbau sind für Charles seit Jahrzehnten Themen von besonderem Interesse. Steinmeier nutzte den Anlass für einen Appell, den Kampf gegen den Klimawandel zu verstärken. Die nächsten Jahre erforderten eine "enorme Kraftanstrengung", betonte er. "Wir werden deutlich mehr tun müssen als bisher. Und wir müssen dabei noch schneller sein." Der Bundespräsident würdigte, dass der Erhalt eines lebenswerten Planeten den britischen König schon früh zum Handeln bewogen habe. Rede im Bundestag geplant Abends findet noch ein Staatsbankett zu Ehren des Monarchen statt. Am Donnerstag begrüßen Berlins amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Bundeskanzler Olaf Scholz das königliche Paar. Als erster Monarch überhaupt hält Charles zudem eine Rede im Bundestag. Später treffen der König und Steinmeier Ministerpräsident Dietmar Woidke in Brandenburg, wo unter anderem der Besuch eines Bio-Betriebs auf dem Programm steht. Am Freitag fahren Charles und Camilla dann nach Hamburg, wo der Staatsbesuch am Abend endet. Steinmeier und seine Frau begleiten Charles und Camilla an allen drei Tagen auf ihren Stationen. | /inland/charles-camilla-deutschland-103.html |
2023-03-29 | Königspaar drei Tage in Deutschland | Staatsbesuch | Drei Tage royaler Glanz in Deutschland: Der britische König Charles III. und Königsgemahlin Camilla sind zum Staatsbesuch eingetroffen. Wo übernachtet das Paar, was macht Charles im Bundestag - und kann man die Royals in Berlin oder Hamburg auch sehen?
mehr | Drei Tage royaler Glanz in Deutschland: Der britische König Charles III. und Königsgemahlin Camilla sind zum Staatsbesuch eingetroffen. Wo übernachtet das Paar, was macht Charles im Bundestag - und kann man die Royals in Berlin oder Hamburg auch sehen? Die Ausgangslage Noch vor seiner Krönung ist König Charles III. zusammen mit seiner Ehefrau Camilla nach Deutschland gereist. Der dreitägige Besuch ist nun sogar sein erstes Auslandsziel in dieser Funktion. Eigentlich hätte Charles erst Frankreich besuchen sollen, die Reise wurde aber angesichts der dortigen Proteste gegen die Rentenreform kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben. Ist Charles zum ersten Mal in Deutschland? Nein. Als Thronfolger war er schon häufig in Deutschland. Nach Angaben der britischen Botschaft war Charles rund 30 Mal offiziell in Deutschland, hinzu kamen private Besuche. Schon als 13-Jähriger begleitete er seinen Vater Prinz Philip nach Frankfurt, um von dort aus Verwandtschaft zu besuchen. Sie hätten den Flug "mit einer viermotorigen privatmaschine der koenigin von england zurueckgelegt", schrieb die Deutsche Presse-Agentur im April 1962. Was ist in Berlin geplant? Am Flughafen wurde das Paar mit 21 Schuss Salut empfangen. 21 Salutschüsse werden nur beim Besuch von Monarchen oder dann abgefeuert, wenn ein ausländisches Staatsoberhaupt erstmals in dieser Funktion in die Bundesrepublik kommt. Eine Premiere war im Anschluss die Begrüßung mit militärischen Ehren am Brandenburger Tor. Hier wurde noch nie ein Gast offiziell begrüßt. Das Wahrzeichen Berlins bietet mehr Platz als das Schloss Bellevue, wo das Zeremoniell normalerweise stattfindet. Und es hat den Vorteil, dass dort auch Bürger und Bürgerinnen einen Blick auf die Gäste werfen können. Das Zeremoniell war das übliche: Das Stabsmusikkorps der Bundeswehr spielte beide Nationalhymnen, Gast und Gastgeber schritten die angetretene Ehrenformation des Wachbataillons ab. Nicht jeder Staatsgast bekommt drei Tage lang bundespräsidale Begleitung, der britische Monarch und Gattin aber schon: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender werden das Königspaar an allen drei Tagen begleiten - ein besonderes Zeichen der Wertschätzung. Als nächste Station hatte Steinmeier Menschen aus Politik, Forschung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft im Bereich Energiewende und Nachhaltigkeit zu einem Empfang in seinen Amtssitz geladen - ein Thema, das Charles besonders am Herzen liegt. Es folgte am Abend ein Staatsbankett für das Königspaar und rund 130 geladene Gäste im Schloss Bellevue. Am zweiten Tag des Staatsbesuchs wird das Paar am Donnerstag von Berlins amtierender Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßt. Dann gehts auf den Wochenmarkt am Berliner Wittenbergplatz. Anschließend wird Charles III. als erster Monarch überhaupt eine Rede im Bundestag halten. Bei einem Besuch des Ukraine-Ankunftszentrums im ehemaligen Flughafen Tegel will er sich zudem mit Geflüchteten treffen, die erst kürzlich nach Deutschland kamen. Wie viel Sicherheit braucht ein Königspaar? Beim Staatsbesuch des Königspaares in Berlin gilt eine vergleichbare Sicherheitsstufe wie bei Spitzenpolitikern in der Hauptstadt. Der König sei das Staatsoberhaupt und das Paar habe einen "sehr, sehr hohen Bekanntheitsgrad", was eine bestimmte Gefährdungsstufe bei der Polizei auslöse, sagte Polizeidirektor und Einsatzleiter Thomas Drechsler. So streng wie bei Besuchen von US-Präsidenten oder dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu kürzlich seien die Maßnahmen aber nicht. Die Polizei bereitet umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen und Verkehrssperrungen vor. Am Mittwoch sollen insgesamt etwa 900 Polizisten für Absperrungen von Straßen und Plätzen und die Sicherheit eingesetzt werden, am Donnerstag dann etwa 1100 Polizisten. Unterstützung aus anderen Bundesländern erhalte die Polizei durch 20 Sprengstoff-Spürhunde, sagte Drechsler. Es müssten viele Orte und Fahrzeuge untersucht werden und so viele Spürhunde gebe es nicht in Berlin. Das Königspaar ist in einer Bentley-Luxuslimousine unterwegs. Begleitet wird es von einer Wagenkolonne aus persönlichen Mitarbeitern, Polizei, Vertretern des deutschen Staates sowie der britischen Botschaft. Der dreitägige Besuch mit vielen Stationen in Berlin und Brandenburg und einer Weiterfahrt nach Hamburg erfordert eine anspruchsvolle Logistik. Die besondere Herausforderung ist dabei, die Wünsche des Königs nach direktem Kontakt mit Berlinern, Brandenburgern und Hamburgern und die Sicherheit unter einen Hut zu bringen. Wo übernachten die Royals? Zu manchen Details des königlichen Besuchs wird traditionell geschwiegen, etwa die Frage nach dem Hotel. Das "Adlon" bereitet sich jedoch auf hohen Besuch vor. Vom Luxushotel in unmittelbarer Nähe zur britischen Botschaft gibt es aber keinen Kommentar, "aus Diskretionsgründen". Queen Elizabeth II. hat zweimal dort residiert. Die 185 Quadratmeter große Suite mit Blick auf das Brandenburger Tor wurde nach ihrem zweiten Aufenthalt 2015 in Royal Suite umbenannt. Im Wohnzimmer mit Kamin und schwarzem Flügel hängt ein signiertes Foto von ihr und Ehemann Prinz Philip. Gegenüber dem Esszimmer gibt es eine Mini-Küche, in der man sich auch mitten in der Nacht einen Tee zubereiten lassen könnte. Im Badezimmer hätten Charles III. und Ehefrau Camilla ihre ganz persönliche Sauna. Das Bett im benachbarten Schlafzimmer hat Übergröße - King Size eben. Seit den Besuchen der Monarchin kennt das Personal die Vorlieben des britischen Königshauses. Bei dem königlichen Besuch muss alles auf die Minute sitzen: roten Teppich vom Wagen hieven; ausrollen unter den neugierigen Augen von Berlin-Besuchern bis zur Straße, wo die Limousine halten wird; mit dem Besen letzte Krümel wegfegen. Ist der Staatsgast vorgefahren, geht es über den roten Teppich in die Lobby vorbei an den Gästen in den Fahrstuhl - und ohne Zwischenstopp zur Royal Suite. Ein Butler steht rund um die Uhr zu Diensten, wenn man die Suite für rund 20.000 Euro mietet. Was macht Seine Majestät im Bundestag? Royaler Glanz auch im deutschen Parlament: Hier hat noch nie ein König gesprochen. Die Rede von Charles III. im Bundestag dürfte denn auch zu den Höhepunkten des Deutschlandbesuchs gehören. Schon im November 2020 sprach er im deutschen Parlament. Anlässlich des Volkstrauertags beschwor der damalige Thronfolger die britisch-deutsche Partnerschaft und betonte die gemeinsamen Werte Deutschlands und Großbritanniens - und zwar anfangs auf Deutsch. Auf Englisch ging er dann auf die Geschichte Berlins ein. Was will der König in Brandenburg? Am Donnerstagnachmittag geht es dann nach Brandenburg: Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) empfängt Charles III. und Steinmeier am Schifffahrtsamt Finowfurt. Dort treffen sie Mitglieder des deutsch-britischen Pionierbrückenbataillons 130, die ihnen den Bau von Brücken mit Spezialfahrzeugen vorführen. Anschließend steht für den Monarchen, der für sein Engagement für Nachhaltigkeit bekannt ist, noch eine Besichtigung des Biobetriebs Ökodorf Brodowin auf dem Programm. Der britische Gast will sich hier unter anderem über die ökologische Landwirtschaft und den Feuchtgebietsschutz informieren. Camilla besucht während des Brandenburg-Aufenthalts ihres Mannes zusammen mit Steinmeiers Ehefrau Elke Büdenbender die Komische Oper in Berlin. Warum Hamburg? Am Freitagmorgen fährt das Königspaar in Begleitung Steinmeiers und Büdenbenders mit der Bahn nach Hamburg, wo es am Bahnhof Dammtor vom Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) empfangen wird. Am Kindertransportdenkmal vor dem Bahnhof will das Paar Blumen niederlegen. Die Skulptur erinnert an eine der spektakulärsten Rettungsaktionen vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs: Von Dezember 1938 bis August 1939 wurden mehr als 10.000 überwiegend jüdische Kinder per Zug und Schiff nach England gebracht. Kränze werden Charles und Camilla außerdem am Mahnmal St. Nikolai niederlegen. Die Kirche wurde bei Luftangriffen der Alliierten während des Zweiten Weltkriegs zerstört und ist nun den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft der Jahre 1933 bis 1945 gewidmet. Auf dem Rathausmarkt sollen später auch Hamburger Royalisten die Gelegenheit bekommen, mit dem britischen Königspaar auf Tuchfühlung zu gehen. Anschließend trägt sich das Paar im Rathaus in das Goldene Buch der Hansestadt ein. Während dann für Charles III. noch eine Hafenrundfahrt mit Hamburger Unternehmerinnen und Unternehmern auf dem Programm steht, will Camilla zusammen mit Büdenbender eine Schule besuchen, die bilingual auf Deutsch und Englisch unterrichtet. Mit einem Empfang auf Einladung der britischen Botschaft endet der dreitägige Staatsbesuch. Was kann schiefgehen? Vieles. So ein Staatsbesuch ist minutiös geplant, Protokollchefs- und chefinnen feilen seit Monaten am Ablaufplan. Und doch bleiben Unwägbarkeiten. Verkehrsstaus, Verspätungen (Deutsche Bahn!), der königliche Besuch auf dem Wochenmarkt dauert dauert länger - aber auch handfeste Peinlichkeiten sind nicht ausgeschlossen. Vorsicht daher auch bei der Auswahl des Gastgeschenks. Sichtlich not amused war etwa Queen Elizabeth bei ihrem Besuch im Sommer 2015 vom Präsent, das der damalige Bundespräsident Joachim Gauck ihr überreichte. Das Gemälde "Pferd in Royalblau" kam bei der Queen nicht gut an. Es zeigt ein blaues Pferd und einen Mann in quietsch-gelber Jacke, der ihr Vater sein soll, aber nicht wie ihr Vater aussieht. Die Queen reagierte - royal-höflich natürlich - irritiert über das Gastgeschenk. Gauck versuchte die peinliche Situation mit Lübecker Marzipan zu retten. | /inland/innenpolitik/koenig-charles-deutschland-101.html |
2023-03-29 | Experten fordern Pause bei KI-Entwicklung | Künstliche Intelligenz | Die rasante Entwicklung bei Künstlicher Intelligenz ruft Kritiker auf den Plan. Mehr als 1000 Experten aus Tech und Forschung - unter ihnen auch Elon Musk - fordern nun eine Entwicklungspause für neue KI-Modelle. Es brauche erst Sicherheitsstandards.
mehr | Die rasante Entwicklung bei Künstlicher Intelligenz ruft Kritiker auf den Plan. Mehr als 1000 Experten aus Tech und Forschung - unter ihnen auch Elon Musk - fordern nun eine Entwicklungspause für neue KI-Modelle. Es brauche erst Sicherheitsstandards. In einem offenen Brief haben Experten aus Forschung, Wissenschaft und der Tech-Branche eine Pause bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz gefordert. Die Zeit solle genutzt werden, um ein Regelwerk für die Technologie zu schaffen, hieß es in dem Brief der gemeinnützigen Organisation Future of Life. Es sollten Sicherheitsstandards für die Entwicklung von KI festgelegt werden, um mögliche Schäden durch die riskantesten KI-Technologien abzuwenden. Mittlerweile haben den Brief mehr als 1000 Menschen unterschrieben - unter ihnen Apple-Mitgründer Steve Wozniak, Tech-Milliardär Elon Musk und Pioniere der KI-Entwicklung wie Stuart Russel und Yoshua Bengio. Auch Konkurrenten der derzeit bekanntesten KI ChatGPT sind unter den Unterzeichnern. Risiken seien derzeit unkalkulierbar "KI-Systeme mit einer Intelligenz, die Menschen Konkurrenz macht, können große Risiken für Gesellschaft und Menschheit bergen", heißt es in dem Brief. "Leistungsstarke KI-Systeme sollten erst dann entwickelt werden, wenn wir sicher sind, dass ihre Auswirkungen positiv und ihre Risiken überschaubar sind." Sogenannte Generative KI wie ChatGPT-4 oder DALL-E sei mittlerweile so weit fortgeschritten, dass selbst die Entwickler ihre Programme nicht mehr verstehen oder wirksam kontrollieren könnten, heißt es weiter. Dadurch könnten Informationskanäle mit Propaganda und Unwahrheiten geflutet werden. Auch Jobs, die nicht nur aus reinen Routinearbeiten bestünden und von Menschen als erfüllend wahrgenommen würden, könnten mittels solcher KI-Modelle wegrationalisiert werden. Die Forderung nach einer Entwicklungspause bezieht sich auf KI der nächsten Generation, die noch mächtiger sei als ChatGPT-4. Ihre Entwickler sollten ihre Arbeit nachprüfbar einstellen. Geschehe dies nicht, müssten die Regierungen eingreifen und ein Moratorium anordnen, fordern die Unterzeichner. Mit Aufruf Ängste schüren Kritik an dem Aufruf kam von der Informatik-Professorin Johanna Börklund an der schwedischen Universität von Umeå. "Es gibt keinen Grund, die Handbremse zu ziehen." Stattdessen sollten die Transparenz-Auflagen für Entwickler verschärft werden. Der Aufruf diene nur dazu, Ängste zu schüren. OpenAI-Chef nicht unter den Unterzeichnern ChatGPT und DALL-E werden von der Firma OpenAI entwickelt, an der Microsoft maßgeblich beteiligt ist. OpenAI-Chef Sam Altman hat den offenen Brief den Organisatoren zufolge nicht unterschrieben. Seine Firma reagierte zunächst nicht auf eine Bitte um Stellungnahme der Nachrichtenagentur Reuters. Tech-Unternehmer Musk hatte OpenAI vor Jahren mitgegründet, sich aber aus dem Unternehmen zurückgezogen, nachdem Altman sich entschied, vor allem mit Microsoft zusammenzuarbeiten. Seit ChatGPT im November vorgestellt wurde, liefern sich allen voran Microsoft und Google ein Rennen um die Vorherrschaft in dem Bereich. In schneller Abfolge werden neue Anwendungen vorgestellt. Auch Staaten wie China betrachten KI als strategisch wichtigen Sektor und wollen Entwicklern große Freiheiten lassen. Zuletzt mehrten sich Warnungen vor KI-Gefahren In Deutschland begrüßte der TÜV-Verband den offenen Brief. "Der Appell zeigt den politischen Handlungsbedarf für eine klare gesetzliche Regulierung Künstlicher Intelligenz", erklärte Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. Nur so könne man die Risiken besonders leistungsfähiger KI-Systeme in den Griff bekommen. Für den Einsatz von KI in sicherheitskritischen Bereichen wie der Medizin oder in Fahrzeugen, wo Fehlfunktionen fatale Folgen haben könnten, brauche es rechtliche Leitplanken, sagte Bühler. "Das schafft Vertrauen und fördert innovative Angebote, statt sie auszubremsen." Auch Europol warnte bereits vor Risiken vor KI wie ChatGPT: "Die Fähigkeit von ChatGPT, sehr realistische Texte zu verfassen, macht es zu einem nützlichen Werkzeug für Phishing", hieß es. Dabei werden Opfer dazu gebracht, Zugangsdaten für Konten herauszugeben. Außerdem warnte Europol vor Desinformationskampagnen, die mit mittels KI mit minimalem Aufwand gestartet werden könnten. Kriminelle könnten sich zudem von der KI Schadsoftware schreiben lassen. | /wissen/musk-tech-pause-ki-entwicklung-101.html |
2023-03-29 | Zwölf Milliarden Euro für Ukraine-Waffenhilfe | Haushaltsausschuss | Deutschland kann seine Waffenhilfe für die Ukraine massiv aufstocken. Der Haushaltsausschuss billigte zwölf Milliarden Euro, die für direkte Waffenlieferungen sowie für Wiederbeschaffungen für die Bundeswehr verwendet werden sollen. Von Uli Hauck. | Deutschland kann seine Waffenhilfe für die Ukraine massiv aufstocken. Der Haushaltsausschuss billigte zwölf Milliarden Euro, die für direkte Waffenlieferungen sowie für Wiederbeschaffungen für die Bundeswehr verwendet werden sollen. Trotz wochenlanger Diskussionen über den nächsten Bundeshaushalt hat sich die Bundesregierung festgelegt: Es gibt Milliarden für die Rüstung. Einerseits für Militärhilfen, die der Ukraine zugute kommen, andererseits für die Bundeswehr, um an die Ukraine abgegebene Panzer und Haubitzen zu ersetzen. Der Haushaltsausschuss des Bundestags gab nun grünes Licht für diese Vorhaben. "Knapp vier Milliarden werden ausgegeben für die Wiederbeschaffung von Material, was die Bundeswehr an die Ukraine abgegeben hat", sagt Verteidigungsminister Boris Pistorius. "Und der andere Teil, circa acht Milliarden, gehen in die weitere Unterstützung der Ukraine in den nächsten Jahren durch Material, durch Waffen und vieles anderes mehr." Dafür will die Regierung bislang nicht ausgegebenes Geld aus dem Haushalt nutzen, aber es soll auch in Ministerien gespart werden. Unklar ist dabei aber noch, wo und wie viel die Ministerien einsparen sollen. Mehr Geld für Wiederaufbau? Und es gibt noch weitere Fragezeichen: So ist bislang ungeklärt, welche Waffensysteme für die Ukraine beschafft werden sollen und auch, ob es auch mehr Geld für den Wiederaufbau geben soll - ein Wunsch der Grünen. Der CDU-Abgeordnete Ingo Gädechens fühlt sich von der Bundesregierung schlecht informiert: "Die Frage ist auch, wie geht man mit dem Parlament um. Es geht um zwölf Milliarden." Zwar sei der Haushaltsausschuss im Bundestag bereit, "mutige Entscheidungen" zu treffen - "aber wenn man einen Tag vorher die Vorlage bekommt, wofür das Geld ausgegeben werden soll, dann entstehen schon Fragezeichen im Kopf", kritisiert Gädechens. Union für Waffenhilfe, AfD und Linke dagegen Trotz der Fragezeichen bei der Finanzierung ist die Union grundsätzlich aber für die militärische Unterstützung der Ukraine. Anders als die beiden anderen Oppositionsparteien: Die AfD ist dagegen, dass die Ukraine Waffen aus Bundeswehrbeständen bekommt, stattdessen solle die Armee ihre Panzerhaubitzen und "Leopard 2"-Panzer für die Landesverteidigung behalten. Auch die Linkspartei ist gegen langfristig zugesagte Waffenhilfen. "So viel Geld auf einmal - und vor allen Dingen steht dahinter die Idee einer sehr, sehr langen Kriegsführung. Ich erwarte, dass die Bundesregierung alles dafür tut, jede Friedensinitiative zu unterstützen", sagt die Linken-Haushaltspolitikerin Gesine Lötzsch. Sie verweist auf den früheren Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, der gefordert habe, Verhandlungen vorzubereiten. "Das wäre der richtige Weg", so Lötzsch. Allerdings hatte Ischinger in einem Gastbeitrag Mitte März auch betont, dass der Zeitpunkt für Verhandlungen nicht jetzt sei. Derzeit käme ein solcher Schritt einer Teilkapitulation der Ukraine gleich, schrieb er. | /inland/ukraine-hilfen-bundeshaushalt-101.html |
2023-03-29 | Selbstbewusst, aber wenig konkret | Scholz bei Regierungsbefragung | Bei der Regierungsbefragung hat sich Bundeskanzler Scholz gewohnt unbeeindruckt gezeigt. Er verteidigte die Beschlüsse des Koalitionsausschusses als pragmatisch, aber zielgerichtet. Die Opposition übte scharfe Kritik. Von Martin Ganslmeier. | Bei der Regierungsbefragung hat sich Bundeskanzler Scholz gewohnt unbeeindruckt gezeigt. Er verteidigte die Beschlüsse des Koalitionsausschusses als pragmatisch, aber zielgerichtet. Die Opposition übte scharfe Kritik. Die Regierungsbank war gut besetzt wie selten. Ein bestens gelaunter Bundesfinanzminister Christian Lindner neben einem etwas müde wirkenden Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck. Am Rednerpult verteidigt ein mit sich und der Welt zufriedener Bundeskanzler die Beschlüsse des Koalitionsausschusses. Auch wenn die Einigung erst nach drei Verhandlungstagen zustande kam - Olaf Scholz ist überzeugt, dass Deutschland jetzt bei Klimaschutz und Infrastruktur vorankommt. Und dank pragmatischer Lösungen keinen Bürger im Stich lässt. Das sei der Unterschied zu früher, so Scholz: "Es wird Tempo geben, Beschleunigung, und diese Aufgaben werden alle zielgerichtet verfolgt. Der Stillstand der letzten Jahrzehnte, den wir konservativer Politik zu verdanken haben, ist endgültig beendet. Jetzt kommt Tempo in Deutschland." Kritik aus der Union Die Abgeordneten der Ampel-Fraktionen applaudieren, Kritik kommt aus der Union. Fraktionsvizechef Andreas Jung wirft dem Bundeskanzler vor, auf verbindliche Emissionsziele für einzelne Sektoren zu verzichten. "Das Klimaschutzgesetz aufweichen statt es einzuhalten, wie können Sie das verantworten?", fragt Jung. Scholz bestreitet, dass es künftig keine Jahresziele mehr gibt. Alle zwei Jahre werde die Ampel prüfen, ob sie nachsteuern muss - dabei allerdings flexibler vorgehen. "Schlichtes, einfaches, unreflektiertes, lineares Denken, das nur Jahr für Jahr betrachtet und gar nicht mit einbezieht, was im nächsten und übernächsten Jahr passiert, ist ein Denken, das einfach in die Irre führt und zu falschen Entscheidungen", so Scholz. Wissler: Klimaschutz "faktisch abgeschwächt" Der Bundeskanzler verspricht mehr pragmatische und unbürokratische Lösungen, um das Klimaziel 2045 zu erreichen - auch beim Umstieg auf umweltfreundlichere Heizungen. Die Sorgen der Bürger nehme seine Regierung ernst und bereite Förderprogramme für den Einbau neuer Heizungen vor. Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler kann das nicht überzeugen: Das Klimaschutzgesetz habe die Ampel "faktisch abgeschwächt", kritisiert sie. Scholz legitimiere das Versagen des liberalen Verkehrsministers Wissing: "Sie sprechen trotzdem von - Zitat: 'sehr, sehr, sehr guten Ergebnissen'. Aber Sie haben ja auch vor kurzem davon gesprochen, dass Herr Wissing ein sehr, sehr guter Verkehrsminister sei. Nun ja...". Der Kanzler lächelt verschmitzt und gibt sich unbeeindruckt: "Zunächst einmal haben Sie richtig berichtet: Das ist ein sehr, sehr gutes Ergebnis der Gespräche. Und zweitens ist der Herr Bundesminister Wissing ein sehr, sehr guter Verkehrsminister." Mehr Klarheit im April Die FDP-Abgeordneten klatschen begeistert. Sie sind ohnehin hochzufrieden, weil die Liberalen viele ihrer Anliegen durchgesetzt haben. Scholz wiederum genießt die Regierungsbefragung. Einem AfD-Abgeordneten, der kritisch nachfragt, ob es nicht doch bei einem faktischen Verbot für Öl- und Gas-Heizungen bleibt, widerspricht er. Dies habe niemals zur Debatte gestanden. "Und deshalb kann ich Sie auch bitten, dass Sie allen Bürgerinnen und Bürger, die Ihnen schreiben, beruhigend sagen: Alles gut! Der Kanzler macht das ordentlich und das wird auch funktionieren!" Ein selbstbewusster, aber wenig konkreter Bundeskanzler. Erst im April soll es mehr Klarheit geben. Dann will die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Förderung des Heizungsumbaus vorlegen - mit verschiedenen Möglichkeiten, klimabewusst zu heizen. | /inland/innenpolitik/bundestagsbefragung-scholz-101.html |
2023-03-29 | Neue Chefin für Bundeswehr-Beschaffung | Wechsel an Behördenspitze | Die bisherige Vizepräsidentin Lehnigk-Emden übernimmt die Führung des Beschaffungsamtes der Bundeswehr. Ziel sei es, schneller und effektiver zu werden, so Verteidigungsminister Pistorius. Die Behörde wird seit Jahren als schwerfällig kritisiert.
mehr | Die bisherige Vizepräsidentin Lehnigk-Emden übernimmt die Führung des Beschaffungsamtes der Bundeswehr. Ziel sei es, schneller und effektiver zu werden, so Verteidigungsminister Pistorius. Die Behörde wird seit Jahren als schwerfällig kritisiert. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat einen Wechsel an der Spitze des Beschaffungsamtes der Bundeswehr eingeleitet: Der SPD-Politiker sagte nach einer Sitzung des Haushaltsausschusses im Bundestag, er habe die bisherige Präsidentin Gabriele Korb am Vortag "mit Dank für ihre Arbeit von ihren Aufgaben entbunden". Mit der Aufgabe betraute er Annette Lehnigk-Emden, derzeit Vizepräsidentin der Koblenzer Bundesbehörde. Korb hatte das Amt 2018 noch unter Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) übernommen. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir auch durch diese Entscheidung nochmal einen neuen 'Drive' gewissermaßen in die Geschichte reinkriegen, was notwendig ist, weil wir an jeder Beschleunigungsschraube drehen wollen und müssen, die wir finden können", sagte Pistorius. Ziel sei es, schneller und effektiver zu werden. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr ist dem Verteidigungsministerium unterstellt und für die milliardenschweren Rüstungsprojekte der Truppe verantwortlich. Hauptaufgabe ist die Ausstattung der Bundeswehr mit leistungsfähigem und sicherem Gerät. Jedoch gibt es seit Jahren Kritik an langen, sich oftmals über Jahre hinziehenden Entscheidungswegen. Immer wieder liefen auch die Kosten aus dem Ruder. Kauf neuer Panzerhaubitzen gebilligt Der Haushaltsausschuss des Bundestags gab unterdessen grünes Licht für den Kauf von zehn neuen Panzerhaubitzen 2000. Die Bestellung der Modelle beim Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann soll eine Lücke schließen, die durch die Abgabe des Waffensystems an die Ukraine entstanden ist. Vorgesehen ist eine Option auf den Kauf von 18 weiteren Panzerhaubitzen. Zudem stellte der Haushaltsauschuss zwölf Milliarden Euro für die Unterstützung der Ukraine mit militärischem Material zur Verfügung. Davon sind bis zu 3,2 Milliarden Euro für das Jahr 2023 gedacht und insgesamt 8,8 Milliarden Euro bis 2032. Etwa vier Milliarden Euro seien vorgesehen für die Wiederbeschaffung von Waffen und Material, das die Bundeswehr an die Ukraine abgegeben habe, sagte Pistorius. Etwa acht Milliarden Euro dienen der weiteren Unterstützung der Ukraine. | /inland/innenpolitik/bundeswehr-beschaffungsamt-lehnigk-emden-101.html |
2023-03-29 | Vodafone Deutschland streicht 1300 Stellen | Telekommunikationsanbieter | Vodafone Deutschland will sich neu aufstellen und streicht dafür 1300 Vollzeitstellen. Vor allem Jobs im Management seien betroffen. Gleichzeitig möchte das Unternehmen 400 neue Stellen in "kundennahen Bereichen" schaffen.
mehr | Vodafone Deutschland will sich neu aufstellen - und streicht dafür 1300 Vollzeitstellen. Vor allem Jobs im Management seien betroffen. Gleichzeitig möchte das Unternehmen 400 neue Stellen in "kundennahen Bereichen" schaffen. Im Zuge einer Neuausrichtung will der Telekommunikationsanbieter Vodafone Deutschland 1300 Vollzeitstellen abbauen. Vor allem im Management, bei Doppelfunktionen und in Bereichen ohne direkten Kundenkontakt sind Arbeitsplätze betroffen. Zugleich sollten rund 400 neue Stellen in "kundennahen Bereichen" aufgebaut werden, teilte die Tochter des britischen Vodafone-Konzerns mit. Zu den Bereichen zählten etwa Technik, Netzausbau und Großkunden-Projekte. Effektiv fielen damit 900 Vollzeitstellen weg. "Wollen Ambitionen finanzieren" Zuvor hatte das "Handelsblatt" darüber berichtet. "Wenn wir unsere Ambitionen finanzieren wollen, müssen wir diesen schmerzhaften Schritt gehen", zitierte das "Handelsblatt" Deutschlandchef Philippe Rogge, der auch Mitglied des Konzernvorstandes in London ist. Den Angaben zufolge zählt Vodafone Deutschland 14.230 Vollzeitstellen. Der Vodafone-Konzern hat zuletzt schwierige Quartale verzeichnet, und auch der mit Abstand wichtigste Markt Deutschland musste dabei Federn lassen. Im dritten Geschäftsquartal - bis Ende Dezember - gelang es den Düsseldorfern, lediglich 8000 neue Mobilfunkverträge nach Abzug von Kündigungen zu realisieren. Bei DSL und Kabel verlor Vodafone Deutschland Kunden. | /wirtschaft/unternehmen/stellenabbau-vodafone-101.html |
2023-03-29 | Scholz hält an Neubau für Kanzleramt fest | Kosten in Millionenhöhe | Kanzler Scholz unterstützt weiter einen Erweiterungsbau des Kanzleramts in Berlin. Zuvor hatte Finanzminister Lindner das Vorhaben kritisiert. Die Kosten belaufen sich nach Schätzungen auf etwa 777 Millionen Euro.
mehr | Kanzler Scholz unterstützt weiter einen Erweiterungsbau des Kanzleramts in Berlin. Zuvor hatte Finanzminister Lindner das Vorhaben kritisiert. Die Kosten belaufen sich nach Schätzungen auf etwa 777 Millionen Euro. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält trotz der Kritik seines Finanzministers Christian Lindner (FDP) an dem 777 Millionen Euro teuren Erweiterungsbau des Kanzleramts fest. "Wir haben Entscheidungen getroffen schon in der letzten Legislaturperiode und die entsprechenden Abarbeitungsschritte sind im Gange, wie man ja sehen kann, wenn man sich umguckt", sagte er bei der Regierungsbefragung im Bundestag mit Blick auf die bereits laufenden Vorbereitungsmaßnahmen für den Neubau. Den Vorwurf des AfD-Abgeordneten Marcus Bühl, es handele sich um einen Prunkbau, wies Scholz zurück. "Man muss alle, die da entschieden haben, in Schutz nehmen vor dieser Denunziation, insbesondere die Architekten, denen sie völlig unrecht tun", sagte Scholz. Es gebe in dem Umfeld viele Prunkbauten, die errichtet worden seien mit viel Gold und allen möglichen Machtinsignien. "Solche werden hier nicht geplant und würden auch meinem Architekturverständnis nicht entsprechen", so der Kanzler. Der geplante Erweiterungsbau des Kanzleramts steht schon länger in der Kritik. Nach Schätzung aus Regierungskreisen vom vergangenen Herbst soll der Sandsteinbau mit rund 400 Büros etwa 777 Millionen Euro kosten und damit 177 Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant. Lindner stellt eigenen Neubau infrage Lindner hatte den Bau im Zuge der laufenden Haushaltsberatungen kritisiert. "Ich glaube, dass in Zeiten von mehr Homeoffice und ortsflexiblem Arbeiten ein mindestens 800 Millionen teurer Neubau neben dem Kanzleramt entbehrlich ist", sagte er in der ARD-Sendung Maischberger. Der FDP-Chef will auch den geplanten Erweiterungsbau für sein Ministerium auf den Prüfstand stellen. Mit diesen Überlegungen zum eigenen Verzicht sorgte der Finanzminister jedoch für Ärger in der Beamtenschaft. Lindners Schritt sei "kurzsichtig und falsch", sagte Frank Gehlen, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Bundesbeschäftigen (VBOB), der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" vergangenen Donnerstag. "Hier soll ein politisches Signal gesetzt werden, auf dem Rücken der Beschäftigten im Bundesfinanzministerium", kritisierte er. Nach Aussage von Gehlen wird der Erweiterungsbau des Finanzministeriums dringend benötigt. "Das derzeitige Ministeriumsgebäude, das ehemalige Reichsluftfahrtamt, muss in einigen Jahren kernsaniert werden, dann braucht man dringend Ausweichflächen für die Mitarbeiter", sagte der Gewerkschaftschef. Gehlen betonte zudem, dass der Erweiterungsbau die Zusammenarbeit im Ministerium vereinfachen würde, das derzeit auf sechs Standorte in der Hauptstadt verteilt ist. | /inland/scholz-erweiterungsbau-lindner-101.html |
2023-03-29 | IAEA-Chef Grossi warnt vor Katastrophe | Kernkraftwerk Saporischschja | Immer wieder steht die größte Atomanlage Europas unter Beschuss. Nun hat IAEA-Chef Grossi das ukrainische AKW Saporischschja besucht. Er warnt vor einer Katastrophe, sollten sich Moskau und Kiew nicht auf ein Sicherheitskonzept einigen.
mehr | Immer wieder steht die größte Atomanlage Europas unter Beschuss. Nun hat IAEA-Chef Grossi das ukrainische AKW Saporischschja besucht. Er warnt vor einer Katastrophe, sollten sich Moskau und Kiew nicht auf ein Sicherheitskonzept einigen. Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hat bei einem Besuch des Atomkraftwerks Saporischschja vor einer "Katastrophe" in der russisch besetzten Anlage im Süden der Ukraine gewarnt. "Offensichtlich verbessert sich die Situation nicht", so Grossi. "Im Gegenteil, die militärischen Aktivitäten um das Gebiet nehmen zu", sagte er nach Angaben russischer Medien nach dem Besuch. Er hatte Europas größtes Kernkraftwerk zuvor bereits im September besucht. IAEA-Chef bemüht sich um Abkommen Er wolle sich um einen Kompromiss zwischen Moskau und Kiew zur Sicherung der Anlage bemühen. "Ich versuche, realistische Maßnahmen vorzubereiten und vorzuschlagen, die von allen Seiten gebilligt werden", sagte Grossi. Es gehe dabei sowohl um das Atomkraftwerk selbst als auch das umliegende Gebiet. "Es muss eine Katastrophe verhindert werden", fügte der IAEA-Chef hinzu. Dazu sollten beide Seiten sich auf "bestimmte Prinzipien, bestimmte Verpflichtungen verständigen - unter anderem, das Kraftwerk nicht anzugreifen". Mit beiden Seiten werde nun über Sicherheitsvorkehrungen gesprochen, um einen atomaren Zwischenfall mit radioaktiven Auswirkungen zu verhindern."Ich bin Optimist in der Hinsicht, dass ich glaube, dass das möglich ist", betonte Grossi. Neue Ablöse für IAEA-Spezialisten Das Staatsfernsehen in Russland zeigte, wie die IAEA-Experten mit schusssicheren Westen der Vereinten Nationen die Frontlinie zwischen dem von Kiew und dem von Moskau kontrollierten Teil des Gebiets Saporischschja überquerten. Sie legten demnach einen Teil des Weges zu Fuß an einer zerstörten Brücke zurück. Hauptziel der Gespräche mit den Führungen in Kiew und Moskau sei die atomare Sicherheit, sagte der IAEA-Chef. Es müsse alles getan werden für den Schutz der Menschen. Die 18-köpfige Delegation hatte sich einen Überblick über die Sicherheitslage des immer wieder auch beschossenen Kraftwerks verschafft. Nur einige IAEA-Spezialisten blieben. Sie sind als Wechselkontingent für die derzeit dort stationierten Atomexperten eingeplant. Selenskyj: Keine Sicherheit unter russischer Kontrolle Vor seiner Visite in Saporischschja hatte Grossi am Montag den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen. Dieser betonte dabei, es sei unmöglich, die atomare Sicherheit des AKW zu gewährleisten, solange es von Russland kontrolliert werde. Renat Karchaa, der den aktuellen russischen Betreiber des AKW, Rosenergoatom, berät, sagte nach Angaben von staatlichen russischen Nachrichtenagenturen, Grossis Besuch sei "ein gewöhnlicher Geschäftstermin", der "nichts dramatisches ändern" werde. Es könne aber "natürlich alles passieren". AKW gerät immer wieder unter Beschuss Russland hatte das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine kurz nach Beginn seines Angriffskrieges eingenommen und hält es seitdem besetzt. Die Anlage ist mit seinen sechs Blöcken und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt das größte AKW in Europa. Moskau und Kiew beschuldigen sich immer wieder gegenseitig, für Angriffe um und auf das Atomkraftwerk verantwortlich zu sein. Durch Beschuss in der Region wurde das Kraftwerk bereits mehrmals vom ukrainischen Stromnetz abgetrennt, obwohl es für einen sicheren Betrieb eine konstante Energiezufuhr braucht. Um diese zu gewährleisten, mussten zwischenzeitlich Notgeneratoren einspringen. | /ausland/europa/grossi-warnt-vor-katastrophe-saporischschja-101.html |
2023-03-29 | ++ Putin räumt mögliche Sanktionsfolgen ein ++ | Russlands Krieg gegen die Ukraine | Kremlchef Putin hat eingeräumt, dass die Sanktionen gegen Russland "negative" Folgen für sein Land haben könnten. Dänemark hat nahe der beschädigten Pipeline Nord Stream 2 in der Ostsee vermutlich eine Rauchboje geborgen. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.
mehr | Kremlchef Putin hat eingeräumt, dass die Sanktionen gegen Russland "negative" Folgen für sein Land haben könnten. Dänemark hat nahe der beschädigten Pipeline Nord Stream 2 in der Ostsee vermutlich eine Rauchboje geborgen. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen. Dänemark birgt Objekt bei Nord-Steam-LeitungPutin räumt erstmals mögliche "negative" Folgen von Sanktionen einHaushaltsausschuss gibt zwölf Milliarden Euro für Waffenhilfe freiAKW Saporischschja: Grossi warnt vor anhaltend angespannter LageRussland kritisiert IOC-Pläne zur Wiederzulassung von AthletenSelenskyj lädt Xi in die Ukraine einUkrainischer Verteidigungsminister lobt Schützenpanzer "Marder"Biden: Putins Plan für Atomwaffen gefährlich Ende des Liveblogs Für heute beenden wir den Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Herzlichen Dank für Ihr Interesse. Selenskyj: Demokratie braucht einen Sieg Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach seiner Teilnahme am virtuellen Weltgipfel für Demokratie betont, dass die Demokratie unbedingt und schnellstmöglich einen Sieg brauche. "Und wir alle zusammen - Ukrainer, alle Europäer, unsere amerikanischen Verbündeten, unsere Freunde auf allen Kontinenten - in Afrika, Asien, Lateinamerika, Australien - werden alles tun, um diesen Sieg näher zu bringen", sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. "Den Sieg der Ukraine, den Sieg der Freiheit, den Sieg für die regelbasierte internationale Ordnung." Den Weltgipfel für Demokratie richten die USA gemeinsam mit Costa Rica, den Niederlanden, Südkorea und Sambia aus. Kiews Luftwaffensprecher: Brauchen moderne Jets Die Luftstreitkräfte der Ukraine benötigen nach den Worten ihres Sprechers Juri Ihnat "dringend" moderne Kampfflugzeuge. "Uns helfen weder die polnischen noch tschechischen Migs, ebenso wie Mirages oder Tornados", sagte Ihnat im ukrainischen Fernsehen. Die von den Nachbarn erhaltenen Migs seien zwar eine willkommene und notwendige Verstärkung, doch benötige die Ukraine vielmehr Mehrzweckkampfflugzeuge. Die von der Ukraine benötigten Flugzeuge sollten "am Himmel, über dem Boden und über dem Meer" einsetzbar sein. "Das wären die (US-amerikanische) F-16 oder andere Maschinen dieser Klasse aus der vierten Generation", sagte Ihnat. Da die Ausbildung von Piloten und Bodenpersonal an diesen Maschinen "kein einfacher Prozess" sei, sei eine Entscheidung "möglichst gestern" nötig. Ministerin: Spanien liefert Panzer, aber keine Kampfjets Spanien will der Ukraine zehn Leopard-Panzer des älteren Typs 2A4 liefern, schließt aber die Entsendung von Kampfjets aus. Die Lieferung der ersten sechs Panzer werde in zwei Wochen erfolgen, erklärte Verteidigungsministerin Margarita Robles bei einer Parlamentsdebatte. Vier weitere Panzer werde man zu einem späteren Zeitpunkt schicken, denn sie müssten noch instandgesetzt werden. Die Entsendung von Kampfjets schloss die Ministerin "kategorisch" aus. Kampfjets vom Typ F-16, wie sie sich die Ukraine wünsche, habe Spanien nicht. Andere Modelle kämen nicht infrage, da die ukrainischen Piloten eine Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren benötigen würden. Ukrainisches Militär räumt russischen Teilerfolg in Bachmut ein Die ukrainische Militärführung hat einen russischen Teilerfolg in den Kämpfen um die Stadt Bachmut im Osten des Landes eingeräumt. "Im Sektor Bachmut setzte der Feind seine Angriffe auf die Stadt fort, teilweise mit Erfolg", teilte der Generalstab in Kiew in seinem täglichen Lagebericht mit. Details zu den russischen Geländegewinnen wurden jedoch nicht genannt. Die ostukrainische Stadt hat hohen symbolischen Wert für beide Kriegsparteien. Die dort auf russischer Seite kämpfenden Soldaten der Söldnertruppe Wagner konnten die Stadt inzwischen unter hohen Verlusten von drei Seiten belagern, aber die Nachschubwege der Ukrainer nicht völlig abschneiden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte angeordnet, alles dafür zu tun, um den Fall der Stadt zu verhindern. Kiew kündigt Pachtvertrag von Höhlenkloster Die ukrainische Regierung hat den Pachtvertrag mit den nach ihren Angaben prorussischen Mönchen im berühmten Kiewer Höhlenkloster gekündigt. Es solle aber keine Zwangsräumung des Klosters geben, sagte heute der Sekretär des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrats, Oleksij Danilow. Der Vertrag, der den Mönchen die kostenlose Nutzung eines Teils des Klosters Lawra Petschersk erlaubte, sei zum 29. März gekündigt worden. Alles weitere werde "im Einklang mit dem Gesetz ablaufen". Der Räumungsprozess könne Wochen dauern. Die Vertreter der "Moskauer Kirche" würden dennoch irgendwann gehen müssen, betonte er. Das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Kloster in der ukrainischen Hauptstadt war bis vor kurzem Sitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche. Diese hing lange Zeit vom Moskauer Patriarchat ab, bis sie sich im Mai vergangenen Jahres aufgrund des russischen Angriffskriegs offiziell lossagte. Die ukrainischen Behörden werfen ihr allerdings vor, weiterhin prorussisch zu sein. Seit Dezember unterstehen das berühmte Kloster und seine Kathedrale der unabhängigen Orthodoxen Kirche. Dänemark birgt Objekt bei Nord-Steam-Leitung Ein in der Nähe der Gas-Pipeline Nord Stream 2 entdeckter Gegenstand ist vom Grund der Ostsee geborgen worden. Wie die dänische Energiebehörde unter Berufung auf das Militär mitteilte, wurde die Bergung des Objektes in 73 Metern Tiefe am Dienstag abgeschlossen. Ein Vertreter der Eigentümergesellschaft, der Nord Stream 2 AG, sei dabei gewesen. Untersuchungen deuteten darauf hin, dass es sich um eine leere Rauchboje handele, die der optischen Markierung diene. Ein Sicherheitsrisiko stelle das rund 40 Zentimeter hohe und zylinderförmige Objekt nicht dar. Ende September 2022 waren als Folge von Explosionen nahe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm insgesamt vier Lecks an den beiden Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 entdeckt worden. Die Behörden gehen von Sabotage aus. Wer dafür verantwortlich ist, ist unklar. AKW Saporischschja: Grossi warnt vor "Katastrophe" IAEA-Chef Rafael Grossi hat bei seinem Besuch des Atomkraftwerks Saporischschja vor einer "Katastrophe" in der russisch besetzten Anlage im Süden der Ukraine gewarnt. Es gebe "eine Zunahme militärischer Aktivitäten" rings um das AKW, sagte er. Er wolle sich um einen Kompromiss zwischen Moskau und Kiew zur Sicherung der Anlage bemühen. Wagner-Chef: Entscheidende ukrainische Verluste bei Bachmut Bei der Verteidigung der Stadt Bachmut haben die ukrainischen Truppen nach Ansicht des Chefs der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, entscheidende Verluste erlitten. "Die Schlacht um Bachmut hat heute praktisch schon die ukrainische Armee vernichtet", behauptete Prigoschin. Der Kampf um Bachmut sei die wichtigste Schlacht in der Ukraine und der "Sieg" der Wagner-Truppe dort "die größte Wendung dieses Kriegs und der modernen Geschichte überhaupt", prahlte er im Nachrichtenkanal Telegram. Von einem Sieg allerdings kann noch keine Seite sprechen. Um die Stadt im Osten der Ukraine wird seit einem halben Jahr intensiv gekämpft. Bachmut, das vor dem Krieg etwa 70.000 Einwohner zählte, ist größtenteils zerstört worden. Laut einem Bericht des in Washington ansässigen Instituts für Kriegsstudien (ISW) von Dienstag kontrollieren russische Kräfte aktuell knapp 65 Prozent des Gebiets der Stadt. Nach Angaben aus Kiew ist es bei den Kämpfen um Bachmut den ukrainischen Truppen gelungen, die russischen Angreifer zu zermürben. Moldau hofft auf Signale für EU-Beitritt bis Jahresende Die Republik Moldau hofft bis Jahresende auf konkrete Signale zur Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Europäischen Union. In Kriegszeiten müssten Prozesse beschleunigt werden, sagte Außenminister Nico Popescu in einem veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Das Vorgehen zu Friedenszeiten muss neu bewertet werden, weil wir nicht in Friedenszeiten leben", sagte Popescu mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. "Wir können nicht mehr dieselbe Geschwindigkeit und die gleichen Prozeduren anwenden", fügte er mit Blick auf einen EU-Beitritt hinzu. Die EU-Staaten hatten der Ukraine und Moldau unter dem Eindruck des russischen Angriffs im Juni vergangenen Jahres den Status eines Beitrittskandidaten verliehen. Der Kandidatenstatus sagt aber nichts über die Länge der Beitrittsverhandlungen und deren Abschluss aus. Putin räumt erstmals mögliche "negative" Folgen von Sanktionen ein Russlands Präsident Wladimir Putin hat erstmals öffentlich eingeräumt, dass die erlassenen Sanktionen "negative" Folgen für das Land haben könnten. "Die gegen die russische Wirtschaft verhängten Sanktionen könnten sich mittelfristig wirklich negativ auf sie auswirken", warnte der Staatschef bei einer im Fernsehen übertragenen Sitzung der Regierung. Der Präsident sagte auch, dass die Arbeitslosigkeit in Russland "auf einem historischen Tiefstand" bleibe, während die Inflation bis Ende März "unter vier Prozent" sinken dürfte. Sie war im vergangenen Frühjahr stark auf fast 20 Prozent angestiegen. Putin fügte aber hinzu, dass "die Rückkehr zu einem Wachstumspfad uns nicht entspannt fühlen lassen sollte". "Wir müssen die positiven Entwicklungen in unserer Wirtschaft unterstützen und stärken, ihre Effizienz steigern, technologische, personelle und finanzielle Souveränität sicherstellen", sagte er. Estland: 3000 Verstöße gegen Sanktionen seit Kriegsbeginn Estlands Steuer- und Zollbehörde hat seit Beginn des russischen Angriffskrieges etwa 3000 Fälle festgestellt, bei denen die gegen Russland verhängten Sanktionen umgangen werden sollten. Die Verstöße seien sowohl von Privatpersonen als auch Unternehmen aus Estland und anderen EU-Ländern begangen worden, sagte die Leiterin der Zollabteilung, Külli Kurvits, dem estnischen Rundfunk. Festgestellt worden seien sie demnach bei der Inspektion von gut 53.000 Warenlieferungen, die seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 in dem baltischen EU- und Nato-Land kontrolliert wurden. Estland grenzt im Osten an Russland. Privatpersonen verstoßen nach Angaben von Kurvits vor allem gegen das Ausfuhrverbot für Bargeld und Luxusgüter nach Russland, während Unternehmen häufig das Exportverbot für Maschinen und mechanische Geräte umgehen wollen. Insgesamt zeige sich dabei eine Zunahme an Umgehungsversuchen: Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres seien etwa 1500 Verstöße festgestellt wurden - und damit genauso viele wie im Zeitraum Februar bis Ende 2022. Bundestag will Kriegsverbrechen in Butscha ahnden Ein Jahr nach dem Massaker im Kiewer Vorort Butscha hat sich der Bundestag parteiübergreifend dafür stark gemacht, die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen. "Es geht heute und künftig vor allem um eins: Gerechtigkeit für die Opfer und Überlebenden", sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), in einer Aktuellen Stunde. Die größte Schwächung des internationalen Völkerstrafrechts sei es, wenn Kriegsverbrechen ungesühnt blieben. Nach dem Abzug russischer Truppen aus Butscha wurden dort im Frühjahr 2022 Hunderte tote Zivilisten gefunden - teils mitten auf der Straße, mit Folterspuren und auf dem Rücken gefesselten Händen. Polen will die Produktion von Artillerie-Munition ankurbeln Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine will Polen die Herstellung von Munition für die Artillerie fördern. Für entsprechende Investitionen heimischer und ausländischer Produzenten werde seine Regierung im Rahmen eines nationalen Munitionsprogramms umgerechnet etwa 427 Millionen Euro bereitstellen, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in Warschau. Zudem werde die Regierung 800.000 Artilleriegeschosse ordern, allein dieser Auftrag habe einen Umfang umgerechnet 2,6 Milliarden Euro. Morawiecki sagte weiter, die vergangenen Monate der Kämpfe in der Ukraine hätten Polen und seinen westlichen Verbündeten vor Augen geführt, wieviel Munition die Artillerie verbrauche. Dieser Verbrauch liege weit über den derzeitigen Produktionskapazitäten Frankreichs, Deutschlands und anderer EU-Staaten. "Wenn heute jemand in Polen oder Europa Munition vom Kaliber 155 Millimeter oder 120 Millimeter produzieren könnte, würde er es verkaufen können wie geschnitten Brot", sagte Polens Regierungschef. Das nationale Munitionsprogramm solle innerhalb der kommenden ein bis zwei Jahre umgesetzt werden. Haushaltsausschuss gibt zwölf Milliarden Euro für Waffenhilfe frei Deutschland kann seine Waffenhilfe für die Ukraine massiv aufstocken: Der Haushaltsausschuss des Bundestags billigte Finanzmittel in Höhe von zwölf Milliarden Euro bis zum Jahr 2032, wie aus dem Ausschuss gegenüber der Nachrichtenagentur AFP verlautete. Verwendet werden soll das Geld für direkte Waffenlieferungen an die Ukraine sowie für Wiederbeschaffungen für die Bundeswehr, deren Bestände durch Lieferungen an die Ukraine dezimiert sind. Für das laufende Jahr genehmigte der Ausschuss dafür 3,24 Milliarden Euro an so genannten überplanmäßigen Ausgaben, die noch nicht im bisherigen Haushaltsplan enthalten sind. Für die Folgejahre bis 2032 gab der Ausschuss insgesamt 8,82 Milliarden Euro frei. Insgesamt waren bislang seit Kriegsbeginn rund drei Milliarden Euro für deutsche Waffenhilfen an die Ukraine freigegeben worden. Mit dem neuen Beschluss erhöht sich diese Summe auf 15 Milliarden Euro. Spanien liefert nach Ostern sechs "Leopard"-Panzer an die Ukraine Spanien wird der Ukraine nach Ostern die sechs versprochenen "Leopard"-Panzer liefern. "Diese sechs Kampfpanzer (...) werden nach der Osterwoche in die Ukraine geliefert", sagte die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles im Abgeordnetenhaus. Die spanische Armee teste die Panzer, bevor sie in der Woche ab dem 10. April geliefert würden. Spanien hatte die geplante Lieferung im Februar verkündet. Die Panzer vom Typ 2A4 waren auf einem Stützpunkt im Norden Spaniens eingelagert und seit einigen Jahren nicht mehr benutzt worden. Deshalb hatten sie repariert werden müssen. Polen will ukrainische Getreideimporte begrenzen Polen will die Einfuhr ukrainischen Getreides deutlich verringern. "Wir fordern den Einsatz aller ordnungspolitischen Instrumente - Quoten, Zölle -, die die Einfuhr ukrainischen Getreides nach Polen begrenzen oder blockieren", sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki an die Adresse der Europäischen Union gerichtet. Die Importe aus der Ukraine würden den polnischen Getreide-Markt destabilisieren. Eigentlich fördert der Westen gerade im Zuge der russischen Invasion ukrainische Getreide-Exporte, die zu den wichtigen Einnahmequellen des Landes gehören. Die Ukraine ist einer der weltweit größten Getreide-Exporteure. Erst vor rund zehn Tagen hatten Russland und die Ukraine das von den Vereinten Nationen und der Türkei vermittelte Getreide-Abkommen verlängert. Es sieht vor, dass die Ukraine trotz des Krieges durch Korridore im teilweise von der russischen Flotte kontrollierten Schwarzen Meer Getreide verschiffen kann. Große Mengen des Agrar-Produktes kann die Ukraine nur über den Seeweg exportieren. Die Ausfuhr-Möglichkeiten per Lkw oder Bahn sind begrenzt. Hacker-Angriff auf Ukraine-Plattform abgewehrt Mit einem längeren Angriff haben Hacker versucht, die neue Plattform des Entwicklungsministeriums für eine Beteiligung am Wiederaufbau in der Ukraine lahmzulegen. Der Angriff habe wenige Stunden nach Bekanntmachung der neuen Webseite am Montag um 14.53 Uhr begonnen, sagte ein Sprecher des Ministeriums der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. "Der Angriff dauerte mehrere Stunden und es wurden verschiedene Angriffsvarianten gefahren. Der Angriff konnte erfolgreich abgewehrt werden", sagte er. Möglicherweise waren demnach mehrere Angreiferparteien und ihre Botnets involviert. Die Plattform, zu der eine zentrale Internetseite gehört, soll Anlaufstelle für alle sein, die sich beim Wiederaufbau einbringen wollen und Hilfsorganisationen, Unternehmen und Initiativen vernetzen. Russland rechnet mit "langer Zeit" eines "hybriden Krieges" Russland stellt sich eigenen Worten zufolge auf eine lang andauernde Konfrontation mit dem Westen ein. "Wenn wir über den Krieg in einem weiten Sinne sprechen: Die Konfrontation mit dem Westen, hybrider Krieg... das wird noch eine lange Zeit weitergehen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Gleichzeitig betonte Peskow, die russische Bevölkerung stehe voll hinter Präsident Wladimir Putin und dessen politischen Zielen. "Wir sehen eine absolut vorherrschende Überzeugung in unserer Gesellschaft, dass alle Ziele der militärischen Spezialoperation erreicht werden sollten und es auch werden." In Russland wird der Angriffskrieg gegen die Ukraine als "Spezialoperation" betitelt. Kreml informiert USA wohl nicht mehr über Atomaktivitäten Der Aussage des stellvertretenden russischen Außenministers Sergej Ryabkow zufolge hat Russland den Informationsaustausch mit den USA in Bezug auf Atomaktivitäten gestoppt. Dabei gehe es um jedwede Form von Informationen aus diesem Bereich, dazu gehörten auch Atomtests, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters den Minister. IAEA-Chef Grossi: "Situation im AKW Saporischschja weiter angespannt" Bei der Inspektion des von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerks Saporischschja in der Ukraine warnte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, die Lage habe sich nicht verbessert. Die Gefechte im Gebiet nahe des AKW hätten noch zugenommen, zitierten russische Medien den Behördenchef. Grossi mahnte, es müssten "alle erdenklichen Schritte" unternommen werden, um das Kraftwerk vor möglichen Angriffen zu schützen. Gleichzeitig drängte er erneut darauf, rund um das AKW eine Sicherheitszone einzurichten. Selenskyj-Einladung an Xi - Kreml äußert sich zurückhaltend Nach Berichten der Nachrichtenagentur AP, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe Chinas Staatschef Xi Jinping eingeladen, in die Ukraine zu reisen, reagierte der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow zurückhaltend. Der Kreml könne sich nicht herausnehmen, Xi bei dieser Entscheidung zu beraten. "Wir kennen die ausgewogene Position Chinas, wir schätzen sie hoch ein und wir glauben, dass der chinesische Staatschef seine eigenen Entscheidungen über die Zweckmäßigkeit bestimmter Kontakte trifft", so Peskow. Sportausschuss im Bundestag will Erklärung gegen IOC-Entscheidung auf den Weg bringen Informationen von Moritz Rödle aus dem ARD-Hauptstadtstudio zufolge soll im Sportausschuss des Bundestages noch heute eine Erklärung verabschiedet werden, in welcher das Gremium den Kurswechsel des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) deutlich ablehnt. Das IOC hatte dafür votiert, Sportlerinnen und Sportler aus Russland und Belarus wieder die Teilnahme an Wettkämpfen unter Auflagen zu ermöglichen. Die Teilnahme von Athletinnen und Athleten unter neutraler Flagge sei jedoch der "falsche Weg", heißt es in einem Entwurf der Erklärung. Sportlerinnen und Sportler seien in den beiden Ländern "Teil des staatlichen Systems" und würden "oftmals für Propagandazwecke eingespannt". Der Sportausschuss im Bundestag will heute eine Erklärung mit Stimmen der Ampel und der Union beschließen. Die Entscheidung des @iocmedia russischen Sportlerinnen und Sportlern den Weg zurück in den Weltsport zu ermöglichen wird darin hart kritisiert. https://t.co/SHpJscA85n Schwedisches Außenministerium bestellt russischen Botschafter ein Der schwedische Außenminister Tobias Billström hatte es bereits angekündigt - nun wurde der russische Botschafter in dem Land ins Außenministerium einbestellt. Anlass ist ein Statement auf der Website der russischen Botschaft: Im Falle eines NATO-Beitritts werde Schweden ein "legitimen Ziel für Vergeltungsmaßnahmen Russlands". Billström hatte die Äußerung als "offensichtlichen Versuch der Einflussnahme" durch Russland kritisiert. Litauen kritisiert IOC-Entscheidung Der Entschluss des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus unter Auflagen wieder für Wettkämpfe zuzulassen, stößt bei der in Litauen für den Bereich Sport zuständigen Bildungsministerin Jurgita Siugzdiniene auf Kritik. Sie sprach von einer "großen Enttäuschung" und zeigte sich überzeugt, dass kein internationaler Verband russische oder belarussische Sportlerinnen und Sportler Zulassen sollte. US-Institut sieht Geländegewinne für Russland in Bachmut Nach Einschätzung des in Washington ansässigen Institutes für Kriegsstudien konnten russische Truppen innerhalb von einer Woche in der Stadt Bachmut weiter vorrücken. Demnach könnte Russland mittlerweile etwa 65 Prozent des Stadtgebiets kontrollieren. Zuletzt hatten russische Medien berichtet, dass die Kämpfer der Wagner-Gruppe einen Industriekomplex im Norden der Stadt einnehmen konnten. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Der Anführer der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, räumte in einer Audiobotschaft schwere Verluste auf beiden Seiten ein: Im Kampf um Bachmut sei die dort stationierte ukrainische Armee "praktisch zerstört" worden, doch auch in den Reihen der Wagner-Truppe habe es "leider schweren Schaden" gegeben. IAEA-Chef Grossi am AKW Saporischschja eingetroffen Der Chef der UN-Atomaufsicht IAEA, Rafael Grossi, ist bei dem umkämpften Kernkraftwerk Saporischschja im Südosten der Ukraine eingetroffen. Grossi wolle sich vor Ort einen Überblick über die Lage verschaffen, teilte ein IAEA-Sprecher mit. Die Anlage ist von russischen Truppen besetzt. Wiederholt geriet sie unter Beschuss, was Sorgen schürte, dass es zu einer Atomkatastrophe kommen könnte. Moskau und Kiew haben sich wiederholt gegenseitig die Schuld für die Angriffe gegeben. Die IAEA ist seit dem vergangenen Jahr mit eigenen Beobachtern vor Ort. Ukraine will weiter Wettkampf-Ausschluss von russischen Sportlern Die Ukraine will weiter eine Teilnahme russischer und belarussischer Sportler an internationalen Wettkämpfen verhindern. "Wir werden gemeinsame Anstrengungen unternehmen, damit kein Z-Patriot in die internationalen Sportarenen gelangt", schrieb der Sportminister und Chef des Nationalen Olympischen Komitees, Wadym Hutzajt, in der Nacht zum Mittwoch bei Facebook. Der Buchstabe Z steht als offizielles russisches Symbol für den Krieg Moskaus gegen die Ukraine. Es werde auch weiter daran gearbeitet, dass kein internationaler Verband russische oder belarussische Sportler zulasse, sagte Hutzajt. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte sich gestern dafür ausgesprochen, Sportler aus beiden Ländern unter bestimmten Voraussetzungen unter neutraler Flagge wieder starten zu lassen. Gazprom: Gaslieferungen nach China bald auf Maximalstand Der russische Energiekonzern Gazprom steigert seine Gaslieferungen nach China und erwartet, die geplante Höchstmenge durch eine sibirische Pipeline bald zu erreichen. Wie der Gazprom-Aufsichtsratsvorsitzende Wiktor Subkow am Mittwoch weiter sagte, verhandelt das Unternehmen mit China über ein mögliches weiteres Versorgungsprojekt durch die benachbarte Mongolei. Gazprom sei offen, auch andere asiatische Märkte zu bedienen, erklärte Subkow bei einem von der Regierung organisierten Wirtschaftsforum im südchinesischen Boao. China ist angesichts der wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vom Westen verhängten Sanktionen für Russland zum wichtigsten Exportmarkt geworden. Ratifizierung von Schwedens NATO-Beitritt: Ungarn zögert weiter Ungarn zögert bei der Ratifizierung von Schwedens Nato-Beitritt nach eigenen Angaben wegen Beschwerden gegen die Kritik der Regierung in Stockholm an der Politik von Ministerpräsidenten Viktor Orban. Eine Brücke zu schlagen, werde Anstrengungen auf beiden Seiten erfordern, sagte Regierungssprecher Zoltan Kovacs. Schweden und Finnland haben vergangenes Jahr nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine darum gebeten, dem Militärbündnis beizutreten. Der Prozess wurde allerdings von Ungarn und der Türkei aufgehalten. Nach monatelangem Hin und Her von Orbans national-konservativer Fidesz-Partei hat das Parlament am Montag einem Gesetzentwurf zugestimmt, der Finnland den Nato-Beitritt ermöglichen soll. Das Gesetz bezüglich Schweden liegt dagegen auf Eis. "Im Falle Schwedens gibt es eine Menge Beschwerden, die angegangen werden müssen, bevor die Aufnahme des Landes ratifiziert wird", erklärt Kovacs in seinem Blog. Er verweist auf Vorwürfe Schwedens, dass Orbans Regierung in den vergangenen 13 Jahren die Rechtsstaatlichkeit untergraben habe. Orban bestreitet diese Vorwürfe und spricht von einer "feindliche Haltung" Schwedens gegenüber Ungarn. Ukrainischer Verteidigungsminister lobt Schützenpanzer "Marder" Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat in einem Video die Schützenpanzer "Marder" aus Deutschland gelobt. "Der Marder ist ein hervorragendes Beispiel für deutsche Qualität", schrieb der 56-Jährige beim Kurznachrichtendienst Twitter. Die Waffe werde die ukrainischen Chancen auf einen Sieg über Russland erhöhen, hieß es in dem beigefügten Video. Dort zeigte der Minister, wie er in einem der jüngst von Berlin gelieferten Schützenpanzer mehrere Runden auf einem schlammigen Übungsplatz dreht. "Ich freue mich darauf, bald Leoparden zu zähmen. Ich liebe es, wie sie brüllen!", fügte Resnikow hinzu und lud die deutsche Botschafterin Anka Feldhusen zu einer Probefahrt ein. Resnikow hatte aus Polen gelieferte "Leopard-2"-Panzer bereits nach ihrem Eintreffen in der Ukraine im Februar getestet. Am Montag wurde dann auch die vollzogene Lieferung von 18 "Leopard 2" aus Deutschland an die Ukraine bestätigt. Marder is an excellent example of German quality. I've tried it myself.Look forward to taming Leopards soon. I love the way they roar!Would be happy if @AnkaFeldhusen can join me. Let’s do it together!Thank you to @Bundeskanzler, Boris Pistorius & the 🇩🇪 people! 🇺🇦🤝🇩🇪 https://t.co/uTE8hwewpV Nach Drohung: Schweden will russischen Botschafter einbestellen Schweden will den russischen Botschafter des Landes einbestellen. Damit solle der "offensichtliche Versuch der Einflussnahme klar angeprangert" werden, teilte Außenminister Tobias Billström der Nachrichtenagentur AFP mit. Der russische Botschafter Viktor Tatarintsev hatte zuvor gewarnt, dass Schweden und Finnland nach einem NATO-Beitritt zu "legitimen Zielen" russischer "Vergeltungsmaßnahmen" auch militärischer Art würden. Zwölf Milliarden Euro Waffenhilfen für die Ukraine Der Haushaltsausschuss des Bundestags befasst sich heute mit einer massiven Aufstockung der Waffenhilfe für die Ukraine. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios sollen zwölf Milliarden Euro freigegeben werden. Spanien liefert Ukraine "Leopard"-Panzer Spanien wird der Ukraine laut Medienberichten nach Ostern sechs "Leopard"-Panzer des älteren Typs 2A4 liefern. Das berichtete unter anderem die Zeitung "El País" unter Berufung auf die linke Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez. Die Instandsetzung der Fahrzeuge sei abgeschlossen. Die Panzer würden diese Woche in Córdoba im Süden Spaniens getestet, hieß es. Russland kritisiert begrenzte Wiederzulassung von Athleten Sportfunktionäre in Moskau haben die mögliche begrenzte Wiederzulassung eigener Athleten zu internationalen Wettkämpfen scharf kritisiert. Die verkündeten Parameter und Kriterien seien "absolut unzumutbar", teilte Russlands Nationales Olympisches Komitee mit. Immerhin sei die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ein "Eingeständnis des eigenen Fehlers", russische Sportler von den internationalen Wettbewerben völlig auszuschließen. Das IOC hatte sich dafür ausgesprochen, Sportler aus Russland und Belarus unter bestimmten Voraussetzungen unter neutraler Flagge wieder starten zu lassen. Angriff auf besetzte Stadt Melitopol Ukrainische Truppen haben russischen Medienberichten zufolge die russisch kontrollierte Stadt Melitopol im Süden der Ukraine unter Beschuss genommen. Dabei sei das Stromversorgungssystem beschädigt worden, in der Stadt und in einigen Dörfern sei der Strom ausgefallen. Auch ein Zugdepot sei zerstört worden. Opfer habe es nach ersten Informationen nicht gegeben. Der im Exil lebende Bürgermeister von Melitopol, Iwan Fedorow, teilt über Telegram mit, in der Stadt habe es mehrere Explosionen gegeben. Melitopol wird seit März vergangenen Jahres von russischen Truppen besetzt. Selenskyj lädt Xi ein Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Chinas Staatschef Xi Jinping zu einem Besuch in seinem Land eingeladen. "Wir sind bereit, ihn hier zu sehen", sagte er in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Russland nimmt Übungen mit "Yars"-Interkontinentalraketen auf Russland hat Militärmanöver mit dem Interkontinentalraketen-System "Yars" begonnen. Die Übungen mit dem mobilen System würden in drei russischen Regionen durchgeführt, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit, ohne die Regionen zu benennen. Zudem sollen die strategischen Raketenträger in Zusammenarbeit mit Formationen und Einheiten des Zentralen Militärbezirks und der Luftstreitkräfte eine Reihe von Maßnahmen zur Tarnung und Abwehr moderner Luftaufklärungsmittel durchführen. Es sind nur wenige taktische und technische Merkmale des neuen russischen Systems bekannt. Berichten zufolge haben die Flugkörper eine Reichweite von 12.000 Kilometern. Nach Angaben von Militärbloggern kann "Yars" mehrere unabhängig voneinander ansteuerbare nukleare Sprengköpfe tragen und auf einem Lastwagen montiert oder in Silos stationiert werden. Kiew fordert Ende illegaler Adoptionen ukrainischer Kinder durch Russen Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk hat an die russischen Bürger appelliert, keine Kinder aus der Ukraine zu adoptieren. "Ich empfehle russischen Bürgern dringend, keine ukrainischen Waisenkinder zu adoptieren, die illegal aus den vorübergehend besetzten Gebieten der Ukraine verschleppt wurden", sagt Wereschtschuk. "Ich erinnere noch einmal alle russischen so genannten 'Adoptiveltern' und 'Vormünder': Früher oder später werden Sie sich verantworten müssen." Nach Angaben des ukrainischen Ministeriums für die besetzten Gebiete gelten derzeit 19.514 ukrainische Kinder als illegal deportiert. Russland stellt die Übersiedlung Tausender ukrainischer Kinder nach Russland als humanitäre Kampagne zum Schutz von Waisen und in der Konfliktzone zurückgelassenen Kindern dar. Biden nennt Putins Aussagen zu Atomwaffen-Stationierung "gefährlich" US-Präsident Joe Biden hat die Aussagen von Kreml-Chef Wladimir Putin zur Stationierung russischer Atomwaffen in Belarus als "gefährlich" angeprangert. "Es ist besorgniserregend", sagte er. US-Regierungsvertreter machten aber deutlich, dass es bisher keine Hinweise gebe, dass Russland bereits Atomwaffen nach Belarus verlegt. "Sie haben es noch nicht getan", sagte Biden. Russische Botschaft: USA spielen Beteiligung an Nord-Stream-Explosion herunter Die russische Botschaft in den USA wirft der US-Regierung vor, belastende Informationen über eine angebliche Beteiligung an den Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines herunterzuspielen. Die Regierung in Washington tue "alles Mögliche", um eine "unparteiische Untersuchung" der Umstände der Explosionen zu verhindern, schrieb die Botschaft nach dem Scheitern Russlands, im UN-Sicherheitsrat eine Untersuchung des Vorfalls vom September durchzusetzen. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen | /newsticker/liveblog-ukraine-mittwoch-229.html |
2023-03-29 | Benzinpreis steigt vor Ostern | Diesel erneut günstiger | An den Zapfsäulen ist die Entwicklung vor den Osterferien uneinheitlich. Während der Benzinpreis steigt, wird Diesel etwas günstiger. Kurzfristig könnten die Spritpreise weiter hochgehen. Von Angela Göpfert. | An den Zapfsäulen ist die Entwicklung vor den Osterferien uneinheitlich. Während der Benzinpreis steigt, wird Diesel etwas günstiger. Kurzfristig könnten die Spritpreise weiter hochgehen. Der Preisunterschied zwischen Diesel und Super E10 hat sich weiter vergrößert. Dies zeigt die aktuelle ADAC-Auswertung der Kraftstoffpreise in Deutschland. Danach kostet ein Liter Super E10 im bundesweiten Mittel 1,769 Euro und damit 3,4 Cent mehr als in der Vorwoche. Diesel hat sich dagegen um 0,6 Cent verbilligt auf 1,689 Euro je Liter. Die Preisdifferenz zwischen Super E10 und Diesel beläuft sich somit mittlerweile auf acht Cent, das entspricht einer Verdopplung im Vergleich zur Vorwoche. Deutlich niedrigere Steuern auf Diesel Marktexperten sprechen mit Blick auf den wachsenden Preisunterschied zwischen Diesel und Super E10 von einer Normalisierung. Schließlich fallen auf Diesel deutlich niedrigere Steuern an. Während die Energiesteuer auf Benzin 65,45 Cent pro Liter beträgt, sind es bei Diesel nur 47,04 Cent pro Liter, also 18,41 Cent weniger. Das zeigt auch: Der Diesel-Preis hat prinzipiell noch Luft nach unten. Zumal auch die saisonalen Effekte mit dem Auslaufen Heizperiode tendenziell eher für sinkende Dieselpreise sprechen. In den vergangenen Monaten hatte die starke Nachfrage nach Heizöl auch den Dieselpreis mit nach oben gezogen. Diesel und Heizöl sind nämlich prinzipiell das gleiche Produkt, werden lediglich als Heizöl und Diesel unterschiedlich deklariert. "Driving Season" als Preistreiber Doch mit dem Ausbleiben einer Energiekrise in Europa und dem Auslaufen der Heizperiode sind die Preise für Heizöl stark gefallen; so werden im März für 100 Liter Heizöl erstmals seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges wieder weniger als 100 Euro fällig. Im vergangenen Herbst war der Heizölpreis noch auf ein Rekordhoch von über 170 Euro gestiegen. Fakt ist aber auch, dass ein anderer saisonaler Effekt in den kommenden Monaten eher für steigende Kraftstoffpreise spricht. Schließlich geht der Zeitraum vor Ostern und bis Pfingsten üblicherweise mit einem stark erhöhten Verkehrsaufkommen einher. Diese "Driving Season" spiegelt sich wiederum in steigenden Öl- und Spritpreisen wider. Pipeline-Probleme senken Rohöl-Angebot Auch mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen am Ölmarkt haben Diesel und Benzin noch Aufwärtspotenzial: Berichte über die Schließung einer Ölpipeline vom Irak in die Türkei, durch die pro Tag 450.000 Barrel (je 159 Liter) Rohöl fließen, stützen aktuell die Ölpreise. Ein Schiedsgericht hatte am Wochenende einer Klage der Zentralregierung in Bagdad stattgegeben. Diese hatte angegeben, dass die Öllieferungen der kurdischen Regionalregierung über diese Pipeline nicht mit ihr abgesprochen gewesen seien. "Allerdings dürften die Ausfälle nur temporär sein", betont Carsten Fritsch, Rohstoff-Experte der Commerzbank. So wollten Vertreter der kurdischen Regionalregierung nach Bagdad reisen, um eine Lösung zur Wiederaufnahme der Öllieferungen zu erreichen. Mittelfristig ist für die Öl- und damit die Spritpreise jedoch entscheidend, ob die Bankenprobleme in den USA dazu führen könnten, die weltgrößte Volkswirtschaft in eine Kreditklemme und dadurch in eine Rezession zu stürzen. Das würde die Nachfrage nach dem Rohstoff nämlich drastisch senken und so die Preise nachhaltig drücken. | /wirtschaft/verbraucher/benzin-diesel-spritpreise-heizoel-ostern-101.html |
2023-03-29 | Britisches Königspaar in Deutschland gelandet | Dreitägiger Staatsbesuch | Der britische König Charles III. und Königsgemahlin Camilla sind zum Staatsbesuch in Deutschland eingetroffen. In Berlin wurden sie von Bundespräsident Steinmeier offiziell mit militärischen Ehren empfangen.
mehr | Der britische König Charles III. und Königsgemahlin Camilla sind zum Staatsbesuch in Deutschland eingetroffen. In Berlin wurden sie von Bundespräsident Steinmeier offiziell mit militärischen Ehren empfangen. Der britische König Charles III. und seine Frau Camilla haben ihren dreitägigen Staatsbesuch in Deutschland begonnen. Das königliche Paar kam am frühen Nachmittag auf dem militärischen Teil des Flughafens Berlin-Brandenburg BER an. Dort wurde es mit 21 Salutschüssen, den Überflügen zweier Eurofighter und einem militärischen Ehrenspalier empfangen. Vertreterinnen und Vertreter des Bundespräsidialamts und des Auswärtigen Amts begrüßten den König und die Königsgemahlin und geleiteten sie zu einem gepanzerten Bentley der britischen Botschaft. Darin wurde das Paar als Teil einer langen Fahrzeugkolonne in die Berliner Innenstadt gefahren. Mit militärischen Ehren empfangen In Berlin wurden der König und seine Ehefrau offiziell von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit militärischen Ehren empfangen. Erstmals fand das traditionelle Ritual am Brandenburger Tor statt - der übliche Ort ist sonst am Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten. Die beiden Staatsoberhäupter hörten gemeinsam die Hymnen beider Länder und schritten an den Soldaten vorbei. Einige Hundert Schaulustige durften nach scharfen Sicherheitskontrollen auf den abgesperrten Pariser Platz. Viele jubelten, als Charles und seine Frau Camilla aus einer Limousine stiegen. Steinmeier wurde begleitet von seiner Frau Elke Büdenbender. Steinmeier: "Großartige persönliche Geste" Bei einem anschließenden Empfang im Schloss Bellevue würdigte Steinmeier den Besuch des Königs als Bestätigung der engen historischen Verbindungen zwischen Deutschland und Großbritannien. Dass die erste Auslandsreise von Charles als König nach Deutschland führe, sei "eine großartige persönliche Geste" und "zugleich ein wichtiges Zeichen für die deutsch-britischen Beziehungen". Bei dem Empfang ging es um das Thema Nachhaltigkeit. Steinmeier erinnerte an das jahrzehntelange Engagement des jetzigen Königs für den Umweltschutz. Dessen Teilnahme an der Veranstaltung sei daher auch eine Botschaft, dass Großbritannien und Deutschland gemeinsam "die dramatische Dringlichkeit im Kampf gegen den Klimawandel" sähen. Rede im Bundestag geplant Am Abend ist noch ein Staatsbankett zu Ehren des Monarchen geplant. Am Donnerstag begrüßen Berlins amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Bundeskanzler Olaf Scholz das königliche Paar. Als erster Monarch überhaupt hält Charles zudem eine Rede im Bundestag. Später treffen der König und Steinmeier Ministerpräsident Dietmar Woidke in Brandenburg, wo unter anderem der Besuch eines Biobetriebs auf dem Programm steht. Am Freitag fahren Charles und Camilla dann nach Hamburg, wo der Staatsbesuch am Abend endet. Steinmeier und seine Frau begleiten Charles und Camilla bis Freitag auf ihren Stationen. Der Besuch gilt auch als politisch bedeutsam: Es ist die erste Auslandsreise des neuen Königs noch vor seiner Krönung am 6. Mai. Drei Jahre nach dem Brexit soll die Visite die britische Verbundenheit mit Deutschland und Europa zeigen. | /inland/charles-camilla-deutschland-101.html |
2023-03-29 | Schuhhandelskette Reno meldet Insolvenz an | 1000 Mitarbeiter betroffen | Nur ein halbes Jahr nach dem Eigentümerwechsel hat das Osnabrücker Unternehmen Insolvenz angemeldet. Dabei ist Reno längst nicht der erste Schuhhändler, der in jüngster Zeit ins Straucheln geraten ist.
mehr | Nur ein halbes Jahr nach dem Eigentümerwechsel hat das Osnabrücker Unternehmen Insolvenz angemeldet. Dabei ist Reno längst nicht der erste Schuhhändler, der in jüngster Zeit ins Straucheln geraten ist. Die Osnabrücker Schuhhandelskette Reno ist nur sechs Monate nach dem Eigentümerwechsel insolvent. Am Amtsgericht Hameln wurde sowohl gegen den Mutterkonzern Reno Schuhcentrum GmbH als auch die Tochter Reno Schuh GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet, wie das Gericht heute bestätigte. Auch das Unternehmen selbst bestätigte dies über eine Medienagentur. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Immo Hamer von Valtier bestellt. Zuvor hatte die "Wirtschaftswoche" darüber berichtet. Reno, das zu den größten Schuhfachhändlern Deutschlands gehört, betreibt laut Unternehmensangaben derzeit rund 180 Filialen und beschäftigt insgesamt rund 1000 Mitarbeitende. Der eingereichte Insolvenzantrag betrifft demnach nur die deutschen Filialen - nicht die Schwester-Unternehmen in Österreich und der Schweiz. Sechs Monate nach neuem Eigentümer Die kriselnde Schuhhandelskette hatte erst vor einem halben Jahr einen neuen Eigentümer bekommen. Ende September hatte die HR Group den Schuhhändler an die cm.sports GmbH in Kooperation mit GA Europe verkauft. Bereits vor der Übernahme durch eine neuen Gesellschafter im Herbst 2022 sei eine Insolvenz nicht auszuschließen gewesen, hieß es in einer Mitteilung. Das Unternehmen befinde sich derzeit in Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter, um aus der Insolvenz heraus einen Neustart zu ermöglichen, sagte der für Finanzen zuständige Reno-Geschäftsführer, Dieter Metz. Versuche, das Unternehmen etwa durch Kosteneinsparungen wieder in die Gewinnzone zu bringen, seien nicht ausreichend erfolgreich gewesen. "Wir hatten eigentlich vor, mit etwas verkleinerter Mannschaft, einem guten Grundbestand an Filialen und neuem Sortiment durchzustarten", sagte Metz. In den vergangenen Monaten seien Umsätze allerdings hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Schuhhandel in der Krise Reno ist dabei kein Einzelfall. Große Teile des Schuhhandels stecken durch die Folgen der Corona-Pandemie und die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Preisexplosion in der Krise. Mehr als jedes zehnte Schuhgeschäft habe im vergangenen Jahr seine Türen für immer geschlossen, berichtete kürzlich der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Textil Schuhe Lederwaren (BTE), Rolf Pangels. Insgesamt verringerte sich die Zahl der Schuhgeschäfte nach Berechnungen des Verbands binnen Jahresfrist um 1500 oder 13 Prozent auf rund 10.000. Auch bekannte Namen haben zu kämpfen. So musste der Hamburger Schuhhändler Görtz schon im vergangenen September Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen. Das Unternehmen mit damals noch 160 Filialen in Deutschland und Österreich begründete den Schritt mit den Auswirkungen des Ukraine-Krieges, der hohen Inflation und den steigenden Energiepreisen, die zu "enormer Kaufzurückhaltung" in den Filialen und im Online-Geschäft geführt hätten. Inzwischen hat sich zwar ein neuer Investor gefunden, der die Zukunft von Görtz sichern soll. Doch dürfte sich die Zahl der Filialen im Zuge der Sanierungsmaßnahmen halbieren. | /wirtschaft/reno-schuhhaendler-insolvenz-osnabrueck-101.html |
2023-03-29 | "Der Stillstand ist endgültig beendet" | Regierungsbefragung | Mehr Tempo versprach Kanzler Scholz bei einer Befragung im Bundestag - und sparte nicht mit Eigenlob. Die jüngsten Beschlüsse der Ampel würden Jahrzehnte des Stillstands beenden. Der Opposition sind viele der Pläne zu vage.
mehr | Mehr Tempo versprach Kanzler Scholz bei einer Befragung im Bundestag - und sparte nicht mit Eigenlob. Die jüngsten Beschlüsse der Ampel würden Jahrzehnte des Stillstands beenden. Der Opposition sind viele der Pläne zu vage. Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine Regierungserklärung mit einem Versprechen begonnen: Es gehe künftig schneller voran in Deutschland. "Der Jahrzehnte lange Stillstand, den wir konservativer Politik zu verdanken haben, ist endgültig beendet." Durch die Ampelbeschlüsse, auf die sich die Parteispitzen in einem 30-stündigen Ausschuss geeinigt hatten, werde ermöglicht, dass Infrastrukturprojekte und Anlagen der Erneuerbaren Energien rasch gebaut werden könnten, sagte der SPD-Politiker im Bundestag. "Damit das alles gelingt, brauchen wir ein Deutschlandtempo." E-Ladesäule an jeder Tankstelle Darunter versteht Kanzler Scholz seinen Worten zufolge vor allem den Ausbau der Infrastruktur. Deutschland sei auf ein funktionierendes Verkehrsnetz angewiesen. Marode Brücken, Straßen und auch ausgewählte Autobahnen sollen deshalb schneller und unkomplizierter erneuert werden können. Tempo machen will der SPD-Politiker auch beim Ausbau von Solar- und Windanlagen sowie bei der Elektromobilität. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen 15 Millionen elektrische Fahrzeuge auf den deutschen Straßen unterwegs sein, versprach Scholz. Dafür möchte er den Ausbau der Infrastruktur von Ladesäulen voranbringen. An jeder Tankstelle werde es künftig die Möglichkeit geben, E-Autos aufzuladen. Mehr Menschen in Arbeit bringen Um wachsenden Wohlstand zu gewährleisten, "müssen wir all das mobilisieren, was in unserer Volkswirtschaft steckt." Mehr Menschen müssten in die Erwerbsarbeit gebracht werden. Junge Menschen sollten noch stärker qualifiziert werden und auch Eltern werde es künftig leichter gemacht, arbeiten zu gehen. Die Koalition habe zudem das modernste Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet, mit dem Deutschland "ganz vorne dabei sein kann" und das sich international sehen lassen könne. Kritik an der Reform des Klimaschutzgesetzes Vor allem die Union reagierte verhalten auf das Eigenlob des Kanzlers. Andreas Jung von der CDU kritisierte, dass Scholz das Klimaschutzgesetz nicht angesprochen habe. Verbindliche Jahresziele würden nun abgeschafft, so der klima- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Bis 2045 solle Deutschland CO2-neutral sein, erwiderte der Bundeskanzler. Um das zu erreichen, werde jedes Jahr geguckt, ob das jeweilige Ziel auch erreicht werden könne. Alle zwei Jahre werde geschaut, ob "wir nachsteuern müssen", so Scholz. Die Idee von linearen Fortschreibungen, wie sie bislang im Klimaschutzgesetz festgehalten worden waren, funktioniere nicht. Es werde Veränderungen und wellenartige Entwicklungen geben. Die Angebote müssten daran - auch mit Blick auf mögliche neue Technologien - angepasst werden. "Ich warne davor, den Bürokratismus weiter fortzusetzen", sagte der Kanzler. Es werde lebensnah alles gemacht, um die Klimaziele zu den jeweiligen Zeitpunkten zu erreichen. Mehrere Naturschutzverbände hatten sich nach dem Koalitionsausschuss alarmiert gezeigt. Sie kritisierten unter anderem die 144 beschleunigten Autobahnvorhaben und die Aufweichung von Sektorzielen. So kann die Überschreitung der Grenzwerte für Treibhausgase in einem Sektor durch die Unterschreitung der Werte eines anderen Sektors ausgeglichen werden. AfD kritisiert fehlende Klarheit bei Gasheizungen Scharf kritisierte die AfD die Pläne zum Tausch von Öl- und Gasheizungen. In der Erklärung zu den Ampelbeschlüssen finde sich dazu nur "eine halbe Seite mit Worthülsen". Die Menschen könnten sich nicht darauf einstellen, was komme. "Wir wissen genau, was wir tun wollen", entgegnete Bundeskanzler Scholz. Es gehe darum, möglichst flexible und individuelle Lösungen zu finden. In der Sachfrage habe sich die Ampel bereits geeinigt, weswegen im Koalitionsausschuss keine größeren Diskussionen nötig gewesen seien. Wenn sich Bürger bei der AfD meldeten, könne ihnen ausgerichtet werden: "Der Kanzler macht das ordentlich." Niemand werde alleingelassen. Gesetzentwurf zum Heizungsumbau im April Im April werde ein Gesetzentwurf zur Förderung des Heizungsumbaus in Wohnungen vorlegt. Man könne auch eine Gasheizung nutzen, wenn diese später mit Wasserstoff betrieben werden könne. Die Ampel hatte bereits angekündigt, dass der Entwurf auch soziale Förderungen beim Heizungsbau vorsehe. Konkrete Angaben, wie die Förderung und eine Ausnahme für bestimmte Menschen aussehen sollen, werde es allerdings erst in den nächsten Wochen geben, erklärte Bauministerin Klara Geywitz. "Es gibt einen großen Reformstau in Deutschland" Angegriffen wurde Kanzler Scholz auch für die fehlende Klarheit beim Thema Kindergrundsicherung. Auf 16 Seiten Ergebnisprotokoll tauche diese an keiner einzigen Stelle auf, bemängelte die CDU. "Es gibt einen großen Reformstau in Deutschland", sagte Scholz und betonte, dass die substanzielle Entscheidung bereits getroffen sei und verwies auch auf die bereits erfolgte Anhebung des Kindergelds und des Kinderzuschlags. "Wir wissen zum Beispiel von dem Kinderzuschlag, dass der nur zu knapp 30 Prozent genutzt wird - und das ist bitter, wenn man weiß, dass es um Familien geht, die wirklich arm sind, obwohl ein Elternteil oder beide Elternteile arbeiten", fügte der Kanzler hinzu. "Das wollen wir und das werden wir ändern." Die Grundsicherung solle deshalb möglichst unbürokratisch sein. Sozialverbände hatten zuvor kritisiert, dass die Ampelparteien nach ihrem Koalitionsausschuss keinerlei Aussagen zur Zukunft der Kindergrundsicherung getroffen haben. "Die 'Ampel' vertagt die Zukunft der Kinder auf den Sankt Nimmerleinstag", erklärte der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers. Die Einführung der Kindergrundsicherung, mit der bestehende familienpolitische Leistungen zusammengeführt und ausgebaut werden sollen, brauche einen längeren zeitlichen Vorlauf, mahnte er. | /inland/innenpolitik/regierungsbefragung-koalitionsbeschluesse-klima-verkehr-101.html |
2023-03-29 | Ukrainer kritisieren IOC-Empfehlung | Internationales Olympisches Komitee | Ukrainische Sportler und Politiker kritisieren die IOC-Empfehlung zur Teilnahme von Russland und Belarus an internationalen Wettkämpfen: Die Athleten sollten nur teilnehmen, wenn sie geflüchtet seien und sich von ihren Ländern losgesagt hätten. Von A. Beer. | Ukrainische Sportler und Politiker kritisieren die IOC-Empfehlung zur Teilnahme von Russland und Belarus an internationalen Wettkämpfen: Die Athleten sollten nur teilnehmen, wenn sie geflüchtet seien und sich von ihren Ländern losgesagt hätten. Sophia Naumova ist seit fünf Jahren Gewichtheberin und hat seitdem an mehreren wichtigen Wettkämpfen in der Ukraine teilgenommen. Für die 17-Jährige aus dem russisch besetzten ukrainischen Luhansk ist klar: Auch unter neutraler Flagge sollen keine Sportlerinnen und Sportler aus Russland und Belarus an den Olympischen Spielen teilnehmen. "Ich finde den Vorschlag nicht richtig. Warum sollten Länder, die mich und meine Familien und mein Land zerstören wollen, teilnehmen?" Medaillen geschmolzen oder weggeschossen Naumova trainiert in Kiew, und Jurij Kutschinow teilt ihre Ansichten. Der Nationaltrainer für Gewichtheben begann seine Karriere zu Sowjetzeiten und hat schon siebenmal an Olympischen Spielen teilgenommen, unter anderem in Atlanta. Athletinnen und Athleten aus Russland oder Belarus könnten aus seiner Sicht nur teilnehmen, wenn sie aus ihren Ländern geflüchtet wären und sich losgesagt hätten. "Wie könnte ich anders denken", meint er. Das Haus von Naumowa sei niedergebrannt, ihre Medaillen geschmolzen oder weggeschossen worden. "Es gibt so viele Athleten, die Häuser und Wohnungen verloren haben, und junge Trainerkollegen sind im Krieg getötet worden. Aleksej Kolokoltsew zum Beispiel hat mehrere Bronzemedaillen gewonnen und kämpft jetzt in Bachmut." Kritik auch vom Sportminister Auch der ukrainische Minister für Sport und Jugend, Vadym Hutsait, kritisiert den Vorstoß des IOC, russische und belarusische Sportlerinnen und Sportler wieder an internationalen Wettkämpfen unter neutraler Flagge teilnehmen zu lassen. Wenn auch nur unter bestimmten Bedingungen: Keine Teams, nur Einzelsportlerinnen und -sportler - und diese nur ohne Bezug zu russischem oder belarusischem Militär und Geheimdiensten. "Wir sind damit überhaupt nicht einverstanden", so Hutsait. "Wie könnten wir auch? Wir haben doch dafür gekämpft, dass sie nicht mehr in Sportarenen dabei sind. Aber unglücklicherweise hat das IOC eine neue Empfehlung gemacht, die wir alle verhindern wollten. Der Präsident der Ukraine, alle Sportföderationen und ich persönlich haben uns dafür stark gemacht, dass sie nicht zurückkehren sollen." Über mögliche nächste Schritte der Ukraine sagte der Sportminister kurz nach der IOC-Empfehlung, es sei noch zu früh, das zu sagen, man werde es besprechen und reagieren. Klitschko: "Empfehlung ist Unsinn" Hutsait ist auch Präsident des ukrainischen nationalen olympischen Komitees. Fußballprofi Roman Sosulja kritisierte dessen Haltung als zu passiv. Der Vorschlag des IOC habe sich abgezeichnet, und es sei lange klar gewesen, dass er kommen würde. Dass die Entscheidung noch nicht endgültig gefallen sei, sei kein Erfolg, schrieb er auf Facebook. Auch der mehrfache ukrainische Boxweltmeister im Schwergewicht, Wolodymyr Klitschko, äußerte auf Twitter seinen Unmut. Klitschko warf IOC-Präsident Thomas Bach vor, den "Interessen Russlands" zu dienen. Die Empfehlung beschmutze den olympischen Geist und sei ähnlich wie dieser Krieg einfach Unsinn. Viele Athleten bereits im Krieg getötet Kuchinow erinnerte zudem daran, dass der russische Angriffskrieg es der Ukraine schwer mache, an internationalen Wettkämpfen teilzunehmen, da viele getötet worden seien. Es gibt junge Athleten, die bei russischen Luftangriffen ums Leben gekommen sind. Unsere Trainer sind getötet worden, und es gibt Athleten, die sich freiwillig zur Armee gemeldet haben. Wir wissen im Moment nicht einmal genau, wie viele Athleten und Trainer aus allen Disziplinen im Krieg getötet wurden. Gewichtheberin Naumova träumt unterdessen von großen Wettkämpfen wie Olympia. Sie sei schon besser geworden, sagt sie. "Vielleicht, wenn ich mich richtig anstrenge. Ich kann es versuchen, weil ich die Möglichkeiten habe zu trainieren. Es dauert wohl noch, aber ich mache Fortschritte." | /ausland/ukraine-ioc-kritik-101.html |
2023-03-29 | Weniger Hürden für ausländische Fachkräfte | Gesetzentwurf im Kabinett | Das Kabinett hat vereinfachte Regeln für die Einwanderung von Fachkräften gebilligt. Dazu soll auch eine "Chancenkarte" eingeführt werden, die auf einem Punktesystem basiert. Kriterien sind etwa Berufserfahrung und Sprachkenntnisse.
mehr | Das Kabinett hat vereinfachte Regeln für die Einwanderung von Fachkräften gebilligt. Dazu soll auch eine "Chancenkarte" eingeführt werden, die auf einem Punktesystem basiert. Kriterien sind etwa Berufserfahrung und Sprachkenntnisse. Die Bundesregierung will angesichts des Arbeitskräftemangels mit einfacheren Regeln und neuen Angeboten mehr Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen. Das Bundeskabinett brachte einen Gesetzentwurf von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf den Weg, der auch die Zuwanderung nach einem Punktesystem ermöglicht. Die Hürden für Akademiker werden gesenkt und die Arbeitsmöglichkeiten für Fachkräfte mit und ohne in Deutschland anerkannten Berufsabschlüssen erweitert. Künftig soll es Ausländerinnen und Ausländern auch aus Nicht-EU-Ländern ermöglicht werden, mit einer "Chancenkarte" auf der Basis eines Punktesystems zur Arbeitssuche nach Deutschland zu kommen. Zu den Kriterien, die bei der Errechnung der Punktzahl berücksichtigt werden, zählen Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug. Die "Chancenkarte" bietet zudem Möglichkeiten zu Probearbeit oder Nebenbeschäftigung. Ausländische Fachkräfte mit Berufsabschluss und -erfahrung können künftig kommen, ohne dass sie vorher ihren Abschluss von Deutschland anerkennen lassen müssen. Das können sie nachholen. Anerkannte Fachkräfte sollen jede qualifizierte Beschäftigung ausüben und die Branche wechseln können. Auch die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildungsplatzsuche werden deutlich abgesenkt. Heil: Potenzial in Deutschland stärker nutzen Der Entwurf ist eine Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, das seit drei Jahren gilt. Innenministerin Faeser erklärte dazu, "wir wollen, dass Fachkräfte schnell nach Deutschland kommen und durchstarten können". Dazu sollten bürokratische Hürden beseitigt werden. Menschen mit Berufserfahrung oder persönlichem Potenzial erhielten die Chance, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Bundesarbeitsminister Heil sagte, auch das Potenzial in Deutschland solle stärker genutzt werden. Es sollten mehr Frauen und ältere Arbeitnehmer die Chance erhalten, erwerbstätig zu sein. Zugleich seien Arbeitskräfte aus dem Ausland notwendig. Ziel des Gesetzes sei es, jährlich rund 125.000 Arbeitskräfte aus Drittländern zu gewinnen. Faeser und Heil bekräftigten, dass dazu auch eine gute Willkommenskultur notwendig sei. Nach Expertenmeinung ist eine Einwanderung von jährlich 400.000 Arbeitskräften notwendig, um den derzeitigen Wohlstand zu halten. Heil erklärte, dass vor der Corona-Krise rund 315.000 Arbeitskräfte im Jahr eingewandert seien. Wirtschaft pocht auf Nachbesserungen Im Vorfeld hatten auch Vertreter aus der Wirtschaft Nachbesserungen am Gesetz gefordert. "Wir werden keinen Erfolg haben, wenn wir die Vermittlung einzig und allein der Bundesagentur für Arbeit überlassen", sagte Karl Haeusgen, Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), dem Nachrichtenportal "The Pioneer". "Wir fordern, dass auch die Zeitarbeit Fachkräfte aus Drittstaaten anwerben kann." Das Handwerk pochte insbesondere auf eine radikale Vereinfachung der Verwaltungsverfahren. Der Präsident des Zentralverbands ZDH, Jörg Dittrich, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Das beste Gesetz nützt nichts ohne einen guten Vollzug. Damit die von der Bundesregierung beschlossene Reform der Erwerbsmigration in der Praxis greift, muss das Zuwanderungsrecht entbürokratisiert und die Verwaltungsverfahren (müssen) deutlich beschleunigt werden." Staatsangehörigkeitsrecht noch in Abstimmung Bei der geplanten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die Bundesinnenministerin Faeser gerne zusammen mit dem Gesetzentwurf zur Fachkräfteeinwanderung ins Kabinett gebracht hätte, gibt es noch Abstimmungsbedarf mit der FDP. Die Liberalen sind zwar nicht dagegen, die doppelte Staatsbürgerschaft auch für Nicht-EU-Bürger grundsätzlich zu ermöglichen. Die Verkürzung der Mindestaufenthaltszeit im Regelfall von acht Jahren auf fünf Jahre findet ebenfalls ihre Zustimmung. Bei den sonstigen Voraussetzungen für die Einbürgerung - Sprache und Sicherung des eigenen Lebensunterhalts - wollen die Liberalen jedoch keine Abstriche machen und weniger Ausnahmen zulassen. | /inland/fachkraefte-einwanderung-kabinett-103.html |
2023-03-29 | Die Stimmung bleibt gedämpft | Konsumklima | Corona, Krieg, Inflation, Bankenbeben: Insgesamt hält sich die Wirtschaft trotz mehrfacher Krisen recht gut, wenngleich sie Spuren hinterlassen. Wie stark beeindruckt das die Konsumenten? Von Heidi Radvilas. | Corona, Krieg, Inflation, Bankenbeben: Insgesamt hält sich die Wirtschaft trotz mehrfacher Krisen recht gut, wenngleich sie Spuren hinterlassen. Wie stark beeindruckt das die Konsumenten? Durchwachsen: So könnte man die Ergebnisse des aktuellen GfK-Konsumklima-Index zusammenfassen. Ja, die Konsumlaune steigt, zum sechsten Mal in Folge. Aber längst nicht so deutlich wie in den Vormonaten. Und die Stimmung der Konsumenten sei nach wie vor auf einem historischen Tief, sagt Rolf Bürkl von der Gesellschaft für Konsumforschung, GfK: "Wir sehen im Moment ein Niveau, das wir, wenn wir bis 1980 zurückgehen, noch nicht gesehen haben. Es ist ein Novum, dass die Stimmung trotz stabiler Beschäftigungslage und relativ niedriger Arbeitslosigkeit doch so gedrückt ist." Die vielen Krisen der vergangenen Monate und Jahre verderben die Stimmung: die Corona-Pandemie mit Lockdowns, die nach wie vor ungewöhnlich hohe Inflation, der Krieg in der Ukraine. "Das erzeugt eine Krisenstimmung. Es ist für jeden Manager und jeden privaten Haushalt eine Situation, in der man neu nachdenken muss", konstatiert Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank. Erkennbar ist die schlechte Stimmung auch daran, dass die Anschaffungsneigung laut GfK auf niedrigem Niveau stagniert. Es herrsche trotz guter Beschäftigungslage große Unsicherheit. Gerade auf größere Anschaffungen verzichteten viele. Hoffnung auf gute Tarifabschlüsse Aber auch beim täglichen Einkauf sitzt das Geld alles andere als locker. Das mag verwundern, denn gleichzeitig rechnen die Konsumenten laut GfK aktuell damit, dass ihr Einkommen eher steigen wird. "Hier sind doch auch gewisse Hoffnungen, dass trotz der hohen Inflation die Kaufkraftverluste nicht so hoch sein werden, weil zum Beispiel die Tariferhöhungen etwas stärker ausfallen werden als in den Jahren zuvor", erklärt GfK-Experte Bürkl den scheinbaren Widerspruch. Dass das die Einbußen bei den Reallöhnen der vergangenen Jahre ausgleichen kann, darf jedoch bezweifelt werden. Vielleicht auch deshalb lautet das Fazit der GfK: Der Konsum wird als wichtige Konjunkturstütze zumindest in der ersten Jahreshälfte ausfallen. Technische Rezession nicht ausgeschlossen Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht - wie andere Ökonomen - davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im zu Ende gehenden ersten Quartal des Jahres leicht geschrumpft ist. Das wäre das zweite Quartal in Folge ein Minus. Damit befände sich Deutschland dann zumindest technisch in einer Rezession. Ob es dazu kommt oder ob Deutschland am Ende doch knapp an einer Rezession vorbeischrammt, darüber streiten die Ökonomen noch. Aber eines sehen fast alle so: Die deutsche Wirtschaft hat diesen Winter trotz Energiekrise und Inflation besser überstanden als befürchtet. Und spätestens in der zweiten Jahreshälfte hat sie gute Chancen auf neuerliches - wenn auch schwaches - Wachstum. | /wirtschaft/konjunktur/gfk-konsumklimaindex-127.html |
2023-03-29 | Netanyahu weiter nicht willkommen | Ärger zwischen Israel und USA | Kritik an der Justizreform in Israel kommt auch vom wichtigen Verbündeten USA. Ein Antrittsbesuch von Premier Netanyahu im Weißen Haus wäre längst üblich gewesen. Doch dort lässt man sich Zeit. Von J.-C- Kitzler. | Kritik an der Justizreform in Israel kommt auch vom wichtigen Verbündeten USA. Ein Antrittsbesuch von Premier Netanyahu im Weißen Haus wäre längst üblich gewesen. Doch dort lässt man sich Zeit. Die Worte von US-Präsident Joe Biden sind nichts anderes als ein Affront. Vor einem Abflug mit der Air Force One wurde er nach seiner Meinung zur umstrittenen Justizreform in Israel gefragt. Wie viele große Unterstützer Israels sei er "sehr besorgt, antwortete Biden. Er mache sich Sorgen, "ob sie das hinbekommen. Sie können diesen Weg nicht weitergehen und das habe ich auch klargemacht. Hoffentlich verhält sich der Premierminister so, dass er einen richtigen Kompromiss erreicht, aber das müssen wir sehen." Auf die Nachfrage, ob er gedenke, Benjamin Netanyahu bald ins Weiße Haus einzuladen, sagte Biden: "Nein, nicht in nächster Zeit." Die USA sind der mit Abstand wichtigste Partner für Israel. Auch deshalb ist es sehr ungewöhnlich, dass Netanyahu nach seinem Amtsantritt vor drei Monaten noch immer nicht zu einem Antrittsbesuch in Washington empfangen wurde. Der Höhepunkt der Besorgnis in Washington Stattdessen kommen aus den USA kritische Töne, die nochmal schärfer geworden waren, nachdem Netanyahu am Sonntag seinen Verteidigungsminister Joav Galant entlassen hatte. Der hatte einen Stopp der Justizreform gefordert und sieht Israels Sicherheit durch den Streit um die Reform bedroht. Danny Ayalon, ehemaliger israelischer Botschafter in den USA, sagte: "Der Höhepunkt der Besorgnis aus Washington war nach der skurrilen Entlassung Galants." In der Nacht habe er mehrere Anrufe bekommen, auch von Republikanern, die nicht verstünden, welche Richtung Netanyahu einschlägt. "Ein Teil sagte mir sogar, Netanyahu stelle eine existentielle Gefahr für den Staat Israel dar. Sie gingen so weit zu sagen, dass er auch die Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten gefährde", sagte Ayalon. Einer habe ihm gesagt, Netanyahu ähnele einem Heißluftballon, der abgehoben und nicht mehr einzufangen sei. Netanyahu: Unzerstörbare Allianz mit den USA Netanyahu selbst reagierte bislang nur mit einem schriftlichen Statement: Die Allianz zwischen Israel und den USA sei unzerstörbar, sie überwinde immer gelegentliche Meinungsverschiedenheiten. Israel sei ein souveränes Land, das seine Entscheidungen auf Basis des Volkswillens treffe und nicht aufgrund von Druck von außen, beste Freunde eingeschlossen. Noch etwas härter brachte es Itamar Ben-Gvir auf den Punkt, der rechtsextreme Minister für Nationale Sicherheit. Er ist ein vehementer Verfechter der Justizreform und hatte mit dem Bruch der Koalition gedroht, falls sie scheitere. Gleichzeitig zeigen seine Worte im Armeeradio, dass Teilen der Regierung das Bild Israels im Ausland egal zu sein scheint. Biden und die US-Regierung müssten verstehen, dass Israel ein selbstständiger Staat "und kein weiterer Stern auf der Fahne der Vereinigten Staaten ist", sagte Ben-Gvir. Ein selbstständiger Staat, in dem es Wahlen gebe und in dem der Wille des Volkes vorherrsche. Er erwarte vom Präsidenten der Vereinigten Staaten, "dass er diesen Punkt versteht". "Beziehungen zu USA als heilig behandeln" Derweil gibt es immer mehr Stimmen, die im frostigen Klima ein Problem für die Sicherheit in der Region sehen. Die Bedeutung der USA für Israel kann dabei gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Nicht nur wegen der direkten Militärhilfen, sondern auch strategisch im gesamten Nahen und Mittleren Osten. Chuck Freilich, Ex-Sicherheitsberater der israelischen Regierung, sagte im israelischen Radio: "Wer denkt, dass wir ein Staat sind, der ganz alleine Entscheidungen trifft, irrt. Ich rate, die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten als heilig zu behandeln." Ohne die USA sei die israelische Armee hohl und der israelische Geheimdienst zur Hälfte hohl. "Wir leben in unserer eigenen Welt, in der wir davon ausgehen, dass uns die Amerikaner bis an unser Lebensende vier Milliarden Dollar im Jahr überweisen. Aber dem ist nicht so." Für Entspannung sorgen könnte ein Kompromiss bei der Justizreform, nach dem Netanyahu die Entscheidungen über das Gesetzespaket vorerst aufgeschoben hatte. Israels Staatspräsident Izchak Herzog ist dazu bereits in Verhandlungen mit den politischen Parteien. Am Ende aber kommt es auf Netanyahus Regierungskoalition an. Und von dort gibt es bislang keine inhaltlichen Zugeständnisse. | /ausland/netanyahu-nicht-ins-weisse-haus-101.html |
2023-03-29 | Der Mann für die Mega-Fusion | Ex-Chef Ermotti kehrt zur UBS zurück | Die Schweizer UBS holt einen erfahrenen Banken-Veteran an ihre Konzernspitze zurück: Ihr früherer Chef Sergio Ermotti gilt als krisenerprobt - und soll nun für einen reibungslosen Ablauf der Credit-Suisse-Übernahme sorgen.
mehr | Die Schweizer UBS holt einen erfahrenen Banken-Veteran an ihre Konzernspitze zurück: Ihr früherer Chef Sergio Ermotti gilt als krisenerprobt - und soll nun für einen reibungslosen Ablauf der Credit-Suisse-Übernahme sorgen. Die größte Schweizer Bank UBS holt überraschend ihren langjährigen UBS-Chef Sergio Ermotti an die Konzernspitze zurück. Der Topmanager wird damit die neue Bank nach der geplanten Übernahme der Credit Suisse leiten. Begründet wurde der Schritt heute mit den Herausforderungen des Zusammenschlusses. An der Börse wurde die Nachricht positiv aufgenommen: Bis zum Mittag legten die Aktien um rund zwei Prozent zu. Bereits nach der UBS-Aktionärsversammlung am Mittwoch kommender Woche wird Ermotti seinen Nachfolger an der UBS-Konzernspitze, Ralph Hamers, nach nur zweieinhalb Jahren wieder ablösen. Seinen aktuellen Posten als Chefaufseher beim Zürcher Rückversicherer Swiss Re wird Ermotti aufgeben. Hamers werde während einer Übergangsphase noch beratend zur Seite stehen, um einen erfolgreichen Abschluss der Transaktion und eine reibungslose Übergabe zu gewährleisten. Viele negative Reaktionen Ermotti übernimmt das Amt damit nur kurze Zeit nach der Übernahme der konkurrierenden Schweizer Bank Credit Suisse durch die UBS. Die Schweizer Regierung und die Regulatoren hatten die UBS vor rund zehn Tagen dazu gedrängt, die mit einem Abzug von Bankeinlagen konfrontierte Credit Suisse praktisch über Nacht zu schlucken. In der Schweiz fielen die Reaktionen überwiegend negativ aus. Politiker und die breite Öffentlichkeit befürchten, dass der Wettbewerb mit nur noch einer Großbank leidet, dass Tausende von Stellen abgebaut werden und die Schweiz den neuen Giganten UBS im Notfall kaum mehr retten könnte. Zudem wird sich die Abhängigkeit der Schweizer Wirtschaft von einem einzigen Kreditgeber vergrößern. Größte Bankenfusion in Europa seit Finanzkrise Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ist die größte Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren. Und sie bedeutet das Ende für die 167 Jahre alte Credit Suisse. In der Folge dürften Tausende Arbeitsplätze wegfallen. Die "Financial Times" berichtete unter Berufung auf mit der UBS vertrauten Personen, dass vor allem das Inlandsgeschäft sowie das Investmentbanking der Credit Suisse von einem Jobabbau betroffen sein dürften - und damit mehr als 30.000 Mitarbeiter. Bis Ende 2022 beschäftigte die Credit Suisse rund 50.000 Mitarbeiter. Insgesamt könnte knapp ein Drittel der zusammengefassten 120.000 Stellen aufgrund von Überschneidungen beider Banken von Entlassungen betroffen sein. Verwaltungsrat traut Hamers die Fusion nicht zu Der neue Chef steht nun vor der großen Herausforderung, zwei Banken mit komplexen Bilanzen und mehr als 120.000 Mitarbeitern zusammenzuführen. Und der UBS-Verwaltungsrat hatte offenbar Zweifel, ob Hamers, der sich vor allem mit der Digitalisierung von Bankgeschäften einen Namen gemacht hat, der richtige Mann für die Mammutaufgabe der Credit-Suisse-Integration ist. Hamers war fast 30 Jahre lang bei der niederländischen ING tätig. Seine Berufung im November 2020 an die Spitze von UBS überraschte viele, da er kaum Erfahrung im Investmentbanking oder in der Vermögensverwaltung hatte. Ermotti hatte die UBS zuvor neun Jahre lang geleitet. Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher dankte Hamers "für sein Verständnis der aktuellen Situation und seine Bereitschaft, zurückzutreten." In der Vergangenheit hatten Medien wiederholt über die Frage spekuliert, wie gut Kelleher und Hamers harmonierten. Über Hamers hängt zudem das Damoklesschwert einer Untersuchung der Justiz zu Vorkommnissen während seiner Zeit als ING-Chef. Ermotti sorgte für kulturellen Wandel Der UBS-Verwaltungsrat traut Ermotti die Integration der Credit Suisse dabei offenbar eher zu als Hamers. Kelleher hatte Ermotti nur Stunden nach dem Deal angerufen und ihn gefragt, ob er Interesse an der Stelle habe. Ermotti habe die UBS nach der Finanzkrise erfolgreich neu positioniert, indem er die Vermögensverwaltung in den Fokus gestellt habe, hieß es in der Mitteilung der Bank. Er habe das Investmentbanking verkleinert und für einen kulturellen Wandel in der Bank gesorgt. Auch Analysten erklärten, Ermotti sei aufgrund seiner Erfahrung mit dem Abbau der Investmentbank von UBS nach dem Finanzcrash von 2008 für diese Aufgabe gut gerüstet. Ermotti begann seine Laufbahn in der Finanzindustrie mit einer Banklehre bei einer kleinen Lokalbank im Tessin. Von da an ging es schnell steil bergauf - über die Citibank, Merrill Lynch und andere Banken, Stationen etwa in London und New York, bis er 2011 bei der UBS landete. Er wurde als Krisenmanager angeheuert. Die Bank hatte schwere Jahre hinter sich. Sie musste nach einer risikoreichen Expansionsstrategie auf dem US-Markt in der globalen Finanzkrise 2008 von der Schweizerischen Nationalbank gerettet werden. Ermotti brachte die UBS wieder auf Kurs. | /wirtschaft/finanzen/ubs-ex-chef-ermotti-kehrt-zurueck-credit-suisse-101.html |
2023-03-29 | Mehr Fragen als Antworten zur Heizung | Koalitionsauschuss | Ab 2024 sollen neue Heizungen zu 65 Prozent Erneuerbare Energien nutzen. Hauseigner wie Fachleute hofften dazu auf mehr Klarheit nach dem Koalitionsausschuss. Doch vieles lässt die Ampel offen. Von Juri Sonnenholzner. | Ab 2024 sollen neue Heizungen zu 65 Prozent Erneuerbare Energien nutzen. Hauseigner wie Fachleute hofften dazu auf mehr Klarheit nach dem Koalitionsausschuss. Doch vieles lässt die Ampel offen. 29 Stunden lang berieten die Koalitionäre, damit nach 16 Monaten ihres Bündnisses der Ofen nicht ausgeht. Am Aus beim Einbau von neuen Öl- und Gasheizungen schon ab dem nächsten Jahr halten die Vertreter von SPD, Grünen und FDP fest, auch wenn das Vorhaben in den vergangenen Wochen viele erhitzte Gemüter nach sich zog. Der entsprechende Gesetzentwurf werde im April von der Bundesregierung auf den Weg gebracht. Dabei soll die "Wärmewende" laut Beschluss, den die Ampel-Parteien nach ihren Beratungen im Koalitionsausschuss veröffentlichten, "technologieoffen" und "sozial gerecht" vollzogen werden. "Der Streit wird weitergehen" Wie diese soziale Neue-Heizungsanlage-Anschaffungsgerechtigkeit konkret ausgestaltet sein soll, ließen die Koalitionäre offen. Nur so viel: "Unbillige Härten auch zum sozialen Ausgleich werden vermieden", heißt es in dem 16 Seiten langen Beschluss. Und es werde geprüft, wie der Austausch von Gas- und Ölheizungen "gezielt und bürokratiearm" mit Mitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds gefördert werden könne. So hat es die Opposition leicht, die Ergebnisse des Ampel-Koalitionsausschusses scharf zu kritisieren. Der klimaschutz- und energiepolitischen Sprechers der CDU, Andreas Jung, sagte etwa im ARD-Morgenmagazin: "In der Heizungsfrage gibt es nur Allgemeinplätze, keine Antworten. Alle Fragen sind da offen. Da wird der Streit weitergehen." Niemand werde "im Stich gelassen", verspricht hingegen Grünen-Parteichefin Ricarda Lang. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagt kurz darauf im ZDF, bei der geplanten Pflicht zum Wechsel auf klimafreundliche Heizungen solle künftig das Einkommen berücksichtigt werden - untere und mittlere Einkommen würden unterstützt, solange Wärmepumpen noch teurer seien. Habeck: "Die Bürger sollen nicht draufzahlen." Es klingt nach sozialer Wärme bei der Wärmewende. "Klimafreundliche Gase" sollen möglich bleiben Der Eigentümerverband Haus & Grund hält das für elementar: "Kriterien für Härtefallregelungen müssen neben den persönlichen finanziellen Möglichkeiten auch Erwägungen der Altersgerechtigkeit sowie die Perspektiven der regionalen Entwicklung sein", fordert Verbandspräsident Kai Warnecke. Er kann sich das in Gestalt von Steuervorteilen und staatlichen Zuschüssen vorstellen: "Nur so lassen sich alle Eigentümergruppen erreichen, wovon mittelbar auch Mieterinnen und Mieter profitierten." Warnecke begrüßt auch den zweiten von zwei Punkten des Koalitionsausschuss-Papiers, der sich mit der Wärmewende im heimatlichen Heizungskeller befasst: Die FDP konnte wohl die "Technologieoffenheit" in die Genese des Gebäudeenergiegesetzes einbringen. Das bedeutet, dass Gas- und Ölheizungen auch weiterhin neu eingebaut werden könnten, wenn sie laut FDP-Chef Christian Lindner "klimafreundliche Gase" nutzten. Dazu zählen beispielsweise rares Wasserstoff-Biomethan oder - ein Reizwort der vergangenen Wochen im politischen Berlin - E-Fuels - also synthetische Kraftstoffe, die bisher nur unter hohem Energieaufwand hergestellt werden können. EU-Emissionshandel wird ausgeweitet "Dass Technologieoffenheit in das Papier Einzug gefunden hat, begrüßen wir", erklärt Frederic Leers, Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie. Technologieoffenheit könne den Weiterbestand jener Anlagen ermöglichen, die bisher fossile Energieträger voraussetzten: "Wir sehen in dem Beschluss des Koalitionsausschusses die Sichtweise gestärkt, dass wir die gesamte Breite an technologischen Lösungen benötigen, um die Wärmewende mit Blick auf die Heterogenität im Gebäudebestand und seiner Bewohner auf Basis Erneuerbarer und klimaneutralen Energie bezahlbar erfolgreich gestalten zu können." Aber wie konkret die Branche das ausgestalten soll, scheint ihr auch am Tag nach dem Koalitionsausschuss-Finale unklar. Für den Umweltökonomen Andreas Löschel von der Ruhr-Universität Bochum birgt das Beschlusspapier auf Seite drei einen Punkt, der eine weitere Diskussion über das Fortbestehen von Öl- und Gasheizungen weitgehend überflüssig machen könnte: der zweite neue EU-Emissionshandel (ETS 2), die Ausweitung des bisherigen Marktes für CO2-Emissionen auf Gebäude und Verkehr. "Dadurch wird klar, dass es in den allermeisten Fällen langfristig eine schlechte Entscheidung ist, sich an fossile Brennstoffe zu binden", erklärt Löschel. Denn die Reform könnte zu dauerhaften Preisen von 100 Euro und mehr für die Tonne CO2-Ausstoß führen. "Wird das in Deutschland vorgezogen, ließe sich die derzeitige Verbotsdiskussion sparen." Derzeit liegt der Preis bei 30 Euro pro Tonne CO2. Ist ein "Sanierungsgipfel" nötig? Gleichzeitig setze das Ansinnen der Koalition aber auch voraus, dass die Einnahmen aus dem Emissionshandel sinnvoll an die Haushalte rückverteilt werden, sagt Löschel. "Noch ist das von der Koalition nicht ausbuchstabiert. Aber das könnte durchaus ein Turbo sein, der jetzt gestartet werden könnte." Aus seiner Sicht müsse die Technologieoffenheit auch wichtige Bausteine der Wärmewende mitdenken wie die Nutzung von Geothermie und Abwärme und den Ausbau von Wärmenetzen. "Und höhere Sanierungsraten." Für Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz DENEFF, ist Sanierung eine zentrale Anforderung an die Koalitionäre: "Denn es sind gerade die energetisch schlechtesten Gebäude, deren Bewohnende die höchsten Energierechnungen zahlen. Diese Immobilien müssen auf einen besseren Standard gebracht werden, um sie wirtschaftlich erneuerbar beheizen zu können." Diese Forderung könnte durch Brüssel mehr Schub erlangen. Denn derzeit laufen Verhandlungen zur EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie. Ein essenzieller Baustein: die Einführung von Mindest-Effizienzstandards für die schlechtesten Bestandsgebäude. Die DENEFF fordert daher einen zeitnahen Sanierungsgipfel der Bundesregierung, auf dem die zuständigen Minister "einen konkreten Fahrplan zur Umsetzung der novellierten EU-Gebäuderichtlinie" festlegen. Denn auch wenn die von Lindner angesprochenen "klimafreundlichen Gase" die Häuser wärmten: "Auch Erneuerbare Energien müssen sparsam genutzt werden. Oft ermöglichen Effizienzmaßnahmen erst den sinnvollen Einsatz erneuerbarer Wärme und sparen darüber hinaus natürlich Verbrauchskosten ein", erklärt Noll. Viele Wärmepumpen enthalten PFAS Die EU wirkt übrigens auch auf die von der Politik gespriesene Wärmepumpe ein: Viele Anlagen funktionieren mit per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS). Sie sind giftig und gelten als krebserregend, zudem verflüchtigen sich nicht und bauen sich in der Natur auch nicht von selbst ab. Innerhalb der Wärmepumpen-Kreislaufs ist das kein Problem, solange er geschlossen ist; doch Gefahr droht durch eine undichte Stelle oder bei unsachgemäßer Entsorgung der Wärmepumpe. Wegen dieser Risiken sollen PFAS in Europa langfristig verboten werden. Hier droht sogar ein nachträgliches Umrüsten - je nach Anlage von Kühlmittelaustausch bis hin zu Neubau der kompletten Anlage. Die deutsche Heizungsindustrie reagiert mittlerweile darauf und bietet zwar mehr Wärmepumpen, die mit natürlichen und umweltfreundlichen Kältemitteln betrieben werden. Doch noch fehlen einheitliche Regeln für Kältemittel im EU-Binnenmarkt. Investitionen in Forschung und Entwicklung, die der Branchenverband BDH in Milliardenhöhe beziffert, gerieten dann in Gefahr, wenn herkömmliche PFAS- und damit günstigere Wärmepumpen am Markt blieben. So wird das Thema Heizung die Koalition weiterhin auf verschiedenen Ebenen beschäftigen. | /wirtschaft/heizungen-ampel-koalition-beschluesse-101.html |
2023-03-29 | Warum die Grünen schlecht aussehen | Ampel-Verhandlungen | Auch wenn sie darauf beharren, viele kleine, wichtige Erfolge erzielt zu haben - das Ergebnis des Koalitionsausschusses sieht schlecht aus für die Grünen. Vor allem die FDP setzte sich durch. Von Michael Weidemann. | Auch wenn sie darauf beharren, viele kleine, wichtige Erfolge erzielt zu haben - das Ergebnis des Koalitionsausschusses sieht schlecht aus für die Grünen. Vor allem die FDP setzte sich durch. Wie der erste Eindruck doch täuschen kann: Weit über die Hälfte der Beschlüsse und Maßnahmen des "Modernisierungspakets" trägt erkennbar eine grüne Handschrift. Das Einigungspapier der Koalition greift eine Fülle ökologischer und klimapolitischer Themen auf. Und doch wird beim Blick auf die wichtigsten Streitpunkte der Ampel sehr schnell klar: Durchgesetzt haben sich die anderen Partner - vor allem die Liberalen. Sei es das "überragende öffentliche Interesse" am Ausbau des Autobahnnetzes - gleich 144 Streckenabschnitte sollen beschleunigt realisiert werden -, sei es der Verzicht auf die Austauschpflicht für Öl- und Gasheizungen oder die Abkehr von festen Klimazielen im Verkehrsbereich: Wo immer sich die Koalitionäre in den vergangenen Wochen ineinander verkeilt hatten, geht die FDP nun als klare Siegerin aus dem Ring. Die Grünen dagegen sind technisch k.o. Für das Regierungsbündnis, aber auch für die Zukunft der Grünen wird das nicht folgenlos bleiben. Das Grünen-Milieu wendet sich ab Noch ist es auffallend ruhig an der grünen Basis. In den Landesverbänden und Arbeitsgemeinschaften der Partei scheint man die Resultate der Marathonsitzung erst einmal verarbeiten zu müssen. Aus Klimainitiativen und Umweltverbänden aber hagelt es Kritik an den Beschlüssen der Ampel - und an der Rolle des Grünen-Establishments. Das Grünen-Milieu wendet sich mit überraschend klaren Worten ab von der Führung in Partei und Fraktion. Das wird sehr bald auch auf die Parteibasis durchschlagen, wo der Unmut über frühere Niederlagen bei strittigen Entscheidungen noch immer gärt. Unvergessen das Machtwort des Kanzlers bei der Verlängerung der Laufzeiten von Kern- und Kohlekraftwerken - für viele Veteranen der Anti-AKW-Bewegung ein mehr als symbolischer Tabubruch, fast widerstandslos hingenommen von den grünen Kabinettsmitgliedern. Anhaltend auch die Enttäuschung über den Kompromiss zum Kohleabbau in Lützerath, ausgehandelt vom eigenen Bundeswirtschaftsminister. Und weiter auf Unverständnis stößt auch der von der FDP erzwungene, von Robert Habeck hingenommene Kompromiss beim europäischen Aus für Fahrzeuge mit Verbrennermotor. Vom Tiger zum Bettvorleger? Der kalkulierte Wutausbruch Habecks gegen die "Fortschrittsverhinderer" in der Ampel hatte sich deshalb nicht zuletzt an die eigene Basis gerichtet. Jetzt, nach den über zweitägigen Verhandlungen, steht der rhetorische Tiger Habeck da wie der viel zitierte Bettvorleger - jedenfalls in den Augen derer, für die die reine grüne Lehre nach wie vor erste Richtschnur allen politischen Handelns ist. Da nützt es wenig, dass die Parteivorsitzenden auf einer Feinanalyse der Beschlüsse des "Modernisierungspakets" bestehen und all die kleinen - in der Summe nicht einmal unerheblichen - Erfolge aufzählen, die sich in dem Papier aus grüner Sicht wiederfinden. Die öffentliche Wahrnehmung bleibt eine andere. Es könnte eng werden Die nächste Nagelprobe für Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock, Umweltministerin Steffi Lemke und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir steht unmittelbar bevor. Über den ebenfalls hart umkämpften Bundeshaushalt hat die Runde im Kanzleramt nämlich kein Wort verloren. Erst bei der anstehenden Festlegung der Haushaltseckwerte - und mehr noch beim im Frühsommer vorzulegenden Etatentwurf der Bundesregierung - wird sich zeigen, wie sehr die Position der Grünen nach dem Showdown im Kanzleramt tatsächlich geschwächt ist. Setzen sich die grünen Chefs aus dem Wirtschafts- und Außenministerium, dem Umwelt- und dem Landwirtschaftsressort mit ihren Milliardenforderungen nicht gegen FDP-Finanzminister Lindner durch, könnte es eng werden für die grünen Galionsfiguren - nicht nur innerhalb der eigenen Partei. | /inland/innenpolitik/gruene-koalitionsausschuss-101.html |
2023-03-29 | Mercedes und seine ausländischen Aktionäre | Teilrückzug von Kuwait | Der Staatsfonds Kuwait bläst zum Teilrückzug bei Mercedes-Benz. Doch eines wird sich dadurch gewiss nicht ändern: Das Gros der Mercedes-Dividenden wird auch weiterhin ins Ausland fließen. Von Angela Göpfert. | Der Staatsfonds Kuwait bläst zum Teilrückzug bei Mercedes-Benz. Doch eines wird sich dadurch gewiss nicht ändern: Das Gros der Mercedes-Dividenden wird auch weiterhin ins Ausland fließen. Kuwait ist der wohl treueste Aktionär Daimlers - gewesen. Seit 1974 ist der Staatsfonds des kleinen ölreichen Landes Großaktionär bei Mercedes-Benz. Doch nun nehmen es die Kuwaitis mit der Treue nicht mehr ganz so genau, vielmehr ziehen sie sich bei dem Stuttgarter Autobauer zurück und verkaufen für fast 1,4 Milliarden Euro etwa 20 Millionen ihrer Mercedes-Benz-Aktien. Durch den Teilverkauf reduziert sich der Anteil der Kuwait Investment Authority (KIA) von 6,84 auf 4,95 Prozent. KIA hält jetzt noch etwa 53 Millionen Papiere der insgesamt 1,07 Milliarden Mercedes-Benz-Aktien. Experten vermuten Gewinnmitnahmen als Grund Begründet wird der Schritt in Kuwait mit dem lapidaren Hinweis, man wolle sich breiter aufstellen. Marktbeobachter sprechen hingegen von Gewinnmitnahmen. "Kuwait will in erster Linie die Gunst der Stunde nutzen, um Kasse zu machen", erklärt ein Analyst, der namentlich nicht genannt werden darf, gegenüber tagesschau.de. "Dahinter steckt auch die Erwartung: Schöner wird es nicht", betont der Experte mit Blick auf den Aktienkurs. Die Mercedes-Benz-Aktie hat seit der Festlegung der Managementspitze auf die neue Luxus-Strategie eine gute Kursentwicklung hingelegt, allein für die vergangenen sechs Monate steht ein Kursplus von rund 30 Prozent zu Buche. Mercedes-Benz ohne verlässlichen deutschen Ankeraktionär Der Teilrückzug des Staatsfonds von Kuwait wirft ein Schlaglicht auf die Aktionärsstruktur bei dem deutschen Premiumautobauer. Dabei sticht sofort ein großer Unterschied zu den anderen deutschen Autokonzernen ins Auge: Während VW mit dem Land Niedersachsen und BMW mit der Familie Quandt verlässliche deutsche Ankeraktionäre haben, ist der Streubesitz bei Mercedes-Benz mit aktuell knapp 65 Prozent extrem hoch. Das macht das Unternehmen verletzlicher in Zeiten, in denen sich immer häufiger aggressive Investoren von außen an ein Unternehmen heranschleichen und versuchen, über den Erwerb von Anteilen Einfluss auf die Geschäftspolitik zu nehmen. "Rein theoretisch ist Mercedes-Benz der einzige deutsche Autokonzern, der relativ leicht zu übernehmen ist", erklärt der Ökonom. China hält fast 20 Prozent der Mercedes-Benz-Stimmrechte Hinzu kommt: Kuwait ist nicht der einzige ausländische Investor, der große Anteile an Mercedes-Benz hält. Die Chinesen sind noch weit stärker an dem DAX-Konzern beteiligt. Zuletzt hielt die BAIC Group 9,98 Prozent der Anteile, damit ist sie der größte Mercedes-Einzelaktionär. Auf Platz zwei steht der chinesische Investor Li Shufu. Der Geely-Chef hält über die Firma Tenaciou3 Prospect Investment Limited einen Anteil von 9,68 Prozent. Würde man die Anteile der beiden chinesischen Aktionäre zusammenlegen, so fehlte nicht mehr viel zu einer Sperrminorität von über 25 Prozent. Gemeinsam könnten die Chinesen so die Geschäftspolitik bei Mercedes-Benz mitbestimmen und wichtige Beschlüsse blockieren. Zwar weisen sowohl Mercedes-Benz als auch Experten immer wieder darauf hin, dass man beide chinesischen Investoren völlig getrennt voneinander sehen müsse; ganz auszuschließen sei ein solcher Zusammenschluss für die Zukunft jedoch nicht, erklärt der Analyst gegenüber tagesschau.de. Er sieht die eigentliche chinesische Herausforderung für Mercedes allerdings weniger in der Aktionärsstruktur, denn in der Elektroautowelle. "Es gibt momentan 20 bis 30 chinesische Automobilmarken, die nach Europa drängen. Das ist gut für die Kunden, weil es die Preise drücken wird. Doch für Mercedes, VW und Co. ist das ein Riesenproblem." Was deutschen Anlegern bei Mercedes-Benz entgeht Ein Problem haben mit Blick auf Mercedes-Benz auch deutsche Anlegerinnen und Anleger, stellen sie doch laut Berechnungen der Beratungsgesellschaft EY insgesamt nur 35 Prozent der Aktionäre. Unter den institutionellen Investoren beläuft sich ihr Anteil dem DAX-Konzern zufolge sogar nur auf 7,7 Prozent. Immer dann, wenn Mercedes-Benz seine Schatulle öffnet und seine Aktionäre am Gewinn beteiligt, klingeln die Kassen also vor allem in Peking, Hongkong und Kuwait - und weniger in Berlin, Düsseldorf oder Frankfurt. Dabei geht es um gewaltige Dimensionen: 2022 war Mercedes-Benz der größte Dividendenzahler im DAX, die Stuttgarter schütteten 5,4 Milliarden Euro an ihre Aktionäre aus. Davon gingen EY zufolge 3,5 Milliarden Euro ins Ausland, 1,9 Milliarden an Anleger aus Deutschland. Im Mai ist Zahltag bei Mercedes 2023 will Mercedes-Benz bei der Dividende noch eins draufsetzen: Die Stuttgarter wollen 5,20 Euro je Aktie und damit eine im Vergleich zum Vorjahr um 20 Cent höhere Dividende an ihre Aktionäre für das Geschäftsjahr 2022 auszahlen. Das entspricht auf Basis des gestrigen Schlusskurses (69,79 Euro) einer Dividendenrendite von 7,5 Prozent. Wer von der Dividendenausschüttung profitieren möchte, muss die Aktie zum Tag der Hauptversammlung besitzen, also am 3. Mai. Die Gutschrift der anteiligen Gewinnausschüttung folgt dann am 4. Mai. | /wirtschaft/finanzen/mercedes-benz-kuwait-china-aktionaere-dividende-101.html |
2023-03-29 | Regeln zu ChatGPT an Unis oft unklar | KI in der Bildung | Mit KI lassen sich in kurzer Zeit Texte erzeugen. Ob Studierende die Programme einsetzen dürfen, ist nicht einheitlich geregelt. Oft hängt die Entscheidung am Lehrpersonal, wie eine BR-Umfrage zeigt. Von J. Barthel, R. Ciesielski. | Mit KI lassen sich in kurzer Zeit Texte erzeugen. Ob Studierende die Programme einsetzen dürfen, ist nicht einheitlich geregelt. Oft hängt die Entscheidung am Lehrpersonal, wie eine BR-Umfrage zeigt. Von Julia Barthel und Rebecca Ciesielski, BR Mindestens 300 Stunden oder umgerechnet knapp zwei Monate Vollzeitarbeit veranschlagen Universitäten für die Erstellung einer Bachelorarbeit. Könnte der ersehnte Uni-Abschluss mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) künftig schneller und mit weniger Aufwand gelingen? Um das herauszufinden, hat ein Team des BR einen Versuch durchgeführt: In nur drei Tagen sollte Reporterin Nadine Hadad eine 40-seitige Bachelorarbeit schreiben und dafür die Programme zur Text-Erzeugung ChatGPT und Bing verwenden. "Herausforderung für Abschlussarbeiten" In den USA sollen KI-Programme, die Texte generieren, bereits College-Aufnahmetests, Prüfungen an juristischen Fakultäten und Medizinexamen bestanden haben. Auch deutsche Universitäten bereiten sich auf tiefgreifende Veränderungen vor: "Wir erwarten, dass bereits mittelfristig viele der aktuell von Studierenden zu lösenden Problemstellungen gleichwertig oder besser durch eine Künstliche Intelligenz zu erledigen sein werden", so die RWTH Aachen auf BR-Anfrage. Die Nutzung dieser KI sei insbesondere "für nicht-überwachte Prüfungsformate wie Hausarbeiten oder Abschlussarbeiten eine Herausforderung". Universitäten ringen um Vorgaben Ein Team des BR hat eine Umfrage unter den größten deutschen Universitäten durchgeführt. Zehn Hochschulen haben sich zum Einsatz von KI durch Studierende geäußert. An allen Universitäten sind generative Textprogramme wie ChatGPT aktuell ein wichtiges Thema. An manchen Hochschulen fehlen bislang klare Vorgaben, viele überlassen den Lehrenden die Entscheidung über den Einsatz von KI. "Derzeit wird noch diskutiert, ob es sich bei KI-Systemen um ein unerlaubtes Hilfsmittel handelt", so die FU Berlin. Falls dem so sei, würde deren Einsatz als Täuschungsversuch gewertet. "Solche Regeln können sinnvoll nur die Fakultäten für ihre Disziplinen, Fächer und Studiengänge festlegen", lautet die Einschätzung der Universität Hamburg. Laut Universität Erlangen-Nürnberg sei es in einigen Fällen angezeigt, die Nutzung von Tools wie ChatGPT zu untersagen, in anderen nicht. Dieser Einschätzung schlossen sich mehrere Hochschulen an. Köln und Münster verbieten KI für Texte Fast alle Einrichtungen gaben an, aktuell an verbindlichen Regeln zu arbeiten. Nur zwei Universitäten antworteten, man habe sich für ein generelles Verbot entschieden: Ein KI-generierter Text erfülle laut Uni Köln "nicht das Kriterium der Selbstständigkeit". KI-Werkzeuge seien daher ein unerlaubtes Hilfsmittel und jeder Einsatz könne je nach Schwere des Falls unterschiedlich sanktioniert werden, "vom Ausspruch einer Verwarnung bis hin zum Entzug des Prüfungsanspruchs". Auch die Uni Münster wertet das Schreiben von Texten mit KI als einen "Rechtsverstoß". Studenten verunsichert Die teils nicht existenten, teils unklaren Regeln für KI-geschriebene Texte kritisiert Studierendenvertreter Karl Seyfarth von der LMU München: "Ich habe das Gefühl, dass unsere Uni ein bisschen überfordert ist mit dem Thema. Ich würde mir definitiv mehr Vorgaben wünschen." Die LMU gibt an, man habe bereits mit Studierenden gesprochen. Da die Bedürfnisse verschiedener Fächer sehr unterschiedlich seien, entscheiden die Fakultäten selbst über den Umgang mit KI-Werkzeugen. Klare Vorgaben fordert auch ein aktuelles Rechtsgutachten, das vom NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft in Auftrag gegeben wurde. Demnach sollten Hochschulen definieren, wann und unter welchen Voraussetzungen KI-Schreibwerkzeuge von Studierenden eingesetzt werden können. Bachelorarbeit in drei Tagen Doch können KI-Programme Studierenden überhaupt helfen? Im BR-Versuch erzeugte ChatGPT automatisch eine Gliederung mit verschiedenen Unterpunkten und danach die Inhalte der Kapitel. Da ChatGPT meist fiktive Quellen ausgibt, verwendete Reporterin Hadad im Test auch die Microsoft-Suchmaschine Bing. Diese konnte problemlos auf das Internet zugreifen und dort nach Publikationen suchen. Der Gesamteindruck sei zunächst gut, sagt Professor Markus Behmer, Dekan der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften der Universität Bamberg, nach Durchsicht der Arbeit. Hinzu komme ein gut lesbarer Schreibstil. "Ganz positiv wirkt auch die Struktur." Wissenschaftlichen Kriterien genüge die Arbeit aber nicht. Die beschriebenen Theorien und die Datenerhebung "haben eigentlich fast nichts miteinander zu tun". ChatGPT beschäftigt auch Bundestag Der Einzug von Programmen wie ChatGPT an Hochschulen werde sich nicht aufhalten, sondern nur gut gestalten lassen, sagt Grünen-Bildungspolitiker Kai Gehring. In der Lehre könne Text-generierende Software ein überaus nützliches Werkzeug darstellen, im Prüfungsbereich brauche es aber gute Lösungen und Leitfäden. Vor einigen Wochen hat der Bildungsausschuss des Bundestags eine Studie zum Thema in Auftrag gegeben. Deren Ergebnissen will der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bundestag nicht vorgreifen: "Ich glaube allerdings, dass wir ein Regelwerk für künstliche Intelligenz benötigen." In wenigen Wochen soll der Ausschuss gemeinsam mit Experten über die Ergebnisse der Studie debattieren. | /wissen/technologie/ki-chatgpt-uni-wissenschaft-101.html |
2023-03-29 | "Unsere Beziehungen werden noch stärker" | König Charles III. in Berlin | Teils auf Deutsch hat der britische König Charles III. beim Staatsbankett im Schloss Bellevue seine Rede gehalten. Er betonte, wie wichtig die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien - er werde alles tun, sie weiter zu stärken.
mehr | Teils auf Deutsch hat der britische König Charles III. beim Staatsbankett im Schloss Bellevue seine Rede gehalten. Er betonte, wie wichtig die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien - er werde alles tun, sie weiter zu stärken. Am ersten Tag seines Staatsbesuchs in Deutschland hat der britische König Charles III. angekündigt, die Beziehungen beider Länder ausbauen zu wollen. Deutschland und das Vereinigte Königreich hätten ein großes Interesse an der Zukunft des jeweils anderen Landes, sagte der Monarch in seiner teils auf Deutsch gehaltenen Rede beim Staatsbankett im Schloss Bellevue. "Unsere Beziehungen werden noch stärker werden, davon bin ich fest überzeugt, wenn wir gemeinsam auf eine nachhaltigere Zukunft in Wohlstand und Sicherheit hinarbeiten." Die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien ihm überaus wichtig. "Ich bin mehr denn je von ihrem bleibenden Wert für uns alle überzeugt", so der König. "Ich kann Ihnen nur versichern, dass ich in der Zeit, die mir als König vergönnt sein wird, alles tun werde, um unsere Beziehungen weiter zu stärken." Anerkennung für Aufnahme von Kriegsflüchtlingen Er und seine Frau seien "tief gerührt" vom herzlichen Empfang in Deutschland, sagte Charles - und wies darauf hin , dass er schon mehr als 40 Mal im Land gewesen sei. "Darin zeigt sich natürlich, wie wichtig mir unsere Beziehungen sind, aber auch, so fürchte ich, wie lange es mich schon gibt." Charles dankte den Deutschen zudem für die "überaus bewegenden Worte der Unterstützung und Zuneigung" nach dem Tod seiner Mutter, Königin Elizabeth II., im vergangenen September. "Ihre Liebenswürdigkeit hat meiner Familie und mir mehr bedeutet, als ich in Worte fassen kann." Der König sprach Deutschland zudem seine Anerkennung für die Aufnahme von mehr als einer Million Geflüchteten aus der Ukraine aus. Dies sei "ein überzeugender Beweis, wie mir scheint, für die Großmut der Menschen in Deutschland". Steinmeier: Stehen "enger zusammen denn je" Auch Bundespräsident Steinmeier betonte in seiner Rede die historisch gewachsene enge Partnerschaft zwischen Großbritannien und Deutschland nach zwei Weltkriegen. "Was auch immer vor uns liegt, ich weiß: Unsere deutsch-britische Freundschaft bleibt wichtig, und sie bleibt stark", sagte er. "Wie tief unsere Verbindung ist, spüren wir gerade in diesen Zeiten." Er verwies dabei auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Seither stünden die Demokratien innerhalb der NATO sowie die EU und Großbritannien "enger zusammen denn je" und unterstützten die Ukraine. Das gemeinsame Engagement Großbritanniens und Deutschlands sei "gerade nach dem furchtbaren Unheil", das Deutsche in den beiden Weltkriegen über den Kontinent gebracht hätten, "keine Selbstverständlichkeit", so der Bundespräsident. "Schlagen ein neues Kapitel auf" Steinmeier erinnerte zugleich an den offiziellen Beginn des EU-Austritts Großbritanniens nach der Brexit-Entscheidung vor genau sechs Jahren. Am 29. März 2017 habe der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union begonnen, sagte Steinmeier. "Heute, genau sechs Jahre später, schlagen wir ein neues Kapitel auf. Wir schauen unter veränderten Bedingungen - und doch gemeinsam - nach vorn." Dass Charles III. noch vor seiner Krönung am 6. Mai nach Deutschland reise, sei eine "große persönliche" und auch eine "starke europäische Geste", so der Bundespräsident. "Sie bedeutet mir, sie bedeutet uns Deutschen sehr viel." Zu dem Bankett waren zahlreiche hochrangige Gäste aus Politik und Gesellschaft geladen - etwa die früheren Bundespräsidenten Horst Köhler und Joachim Gauck sowie Altkanzlerin Angela Merkel. Die Speisenfolge war lange geheimgehalten worden, wurde kurz zuvor aber doch bekannt: Serviert wurde zunächst gebeizter Karpfen und Erfurter Brunnenkresse, dann Kraftbrühe vom Heckrind, Weidehuhn und Baumpilz sowie zum Abschluss Backpflaume, ostfriesischer Schwarztee und Sandgebäck. Salutschüsse und Ehrenspalier am Flughafen Insgesamt soll der Deutschland-Besuch des royalen Paars drei Tage dauern. Für Charles III. ist es der erste offizielle Staatsbesuch als König. Am Nachmittag waren er und seine Ehefrau Camilla auf dem militärischen Teil des Flughafens Berlin-Brandenburg gelandet. Dort wurden sie mit 21 Salutschüssen, den Überflügen zweier Eurofighter und einem militärischen Ehrenspalier empfangen. Im Anschluss wurde der König offiziell vom Bundespräsidenten empfangen. Erstmals fand das traditionelle Ritual mit militärischer Ehrenformation am Brandenburger Tor und nicht am Schloss Bellevue statt. Die beiden Staatsoberhäupter hörten gemeinsam die Hymnen beider Länder und schritten an den Soldaten vorbei. Einige Hundert Schaulustige durften nach scharfen Sicherheitskontrollen auf den abgesperrten Pariser Platz. Rede im Bundestag geplant Am Donnerstag begrüßen Berlins amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Bundeskanzler Olaf Scholz das königliche Paar. Als erster Monarch überhaupt hält Charles zudem eine Rede im Bundestag. Später treffen der König und Steinmeier Ministerpräsident Dietmar Woidke in Brandenburg, wo unter anderem der Besuch eines Bio-Betriebs auf dem Programm steht. Am Freitag fahren Charles und Camilla dann nach Hamburg, wo der Staatsbesuch am Abend endet. Steinmeier und seine Frau begleiten Charles und Camilla an allen drei Tagen auf ihren Stationen. | /inland/charles-camilla-deutschland-105.html |
2023-03-29 | Papst mit Atemwegsinfekt in Krankenhaus | Termine abgesagt | Knieschmerzen und Darmbeschwerden: Seit Längerem kämpft Papst Franziskus mit Gesundheitsproblemen. Nun muss er mehrere Tage in einer Klinik in Rom verbringen, nach Angaben des Vatikans wegen einer Atemwegsinfektion.
mehr | Knieschmerzen und Darmbeschwerden: Seit Längerem kämpft Papst Franziskus mit Gesundheitsproblemen. Nun muss er mehrere Tage in einer Klinik in Rom verbringen, nach Angaben des Vatikans wegen einer Atemwegsinfektion. Papst Franziskus leidet an einer Atemwegsinfektion und muss einige Tage im Krankenhaus behandelt werden. Das gab der Sprecher des Heiligen Stuhls, Matteo Bruni, am Mittwochabend bekannt. Das Oberhaupt der katholischen Kirche war am Nachmittag in die Universitätsklinik Gemelli von Rom gebracht worden. Laut Bruni hatte der 86-Jährige in den vergangenen Tagen über Atemprobleme geklagt. Im Krankenhaus sei dann bei Tests der Infekt festgestellt worden. Es handle sich nicht um eine Corona-Infektion, sagte Bruni weiter. Medienberichten zufolge wurden alle Termine des Papstes für Donnerstag und Freitag abgesagt. Öffentlicher Auftritt am Morgen Franziskus hatte am Morgen noch seine allwöchentliche Generalaudienz auf dem Petersplatz vor Tausenden Gläubigen abgehalten. Danach war eigentlich ein TV-Interview geplant. Franziskus musste es absagen und wurde stattdessen mit einem Krankenwagen in die Poliklinik gebracht. Dort postierten sich am Abend etliche Fernsehteams, Reporter und Fotografen, die Kameras auf ein Zimmer im zehnten Stock gerichtet, wo der Pontifex untergebracht ist. Am Nachmittag hatte der Vatikan zunächst mitgeteilt, dass Franziskus sich zu "vorab geplanten Untersuchungen" ins Krankenhaus begeben habe. Anfang Juli 2021 war der Papst in derselben Klinik am Darm operiert worden. Auch damals hieß es vom Vatikan, es handle sich um geplante Untersuchungen. Die Audienzen für die beiden Folgetage wurden abgesagt. Vier Tage später wurde die erfolgte Darmoperation mitgeteilt; der Papst verbrachte danach fünf weitere Tage im Krankenhaus. Zudem kämpft Franziskus seit Längerem mit Schmerzen im Knie. Er stützt sich seit Monaten auf einen Gehstock oder sitzt im Rollstuhl. Spekulationen über Rücktritt Die körperlichen Beschwerden des Papstes hatten Spekulationen über einen möglichen Amtsverzicht des Kirchenoberhaupts befeuert. Ende Juli vergangenen Jahres kündigte er an, wegen seiner gesundheitlichen Beschwerden weniger reisen zu wollen. Er müsse "seine Kräfte ein wenig aufsparen" oder "andernfalls über die Möglichkeit nachdenken, beiseite zu treten". Im Februar dieses Jahres erklärte Franziskus jedoch, ein Rücktritt stehe "derzeit nicht auf meinem Plan". Im kommenden Monat soll er Ungarn besuchen und sich dort mit Regierungschef Viktor Orban treffen. | /ausland/papst-franziskus-krankenhaus-101.html |
2023-03-29 | Neue Zuversicht | DAX deutlich höher | Zur Wochenmitte konnten die Aktienmärkte die Bankenkrise erfolgreich verdrängen. Dies- und jenseits des Atlantiks hoben Nachrichten aus der Chip-Branche die Laune.
mehr | Zur Wochenmitte konnten Aktienmärkte die Bankenkrise erfolgreich verdrängen. Dies- und jenseits des Atlantiks hoben Nachrichten aus der Chip-Branche die Laune. Auch am Mittwoch gab es keine neuen Krisensignale aus dem Bankensektor. Das lockte viele Investoren wieder an die Aktienmärkte. Mit der Chip-Branche rückte zudem wieder ein boomender Sektor in den Fokus. Dank einer optimistischen Quartalsprognose des Speicherchip-Herstellers Micron konnte der Technologieindex Nasdaq 100 um 1,87 Prozent zulegen. Hintergrund der hohen Chip-Nachfrage ist vor allem der Boom der Produkte im Bereich Künstliche Intelligenz. Auch die Standardwerte zogen deutlich an. Der Dow Jones ging 1,0 Prozent höher aus dem Handel. DAX gut aufgelegt Auch der deutsche Aktienmarkt konnte angesichts insgesamt erfreulicher Unternehmensnachrichten deutlich zulegen. Der DAX beendete den Handelstag 1,2 Prozent höher. Mit dem Sprung über einen viel beachteten Kurswiderstand bei rund 15.250 Punkten hat sich auch die technische Lage deutlich aufgehellt. Die neue Risikobereitschaft könnte aber angesichts der anhaltend hohen Anspannung der Märkte nach den jüngsten Bankenturbulenzen verfrüht sein. Experten warnen weiterhin, dass Anleger mit weiteren unliebsamen Nachrichten rechnen müssen. Deutsche Staatsverschuldung auf Rekordhoch Die deutschen Staatsschulden sind als Folge der gewaltigen Ausgaben im Rahmen der Corona-Pandemie und der Energiekrise auf ein Rekordhoch gestiegen. Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie Sozialversicherung einschließlich aller Extrahaushalte wiesen Ende 2022 einen Schuldenstand von 2367,3 Milliarden Euro aus, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das waren 2,0 Prozent oder 46,1 Milliarden Euro mehr als im Dezember 2021. Verbraucherstimmung leicht gestiegen Die Stimmung der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland hat sich den sechsten Monat in Folge verbessert. "Allerdings verringert sich die Dynamik gegenüber den vorherigen Monaten spürbar", so das Marktforschungsunternehmen GfK in Nürnberg am Morgen. Die GfK prognostiziert für das Konsumklima im April minus 29,5 Punkte und damit 1,1 Punkte mehr als im März. Von Februar auf März war der Index noch um 3,3 Punkte angestiegen. Euro kommt nicht voran Trotz der zunehmenden Risikofreude konnte der Euro gegenüber dem als Krisenwährung geltenden Dollar kaum mehr Boden gut machen. Am späten Abend notiert die Europäische Gemeinschaftswährung bei 1,0840 Dollar. Ölpreise fallen zurück Trotz eines überraschenden Rückgangs der Ölreserven in den USA fielen die Ölpreise bis zum Abend wieder zurück. Die Lagerbestände an Rohöl sanken im Vergleich zur Vorwoche um 7,5 Millionen auf 473,7 Millionen Barrel (159 Liter), teilte das US-Energieministerium mit. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete am späten Abend mit 78,20 Dollar 0,9 Prozent weniger als am Dienstag. Zuvor hatte noch die Schließung einer Ölpipeline vom Irak in die Türkei die Notierungen gestützt. Infineon einsame Spitze im DAX Stärkster DAX-Titel war Infineon. Der Chip-Konzern hatte am Dienstagabend wegen gut laufender Geschäfte mit Autobauern und der Industrie die Prognose angehoben. "Eine klar positive und schöne Überraschung", sagte ein Händler. Im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2022/23, das am 30. September endet, erwartet Infineon jetzt ein Umsatz von mehr als vier Milliarden Euro. Die Marge soll statt bei 25 Prozent nun bei nahe 30 Prozent liegen. SMA erhöht Jahresprognose SMA Solar hebt nach einem überraschend starken Start ins neue Jahr seine Prognose für 2023 an. Für das nun endende erste Quartal werde ein Umsatz von 340 bis 350 Millionen Euro erwartet nach 221 Millionen im Vorjahreszeitraum, teilte der Solartechnikkonzern am Abend mit. Das operative Ergebnis (Ebitda) dürfte auf 50 bis 60 (Vorjahr: 15) Millionen Euro klettern. Für das Gesamtjahr erwartet der Vorstand nun 1,45 bis 1,6 Milliarden Euro Umsatz. Bislang hatte das Management 1,35 bis 1,5 Milliarden in Aussicht gestellt. Das Ebitda dürfte 135 bis 175 Millionen Euro erreichen nach bislang prognostizierten 100 bis 140 Millionen Euro. Der Hersteller von Wechselrichtern will im weiteren Jahresverlauf verstärkt investieren, um vom anhaltend guten Marktumfeld zu profitieren. Infolgedessen werde sich die gute Profitabilität des ersten Quartals wohl nicht linear fortschreiben lassen. Bitterer Tag für Leoni-Aktionäre Der österreichische Unternehmer Stefan Pierer will den schwer angeschlagenen Autozulieferer Leoni vor der Pleite retten. Der bisherige Großaktionär wird nach dem heute vorgestellten Sanierungskonzept Alleineigentümer des Nürnberger Unternehmens, die übrigen Aktionäre verlieren bei dem geplanten Kapitalschnitt alles. Das sei aus Sicht des Vorstandes "die einzige verbleibende Sanierungslösung", teilte Leoni mit. Pierer will Leoni 150 Millionen Euro frisches Kapital zur Verfügung stellen. Banken und Schuldscheingläubiger sollen an späteren Gewinnen von Leoni beteiligt werden und so die Chance bekommen, wenigstens einen Teil der 708 Millionen Euro zurückzubekommen, auf die sie vorerst verzichten sollen. Kuwait verkauft Mercedes-Paket Schwächster DAX-Titel war Mercedes-Benz. Der kuwaitische Staat hat seinen Anteil an dem Autobauer verringert. Der Verkauf von etwa 20 Millionen Aktien sei Teil einer Diversifikationsstrategie der Anlagen, teilte die Kuwait Investment Authority (KIA) mit. Der Verkaufspreis lag bei 69,27 Euro und damit gut dreieinhalb Prozent unter dem Schlusskurs am Dienstag. Nach der Veräußerung der Anteile hält KIA noch etwa 53 Millionen Papiere und damit knapp fünf Prozent. Adidas rudert im Marken-Streit zurück Zunächst war Adidas beim amerikanischen Patent- und Markenamt gegen eine Verwendung des Streifendesigns Logo einer zentralen Stiftung der US-Bewegung Black Lives Matter vorgegangen. Heute kam dann eine Kehrtwende. "Wir sind bereits im Begriff, den Widerspruch gegen die Markenanmeldung der Black Lives Matter Global Network Foundation zurückzuziehen", so eine Konzernsprecherin. Die Stiftung war 2013 gegründet worden. Sie hatte ihr Markendesign mit drei Streifen im November 2020 angemeldet. TUI-Aktie leidet unter Kapitalerhöhung Die voraussichtlich noch bis zum 17. April laufende Kapitalerhöhung des Reisekonzerns belastete erneut die TUI-Aktie. Analyst Oliver Wojahn von Alster Research sprach gestern von einer "guten Kaufgelegenheit". Die Abschläge hätten eher technische Gründe. Der weltgrößte Reiseanbieter will über die Kapitalerhöhung die vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) gewährten Corona-Hilfen vollständig zurückzahlen. United Internet hält Dividende stabil Kosten für den Netzausbau und Marketing haben das Gewinnwachstum von United Internet im vergangenen Jahr gebremst. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen habe das Ergebnis (Ebitda) um 0,7 Prozent auf 1,272 Milliarden Euro zugelegt, teilte der Internet-Anbieter am Abend mit. Wegen eines schwächeren Finanzergebnisses sei der Nettogewinn aber auf 2,00 von 2,11 Euro je Aktie gesunken. Der Umsatz sei um 4,8 Prozent auf 5,915 Milliarden Euro und die Zahl der Kundenverträge um 730.000 auf 27,46 Millionen gestiegen. Erlöse und operatives Ergebnis lagen im Rahmen der Unternehmensziele. Auch bei der Mobilfunk-Tochter 1&1 dämpften die Kosten das Ergebnis. Beide Unternehmen stellten aber unveränderte Dividenden in Aussicht. Für 2023 peilt United Internet einen Umsatz von 6,2 Milliarden Euro und ein Ebitda auf dem Niveau von 2022 an. Basler kündigt Umsatzrückgang an Der Bildverarbeitungsspezialist Basler rechnet infolge einer abgekühlten Nachfrage mit einem deutlichen Umsatzrückgang. 2023 soll der Umsatz nur noch bei 235 bis 265 Millionen Euro liegen, teilte das SDAX-Unternehmen am Abend mit. Das wäre weniger als im Vorjahr (272,2 Millionen Euro) als läge auch unter dem Analystenkonsens. Davon dürften nur fünf bis acht Prozent als Vorsteuergewinn bei Basler hängen bleiben. Die Unternehmensführung bestätigte unterdessen die Mittelfristziele. Um das Renditeziel erreichen zu können, verordnet sich Basler ein Sparprogramm. Kontron nach Zahlen gefragt Eine angehobene Geschäftsprognose ließ die Aktie des IT-Dienstleisters Kontron deutlich steigen. Das SDAX-Unternehmen hatte mit seinen endgültigen Jahreszahlen für 2022 auch den Gewinnausblick für das laufende Jahr angehoben. Ein Börsianer sprach zudem von einer soliden Bilanzvorlage und lobte die höher als gedacht ausgefallene Dividende. PNE Wind enttäuscht mit Ausblick Der Windparkentwickler PNE Wind rechnet für das laufende Jahr mit einem operativen Ergebnis (Ebitda) zwischen 30 und 40 Millionen Euro. Laut Händlern ist das weniger als die bisherige Markterwartung. Der Gewinnausblick sei auch vor dem Hintergrund der anstehenden Investitionen eine ziemliche Enttäuschung. Gestern hatte Branchenkonkurrent Encavis angekündigt, dass für das vergangene Jahr zugunsten des Geschäftsausbaus keine Dividende gezahlt werden soll. Wie PNE-Wind-Aktien notierten auch Encavis-Papiere im Minus. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-dow-jones-331.html |
2023-03-29 | Staatsschulden auf Höchstwert | Statistisches Bundesamt | Der deutsche Staat ist so hoch verschuldet wie noch nie: 2022 stiegen die Schulden auf 2,37 Billionen Euro. Grund sind die Auswirkungen der Pandemie und der Energiekrise. Anders als Bund und Gemeinden bauten fast alle Bundesländer Schulden ab.
mehr | Der deutsche Staat ist so hoch verschuldet wie noch nie: 2022 stiegen die Schulden auf 2,37 Billionen Euro. Grund sind die Auswirkungen der Pandemie und der Energiekrise. Anders als Bund und Gemeinden bauten fast alle Bundesländer Schulden ab. Die Schulden im öffentlichen Gesamthaushalt in Deutschland sind zum Ende des vergangenen Jahres auf einen neuen Höchststand gestiegen. Insgesamt waren die Haushalte von Bund, Ländern, Gemeinden, Gemeindeverbänden und Sozialversicherung inklusive aller Extrahaushalte beim nicht öffentlichen Bereich mit 2367,3 Milliarden Euro verschuldet, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Pro Kopf entsprach das einer Verschuldung von 28.155 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die öffentliche Verschuldung um 2,0 Prozent oder 46,1 Milliarden Euro. Berücksichtigt werden in dieser Statistik nur Verbindlichkeiten gegenüber dem nicht-öffentlichen Bereich, also etwa Banken sowie private Unternehmen im In- und Ausland. Schulden des Bundes gestiegen Die Schulden des Bundes wuchsen überdurchschnittlich: Sie stiegen Ende 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 4,6 Prozent beziehungsweise 71,9 Milliarden Euro auf 1620,4 Milliarden Euro an. "Dies ist vor allem auf den weiterhin erhöhten Finanzierungsbedarf infolge der Pandemiesituation der vergangenen Jahre und der aktuellen Energiekrise zurückzuführen", betonten die Statistiker. Das geht vor allem auf den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zurück. Dieser wurde im Jahr 2020 eingerichtet, um den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie entgegenzuwirken. Im vergangenen Jahr wurde er erweitert, um die Folgen der Energiekrise abzufedern. Beide Bereiche zusammen sind mit 82,7 Milliarden Euro verschuldet. "Das neugegründete Sondervermögen Bundeswehr wurde mit einer Kreditermächtigung in Höhe von 100 Milliarden Euro ausgestattet, die im Jahr 2022 jedoch noch nicht in Anspruch genommen wurde", hieß es dazu. Fast alle Länder können Schulden verringern Die Länder stehen mit 606,8 Milliarden Euro in der Kreide. Das sind 5,0 Prozent weniger als zum Jahresende 2021. "Mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt konnten im Jahr 2022 alle Länder ihre Schulden gegenüber dem Jahresende 2021 verringern", hieß es dazu. In Sachsen-Anhalt stiegen die Schulden um 4,7 Prozent. "Wesentlicher Grund hierfür waren höhere Wertpapier-Emissionen zur Sicherung günstiger Zinskonditionen im Vorfeld erwarteter Zinserhöhungen am Kapitalmarkt." Die Verbindlichkeiten der Kommunen wuchsen um 4,4 Prozent auf 140,1 Milliarden Euro. Die Sozialversicherung wies einen Schuldenstand in Höhe von 36 Millionen Euro aus, was einem Rückgang um acht Millionen Euro entspricht. | /wirtschaft/konjunktur/staatssschulden-101.html |
2023-03-29 | Chinas Weg zur Wirtschaftsmacht | 30 Jahre "sozialistische Marktwirtschaft" | Vor 30 Jahren hat China die "sozialistische Marktwirtschaft" in der Verfassung verankert und die Planwirtschaft offiziell beendet. Aber die Kommunistische Partei hat sich nicht aus der Wirtschaft zurückgezogen - im Gegenteil. Von Ruth Kirchner. | Vor 30 Jahren hat China die "sozialistische Marktwirtschaft" in der Verfassung verankert und die Planwirtschaft offiziell beendet. Aber die Kommunistische Partei hat sich nicht aus der Wirtschaft zurückgezogen - im Gegenteil. Markt und Sozialismus - was das chinesische Staatsfernsehen vor 30 Jahren verkündete, ist auf den ersten Blick ein Widerspruch, hat aber Chinas Aufstieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt deutlich befördert. Unter der schützenden Hand der Staats- und Parteiführung entwickelten sich Privatunternehmen, die heute zur Weltspitze gehören: die Technologie- und Internetkonzerne Huawei, Tencent und Alibaba etwa. Gleichzeitig hat die Führung die Kontrolle über die Wirtschaft nie abgegeben; unter den 100 größten börsennotierten Firmen Chinas sind bis heute viele staatseigene Unternehmen, die ebenfalls auf der ganzen Welt Geschäfte machen: die Reederei COSCO, der Ölkonzern Sinopec oder das Stahlunternehmen Baosteel beispielsweise. Xi hat die Zügel angezogen In bunten Videos des staatlichen Auslandssenders CGTN erscheint die "sozialistische Marktwirtschaft" unproblematisch. Tatsächlich standen die Zeichen jahrelang auf wirtschaftliche Öffnung. Doch in der Praxis sind die Staatsunternehmen deutlich im Vorteil: etwa bei Krediten der ebenfalls staatlichen Banken oder bei der Vergabe von staatlichen Aufträgen. Und spätestens seit dem Amtsantritt von Staats- und Parteichef Xi Jinping vor über zehn Jahren spüren die Privatunternehmen die Kontrolle des Staates wieder sehr deutlich. Wer die Führung kritisiert, wie 2020 Alibaba-Gründer Jack Ma, bekommt politischen Druck zu spüren, der sich auch auf die Geschäfte auswirkt - den Börsengang der Finanztochter Ant musste er Ende 2020 kurzfristig absagen. Gerade gegen die privaten Internetkonzerne ist die Führung mit immer neuen Eingriffen vorgegangen - mit dramatischen Folgen, sagt Jörg Wuttke, Präsident der europäischen Handelskammer in Peking. "Gerade nach dem furchtbaren Jahr 2021, in dem ja Firmen wie Alibaba von Jack Ma furchtbar gelitten haben, in dem ja de facto eine Billion Euro an Marktwert zerstört wurde: Diese Spuren merkt man heute noch. Wir sind eine sehr viel staatlicher geführte Volkswirtschaft als noch vor 20 Jahren." Auch in den Privatunternehmen selbst hat die Kommunistische Partei ihren Einfluss ausgebaut - durch Parteizellen, die Einfluss auf das Management nehmen können. Zugleich versucht die Staats- und Parteiführung, die gesamtwirtschaftliche Entwicklung weiterhin zentral zu lenken - durch Fünfjahrespläne, die nicht mehr wie früher Getreide- oder Stahlquoten vorgeben, aber immer noch die Leitlinien der Wirtschaftspolitik festlegen. Ganz verschwunden ist die Planwirtschaft also nicht. Mit Investitionen in Infrastruktur - Straßen, Flughäfen, Eisenbahnlinien - versucht die Führung außerdem seit Jahren das Wachstum hoch zu halten. Auch hier profitieren immer wieder die staatlichen Konzerne. Symbolische Gesten sollen Unternehmen Hoffnung machen In Wirtschaftskreisen gibt es aber jetzt - trotz aller Restriktionen - vorsichtige Hoffnung, dass sich unter dem neuen Premier Li Qiang doch wieder ein businessfreundlicheres Klima durchsetzen könnte. Immerhin hat er als Parteisekretär von Shanghai Tesla nach China geholt. Das Umfeld für Privatunternehmen werde sich deutlich verbessern, versprach Li auf seiner ersten Pressekonferenz als Ministerpräsident Anfang März. Die Regierung werde ein Geschäftsklima schaffen, das sich am Markt und der Rechtslage orientiert. Alle Unternehmen würden gleichbehandelt; die Aussichten für die Privatwirtschaft seien hervorragend. Neben solchen Äußerungen sind es wie Anfang der 1990er Jahre symbolische Gesten, die die Hoffnungen privater Unternehmer beflügeln. 1992 - also noch ein Jahr, bevor die "sozialistische Marktwirtschaft" in der Verfassung verankert wurde - war es die legendäre Reise durch den Süden von Wirtschaftsreformer Deng Xiaoping, der klar machte: China wird sich wirtschaftlich weiter öffnen. Den Sozialismus erwähnte er wohl hauptsächlich noch, um die konservativen Marxisten in der KP zu besänftigen. "Jetzt müssen Taten folgen" Diese Woche war es ein kurzes Video, das Milliardär Jack Ma zeigte, der nach langen Auslandsaufenthalten überraschend wieder in China auftauchte und eine von ihm gegründete Schule in Hangzhou bei Shanghai besuchte. Beobachter werteten das als Zeichen der Entspannung für die Privatwirtschaft. EU-Kammerpräsident Wuttke bleibt trotzdem skeptisch. Man müsse nun "abwarten, wie der neue Premier sich zurechtfindet", sagt Wuttke. "Wir haben erst einmal positive Signale wahrgenommen von ihm, aber jetzt müssen Taten folgen. Wir sind noch in der Übergangsphase und wissen eigentlich nicht: Kommt jetzt eine stärkere Hinwendung zum liberalen Marktsystem oder nicht? Ich muss sagen, ich glaube nicht daran." Sicher, Premier Li Qiang gelte als wirtschaftsfreundlich, fügt Wuttke hinzu. Aber Li ist eben auch ein treuer Diener seines Herrn - und der heißt immer noch Xi Jinping. | /wirtschaft/weltwirtschaft/china-wirtschaftssystem-sozialistische-marktwirtschaft-101.html |
2023-03-29 | Adidas macht Kehrtwende bei Markenstreit | Logo von Black Lives Matter | Der Sportartikelhersteller Adidas ging noch Anfang der Woche vor dem US-Markenamt gegen das gelbe Streifendesign einer Stiftung von Black Lives Matter vor. Nur zwei Tage später rudert der Konzern im Streit zurück.
mehr | Der Sportartikelhersteller Adidas ging noch Anfang der Woche vor dem US-Markenamt gegen das gelbe Streifendesign einer Stiftung von Black Lives Matter vor. Nur zwei Tage später rudert der Konzern im Streit zurück. Drei gelbe Streifen im Logo einer zentralen Stiftung der US-Bewegung Black Lives Matter haben kurzzeitig für einen Markenstreit mit Adidas gesorgt. Der Sportartikelkonzern ging zunächst am Montag mit einem Antrag beim US-amerikanischen Patent- und Markenamt gegen eine Verwendung des Streifendesigns unter anderem auf Bekleidung, Taschen und Websites vor. Adidas ruderte dann aber wieder zurück. "Wir sind bereits im Begriff, den Widerspruch gegen die Markenanmeldung der Black Lives Matter Global Network Foundation zurückzuziehen", sagte eine Konzernsprecherin heute in Herzogenaurach. Adidas hatte dem Amt in einem eingereichten Antrag Anfang der Woche zunächst mitgeteilt, dass das gelbe Streifendesign der Black Lives Matter Global Network Foundation zu Verwechslungen mit seiner eigenen berühmten Drei-Streifen-Marke führen könne. Der Konzern führte weiter aus, dass er sein Logo bereits seit dem Jahr 1952 verwende und dieses "internationalen Ruhm und enorme öffentliche Anerkennung" erlangt habe. Einflussreiche Stiftung Black Lives Matter ist eine lose organisierte Bewegung, die in den vergangenen Jahren vor allem nach Fällen von brutaler Polizeigewalt gegen schwarze Amerikaner an Stärke gewann. Die Stiftung Black Lives Matter Global Network Foundation war 2013 von den Urhebern der Bewegung gegründet worden und gilt als einflussreich unter den Aktivisten. Die Stiftung hatte ihr Markendesign mit drei gelben Streifen den Unterlagen zufolge im November 2020 angemeldet. Es soll auf einer Vielzahl von Produkten wie Kleidung, Publikationen, Taschen, Armbändern und Tassen verwendet werden. Streifen sorgen immer wieder für Streit In der Vergangenheit hat es immer wieder Streit um das bekannte Drei-Streifen-Logo von Adidas gegeben. Seit 2008 reichte der Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach mehr als 90 Klagen ein und unterzeichnete mehr als 200 Vergleichsvereinbarungen im Zusammenhang mit der Marke. Dies geht aus Gerichtsdokumenten hervor, die das Unternehmen in einem Prozess gegen das Modehaus des Designers Thom Browne eingereicht hat. Dabei hatte ein Geschworenengericht im Januar entschieden, dass Brownes Streifenmuster die Markenrechte von Adidas nicht verletzen. | /wirtschaft/unternehmen/adidas-black-lives-matter-logo-streit-urheber-101.html |
2023-03-29 | Gesetz zu Kinderehen muss nachgebessert werden | Bundesverfassungsgericht | Das unter der Großen Koalition in Kraft getretene Gesetz zu Kinderehen verstößt gegen das Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht drängt in seiner Entscheidung vor allem auf einen stärkeren rechtlichen Schutz der Betroffenen.
mehr | Das unter der Großen Koalition in Kraft getretene Gesetz zu Kinderehen verstößt gegen das Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht drängt in seiner Entscheidung vor allem auf einen stärkeren rechtlichen Schutz der Betroffenen. Das seit 2017 in Deutschland geltende Gesetz zu sogenannten Kinderehen verstößt laut Bundesverfassungsgericht gegen das Grundgesetz. Die Karlsruher Richter fordern, die bestehenden Regelungen bis Mitte 2024 nachzubessern. Das Bundesverfassungsgericht sieht es zwar als berechtigt an, eine Eheschließung von einem Mindestalter der Ehepartner abhängig zu machen - und eine Ehe dementsprechend auch für ungültig zu erklären, sollte ein Ehepartner diese Altersgrenze zum Zeitpunkt der Vermählung unterschreiten. Allerdings müssten für einen solchen Fall, Regelungen getroffen werden, um die Rechte der betroffenen Ehepartner zu schützen. Gesetz legt Mindestalter von 16 Jahren fest Damit folgt das Bundesverfassungsgericht zum Teil der Einschätzung des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte sich 2018 mit dem Fall eines Paares aus Syrien beschäftigt, welches 2015 nach Deutschland gekommen war und kurz zuvor geheiratet hatte. Zu diesem Zeitpunkt war der Mann 21 Jahre und seine Partnerin 14 Jahre alt. Das 2017 in Kraft getretene "Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen" erklärt Eheschließungen jedoch pauschal für ungültig, wenn ein Ehepartner jünger als 16 Jahre ist. Das gilt auch, wenn die Ehe im Ausland legal geschlossen wurde. Der BGH kritisierte, dass das Gesetz keinerlei Ausnahmen zulässt und drängte stattdessen darauf, dass im Einzelfall entschieden werden sollte, ob eine Ehe wirksam ist oder nicht. Denn vor allem betroffene Mädchen drohen Ansprüche wie beispielsweise auf Unterhaltszahlungen oder auf Vermögensausgleich zu verlieren, wenn ihre Ehe für ungültig erklärt wird. Neuregelung bis Ende Juni 2024 Das Bundesverfassungsgericht urteilte nun, dass eine Ehe zwar ohne vorherige Einzelfallprüfung für nichtig erklärt werden kann. Die Folgen der Unwirksamkeit der Ehe für die beteiligten Ehepartner müssten jedoch rechtlich geregelt werden. Zudem sollte eine im Ausland geschlossene Ehe auch in Deutschland gültig geführt werden können, sobald die Ehepartner beide die Volljährigkeit erreicht haben. Bis Ende Juni des kommenden Jahres soll das Gesetz zu Kinderehen nun dementsprechend nachgebessert werden. Bis dahin bleiben die geltenden Regelungen in Kraft. Gerichte sollen vorerst selbst Maßgaben zu Unterhaltsansprüchen festlegen. Az. 1 BvL 7/18 | /inland/innenpolitik/bundesverfassungsgericht-kinderehe-101.html |
2023-03-29 | Tsais heikler Stopp in den USA | Taiwans Präsidentin | Auf ihrer Mittelamerika-Reise will Taiwans Präsidentin Tsai einen Aufenthalt in den USA einlegen - auch ein Treffen mit dem Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, McCarthy, ist möglich. China fühlt sich bereits im Vorfeld provoziert. Von Benjamin Eyssel. | Auf ihrer Mittelamerika-Reise will Taiwans Präsidentin Tsai einen Aufenthalt in den USA einlegen - auch ein Treffen mit dem Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, McCarthy, ist möglich. China fühlt sich bereits im Vorfeld provoziert. Wenn Tsai Ing-wen Kevin McCarthy kontaktiere, sei dies eine weitere Provokation, die das Ein-China-Prinzip beschädige, Chinas territoriale Integrität verletze sowie Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan zerstöre, so die Sprecherin des chinesischen Büros für Taiwan-Angelegenheiten, Zhu Fenglian. China wehre sich dagegen und werde auf jeden Fall Gegenmaßnahmen ergreifen, drohte die Sprecherin, ohne konkret zu werden. Nachdem McCarthys Vorgängerin Nancy Pelosi im Sommer in Taiwan war, hatte das chinesische Militär ein großangelegtes Manöver rund um die demokratisch regierte Insel durchgeführt. Die kommunistische Staats- und Parteiführung betrachtet Taiwan als eigenen Landesteil und wehrt sich dagegen, wenn Staaten aus ihrer Sicht zu enge Verbindungen mit Taiwan pflegen. Die Regierung in Peking droht Taiwan zudem regelmäßig mit Krieg. Tsai: Weder nachgeben noch provozieren Tsai Ing-wen sagte kurz vor ihrem Abflug am Flughafen von Taipeh: Sie sei ruhig und zuversichtlich, werde weder nachgeben noch provozieren. Taiwan werde den Weg von Freiheit und Demokratie gehen und in die Welt hinaustragen. Dieser Weg sei holprig, aber Taiwan sei nicht allein, so die taiwanische Präsidentin. Tsais Vorgänger Ma Ying-jeou ist gerade zu Besuch in Festlandchina. Als Ma Präsident war, zwischen 2008 und 2016, waren die Verbindungen zu China deutlich enger. In Taiwan sehen viele den Besuch Mas in China kritisch. In der Volksrepublik wird der Besuch begrüßt und von der Staatspropaganda instrumentalisiert. | /ausland/tsai-taiwan-usa-reise-101.html |
2023-03-29 | Zwölf Milliarden Euro Waffenhilfe für Kiew | Haushaltsausschuss berät | Der Haushaltsausschuss des Bundestags befasst sich heute mit einer massiven Aufstockung der Ukraine-Waffenhilfen: Weitere zwölf Milliarden Euro sollen freigegeben werden. Von Kai Küstner. | Der Haushaltsausschuss des Bundestags befasst sich heute mit einer massiven Aufstockung der Ukraine-Waffenhilfen: Weitere zwölf Milliarden Euro sollen freigegeben werden. Es ist ein ebenso eindeutiges Signal an die Ukraine wie auch an Russland: dass Deutschland Kiew auch langfristig mit Waffen unterstützen will. Insgesamt zwölf Milliarden Euro zusätzlich will die Bundesregierung dem angegriffenen Land zur Verfügung stellen. Die deutliche Aufstockung betrifft nicht nur das laufende Jahr, sondern auch den Zeitraum bis 2032. Zumindest ein Teil des Geldes soll darauf verwendet werden, direkt Waffen für die Ukraine zu beschaffen: "Wir helfen, solange die Ukraine unsere Hilfe braucht", betont der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Es gehe um Luftverteidigung, Schutzausrüstung und gepanzerte Fahrzeuge, die der Durchhaltefähigkeit dienten. Lücken bei der Bundeswehr sollen gefüllt werden Parallel zu den Ukraine-Hilfen ist dieser Mittwoch auch für die Bundeswehr ein entscheidender. Es geht darum, bei der Truppe entstandene Lücken wieder zu füllen, die durch die Abgabe von Waffen an die Ukraine gerissen wurden. Unter anderem will die Bundesregierung zehn Panzerhaubitzen des Typs 2000 nachbestellen und sich eine Kaufoption auf 18 weitere Haubitzen sichern. Insgesamt 14 Modelle dieses schweren Artilleriegeschützes hatte Deutschland im Verbund mit den Niederlanden an die Ukraine abgegeben. Unter Militärexperten galt es lange als Rätsel, warum die damalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht die Nachbestellung nicht bereits kurz nach der Abgabe Mitte vergangenen Jahres auf den Weg gebracht hatte. Das wird nun nachgeholt. Lambrecht war gestern mit dem Großen Zapfenstreich, den höchsten militärischen Ehren also, nach nur 13 eher unruhigen Monaten im Amt in den politischen Ruhestand verabschiedet worden. | /inland/haushaltsausschuss-zu-waffenhilfe-101.html |
2023-03-29 | Meldeportal gegen Verpackungsmüll | Mehrwegpflicht bei Take-away | Seit Jahresbeginn sind in Restaurants und Cafés Mehrwegangebote Pflicht, doch bei der Umsetzung hapert es. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace will nun mit einem neuen Meldeportal Druck machen.
mehr | Seit Jahresbeginn sind in Restaurants und Cafés Mehrwegangebote Pflicht, doch bei der Umsetzung hapert es. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace will nun mit einem neuen Meldeportal Druck machen. Take-away verursacht weiterhin große Mengen an Verpackungsmüll - obwohl Verbraucher seit dem 1. Januar ein Anrecht darauf haben, Mitnehm-Essen oder -Getränke in Mehrwegverpackungen zu erhalten. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace will nun den Druck auf die Betreiber von Restaurants, Bistros und Cafés erhöhen. Heute geht ein bereits im Februar angekündigtes neues Meldeportal an den Start. Darüber sollen Verstöße direkt an die jeweiligen Landesbehörden gemeldet werden können, also in der Regel an die Umweltministerien der Länder. Bußgelder bis zu 10.000 Euro In dem Portal können Verbraucher die Daten der Geschäfte hinterlegen, die den Regeln aus Sicht der Meldenden nicht nachkommen, und auf Verstöße hinweisen. Basierend auf der eingegebenen Postleitzahl werde der Hinweis per Mail an die jeweilige Landesbehörde geschickt. Im Idealfall solle die Kommune prüfen, ob die Verstöße weiter bestünden und dann dazu auffordern, sie zu beenden, hieß es von Greenpeace. Bei anhaltenden Verstößen und gegebenenfalls nach weiteren Verwarnungen könnten die Behörden dann Bußgelder verhängen. Laut Gesetz können diese Bußgelder bis zu 10.000 Euro betragen. Die Greenpeace-Expertin für Kreislaufwirtschaft, Viola Wohlgemuth, kritisierte, dass fast drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes teils nicht einmal die Zuständigkeiten für die Umsetzung geklärt seien. Auf Basis von Testkäufen in der Gastronomie hatte die Organisation zum Jahresbeginn bemängelt, dass viele Betriebe die Vorgaben nicht einhielten. Ausnahmen für Imbisse und Kioske Die Mehrwegangebotspflicht gilt seit dem 1. Januar. Mit der gesetzlichen Vorgabe werden Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, dazu verpflichtet, auch Mehrwegverpackungen anzubieten. Ziel ist es, die Mengen an Einweg-Kunststoffverpackungen einzudämmen. Das Bundesumweltministerium geht im To-go-Bereich von 770 Tonnen Abfall pro Tag aus. Von der Mehrwegangebotspflicht ausgenommen sind kleinere Geschäfte wie Imbisse und Kioske, in denen höchstens fünf Beschäftigte arbeiten und die eine Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern haben. Diese Betriebe müssen es jedoch ihren Kundinnen und Kunden ermöglichen, eigene, mitgebrachte Mehrwegbehälter befüllen zu lassen. | /wirtschaft/verbraucher/mehrweg-take-away-togo-greenpeace-meldeportal-muell-101.html |
2023-03-29 | Den Haag soll Klimagutachten erstellen | Internationaler Gerichtshof | Der Internationale Gerichtshof soll in einem Gutachten klären, welche Pflichten die Staaten im Kampf gegen die Erderwärmung haben. Angerufen hat das Gericht die UN-Vollversammlung, die eine Resolution des bedrohten Inselstaats Vanuatu annahm.
mehr | Der Internationale Gerichtshof soll in einem Gutachten klären, welche Pflichten die Staaten im Kampf gegen die Erderwärmung haben. Angerufen hat das Gericht die UN-Vollversammlung, die eine Resolution des bedrohten Inselstaats Vanuatu annahm. Im Kampf gegen die Klimakrise hat die UN-Vollversammlung den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag angerufen. Das Gericht soll ein Gutachten dazu erstellen, welche Verpflichtungen Länder zur Bekämpfung der Erderwärmung haben. Die Resolution betrifft die Handlungen von Staaten, die für die globale Erwärmung verantwortlich sind, sowie ihre Verpflichtungen gegenüber besonders betroffenen Staaten und den Erdbewohnern von heute und morgen. Der Schutz des Weltklimas für die derzeit lebenden und die künftigen Generationen wird als "beispiellose Herausforderung von zivilisatorischer Tragweite" bezeichnet. Eingebracht hatte die Resolution maßgeblich der Pazifik-Inselstaat Vanuatu, der wegen des Klimawandels existenziell bedroht ist. Das größte Gremium der UN verabschiedete sie einstimmig. Vanuatus Regierungschef, Ishmael Kalsaku, sprach von einer "klaren und deutlichen Botschaft" für die Welt und "auch in die ferne Zukunft". Gutachten nicht bindend Das Gutachten des IGH wird in etwa zwei Jahren erwartet. Allerdings ist es nicht bindend, könnte aber den Forderungen nach stärkeren Klimaschutzmaßnahmen mehr Nachdruck verleihen, so die Hoffnung der Vereinten Nationen. "Eine solche Meinung würde der Vollversammlung, den Vereinten Nationen und den Mitgliedstaaten helfen, die mutigeren und stärkeren Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, die unsere Welt so dringend benötigt", sagte UN-Generalsekretär António Guterres. Auch nationale Gerichte orientieren sich oft an Gutachten des IGH. Der Internationale Gerichtshof ist das Rechtssprechungsorgan der Vereinten Nationen und nicht mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu verwechseln, der ebenfalls in Den Haag sitzt. | /ausland/amerika/un-igh-klimagutachten-101.html |
2023-03-29 | Warum das Gesetz nachgebessert werden muss | BVerfG zu Kinderehen | Im Ausland geschlossene Ehen mit unter 16-Jährigen sind in Deutschland unwirksam - ohne Ausnahme. Das ist auch weiter möglich, beschloss nun das Bundesverfassungsgericht. Allerdings müsse der Gesetzgeber die Folgen für die Minderjährigen regeln. Von Max Bauer. | Im Ausland geschlossene Ehen mit unter 16-Jährigen sind in Deutschland unwirksam - ohne Ausnahme. Das ist auch weiter möglich, beschloss nun das Bundesverfassungsgericht. Allerdings müsse der Gesetzgeber die Folgen für die Minderjährigen regeln. Als 2015 und 2016 Hunderttausende Menschen vor dem Krieg in Syrien nach Deutschland flüchteten, wurden Kinderehen rasch ein Thema. Rund 1500 verheiratete Minderjährige lebten Mitte 2016 in der Bundesrepublik. Die Berliner Politik meinte damals, schnell handeln zu müssen. Im Sommer 2017 wurde das "Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen" verabschiedet. Die wesentliche Neuregelung: Wenn ein Partner unter 16 Jahre alt ist, sind im Ausland geschlossene Ehen automatisch unwirksam. Bei 16- bis 18-Jährigen kann die Ehe durch ein Gericht aufgehoben werden. Syrer klagte gegen die pauschale Regelung Schon damals gab es Kritik von Fachleuten an der pauschalen Regelung für unter 16-Jährige. Nicht weil sie die Kinderehe schützen wollten, sondern weil ihnen die Einzelfallprüfung durch Gerichte wichtig ist. Denn in Einzelfällen kann das Eherecht minderjährige Ehepartner auch schützen. Ist die Ehe hingegen automatisch unwirksam, entfallen alle familienrechtlichen Ansprüche. Die Neuregelung landete vor Gericht wegen der Klage eines Mannes aus Syrien. 2015 hatte er in Syrien seine Ehefrau geheiratet. Er war damals 21, sie 14 Jahre alt. Zusammen flohen sie vor dem Krieg über die Balkanroute nach Deutschland. Das Paar wurde getrennt. Die Frau kam in eine Jugendhilfeeinrichtung und unter die Obhut des Jugendamtes. BGH: Gesetzgeber hat Folgen zu wenig berücksichtigt Der Mann klagte dagegen bis zum Bundesgerichtshof. Der hielt das pauschale Verbot von im Ausland geschlossenen Kinderehen für verfassungswidrig und schaltete das Verfassungsgericht ein. Der BGH meinte, der Gesetzgeber habe sich keine Gedanken über die Folgen gemacht, wenn eine Kinderehe automatisch nichtig sei. Das Grundgesetz sehe für Ehe und Familie einen besonderen Schutz vor. Insbesondere seien Ehepartner füreinander verantwortlich. Sei die Ehe einfach nichtig, könne das für minderjährige Ehepartner auch negative Folgen haben. So verlieren sie beispielsweise Ansprüche auf Unterhalt. BVerfG: Einzelfallprüfung nicht zwingend nötig Das Bundesverfassungsgericht ist dem nun gefolgt und hat das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen für verfassungswidrig erklärt. Die Richterinnen und Richter stellten dabei aber ausdrücklich klar, dass ein Verbot von Kinderehen möglich ist, vor allem um minderjährige Mädchen zu schützen. Der Gesetzgeber darf dafür auch die Ehe für unter 16-Jährige pauschal für unwirksam erklären. Und es ist auch nicht unbedingt eine Einzelfallprüfung nötig. Das Verbotsgesetz von 2017 habe jedoch die Folgen einer unwirksamen Kinderehe nicht geregelt. Sei die Ehe unwirksam, müsse dennoch der soziale Schutz der minderjährigen Partnerin gewährleistet sein. Scheidungsrecht gilt auch für Minderjährige Wie wichtig den Richterinnen und Richtern beides ist - das Kindereheverbot und der soziale Schutz -, zeigt sich auch daran, dass sie selbst eine Übergangsregelung geschaffen haben. Die Politik müsse bis Juni 2024 die Kinderehe verfassungsgemäß neu regeln, entschied das Gericht. Bis dahin bleibt das pauschale Kindereheverbot bestehen. Kinderehen mit unter 16-jährigen Partnerinnen oder Partnern sind unwirksam. Damit die Minderjährigen trotzdem sozial abgesichert sind, gilt für sie ab sofort das Scheidungsrecht. Das bedeutet, dass minderjährige Partnerinnen einer unwirksamen Kinderehe Anspruch auf Unterhaltszahlungen haben können. Az. 1 BvL 7/18 | /inland/kinderehen-bundesverfassungsgericht-101.html |
2023-03-29 | Melonis rechte Regierung unter Druck | Ankunft Tausender Migranten | Nach Italien kommen derzeit besonders viele Migranten. Die Regierung Meloni war eigentlich mit einem Versprechen geschlossener Grenzen angetreten - jetzt wirkt sie hilflos und hofft auf Hilfe der EU. Von J. Seisselberg.
mehr | Nach Italien kommen derzeit so viele Migrantinnen und Migranten wie seit Jahren nicht. Vor allem aus Tunesien. Die Regierung Meloni sucht nach Lösungen und wendet sich an die EU. Es war eines ihrer zentralen Versprechen vor der Wahl: Mit ihr als Regierungschefin würden weniger Bootsmigranten an Italiens Küsten landen, hatte Giorgia Meloni angekündigt. Man werde künftig nur noch "auf legalem Weg" ins Land kommen: ein Versprechen der geschlossenen Grenzen. Jetzt ist Meloni seit rund fünf Monaten Ministerpräsidentin, und in den vergangenen Tagen sind so viele Menschen auf Booten über das Mittelmeer nach Italien gekommen wie seit Jahren nicht. Die linksliberale Zeitung "La Repubblica" schreibt in dieser Woche von einem "Boom der Migrantenankünfte". Viermal so viele Migrantinnen und Migranten wie im Vorjahr haben laut den offiziellen Zahlen des Innenministeriums seit Anfang Januar nach Italien übergesetzt - seit Jahresbeginn 27.000 Menschen. "50 Prozent kommen derzeit aus Tunesien" Dieser Anstieg hat mit der von der italienischen Regierung kritisierten Arbeit der Nichtregierungsorganisationen auf dem Mittelmeer nichts zu tun. Sondern, erklärt die Leiterin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Italien, Chiarda Cardoletti, vor allem mit Problemen in einem Herkunfts- und Durchgangsland: "Sicherlich hat das, was in Tunesien derzeit geschieht, enormen Einfluss." 50 Prozent der Eintreffenden komme derzeit von dort. Zusätzlich zu den bisherigen Ankünften aus Libyen und aus der Türkei "haben wir jetzt auch Menschen aus Ländern südlich der Sahara, die aus Tunesien starten". Dort hatte Präsident Kais Saied vor einigen Wochen mit einer Rede eine Welle rassistischer Übergriffe ausgelöst. Mit 6696 Ankünften war die Zahl allein am vergangenen Wochenende fast halb so groß wie im gesamten letzten Jahr, in dem 14.044 Menschen ankamen. Tunesien sei kein sicherer Platz mehr Italiens UNHCR-Chefin Cardoletti sagt über die mehreren Tausend Menschen aus den Ländern südlich der Sahara, die derzeit aus Tunesien übersetzen: "Sie erzählen uns, dass das Land für sie kein sicherer Platz mehr ist. Sie werden bei der Arbeit entlassen, bekommen keine Unterkünfte mehr und werden sogar verhaftet." Es sei eine besorgniserregende Situation, meint Cardoletti. Wenn sie nicht gelöst werde, könne dies "zu einer noch größeren Zahl von Ankünften in Italien führen". Salvini ruft die EU um Hilfe Eine Entwicklung, auf die die Regierung in Rom noch keine eigene Antwort hat, obwohl sie gerade bei diesem Thema politisch punkten wollte. Vizepremier Matteo Salvini, der wie Meloni im Wahlkampf eine nationale Politik der harten Hand angekündigt hatte, ruft nun Europa um Hilfe: "Jetzt sind es Brüssel, Berlin und Paris, die uns helfen müssen." Denn Lampedusa, wo wieder besonders viele Migrantinnen und Migranten anlanden, und andere Küstenorte lägen nicht nur an der italienischen, sondern auch an der europäischen Grenze. "Die italienische Regierung ist in Europa isoliert geblieben" Auch die Opposition in Rom wünscht sich mehr Unterstützung aus Europa, intensivere Gespräche mit Tunesien, sagt aber auch: Die Regierung Meloni bekomme jetzt zu spüren, dass sich ihre führenden Vertreter in der Vergangenheit häufig demonstrativ EU-skeptisch gezeigt hätten. Angelo Bonelli, Sprecher der Grünen und Linken im Parlament, meint mit Blick auch auf den jüngsten EU-Gipfel, auf dem es keine Fortschritte in Sachen Migrationspolitik gab: "Die italienische Regierung ist in Europa isoliert geblieben." Sie hätte eine Reform des Dublin-Abkommens und ein europäisches Rettungssystem erreichen müssen. "Nichts davon ist passiert", sagt Bonelli, und das sei "sehr gravierend". Regierung hält weiter Rettungsschiffe fest In ihrer nationalen Migrationspolitik wirkt die Regierung Meloni bisweilen hilflos. Ein erstes Regierungsdekret aus dem Herbst, wonach nur gefährdete Menschen von Rettungsschiffen an Land gehen sollten, wurde fast so schnell wieder kassiert, wie es geschrieben war. Jetzt hält Italien Rettungsschiffe von Nichtregierungsorganisationen in Häfen fest, wie aktuell die "Louise Michel" des Künstlers Banksy, weil sie mehrere Rettungsaktionen nacheinander durchführten. Obwohl, wie der UNHCR in Italien betont, gerade zurzeit jedes Rettungsschiff auf dem Mittelmeer gebraucht werde. Für die Regierung Meloni bleibt unter dem Strich eine Zahl der ankommenden Migranten, die um ein Vielfaches höher ist als die ihrer drei Vorgängerregierungen. | /ausland/meloni-migration-101.html |
2023-03-29 | Ultimatum für Höhlenkloster läuft ab | Ukrainisch-Orthodoxe Kirche in Kiew | Heute läuft die Frist der ukrainischen Regierung zur Räumung des Höhlenklosters in Kiew ab. Rund 200 Mönche und 400 Studenten sollen das Gelände verlassen. Der Vorwurf an die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche: Spionage für Russland. Von A. Beer. | Heute läuft die Frist der ukrainischen Regierung zur Räumung des Höhlenklosters in Kiew ab. Rund 200 Mönche und 400 Studenten sollen das Gelände verlassen. Der Vorwurf an die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche: Spionage für Russland. Gottesdienst in der Kirche des Heiligen Agapit Petscherskyj - einer der zahlreichen Bauten des berühmten Kiewer Höhlenklosters, deren goldene Kuppeln auf den Hügeln über dem Dnipro glänzen. Ein prächtig gekleideter Priester schwenkt den Weihrauch und schreitet langsam durch den mit alten Ikonen, bunten Fresken und Gold verzierten hohen Kirchenraum. Hunderte Gläubige verneigen und bekreuzigen sich ehrfürchtig. Verfahren gegen UOK-Amtsträger Gegründet im 11. Jahrhundert ist das Höhlenkloster einer der wichtigsten Orte des orthodoxen Christentums. Heute gehört die geschichtsträchtige Anlage dem ukrainischen Staat. Sie ist jedoch zugleich Hauptsitz der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK). Diese sagte sich zwar im Mai vergangenen Jahres los vom Moskauer Patriarchat, UOK-Oberhaupt Onufri forderte ein Ende des "Bruderkriegs". Doch seine Anhänger gelten als mögliche Agenten Moskaus. Es laufen zahlreiche Verfahren gegen UOK-Amtsträger - unter anderem wegen Propaganda oder Spionage für Russland. Die ukrainische Regierung beziehungsweise das Kulturministerium hat den Nutzungsvertrag der UOK gekündigt. Zum 29. März müssen die rund 200 Mönche und etwa 400 Studenten des geistlichen Seminars und der Akademie das Höhlenkloster inklusive der weltberühmten unterirdischen Höhlen räumen. "Gottlose Befehle der Politiker" Die Begründung lautet, das Kloster habe die Bestimmungen über die Nutzung von Staatseigentum verletzt, etwa durch Umbauten der Anlage, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Für Gottesdienstbesucherin Maria ist das ein Unding: "Ich bin orthodox und kann sagen, dass die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche nichts mehr mit der Russisch-Orthodoxen verbindet. Sie bemerken vielleicht, dass ich gut Ukrainisch spreche, und ich liebe mein Land, aber so etwas darf der Staat nicht machen." Der bisherige Vorsteher des Höhlenklosters ist Metropolit Pawel. Die Kündigungsfrist könne nicht eingehalten werden, sagte er. Der Metropolit der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche verglich die aktuelle Situation mit der Oktoberrevolution der Bolschewisten und dem besonders brutalen stalinistischen Terrorjahr 1937. Er rief die Gläubigen auf, ins Höhlenkloster zu kommen, um zu sehen, was die "gottlosen Befehle der Politiker" anrichten würden, so Pawel. "Es darf keine Revolution geben, es dürfen keine Brandsätze geworfen werden, wir können keine Steine werfen, wir können nur beten. Die Sicherheit aller kann ich nicht garantieren, weil Provokateure kommen könnten." "Satan hat das Heiligtum betreten" Der ukrainische Kulturminister Oleksandr Tkatschenko sieht in der UOK nach wie vor Vertreter des Moskauer Patriarchats, deren Oberhaupt sei ein glühender Putin-Anhänger. Dem Metropoliten der UOK gehe es nicht um Gott und die Gläubigen, sondern um sich selbst und seinen Mercedes, so Tkatschenko. Sowohl Minister als auch Priester müssten als Bürger der Ukraine das Gesetz respektieren. Auch wenn sie dem Klerus des Moskauer Patriarchats angehörten, so Tkatschenko im ukrainischen Fernsehen. Die Kuppeln des Höhlenklosters seien wegen der Kündigung für die UOK nicht schwarz angelaufen, betonte der Minister ironisch. Diese Teufelsgeschichte hatte die UOK verbreitet, und der grauhaarige Wassily Jossipowitsch ist davon felsenfest überzeugt. Ernst zeigt er auf die Kuppeln, die schwarz geworden seien. "Vorher waren sie silbern, und das bedeutet, dass Satan das Heiligtum betreten hat." "Patrioten in beiden orthodoxen Kirchen" Schräg über die Straße in der Kirche des Heiligen Feodosji Petscherskzyj feiert die Orthodoxe Kirche der Ukraine Gottesdienst. Die zweite orthodoxe Kirche, die sich nach der Unabhängigkeit der Ukraine formierte. Hier wird nicht kirchenslawisch, sondern ukrainisch gepredigt. Ihor eilt gerade in den Gottesdienst, an dem an diesem Tag weit weniger Menschen teilnehmen als gegenüber. Im Prinzip hätten alle den gleichen Gott, meint er. Wenn die Kirche des Moskauer Patriarchats (Anm. d. Red.: gemeint ist die UOK ) den Krieg verherrliche, sei das falsch. "Deshalb denke ich, dass die UOK das Höhlenkloster verlassen sollte." Ein älterer Gläubiger mit Schnurrbart und Kosakenfrisur meint, in beiden orthodoxen Kirchen in der Ukraine gebe es Patrioten. "Gott wird uns allen einen Platz zuweisen." Ein Verbot wäre schwierig Vor dem Höhlenkloster patrouilliert die Polizei. Bei der Kontrolle von Ausweisen gebe es manchmal Unmut, größere Zwischenfälle habe es bisher nicht gegeben, sagt einer knapp. Präsident Wolodymyr Selenskyj möchte die Ukrainische-Orthodoxe Kirche am liebsten verbieten lassen. Ob das Verbot einer ganzen Kirche verfassungsgemäß wäre, ist umstritten. Das wäre nach jetziger Gesetzeslage ein langwieriger Prozess, da - grob gesagt - jede Pfarrei einzeln verboten werden müsste. Selenskyj hat die Regierung bereits vor Längerem mit einem Gesetzentwurf beauftragt. Dieser soll beinhalten, dass religiöse Organisationen in der Ukraine künftig nur tätig werden können, wenn sie nicht mit "Einflusszentren in einem Aggressorstaat" verbunden sind. | /ausland/hoehlenkloster-raeumung-101.html |
2023-03-29 | "Horror" oder "Riesenfortschritt"? | Reaktion auf Ampelbeschlüsse | Während die Ampelparteien die Ergebnisse ihrer Marathonberatungen als langfristige Reform loben, zeigen sich Opposition und Umweltverbände entsetzt. Sie sehen in den Beschlüssen einen deutlichen Rückschritt beim Klimaschutz.
mehr | Während die Ampelparteien die Ergebnisse ihrer Marathonberatungen als langfristige Reform loben, zeigen sich Opposition und Umweltverbände entsetzt. Sie sehen in den Beschlüssen einen deutlichen Rückschritt beim Klimaschutz. Zweieinhalb Tage statt wie geplant ein paar Stunden dauerte es letztlich, bis die Ampelkoalition eine Einigung über strittige Themen wie Klimaschutzgesetz und den Ausbau der Infrastruktur präsentieren konnte. Die Regierungsparteien loben die gefassten Beschlüsse als wegweisend, doch viele der Kompromisse rufen auch starke Kritik hervor. Vor allem Umweltschützer schlagen angesichts des teils neuen Kurses der Ampelparteien Alarm. Die Deutsche Umwelthilfe bezeichnete die Bundesregierung als "Anti-Klimaschutz-Koalition", welche "kaum zählbare Horror-Nachrichten" verkündet habe. Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch kritisierte vor allem die "sage und schreibe 144 beschleunigten Autobahn-Bauvorhaben und die geplante faktische Gleichstellung von Verbrenner-Pkw mit Elektrofahrzeugen". "Klima wird weiter gegen die Wand gefahren" Auch vom Naturschutzbund NABU und Greenpeace ernteten die Ergebnisse der Berliner Marathonberatungen ein negatives Echo. Für beide Organisationen steht dabei ebenfalls die in den Worten der Ampelkoalition angekündigte "Reform des Klimaschutzgesetzes" im Fokus. Mit dieser geht nach Auffassung von NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger die Aufweichung der Sektorenziele einher. Diese Ziele sollen den Ausstoß schädlicher Treibhausgase in den einzelnen Bereiche wie etwa Verkehr, Bau oder Landwirtschaft begrenzen. Werden die Werte in einem oder mehreren Sektoren überschritten, muss die Bundesregierung mit Sofortprogrammen gegensteuern. Künftig soll die Bundesregierung aber erst dann eingreifen müssen, wenn die Grenzwerte zweimal in Folge überschritten werden - und zwar in allen Sektoren insgesamt. Die Überschreitung der Grenzwerte eines Sektors können damit künftig durch die Unterschreitung der Werte eines anderen Sektors ausgeglichen werden. Das Klimaschutzprogramm drohe auf diesem Wege "entkernt" zu werden, warnte der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace, Martin Kaiser, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Auch mit den "klimaschädlichen Autobahnprojekten", die "beschleunigt durchs Land asphaltiert werden" sollten, werde "das Klima weiter vor die Wand gefahren". "Deutschland bleibt auf Automobilität angewiesen" Doch es gibt auch positive Resonanz auf die Kompromisse der Ampel. Mehr Geld für den Ausbau des Schienennetzes, in Zukunft unter anderem finanziert durch Einnahmen aus der Lkw-Maut - das kommt beim Bündnis "Allianz pro Schiene" gut an. "Endlich wird der Zwang abgeschafft, die Lkw-Maut-Einnahmen in Bundesfernstraßen investieren zu müssen. Jetzt darf in umweltfreundliche Alternativen investiert werden, das ist ein Riesenfortschritt", sagte Geschäftsführer Dirk Flege. Auch die zugesicherte Beschleunigung beim Ausbau bestimmter Autobahnabschnitte findet beim Deutschen Städte- und Gemeindebund Zuspruch. "Deutschland wird noch sehr lange auf die Automobilität angewiesen sein. Es wird Jahrzehnte dauern, das Schienennetz - auch das europäische - so auszubauen, dass das Volumen der Schienentransporte sehr deutlich steigen kann", äußerte sich Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg in der "Rheinischen Post". Daher sei es richtig, auch in den Straßenausbau zu investieren. "Tragen stellvertretend für Gesellschaft Konflikte aus" Gerade gegen die beschleunigten Autobahnprojekte hatten sich die Grünen im Ringen um eine Ampeleinigung lange gewehrt. Auch im Nachhinein betonte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: "Das war kein Wunsch der Grünen." Letztendlich sei es aber wichtig, dass die Probleme gelöst worden seien. Auch die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang zog in den tagesthemen insgesamt eine positive Bilanz der Ausschusssitzung. Die Ampel trage "stellvertretend für die Gesellschaft Konflikte aus". Doch "am Ende sind wir aber eine Koalition", die "letztendlich anpackt, die ins Handeln kommt und auch Strukturreformen angeht". "Wahren Paradigmenwechsel" ermöglicht Wie Lang blickte auch der Vorsitzende der SPD, Lars Klingbeil, im tagesthemen-Interview auf "insgesamt zweieinhalb gute Tage" zurück. Und es seien "zweieinhalb Tage, die das Land die nächsten Jahrzehnte verändern werden" und die dafür sorgen könnten, dass Deutschland "ein starkes Land bleiben" werde. In den Augen von FDP-Fraktionschef Christian Dürr wird das "umfassende Modernisierungs- und Beschleunigungspaket" wegweisend sein und einen "wahren Paradigmenwechsel" ermöglichen. Auch Parteichef Christian Lindner sprach von "echten Durchbrüchen" und bescheinigte der Bundesregierung "Handlungsfähigkeit und den Gestaltungswillen". CDU zeigt sich "in Teilen fassungslos" Ganz anders klingt das vonseiten der Oppositionsparteien. Schon am Dienstagabend sprach CDU-Chef Friedrich Merz von einer "echten Regierungskrise" und Parteivize Andreas Jung zeigte sich im ARD-Morgenmagazin "in Teilen fassungslos" über die aus seiner Sicht fehlenden Antworten auf politische Streitpunkte. Es gebe keine Beschlüsse zum Bundeshaushalt oder zur Finanzierung der Kindergrundsicherung, kritisierte Jung. Auch er warf der Ampel vor, die "Antwort auf das Problem Klimaschutz" mit der veränderten Handhabung der Sektorenziele aufzuweichen. Linkspartei wirft Scholz "Führungsschwäche" vor Für den Fraktionschef der Linkspartei, Dietmar Bartsch, stehen am Ende des Koalitionsausschusses teils nur "nebulöse Ankündigungen", was für die Ampelparteien eine "blamable" Bilanz sei und die "fortgesetzte Führungsschwäche" von Bundeskanzler Olaf Scholz offenbare. Als "dürftig" bezeichneten die Fraktionschefs der AfD, Alice Weidel und Tino Chrupalla, die Ergebnisse der Koalitionsberatungen. Die AfD-Spitze kritisierte vor allem, dass das geplante Verbot des Einbaus neuer Öl- und Gasheizungen noch nicht vom Tisch sei. Die Bundesregierung will durchsetzen, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Für den Einbau klimafreundlicherer Heizungen soll es einen sozialen Ausgleich geben. | /inland/innenpolitik/koalitionsbeschluesse-klima-verkehr-reaktionen-101.html |
2023-03-29 | Auf dem Boden der parteipolitischen Tatsachen | Koalitionsausschuss | Mit ihrer Einigung nach der Marathonsitzung ist die Ampelkoalition endgültig zurück auf dem Boden der parteipolitischen Tatsachen, meint Hans-Joachim Vieweger. Vom "neuen Politikstil" ist angesichts der klaffenden Meinungsverschiedenheiten nichts mehr übrig.
mehr | Mit ihrer Einigung nach der Marathonsitzung ist die Ampelkoalition endgültig zurück auf dem Boden der parteipolitischen Tatsachen. Vom "neuen Politikstil" ist angesichts der klaffenden Meinungsverschiedenheiten nichts mehr übrig. Es klang nach Aufbruch, als die Ampelkoalition im Herbst 2021 startete: Statt Politik auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner versprach Olaf Scholz eine Politik der großen Wirkung. Robert Habeck meinte, Gegensätze könnten überwunden werden durch eine lernende Politik. Und Christian Lindner sagte, die drei Partner wollten sich nicht begrenzen, sondern erweitern. Von diesem Aufbruch, von dem viel beschworenen neuen Politikstil ist - das haben die vergangenen Tage und Wochen gezeigt - nichts übriggeblieben. Und daran ist nicht der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mit seinen Folgen für den Energiesektor schuld. Im Gegenteil: Die Krise hat die Konflikte, die in der Ampel von Anfang an angelegt sind, für eine Weile sogar übertüncht. Sie hat dazu beigetragen, dass sich die Ampel-Partner auf Lösungen geeinigt haben, die man ihnen ohne die Krise kaum zugetraut hätte: von der längeren Laufzeit der Kernkraftwerke bis hin zum schnellen Bau von LNG-Terminals. Der nächste Streit droht bereits Doch längst ist klar: Die Ampel ist auch nur eine Koalition wie jede andere. Eine Koalition, in der die verschiedenen Partner versuchen, ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen. Das zeigt sich auch bei den Ergebnissen der fast 30-stündigen Koalitionsrunde. Die SPD bekommt die soziale Abfederung für alle diejenigen, die ab dem kommenden Jahr neue Heizungen einbauen. Die Grünen bekommen mehr Geld für die Schiene, finanziert über eine höhere Lkw-Maut. Und die Liberalen bekommen die Beschleunigung von Straßenbauprojekten und mehr Technologieoffenheit beim Erreichen von Klimaschutzzielen. Wobei man unterm Strich feststellen muss, dass FDP und SPD in dieser Koalitionsrunde deutlich mehr erreicht haben als die Grünen. Das freilich deutet nicht auf eine dauerhafte Allianz. Denn schon bald könnte der nächste Streit folgen, der Streit um den Bundeshaushalt. Dabei dürfte dann wieder der klassische Graben zwischen eher ausgabefreudigen Sozialdemokraten und Grünen auf der einen Seite und den auf eine solide Haushaltspolitik pochenden Liberalen aufbrechen. Gegensätze bleiben eben doch Gegensätze Mit der Einigung zu Fragen der Planungsbeschleunigung und des Klimaschutzes sind die Konflikte der Koalition also nicht abgearbeitet. Insbesondere die Frage, wie stark der Staat in die Wirtschaft eingreifen soll oder wie stark die Politik auch in Sachen Klimaschutz auf die Kreativität der Wirtschaft setzen kann, wird ein solches Streitthema bleiben. Gegensätze bleiben eben doch Gegensätze, das ist normal in der Politik. Sie sollten aber nicht jedes Mal in so quälend langen Runden ausdiskutiert werden wie diesmal geschehen. Das untergräbt das Vertrauen in die Fähigkeit der Politik, Krisen zu bewältigen. | /kommentar/koalitionsausschuss-223.html |
2023-03-29 | Regierung verhandelt mit der Opposition | Verschobene Justizreform in Israel | Nach der Verschiebung der Justizreform in Israel zeigt sich die Opposition gesprächsbereit - bleibt aber skeptisch. In Jerusalem kam sie nun zu ersten Verhandlungen mit der Regierung zusammen.
mehr | Nach der Verschiebung der Justizreform in Israel zeigt sich die Opposition gesprächsbereit - bleibt aber skeptisch. In Jerusalem kam sie nun zu ersten Verhandlungen mit der Regierung zusammen. Im Streit über die geplante Justizreform in Israel sind die rechtsreligiöse Koalition und die Opposition zu ersten Verhandlungen zusammengekommen. Präsident Izchak Herzog lud die Arbeitsgruppen der Regierung sowie der zwei größten Oppositionsparteien zu dem Treffen in seine Residenz in Jerusalem ein, wie sein Büro mitteilte. Im Laufe der Woche soll es auch Gespräche mit den anderen Parteien geben. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte am Montag eine Verschiebung der Reform angekündigt, nachdem sich die wochenlangen Proteste verstärkt hatten und es auch in seiner Regierung zu Spannungen gekommen war. Die endgültige Verabschiedung der einzelnen Gesetzesprojekte zu der Reform solle erst nach Beginn der neuen Parlamentsperiode Mitte April erfolgen, sagte Netanyahu in einer Fernsehansprache. Unklar ist, ob nun bei den Verhandlungen ein vor wenigen Wochen von Herzog vorgeschlagener Kompromissvorschlag als Gesprächsgrundlage dienen soll. Netanyahu hatte den umfassenden Vorschlag damals als "unausgewogen" zurückgewiesen. Die Opposition stellte sich dagegen dahinter. Skepsis bei Opposition und Medien Medien und Opposition reagierten unterdessen mit Skepsis auf Netanyahus Ankündigung einer "Pause". Der Ministerpräsident wisse, "wie man eine krachende Niederlage mit hübschen Worten in ein Unentschieden verwandelt", hieß es in der israelischen Tageszeitung "Jediot Ahronot". Oppositionsführer Jair Lapid hatte am Montag Gesprächsbereitschaft angekündigt, war aber vorsichtig geblieben: "Wir haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht und werden daher zunächst sicherstellen, dass es sich nicht um eine List oder einen Bluff handelt." Die Parteien von Lapid und dem ehemaligen Verteidigungsminister Benny Gantz erklärten in einer gemeinsamen Stellungnahme, die Gespräche würden sofort eingestellt, wenn das Gesetz auf die Tagesordnung der Knesset gesetzt wird. Die Vorsitzende der Arbeitspartei, Meirav Michaeli, sah wenig Grund zu einem Kompromiss im Sinne des Ministerpräsidenten. "Der Kampf und der Protest müssen fortgesetzt und intensiviert werden." Netanyahu wolle mit seinen Aussagen nur Zeit schinden, letztlich aber genau das umsetzen, wovor so viele Menschen im Land Angst hätten. Erneut Proteste Die Gegner der Regierungspläne führten ihren Protest unterdessen weiter. Vor der Residenz des Präsidenten in Jerusalem versammelten sich am Abend Dutzende Menschen, um gegen den Start der Verhandlungen zu protestieren. "Die Oppositionsführer und der Präsident sollten wissen, dass sie sich an einer von Netanyahu geleiteten Theateraufführung beteiligen", kritisierte ein Sprecher der Organisatoren und forderte einen Stopp der Gespräche. Auch in Tel Aviv kam es am Nachmittag zu Kundgebungen mit Hunderten Demonstranten. Am Montagabend hatten erstmals auch Befürworter der Justizreform in Jerusalem demonstriert. Nachdem am Montag wegen eines Generalstreiks aus Protest gegen die Reform weite Teile des Wirtschaftslebens stillstanden, kehrte inzwischen wieder normaler Betrieb ein. Auch am internationalen Flughafen hoben wieder Flugzeuge regulär ab. Gesetzentwurf eingebracht Netanyahus Koalition will mit der Justizreform den Einfluss des Höchsten Gerichts beschneiden und die Machtposition der Regierung ausbauen. Sie wirft dem Höchsten Gericht übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Dem Parlament soll es künftig etwa möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen vor einer Staatskrise, sollte die Reform so umgesetzt werden. Trotz der angekündigten Verschiebung brachte die Koalition vor den Verhandlungen einen Gesetzesentwurf zur Änderung der Zusammensetzung des Gremiums zur Ernennung von Richtern im Parlament ein. Oppositionspolitiker sprachen von "einer Waffe am Kopf" während der Verhandlungen. Biden fordert Netanyahu zur Aufgabe der Justizreform auf Am Dienstag schloss sich auch US-Präsident Joe Biden der breiten internationalen Kritik an der Justizreform an. Er drängte Netanyahu zur Aufgabe des umstrittenen Vorhabens. "Ich hoffe, dass er davon abrückt", sagte Biden. Netanyahu reagierte umgehend mit einer Erklärung. "Israel ist ein souveränes Land, das seine Entscheidungen nach dem Willen seines Volkes trifft und nicht auf Druck aus dem Ausland, auch nicht von den besten Freunden", sagte er. Seine Regierung bemühe sich um Reformen "durch einen breiten Konsens". Den guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern tue Bidens Forderung allerdings keinen Abbruch, erklärte Netanyahu. "Ich kenne Präsident Biden seit über 40 Jahren und schätze sein langjähriges Engagement für Israel." Das israelisch-amerikanische Bündnis sei unzerbrechlich "und überwindet immer die gelegentlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen uns". | /ausland/israel-justizreform-gespraeche-101.html |
2023-03-29 | Das Grundproblem der Ampel bleibt | Einigung im Koalitionsausschuss | Nach ihrer Marathonsitzung hat sich die Ampel nun doch auf ein Maßnahmenpaket geeinigt - und um ein Bild der Einigkeit bemüht. Doch das Grundproblem der Koalition zeigt sich auch in diesen Beschlüssen. Von K. Girschick. | Nach ihrer Marathonsitzung hat sich die Ampel nun doch auf ein Maßnahmenpaket geeinigt - und sich anschließend um ein Bild der Einigkeit bemüht. Doch das Grundproblem der Koalition zeigt sich auch in diesen Beschlüssen. Olaf Scholz setzt den Ton. Es ist kurz nach fünf, der Kanzler spricht in der Pressekonferenz mit Kenias Präsident William Ruto. Scholz verspricht den fragenden Journalisten ein gutes Ergebnis, eines, das das Land voranbringen werde. Eine konkrete Frage zum Klima in den Gesprächen lässt er offen. Ob er denn der Kritik, er blockiere derzeit eher beim Klimaschutz, etwas entgegensetzen konnte - auch dazu kam nichts Konkretes. Dazu das Scholzsche Grinsen: Die geballte Hauptstadtpresse habe beim "Topfschlagen" offenbar wenig erfahren und eine Menge Falsches geschrieben. Dann Abgang Scholz - was nun alles beschlossen wurde, bleibt offen. Parteichefs wollen Krisennarrativ zerstreuen Eine quälende Nachtsitzung konnte die Koalition nicht vermeiden. Doch das alte Ampel-Ziel, nichts solle nach draußen dringen, das ist gelungen. Und der immer stärkere Eindruck einer veritablen Koalitionskrise - den wollten die später am Abend auftretenden Parteichefs ganz klar offensiv zerstreuen. Lars Klingbeil, Ricarda Lang und Christian Lindner traten harmoniesäuselnd auf. Alle drei griffen Formulierungen auf, die Scholz bereits am Nachmittag genutzt hatte. Die grüne Parteivorsitzende sprach davon, man habe im Koalitionsausschuss stellvertretend für die Gesellschaft Konflikte ausgetragen. Lindner griff Scholz' Genugtuung über das Dichthalten gegenüber Journalisten auf. Alle betonen die guten Beschlüsse. Auffällig ist aber, dass FDP-Chef Lindner einige Einigungen aufzählt, die sich zumindest nicht wörtlich im Beschlusspapier wiederfinden. Etwa, dass Gasheizungen, die mit grünem (klimaneutral hergestellten) oder blauem Wasserstoff (aus Erdgas) betrieben werden können, weiter zulässig sind. Reicht das für den Neustart? Ist das also das Ende der Streitereien, der Neustart, den die Koalition nach den nervenzehrenden vergangenen Monaten braucht? Oder nur der Auftakt zu neuen Diskussionen? Eine Kuh jedenfalls ist klar vom Eis: die Planungsbeschleunigung, über die Grüne und FDP erbittert gestritten hatten. Da ist klar: Die Grünen haben beim beschleunigten Autobahnausbau nachgegeben - und dafür Solarpanels und Windräder auf dem Seitenstreifen (oder gleich daneben) durchgesetzt. Und: Der Ausbau soll in Absprache mit den Ländern geschehen. Das hieße etwa, ein A100-Ausbau, den der Senat von Berlin ablehnt, würde dann nicht stattfinden. Im Gegenzug wird die Lkw-Maut ausgeweitet und erhöht, und rund 45 Milliarden Euro sollen in den nächsten vier Jahren in die Schiene fließen. Streit um klimafreundliche Heizungen bleibt Eine andere Kuh steht weiter drauf: Das Gesetz zum Einsatz klimafreundlicher Heizungen wird entschärft. "Das Gesetz wird dabei pragmatisch ausgestaltet, unbillige Härten auch zum sozialen Ausgleich werden vermieden." Doch konkreter wird es nicht. Und die Formulierung "es wird darauf geachtet, dass ein technologieoffener Ansatz verfolgt wird" lässt Interpretationsspielraum zu, wie Lindners Bemerkung zu Gasheizungen zeigt - das heißt, weiteres Streitpotenzial ist gegeben. Von Seiten des Naturschutzes - und damit der grünen Basis - könnte sich Kritik daran entzünden, dass statt Ausgleichsflächen für Eingriffe in die Natur auch eine Ausgleichszahlung möglich ist - die grüne Umweltministerin verteidigt die Änderung. Weniger Druck auf klimaschädlichen Verkehrssektor Der große Knackpunkt beim Klimaschutzgesetz - die Sektorziele - sollen aufgegeben werden. So könnte etwa ein geringerer CO2-Ausstoß der Industrie dem notorisch schlechten Verkehrssektor aushelfen. Doch der Druck auf die Sektoren Verkehr und Bauen wird so schwieriger, Verbindlichkeit wird zurückgenommen. Immerhin eine Einigung klingt klein, könnte aber Wirkung entfalten: Autofahrer sollen in Zukunft beim Kauf eines neuen Fahrzeugs erfahren, wie sich die Kosten für Treibstoff und Betrieb entwickeln. Die Energieverbrauchskennzeichnung soll dann die Belastung über den Lebenszyklus des Fahrzeugs durch CO2-Bepreisung und KfZ-Steuer klarer ausweisen. Scholz spricht von "großem Werkstück" Der Bundeskanzler sieht die Einigung als ein "großes Werkstück". Sie soll gleichzeitig Klimaschutz, wirtschaftliche Stärke und sozialen Frieden in Deutschland sichern. Doch nicht von dieser Einigung, sondern von ihrer weiteren Umsetzung hängt das ab. Und an vielen Stellen - siehe Heizung - bleibt darin ein Grundproblem der Ampel bestehen: Bestimmte Einigungen werden so weich formuliert, dass am Ende jeder etwas anderes darunter versteht. | /inland/innenpolitik/koalition-ausschuss-einigung-103.html |
2023-03-29 | Royale Wiederannäherung | Charles III. auf Staatsbesuch | Der Staatsbesuch von Charles III. und seiner Frau Camilla gilt vielen als Wiederannäherung an Europa und Deutschland - nach der Entfremdung durch den Brexit. Britische Konservative sprechen gar vom "europäischen König". Von Annette Dittert.
mehr | Der Staatsbesuch von Charles III. und seiner Frau Camilla gilt vielen als Wiederannäherung an Europa und Deutschland - nach der Entfremdung durch den Brexit. Britische Konservative sprechen gar vom "europäischen König". Es ist mehr als ein halbes Jahrhundert her, seit Elizabeth II. mit ihrem ersten Deutschlandbesuch 1965 das Ende der unmittelbaren Nachkriegszeit und den Beginn der deutsch-britischen Versöhnung einläutete. Heute, beim allerersten Staatsbesuch des neuen britischen Königs, stehen die engen historischen Bande zwischen Deutschland und Großbritannien wieder im Zentrum der königlichen Visite, diesmal aber auf ganz andere Weise: Als eine Wiederannäherung nach der Entfremdung der langen Jahre nach dem Brexit. Mit Charles III. komme ein "europäischer König" nach Deutschland, schreiben manche konservativen Medien auf der Insel jetzt, ein König, dessen enge persönliche Beziehungen zu Deutschland ihn auf besondere Weise befähigen dürften, eine neue Nähe zwischen London und Berlin voranzutreiben. Staatsbesuch im Sinne des Premierministers Ein Staatsbesuch ist das, der nicht nur verfassungsgemäß im Auftrag der britischen Regierung geschieht, sondern auch sonst ganz im Sinne des neuen britischen Premierministers Rishi Sunak sein dürfte. Der hat sich die allmähliche britische Wiederannäherung an die EU zu einer zentralen Aufgabe gemacht, um die durch den Brexit angeschlagene britische Wirtschaft wieder aufzurichten. Das in der letzte Woche nun auch im britischen Unterhaus verabschiedete "Windsor Framework", die Einigung mit Brüssel im ewigen Streit um das Nordirland-Protokoll, war der erste große Schritt hin zu mehr gegenseitigem Vertrauen und engerer Zusammenarbeit. Ein Kompromiss, den Sunak zu Recht für sich als ersten großen politischen Erfolg seiner Amtszeit verbuchen konnte, der für ihn aber auch ein schwieriger Balance-Akt bleibt, denn ein Großteil seiner eigenen Tory-Partei akzeptiert die Notwendigkeit einer Wiederannäherung an die EU weiter nur widerstrebend. Brexit-Ultras kritisierten Treffen mit von der Leyen scharf Und so kam es auch gleich zum Streit, als Sunak den neuen König Ende Februar bereits im Vorfeld der Verhandlungen um das Nordirland-Protokoll für seine Charmeoffensive gegenüber Europa einsetzen wollte und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Audienz im Buckingham Palast in Aussicht stellte. Die rechte, brexit-freundliche Presse schrie empört auf, das sei ein Bruch der in der Verfassung vorgesehenen Neutralität der britischen Krone. Der Brexit-Ultra Jacob Rees-Mogg erklärte gar, es sei "verfassungsmässig unklug", den König in eine politische Kontroverse zu ziehen, die EU-Kommissionschefin sei schließlich kein offizielles Staatsoberhaupt. Sunak aber blieb dabei, der Besuch von der Leyens im Palast fand statt, wenn auch etwas später als ursprünglich vorgesehen, nämlich erst nachdem er und die EU-Kommissionschefin in Windsor ihren Kompromiss verkündet hatten. Charles III. ist kein "unbeschriebenes Blatt" Für Charles und seine Stellung als König sind solche Verwicklungen in die nach wie vor kontroverse Post-Brexit-Politik nicht ungefährlich, ist er doch, anders als seine Mutter, die als junge Frau als weitgehend unbeschriebenes Blatt auf den Thron kam, ein Monarch, der vor seiner Thronbesteigung ein langes Leben als politischer Aktivist hinter sich gebracht hat. Sein jahrzehntelanges Eintreten für den Klimaschutz mag mittlerweile als überparteiliche Mission zur Rettung des Planeten durchgehen, auf anderen Ebenen aber steht sein bisheriges Engagement deutlich quer zu der Politik der zunehmend rechtspopulistischen britischen Regierung. Seine vielfältigen Stiftungen, wie der Prince’s Trust, die sich um das Schicksal sozial Benachteiligter kümmern, Charles' regelmäßige Empfänge für Flüchtlinge und politisch Verfolgte passen nicht zu einer Regierung, die mit zunehmend drakonischen Gesetzen das Grundrecht auf Asyl demnächst ganz abschaffen will und offen diskutiert, zu diesem Zweck sogar aus der Europäischen Menschenrechtskonvention austreten zu wollen. Ein Schritt, den im Übrigen weltweit bislang nur Russland und Belarus vollzogen haben. Auch ein Monarch kann Zeichen setzen Natürlich weiß Charles nur zu gut, dass er als König seine politischen und weltanschaulichen Überzeugungen nur noch in leisen Tönen andeuten kann, und in seiner ersten Rede nach dem Tod seiner Mutter hat er das auch offen angesprochen. Er mag offiziell das britische Staatsoberhaupt sein, die britische Monarchie aber ist eine konstitutionelle, das heißt, sie muss politisch weitestgehend neutral sein. Aber er kann Zeichen setzen, diskret und indirekt, und das scheint er auch weiter vorzuhaben. Als Liz Truss ihm im vergangenen Herbst die Reise zum COP27, dem Klimagipfel in Scharm El-Scheich, verbot, lud er kurzerhand zu einem COP27-Empfang in den Buckingham Palast, und alle kamen, auch die Regierung. Die Macht eines britischen Königs, Menschen zusammenzubringen und auf diese Weise symbolhaft Themen zu setzen, ist keine geringe, wer sagt schon ab, wenn er in den Palast geladen wird. Ökologisch bewegter Prinz of Wales populär in Deutschland Und so steht auch sein heute beginnender Staatsbesuch in Deutschland ganz im Zeichen der Themen, die ihn ein Leben lang beschäftigt haben. Wenn er am Donnerstagmorgen in Tegel ein Zentrum für ukrainische Flüchtlinge besucht, ist das natürlich auch ein Signal nach London. Wenn er sich auf dem Wittenbergplatz mit deutschen Bio-Bauern trifft und der Empfang im Schloss Bellevue unter der Überschrift "Energiewende und Klimaschutz" stattfindet, dann ist klar, dass Charles seine Rolle als Monarch bei aller Vorsicht auch weiterhin inhaltlich konkreter und politischer als seine verstorbene Mutter ausfüllen will. Wenig Kontroversen erwartet In Berlin und Hamburg dürfte das in den nächsten Tagen zu wenig Kontroversen führen. Im Gegenteil, der ökologisch bewegte Prince of Wales war in Deutschland jahrzehntelang deutlich populärer als in Großbritannien selbst. Umso interessanter wird es aber sein, wie der Besuch des neuen Königs auf der Insel selbst wahrgenommen wird. Ein "europäischer König", der im Auftrag seiner Regierung die Kontroversen der polarisierenden Brexit-Jahre gemeinsam mit den europäischen Partnern allmählich zu einem Abschluss führen will, dürfte zumindest bei den Tories nicht allen gefallen. | /ausland/charles-deutschland-101.html |
2023-03-29 | Armes reiches Land | Demokratische Republik Kongo | Seit 25 Jahren läuft die weltweit teuerste Friedensmission in der Demokratischen Republik Kongo. Trotzdem herrscht im Osten des Landes weiter die Gewalt. Der UN-Sicherheitsrat berät heute über die Lage dort - ohne neue Strategie. Von A. Diekhans. | Seit 25 Jahren läuft die weltweit teuerste Friedensmission in der Demokratischen Republik Kongo. Trotzdem herrscht im Osten des Landes weiter die Gewalt. Der UN-Sicherheitsrat berät heute über die Lage dort - ohne neue Strategie. Gruppen von Menschen schleppen sich eine Sandstraße im Osten der Demokratischen Republik Kongo entlang. Alle sind schwer beladen. Sie tragen Stoffbündel mit Kleidung, Kanister, einige sogar Matratzen. Safari Hangi hat ein Kleinkind auf den Schultern und sechs weitere Kinder bei sich. Der 42-Jährige hat sein Dorf verlassen, als schwer bewaffnete Kämpfer einer Miliz immer näher kamen. "Es waren so viele. Wir haben ständig Schüsse gehört", sagt er der Nachrichtenagentur Reuters. Alle Einwohner seien geflohen. Oft geht es um Zugang zu Minen Zurück blieb eines der vielen Geisterdörfer im Ostkongo. Wenn die Milizionäre kommen, zünden sie die Hütten an. Sollten doch noch Einwohner da sein, werden sie getötet. Die Region ist in der Dauerkrise. Wechselnde Milizen kämpfen gegeneinander und gegen die kongolesische Armee. Oft geht es um den Zugang zu Minen. Im Kongo lagern wertvolle Bodenschätze wie Kupfer, Coltan und Diamanten. In den vergangenen Monaten hat sich die Situation besonders zugespitzt, unter anderem wegen der großteils aus ethnischen Tutsi bestehenden M23-Miliz. Sie ist mit Unterbrechungen seit mehr als zehn Jahren aktiv und zuletzt immer stärker geworden. "Wichtig, dass die Welt erfährt, was sich hier abspielt" Die Zahl der Flüchtlinge ist so gestiegen, dass auch die Europäische Union sich gezwungen sah, etwas zu unternehmen. Vor rund zwei Wochen landete das erste Flugzeug mit EU-Hilfsgütern in der Provinzhauptstadt Goma, beladen unter anderem mit Zelten, Matratzen und Medizin. Allein in Goma gebe es inzwischen 600.000 Flüchtlinge, sagt der Botschafter der Europäischen Union im Kongo, Jean-Marc Châtaigner. Auch auf dem Weg in die Stadt entstehen immer mehr behelfsmäßige Lager. Zunächst solle humanitäre Hilfe im Wert von 47 Millionen Euro geschickt werden, so Châtaigner und stellte noch weitere Zahlungen in Aussicht. "Wir können nicht gleichgültig bleiben. Es ist wichtig, dass die Welt erfährt, was sich hier abspielt." Teuerste Blauhelm-Mission weltweit Eine Delegation des UN-Sicherheitsrats war zuletzt vor Ort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Für die Vereinten Nationen geht es auch darum, über die Zukunft der Friedensmission im Kongo zu entscheiden. Seit fast 25 Jahren sind Blauhelmsoldaten hier stationiert. Es ist der teuerste Einsatz weltweit. Verändert hat sich dadurch jedoch nichts. Der ständige UN-Vertreter Frankreichs, Nicolas De Rivière, sagte bei einer Pressekonferenz in Goma, allein die Präsenz der Truppen reiche nicht aus. "Der Weg aus der Krise kann nur politisch, durch Verhandlungen, gefunden werden", betonte er. Gleichzeitig müsse wenn nötig mit Gewalt reagiert werden, gerade gegen Gruppierungen wie die M23. Alle Strategien gegen Milizen erfolglos Doch alle Strategien gegen die Milizen sind bisher ins Leere gelaufen. Gibt eine die Waffen ab, formiert sich an anderer Stelle schon die nächste. Den Menschen bleibt nur die Flucht. Ende vergangenen Jahres waren nach Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks mehr als fünf Millionen Menschen innerhalb des Kongo vertrieben. Viele von ihnen sehen wie Familienvater Safari Hangi keine Zukunft mehr. "Wir leiden sehr wegen dieses Krieges. Wir könnten in unserem Dorf sein und die Felder bestellen", sagt Hangi. Aber jetzt seien sie Flüchtlinge und alles sei vorbei. | /ausland/afrika/demokratische-republik-kongo-dauerkrise-101.html |
2023-03-29 | Was die Ampel beschlossen hat | Ergebnisse des Koalitionsausschusses | Mehr Flexibilität beim Klimaschutz, schnellere Planung bei Straßen und bei der Bahn, sozialer Ausgleich beim Heizen: die Beschlüsse des Koalitionsausschusses im Überblick.
mehr | Mehr Flexibilität beim Klimaschutz, schnellere Planung bei Straßen und bei der Bahn, sozialer Ausgleich beim Heizen: die Beschlüsse des Koalitionsausschusses im Überblick. Klimaschutz Das Klimaschutzgesetz soll in zentralen Punkten umgebaut werden: Im aktuellen Gesetz hat jeder Sektor wie Energie, Gebäude oder Verkehr pro Jahr CO2-Vorgaben, die erfüllt werden müssen. Besonders der Verkehr, derzeit in Verantwortung von Volker Wissing (FDP), tut sich damit schwer und riss die Vorgaben bereits zweimal. Das Gesetz soll jetzt entschärft werden: "Die Einhaltung der Klimaschutzziele soll zukünftig anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden", heißt es im Beschlusspapier. Damit kann ein Sektor die Verfehlungen eines anderen ausgleichen, was vor allem Wissing helfen dürfte. Sollten die Gesamtemissionen über der Vorgabe liegen, muss die Regierung gemeinsam Lösungen finden. Das dürfte für Diskussionen unter den Ministerien sorgen. Bekräftigt wird, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein soll. Entscheidend für das Erreichen des Ziels soll der europäische Emissionshandel einschließlich seiner geplanten Ausweitung auf weitere Sektoren sein. Erneuerbare Energien Die Flächenausweisung für Windkraft soll erleichtert werden, auch für den Eigenverbrauch benachbarter Industrieanlagen. Zudem soll bei neuen Autobahnen verpflichtend die Möglichkeit zum Bau von Solaranlagen in deren Randbereich genutzt werden. Auch an Bahnstrecken sollen Solaranlagen entstehen, ebenso Windkraftanlagen neben Verkehrswegen. Naturschutzrecht Auch hier soll es Änderungen geben: Der bisherige Grundsatz, wonach es als "Realkompensation" für den Verlust von Naturflächen Kompensationen auf anderen Flächen geben muss, soll aufgeweicht werden. Stattdessen soll die Kompensation auch in Form einer Geldleistung erfolgen können. Verkehr Die Planungsverfahren für alle großen Infrastrukturprojekte sollen gestrafft und schneller vorangetrieben werden. Dieses Gesetz war lange zwischen FDP und Grünen umstritten. Jetzt sollen auch ausgewählte Autobahnen im verkürzten Verfahren durchgesetzt werden können und nicht nur Bahntrassen. Dafür werde eine "eng begrenzte Auswahl" von Straßen ausgewählt. Marode Brücken sollen ohne neues Planfeststellungsverfahren erneuert werden können. Die Deutsche Bahn benötigt dem Papier zufolge zur Deckung des Investitionsbedarfs bis zum Jahre 2027 rund 45 Milliarden Euro. Das Geld dafür soll unter anderem aus der Erweiterung der Lkw-Maut um eine CO2-Komponente kommen, die ab 2024 eingeführt wird. Die Maut greift dann zudem bereits für kleine Lkw ab 3,5 Tonnen. Für emissionsfreie Lkw soll es bis Ende 2025 eine Befreiung von der Maut geben, danach einen Rabatt von 75 Prozent. Ausnahmen soll es unter anderem für Handwerker geben. Für Vielfahrer soll das künftige 49-Euro-Ticket ohne Aufpreis in die Bahncard 100 integriert werden, so dass diese in allen Städten auch für den Nahverkehr genutzt werden kann. Der Schienengüterverkehr soll bis 2030 einen Marktanteil von 25 Prozent erreichen. Die Elektromobilität soll durch einen Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur vorangebracht, Stromnetze entsprechend ausgebaut werden. Zugleich will die Koalition eine Strategie für Einfuhren von E-Fuels entwickeln, also CO2-neutralen synthetischen Kraftstoffen. Im Steuerrecht sollen alle CO2-neutralen Fahrzeuge gleich behandelt werden. Das Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Fahrzeugen bis 2030 wird bekräftigt. Ebenfalls gefördert werden sollen der Rad- und Fußverkehr sowie emissionsfreie Busse. Heizen Das umstrittene Gesetz zum Einsatz klimafreundlicher Heizungen wird entschärft. "Das Gesetz wird dabei pragmatisch ausgestaltet, unbillige Härten auch zum sozialen Ausgleich werden vermieden und sozialen Aspekten angemessen Rechnung getragen." Zudem heißt es, "möglichst" jede Heizung solle ab 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Es werde genügend Übergangsspielräume geben. Heizungen mit fossilen Energieträgern sollten weiter betrieben werden können, wenn sie künftig mit klimafreundlichen Gasen genutzt werden könnten. Gefördert werden soll der Umbau von Heizungen mit Mitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds. Eine Austauschpflicht für bestehende Heizanlagen soll es nicht geben. Haushalt Die beschlossenen Maßnahmen sollen keine zusätzlichen Kosten im Bundeshaushalt verursachen. Möglich sein soll das durch das Heranziehen des Klima- und Transformationsfonds sowie der Lkw-Maut und der Einnahmen aus dem Emissionshandel. | /inland/beschluesse-koalitionsausschuss-103.html |
2023-03-29 | Schauspieler Robert Gallinowski gestorben | Im Alter von 53 Jahren | Er spielt oft die harten Kerle und war unter anderem in "Polizeiruf 110", "Kommissar Stolberg" und im "Tatort" zu sehen: Der Schauspieler Robert Gallinowski ist tot. Er starb überraschend im Alter von 53 Jahren, wie seine Agentin mitteilte.
mehr | Er spielt oft die harten Kerle und war unter anderem in "Polizeiruf 110", "Kommissar Stolberg" und im "Tatort" zu sehen: Der Schauspieler Robert Gallinowski ist tot. Er starb überraschend im Alter von 53 Jahren, wie seine Agentin mitteilte. Trauer um Schauspieler Robert Gallinowski: Er sei überraschend im Alter von 53 Jahren gestorben, sagte seine Agentin am Abend in Berlin der Nachrichtenagentur dpa. Zuvor hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Einem breiteren Publikum ist der Schauspieler, Hörspielsprecher und Lyriker unter anderem durch seine Auftritte in Fernsehreihen wie "Polizeiruf 110", "Kommissar Stolberg" und "Der Alte" bekannt geworden. Der gebürtige Aachener spielte zudem in mehreren "Tatorten" mit. Auf der Homepage seiner Agentur wurde nach seinem Tod ein Schwarz-Weiß-Foto des Schauspielers veröffentlicht. Zu lesen war "Ach, Robert (1969 -2023), Du wirst fehlen". Oft in der Rolle des harten Kerls Vor der Kamera war Gallinowski oft in der Rolle des harten Kerls zu sehen gewesen. Im Film "Nackt unter Wölfen" verkörperte er zum Beispiel den SS-Hauptsturmführer Robert Kluttig. Auch in Theaterrollen war er zu sehen: Besonders oft stand er in Berlin auf der Bühne, so etwa im Deutschen Theater ("Einsame Menschen"). | /inland/gallinowski-schauspieler-trauer-101.html |
2023-03-29 | Beharrlich und immer wieder gewaltsam | Proteste gegen Frankreichs Rentenreform | Erneut ist es in Frankreich bei den Protesten gegen die Rentenreform in mehreren Städten zu Ausschreitungen gekommen. 175 Polizisten wurden verletzt, 201 Menschen festgenommen. Politisch scheint die Lage verfahrener denn je. Von Carolin Dylla. | Erneut ist es in Frankreich bei den Protesten gegen die Rentenreform in mehreren Städten zu Ausschreitungen gekommen. 175 Polizisten wurden verletzt, 201 Menschen festgenommen. Politisch scheint die Lage verfahrener denn je. Alice war von Anfang an auf der Straße, bei fast jeder Demo: "So gut wie alle! Aber die letzten beiden waren mir echt wichtig - was zu viel ist, ist zu viel!" Dieses "zu viel" sei aus Sicht vieler junger Menschen der umstrittene Verfassungsartikel 49.3 gewesen, glaubt Alice. Seit die Regierung damit die Rentenreform durchs Parlament gebracht hat - ohne Abstimmung - kämen mehr junge Menschen zu den Demos, beobachtet die 29-Jährige. Artikel 49.3 war wirklich ein Wendepunkt. Seitdem geht es nicht mehr nur um die Rentenreform, sondern auch um die Demokratie. Das hat viele Jugendliche motiviert, die diesen Prozess und das Misstrauensvotum verfolgt haben und nun auf die Straße gehen. Fokus auf gewaltbereite Minderheit Auf Bildern sieht man im Moment vor allem die Ausschreitungen am Rand der Demos. Um es klar zu sagen: Die allermeisten Menschen protestieren weiter friedlich gegen die Reform. Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen rücken seit letzter Woche die so genannten "black blocs" in den Fokus: vor allem sehr junge Demonstrierende, die das Innenministerium der ultra-linken Szene zurechnet. Der Journalist Thierry Vincent hat sich intensiv mit den "black blocs" beschäftigt. "Sie kommen oft aus Gesellschaftsschichten mit 'kulturellem Kapital', also mit einem eher privilegierten Zugang zu Bildung und Kultur. Kinder von Lehrern, Künstlern - auch Journalisten", so Vincent am Abend im Fernsehsender France5. "Sie haben keine feste Struktur; es sind viele kleine, wenn Gruppen. Sie sind gern da wenn man sie nicht erwartet - und kommen nicht, wenn man mit ihnen rechnet. Ihre Stärke, wenn Sie so wollen, ist ihre Unberechenbarkeit." Politischer Stillstand Politisch geht es in der Debatte gerade weder vor noch zurück. Am Dienstag hatten die Gewerkschaften vorgeschlagen, einen Mediationsprozess zu starten und dafür unabhängige Vermittler zu benennen. Die Regierung hat dieser Initiative eine Absage erteilt. Aktuell liegt das Projekt beim Verfassungsrat - und der könnte mehrere Punkte für verfassungswidrig erklären, glaubt Dominique Rousseau, Experte für Verfassungsrecht. Aus seiner Sicht hatte unter anderem das Parlament zu wenig Mitsprache. Im Senat haben Sie zum Beispiel Regeln angewandt, mit denen insgesamt weniger Redner zugelassen wurden, oder die es erlaubt haben, dass nur diejenigen Änderungsanträge beibehalten wurden, die die Regierung eingebracht oder denen sie zugestimmt hat. Und dann kam noch Artikel 49.3! Das und mehr ist insgesamt ein bisschen viel - man kann argumentieren, dass das eine offenkundige, schwerwiegende und wiederholte Einschränkung ist für das Recht des Parlaments, in Ruhe über ein Gesetz zu debattieren. Bis Mitte April muss der Verfassungsrat entscheiden. Dass es bis dahin einen politischen Kompromiss geben könnte, scheint im Moment nur schwer vorstellbar. Immerhin: Offenbar will Premierministerin Elisabeth Borne die Gewerkschaften Anfang der Woche empfangen. Am nächsten Donnerstag soll es den nächsten landesweiten Aktionstag geben. In Paris ist sich der 21-jährige Mael sicher, dass die Proteste gegen die Reform weitergehen. Aus seiner Sicht kommt es dabei aber weniger auf die Demos an - sondern vor allem auf die Streiks: "Die Blockaden, die Streiks zum Beispiel in den Raffinerien. Die Demos sind ein Gradmesser für die Unzufriedenheit. Aber die eigentliche Bewegung - die zeigt sich woanders." | /ausland/europa/frankreich-streiks-proteste-rentenreform-103.html |
2023-03-28 | Slowakische Opposition erstattet Anzeige | Kampfjets für die Ukraine | Die Slowakei hat der Ukraine als erstes Land offiziell Kampfjets übergeben. Der Schritt war jedoch umstritten: Die stärkste Oppositionspartei hat nun Strafanzeige gegen die Regierung eingereicht. Von Marianne Allweiss. | Die Slowakei hat der Ukraine als erstes Land offiziell Kampfjets übergeben. Der Schritt war jedoch umstritten: Die stärkste Oppositionspartei hat nun Strafanzeige gegen die Regierung eingereicht. Die ersten vier MiG-29-Kampfflugzeuge hat die Slowakei bereits am 23. März in die Ukraine geliefert. Die anderen zugesagten neun Maschinen sollen in den kommenden Wochen übergeben werden, heißt es aus dem Verteidigungsministerium in Bratislava. Doch nun könnte die umstrittene Entscheidung von Premierminister Eduard Heger ein juristisches Nachspiel haben. Denn Hegers Kabinett ist nur noch geschäftsführend und mit eingeschränkten Kompetenzen im Amt. Die größte Oppositionspartei, die linkspopulistische Smer, wirft der Regierung Verfassungsbruch vor. Sie lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine kategorisch ab. Die Smer habe am Montag Strafanzeige gegen alle an der Entscheidung beteiligten Mitglieder des Kabinetts erstattet, erklärte ein Parteisprecher. Die Anzeige sei wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch und Sabotage ergangen. Laut Smer-Chef Robert Fico verfügt die slowakische Regierung seit einem erfolgreichen Misstrauensvotum im Dezember über kein Vertrauen des Parlaments mehr. Damals war das konservativ-populistische Kabinett endgültig an internen Streitigkeiten gescheitert. Die Regierung habe daher keine Befugnisse, um über die Grundausrichtung der slowakischen Außenpolitik zu bestimmen. Die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine sei eine solche Grundsatzfrage. Slowakische Regierung plant auch Anzeige Der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Nad kündigte seinerseits an, Anzeige gegen Fico zu erstatten - wegen Verleumdung. Das sei "kein Spaß mehr". Das Kabinett habe einstimmig einer bilateralen Vereinbarung mit der ukrainischen Regierung zugestimmt. Dazu sei sie laut Artikel 119 der Verfassung befugt. Auch Parlamentspräsident Boris Kollar und Präsidentin Zuzana Caputova seien mit dem Vorgehen einverstanden. Nad berief sich auf eine juristische Analyse, die der Regierung vorliege, aber nicht veröffentlicht werden dürfe. Allerdings waren diesem Schritt tagelange Diskussionen und juristische Bedenken vorausgegangen. Ursprünglich wollte die slowakische Regierung das Parlament über die Lieferung ihrer ausgemusterten Kampfjets sowjetischer Bauart an Kiew abstimmen lassen. Doch dazu hätte sie eine Dreifünftelmehrheit benötigt - und die wäre ohne Teile der Opposition ungewiss. "Auf der richtigen Seite der Geschichte" Die slowakische Regierung gilt als eindeutig proukrainisch. Sie hatte sich dem NATO-Mitglied Polen angeschlossen und der Ukraine kurz nach Warschau MiG-29-Kampfflugzeuge zugesagt. Verteidigungsminister Nad erklärte, die Slowakei stehe "auf der richtigen Seite der Geschichte". Mit dieser Geste habe man sich in Großbuchstaben in die moderne Weltgeschichte eingetragen. Die Slowakei hatte die Jets vergangenes Jahr ausgemustert. Nur "feindliche", also russische Techniker hätten sie noch warten können. Die Ukraine könne sie aber sofort einsetzen, hieß es damals. Außerdem soll Kiew Teile des Flugabwehrsystems "Kub" erhalten. Als Kompensation für die Übergabe der Kampfjets haben die USA der slowakischen Regierung Vergünstigungen beim Kauf neuer Militärhubschrauber angeboten. Auch EU-Gelder sind im Gespräch. Mehrheit gegen Jet-Lieferung Laut einer aktuellen Umfrage sind nur 20 Prozent der Slowakinnen und Slowaken für die Lieferung der MiGs, 60 Prozent sind dagegen. Oppositionsführer Fico greift diese Stimmung auf. Der Langzeitregierungschef hat sich in der Opposition radikalisiert, ist auf Anti-Corona-Demonstrationen aufgetreten genau wie neben bekannten prorussischen Aktivisten. Die Bürger der Slowakei müssten wissen, dass die Regierung in Demission und die Präsidentin das Land "einer gewaltigen Bedrohung" aussetzen, so Fico. Er sei gespannt, welche Reaktionen "auf diesen Akt der offenen Feindschaft" aus Russland folgen werden. Das sei "nicht unser Krieg", die Ukraine sei kein Mitglied der NATO. Der Oppositionsführer könnte nach vorgezogenen Neuwahlen im September wieder an die Macht zurückkehren. Seine frühere sozialdemokratische Smer-Partei führt inzwischen in allen Umfragen. | /ausland/europa/slowakei-strafanzeige-kampfjets-ukraine-101.html |
2023-03-28 | Alibaba spaltet sich in sechs Firmen auf | Chinesischer Großkonzern | Chinas Online-Handelsriese Alibaba soll künftig aus eigenständigen Firmen bestehen, die separat an die Börse gehen könnten. Kurz zuvor war Mitbegründer Jack Ma erstmals seit langem wieder in der chinesischen Öffentlichkeit erschienen.
mehr | Chinas Online-Handelsriese Alibaba soll künftig aus eigenständigen Firmen bestehen, die separat an die Börse gehen könnten. Kurz zuvor war Mitbegründer Jack Ma erstmals seit langem wieder in der chinesischen Öffentlichkeit erschienen. Alibaba, der chinesische Wettbewerber von Amazon, plant einen radikalen Umbau und die Aufspaltung in sechs eigenständige Unternehmen. Jedes davon solle die Möglichkeit von Börsengängen oder anderen Formen der Kapitalbeschaffung prüfen, während Alibaba selbst zukünftig als Holding tätig sein werde, teilte der Konzern mit. "Die Absicht und der grundlegende Zweck dieser Reform besteht darin, unsere Organisation flexibler zu machen, die Entscheidungswege zu verkürzen und schneller zu reagieren", schrieb Konzern-Chef Daniel Zhang heute in einem Mitarbeiter-Rundschreiben. Zurück zu "einer unternehmerischen Denkweise" Künftig werde der Technologieriese aus eigenständigen Gruppen bestehen: Cloud Intelligence Group, Taobao Tmall Commerce Group, Local Services Group, Cainiao Smart Logistics Group, Global Digital Commerce Group sowie Digital Media und Entertainment Group. Jede Firma werde eigene Vorstandschefs und Verwaltungsräte haben. Über allem schwebe als Holding die Alibaba Group, die von Zhang geleitet werde. Dieser werde auch Chef der Cloud Intelligence Group. Zhang rief die Beschäftigten dazu auf, "zu einer unternehmerischen Denkweise" zurückzukehren. Außerdem kündigte er eine Ausdünnung der Verwaltung an, nannte aber keine Details über einen Stellenabbau. Die in den USA notierten Alibaba-Titel stiegen vorbörslich um mehr als sechs Prozent. "Dies bringt ein Element der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in ein Unternehmen, das derzeit eine Art Ungetüm ist", sagte Stuart Cole, Chef-Volkswirt des Brokerhauses Equiti Capital. Allerdings werde es sicher eine ganze Weile dauern, aus einer Firma sechs zu machen. Jack Ma wieder aufgetaucht Die Ankündigung kommt nur einen Tag, nachdem der Mitbegründer der Firma, Jack Ma, zum ersten Mal seit Jahren wieder in China gesichtet wurde. Volkswirt Cole sieht darin keinen Zufall: "Für mich deutet das darauf hin, dass Alibaba diesen Plan schon seit einiger Zeit gehegt und auf eine günstige Gelegenheit gewartet hat." Der prominente Milliardär Ma hatte im Jahr 2020 die Regulierung in seinem Heimatland kritisiert, was als Auslöser für den verschärften staatlichen Druck auf die Privatwirtschaft galt. In der Folge scheiterte der geplante Börsengang von Ant Financial, dem Finanzdienstleister, der den Bezahlservice Alipay betreibt und zu Alibaba gehört. Nach diesem Rückschlag verschwand Ma für mehrere Monate von der Bildfläche und verlor dabei auch seinen Status als reichster Chinese sowie die Kontrolle über Ant. | /wirtschaft/unternehmen/techkonzern-alibaba-aufspaltung-china-101.html |
2023-03-28 | Scholz kündigt "großes Werkstück" an | Koalitionsausschuss | Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und FDP ringen in vielen Streitfragen weiter um Kompromisse. Kanzler Scholz schürte die Erwartungen: Die wichtigsten Themen seien geklärt, sagte er. Der Koalitionsausschuss werde ein "großes Werkstück" vorlegen.
mehr | Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und FDP ringen in vielen Streitfragen weiter um Kompromisse. Kanzler Scholz schürte die Erwartungen: Die wichtigsten Themen seien geklärt, sagte er. Der Koalitionsausschuss werde ein "großes Werkstück" vorlegen. Am dritten Tag der Beratungen des Koalitionsausschusses sieht Bundeskanzler Olaf Scholz große Fortschritte. SPD, Grüne und FDP haben nach seinen Angaben die wichtigsten Themen geklärt. "Es wird hier sehr, sehr gute Ergebnisse geben", sagte er nach einem Treffen mit Kenias Präsidenten William Ruto im Kanzleramt. "Ich bin sehr, sehr zuversichtlich, dass wir ein großes Werkstück zustande bringen", versprach der SPD-Politiker. Man habe die "hauptsächlichen Fragen" geklärt. Es gehe nun noch um viele Details, die zu einem guten Gesamtwerk passen sollten. Die Öffentlichkeit werde überrascht sein, was alles drin sei, betonte Scholz. Die Koalition packe Projekte an, über die im Vorfeld in den Medien nicht berichtet worden sei. "Es wird sich gelohnt haben" Scholz spielte die Länge der Verhandlungen seit Sonntagabend herunter. Auch in früheren Regierungen habe es sehr lange Beratungen gegeben. Es sei nun wichtig, dass man als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt alles richtig mache. Es gehe um eine Tempo-Beschleunigung der Entscheidungen. "Deshalb ist die Mühe sinnvoll. Es wird sich gelohnt haben", betonte er. Scholz lobte die gute Sacharbeit zwischen den drei Parteien. "Es geht um die größte Modernisierung einer Volkswirtschaft." In der Ampel-Koalition wachse durch diese Debatte auch das Gefühl, "dass wir es sind, die es machen müssen", sagte er angesichts der Vorwürfe etwa der Opposition, dass die Ampel heillos zerstritten sei. Bündel an Streitthemen Die Ampel-Koalition hatte ihre Gespräche am Sonntagabend aufgenommen, am Montag aber am frühen Nachmittag unterbrochen, weil Scholz und mehrere Minister zu deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen nach Rotterdam reisten. Heute wurden die Gespräche fortgesetzt - allerdings ist noch kein Ende des Koalitionsausschusses abzusehen. Bei den Verhandlungen geht es vor allem um mehr Klimaschutz im Verkehrsbereich und einen schnelleren Bau von Autobahnen. Auch über den Austausch von Öl- und Gasheizungen sowie die Finanzierung und Gestaltung der geplanten Kindergrundsicherung hatte die Koalition zuletzt gestritten. Zuversicht beim SPD-Fraktionsvize Außenministerin Annalena Baerbock sprach am Morgen von einer leidenschaftlichen, aber zugleich kontroversen Debatte. Der SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch gab sich hoffnungsvoll: "Wichtig ist, dass wir jetzt bestimmte Streitfragen zugespitzt klären, damit wir eine Vorlage haben, dann im parlamentarischen Verfahren tatsächlich diese Fortschritte zu erzielen, die dringend notwendig sind", sagte er im ARD-Morgenmagazin. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass das den drei Partnern heute gelingt." Unionsfraktionschef Friedrich Merz attestierte der Ampel-Koalition angesichts der mehrtägigen Gespräche Handlungsunfähigkeit. "Wir haben ganz offensichtlich in Deutschland eine Regierungskrise", sagte Merz vor einer Sitzung der CDU/CSU-Abgeordneten in Berlin. | /inland/innenpolitik/scholz-zwischenstand-koalitionsausschuss-101.html |
2023-03-28 | Tochter malte Antikriegsbild - Russe verurteilt | Zwei Jahre Haft | In Russland ist ein Vater wegen Kritik am Krieg gegen die Ukraine zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden. Der Fall kam ins Rollen, nachdem seine Tochter ein Bild mit der Aufschrift "Ruhm der Ukraine" in der Schule gemalt hatte.
mehr | In Russland ist ein Vater wegen Kritik am Krieg gegen die Ukraine zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden. Der Fall kam ins Rollen, nachdem seine Tochter ein Bild mit der Aufschrift "Ruhm der Ukraine" in der Schule gemalt hatte. Ein russisches Gericht hat einen alleinerziehenden Vater wegen Kritik am Krieg in der Ukraine in Abwesenheit zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Alexej Moskaljow sei für schuldig befunden worden, die russische Armee in den Online-Netzwerken "diskreditiert" zu haben, sagte sein Anwalt Wladimir Biljenko. Nach Angaben des Anwalts und von Aktivisten erregten im vergangenen Frühjahr zunächst Zeichnungen der Tochter die Aufmerksamkeit der Behörden. Die damals 13-Jährige hatte in der Schule ein Antikriegsbild mit dem Schriftzug "Ruhm der Ukraine" gezeichnet. Darauf zu sehen sind laut den Nachrichtenagenturen AFP und Reuters auch russische Raketen, die auf eine ukrainische Mutter und ein Kind gerichtet sind. Die Schulleitung schaltete umgehend die Polizei ein. Daraufhin wurde der Vater einen Tag später erstmals auf die Polizeistation gebracht und eine Geldstrafe gegen ihn verhängt. Als dann im Winter kriegskritische Kommentare seiner Tochter im Internet auftauchten, durchsuchten die Behörden Moskaljows Wohnung und leiteten das Strafverfahren ein, weil er Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine kritisiert habe - so der Vorwurf. Moskaljow bestritt die Vorwürfe und gab an, der Zugang zu seinem Computer sei ohne sein Wissen von anderen genutzt worden. Vater könnte Sorgerecht ganz verlieren Seit März stand Moskaljow unter Hausarrest, ihm wurde das Sorgerecht für seine Tochter zunächst vorläufig entzogen. Laut Gericht soll der 54-Jährige in der Nacht aus dem Arrest geflohen sein. Bei der Urteilsverkündung war er nicht anwesend. Zur Überwachung hatte er ein elektronisches Armband getragen, das er aber offenbar abstreifte. Als die Nachricht von seiner Flucht bekannt wurde, gab es Applaus im Gerichtssaal. Laut Moskaljows Anwalt könnte sein Mandant in einem weiteren Verfahren Anfang April das Sorgerecht endgültig verlieren. Nach seinen Angaben wurde das Mädchen inzwischen unter Vormundschaft gestellt und könnte nun "binnen eines Monats in ein Waisenhaus" gebracht werden. Medienberichte über inszeniertes Verfahren Unabhängige Medien berichteten aus dem Gerichtssaal von einem inszenierten Verfahren mit einstudierten belastenden Aussagen vermeintlicher Zeugen. Es seien keine Beweise vorgelegt worden. Der Kremlkritiker Michail Chodorkowski kommentierte, dass der Machtapparat den Vater nutze, um das vom Gesetz nicht zu belangende Kind doch zu bestrafen. Der Fall sorgte in Russland für Aufsehen. Das Urteil werten Beobachter als Zeichen, dass der Kreml sein Vorgehen gegen abweichende Meinungen verstärkt, immer mehr Menschen ins Visier nimmt und die Strafen für kritische Äußerungen gegen den Krieg verschärft. Russland hatte im Zuge des Krieges strenge Gesetze verabschiedet und Kritik an der Armee unter Strafe gestellt. | /ausland/europa/vater-verurteilt-tochter-antikriegsbild-101.html |
2023-03-28 | Auf der Suche nach prorussischen Saboteuren | Ukrainische Polizeipatrouille | Mehr als 600 prorussische Spione und Agenten sind nach ukrainischen Angaben seit Kriegsbeginn festgenommen worden. In Slowjansk suchen bewaffnete Polizisten nach den Saboteuren - während der nächtlichen Ausgangssperre. Von T. Dammers und A. Shvets. | Mehr als 600 prorussische Spione und Agenten sind nach ukrainischen Angaben seit Kriegsbeginn festgenommen worden. In Slowjansk suchen bewaffnete Polizisten nach den Saboteuren - während der nächtlichen Ausgangssperre. Wenn Alexander Vietrov ins Auto steigt und mit seiner Patrouille beginnt, ist es bereits so dunkel, dass seine Uniform nahezu mit der Nacht verschmilzt. Seine Einheit, die "Patrol Police Sloviansk", trägt schwarze Uniformen, Splitterschutzwesten und Sturmgewehre. Sie soll die nächtliche Ausgangssperre in Slowjansk kontrollieren, einer Stadt rund 20 Kilometer von der ostukrainischen Frontlinie entfernt. Und: Vietrov und seine Kollegen sind auf der Suche nach prorussischen Saboteuren. Die Patrouille führt durch die Außenbezirke der Stadt, durch menschenleere Straßen. Ab neun Uhr abends wird die Stadt verdunkelt, um russischen Drohnen und Raketen keine Orientierungspunkte zu geben. Wer jetzt noch draußen unterwegs ist und nicht zum Militär gehört, ist für Vietrov als potenzieller Saboteur verdächtig. "Sie stellen eine Gefahr für die Ukraine dar, sie sind gefährlich", sagt Vietrov. Er befürchtet, die Saboteure könnten Militärbewegungen an die Russen melden, Einschlagsziele von Raketen korrigieren oder neue Zielkoordination durchgeben. "Warum seid ihr noch nicht zu Hause?" Am Straßenrand tauchen aus der Dunkelheit plötzlich zwei Männer mit Rucksäcken auf. Vietrov und seine Kollegen springen aus dem Auto, das Blaulicht des Polizeiwagens taucht die Straße in fades Licht. "Warum seid ihr noch nicht zuhause? Seid ihr von hier?", fragt Vietrov. "Habt ihr russische Nummern auf dem Handy gespeichert?" Seine Kollegin Polina Pylypenko scrollt durch die Smartphones der beiden. Checkt Chats, Messenger-Apps und Fotos. "Es ist auch verboten, Einschlagsziele zu fotografieren", sagt die 29-Jährige. Parallel gleicht Vietrov die Namen und Gesichter der Männer in einer Datenbank ab. "Standardprozedere", sagt er. Sein Gewehr klappert, als er sich über ein Auto beugt. Nach einigen Minuten ist klar: Einer der beiden Männer hat zwar mit russischen Kontakten gechattet. Verdächtige Fotos oder Informationen finden die Polizisten aber nicht. Die beiden Männer dürfen weitergehen, aber erhalten eine Verwarnung. Heimliche Sympathien für Russland Laut dem ukrainischen Geheimdienst wurden seit dem Beginn des russischen Überfalls vor rund einem Jahr mehr als 600 "russische Agenten und Spione" enttarnt. Sie sollen "subversive Aktivitäten" ausgeführt haben. 340 Fälle würden demnach bereits vor Gericht verhandelt. Slowjansk gilt als unruhige Stadt in der Ukraine. Im Jahr 2014 kam es dort zu bewaffneten Kämpfen zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Sicherheitskräften. Zeitweise wurden Verwaltungs-, Polizei- und Geheimdienstgebäude von den Separatisten besetzt. Bei seinen Patrouilleschichten in Slowjansk hat Alexander Vietrov persönlich noch keine Saboteure festnehmen können. Aber er ist überzeugt, dass sie in der Stadt unterwegs sind. Denn viele Menschen in der Stadt hätten "heimlich Sympathien" für die sogenannte "russische Welt". Diejenigen, "die glauben, sie hätten ein besseres Leben, wenn Russland hier wäre". "Hände hoch, bitte!" Einige Kilometer weiter, in der Innenstadt von Slowjansk, sind Serhii Simeyko und Andrii Pytrula zu Fuß auf Patrouille unterwegs. Ihre Taschenlampen sind die einzigen Lichtkegel in den Straßen. Diese streifen die Trümmerreste eingestürzter Häuser, verlassene Spielplätze und zerstörte Fassaden. "Slowjansk ist Rückzugsgebiet für unser Militär", sagt Pytrula. "Wir müssen wissen, wer in unserer Stadt unterwegs ist". Er hat sich leuchtend grüne Klebestreifen um die Oberarme gewickelt - so wie die ukrainischen Soldaten es auch machen. Einmal, erzählt der 21-Jährige, habe er eine illegal bewaffnete Gruppe in Slowjansk mit festnehmen können. Auf der anderen Straßenseite fällt ihnen ein einzelner Mann auf. Dunkle, abgetragene Jacke, kurzes Haar, Brille. Er behauptet, die Ausgangssperre "vergessen" zu haben. Er sei noch bei seiner Freundin gewesen. Auch dieser Mann dürfte eigentlich nicht mehr draußen auf der Straße sein. "Hände hoch, bitte!", sagt Simeyko. Pytrula kontrolliert den Mann, leert die Taschen aus, inspiziert das Handy. Aber wieder: kein Treffer. Der Mann ist unverdächtig, wird nach Hause geschickt. "Es ist nicht leicht", sagt Pytrula. Die Saboteure "sind genauso vorsichtig wie wir". Neue Einschläge in Slowjansk Bis fünf Uhr morgens dauert die Ausgangssperre. Noch während der Schicht von Alexander Vietrov und Andrii Pytrula sind neue Einschläge in der Stadt zu hören. Bei weiteren Raketenangriffen auf das Stadtzentrum wenige Tage später sterben laut Behördenangaben mindestens zwei Menschen, etwa 30 weitere werden verletzt. Demnach wurden Verwaltungs- und Bürogebäude sowie fünf Miets- und sieben Privathäuser beschädigt. | /ausland/europa/ukraine-polizei-patrouille-saboteure-101.html |
2023-03-28 | Militärjunta löst Suu Kyis Partei auf | Myanmar | Beim Putsch 2021 wurde in Myanmar die Regierung unter der Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi entmachtet - nun löst die Militärjunta die damalige Regierungspartei NLD auf. Sie habe sich nicht wie nötig neu registriert, hieß es.
mehr | Beim Putsch 2021 wurde in Myanmar die Regierung unter der Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi entmachtet - nun löst die Militärjunta die damalige Regierungspartei NLD auf. Sie habe sich nicht wie nötig neu registriert, hieß es. Die Militärjunta in Myanmar hat die NLD-Partei der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi aufgelöst. Das berichteten die Staatsmedien unter Berufung auf die Wahlkommission. Die Nationale Liga für Demokratie, die bei den Wahlen 2015 und 2020 überwältigende Siege über vom Militär unterstützte Parteien errungen hatte, wird nach Angaben des Senders MRTV "automatisch als politische Partei gelöscht". Staatlichen Medien zufolge war die Partei nicht neu registriert worden, wie es laut einem neuen und von der Militärjunta eingeführten Gesetz erforderlich ist. Die Junta hatte im Januar politischen Parteien zwei Monate Zeit für eine Neuregistrierung gegeben. Die NLD teilte mit, nicht gegen die Auflösung vorgehen zu wollen. Insgesamt seien 40 politische Parteien aufgelöst worden, berichtete das Fernsehen weiter. 63 Parteien hätten sich für die lokalen und landesweiten Wahlen registriert, für die aber noch kein Termin feststeht. Gewalt und Chaos seit Putsch 2021 Bei dem Putsch am 1. Februar 2021 hatte das Militär die damalige Regierung entmachtet und deren faktische Chefin Suu Kyi festgenommen. Seither versinkt Myanmar in Chaos und Gewalt. Die Bevölkerung protestierte über Monate mit Kundgebungen, Aktionen des zivilen Ungehorsams und Streiks. Das Militär geht hart gegen die Proteste und den bewaffneten Widerstand von Anti-Junta-Milizen vor. Mehr als 3100 Menschen wurden seit dem Putsch getötet und mehr als 20.000 weitere festgenommen. Die EU und die USA haben Sanktionen gegen die Militärführung verhängt. Ausnahmezustand um sechs Monate verlängert Das Militär rechtfertigt seine Machtergreifung 2021 mit Betrug bei den Wahlen im Jahr 2020. Suu Kyi wurde wegen verschiedener angeblicher Vergehen zu mehr als 30 Jahren Haft verurteilt. In diesem Jahr sollten eigentlich zum ersten Mal nach dem Putsch wieder Wahlen abgehalten werden. Gegner der Junta kritisierten, die Wahlen seien weder frei noch gerecht. Im vergangenen Monat kündigte die Junta allerdings eine Verlängerung des Ausnahmezustands in dem Land um sechs Monate an und verschob die ursprünglich bis August geplante Wahl. | /ausland/asien/myanmar-partei-suu-kyi-101.html |
2023-03-28 | Proteste schlagen wieder in Gewalt um | Rentenreform in Frankreich | Mit einem massiven Polizeiaufgebot wollte Frankreichs Regierung weitere Krawalle verhindern. Doch auch am zehnten Protesttag gegen die Rentenreform kam es zu Gewalt - offenbar auf beiden Seiten. Die Reform wird nun vom Verfassungsrat geprüft.
mehr | Mit einem massiven Polizeiaufgebot wollte Frankreichs Regierung weitere Krawalle verhindern. Doch auch am zehnten Protesttag gegen die Rentenreform kam es zu Gewalt - offenbar auf beiden Seiten. Die Reform wird nun vom Verfassungsrat geprüft. In Frankreich haben erneut Hunderttausende Menschen gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron protestiert. Am Rande der Demonstrationen kam es nach Angaben der Polizei in mehreren Städten zu Krawallen. Unter die von Gewerkschaften organisierten Protestzüge mischten sich auch Schüler und Studenten. Einige Gymnasien und Hochschulen wurden blockiert. Begleitet wurde der zehnte landesweite Protesttag erneut von Streiks, auch bei der Staatsbahn SNCF. Massives Polizeiaufgebot Die über Wochen friedlichen Proteste wurden zuletzt von massiver Gewalt und Auseinandersetzungen überschattet. Innenminister Gérald Darmanin wollte im Laufe des Tages insgesamt 13.000 Polizisten einsetzen, davon 5500 in Paris. Trotz des massiven Aufgebots kam es in mehreren Städten zu Gewalt. In Nantes wurde etwa eine Bankfiliale in Brand gesetzt. Auch ein Auto wurde angezündet und Feuerwerkskörper auf die Polizei geschossen. Ein weiteres angezündetes Auto wurde am Nachmittag aus Rennes gemeldet, wo auch Straßen blockiert wurden. In Paris hatte die Polizei Inhaber aufgefordert, ihre Geschäfte entlang der Demonstrationsroute zu schließen. Während der Demonstrationen setzten die Beamten Tränengas und Blendgranaten ein. Schwere Vorwürfe gegen Polizisten Doch auch Polizisten wenden offenbar immer wieder Gewalt an. Die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatović, mahnte in einer Stellungnahme am vergangenen Freitag, dass "sporadische Gewaltakte" einiger Demonstrierender nicht die "übermäßige Anwendung von Gewalt durch Beamte" rechtfertige. Im Netz kursieren Dutzende Videos und Tonaufnahmen, die offenbar Gewalt durch Polizisten zeigen. Mittlerweile wurden 17 Verfahren bei der Aufsichtsbehörde der Polizei IGPN eröffnet. Attacken gegen Beamte In einer Pressekonferenz verteidigte Innenminister Gerald Darmanin zuletzt seine Beamtinnen und Beamten. Sie seien extrem gewaltsamen Akten ausgesetzt. 891 Polizisten und Gendarme seien in klar gegen sie gerichteten Attacken verletzt worden. Außerdem verzeichne man 2179 Fälle von Brandstiftung, erklärte Darmanin. Bei den Protesten heute seien 123 weitere Beamte im ganzen Land verletzt worden. Reform wird vom Verfassungsrat überprüft Der Zorn der Demonstranten richtet sich gegen die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre. Die Mitte-Regierung will mit der Reform eine drohende Lücke in der Rentenkasse schließen. Der Streit verschärfte sich unter anderem, weil die Regierung den Text ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung drückte. Vor einer Woche scheiterten zwei Misstrauensanträge gegen die Regierung. Die Reform ist damit verabschiedet. Sie wird nun vom Verfassungsrat überprüft. Macron will, dass die Reform bis zum Jahresende in Kraft tritt. Gewerkschaftschef regt Vermittlung an Trotz der anhaltenden Proteste ist kein Einlenken der Regierung in Sicht. Der Chef der größten Gewerkschaft CFDT, Laurent Berger, regte eine Vermittlung an. Die Reform müsse für einige Wochen ausgesetzt werden, um Beratungen mit einem kleinen Kreis von Vermittlern zu ermöglichen. Er warf der Regierung vor, den Dialog über die Reform zu verweigern. "Es ist unerträglich, dass wir abgeblockt werden." Regierungssprecher Olivier Véran erklärte dagegen, miteinander reden könne man auch ohne Mediation. Wegen der geplanten Proteste war auch ein Staatsbesuch des britischen Königs Charles III. abgesagt worden. Bagger räumen 7000 Tonnen Müll Aufatmen gab es in Paris, wo die Gewerkschaft CGT nach mehr als drei Wochen Streik der Müllabfuhr ein Ende ankündigte. Mehr als 7000 Tonnen Abfall häufen sich noch in den Straßen. Inzwischen setzt die Stadt auch Bagger ein. Mit Informationen von Julia Borutta, ARD-Studio Paris | /ausland/europa/frankreich-streiks-proteste-rentenreform-101.html |
2023-03-28 | Tote bei Schüssen an Grundschule | US-Bundesstaat Tennessee | Bei Schüssen an einer Grundschule in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee sind drei Kinder und drei Erwachsene getötet worden. Auch die mutmaßliche Schützin ist laut örtlicher Polizei tot.
mehr | Bei Schüssen an einer Grundschule in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee sind drei Kinder und drei Erwachsene getötet worden. Auch die mutmaßliche Schützin ist laut örtlicher Polizei tot. Bei einem Schusswaffenangriff an einer Grundschule in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee sind drei Kinder und drei Erwachsene getötet worden. Die mutmaßliche Schützin sei ebenfalls tot, teilte die örtliche Polizei auf einer Pressekonferenz mit. Zur Identität der Angreiferin gab es unterschiedliche Angaben. Die Polizei bezeichnete die Verdachtsperson zunächst als Frau und später als Transmenschen, ohne dies jeweils näher zu erörtern. Bei ihr handelt es sich laut Polizeiangaben um eine 28-Jährige aus Nashville. Zuvor hatte Polizeisprecher Don Aaron angegeben, die mutmaßliche Schützin sei im Teenageralter gewesen. Die Angreiferin trug Polizeiangaben zufolge eine gezeichnete Karte mit möglichen Eintrittspunkten bei sich. Zudem habe sie die Schule vor der Attacke ausgekundschaftet. Ermittler werteten derzeit Material aus, das Aufschluss über das Motiv der Schützin geben könnte. "Wir haben ein Manifest, wir haben einige Schriften, die sich auf diesen Tag, diesen Vorfall beziehen, und die wir auswerten", sagte der Polizist John Drake bei einer Pressekonferenz. Es seien auch Lagepläne der christlichen Privatschule gefunden worden, auf denen unter anderem Überwachungskameras und Eingänge eingezeichnet waren. Polizisten erschießen Angreiferin Die Polizei war am Morgen gegen 10 Uhr Ortszeit zu der Schule gerufen worden. Die eintreffenden Beamten hätten begonnen, das Erdgeschoss des Gebäudes zu räumen und hätten dann Schüsse aus dem ersten Stock gehört. Dort stießen die Polizisten demnach auf die Angreiferin und erschossen sie. Sie soll mit mindestens zwei Schnellfeuergewehren und einer Pistole bewaffnet gewesen sein. Bei dem Einsatz wurde ein Polizist an der Hand verletzt. Ersten Erkenntnissen nach habe sie sich über einen Seiteneingang Zugang zur Schule verschafft. Ob sie eine Verbindung zu der Einrichtung hatte, war offen. Christliche Privatschule als Tatort Die getöteten Kinder seien alle acht oder neun Jahre alt gewesen, teilte die Polizei zunächst mit, später hieß es dann, sie seien alle neun Jahre alt. Bei den getöteten Erwachsenen handele es sich um eine 60 Jahre alte Frau sowie eine 61 Jahre alte Frau und einen ebenfalls 61-jährigen Mann. Die drei getöteten Erwachsenen seien Mitarbeiter der Schule gewesen. Bei der Schule handelt es sich den Angaben nach um eine private christliche Einrichtung. Dort werden Kinder der Webseite zufolge von der ersten bis zur sechsten Klasse unterrichtet. Es gibt dort auch einen Kindergarten. Eine Mutter berichtete im US-Fernsehen, dass ihre Tochter ihr geschrieben hätte, sie und ihre Klassenkameraden hätten sich während des Vorfalls im Schrank versteckt. Biden nennt Attacke "krank" US-Präsident Joe Biden forderte nach dem Schusswaffenangriff in Nashville einmal mehr ein Verbot von Sturmgewehren. Er rief den US-Kongress dazu auf, eine von ihm vorgelegte Verschärfung des Waffenrechtes zu verabschieden. "Wir müssen mehr tun, um Waffengewalt zu stoppen", mahnte Biden. Die Waffengewalt reiße die Gemeinden im Land und die Seele der Nation auseinander. "Es ist krank", sagte der Demokrat mit Blick auf die Schusswaffenattacke. Diskussion über Reform des Waffenrechts in den USA Biden fordert immer wieder strengere Waffengesetze und hat bereits Regelungen in der Vergangenheit immer wieder leicht verschärft. Ohne substanzielle Gesetzesänderungen sehen Expertinnen und Experten allerdings keine Chance auf echte Veränderungen. Um die durchzusetzen, wären Biden und seine Demokraten allerdings auf die Kooperationsbereitschaft der Republikaner im Kongress angewiesen - und die ist bei diesem Thema nicht in Sicht. In den Vereinigten Staaten sind mehr Waffen im Umlauf als irgendwo sonst auf der Welt. Im Mai hatte im texanischen Uvalde ein 18 Jahre alter Schütze an einer Grundschule 19 Kinder und zwei Lehrerinnen getötet, bevor er von der Polizei erschossen wurde. | /ausland/nashville-grundschule-tote-101.html |
2023-03-28 | Dutzende Tote bei Brand in Migrationszentrum | Mexiko | Bei einem Brand in einer mexikanischen Flüchtlingsunterkunft sind nach Regierungsangaben mindestens 39 Menschen ums Leben gekommen. Präsident Obrador sagte, Migranten hätten das Feuer aus Protest gegen ihre Abschiebung oder Verlegung gelegt.
mehr | Bei einem Brand in einer mexikanischen Flüchtlingsunterkunft sind nach Regierungsangaben mindestens 39 Menschen ums Leben gekommen. Präsident Obrador sagte, Migranten hätten das Feuer aus Protest gegen ihre Abschiebung oder Verlegung gelegt. In einem Gebäude der mexikanischen Migrationsbehörde (INM) in der Stadt Ciudad Juárez hat es nach Behördenangaben einen Brand gegeben. Mindestens 39 Menschen kamen dabei ums Leben, 29 weitere wurden verletzt. Bei den meisten Todesopfern soll es sich um Flüchtlinge handeln. Nach Angaben der Einwanderungsbehörde hielten sich zum Zeitpunkt des Unglücks in der Nacht auf Dienstag 68 erwachsene Männer aus Mittel- und Südamerika in der Unterkunft auf. Medienberichten zufolge waren die Menschen am Vortag an verschiedenen Grenzübergängen in Ciudad Juárez aufgegriffen worden. Sie waren in die Migrantenunterkunft gebracht worden, um sie später in ihre Heimatländer abzuschieben. Viele Unterkünfte sind überfüllt Die Behörden gehen davon aus, dass die Migranten erfahren hatten, dass ihre Abschiebung oder Verlegung an einen anderen Ort bevorstand. "Aus Protest legten sie Matratzen vor die Tür der Unterkunft und zündeten sie an", sagte Präsident Andrés Manuel López Obrador in seiner täglichen Pressekonferenz. Ciudad Juárez im Norden Mexikos grenzt direkt an die Stadt El Paso im US-Bundesstaat Texas. Die Unterkünfte sind oft überfüllt, weil viele Menschen auf eine Gelegenheit zum Grenzübertritt warten oder in den USA Asyl beantragt haben. Viele von ihnen harren monate- oder gar jahrelang in Einrichtungen für Migranten aus. Kirche beklagte Polizeigewalt Zuletzt hatte es wiederholt Berichte über Übergriffe lokaler Sicherheitskräfte gegeben, die von den Bewohnern der Unterkunft Schutzgeld eingefordert hätten. Vor drei Wochen waren Sicherheitskräfte in die Kathedrale von Ciudad Juárez eingedrungen und hatten das Kirchenasyl verletzt. In einer Stellungnahme verurteilte die katholische Bischofskonferenz des Landes das Vorgehen der Polizei: "Es wurde Gewalt angewendet und die physische und psychische Integrität der Menschen verletzt", kritisierten die Bischöfe. Augenzeugen berichteten zudem, dass die Polizei in Ciudad Juárez immer wieder versuche, den Migranten Geld und Wertgegenstände abzunehmen. Ins Visier der Kritik geriet zuletzt auch die Stadtverwaltung von Ciudad Juárez, die es - nach Meinung der Kirche - versäumt hat, angemessene Pläne und Strategien für die Betreuung der Ankömmlinge zu entwickeln. 2018 versprach Obrador ein humanes Vorgehen Die katholische Kirche ist in Mexiko eine der wenigen Institutionen, die sich seit Jahren für die Belange von Migranten einsetzt. Es gibt zahlreiche kirchliche Herbergen, die Betroffenen Schutz, eine Schlaf- und Waschgelegenheit sowie eine warme Mahlzeit garantieren. Zwischen der Kirche und dem mexikanischen linkspopulistischen Präsidenten Obrador kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Diskussionen über den richtigen Ansatz in der Migrationspolitik. Obrador hatte im Wahlkampf 2018 ein humanes Vorgehen versprochen, inzwischen geht seine Regierung zunehmend rigoros gegen Migranten vor. | /ausland/amerika/brand-migrationszentrum-mexiko-101.html |
2023-03-28 | Zug- und Flugverkehr laufen wieder normal | Nach den Warnstreiks | Es rollt wieder auf den Schienen und Straßen. Einen Tag nach den bundesweiten Warnstreiks läuft der Zug- und Flugverkehr wieder weitgehend normal. Die Strategie der Gewerkschaften sei nicht ganz aufgegangen, so die Meinung von Experten.
mehr | Es rollt wieder auf den Schienen und Straßen. Einen Tag nach den bundesweiten Warnstreiks läuft der Zug- und Flugverkehr wieder weitgehend normal. Die Strategie der Gewerkschaften sei nicht ganz aufgegangen, so die Meinung von Experten. Einen Tag nach dem großen Warnstreik bei ver.di und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat sich der Bahn-, Flug- und Schiffsverkehr weitgehend normalisiert. Bei der Deutschen Bahn fahren die meisten Züge wieder nach Plan. Lediglich im Fernverkehr seien am Morgen noch einzelne wenige Fahrten ausgefallen, teilte ein Sprecher mit. Der Regional- und S-Bahn-Verkehr laufe ohne streikbedingte Ausfälle. Auch im Güterverkehr hätten bereits in der Nacht alle versorgungsrelevanten Züge wieder fahren können. Der streikbedingte Rückstau an den Rangierbahnhöfen sollte im Laufe Tages vollständig aufgelöst sein. Einige Flugausfälle und verschobene Abflüge Auch die Flughäfen, darunter Deutschlands größter Airport in Frankfurt, nahmen den Betrieb wieder auf. Insgesamt waren in Frankfurt 1118 Flugbewegungen mit rund 157.000 Passagieren geplant, darunter knapp 3800 Passagiere, die streikbedingt zuvor nicht hätten fliegen können, sagte eine Sprecherin des Betreibers Fraport. Am Morgen waren rund 40 Flugannullierungen bekannt, teils seien diese auf Streikfolgen zurückzuführen. Am Flughafen Köln/Bonn gab es ebenfalls noch Streikauswirkungen. Frühe Flüge wurden laut Abflugplan auf den späteren Vormittag verlegt und vereinzelt auch annulliert. Der Streik am Flughafen dauerte bis 7 Uhr, sagte eine Sprecherin. Am Airport Düsseldorf lief der Flugverkehr dagegen nach Angaben eines Sprechers normal an. "Strategie der Gewerkschaften nicht ganz aufgegangen" Die geringsten Auswirkungen hatte der Warnstreik auf den Straßenverkehr - ein Verkehrschaos blieb aus. Mobilitätsforscher Andreas Knie sagte dem Radiosender WDR 5, dass die Strategie der Gewerkschaften seiner Ansicht nach nicht ganz aufgegangen sei. Große Streiks im öffentlichen Verkehr wie am Montag hätten wegen der größeren Flexibilität der Beschäftigten im Berufsleben seit Corona nicht mehr die Wirkung wie noch in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren. "Das, was wir früher hatten, wo wirklich die Republik stillsteht, das wird es so nicht mehr geben", betonte der Wissenschaftler. Etwa 40 Prozent der Beschäftigten quer durch alle Branchen führen an etwa 2,5 Tagen nicht mehr ins Büro, so Knie. Die Menschen seien schon vor dem Streik flexibel gewesen. Auch die Arbeitgeber hätten gelernt, dass sie keine Verluste hätten, wenn die Menschen teils im Homeoffice arbeiteten. Überschaubare gesamtwirtschaftliche Folgen Auch gesamtwirtschaftlich dürfte der Arbeitskampf nur geringe Kosten verursacht haben. Viele Menschen hätten sich auf den Streiktag eingestellt und mobil gearbeitet, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, der "Rheinischen Post". Gleichzeitig betonte er, dass aus seiner Sicht die Beschäftigten inzwischen mehr Einfluss hätten: "Durch den großen Fachkräftemangel gewinnen Beschäftigte an Macht und damit die Möglichkeit, höhere Lohnabschlüsse durchzusetzen." Deutsche Bahn drängt auf zügige Verhandlungen Während die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst weitergehen, kündigte die EVG an, nach Ostern die Gespräche mit der Deutschen Bahn fortsetzen zu wollen. Die DB kritisiert den Zeitplan als zu langwierig. "Wir müssen jetzt verhandeln und keine Osterpause machen", sagte ein Bahnsprecher. "Wir müssen zügig am Verhandlungstisch zu einer Lösung kommen." EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch wies die Kritik der Bahn von sich. "Wir haben Verhandlungen rund um Ostern von vornherein ausgeschlossen." Erneut betonte er, dass somit auch keine weiteren Warnstreiks über die Feiertage geplant seien. Die EVG forderte für die nächste Runde von allen Unternehmen deutlich bessere Angebote oder überhaupt eine erste Offerte. Die EVG fordert bei ihren Verhandlungen mit 50 Bahn-Unternehmen mindestens 650 Euro mehr pro Monat für alle Beschäftigten oder zwölf Prozent mehr Geld für die oberen Lohngruppen. Die Deutsche Bahn hatte im laufenden Tarifkonflikt unter anderem angeboten, die Löhne der betroffenen Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt fünf Prozent anzuheben. Zudem wurden Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro in Aussicht gestellt. Die EVG lehnte dies ab. Bei der DB betreffen die Verhandlungen rund 180.000 Beschäftigte. Die nächsten Gespräche stehen Ende April an. Zuvor trifft sich die EVG mit einigen kleineren Unternehmen zu Tarifgesprächen. Dritte Tarifrunde bei ver.di und dbb Ver.di und der Beamtenbund dbb verhandeln für rund 2,5 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen. Seit gestern läuft in Potsdam die dritte Runde. Für heute erwarten Gewerkschaftsvertreter nur eine kurze Spitzenrunde mit den Arbeitgebern. Sie bereiten sich auf längere anschließende Beratungen über ein mögliches Angebot vor. Die Gewerkschaften fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Arbeitgeber bieten fünf Prozent mehr in zwei Schritten bei einer Laufzeit von 27 Monaten. Einen Mindestbetrag lehnen Kommunen und Bund ab, bieten aber Einmalzahlungen von zunächst 1500 und später noch einmal 1000 Euro. Faeser zuversichtlich, dass Kompromiss gelingt Offen ist, ob in der bis Mittwoch angesetzten dritten Runde ein Kompromiss erzielt werden kann. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte sich zum Auftakt am Montag "sehr zuversichtlich" gezeigt, dass es in dieser Woche eine Lösung gibt. Aus Verhandlungskreisen hieß es hingegen, die Tarifparteien seien in ihren Positionen noch weit voneinander entfernt. Am Vortag hatten sie ihre Gespräche hinter verschlossener Tür unterbrochen. Gelingt kein Durchbruch, könnte eine Urabstimmung bei den Gewerkschaften über Erzwingungsstreiks folgen. Betroffen sein könnten erneut der öffentliche Verkehr und zahlreiche weitere Bereiche wie Kitas, Kliniken oder die Müllabfuhr. Doch muss es nicht in neue Streiks münden, wenn beide Seiten ohne Kompromiss auseinandergehen. Bereits am Vortag hatte Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach Spekulationen über eine mögliche Schlichtung angestellt. | /wirtschaft/warnstreik-verkehr-betrieb-105.html |
2023-03-28 | Amnesty wirft Westen Doppelmoral vor | Menschenrechte | Härte gegen Moskau, Milde bei Freunden: Amnesty International hat den westlichen Ländern Doppelmoral im Umgang mit Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Kritik übt die Organisation auch an Deutschland.
mehr | Härte gegen Moskau, Milde bei Freunden: Amnesty International hat den westlichen Ländern Doppelmoral im Umgang mit Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Kritik übt die Organisation auch an Deutschland. Angesichts der Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine hat Amnesty International Doppelmoral angeprangert. Die "entschlossene Reaktion" des Westens auf Russlands Aggression gegen die Ukraine stehe "in scharfem Kontrast zu einem beklagenswerten Mangel an sinnvollen Maßnahmen gegen schwerwiegende Verletzungen durch einige ihrer Verbündeten, darunter Israel, Saudi-Arabien und Ägypten", kritisierte die Menschenrechtsorganisation in ihrem Jahresbericht 2022/23. Russlands Invasion in der Ukraine sei "ein erschreckendes Beispiel" dafür, was passieren könne, wenn Staaten glaubten, sie könnten internationales Recht missachten und Menschenrechte ohne Konsequenzen verletzen, sagte Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard. Die Reaktionen auf die Invasion hätten gezeigt, was getan werden könne, wenn der politische Wille vorhanden sei. Diese Maßnahmen mit harten Sanktionen müssten "eine Blaupause" sein für den Umgang mit anderen Menschenrechtsverletzungen. "Ohrenbetäubendes Schweigen" im Fall Saudi-Arabien Doch der Westen messe mit zweierlei Maß, schrieb Amnesty. Dies habe es etwa China, Ägypten und Saudi-Arabien ermöglicht, Kritik an ihrer Menschenrechtsbilanz zu umgehen. Doppelmoral und unangemessene Reaktionen auf Menschenrechtsverletzungen hätten auf der ganzen Welt zu Straflosigkeit und Instabilität geführt. Konkret nannte Amnesty "ohrenbetäubendes Schweigen" zur Menschenrechtsbilanz Saudi-Arabiens, Untätigkeit gegenüber Ägypten und die Weigerung, den israelischen Umgang gegen die Palästinenser anzuprangern. Der Generalsekretär von Amnesty International Deutschland, Markus Beeko, sagte, wer die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber anderen Ländern einklage und einfordere, müsse auch vor der eigenen Tür kehren. Beeko lobte Deutschland für die Aufnahme von mehr als einer Million Menschen aus der Ukraine. Doch ihnen Schutz zu gewähren bedeute auch, die Ressourcen dafür bereitzustellen, dass sie gut untergebracht würden und am gesellschaftlichen Leben teilhaben könnten. Dafür müssten die Kommunen vom Bund dauerhaft unterstützt werden. "Keine Doppelstandards" im Umgang mit Geflüchteten Es dürfe zudem "keine Doppelstandards" geben, sagte Beeko: Zwar sei der Umgang vieler EU-Länder mit Menschen aus der Ukraine "positiv zu vermerken". Doch gleichzeitig missachteten sie an Europas Grenzen die Rechte von Flüchtlingen aus anderen Regionen der Welt. "Die unbürokratische Hilfe für Menschen aus der Ukraine sollte eine Blaupause für den Umgang mit Schutzsuchenden aus allen Teilen der Welt sein", sagte Beeko. Weltweit seien im vergangenen Jahr 103 Millionen Menschen auf der Flucht gewesen. Das seien 20 Millionen mehr als 2021, so viele wie nie zuvor. Unrechtmäßige Gewalt gegen Protestierende in 85 Ländern Neben Flucht sei Protest im vergangenen Jahr eine hervorstechende Entwicklung gewesen. Sicherheitsbehörden hätten in 85 der von Amnesty betrachteten 156 Länder unrechtmäßige Gewalt gegen Protestierende eingesetzt. In 35 Ländern seien sie mit tödlichen Waffen vorgegangen, in 33 sei es zu Tötungen gekommen. Zudem seien in 79 Ländern Aktivisten willkürlich festgenommen worden. In 29 Ländern sei das Recht auf friedlichen Protest eingeschränkt worden. Besorgniserregend sei die Lage vor allem im Iran, sagte Beeko. Seit Beginn der Proteste im September vergangenen Jahres seien etwa 22.000 Menschen verhaftet worden. Viele davon wurden in Gefängnissen misshandelt und gefoltert. Kritik an Versammlungsgesetzen in Deutschland Gerade vor dem Hintergrund weltweit zunehmender staatlicher Gewalt gegen Protestbewegungen sei es wichtig, dass die Versammlungsfreiheit auch in Deutschland ein hohes Gut bleibe, mahnte Beeko. Deshalb sehe Amnesty "mit Sorge, dass mehr und mehr Bundesländer repressive Versammlungsgesetze erlassen, die das Recht auf friedlichen Protest einschränken und die Befugnisse der Polizei ausweiten, etwa in Nordrhein-Westfalen, Bayern und zuletzt in Hessen". Zur Lage der Menschenrechte in Deutschland bemängelt der Bericht unter anderem auch die Zunahme von Hasskriminalität etwa mit antisemitischem Hintergrund. Der Report verweist auch auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach Deutschland Vorwürfe wegen Racial Profiling durch die Polizei nicht ausreichend überprüft und so gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen habe. Racial Profiling heißt, dass etwa dunkelhäutige Menschen häufiger oder strenger kontrolliert werden als andere Bürger. Verbrechen gegen die Menschlichkeit in 20 Ländern Erstmals enthält der Bericht auch eine Statistik zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sie wurden in 20 der 156 untersuchten Länder dokumentiert; darunter auch in der Ukraine. Dort hätten russische Soldaten Männer, Frauen und Kinder erschossen, vergewaltigt, gefoltert oder verschleppt. In Äthiopien oder auch Myanmar übten Regierungstruppen Massentötungen und gezielte Angriffe auf die Bevölkerung aus. | /ausland/amnesty-kritisiert-westliche-doppelmoral-101.html |
2023-03-28 | EU beschließt weitgehendes Verbrenner-Aus | Ausnahme für E-Fuel-Fahrzeuge | Wochenlang zog sich der Streit zwischen Bundesregierung und EU: Nun ist das weitgehende Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor endgültig beschlossen - mit der geplanten Ausnahme für E-Fuel-Fahrzeuge.
mehr | Wochenlang zog sich der Streit zwischen Bundesregierung und EU: Nun ist das weitgehende Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor endgültig beschlossen - mit der geplanten Ausnahme für E-Fuel-Fahrzeuge. In der EU dürfen ab 2035 keine Neuwagen mehr verkauft werden, die mit Benzin oder Diesel fahren. Die EU-Staaten haben endgültig ein weitgehendes Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor beschlossen, nachdem die Entscheidung von Deutschland wochenlang blockiert worden war. Die Bundesregierung setzte durch, dass es auch nach 2035 noch möglich sein soll, ausschließlich mit klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen betankte Verbrennerautos neu zuzulassen. FDP beharrte auf Ausnahme für E-Fuels Eigentlich hatten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments bereits Ende Oktober auf das Vorhaben geeinigt. In einem ungewöhnlichen Vorgehen stellte die Bundesregierung aber Nachforderungen und verzögerte so die Bestätigung des Verhandlungsergebnisses um mehrere Wochen. Insbesondere die FDP hat sich für sogenannte E-Fuels starkgemacht. E-Fuels können mit Strom aus erneuerbaren Energien aus Wasser und Kohlendioxid hergestellt werden, das aus der Luft gewonnen wird. Sie setzen damit anders als Benzin oder Diesel keine zusätzlichen klimaschädlichen Gase frei. Lemke begrüßt Beschluss "Es ist gut, dass mit der EU-Kommission am Ende eine Lösung gefunden wurde, die den Weg für die neuen Flottengrenzwerte freimacht und gleichzeitig den Bedenken der FDP Rechnung trägt", erklärte Bundesumweltministerin Steffi Lemke. Die Automobilindustrie bekomme "damit die nötige Planungssicherheit". Der für die Klimapolitik zuständige EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans bezeichnete den Beschluss als "wichtigen Schritt in Richtung Null-Emissions-Mobilität". "Schade, dass es ein Schlupfloch gebraucht hat" Kritiker bemängeln, dass E-Fuels in der Schiff- und Luftfahrt dringender gebraucht werden. "Es ist damit der Weg frei zu 100 Prozent emissionsfreier Mobilität", sagte Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler vor einem Treffen der für Energie zuständigen EU-Minister. Sie sei froh, dass die Blockade gelöst wurde. "Dass es jetzt ein Schlupfloch gebraucht hat, um noch Zauderer mit auf den Weg zu nehmen, das finde ich schade." Die Bundesregierung hatte sich am Freitagabend mit der EU-Kommission auf den Kompromiss zur Nutzung von E-Fuels verständigt. Autoexperte: E-Fuels haben eine "gruselige Energiebilanz" Ob nach 2035 in relevanter Zahl Verbrenner zugelassen werden, ist aber völlig offen. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer nennt als Argument gegen solche Antriebe die hohen Kosten für die Herstellung der Kraftstoffe und die "gruselige Energiebilanz" - bei der Herstellung wird extrem viel Strom verbraucht. Die Industrie muss solche Autos zunächst noch bauen. Zweifel über die rechtliche Umsetzung Es gibt auch noch Restzweifel, ob die Ausnahmen für E-Fuels wie von EU-Kommission und Deutschland verabredet umgesetzt werden können. So sollen die E-Fuel-Autos auch durch einen sogenannten delegierten Rechtsakt in das EU-Regelwerk aufgenommen werden. Dieser wird von der EU-Kommission erlassen, aber das EU-Parlament und die EU-Staaten können zwei Monate lang Einwände erheben. René Repasi, SPD-Abgeordneter und Professor für Europarecht, stellte auf Twitter bereits infrage, ob das Vorhaben wie geplant umgesetzt werden kann. Let's see how that will play out. As a reminder: Recital 11 of the legislative text that the FDP wanted to veto. You can see: No political gain for this stunt! But a weakening of the ordinary legislative procedure. What a disaster. What do we know about the implementation? 🧵 https://t.co/giUUjaFxWl https://t.co/FErRm2kDUD Auch Grünen-Politiker aus dem Europaparlament haben angekündigt, den Kompromiss genau prüfen zu wollen. | /wirtschaft/eu-beschliesst-verbrenner-kompromiss-101.html |
2023-03-28 | Sojus MS-22 unbemannt auf der Erde gelandet | Defekte russische Raumkapsel | Die russische Sojus MS-22 war im September bemannt zur ISS gestartet und sollte die Besatzung auch zurückbringen. Dann wurde sie beschädigt. Jetzt ist sie auf der Erde gelandet - allerdings ohne die Astronauten.
mehr | Die russische Sojus MS-22 war im September bemannt zur ISS gestartet und sollte die Besatzung auch zurückbringen. Dann wurde sie beschädigt. Jetzt ist sie auf der Erde gelandet - allerdings ohne die Astronauten. Das beschädigte russische Raumschiff Sojus MS-22 ist sicher zur Erde zurückgekehrt. Die unbemannte Kapsel sei am Dienstagnachmittag (Ortszeit) 147 Kilometer südöstlich von Scheskasgan in der kasachischen Steppe gelandet, teilte die russische Raumfahrtbehörde mit. Sojus MS-22 war im September mit den Russen Dmitri Petelin und Sergej Prokopjew sowie dem Amerikaner Frank Rubio zur Internationalen Raumstation ISS gestartet und sollte sie im März auch zur Erde zurückbringen. Im Dezember wurde jedoch ein Leck entdeckt, durch das Kühlmittel austrat. Nach russischen Angaben hatte ein Kleinstmeteorit das Kühlsystem beschädigt. Ersatzraumschiff zur Rückholung angekommen Wegen der Gefahr, dass es für die Raumschiffbesatzung übermäßig heiß werden könnte und ohne Kühlung auch Computer und Geräte beschädigt werden könnten, entschieden die Verantwortlichen, im Februar ein Ersatzraumschiff zu schicken. Dieses startete ohne Besatzung, ist inzwischen angekommen und soll Petelin, Prokopjew und Rubio jetzt im September wieder auf die Erde bringen. Außer ihnen sind noch die Amerikaner Stephen Bowen und Warren Hoburg, der Russe Andrej Fedjajew sowie Sultan al-Nejadi aus den Vereinigten Arabischen Emiraten auf der ISS. Die Zusammenarbeit auf der ISS ist einer der wenigen verbleibenden Bereiche, in denen die USA und Russland auch nach Beginn der russischen Offensive in die Ukraine vor über einem Jahr noch kooperieren. | /ausland/sojus-landung-105.html |
2023-03-28 | Zwei Tote bei Messerattacke in Lissabon | In muslimischem Zentrum | In Lissabon hat es einen tödlichen Messerangriff in einem muslimischen Zentrum gegeben. Der mutmaßliche Täter tötete zwei Menschen und verletzte zwei weitere lebensgefährlich. Er wurde von Polizisten angeschossen.
mehr | In Lissabon hat es einen tödlichen Messerangriff in einem muslimischen Zentrum gegeben. Der mutmaßliche Täter tötete zwei Menschen und verletzte zwei weitere lebensgefährlich. Er wurde von Polizisten angeschossen. In einem muslimischen Zentrum in Lissabon hat ein Angreifer zwei Menschen erstochen. Zwei weitere Menschen seien lebensgefährlich verletzt worden, teilte die portugiesische Polizei mit. Bei den Todesopfern soll es sich demnach um zwei Frauen im Alter von etwa 20 und 40 Jahren handeln. Der mutmaßliche Täter sei festgenommen worden. Demnach wurde die Polizei am späten Morgen zu dem Zentrum gerufen, wo die Beamten einen "mit einem großen Messer bewaffneten Verdächtigen" antrafen. Dieser habe sich geweigert, das Messer niederzulegen und sich den Beamten genähert. Mutmaßlicher Täter in Gewahrsam Laut dem portugiesischen Ministerpräsidenten António Costa wurde der Mann von der Polizei angeschossen, festgenommen und ein Krankenhaus gebracht. Er sei schwer verletzt worden, bestätigte die Polizei der Nachrichtenagentur dpa. Man gehe von einem Terroranschlag aus. Bei der Tat im sogenannten Ismaili-Zentrum handele es sich um einen kriminellen Akt, sagte Costa weiter. Alles deute darauf hin, dass es sich um einen einzelnen Vorfall handele. Bewaffnete Polizisten einer Spezialeinheit waren außerhalb des Gebäudes zu sehen. | /ausland/lissabon-angriff-101.html |
2023-03-28 | Warum die Milliarden nicht ankommen | Wiederaufbau im Ahrtal | Nach der Flut wurden 15 Milliarden für den Wiederaufbau im Ahrtal bereitgestellt, aber nur ein Bruchteil wurde bisher abgerufen. Dabei hat sich an vielen Orten entlang der Ahr noch wenig getan. Woran liegt das? Von Niklas Maurer. | Nach der Flut wurden 15 Milliarden für den Wiederaufbau im Ahrtal bereitgestellt, aber nur ein Bruchteil wurde bisher abgerufen. Dabei hat sich an vielen Orten entlang der Ahr noch wenig getan. Woran liegt das? Wer wissen will, wie der Wiederaufbau im Ahrtal nach der katastrophalen Flut vor gut eineinhalb Jahren vorangeht, muss nicht lange suchen. Viele Häuser entlang der Ahr sind noch immer unbewohnt, zugenagelt oder im Rohbau. Manchmal sogar noch mit Flutschlamm bespritzt. So zum Beispiel die Häuser von Rita Nelles. Der 74-Jährigen gehören zwei Häuser im Ort Dernau, unweit der Ahr. Alles wurde überflutet und das Ehepaar damit zeitweise obdachlos. Jetzt leben sie ein paar Straßen weiter und haben nur noch das, was ihnen gespendet wurde. Einfach so alles wieder aufbauen, dazu fehlt Ihnen die Kraft, erzählt Nelles im Interview mit Report Mainz: "Mein Mann und ich schlafen keine Nacht durch. Er ist 82. Wir waren beide krank und meinem Sohn ist das auch zu viel." Nun leben sie von einer kleinen Rente. Denn die zerstörten Häuser waren als Altersvorsorge gedacht. Versichert waren sie nicht - und die erste Abschlagszahlung vom staatlichen Wiederaufbaufonds sei schon für das Entrümpeln draufgegangen, erzählt Nelles. Nun müsse man für jede weitere Zahlung Handwerker-Rechnungen einreichen und alles vorstrecken. Geld, das das Ehepaar nicht mehr habe. 9000 Häuser zerstört So wie dem Ehepaar Nelles geht es vielen Menschen im Ahrtal. 9000 Häuser, viele Straßen und Brücken hat die Flut zerstört. Viel davon ist noch nicht wieder aufgebaut. Dabei hat der Bund 15 Milliarden Euro in Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellt. Zahlreiche Politiker, darunter der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz, versprachen nach der Flut schnelle und unbürokratische Hilfe. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beteuerte: "Wir vergessen euch nicht." Und auch die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, sprach von "schnellen und passgenauen Hilfen". Doch auch gut eineinhalb Jahren nach der Katastrophe sind nur rund fünf Prozent des Fonds ausgezahlt. Auf Anfrage des Politikmagazins Report Mainz gab die rheinland-pfälzische Landesregierung an, dass 90 Prozent der eingegangenen Anträge bewilligt seien. Doch warum wird dann nur so wenig ausgezahlt? Warum sind so viele Straßen und Brücken noch immer nicht wieder aufgebaut? Verzweiflung über die Bürokratie Udo Adriany, Ortsbürgermeister von Müsch, kennt die Antwort. Vor der Flut hatte er noch ein überschaubares Ehrenamt, nun ist es ein Fulltime-Job. Neben seiner Arbeit als selbstständiger Bauingenieur verwalte er nun ein Schaden in Höhe von zwölf Millionen Euro, sagt er. Dutzende Anträge hat er schon gestellt, für Spielplätze, Brücken, bis hin zum Bushaltehäuschen. Doch Bürokratie und Verwaltung lassen ihn verzweifeln, erzählt Adriany. "Der Hauptgrund ist einfach, dass man zu jeder Maßnahme einen Einzelantrag stellen muss. Zu jedem Antrag gehört die fachliche Stellungnahme eines Ingenieurbüros mit Kostenaufstellung und vielen Plänen." Beispielsweise für einen Spielplatz, der ja auch schon zuvor da gewesen sei. Man höre immer nur, was nicht gehe: "Das ist sehr frustrierend für uns. Wir wollen doch nur das Dorf wieder möglichst schnell so aufbauen, wie es vorher war." Verwaltungen völlig überlastet Wie Adriany geht es vielen anderen seiner ehrenamtlichen Kollegen. Helmut Lussi, Ortsbürgermeister von Schuld, kritisiert, dass man sie mit all dem allein lässt: "Der Situation bist du als kleiner Bürgermeister gar nicht gewachsen. Da stehen so viele juristische Fragen dahinter. Wenn du eine verkehrt beantwortest, dann haben sie dich nachher am Schlawiner und sagen, was hast du da für einen Scheiß gemacht." Jürgen Schwarzmann, Ortsbürgermeister aus Hönningen pflichtet dem bei. Geld sei genug da, erzählt er: "Aber wir kriegen es nicht ausgegeben. Wir brauchen eine Sonderzone." Man brauche Verfahrenserleichterungen, sonst werde man nie weiterkommen. Zudem seien die Verwaltungen zur Bearbeitung völlig überlastet. Vereinfachungen im Katastrophenfall Schnelle und unbürokratische Hilfe, wie sie versprochen wurden, sehe anders aus, kritisieren viele. Damit konfrontiert, sagt der Innenminister von Rheinland-Pfalz, SPD-Politiker Michael Ebling: Er könne die Ungeduld vor Ort verstehen. Für ihn gehe es nun darum, in den bestehenden Regularien "schlanke Verfahrenswege zu finden, die erkennbar den Wiederaufbau stärken." In Berlin geht man etwas weiter. Ein Entwurf des Bundesbauministeriums schlägt in bestimmten Bereichen Vereinfachungen im Katastrophenfall vor. Über den Entwurf soll Ende April im Bundestag abgestimmt werden. Ob dadurch der Wiederaufbau an der Ahr an Fahrt gewinnt? Viele Ortsbürgermeister bleiben skeptisch. Dieses und weitere Themen sehen Sie am Dienstag, den 28. März bei Report Mainz im Ersten. | /inland/gesellschaft/ahrtal-wiederaufbau-103.html |
2023-03-28 | Kartellamt prüft die Macht von Microsoft | US-Software-Riese | Windows, Teams, die Xbox - Microsoft verfügt über große Marktmacht. Das Kartellamt prüft nun, ob der US-Software-Riese eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" hat. Falls ja, könnte Microsoft eine schärfere Aufsicht bekommen.
mehr | Windows, Teams, die Xbox - Microsoft verfügt über große Marktmacht. Das Kartellamt prüft nun, ob der US-Software-Riese eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" hat. Falls ja, könnte Microsoft eine schärfere Aufsicht bekommen. Nach Technologieriesen wie Google und Meta nimmt das Bundeskartellamt nun auch den US-Konzern Microsoft wegen seiner Marktmacht unter die Lupe. Die Behörde leitete nach eigenen Angaben ein Verfahren gegen Microsoft ein, "um zu prüfen, ob dem Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt". Kartellamtspräsident Andreas Mundt begründete den Verdacht mit einer Reihe von Microsoft-Produkten wie Windows, Office, mehreren Clouddiensten sowie der äußerst erfolgreichen Videotelefonie-Software Teams. Zudem sei Microsoft mit der Xbox im Spielebereich tätig, verfüge über eine Internetsuchmaschine und betreibe ein Karrierenetzwerk. Für eine Prüfung gebe es also "gute Gründe", sagte Mundt. Sollte eine marktübergreifende Bedeutung festgestellt werden, könnte das Kartellamt etwaige wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen frühzeitig aufgreifen und untersagen, wie Mundt erklärte. "Überragende Bedeutung" für Alphabet und Meta festgestellt Seit Anfang 2021 gelten neue Vorschriften im Wettbewerbsrecht. Zentraler Bestandteil ist die Modernisierung der Missbrauchsaufsicht - die Aufsichtsbehörden können nun bei Verstößen großer Digitalkonzerne früher einschreiten und wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen. Auf dieser Grundlage leitete die Behörde auch das Verfahren gegen Microsoft ein. Konkrete Praktiken werden damit aber noch nicht untersucht. Eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" hatte das Kartellamt zuvor bereits rechtskräftig für den Google-Mutterkonzern Alphabet und die Facebook-Mutter Meta festgestellt. Der US-Konzern Amazon zog gegen eine entsprechende Einstufung vor den Bundesgerichtshof. Ob dem Apple-Konzern eine solche Bedeutung ebenfalls zukommt, wird vom Kartellamt noch geprüft. | /wirtschaft/unternehmen/bundeskartellamt-prueft-microsoft-101.html |
2023-03-28 | Deutschlands Wirtschaft krisenfest | Studie zur Resilienz von Staaten | Pandemie, Inflation, Ukraine-Krieg: Die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft werden derzeit von Krisen belastet. Das Land hat im internationalen Vergleich eine hohe Widerstandskraft, so eine aktuelle Studie.
mehr | Pandemie, Inflation, Ukraine-Krieg: Die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft werden derzeit von Krisen belastet. Das Land hat im internationalen Vergleich eine hohe Widerstandskraft, so eine aktuelle Studie. Die Bewältigung von Krisenerscheinungen gelingt in Deutschland einer Untersuchung zufolge bemerkenswert gut. Das Land habe insgesamt eine hohe "Resilienz", also die Fähigkeit, Belastungen auszugleichen und sich an veränderte Gegebenheiten anzupassen, so das Ergebnis einer Studie des Roman Herzog Instituts im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Ein Team um Ökonom Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, hat dazu bereits vorliegende Studien zur Widerstandfähigkeit von Staaten ausgewertet. Demokratien reagieren flexibler In der Rangliste von 24 untersuchten Industriestaaten rangiert Deutschland dabei auf Platz sechs, hinter Norwegen, Finnland, Schweden, der Schweiz und Dänemark. Die Autoren kommen auch zu dem Ergebnis, dass Demokratien insgesamt flexibler und letztlich erfolgreicher auf Krisen reagieren und sie bewältigen können als autoritäre Regime. China und Russland belegen im Resilienz-Vergleich bei beiden letzten Plätze. Als Stärken der demokratisch organisierten Gesellschaften stellt die Studie den sozialen Zusammenhalt und das Vertrauen in staatliche Institutionen heraus. Entsprechend wird das gute Gesamtabschneiden der skandinavischen Länder begründet, wo laut Studie das Sozialstaatssystem stark ausgebaut ist. Niedrige Staatsverschuldung schafft Freiräume Deutschland hat vor allem dank seiner wirtschaftlichen Stärke eine hohe Widerstandskraft gegen Krisen entwickelt. So sorgte die im internationalen Vergleich geringe Staatsverschuldung dafür, dass Milliarden schwere Hilfspakete etwa zur Bewältigung der Corona-Krise für Unternehmen bereit gestellt werden konnten. Als Wirtschaftsstandort hat Deutschland für Unternehmen eine hohe Attrativität, bei der Bewertung der Innovationskraft und der Dynamik der Wirtschaft fällt es jedoch laut der Studie zunehmend zurück. Das duale Ausbildungssystem sorgt wiederum dafür, dass Deutschland vom Thema Jugendarbeitslosigkeit, anders als etwa Griechenland, Portugal oder Spanien, wenig betroffen ist. "Die Chanchengerechtigkeit in Deutschland ist gestiegen, die Einkommensungleichheit jedoch nicht", heben die Autoren positiv hervor. Auch der Arbeitsmarkt habe sich günstig entwickelt, aus dem Hochlohnland sei auch "Hochbeschäftigungsland geworden". Derzeit herrscht hierlande aber ein Fachkräftemangel. Führend in Sachen Nachhaltigkeit Auch wenn in Deutschland oftmals bürokratische Hürden notwendige Innovation in der Wirtschaft verlangsame, liegt das Land beim Thema Nachhaltigkeit sogar in der Spitzengruppe der untersuchten Staaten. "Von allen Industriestaaten erreicht Deutschland die meisten Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen", heißt es in der Studie. Insgesamt, so ein Fazit der Studie, könne Deutschland dank seiner Resilienz den Herausforderungen der kommenden Jahre "vergleichsweise gelassen" entgegenblicken. | /wirtschaft/konjunktur/deutschland-krise-resilienz-studie-101.html |
2023-03-28 | Wenn Profis Nachwuchs suchen | Fußball | Viele Kinder und Jugendliche träumen von einer Karriere als Fußballprofi. Top-Talente gibt es durchaus. Aber selbst von ihnen gelingt es nur ganz wenigen, ihren Traum zu verwirklichen - trotz der Fördersysteme. Wo hakt es? Von S. Grosser. | Viele Kinder und Jugendliche träumen von einer Karriere als Fußballprofi. Top-Talente gibt es durchaus. Aber selbst von ihnen gelingt es nur ganz wenigen, ihren Traum zu verwirklichen - trotz der Fördersysteme. Wo hakt es? Wenn Valentin Beckert den Fußballrasen auf dem DFB-Stützpunkt in Neutraubling betritt, zieht er die Blicke auf sich. Der 14-Jährige überragt mit seiner Größe von 1,90 Meter seine gleichaltrigen Mitspieler, mit denen er in der Regionalauswahl Ostbayern spielt. Die besten Junioren vom Bayerischen Wald bis Bayreuth trainieren oder spielen hier in Neutraubling bei Regensburg einmal pro Woche zusammen. So viele Talente an einem Ort locken auch die Scouts von Vereinen aus der ersten und zweiten Bundesliga, die von hier schon so manchen Jugendspieler in ihre Nachwuchsleistungszentren geholt haben. Die Spieler wissen das. Auch Valentin lässt sich von seinen Eltern daher jede Woche mehr als 100 Kilometer fahren, um seinem Traum von Fußballprofi näher zu kommen. Zu wenig Spielpraxis für Fußballtalente Trotz talentierter Spieler wie Valentin Beckert sieht Rudi Völler mit Blick auf den Fußballnachwuchs "dunkle Wolken" aufziehen. Der neue Sportdirektor der Nationalmannschaft muss mit einer stetig sinkenden Zahl an U23-Spielern in der Bundesliga umgehen. Bei der Nationalmannschaft und für einzelne Positionen fehle eine Auswahl an Top-Talenten, bestätigt auch Joti Chatzialexiou, sportlicher Leiter Nationalmannschaften beim DFB. "Es ist nicht so, dass es keine Top-Talente im deutschen Nachwuchsfußball gibt, aber es gibt zu wenige Spieler, die sich dann auch zu Topspielern im Profibereich weiterentwickeln." Laut Chatzialexiou liegt das zum einen daran, dass Talente zu wenig Spielpraxis in den ersten Mannschaften erhalten. Zum anderen müsse auch der Wettbewerb im Nachwuchsbereich so gestaltet sein, dass mutige kreative Aktionen gefördert werden. Heißt: mehr Fußballspielen statt Taktik. Wenige schaffen Sprung zu den Profis Dabei gibt es in Deutschland zwei sich teils ergänzende Förderstrukturen. Neben den DFB-Stützpunkten, in denen Talente aus dem Amateurbereich gefördert werden, gibt es 56 Nachwuchsleistungszentren, die von Profivereinen aufgebaut und finanziert werden. Meistens führt der Weg eines Jugendspielers von einem DFB-Stützpunkt über eine Regionalauswahl in ein Nachwuchsleistungszentrum eines Proficlubs. Doch sich in deren Jugendmannschaft durchzusetzen, gelingt den wenigsten Spielern. Bei 56 Leistungszentren liegt die Wahrscheinlichkeit für einen zwölfjährigen Jugendspieler bei höchstens 0,1 Prozent, so Chatzialexiou vom DFB. Die Quote verbessert sich zwar bis zur U19 auf zehn Prozent. Allerdings auch, weil viele Spieler bis dahin nicht mehr dabei sind. Statt Bolzplatzmentalität zu früh auf Profi getrimmt Am DFB-Stützpunkt in Neutraubling gibt Valentin Beckert alles. Es ist das letzte Training vor dem Spiel gegen die Jugendmannschaft eines Proficlubs. Und der 14-Jährige will in den Kader - wie alle hier. Johannes Ederer muss entscheiden, wer für die Regionalauswahl spielt und wer nicht. Talente sehe er genügend, sagt der Koordinator für die DFB-Stützpunkte in Ostbayern. Was in den vergangenen Jahren aber gefehlt habe, sei die Bolzplatzmentalität. Stattdessen seien die Jugendspieler zu früh zu sehr auf Profi und Ergebnisse getrimmt worden. "Die Mama, der Papa, die Freunde, vielleicht auch mal die ein oder andere Jugendsünde, die man zu Hause auch begehen kann, sind für die Entwicklung eines Kindes ganz wichtig. Und da wird natürlich beim Profiverein anders geschaut, als das vielleicht hier im Breitensport noch der Fall ist." Ederer hat schon oft gesehen, wie Jugendspieler wieder zu den Amateurvereinen zurückgekommen sind, weil sie für den nächsten Schritt noch nicht bereit waren. Geduld bei Spielerentwicklung Damit die Talente nicht auf der Strecke bleiben, braucht es laut DFB mehr qualifizierte Trainer - auch im Amateurbereich. Für Chatzialexiou müssten diese vor allem das Verständnis mitbringen, "Talente entwickeln und begleiten zu wollten, statt jedes Wochenende den Sieg des Kollektivs in den Fokus zu rücken". Der sportliche Leiter der Nationalmannschaften hofft so, dass auch sogenannte Spätentwickler mehr Aufmerksamkeit und Geduld erfahren. Damit einher geht, dass Talente in ihren Vereinen mehr Spielpraxis bekommen und sich gegen etablierte Spieler beweisen können. Forderungen, die die Verantwortlichen für die Nachwuchsarbeit beim DFB bereits vor dem Ausscheiden der Nationalmannschaft bei den Weltmeisterschaften in Russland und Katar gestellt haben. "Leider scheitert deren Umsetzung noch zu häufig an kurzfristig ausgerichteten und sehr spezifischen, individuellen Interessen." Unter anderem würden Profivereine vielmehr Spieler aus dem Ausland scouten, so Chatzialexiou. Auf dem DFB-Stützpunkt in Neutraubling geht das Training zu Ende. Valentin Becker atmet schwer, stützt sich mit den Händen auf seinen Knien ab. Er kann zufrieden sein. Sein Einsatz zahlt sich aus: Für das nächste Spiel steht er im Kader. Und vielmehr noch: Der 14-Jährige hat mehrere Angebote von Vereinen aus der ersten und zweiten Bundesliga erhalten. Damit ist er seinem Traum vom Profifußballer so nah wie nie. Und wer weiß - vielleicht wird er irgendwann mal für die Nationalelf auflaufen. | /inland/gesellschaft/fussball-nachwuchs-101.html |
2023-03-28 | Spielt Netanyahu bloß auf Zeit? | Justizreform in Israel | Israels Premier Netanyahu hat die umstrittene Justizreform seiner Regierung vorerst gestoppt. Doch das Vorhaben ist damit nicht vom Tisch. Und nicht nur die Opposition traut der Ankündigung wenig. Von Jan-Christoph Kitzler. | Israels Premier Netanyahu hat die umstrittene Justizreform seiner Regierung vorerst gestoppt. Doch das Vorhaben ist damit nicht vom Tisch. Und nicht nur die Opposition traut der Ankündigung wenig. Benjamin Netanyahu nimmt das Tempo raus. Auf diese Nachricht hatten viele in Israel gewartet. Wieder waren den ganzen Tag und Abend über Zehntausende auf den Straßen, um gegen die umstrittene Justizreform zu protestieren. Die Proteste hatten sich noch einmal verschärft, weil Netanyahu tags zuvor den Verteidigungsminister gefeuert hatte, der einen Stopp der Reform gefordert hatte. Außerdem hatte die Regierungskoalition eigentlich geplant, in dieser Woche vor der Parlamentspause entscheidende Teile der Reform durchs Plenum zu bringen. Erst am Abend gab Netanyahu seine Erklärung ab. "Wenn die Möglichkeit besteht, einen Bürgerkrieg durch einen Dialog zu verhindern, nehme ich als Premierminister die Auszeit für einen Dialog", so Netanyahu. Gleichzeitig machte er aber deutlich: "Wir bestehen auf der Notwendigkeit, Korrekturen am Rechtssystem vorzunehmen und werden die Gelegenheit geben, diese in einem breiten Einvernehmen zu erreichen. Und aus dieser nationalen Verantwortung heraus habe ich entschieden, die zweite und dritte Lesung des Gesetzespakets in dieser Sitzungsperiode auszusetzen." Opposition reagiert frostig Damit ist noch nicht gesagt, ob es auch inhaltliche Zugeständnisse geben wird - oder ob Netanyahu nur auf Zeit spielt. Er kündigte an, das Gespräch mit der Opposition suchen zu wollen, um mehr Akzeptanz für die Reform zu erreichen. Doch Ankündigungen dieser Art hat es in der Vergangenheit schon öfter gegeben. Justizminister Levin wird in israelischen Medien mit den Worten zitiert: "Wir müssen smart sein - wir bringen die Reform später durch." Entsprechend frostig reagierte Oppositionsführer Yair Lapid: Wenn Netanyahu versucht, uns auszutricksen, wird er wieder viele patriotische Israelis vorfinden, die entschieden für unsere Demokratie kämpfen werden. Andererseits: Wenn die Regierung zu einem wirklichen und fairen Dialog bereit ist, können wir aus diesem Tiefpunkt gestärkt und vereint herausgehen und das zu einem bedeutenden Moment in unserem gemeinsamen Leben machen. Das ist die größte Krise in der Geschichte Israels. Wir sind verpflichtet, sie gemeinsam zu lösen, damit wir hier gemeinsam leben können. Rechtsextremer Minister Ben Gvir droht mit Rücktritt Erstmals in den 13 langen Wochen des Protests hatte die Regierung auch Anhänger der Reform zu Tausenden auf die Straßen gebracht. In Jerusalem trat unter anderem Itamar Ben Gvir auf, der rechtsextreme Minister für Nationale Sicherheit. Er hatte Benjamin Netanyahu mit Rücktritt gedroht. Auch weil noch weitere Verhandlungen mit ihm nötig waren, ließ Netanyahus Erklärung auf sich warten. Bei der Sitzung der Koalitionsspitzen hatte ich beschlossen, die Koalition zu verlassen, denn ich war und bin der Meinung, dass heute über die Reform abgestimmt werden sollte. Wir dürfen nicht vor den Anarchisten kapitulieren. Dann wurde mir klar: Ich schenke ihnen den Sieg, wenn ich aus der Koalition austrete. Aber sie werden nicht gewinnen! Sie werden nicht gewinnen! Wir werden in der Koalition bleiben und die Reform einfordern. Ben Gvir darf sich als einer der Gewinner fühlen. Denn noch ist es möglich, dass die Justizreform wie geplant beschlossen wird. Und für seine Zustimmung zum Aufschub bekommt Ben Gvir viel Geld für den Aufbau einer Nationalgarde unter seiner Führung. Er hatte in den letzten Wochen ein härteres Vorgehen gegen Demonstranten angemahnt und ist auch für eine harte Linie gegenüber Palästinensern in den besetzten Gebieten. Weitere Schritte unklar Ob die Massenproteste nun an Schwung verlieren, ist noch nicht absehbar und wird von den nächsten Schritten abhängen. Noch am Abend hatte Staatspräsident Izchak Herzog darüber unter anderem mit Benjamin Netanyahu und Yair Lapid beraten. Später am Abend war es zu Straßenblockaden und einzelnen Ausschreitungen zwischen Protestierenden und der Polizei gekommen. Die Organisatoren der Reformgegner hatten zuvor angekündigt, weiter auf die Straße zu gehen - bis der Gesetzgebungsprozess zu den Akten gelegt wird. | /ausland/israel-justizreform-verschoben-103.html |
2023-03-28 | Ampel-Parteien verkünden Einigung | Koalitionsausschuss | Nach mehrtägigen Beratungen konnten sich SPD, Grüne und FDP nun doch einigen: Sie präsentierten ein umfassendes Reformpaket, das vor allem Planungen beim Straßen- und Schienennetz beschleunigen soll. | Nach mehrtägigen Beratungen konnten sich SPD, Grüne und FDP nun doch einigen: Sie präsentierten ein umfassendes Reformpaket, das vor allem Planungen beim Straßen- und Schienennetz beschleunigen soll. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben nach dreitägigen Verhandlungen eine Einigung in mehreren Streitfragen erzielt. SPD-Chef Lars Klingbeil sprach in Berlin nach Beratungen des Koalitionsausschusses von einem "Bündel an Maßnahmen" bezogen auf einen schnelleren Ausbau der Infrastruktur, Anpassungen beim Klimaschutzgesetz und der Umrüstung von Heizungen. Klingbeil, Grünen-Chefin Ricarda Lang und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner äußerten sich zufrieden mit den Ergebnissen. Die Einigung gehe mit Zumutungen für alle Koalitionspartner einher, sagte Lang. Lkw-Maut soll erhöht werden Lang sagte, die Koalition wolle die Lkw-Maut erhöhen, um mehr Spielraum für Investitionen in die Bahn zu haben. Die zusätzlichen Einnahmen sollten zu 80 Prozent "in den Ausbau der Schiene, in eine moderne Bahn fließen", sagte die Grünen-Chefin. Den Finanzbedarf der Bahn bezifferte sie auf 45 Milliarden Euro bis 2027. Gleichzeitig willigten die Grünen Lang zufolge auch ein, Autobahnprojekte zu beschleunigen. Bei Autobahn-Neubauten solle es künftig aber eine Prüfung geben, wie die Fläche daneben für Solaranlagen genutzt werden könne. Die Ampel-Koalition verständigte sich beim Straßenverkehr auf einen beschleunigten Infrastrukturausbau. Grünen-Chefin Lang sprach von einer "begrenzten Anzahl von Straßen", für die dies gelte. FDP-Chef Lindner nannte "144 Autobahnprojekte", die als "von überragendem Interesse eingestuft" und entsprechend prioritär behandelt würden. Klimaschutzgesetz soll geändert werden Die Koalition peilt demnach auch eine Änderung des Klimaschutzgesetzes an: Die bislang strikten Emissionsvorgaben für einzelne Wirtschaftssektoren sollen aufgegeben werden. "Die reine Sektor-Orientierung überwinden wir", sagte FDP-Chef Lindner. "Wir sorgen dafür, dass sich die Sektoren gegenseitig helfen können." Man schaue nicht mehr jährlich auf die Ziele und blicke nicht mehr zurück, sondern nach vorne bis etwa zum Jahr 2030. Damit komme man zu einem effektiveren Klimaschutz. Grünen-Chefin Lang räumte ein, dass man hier unterschiedliche Positionen gehabt habe. Der Kompromiss sei, dass die Sektorziele als Prinzip des Gesetzes erhalten bleiben. Es seien "wirklich nicht einfachen Verhandlungen gewesen", so Lang im Interview mit den tagesthemen. "Wir schaffen es immer noch nicht, die Lücke beim Klimaschutz im Verkehr vollends zu schließen." Das aktuelle Klimaschutzgesetz sieht vor, dass jeder Sektor wie etwa Verkehr, Gebäude oder Energie jedes Jahr eine Vorgabe für den maximalen Ausstoß an Klimagasen zu erfüllen haben. Der Verkehrssektor hat sie zuletzt verfehlt. Künftig soll etwa der Energie-Bereich hier mit einer Übererfüllung dem Verkehr helfen können, was Druck auch von Verkehrsminister Volker Wissing nehmen würde. Ampel besteht auf Heizungstausch Die Ampel-Koalition hält an den Plänen fest, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Der entsprechende Gesetzentwurf werde im April von der Bundesregierung auf den Weg gebracht, heißt es in einem 16-seitigen Beschluss für ein "Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung". Details zu einer sozialen Abfederung für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen finden sich darin nicht. "Unbillige Härten auch zum sozialen Ausgleich werden vermieden", heißt es darin. Es werde geprüft, wie der Austausch von Gas- und Ölheizungen "gezielt und bürokratiearm" mit Mitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds gefördert werden könne. "Niemand wird im Stich gelassen", versprechen die Ampel-Parteien. Klingbeil: "In großen Schritten in Richtung Zukunft" SPD-Chef Klingbeil zeigte sich "hoch zufrieden" mit den Ergebnissen. Diese zeigten, "dass wir uns als Koalition in großen Schritten in Richtung Zukunft und Stärke für Deutschland bewegen". Gleichzeitig räumte er im Interview mit den tagesthemen ein, die Verhandlungen seien "insgesamt zu lang" gewesen. Aber es seien zweieinhalb Tage gewesen, die das Land verändern würden. Klingbeil ergänzte, es würde nicht einfach sein, die großen Genehmigungsverfahren, "die ja in Deutschland teilweise Jahre dauern in Deutschland, das man die jetzt mal beschleunigt". Ihm hätte vieles bei den "ruppigen Diskussionen" der letzten Wochen nicht gefallen, so Klingbeil. "Aber wir wollen den Klimaschutz und das ist jetzt klar." FDP-Chef Lindner sagte: "Wir haben echte Durchbrüche erzielt, wirkliche Paradigmenwechsel, und deshalb spricht das Ergebnis einfach für sich." Grünen-Chefin Lang betonte: "Wir gehen jetzt endlich auch Strukturreformen an." | /inland/innenpolitik/koalition-ausschuss-einigung-101.html |
2023-03-28 | Knapp, teuer und ineffizient | E-Fuels | Die Ausnahme für E-Fuels ändert nichts am faktischen Ende des Verbrennungsmotors. Diese Antriebsart von Autos wird spätestens 2035 völlig antiquiert sein, meint Holger Beckmann.
mehr | Die Ausnahme für E-Fuels ändert nichts am faktischen Ende des Verbrennungsmotors. Diese Antriebsart von Autos wird spätestens 2035 völlig antiquiert sein. Es gibt ein Verbrenner-Verbot, aber: Es gibt kein Verbrenner-Verbot. So muss man wohl in Worte fassen, was die EU-Mitgliedsstaaten da jetzt vereinbart haben - nachdem die Bundesregierung in letzter Minute den eigentlich ausgehandelten europäischen Beschluss dazu blockiert hatte. Auf Druck des deutschen Verkehrsministers Volker Wissing musste dann nämlich Europas Klimaschutz-Kommissar Frans Timmermanns zusichern, dass man in den nächsten Monaten einen Vorschlag machen werde, wie trotz Verbot von Verbrennungsmotoren in Neuwagen ab 2035 doch noch eine Hintertür offen bleiben kann - für diese spätestens dann völlig antiquierte Auto-Antriebs-Art, wenn sie nur mit E-Fuels betankt wird. Wissing hat Timmermanns dazu quasi genötigt. Ohne Rücksicht auf europäische Spielregeln und ohne Rücksicht auch darauf, dass diese Kraftstoffe knapp sind, teuer und ineffizient und dass man sie brauchen wird vor allem und zuerst für Flugzeuge, für Schiffe und für die Industrie. Preise der E-Fuels werden wohl horrend sein Wenn dann noch etwas übrig bleiben sollte, dann könnte man das vielleicht für Verbrenner-Autos verwenden - aber bestenfalls zu vermutlich horrenden Preisen. Dass Bundesfinanzminister Christian Lindner, bekanntlich in der gleichen Partei wie Wissing, deshalb vorsorglich schon einmal angekündigt hat, solche Autos dann mit Steuersubventionen zu fördern, illustriert den ganzen groben Unfug durchaus eindrucksvoll. Das einzig beruhigende an dem Theater: Am Ende wird die Kommission einen Vorschlag machen, der am faktischen Verbrenner-Aus doch nichts ändert. Und wenn sie einen solchen Vorschlag nicht macht, dann wird das Europäische Parlament dagegen klagen. Und dann muss sich vielleicht sogar Christian Lindner 2035 doch einen Neuwagen mit E-Antrieb kaufen. Besser wär's. | /wirtschaft/technologie/kommentar-verbrenner-verbot-e-fuels-101.html |
2023-03-28 | Großer Zapfenstreich für Lambrecht | Ex-Ministerin verabschiedet | Mit einem Großen Zapfenstreich ist die zurückgetretene Verteidigungsministerin Lambrecht aus dem Amt verabschiedet worden. Als Musik wünschte sie sich unter anderem "Niemals geht man so ganz" von Trude Herr.
mehr | Mit einem Großen Zapfenstreich ist die zurückgetretene Verteidigungsministerin Lambrecht aus dem Amt verabschiedet worden. Als Musik wünschte sie sich unter anderem "Niemals geht man so ganz" von Trude Herr. Die Bundeswehr hat die frühere Verteidigungsministerin Christine Lambrecht mit einem Großen Zapfenstreich aus dem Amt verabschiedet. Für das Zeremoniell versammelten sich Soldaten und Soldatinnen auf dem Gelände des Ministeriums in Berlin. Lambrechts Nachfolger Boris Pistorius hatte dazu eingeladen, um ihre Leistungen als Ministerin zu würdigen, wie das Verteidigungsministerium mitteilte. Das rund einstündige Zeremoniell ist die höchste Form militärischer Ehrbezeugung deutscher Soldatinnen und Soldaten. Es darf nur zu ganz besonderen Anlässen aufgeführt werden und folgt einer festgelegten Abfolge musikalischer Elemente und militärischer Zeremonie. Mit Fackeln marschierten das Wachbataillon des Verteidigungsministeriums und ein Stabsmusikkorps dazu nach Sonnenuntergang auf dem Innenhof des Wehrressorts auf. Bestandteil ist die sogenannte Serenade - also eine Musikdarbietung, für welche die oder der Geehrte selbst Musikstücke auswählen darf. Lambrecht wünschte sich den Schlager "Niemals geht man so ganz" der Kölner Sängerin Trude Herr, den "Hessischen Fahnenmarsch" sowie den "Marsch des hessischen Kreis-Regiments und des Regiments Landgraf". Viel Kritik während Amtszeit Die SPD-Politikerin hatte Mitte Januar nach nur gut 13 Monaten im Amt ihren Rücktritt erklärt. Vorausgegangen waren massive Kritik an ihrer Amtsführung und ein rapider Ansehensverlust in der Öffentlichkeit. Zuletzt hatte eine als verunglückt kritisierte Videobotschaft der Ministerin zum Jahreswechsel für Entrüstung gesorgt. Lambrecht ist erst die vierte Frau, die von der Bundeswehr mit einem Großen Zapfenstreich geehrt wird. Vor ihr wurde diese Ehre den Verteidigungsministerinnen Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel zuteil. Kritiker des Großen Zapfenstreichs sehen das militärische Zeremoniell in der unmittelbaren Tradition von preußischen Paraden und Hitlers Fackelzügen und sprechen von einem Symbol des preußischen und deutschen Militarismus. | /inland/lambrecht-zapfenstreich-103.html |
2023-03-28 | Mehr Kredite, mehr Abhängigkeiten | Neue Seidenstraße | Die "Neue Seidenstraße" Chinas wird teurer: 60 Prozent der Auslandskredite drohen auszufallen. Um dies zu vermeiden, vergibt Peking Rettungsdarlehen und schafft so neue Abhängigkeiten.
mehr | Die "Neue Seidenstraße" Chinas wird teurer: 60 Prozent der Auslandskredite drohen auszufallen. Um dies zu vermeiden, vergibt Peking Rettungsdarlehen und schafft so neue Abhängigkeiten. Gemäß einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hat das ambitionierte Handelsprojekt "Neue Seidenstraße" für China hohe Kosten zur Folge. Immer mehr Schwellen- und Entwicklungsländer, die von der Volksrepublik Kredite für den Bau von Infrastruktur aufgenommen haben, können diese nicht mehr planmäßig bedienen. Als Folge dessen habe die chinesische Regierung in den letzten Jahren die Vergabe von Rettungskrediten erheblich erhöht. Ausfallrisiken bei Auslandskrediten Dem IfW zufolge sind mittlerweile 60 Prozent aller chinesischen Auslandskredite von einem Zahlungsausfall bedroht. 2010 habe dieser Anteil noch bei lediglich fünf Prozent gelegen, ergab die Analyse von Forscherinnen und Forschern des IfW mit AidData, der Harvard Kennedy School und der Weltbank. Um Ausfälle zu verhindern, vergibt China danach Notkredite in großem Stil. Bis Ende 2021 zählten die Autoren 128 Rettungsdarlehen an 22 Schuldnerländer im Gesamtwert von 240 Milliarden US-Dollar. Wie die Studie zeigt, wurden 170 Milliarden Dollar dieser Notkredite über Zentralbankkredite vergeben. Diese seien für internationale Organisationen und Ratingagenturen besonders schwer nachzuvollziehen. Banken reduzieren reguläre Kreditvergabe Laut den Angaben handelt es sich in den meisten Fällen um Refinanzierungskredite, bei denen Laufzeiten oder Zahlungsziele verlängert oder neue Kredite zur Finanzierung fälliger Schulden vergeben werden. "Der Erlass von Schulden findet nur äußerst selten statt", so das IfW. Aufgrund der umfangreichen Rettungskredite hätten chinesische Banken die reguläre Kreditvergabe für neue Infrastruktur- und Energieprojekte drastisch reduziert. Der Analyse zufolge wirft das Fragen zur Zukunft der Neuen Seidenstraße auf. Mehr Einfluss und größere Abhängigkeiten Die Seidenstraße war die wichtigste Handelsverbindung zwischen China und Europa in der Antike und dem frühem Mittelalter. China kündigte 2013 an, sie neu zu beleben. Doch Kritiker befürchten, dass die Volksrepublik damit ihren Einfluss ausweiten möchte. Fest steht: Durch die Vergabe immer neuer Kredite verstrickt Peking die Schuldnerländer in immer stärkere Abhängigkeiten - und stärkt so seine geopolitische Position. "Die Initiative für eine neue Seidenstraße ist ja nicht das, was manche in Deutschland glauben: Es ist keine sentimentale Erinnerung an Marco Polo", warnte der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. "Sondern sie steht für den Versuch, ein umfassendes System zur Prägung der Welt im chinesischen Interesse zu etablieren." | /wirtschaft/weltwirtschaft/neue-seidenstrasse-handelsprojekt-kosten-china-101.html |
2023-03-28 | Porsche investiert erneut in Isar Aerospace | Raumfahrt | Der deutsche Raketenbauer Isar Aerospace hat in einer neuen Finanzierungsrunde 155 Millionen Euro eingenommen. Mit dabei ist wieder die Porsche SE.
mehr | Der deutsche Raketenbauer Isar Aerospace hat in einer neuen Finanzierungsrunde 155 Millionen Euro eingenommen. Mit dabei ist wieder die Porsche SE. Der Münchener Raketenbauer Isar Aerospace hat bei einer Finanzierungsrunde eine erneute Kapitalspritze der Porsche SE erhalten. Die Volkswagen-Konzernmutter habe gemeinsam mit weiteren Investoren insgesamt 155 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, teilte das Unternehmen mit. Dabei werde Isar Aerospace aktuell höher bewertet als bei der vorangegangenen Finanzierungsrunde 2021, erklärte Finanzchef David Kownator, ohne eine Summe zu nennen. Mit insgesamt eingeworbenen Investorengeldern von über 310 Millionen Euro sieht sich der Raketenbauer als das kapitalstärkste unabhängige New Space-Unternehmen in der Europäischen Union. Nach früheren Angaben hält Porsche einen Anteil im niedrigen einstelligen Prozentbereich an dem Start-up. Erstflug im zweiten Halbjahr geplant Isar Aerospace plant für das zweite Halbjahr den Jungfernflug seiner Trägerrakete "Spectrum", die vom norwegischen Andoya aus kleine und mittelgroße Satelliten ins All bringen soll. "Die weltweite Nachfrage nach Startkapazitäten für kleine und mittelgroße Satelliten steigt rasant, und das Auftragsbuch von Isar Aerospace ist bereits gut gefüllt", teilte das Unternehmen mit. Boom in der Raketenfertigung Anwendungsgebiete für die kommerziellen, institutionellen und staatlichen Kunden seien Erdbeobachtung, Telekommunikation, Landwirtschaft, Katastrophenmanagement, Transport, Umweltschutz, wissenschaftliche Forschung und Verteidigung. Zu den Kunden gehöre auch die US-Raumfahrtfirma Spaceflight. Tatsächlich hat der gewaltige Bedarf an Satelliten für Kommunikations- und Mobilitätsnetzwerke in Deutschland eine ganze Branche mit über 100 Start-ups entstehen lassen, von denen etwa die Hälfte in der Raketenfertigung tätig sind. Experten erwarten, dass in den nächsten Jahren Tausende Satelliten ins All starten werden, die allermeisten davon Kleinsatelliten mit einem Gewicht von einem bis zehn Kilogramm. | /wirtschaft/technologie/isar-aerospace-porsche-101.html |
2023-03-28 | + Minister Resnikow lobt britische Panzer + | Krieg gegen die Ukraine | Der ukrainische Verteidigungsminister Resnikow hat die gelieferten britischen "Challenger 2"-Panzer nach einer Probefahrt gelobt. EU-Staaten wollen ihr Einsparziel beim Gas bis März 2024 verlängern. Die Entwicklungen zum Nachlesen.
mehr | Der ukrainische Verteidigungsminister Resnikow hat die gelieferten britischen "Challenger 2"-Panzer nach einer Probefahrt gelobt. EU-Staaten wollen ihr Einsparziel beim Gas bis März 2024 verlängern. Die Entwicklungen zum Nachlesen. Minister Resnikow lobt britische PanzerBelarus: Lassen Atomwaffen wegen NATO zuErste britische "Challenger"-Panzer in UkraineSelenskyj: Hunderte religiöse Gebäude zerstört oder beschädigtIAEA-Chef hofft auf Vereinbarung zum Schutz der Atomanlage Ende des Liveblogs Für heute beenden wir unseren Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Herzlichen Dank für Ihr Interesse! Selenskyj nach Truppenbesuch: Wir sind stärker Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach einem Besuch der Grenzregion zu Russland einmal mehr die Stärke der Ukrainer angesichts der anhaltenden Bedrohung durch Moskau unterstrichen. "Die Bedrohung ist ständig, unsere Grenze wird ständig beschossen", sagte er in seiner allabendlichen Videoansprache über die Eindrücke seines Besuchs in der Region Sumy im Nordosten der Ukraine. "Aber das Leben und unsere Menschen sind offensichtlich stärker als alle Ängste." Bei seinem Besuch der Region Sumy hatte sich Selenskyj mit den Befehlshabern der dort eingesetzten Grenztruppen getroffen. "Die starken Stellungen entlang der gesamten Grenze zum Terrorstaat (Russland) sind eine Folge der Stärke unseres Volkes, das jederzeit bereit ist, die Grenze zu verteidigen", sagte Selenskyj. Ukrainische Grenztruppen schirmen im Nordosten einen mehrere hundert Kilometer langen Abschnitt an der gemeinsamen Grenze mit Russland ab, um dort ein Eindringen russischer Einheiten zu verhindern. Kiews Militärsprecher: Lage in Bachmut "sehr dynamisch" Die Lage in der schwer umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut ist nach den Worten eines ukrainischen Militärs "sehr dynamisch". Manchmal habe sogar der Gegner taktische Vorteile, sagte der Sprecher der ukrainischen Ostfront, Serhij Tscherewatyj, im Fernsehen. Doch diese Vorteile seien vorhersehbar. "Wir erkennen sie und ergreifen Gegenmaßnahmen." Einen wie auch immer gearteten strategischen Vorteil gebe es nicht. "Die Lage ist stabil, aber schwierig", sagte Tscherewatyj. "Bei Kämpfen und Gegenmaßnahmen geht es darum, dem Gegner die Möglichkeit zu nehmen, seine Angriffe erfolgreich auszuweiten." Allein in den vergangenen 24 Stunden habe es 14 Zusammenstöße mit russischen Truppen gegeben, in deren Verlauf 86 russische Soldaten getötet und weitere 117 verwundet worden seien. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden. Scholz verurteilt Vertreibungen durch Ukraine-Krieg Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Flucht und Vertreibung infolge des Ukraine-Krieges scharf verurteilt. Die ukrainischen Flüchtlinge würden zu Kronzeugen dafür, dass der Imperialismus des russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Irrweg sei und nicht ins 21. Jahrhundert gehöre, sagte Scholz am Dienstagabend auf dem Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen in Berlin. Der Ukraine-Krieg werde tiefe Spuren in Europa hinterlassen, sagte Scholz und fügte hinzu: „Aber nicht im Sinne Putins“, sondern für ein Europa, „das enger zusammensteht als je zuvor“. Haushaltsausschuss soll massive Waffenhilfe für Ukraine billigen Auf Antrag der Bundesregierung soll der Haushaltsausschuss des Bundestags am Mittwoch über eine massive Aufstockung der Waffenhilfe für die Ukraine abstimmen. Die Abgeordneten sollen dafür in der Sitzung (ab 14.00 Uhr) nach AFP-Informationen rund zwölf Milliarden Euro freigeben. Dafür liegen ihnen mehrere Vorlagen aus dem Bundesfinanzministerium vor. Verwendet werden soll das Geld für direkte Waffenlieferungen an die Ukraine sowie für Wiederbeschaffungen für die Bundeswehr, deren Bestände durch Lieferungen an die Ukraine dezimiert sind. Scholz verurteilt Vertreibungen durch Krieg Bundeskanzler Olaf Scholz hat Flucht und Vertreibung infolge des Ukraine-Krieges scharf verurteilt. Die ukrainischen Flüchtlinge würden zu Kronzeugen dafür, dass der Imperialismus des russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Irrweg sei und nicht ins 21. Jahrhundert gehöre, sagte er auf dem Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen in Berlin. Er verwies auf acht Millionen ukrainische Flüchtlinge, von denen mehr als eine Million in Deutschland seien. Putin wolle "die Identität der Ukraine auslöschen", so Scholz weiter. "Es geht darum, das Recht gegen das Unrecht zu verteidigen." Es müsse so schnell wie möglich Friedensgespräche geben, "aber mit der Waffe an der Schläfe lässt es sich nicht verhandeln". Ausdrücklich würdigte Scholz die Versöhnungsarbeit des Bundes der Vertriebenen. Der Verband habe die richtigen Lehren aus der Geschichte gezogen, in dem er mithelfe, dass Gegenwart und Zukunft von mehr Mitmenschlichkeit geprägt würden. USA unterstützen Forderung nach Sondertribunal Die USA haben sich hinter die Idee eines Sondertribunals gegen Russland gestellt. "Die USA unterstützen die Entwicklung eines Sondertribunals zum Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine in Form eines internationalisierten Gerichts, das im ukrainischen Rechtssystem verwurzelt ist", erklärte das US-Außenministerium. Das Tribunal solle "internationale Elemente" enthalten und am besten in einem anderen europäischen Land als der Ukraine angesiedelt sein. Man rechne mit "bedeutender internationaler Unterstützung" für ein solches Tribunal - "insbesondere von unseren Partnern in Europa", erklärte das Ministerium weiter. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte im Januar ein neuartiges "Sondertribunal für das Aggressionsverbrechen gegen die Ukraine" vorgeschlagen. Das Gericht soll demnach seine Rechtsprechung aus dem ukrainischen Strafrecht ableiten. Ukraine fordert erneut vollständigen Truppenabzug Die Ukraine hat von Russland erneut einen vollständigen Truppenabzug aus dem Land gefordert. "Russland muss von jedem Quadratmeter ukrainischen Territoriums abziehen", sagte Außenminister Dmytro Kuleba bei einer Online-Gesprächsrunde zum Ukraine-Krieg bei dem von den USA ausgetragenen zweiten Demokratie-Gipfel. "Es sollte kein Missverständnis geben, was das Wort Abzug bedeutet." In dem Krieg verteidige die Ukraine "die gesamte demokratische Welt", sagte Kuleba weiter. "Kein anderes Land will Frieden mehr als die Ukraine. Aber Frieden zu jedem Preis ist eine Illusion. Damit Frieden dauerhaft sein kann, muss er gerecht sein." Netzbetreiber erwartet vorerst keinen Strommangel Die Ukraine erwartet trotz der Vielzahl russischer Raketenangriffe auf ihre Energie-Infrastruktur im vergangenen Winter für die kommenden sechs Monate keinen Strommangel. "Das ukrainische Energiesystem ist Teil des europäischen und so haben wir die Möglichkeit, Strom zu importieren, wenn unser eigener nicht ausreicht", sagte der Chef des staatlichen Energieversorgers Ukrenerho, Wolodymyr Kudryzkyj. Das sei ein sehr wichtiger Faktor für die Energiesicherheit des Landes. So könne die Situation in den Frühlings- und Sommermonaten im Energiesystem ausgeglichen werden. "Doch auf den nächsten Winter muss man sich gut vorbereiten", betonte der 36-Jährige. Dabei gehe es vor allem um die Reparatur beschädigter Kraftwerksblöcke von Wärme- und Wasserkraftwerken. DOSB akzeptiert IOC-Empfehlung Der Deutsche Olympische Sportbund hält eine Rückkehr russischer und belarusischer Athletinnen und Athleten zu internationalen Wettkämpfen für falsch, widersetzt sich aber nicht der Mehrheit der Befürworter. "Der DOSB war und ist weiterhin gegen die Wiederzulassung", twitterte der Dachverband des deutschen Sports zu einer entsprechenden Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees. "Aber wir akzeptieren, dass wir mit dieser Haltung einer Minderheit im internationalen Sport angehören." Es sei nun umso wichtiger, dass die strikten Voraussetzungen glaubhaft umgesetzt und bei Verstößen Sanktionen verhängt würden. Der DOSB war und ist weiterhin gegen die Wiederzulassung. Aber wir akzeptieren, dass wir mit dieser Haltung einer Minderheit im int. Sport angehören.
Es ist nun umso wichtiger, dass die strikten Voraussetzungen glaubhaft umgesetzt und bei Verstößen Sanktionen verhängt werden. https://t.co/cd4Xxeqxkn Pentagon: Russland will nach Verlusten sehr alte Panzer einsetzen Angesichts der massiven Zerstörung gepanzerter Fahrzeuge durch das ukrainische Militär sieht sich Russland nach Ansicht von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin gezwungen, auf jahrzehntealte Panzer aus Sowjetzeiten zurückzugreifen. Die Ukraine habe den russischen Bestand gepanzerter Fahrzeuge ausgedünnt "auf eine Weise, wie es sich niemand vorstellen konnte", sagte Austin bei einer Anhörung im Senat. "Deswegen sehen wir Russland sich jetzt um T-54 und T-55 Panzer bemühen angesichts des Ausmaßes der Schäden, die ihnen die Ukraine zugefügt hat." Die Panzermodelle wurden von der Sowjetunion im Wesentlichen nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt, Zehntausende davon wurden produziert. Nach Angaben des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) verfügen die Panzer über eine deutlich leichtere Panzerung und kleinere Kanonen als aktuellere Modelle. Irans Außenminister fliegt zu Gesprächen in Moskau Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian ist zu einem Besuch in Russland aufgebrochen. In Moskau stehen Gespräche mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow auf dem Programm, wie sein Ministerium mitteilte. Das Treffen ist iranischen Medienberichten zufolge für Mittwoch geplant. Angesichts internationaler Sanktionen haben der Iran und Russland ihre Zusammenarbeit auf wirtschaftlichen und militärischem Gebiet ausgebaut. Die Islamische Republik unterstützt Moskau nach westlichen Erkenntnissen auch mit sogenannten Kamikaze-Drohnen im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Teheran bestreitet dies. Faeser: Kein Grund für Rückkehr Russlands in den Weltsport Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) kritisiert, russische und belarusische Sportler wieder zu internationalen Wettkämpfen zulassen zu wollen. "Es gibt keinerlei Grund für eine Rückkehr Russlands in den Weltsport", sagte Faeser. Die Bundesinnenministerin ist auch für Sport zuständig. Die Entscheidung des IOC sei "ein Schlag ins Gesicht der ukrainischen Sportlerinnen und Sportler". Diese hätten die Solidarität des internationalen Sports verdient. Zwei Jahre Haft für Russen wegen Antikriegsbild der Tochter Ein russisches Gericht hat einen alleinerziehenden Vater wegen Kritik an der russischen Offensive in der Ukraine zu zwei Jahren Haft verurteilt, nachdem ihm wegen einer entsprechenden Zeichnung seiner Tochter bereits vorläufig das Sorgerecht entzogen worden war. Allerdings wurde das Urteil in Abwesenheit des Angeklagten Alexej Moskaljow verlesen, weil dieser nach Gerichtsangaben aus dem Hausarrest geflohen war. EU-Staaten wollen Einsparziel bei Gas verlängern Wegen des anhaltenden Ukraine-Kriegs verlängern die EU-Staaten ihr Einsparziel beim Gas. Die für Energie zuständigen Minister der Mitgliedsländer einigten sich in Brüssel auf eine Verlängerung des Einsparziels von 15 Prozent verglichen mit der Zeit vor dem Krieg, wie die schwedische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Das bisherige Ziel war von August bis diesen März vereinbart und wäre andernfalls ausgelaufen. Wie der schwedische Ratsvorsitz weiter mitteilte, soll die Vereinbarung für ein Jahr bis Ende März 2024 verlängert werden. Laut der neuen Vereinbarung sollen die Mitgliedstaaten ihre Nachfrage um 15 Prozent verglichen mit dem Durchschnitt zwischen April 2017 und März 2022 senken. Verbindlich ist die Vorgabe nicht. Auch das Wie bleibt ihnen überlassen. Die EU-Staaten hatten sich angesichts des Ukraine-Kriegs und der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen in ihrem Gas-Notfallplan das freiwillige Einsparziel auferlegt. Dieses wurde vor allem dank des milden Winterwetters größtenteils erreicht. IOC empfiehlt Wiederzulassung russischer Sportler Das Internationale Olympische Komitee hat die Wiederzulassung russischer und belarusischer Sportler als neutrale Athleten zu internationalen Wettbewerben empfohlen. Sportler aus beiden Ländern mit Verbindung zu Militär und Sicherheitsorganen sollen dem Beschluss der IOC-Spitze zufolge aber ausgeschlossen bleiben. Von Russland eingesetzte Behörden melden Tote in Donezk Von Russland eingesetzte Behörden in der besetzten ukrainischen Stadt Donezk melden den Tod von zwei Zivilisten durch ukrainischen Beschuss. Ein Geschoss sei am späten Montag in ein Wohngebäude eingeschlagen, heißt es in einer Erklärung. "Leider sind zwei Zivilisten unter den Trümmern des beschädigten Gebäudes ihren Verletzungen erlegen." Eine ukrainische Stellungnahme lag zunächst nicht vor. IAEA-Chef hofft auf Vereinbarung zum Schutz der Atomanlage in der Ukraine Die Kämpfe nahe dem größten europäischen Atomkraftwerk in der Ukraine haben nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zuletzt zugenommen. Dadurch steige die Gefahr eines kriegsbedingten Atomunfalls in Saporischschja weiter, erklärte IAEA-Leiter Rafael Grossi in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Zugleich gab er sich optimistisch: Er glaube, eine Vereinbarung zwischen beiden Kriegsparteien zum Schutz der Atomanlage sei nahe. Er war am Montag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammengetroffen und erklärte, er werde vermutlich in den kommenden Tagen nach Russland reisen. Am Mittwoch wollte er zunächst zum zweiten Mal das Atomkraftwerk besuchen. Im Gebiet der Atomanlage Saporischschja gebe es ein gesteigertes Maß an Kämpfen, sagte Grossi. "Meine Teams dort berichten täglich von den Angriffen, dem Klang schwerer Waffen." Grossi fordert seit langem eine Schutzzone um die Anlage, die in Frontnähe liegt. Bislang gibt es dazu keine Vereinbarung. Es müsse sichergestellt werden, dass es keinen Nuklearunfall, keine Katastrophe gebe, sagte Grossi. Moskau will GLSDB-Rakete aus der Ukraine abgefangen haben Das russische Verteidigungsministerium meldet, seine Luftverteidigungskräfte hätten in den vergangenen 24 Stunden eine von ukrainischen Streitkräften abgefeuerte GLSDB-Rakete abgeschossen. Es ist das erste Mal, dass Moskau behauptet, eine US-Rakete dieses Typs abgefangen zu haben. Wo der Abschuss stattgefunden haben soll, wurde nicht mitgeteilt. Zudem sollen nach russischen Angaben 18 Himars-Raketen abgefangen worden sein. Die USA hatten Kiew die Raketen vom Typ GLSDB (Ground Launched Small Diameter Bomb) Anfang Februar versprochen, aber keinen Zeitplan für die Lieferung genannt. Diese Art der Rakete hat eine Reichweite von 150 Kilometern. Über das Himars-Raketenwerfersystem verfügt die Ukraine bereits länger. Diese Raketen haben eine Reichweite von 80 Kilometern. Selenskyj besucht Region Sumy Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Tour durch besonders von russischen Angriffen betroffene Gebiete des Landes fortgesetzt und die Region Sumy besucht. Selenskyj traf offizielle Vertreter, Bewohner und Bewohnerinnen von zwei Städten in Sumy: Ochtyrka und Trostjanez, meldete die Nachrichtenagentur AP, die ihn begleiten konnte. Auf einem Platz in Ochtyrka sagte Selenskyj den Anwesenden den Wiederaufbau der Stadt zu. In Trostjanez ehrte Selenskyj Soldaten am örtlichen Bahnhof. Außerdem traf er den ukrainischen Minister für Wiederaufbau, Olexander Kubrakow. Viele Gebäude in der Stadt sind beschädigt oder zerstört. Der Einwohner Dmytro Sajats sagte der AP, der Besuch des Präsidenten in Trostjanez bedeute ihm viel. "Er ist ein Symbol der Einheit und des eisernen Willens, der das Land zusammengebracht hat." In den vergangenen sieben Tagen hatte der Präsident bereits die Regionen Cherson und Charkiw, das weiterhin heftig umkämpfte Gebiet nahe Bachmut in der östlichen Region Donezk sowie Saporischschja im Süden besucht. Litauen plant neue Militäranschaffungen Das baltische EU- und Nato-Land Litauen plant in diesem Jahr militärische Anschaffungen im Wert von 753 Millionen Euro. Dies teilte das Verteidigungsministerium in Vilnius mit. Erworben werden sollen demnach Luftverteidigungssysteme verschiedener Reichweite, taktische tragbare und mobile elektronische Kampfsysteme, Drohnen sowie Pistolen und Maschinengewehre. Zudem seien auch gemeinsame Anschaffungen mit den benachbarten Baltenstaaten Estland und Litauen geplant, um die militärischen Fähigkeiten der Region an der NATO-Ostflanke zu stärken, hieß es in der Mitteilung. Litauen grenzt an die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad und an Russlands Verbündeten Belarus. Der Krieg in der Ukraine wird in dem Baltenstaat als direkte Gefahr für die nationale Sicherheit gesehen. Der Ostseestaat im Nordosten Europas hat daher seine Militärausgaben massiv erhöht und rüstet seine Streitkräfte auf. Bundesregierung will Waffenhilfe für Ukraine um zwölf Milliarden Euro erhöhen Die Bundesregierung plant eine deutliche Aufstockung der Militärhilfe für die Ukraine. Das erfuhr das ARD-Hauptstadtstudio. Dafür will der Haushaltsausschuss in seiner Sitzung am Mittwoch offenbar zusätzliche Mittel in Höhe von zwölf Milliarden Euro billigen. Verwendet werden soll das Geld für direkte Waffenlieferungen an die Ukraine sowie für die Wiederbeschaffungen für die Bundeswehr, deren Bestände durch Lieferungen an die Ukraine dezimiert sind. Bislang waren rund drei Milliarden Euro für deutsche Waffenhilfen an die Ukraine freigegeben. Mit dem für Mittwoch geplanten Beschluss erhöht sich diese Summe auf 15 Milliarden Euro. Frankreich verdoppelt Lieferungen von Artilleriegeschossen an Ukraine Frankreich will seine monatlichen Lieferungen von Artilleriegranaten an die Ukraine verdoppeln. Verteidigungsminister Sébastien Lecornu sagte im Interview mit der französischen Tageszeitung "Le Figaro", Frankreich werde Lieferung von 155-Millimeter-Granaten ab Ende März auf 2000 Geschosse im Monat erhöhen. Sein Land werde die Ausrüstung liefern, die für eine ukrainische Gegenoffensive benötigt würde. Laut Lecornu steht Frankreich zudem kurz davor, der Ukraine ein versprochenes Luft-Abwehrsystem vom Typ "SAMP/T" zu liefern. Außerdem prüfe man gemeinsam mit Ministerpräsidentin Élisabeth Borne die Wiederaufstockung eines Unterstützungsfonds für die Ukraine. Minister Resnikow lobt britische Panzer Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat nach einer Probefahrt den gerade eingetroffenen britischen Kampfpanzer "Challenger 2" gelobt und seinen baldigen Kampfeinsatz angekündigt. "Fabelhaft, das ist sehr gutes Material", sagte Resnikow in einem beim Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichten Video. Der Clip zeigt, wie der 56-Jährige ein paar Runden mit dem Panzer auf einem Übungsgelände dreht. Die europäischen Staaten haben für das Frühjahr insgesamt über 40 moderne Kampfpanzer in Aussicht gestellt worden. Vereint mit Hunderten Schützenpanzern und Artillerie aus den USA, Deutschland, Polen, Großbritannien und Frankreich sollen sie für Kiew eine Offensive zur Rückeroberung russisch besetzter Gebiete in den nächsten Wochen möglich machen. It was a pleasure to take the first Ukrainian Challenger 2 MBT for a spin. Such tanks, supplied by the United Kingdom, have recently arrived in our country. These fantastic machines will soon begin their combat missions. Thank you, @RishiSunak, @BWallaceMP, and the 🇬🇧 people. https://t.co/zoCRmKdBnN Russland: Konnten Ölexporte "umlenken" Russland ist es nach eigenen Angaben gelungen, alle seine von westlichen Sanktionen betroffenen Rohölexporte an "befreundete" Staaten umzulenken. "Ich kann heute sagen, dass wir es geschafft haben, das gesamte Volumen der vom Embargo betroffenen Ausfuhren vollständig umzuleiten. Es gab keinen Umsatzrückgang", sagt Energieminister Nikolai Schulginow auf einem Energieforum. Russland habe daran gearbeitet, seine Öl- und Ölprodukt-Exporte von seinen traditionellen Märkten in Europa nach Asien, Afrika, Lateinamerika und in den Nahen Osten umzuleiten. Schulginow bekräftigt zugleich, die russische Öl- und Gasproduktion werde dieses Jahr wohl zurückgehen. Der Westen hat im Zuge von Russlands Krieg gegen die Ukraine zahlreiche Sanktionen verhängt, die unter anderem auf den Energiesektor abzielen. Dies soll Moskau die Finanzierung des Militäreinsatzes erschweren. Selenskyj: Hunderte religiöse Gebäude zerstört oder beschädigt Durch den russischen Angriffskrieg sind nach Angaben aus Kiew Hunderte religiöse Gebäude "zerstört, beschädigt oder ausgeraubt worden" in der Ukraine. "Es haben alle Religionen und Konfessionen gelitten", teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj in sozialen Netzwerken mit. Betroffen seien Kirchen, Moscheen, Synagogen sowie Unterrichts- und Verwaltungsgebäude der religiösen Gemeinschaften der Ukraine. Dazu präsentierte der Selenskyj ein Video auf Englisch mit betroffenen religiösen Einrichtungen und einem Hinweis auf eine Spendenkampagne für den Wiederaufbau des Landes. "Für Russland sind das alles nur Ziele. Doch mit Raketen und Artillerie wird der Terrorstaat unsere Menschlichkeit und unseren Glauben nicht brechen", versicherte der Staatschef. Sein Land und damit auch das Leben würden siegen. Russland hat die Ukraine vor über 13 Monaten überfallen und hält einschließlich der bereits 2014 annektierten Halbinsel Krim rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt. Den Krieg begründet Moskau teils auch religiös. So behauptet die russische Propaganda, dass in der Ukraine Satanisten herrschten und Russland dort für die Wiederherstellung traditioneller Werte und die Rechte der bis zum Krieg mit Moskau verbundenen ukrainisch-orthodoxen Kirche kämpfe. Russland: "Drohnen Gefahr für unsere Energieinfrastruktur" Russland macht potenzielle Drohnenangriffe als größte Gefahr für seine Energieinfrastruktur aus. "Die zentrale Bedrohung sind jetzt illegale Beeinträchtigungen durch den Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen", sagte Energieminister Nikolai Schulginow während einer Diskussionsrunde, in der er die Sicherheit russischer Energieanlagen thematisiert. Er arbeite in dieser Angelegenheit mit dem russischen Verteidigungsministerium und dem Inlandsgeheimdienst FSB zusammen. Schulginow nannte die Ukraine nicht beim Namen. Russland hat aber nach eigenen Angaben in den vergangenen Monaten mehrere ukrainische Drohnenangriffe vereitelt. Auch hat es mehrere Drohnenangriffe auf russische Ortschaften gemeldet, die zum Teil Hunderte Kilometer von der ukrainische Grenze entfernt liegen. Die Ukraine hat sich öffentlich nicht zu Angriffen auf Ziele innerhalb Russlands bekannt. Ukrainischer General zur Lage in Bachmut Die Ukraine will die seit Monaten schwer umkämpfte Stadt Bachmut trotz einer hohen Zahl an getöteten Soldaten nicht aufgeben. "Stand heute ist unsere Hauptaufgabe, die zahlenmäßig überlegenen Streitkräfte des Feindes zu zermürben und ihnen schwere Verluste zuzufügen", sagt der Befehlshaber der ukrainischen Bodentruppen, General Oleksandr Syrskyj, in einer Videobotschaft an Soldaten. "Das wird die notwendigen Bedingungen schaffen, um zur Befreiung von ukrainischem Gebiet beizutragen und unseren Sieg zu beschleunigen." Russland fokussiere sich weiterhin auf das Gebiet um Bachmut. Für die Führung in Moskau ist die Einnahme der Stadt ein wichtiger Teil bei dem Versuch, die vollständige Kontrolle über den Donbass im Osten der Ukraine zu gewinnen. In Bachmut lebten einst 70.000 Menschen. Doch mittlerweile ist die Stadt nach den bereits seit etwa acht Monaten andauernden Kämpfen weitgehend zerstört. Belarus: Lassen Atomwaffen wegen NATO zu Belarus macht die NATO dafür verantwortlich, dass es der Stationierung von russischen Atomwaffen auf seinem Territorium zugestimmt habe. Die Regierung in Minsk sei dazu gezwungen gewesen wegen des aggressiven Vorgehens der NATO-Staaten, das die Sicherheit von Belarus bedrohe, erklärt das Außenministerium laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Tass. Es handle sich zudem nicht um einen Verstoß gegen internationale Atomwaffensperrverträge, da Belarus keine Kontrolle über die Waffen haben werde. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Wochenende angekündigt, taktische Atomwaffen im benachbarten Belarus zu stationieren. Belarus ist der engste Verbündete Russlands bei dessen Krieg gegen die Ukraine, hat allerdings keine eigenen Truppen in die Kämpfe geschickt. London spricht von russischen Verlusten bei Awdijiwka Nach Einschätzung britischer Geheimdienste hat Russland bei seinen Angriffen auf die ostukrainische Stadt Awdijiwka schwere Verluste zu beklagen. So habe ein Regiment mutmaßlich einen großen Anteil seiner Panzer bei dem Versuch verloren, Awdijiwka vom Süden aus einzukreisen, hieß es im Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Das betroffene Regiment sei Teil einer Armeeformation, die extra gebildet worden sei, um den Angriffskrieg in der Ukraine zu unterstützen. Mittlerweile wiesen jedoch viele Anzeichen darauf hin, dass die Formation Probleme mit schlechter Disziplin und Kampfmoral habe, hieß es von den Briten. Zwar hätten die zugehörigen Soldaten wohl eine Trainingsphase in Belarus absolviert, hätten aber dennoch wohl nur eine sehr begrenzte Kampfstärke. Die Verluste seien wahrscheinlich größtenteils darauf zurückzuführen, dass Angriffe taktisch fehlerhaft ausgeführt würden - wie bereits um die ukrainische Stadt Wuhledar. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Updates zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor. Ukraine meldet Abwehr von Drohnenangriffen Die Ukraine hat wieder russische Luftangriffe gemeldet. In der Nacht auf Dienstag habe das russische Militär Angriffe mit 15 Drohnen aus iranischer Produktion gestartet, teilt der ukrainische Generalstab mit. 14 davon seien von der Luftabwehr abgeschossen worden. Vor allem Kiew wurde den Angaben zufolge von den russischen Streitkräften ins Visier genommen. Die Luftabwehr habe im Luftraum der ukrainischen Hauptstadt zwölf Drohnen geortet und alle zerstören können, teilt die Kiewer Militärverwaltung mit. Drohnenwrackteile seien allerdings auf ein Geschäftsgebäude im westlichen Stadtteil Swjatoschyno gestürzt und hätten dort einen Brand ausgelöst. Ersten Erkenntnissen zufolge wurde aber niemand verletzt. DOSB schließt Olympia-Boykott weiter aus Der Deutsche Olympische Sportbund lehnt eine Teilnahme von Sportlern aus Russland und Belarus an internationalen Wettkämpfen weiter ab, erwägt für den Fall einer kompletten Rückkehr von Athletinnen und Athleten beider Länder auf die Sportbühne aber keinen Boykott der Olympischen Spiele 2024 in Paris. "Ein deutsches Team wird starten, einen Boykott schließen wir aus grundsätzlichen Erwägungen aus", sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert in einem Interview der Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Internationale Olympische Komitee kommt heute in Lausanne zusammen, um über eine Empfehlung für den künftigen Umgang mit russischen und belarusischen Sportlerinnen und Sportlern zu beraten. Diese sind wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine derzeit mit wenigen Ausnahmen von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Russland vermeldet Raketentest im Japanischen Meer Das russische Verteidigungsministerium hat einen Raketentest im Japanischen Meer vermeldet. Die Schiffsabwehrraketen seien abgefeuert worden, um von zwei Kriegsschiffen aus einen Angriff auf ein feindliches Schiff in etwa 100 Kilometern Entfernung zu simulieren, erklärte das Ministerium. Die Attrappe sei mit den eingesetzten Marschflugkörpern des Typs Moskit getroffen worden. Dabei handelt es sich um Überschallraketen, die mit konventionellen und nuklearen Sprengköpfen ausgerüstet werden können. Die Übung sei in der Peter-der-Große-Bucht im Fernen Osten Russlands im Japanischen Meer abgehalten worden, erklärte das Ministerium, nannte aber keine präzisen Koordinaten. Das japanische Verteidigungsministerium reagierte zunächst nicht. Auch das US-Militär gab nicht unmittelbar eine Stellungnahme ab. Erstmals Lagebesprechung im Osten der Ukraine Der ukrainische Präsident Selenskyj hat eigenen Angaben zufolge seine militärische Lagebesprechung mit dem Generalstab erstmals außerhalb der Hauptstadt Kiew abgehalten. "Wir haben die allgemeine Situation in den Frontgebieten besprochen, die Stärkung und den Schutz unserer Grenzen entlang der gesamten Front - vom Gebiet Cherson bis zum Gebiet Charkiw", sagte er in seiner täglichen Videoansprache. Details zu den Ergebnissen der Sitzung nannte er nicht. Die Lagebesprechung fand demnach in der Industriestadt Dnipro statt, in der es viele Rüstungsbetriebe gibt. Zudem besichtigte Selenskyj Saporischschja und die im Gebiet Dnipropetrowsk liegenden Städte Nikopol und Marhanets, die häufig russischen Raketenangriffen ausgesetzt sind. "Heute haben in Saporischschja russische Raketen Wohngebäude getroffen", sagte Selenskyj. Diese seien "verbrannt, teilweise leider zerstört". Selenskyj warf Moskau erneut bewussten Terror gegen die Zivilbevölkerung vor. Zudem berichtete der 45-Jährige über ein Treffen mit dem Chef der Internationalen Atombehörde, Rafael Grossi, in Saporischschja. Dort sei es um die Sicherheit des AKW Saporischschja gegangen, das weiter im Süden der Region seit Kriegsbeginn von russischen Truppen besetzt ist. Grossi will diese Woche noch zum AKW weiterreisen, um sich von der Lage vor Ort ein Bild zu machen. Erste britische "Challenger"-Panzer in Ukraine Neben den deutschen "Leopard 2"-Panzern sind auch die ersten britischen Kampfpanzer vom Typ "Challenger" in der Ukraine eingetroffen und sollen bei einer Gegenoffensive der Ukraine im Frühjahr zum Einsatz kommen. Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow teilte mit, er habe "Neuzugänge" für die ukrainischen Streitkräfte inspiziert - "Challenger"-Panzer sowie deutsche "Marder"-Schützenpanzer, gepanzerte Lkw vom Typ "Cougar" und gepanzerte Transporter vom Typ "Stryker" aus den USA. Die Challenger-Panzer aus Großbritannien "sind bereits in der Ukraine", sagte die Sprecherin des ukrainischen Verteidigungsministeriums. "Vor einem Jahr hätte niemand mit einer so starken Unterstützung unserer Partner gerechnet", erklärte Resnikow im Onlinedienst Facebook. Er bezeichnete die britischen "Challenger" als "militärische Kunstwerke". Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen | /newsticker/liveblog-ukraine-dienstag-231.html |
2023-03-28 | Energie und Digitales Innovationstreiber | Europäisches Patentamt | Energiewende und Digitaltechnik haben die Zahl der Patentanmeldungen in der EU auf einen Rekordwert getrieben. Aus Deutschland kamen aber erneut weniger Anmeldungen.
mehr | Energiewende und Digitaltechnik haben die Zahl der Patentanmeldungen in der EU auf einen Rekordwert getrieben. Aus Deutschland kamen aber erneut weniger Anmeldungen. Die Energiewende und die digitale Kommunikation waren im vergangenen Jahr die größten Innovationstreiber. Das spiegelt sich in der Patentstatistik wider, wie das Europäische Patentamt (EPA) mitteilte. Insgesamt stieg die Zahl der Patentanmeldungen bei der Behörde mit Sitz in München im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent auf einen Rekordwert von 193.460. Vor allem für saubere Energietechnik und andere Verfahren zur Erzeugung, Verteilung und Speicherung von Strom würden mehr Anträge auf Patentschutz eingereicht, sagte EPA-Präsident Antonio Campinos. "Der anhaltende Aufschwung auf diesem Gebiet trägt dazu bei, die Energiewende voranzubringen." Den größten Zuwachs in diesem Bereich gab es bei der Batterietechnik, die mit einem Plus von 48 Prozent einen regelrechten Boom erlebte, berichtete das EPA. Spitzenreiter bei den jährlichen Anmeldungen bleibt aber die Digitalkommunikation, in der allein 16.705 Patente eingereicht wurden, elf Prozent mehr als 2022. Deutsche Anmeldungen weiter rückläufig Aus Deutschland kamen dagegen erneut weniger Patentanmeldungen. Diese gingen um 4,7 Prozent auf 24.684 zurück - das ist der niedrigste Stand seit mehr als einem Jahrzehnt. "Der Anteil deutscher Patentanmeldungen beim EPA ist in den vergangenen zehn Jahren von 17,9 auf 12,8 Prozent gefallen", sagte EPA-Volkswirt Ilja Rudyk. Ursache sei vor allem eine Verschiebung zwischen den Branchen. "Besonders großes Wachstum gibt es in digitalen Bereichen. Diese spielen bei Patentanmeldungen aus Deutschland keine so große Rolle", so Rudyk. "In den hierzulande starken Feldern wie Maschinenbau und Fahrzeugtechnik stagnieren die Patentanmeldungen dagegen." Noch liegt Deutschland aber auf dem zweiten Platz hinter den USA (48.088). Aber vor allem China, das zurzeit auf Rang vier hinter Japan liegt, holt kräftig auf. 2013 gab es aus China 4075 Patentanmeldungen, letztes Jahr waren es 19.041", sagte Rudyk. "Rein rechnerisch, wenn sich der Trend fortsetzt, könnte China Deutschland in drei Jahren zumindest eingeholt haben." Spitzenreiter Huawei Mit Huawei kam erneut der weltweit eifrigste Patentanmelder aus China. Der umstrittene Telekom-Ausrüster reichte beim EPA 4505 Anmeldungen ein. Dahinter folgte die koreanische LG, vor dem US-Chipkonzern Qualcomm, der Siemens überholte. Der Münchner Technologiekonzern meldete 1735 Patente an. Allerdings kann die reine Zahl der Patentanmeldungen in die Irre führen. "Einer der Gründe für die hohen Patentzahlen bei einigen Top-Anmeldern dürfte auch sein, dass es hier um Mobilfunkpatente für 5G und 6G geht", sagte der Leiter der Siemens-Patentabteilung, Beat Weibel. "Diese Patente werden in der Regel in Pools lizenziert, und je mehr eine Firma einbringt, desto größer ist ihr Anteil an den Lizenzgebühren", erklärte er. "Dementsprechend lohnt es sich dort, möglichst viele und teils auch kleinteilige Patente anzumelden. Das entspricht nicht unserem Vorgehen." Das Europäische Patentamt ist eine von der Europäischen Union unabhängige Organisation. Ihr haben sich fast alle Staaten des Kontinents angeschlossen. Nur Russland, Weißrussland und die Ukraine haben ihren Patentschutz unabhängig davon geregelt. | /wirtschaft/technologie/patentanmeldungen-eu-deutschland-101.html |
2023-03-28 | Woran Lambrecht gescheitert ist | Ex-Verteidigungsministerin | Mit einem Großen Zapfenstreich wird Ex-Verteidigungsministerin Lambrecht nun auch offiziell verabschiedet. An Selbstvertrauen hat es ihr nicht gefehlt. Was bleibt von ihrer kurzen Amtszeit? Von Mario Kubina. | Mit einem Großen Zapfenstreich wird Ex-Verteidigungsministerin Lambrecht nun auch offiziell verabschiedet. An Selbstvertrauen hat es ihr nicht gefehlt. Was bleibt von ihrer kurzen Amtszeit? Ein windiger Tag im Januar. Christine Lambrecht steht auf dem Gelände der Erzgebirgskaserne in Sachsen. Den Reißverschluss ihres Lederblousons hat sie bis zum Hals hochgezogen. Die Verteidigungsministerin lässt sich von Panzergrenadieren erst zeigen, was der dort stationierte Schützenpanzer "Marder" kann. Dann erklären ihr Soldaten, wie die Panzerabwehrwaffe funktioniert, mit der der "Marder" ausgestattet ist. Lambrecht hört sich das ohne erkennbare Regung an. Es ist ihr letzter Truppenbesuch als Ministerin. Vier Tage später gibt sie ihr Amt auf. Vor die Kameras will sie da nicht mehr treten. Das Verteidigungsministerium verschickt nur ein paar dürre Zeilen. In der Mitteilung begründet Lambrecht ihren Rückzug damit, dass die "monatelange mediale Fokussierung auf meine Person […] eine sachliche Berichterstattung und Diskussion über die Soldatinnen und Soldaten, die Bundeswehr und sicherheitspolitische Weichenstellungen" kaum noch zulasse. Damit macht Lambrecht letztlich die Medien für ihr Scheitern verantwortlich. 5000 Helme als "deutliches Signal" an Ukraine Dabei hat sie ihren Kritikern schon früh Angriffsfläche geboten: Wenige Wochen vor dem russischen Überfall verspricht Lambrecht der Ukraine 5000 Helme - und will das als "ganz deutliches Signal" an das bedrohte Land verstanden wissen: "Wir stehen an eurer Seite." Doch angesichts der militärischen Übermacht Russlands, die sich zu diesem Zeitpunkt an den ukrainischen Grenzen aufbaut, erscheint vielen die Ankündigung als völlig unzureichend. Später liefert Deutschland auch Waffen: erst Panzerfäuste und Flugabwehrraketen, dann Artilleriegeschütze und Flakpanzer. All das fällt in Lambrechts Amtszeit, aber es nützt ihr politisch nichts. Denn die Entscheidungen über Waffenlieferungen werden im Kanzleramt getroffen - und nicht im Verteidigungsministerium. Das Gleiche gilt für den weitreichenden Beschluss, die Bundeswehr mithilfe eines 100-Milliarden-Euro-Programms zu modernisieren. Der Politikwissenschaftler Carlo Masala folgert im Rückblick daraus, dass Lambrecht als Verteidigungsministerin "nur bedingt eine eigenständig handelnde Akteurin" gewesen sei: "Da sind sicherlich Fehler gemacht worden, aber nicht alle Fehler kann man ihr zuschreiben." Ein "verlorenes Jahr" für die Bundeswehr Dennoch spricht Masala mit Blick auf die ausstehende Modernisierung der Truppe von einem "verlorenen Jahr". Lambrechts entscheidender Fehler sei es gewesen, vor großen Reformen zurückzuschrecken und es bei "kleineren Veränderungen" im Beschaffungswesen zu belassen. "Das war angesichts des Zustands der Bundeswehr die falsche Entscheidung", sagt der Militärexperte von der Münchner Bundeswehr-Uni. Tatsächlich hat Lambrecht dem Ministerium keine umfassende Strukturreform verordnet, sondern lediglich erste Schritte eingeleitet. Ein Beispiel dafür ist die Entscheidung, dass Kommandeure nun bis zu 5000 Euro freihändig ausgeben können - also ohne aufwendiges Verwaltungsverfahren. Auch mit dem sogenannten Beschaffungsbeschleunigungsgesetz sollte mehr Tempo ins System kommen. Doch in der Bundeswehr herrscht immer noch Mangelwirtschaft - mehr als ein Jahr nach der sogenannten Zeitenwende-Rede des Kanzlers. Noch kein Cent bei Bundeswehr angekommen Die Truppe habe "von allem zu wenig", stellt die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, vor Kurzem bei der Präsentation ihres aktuellen Jahresberichts fest. Der Report liest sich wie die Bilanz der gut einjährigen Amtszeit von Lambrecht. Einer der wichtigsten Punkte des Berichts: Im gesamten Jahr 2022 sei noch kein Cent aus dem 100-Milliarden-Programm bei der Bundeswehr angekommen. Eine Entwicklung, die sich lange vor Lambrechts Rücktritt abzeichnet. Zwar gibt der Bundestag Ende vergangenen Jahres Mittel für die ersten milliardenschweren Projekte aus dem Sondervermögen frei, darunter moderne Kampfjets und neue Transporthubschrauber. Doch es wird zum Teil noch etliche Jahre dauern, bis das Gerät bei der Bundeswehr ankommt. Waffensysteme "nicht beim Baumarkt im Regal" Einerseits liegt das in der Natur der Sache - zumindest ein Stück weit. Lambrecht selbst verweist während ihrer Zeit im Bendlerblock immer wieder auf die Komplexität von Waffensystemen wie Panzern oder Kampfflugzeugen. Solches Gerät könne man eben "nicht einfach beim Baumarkt aus dem Regal herausholen", ruft sie in einer Bundestagsdebatte der Opposition zu. Andererseits bleiben unter ihrer Führung Dinge liegen, die in Anschaffung und Produktion deutlich weniger komplex sind. Der Munitionsmangel etwa ist seit Langem bekannt. Fachleute schätzen den Bedarf auf einen zweistelligen Milliardenbetrag. Doch Lambrecht versäumt es, rechtzeitig Geld zu mobilisieren, um die Lücken in den Depots zu füllen. Im November schreibt sie an den Finanzminister, er möge bitte "jetzt unmittelbar in signifikantem Umfang Haushaltsmittel" für diesen Zweck bereitstellen. Christian Lindner aber, der ja nicht nur einem Ministerium, sondern auch der FDP vorsteht, sieht in dem Schreiben eine Chance: nämlich die, der Sozialdemokratin eine Niederlage zu bereiten. Unglücklicher Briefwechsel mit dem Finanzministerium Lindner nutzt die Gelegenheit, indem er die Kabinettskollegin über einen seiner Staatssekretäre daran erinnert, "dass Sie die hier angeführte Notwendigkeit der Munitionsbeschaffung weder bei der Verhandlung zum Sondervermögen […] noch im Zuge des parlamentarischen Verfahrens zum Ausdruck gebracht haben". Schnell macht der Briefwechsel in Berlin die Runde. Damit steht Lambrecht wie eine Ministerin da, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat. Für die Opposition ist im Herbst längst klar, dass Lambrecht eine Fehlbesetzung ist. So fordert etwa der CDU-Abgeordnete Johann Wadephul die SPD-Politikerin während der Haushaltswoche im Bundestag auf, ihren Posten aufzugeben. Und manche Journalisten haben ihr Urteil noch früher gefällt: "Die Null-Bock-Ministerin" lautet eine "Spiegel"-Schlagzeile vom Mai. Der Artikel listet Lambrechts Pannen und Versäumnisse auf - von der Sache mit den Helmen über mangelnden Reformeifer bis hin zum Helikopterflug mit dem Sohn. So lang ist die Liste schon damals, dass sich viele in Berlin verwundert die Augen reiben. Schließlich kann Lambrecht bis zum Amtsantritt im Wehrressort auf eine erfolgreiche Karriere verweisen: als Anwältin, Bundestagsabgeordnete und Justizministerin. Verunglücktes Silvestervideo Eine Zeit lang hält sie noch an der Spitze des Verteidigungsministeriums durch. Doch nach dem Jahreswechsel zieht sie die Reißleine. Das berühmte Silvestervideo im einsetzenden Berliner Feuerwerk und die beißende Kritik daran geben scheinbar den Ausschlag. Doch allein ein verunglücktes Video wäre ihr wohl kaum zum Verhängnis geworden. "Hätte sie einen vernünftigen Job gemacht", sagt der Militärexperte Masala, dann hätte eine Kommunikationspanne wie diese keinen solchen "medialen Aufschrei hervorgerufen". So aber hat Lambrecht auf beiden Ebenen Anlass zu Kritik gegeben: in der Außendarstellung und in der Sache. Die Modernisierung der Bundeswehr mag unter Lambrecht nicht so vorangekommen sein, wie sich das angesichts der veränderten Sicherheitslage viele gewünscht hätten: Doch auch von dieser Oberkommandierenden verabschiedet sich die Bundeswehr mit einem Großen Zapfenstreich, wie es eben Brauch ist. Deshalb hat die Ex-Ministerin am Dienstagabend nochmal einen öffentlichen Auftritt im Bendlerblock. Lambrecht darf sich - wie ihre Vorgängerinnen und Vorgänger - die drei Musikstücke aussuchen, die bei der Zeremonie gespielt werden. So also geht eine politische Laufbahn zu Ende, die zuletzt vor allem von Rückschlägen geprägt war: als Wunschkonzert. | /inland/innenpolitik/lambrecht-zapfenstreich-101.html |
2023-03-28 | Schufa verkürzt Dauer der Datenspeicherung | Bei Privatinsolvenz | Nach Abschluss einer privaten Insolvenz werden die Daten der Betroffenen von der Auskunftei Schufa künftig nur noch sechs Monate gespeichert. Die Schufa reagiert damit auf ein bevorstehendes Urteil des EuGH.
mehr | Nach Abschluss einer privaten Insolvenz werden die Daten der Betroffenen von der Auskunftei Schufa künftig nur noch sechs Monate gespeichert. Die Schufa reagiert damit auf ein bevorstehendes Urteil des EuGH. Bereits vor anstehenden Gerichtsentscheidungen hat die Schufa, Deutschlands wichtigste Auskunftei für Finanzdaten, ihre Praxis geändert. Sie verkürzt ab sofort die Speicherdauer für die Einträge zu abgeschlossenen Privatinsolvenzen von drei Jahren auf sechs Monate. Das teilte die Schufa heute mit. Damit wolle man Klarheit und Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher schaffen, so eine Sprecherin gegenüber dpa. Die technische Umsetzung werde einige Wochen dauern. BGH wartet auf EuGH Die Entscheidung der Auskunftei könnte mehrere anstehende Gerichtsentscheidungen vorwegnehmen. Heute Morgen hatte der Bundesgerichtshof (BGH) bekanntgegeben, dass er ein Verfahren zu der Frage vorerst aussetzt, um eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in zwei ähnlichen Fällen abzuwarten. Beim BGH wird der Fall eines früheren Selbstständigen aus Norddeutschland verhandelt, der sich mit der Wirtschaftsauskunftei streitet. (Az. VI ZR 225/21). Dieser musste 2013 Insolvenz anmelden. Durch eine Verbraucherinsolvenz können sich Privatleute von ihren Schulden befreien, auch wenn sie nicht alles zurückzahlen können. Am Ende steht die sogenannte Restschuldbefreiung. Die Information darüber wird sechs Monate lang auf einem amtlichen Internetportal veröffentlicht. Im Fall des Klägers wurde 2019 wurde die Restschuldbefreiung erteilt und in das bundesweite Insolvenzportal eingetragen. Datenspeicherung länger als im öffentlichen Register Die Schufa rief die Daten ab und speicherte sie. Der Mann bekam nach seinen Angaben deswegen eine Mietwohnung nicht. Er beantragte, dass die Schufa seine Daten löschen solle. Diese weigerte sich aber und berief sich auf die Verhaltensregeln für Wirtschaftsauskunfteien. Danach werden solche Daten drei Jahre lang gespeichert und anschließend automatisch gelöscht, sie sind also deutlich länger bei der Schufa verfügbar als im öffentlichen Register. Die Klage des Betroffenen gegen die Schufa landete beim höchsten deutschen Gericht, dem BGH. Der will nun aber prüfen, ob eine gesetzliche Regelung speziell für Wirtschaftsauskunfteien überhaupt notwendig ist. Denn seit Mai 2018 gilt die Datenschutz-Grundverordnung der EU, in der es keine solche Regelung gibt. Da das Verwaltungsgericht Wiesbaden in einem ähnlichen Fall entscheiden muss wie der BGH, hat es dem EuGH bereits Fragen über die Auslegung des europäischen Rechts vorgelegt. Das Urteil in Luxemburg ist aber noch nicht gefallen, die Fragen sind also noch nicht beantwortet. Dennoch deuten die Signale von dort darauf hin, dass eine längere Speicherfrist bei Wirtschaftsauskunfteien wohl bald der Vergangenheit angehören dürfte. Vor knapp zwei Wochen legte der zuständige Generalanwalt am EuGH sein juristisches Gutachten vor. Er bezweifelte darin, dass die Schufa Daten über Restschuldbefreiungen nach einer Insolvenz länger speichern darf als das öffentliche Register. Die europäischen Richterinnen und Richter müssen sich bei ihrer Entscheidung nicht an dieses Gutachten halten, sie orientieren sich aber oft daran. Auch Schufa-Scoring vor dem Aus? Der Schufa könnte von Seiten des höchsten europäischen Gerichts aber bald noch weiteres Ungemach drohen. Denn auch die Erstellung sogenannter Score-Werte für die Kreditwürdigkeit durch die Schufa verstößt nach Ansicht eines Gutachters am EuGH gegen Europarecht. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet. Private Auskunfteien wie die Schufa werden oft von Banken, Telekommunikationsdiensten oder Energieversorgern genutzt, um eine Einschätzung der Kreditwürdigkeit einer Person zu erhalten. Der Score-Wert soll zeigen, wie gut die Person ihre Zahlungsverpflichtungen erfüllt. Anm. der Red.: In einer früheren Version dieser Meldung hieß es, der BGH habe dem EuGH "bereits Fragen über die Auslegung des europäischen Rechts vorgelegt". Richtig ist, dass das Verwaltungsgericht Wiesbaden, da es in einem ähnlichen Fall entscheiden muss wie der BGH, dem EuGH bereits Fragen über die Auslegung des europäischen Rechts vorgelegt hat. | /wirtschaft/verbraucher/schufa-datenspeicherung-insolvenz-101.html |
2023-03-28 | Kim will mehr waffenfähiges Kernmaterial | Nordkorea | Nordkoreas Machthaber Kim will das Atomwaffenarsenal seines Landes "exponentiell" vergrößern. Er ordnete dafür eine gesteigerte Produktion von waffenfähigem Nuklearmaterial an. Südkoreanische Beobachter zeigten sich besorgt.
mehr | Nordkoreas Machthaber Kim will das Atomwaffenarsenal seines Landes "exponentiell" vergrößern. Er ordnete dafür eine gesteigerte Produktion von waffenfähigem Nuklearmaterial an. Südkoreanische Beobachter zeigten sich besorgt. Der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Un will in seinem Land die Produktion von waffenfähigem Material für Atombomben steigern. Nur so könne der Plan der Arbeiterpartei umgesetzt werden, das "Atomwaffenarsenal exponentiell" zu erhöhen und weiter leistungsstarke Nuklearwaffen herzustellen, wurde er von staatlichen Medien zitiert. Nordkorea solle sich darauf vorbereiten, die Waffen "jederzeit und überall" einzusetzen. Nordkoreanische Medien veröffentlichten vom Besuch Kims im Nationalen-Atomwaffeninstitut mehrere Fotos von mutmaßlich kleinen atomaren Gefechtsköpfen mit der Bezeichnung "Hwasan-31". Beobachter in Südkorea vermuten, Nordkorea wolle demonstrieren, dass die Sprengköpfe auf unterschiedliche Raketentypen passen. "Das ist besorgniserregend" Laut Experten könnten die Bilder auf Fortschritte bei der Miniaturisierung von Sprengköpfen hindeuten, die leistungsstark und dennoch klein genug sind, um auf Interkontinentalraketen montiert zu werden, die die USA erreichen könnten. "Er hat etwas mehr Leistung auf kleinerem Raum. Das ist besorgniserregend", sagte Kune Y. Suh, emeritierter Professor für Nukleartechnik an der Seoul National University, nach einem Abgleich mit Sprengköpfen aus dem Jahr 2016. Seit vielen Jahren galt als unsicher, ob das isolierte Land bereits über die Technologie verfügt, einen Sprengkopf so zu verkleinern, dass er auf ballistische Raketen verschiedenster Reichweiten passt. Vor etwa drei Jahren hatte es in dem Bericht eines UN-Expertengremiums geheißen, inzwischen gingen mehrere Ländern davon aus, Nordkorea habe kleine nukleare Vorrichtungen, die auch in die Sprengköpfe für ballistische Raketen passen. Cheong Seong Chang vom Zentrum für Nordkorea-Studien am Sejong-Institut in Südkorea sagte der Nachrichtenagentur AFP, die "Wahrscheinlichkeit, dass Nordkorea als nächsten Schritt einen siebten Atomwaffentest mit diesen taktischen nuklearen Sprengköpfen ausführt, ist gestiegen". Spannungen auf der Halbinsel nehmen zu Die Ankündigung kommt zu einem Zeitpunkt wachsender Spannungen auf der koreanischen Halbinsel. Nordkorea hat nach einer beispiellosen Serie von Raketentests im vergangenen Jahr trotz UN-Verboten auch in diesem Jahr wieder atomwaffenfähige Raketen getestet. Die USA und Südkorea nahmen ihre gemeinsamen Militärübungen wieder in vollem Umfang auf. | /ausland/asien/nordkorea-mehr-waffenfaehiges-nuklearmaterial-101.html |
2023-03-28 | Nachsitzen nach der Nachtsitzung | Ampel-Koalitionsausschuss tagt wieder | 20 Stunden Koalitionsausschuss, eine Unterbrechung und bisher kein Ergebnis: Die zähen Gespräche von SPD, Grünen und FDP laufen seit dem Vormittag wieder. Die Opposition wirft dem Kanzler vor, nicht zu führen. Von Kai Küstner. | 20 Stunden Koalitionsausschuss, eine Unterbrechung und bisher kein Ergebnis: Die zähen Gespräche von SPD, Grünen und FDP laufen seit dem Vormittag wieder. Die Opposition wirft dem Kanzler vor, nicht zu führen. Erst nachts sitzen, dann nachsitzen: Weil die ersten knapp 20 Stunden Koalitionsausschuss ohne vorzeigbares Ergebnis blieben, war klar, dass der Marathon heute in die Verlängerung gehen würde. Wobei Olaf Scholz in der Zeit der Unterbrechung Begriffe wählte, die so gar nicht zum quälend langen ersten Teil der Sitzung im Kanzleramt zu passen schienen: Vom "Tempomachen", von der "neuen Deutschland-Geschwindigkeit" sprach Scholz. Und deutete damit an, dass es inhaltlich ums große Ganze geht. Vom Ausbau ist beim Kanzler viel die Rede: Vom Ausbau der Stromnetze, vom Ausbau der erneuerbaren Energien, vom Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. "Die gemeinsame Überzeugung der Regierung ist, dass die gesetzlichen Regeln, die wir über die letzten Jahrzehnte so allmählich zusammengeschraubt haben, nicht zu der Geschwindigkeit passen, die wir heute benötigen." Gemächliches Ampel-Tempo Nun fällt der Opposition beim Thema Geschwindigkeit vor allem die Ampelkoalition ein - die eben jenes Tempo beim Zusammenschrauben von Entscheidungen vermissen lasse. Der CDU-Politiker Jens Spahn geht im rbb24-Inforadio sogar so weit, die Regierung in Krisenzeiten zu einem "Sicherheitsrisiko" zu erklären: "Eigentlich hat diese Ampelkoalition fertig. Sie ist stehend k. o., wie Friedrich Merz sagte. Der Kanzler führt nicht. Und das mitten in einer Krise, in der viele Menschen Orientierung suchen. Und da sehe ich eine übermüdete Regierung eher als Sicherheitsrisiko." Bei der Ampel bemüht man eine andere Lesart: Wir lassen uns nicht hetzen - damit Deutschland anschließend den Turbo anwirft. Doch dass jede der drei Parteien sich um Profilschärfung bemüht, ist schwer zu übertünchen - was Kompromisse so kompliziert macht. Ideenreichtum, #Schlafmangel - #Koalitionsausschuss. CL FDP gegen Grüne gegen SPD Zweifelsohne ist Klimaschutz das alles überwölbende Thema - und hier prallen eben unterschiedliche Philosophien aufeinander. Vor allem bei FDP und Grünen. Aber auch die SPD will da ein Wörtchen mitreden: "Wir müssen aber auch die soziale und die ökonomische Frage bei allem mitdenken. Wir können nicht einfach anordnen und dann sagen: Mal gucken, wie's läuft", mahnt der stellvertretende SPD-Fraktionschef Matthias Miersch im ARD-ZDF-Morgenmagazin. Und zielt damit auf die Grünen. Und so gibt es gleich mehrere Fragen, bei denen man sich zuletzt nicht untergehakt, sondern verhakt hatte: bei der Planungsbeschleunigung etwa - wieder so ein Begriff, der Tempo suggeriert. Die FDP wollte auch den Ausbau von Autobahnen. Die Grünen wollten vor allem die Schiene fördern. Auch wenn man sich hier offenbar angenähert hat - beschlossen war in der Marathonsitzung noch nichts. Überhaupt der Verkehr: Dieses von der FDP geführte Ressort haben die Grünen vor allem im Blick, wenn es um verstärkte Anstrengungen geht, die Klimaziele einzuhalten. Und dann ist da noch das Thema Wohnen. Ab 2024 sollen möglichst keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr verbaut werden, so lautet der Vorschlag aus dem Wirtschaftsministerium: "Wenn Robert Habeck ein pauschales Verbot von Öl- und Gasheizungen vorschlägt, dann wird die FDP sagen: Ein solches pauschales Verbot ist mit uns nicht zu machen", unterstrich im ARD-Morgenmagazin FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle. Der Kanzler zwischen den Stühlen Die Grünen wollen mehr Klimaschutz, die Liberalen nicht zu viel Regulierung. Und der SPD-Kanzler? Von dem wisse man mal wieder nicht so recht, wo er stehe, kritisiert die Opposition. Olaf Scholz schien sich nach dem Abbruch der Marathonsitzung vorgenommen zu haben, einmal mehr die Unaufgeregtheit in Person zu verkörpern. Dürfte sich aber durchaus bewusst gewesen sein, wie ernst die Lage ist. Reiste doch sein Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt nicht mit in die Niederlande, um mögliche Kompromisse vorzubereiten. Schon gestern gab es Gerüchte, ein ausführliches 18-Seiten-Papier sei in Arbeit, wenn auch noch nicht beschlossen. Denn Scholz dürfte sehr genau wissen: Ohne Einigung rauscht man in Höchstgeschwindigkeit in eine Koalitionskrise. Das ist sicher nicht das, was sich der Kanzler unter Tempomachen ursprünglich vorstellte. | /inland/innenpolitik/koalitionsausschuss-fortsetzung-107.html |
2023-03-28 | Russland meldet Raketentest | Japanisches Meer | Das russische Verteidigungsministerium hat eigenen Angaben zufolge Schiffsabwehrraketen im Japanischen Meer getestet. Zwei Marschflugkörper seien abgefeuert worden. Japan reagierte verhalten auf den Raketentest.
mehr | Das russische Verteidigungsministerium hat eigenen Angaben zufolge Schiffsabwehrraketen im Japanischen Meer getestet. Zwei Marschflugkörper seien abgefeuert worden. Japan reagierte verhalten auf den Raketentest. Russland hat einen Raketentest im Japanischen Meer (Ostmeer) gemeldet. Es seien zwei Schiffsabwehrraketen abgefeuert worden, um einen Angriff auf ein feindliches Schiff in etwa 100 Kilometern zu üben. Das teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die zwei Marschflugkörper vom Typ "Moskit" hätten die Attrappe erfolgreich getroffen. Der Test erfolgte den Angaben zufolge in der Peter-der-Große-Bucht vor Wladiwostok. Auch andere Kriegsschiffe und Marineflugzeuge waren daran beteiligt. Präzise Koordinaten nannte das Ministerium nicht. "Moskits", die bei der NATO unter dem Namen "SS-N-22 Sunburn" firmieren, sind Überschallraketen, die mit konventionellen oder nuklearen Sprengköpfen bestückt werden können. Der Marschflugkörper aus der Sowjetära kann drei Mal so schnell wie der Schall fliegen und hat eine Reichweite von bis zu 250 Kilometern. Verhaltene Reaktion aus Japan Japan reagierte verhalten auf den Raketentest. Tokio habe nicht vor, bei Russland formal Protest einzulegen, teilte Tasuku Matsuki vom japanischen Außenministerium mit. Er verwies darauf, dass die Peter-der-Große-Bucht als ein russisches Küstengewässer gelte, auch wenn es den Gewässern zwischen Russland und Japan gegenüberliege. Es seien keine Schäden durch die Testschläge gemeldet worden, sagte der japanische Außenminister Yoshimasa Hayashi laut der Nachrichtenagentur Jiji Press. Japan werde die militärischen Bewegungen Russlands aber "weiterhin genau beobachten". Ihm zufolge hat das russische Militär angesichts der anhaltenden Offensive Moskaus in der Ukraine seine Aktivitäten in Fernost verstärkt, einschließlich in den Gebieten nahe Japan. Russlands fernöstliche Pazifikküste ist durch das schmale Japanische Meer, das auch Ostmeer genannt wird, von Japan getrennt. Vergangene Woche hatte Russland erklärt, dass zwei seiner strategischen Tu-95-Bomber "Flüge im Luftraum über neutralen Gewässern im Japanischen Meer" ausgeführt hätten. Die Übungen der russischen Pazifikflotte fanden eine Woche nach dem Besuch des japanischen Regierungschefs Fumio Kishida in der Ukraine statt. Kishida hatte sich in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen. | /ausland/raketentest-russland-101.html |
2023-03-28 | Die Tochter aus Feindesland zurückgeholt | Krieg gegen die Ukraine | Es sollte ein zweiwöchiger Schulausflug auf die Krim werden. Doch die russischen Besatzer ließen Katya nicht gehen. Dann holte Mutter Halyna ihre Tochter mit einer abenteuerlichen Reise zurück. Von Andrea Beer. | Es sollte ein zweiwöchiger Schulausflug auf die Krim werden. Doch die russischen Besatzer ließen Katya nicht gehen. Dann holte Mutter Halyna ihre Tochter mit einer abenteuerlichen Reise zurück. "Mir geht es einfach nur gut", sagt Halyna Kravtschenko aus Cherson und lächelt. Die 33-Jährige war noch nie außerhalb der Ukraine. Nun hat sie in einer abenteuerlichen Tour ihre Tochter zurückgeholt. Sie reiste über Polen, Belarus und Russland auf die von Russland besetzte Krim und wieder zurück. Eine Fahrt in Feindesland. "Fühlt ihr, das ist unsere Erde?" "Ehrlich gesagt kann ich das gar nicht erklären", sagt Halyna. "Ich bin jetzt schon ein bisschen ruhiger, weil ich wieder in der Ukraine bin." Als sie mit den Mädchen über die Grenze gegangen seien, habe sie gesagt: "Fühlt ihr, das ist unsere Erde?" Auf dem fremden Gebiet habe sie ja keine Rechte, sagt Halyna. "Sobald sie hören, dass du aus der Ukraine kommst, dann werfen sie schon solche Blicke auf dich." In Moskau hätten sie neun Stunden gesessen und ihnen sei gleich gesagt worden, dass sie als Cherson-Mütter sofort zu erkennen seien. Katya sitzt neben ihr auf dem Sofa, Mutter und Tochter nehmen sich immer wieder in den Arm. "Ich freue mich, alle wieder zu sehen", sagt die 14-Jährige. Aber ihre Mutter habe schon "wieder angefangen, mich zu erziehen". Katya habe angefangen zu rauchen, antwortet ihre Mutter. "Und wenn ich etwas sage, dann fährt sie sofort die Stacheln aus. Wie ein Igel." Hilfsorganisation holte bislang 60 Kinder zurück Zwei Tage zuvor zogen Mutter und Tochter ihre Koffer bei Mokrany über die ukrainisch-belarusische Grenze. Sie reden nicht, sondern steigen müde und abgekämpft in den wartenden Kleinbus der ukrainischen Organisation Save Ukraine. Diese hilft verzweifelten Eltern, ihre verschleppten Kinder aus Russland und russisch besetzten ukrainischen Gebieten zurückzubekommen. Mit Katya kommen an diesem Tag 15 weitere Menschen zurück. Damit hat Save Ukraine bisher um die 60 Kinder und Jugendliche zurückgeholt. Gemeinsam mit Halyna hätten elf Mütter und Großmütter die Reise aus dem ukrainisch kontrolliertem Gebiet des Landes über Belarus und Russland auf die russisch annektierte Krim und wieder zurück gewagt, wie Olga Yerokhina von Save Ukraine sagt. Die Kinder waren angeblich zur Erholung dorthin gebracht worden und kehrten nicht zurück. Das sei ein großer Umweg, sagt Olga. Die Frauen seien über Lwiw nach Polen und von dort aus über Belarus nach Moskau gefahren. Es sei absurd und zynisch, sich vorzustellen, wie diese Mütter und Großmütter aus Cherson und Umgebung im Süden der Ukraine auf die nahe gelegene Krim fahren mussten, um ihre Kinder nach Hause zu bringen. "Mit den Russen kooperieren wir nicht" "Mit den Russen kooperieren wir nicht, und wir verabreden auch nichts", sagt Olga. Die Mütter haben die Adresse der Unterkünfte und ein paar Telefonnummern. Sie sind in Kontakt mit ihre Kindern, denn diese haben in der Regel ein Handy. Die Freiwilligenorganisation regele alles, sagt Olga: das Finanzielle sowie soziale und psychologische Fragen. Sie stellten Busse, und die Fahrer von Save Ukraine begleiteten die Mütter und Großmütter. Sie seien immer in Verbindung und kontrollierten alles. "Wenn es gut läuft, steigen die Kinder in den Bus und fahren mit den Müttern zurück." Schule weist jegliche Verantwortung zurück Als Katya Anfang Oktober auf die Krim fuhr, war Cherson noch russisch besetzt. Ihre Schule hatte alles organisiert, entzieht sich heute aber jeder Verantwortung. Auch die ukrainischen Lehrerinnen seien irgendwann verschwunden, sagt Katya. Sie selbst sei immer wieder vertröstet worden. "Wir haben gefragt, wann wir nach Hause können, aber sie sagten: 'Wenn Cherson russisch wird'", erzählt Katya. Sie hätten sie sechs Monate lang nicht gehen lassen. Die Rückfahrt nach Cherson sei zu gefährlich, das wird auch den Eltern immer wieder gesagt. Auch die 14-jährige Dajana bekommt das zu hören. Gemeinsam mit Katya gelingt Dajana und ihrer Mutter die Rückkehr von der Krim auf ukrainisch kontrolliertes Gebiet. "Wenn ihr hierbleibt, verlieren eure Eltern das Sorgerecht für euch", bekommt sie immer wieder zu hören. Zudem habe es geheißen, die Lage in Cherson sei gefährlich. Laut Gesetz sei es verboten, ein halbes Jahr ohne Eltern zu sein, sagt Dajana. Obwohl das nicht legal ist, drohen russische Besatzer auch Katyas Mutter Halyna mit dem Entzug des Sorgerechts für ihre Tochter. Über Social Media hatte sie zumindest Kontakt zu ihrer Mutter, doch gegen die russische Einflussnahme vor Ort musste sie sich allein wehren. "Ich bin einfach weggelaufen" Ausreichend Essen, Sport, Unterricht, abends mal in die Disco oder einen Film gucken: Der Tag sei sehr geregelt verlaufen. Doch sie seien gezwungen worden, "Vorwärts, Russland!" zu singen, als Kontrolleure aus Moskau kamen, sagt Katya. Jeden Morgen wurde die russische Hymne gespielt während des Trainings. In der Unterkunft hätten sie die Mädchen mit dieser Hymne geweckt. In die Schule sei sie selten gegangen, sagt Katya. "Sie haben mich gezwungen, ich bin einfach weggelaufen." Auf dem Sofa drückt Halyna Katya erneut an sich. Die aufreibende Fahrt habe sie nur mit Beruhigungsmitteln durchgestanden. Doch sie würde sie jederzeit wieder antreten, die Fahrt in Feindesland. Denn eines ihrer Kinder alleinlassen würde sie nie. "Ich wusste, dass ich das Kind holen würde. Ich weiß, wie es ohne Eltern ist", sagt Halyna. Sie sei ohne Mutter und Vater aufgewachsen, ihnen sei das Sorgerecht entzogen worden. "Und so bin ich im Leben stark geworden." | /ausland/europa/junge-ukrainerin-auf-krim-101.html |
2023-03-28 | Abholen statt an der Kasse Schlange stehen | Neues Konzept im Einzelhandel | Mit einem Mausklick die Ware bestellen und später rund um die Uhr ohne Wartezeit abholen: Immer mehr Einzelhandelsunternehmen bieten Abholstationen an. Von Jens Eberl. | Mit einem Mausklick die Ware bestellen und später rund um die Uhr ohne Wartezeit abholen: Immer mehr Einzelhandelsunternehmen bieten Abholstationen an. Sie sieht aus wie eine Packstation mitten im Wohngebiet in Köln-Gremberghofen, doch in den Fächern liegen keine Pakete, sondern Lebensmittel, die darauf warten, von den Kundinnen und Kunden abgeholt zu werden. Diese haben die Artikel zuvor im Internet bestellt und den Abholservice ausgewählt. Mehr Flexibilität für Kunden Zehn Abholstationen bietet REWE inzwischen in Deutschland an, vor allem in Köln und Berlin. Der Mindestbestellwert beträgt 20 Euro. Zusätzlich fällt eine Servicegebühr von zwei Euro an. Die Abholstationen sollen den stationären Abholservice, der nach Angaben des Unternehmens bundesweit an rund 1700 REWE-Märkten verfügbar ist, ergänzen. Im Gegensatz zum Abholservice können die Stationen rund um die Uhr benutzt werden. Die Stationen seien ein weiteres Angebot, um dem Kunden mehr Flexibilität beim Einkauf zu ermöglichen, so das Unternehmen. REWE plant, weitere Stationen aufzubauen, vor allem in Innenstädten, dort wo nicht genügend Fläche für einen REWE-Markt mit Abholservice ist. "Die Stationen werden zum Beispiel auf Wohn- und Parkplatzanlagen, an Bürostandorten, Tankstellen oder Park-&-Ride-Stationen aufgebaut - und das ganz unabhängig vom Supermarkt in der Nähe", so eine Sprecherin. Damit die bestellten Produkte und auch Tiefkühlware stets frisch bleiben, sind die Abholstation mit unterschiedlich temperierten Fächern ausgestattet. Je nach Temperatur werden die Einkäufe auf mehrere Fächer verteilt. Kombination aus stationärem und Onlinehandel Mit den Abholstationen verbinden die Unternehmen den stationären Einzelhandel immer mehr mit dem Onlinehandel, sagt Andreas Kruse vom Kölner Handelsforschungsinstitut EHI. "Es geht darum, möglichst viele Kontakt- und Schnittstellen zum Onlinehandel zu haben um beides miteinander zu verzahnen", so Kruse. Ziel sei es, so die Kundschaft mehr an sich zu binden. "Und der Vorteil für die Kunden ist, sie sparen Zeit; sie kommen und sind wieder weg." Auch die Drogeriekette dm setzt auf Abholstationen, allerdings befinden sich diese größtenteils im Laden. Die Kundinnen und Kunden müssen hier für die Abholung also während der Öffnungszeiten kommen. Über die "Mein dm"-App oder den Onlineshop können die Lieferungen direkt in den dm-Markt bestellt werden. Wer die Express-Abholung wählt, kann die Ware innerhalb von drei Stunden abholen. "Derzeit stehen unseren Kundinnen und Kunden rund 620 dm-Abholstationen zur Verfügung. Bis Mitte dieses Jahres werden wir unseren Kundinnen und Kunden in knapp 700 unserer dm-Märkte in Deutschland eine dm-Abholstation zur Verfügung stellen", sagt der bei dm für das Ressort Marketing und Beschaffung zuständige Geschäftsführer Sebastian Bayer. | /wirtschaft/unternehmen/rewe-abholstationen-101.html |
2023-03-28 | Verbraucher bangen um ihre Spareinlagen | Unsicherheit nach Bankenbeben | Deutsche und europäische Sicherungssysteme schaffen aus Sicht vieler Bürgerinnen und Bürger offenbar nicht genug Vertrauen, dass das Ersparte auch wirklich sicher ist. Das geht aus einer aktuellen Umfrage hervor.
mehr | Deutsche und europäische Sicherungssysteme schaffen aus Sicht vieler Bürgerinnen und Bürger offenbar nicht genug Vertrauen, dass das Ersparte auch wirklich sicher ist. Das geht aus einer aktuellen Umfrage hervor. Nur die Hälfte der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher hält die Spareinlagen auf Sparkonten für sicher. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa, die das Magazin "Stern" in Auftrag gegeben hat. Kanzlerwort reicht offenbar nicht Die Krisenerscheinungen im Bankensektor in den vergangenen Wochen dürften dazu beigetragen haben, dass viele Deutsche den Sicherungssystem der Kreditwirtschaft nicht mehr recht trauen. Auch aktuelle Aussagen von Seiten der Politik, von den internationalen Notenbanken wie der Europäischen Zentralbank (EZB) oder der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) halfen dabei offenbar nur bedingt. Nach den Turbulenzen bei US-Banken und der Schweizer Credit Suisse hatte etwa Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betont, dass die Guthaben der Sparer hierzulande sicher seien. Die Umfrage sieht den Anteil der Befragten, die die Einlagen als "sicher" betrachten, nur bei 50 Prozent. Fast ebenso viele der rund 1000 Betragten (46 Prozent) haben zumindest Zweifel an der Sicherheit ihres Ersparten auf Bankkonten. Mehr Vertrauen bei Gutverdienern Die Unsicherheit im Bezug auf das Bankensystem fällt je nach Sympathie für bestimmte Parteien, aber auch in Abhängigkeit von der eigenen wirtschaftlichen Situation stark unterschiedlich aus. So ist Vertrauen in die Stabilität der Spareinlagen bei den Anhängern der SPD (73 Prozent) und der Grünen (63 Prozent) besonders hoch. Dagegen zweifeln AfD-Wähler laut der Umfrage zu 78 Prozent daran. Bei den Ostdeutschen ist die Skepsis mit 56 Prozent deutlich höher als im Durchschnitt. Je höher das Einkommen, desto höher ist das Vertrauen in die Sicherheit des Ersparten. Während bei Deutschen mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von unter 2500 Euro die Sorge ums Ersparte überwiegt (48 zu 47 Prozent), glauben Menschen mit einem Einkommen von 4000 Euro und mehr zu 58 Prozent an die Stabilität des Bankensystems. Sicherungssystem auf zwei Säulen In Deutschland sind Einlagen einerseits gesetzlich bis zu einem bestimmten Betrag abgsichert. Zum anderen greift ein Bankensicherungssystem zum Teil deutlich über die gesetzliche Absicherung hinaus. Seit 2015 gilt in Deutschland das Einlagensicherungsgesetz (EinSiG), das im Einklang mit EU-weiten Regeln einen Schutz von Einlagen pro Anleger und Institut bis 100.000 Euro festlegt. Über diese gesetzliche Regelung hinaus sichern fast alle Kreditinstitute hierzulande Kundengelder freiwillig ab. Diese freiwillige Einlagensicherung wird vor allem durch die Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) und des Verbandes öffentlicher Banken (VÖB) gewährleistet. Niederlassungen ausländischer Banken nehmen meist an der freiwilligen Einlagensicherung teil. Seit diesem Jahr sind beispielsweise beim BdB maximal fünf Millionen Euro pro Kunde und Bank abgesichert. Diese Obergrenze soll 2025 allerdings auf drei Millionen Euro sinken, und 2030 auf eine Million Euro. Auf diese Grenzen hatten sich die im BdB organisierten Banken nach der Greensill-Pleite im März 2021 geeinigt, nachdem die Entschädigung der Greensill-Kunden den Verband insgesamt fast drei Milliarden Euro gekostet hatte. | /wirtschaft/verbraucher/spareinlagen-bankenkrise-forsa-101.html |
2023-03-28 | Alle 60 Kilometer eine Ladesäule | E-Mobilität in der EU | Die Europäische Union hat sich auf verbindliche Ziele zum Ausbau der Ladeinfrastruktur geeinigt. Künftig soll es an den wichtigsten Verkehrsachsen mindestens alle 60 Kilometer Ladesäulen geben.
mehr | Die Europäische Union hat sich auf verbindliche Ziele zum Ausbau der Ladeinfrastruktur geeinigt. Künftig soll es an den wichtigsten Verkehrsachsen mindestens alle 60 Kilometer Ladesäulen geben. Die Staaten der Europäischen Union wollen mehr Ladestationen für Elektroautos und Tankstellen für alternative Treibstoffe einrichten. Dazu haben der EU-Rat der Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament eine vorläufige Einigung erzielt, wie die schwedische Ratspräsidentschaft mitteilte. Die Einigung sende ein klares Signal, dass benutzerfreundliche Aufladeinfrastrukturen und Tankstellen für alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff in der gesamten EU eingerichtet werden, erklärte der schwedische Infrastrukturminister Andreas Carlson. Ziel sei es, mehr Ladekapazitäten in den Städten sowie entlang der Autobahnen zu schaffen. Auch Wasserstoff-Infrastruktur wird ausgebaut In den kommenden Jahren sollen Autofahrer entlang der wichtigsten Verkehrsachsen mindestens alle 60 Kilometer eine Ladesäule finden können. Der Kompromiss zwischen EU-Staaten und Parlament sieht außerdem vor, dass alle 200 Kilometer Tankmöglichkeiten für Wasserstoff entstehen. "Die Bürger werden keinen Grund mehr haben, sich Sorgen wegen der Suche nach Lade- und Tankstellen für ihr Elektro- oder Brennstoffzellenauto zu machen", so Carlson. Die Ausbauziele gelten zunächst für das sogenannte TEN-V-Kernnetz. Darunter versteht man die wichtigsten Hauptverkehrsstraßen der EU. In Deutschland zählt dazu vor allem ein Großteil der Autobahnen. "Endlich klare und rechtlich bindende Ziele" "Die Zahl der Elektroautos hat sich seit 2016 versiebzehnfacht, die der Ladestationen aber nur versechsfacht", sagte der Europaabgeordnete Ismail Ertug (SPD). Mit dem Kompromiss seien nun ambitionierte Ziele für die Elektro- und Wasserstoffl-Ladeinfrastruktur ausgehandelt worden. "Wir haben nun endlich klare und rechtlich bindende Ziele für den Ausbau der Infrastruktur in ganz Europa", sagte der CDU-Abgeordnete Jens Gieseke. Im Tagesverlauf wird erwartet, dass die EU-Energieminister grünes Licht für den Kompromiss zwischen Deutschland und der EU-Kommission zu E-Fuels geben. Deutschland hatte bei dem für 2035 geplanten Verbrenner-Aus eine Ausnahme für eine neue Typenklasse für Autos durchgesetzt, die allein mit E-Fuels betrieben werden können. | /wirtschaft/technologie/eu-einigung-ladeinfrastruktur-101.html |