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2023-04-04
"Antipersonenminen sind grausame Waffen"
Baerbock appelliert an Russland
Bundesaußenministerin Baerbock hat Russland aufgefordert, die Verminung von Feldern in der Ukraine zu stoppen. Minen würden nicht nur viele Zivilisten töten. Sie hinderten auch Landwirte daran, Felder zu bestellen. mehr
Bundesaußenministerin Baerbock hat Russland aufgefordert, die Verminung von Feldern in der Ukraine zu stoppen. Minen würden nicht nur viele Zivilisten töten. Sie hinderten auch Landwirte daran, Felder zu bestellen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Russland dazu aufgerufen, die Verminung landwirtschaftlicher Flächen in der Ukraine einzustellen. Die Minen zögen nicht nur viele zivile Opfer nach sich, sondern hinderten zahlreiche Bäuerinnen und Bauern daran, ihre Felder zu bestellen und die Ernte einzufahren, sagte Baerbock laut Mitteilung des Auswärtigen Amtes in Berlin. Antipersonenminen treffen oft Zivilisten "So verknappt Russland das Lebensmittelangebot auf dem Weltmarkt und verschärft damit den Hunger in der Welt." Baerbock äußerte sich anlässlich des Internationalen Tags der Minenaufklärung. "Antipersonenminen sind grausame Waffen. Sie sind der Grund, warum Mütter und Väter in Ländern wie Bosnien und Herzegowina, Kambodscha und Irak noch Jahrzehnte nach einem Konflikt jedes Mal um ihre Kinder bangen müssen, wenn diese nach draußen spielen gehen", sagte sie. Antipersonenminen würden besonders oft Zivilisten treffen und zerrissen auf diese Weise "im wahrsten Sinne des Wortes Familien und Gesellschaften". Deshalb setze sich Deutschland für eine Welt ohne Antipersonenminen ein und sei zweitgrößter Geber weltweit für humanitäres Minenräumen. Sieben verschiedene Minenarten in Ukraine eingesetzt Russland hat in der Ukraine mindestens sieben verschiedene Arten der international geächteten Landminen eingesetzt - so die Angaben der internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen (ICBL) aus dem vergangenen Herbst. Landminen sind oft nur so groß wie ein Handteller und können vom Boden oder aus der Luft mit Raketen über größere Gebiete verteilt werden. Sie liegen im Boden und explodieren, wenn jemand sich nähert oder darauf tritt. Jedes achte Minenopfer im Ukraine-Krieg ist ein Kind, berichtet die Organisation Save the Children. Bereits vor dem russischen Angriffskrieg war die Ukraine eines der am stärksten mit Minen belasteten Länder der Welt. Seit dem Krieg hat sich die Zahl der verminten Flächen demnach verzehnfacht und nimmt nun 30 Prozent oder rund 180.000 Quadratkilometer der Landesfläche ein - ein Gebiet von der Größe des US-Bundesstaates Florida. Allein in den vergangenen anderthalb Monaten seien 126 Menschen Opfer von Minen geworden - durchschnittlich drei getötete oder verletzte Zivilisten pro Tag.  Die Vereinten Nationen machen am 4. April mit dem Internationalen Tag der Aufklärung über die Minengefahren und der Unterstützung bei der Minenräumung auf die anhaltende Gefahr von Minen und Blindgängern aufmerksam. Trotz der Ächtung durch internationale Abkommen werden Landminen weiterhin in Konflikten eingesetzt. Mehr als 60 Länder mit Minen kontaminiert Laut der Organisation Handicap International sind weltweit mehr als 60 Länder mit Minen kontaminiert. Millionen Menschen müssten meist jahrzehntelang mit der Bedrohung durch Minen und Blindgänger leben. Laut Landminen-Monitor 2022 sind im Zeitraum 2021 bis August 2022 2182 Menschen durch Minen getötet und 3355 verletzt worden. Mehr als 75 Prozent der registrierten Opfer seien Zivilisten gewesen. 1999 trat die sogenannte Ottawa-Konvention in Kraft, die sich dem Kampf gegen Landminen widmet. Der internationale Vertrag verbietet den Einsatz, die Produktion, Lagerung und Weitergabe von Landminen. Wichtige Staaten wie die USA, Russland, China und Indien haben sich dem Vertrag jedoch nicht angeschlossen.
/inland/gesellschaft/baerbock-russland-minen-101.html
2023-04-04
Schlechtere Geschäfte für Versicherer
Beitragsprognose gesenkt
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft erwartet für das laufende Jahr nur noch ein kleines Einnahmenplus. Vor allem das Geschäft mit Lebensversicherungen ist dafür verantwortlich. mehr
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft erwartet für das laufende Jahr nur noch ein kleines Einnahmenplus. Vor allem das Geschäft mit Lebensversicherungen ist dafür verantwortlich. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) rechnet damit, dass Versicherer in diesem Jahr nur ein kleines Plus machen werden. Laut Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen ist 2023 mit einem Zuwachs in allen Versicherungssparten von 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu erwarten. Im Herbst hatte der GDV noch mit einem Plus der Beitragseinnahmen von 2,9 Prozent für das laufende Jahr kalkuliert. Im Jahr 2022 waren die Beitragseinnahmen sogar um 0,6 Prozent auf 224 Milliarden Euro zurückgegangen. 0,4 statt 2,9 Prozent Beitragsplus Erneut sorgt das schlechte Geschäft mit Lebensversicherungen für Verdruss bei der Branche. Hier erwartet der GDV einen deutlichen Rückgang: "Die realen Einkommensrückgänge und die ungewöhnlich hohe Unsicherheit belasten das Geschäft in der Lebensversicherung", so Asmussen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Sparte sechs Prozent geringere Einnahmen auf 97 Milliarden Euro zu beklagen. Lebensversicherer, Pensionskassen und Pensionsfonds werden in diesem Jahr dürften laut der aktuellen Prognose in diesem Jahr 5,5 Prozent weniger Beiträge einnehmen. Niedrige Verzinsung belastet Lebensversicherungs-Geschäft Für viele Kunden ist die klassische Kapitallebensversicherung in den vergangenen Jahren weniger attraktiv geworden. Eine immer weiter abgesenkte Garantieverzinsung auf inzwischen 0,25 Prozent zusammen mit eher mageren Überschüssen machte in der Dauerniedrigzins-Phase der vergangenen Jahre die Lebensversicherung zum Auslaufmodell. Die laufende Verzinsung von Lebensversicherungen lag im vergangenen Jahr laut dem Datenanbieter Statista bei vielen Versicherern nur noch knapp über zwei Prozent, einige rangieren bei ihren Verzinsungen sogar schon deutlich unter dieser Marke. Experten rechnen damit, dass die Zinsen bei Neuabschlüssen in der Lebensversicherungen durch die Leitzinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB) erst mit Verzögerung bei den Kunden ankommen werden. Durch Fest- und auch Tagesgeldanlagen können dagegen inzwischen Zinsen deutlich oberhalb der Marke von zwei Prozent erzielt werden. Auch Schaden- und Unfall-Sparte läuft schlechter Nicht nur die schwachen Geschäfte in der Lebensversicherungssparte aber machen den Versicherungskonzernen zu schaffen; auch in der Schadens- und Unfallversicherung falle der Anstieg geringer aus als zuletzt angenommen. Die Branche erwartet hier noch ein Plus von 5,7 Prozent. Das sind 0,4 Prozentpunkte weniger als laut der Herbstprognose. Zurückzuführen sei dies auf die Kfz-Versicherung, die einen unerwartet schwachen Start ins Jahr 2023 hingelegt habe. 2022 hatten die Beiträge in der Sparte noch um vier Prozent auf rund 80 Milliarden Euro zugelegt.
/wirtschaft/unternehmen/versicherer-einnahmen-prognose-101.html
2023-04-04
"Wir könnten ehrgeiziger sein"
Hochschullehrerin des Jahres
Anwältin der Meere und herausragende Wissenschaftskommunikatorin - so begründet der Deutsche Hochschulverband die Ehrung für Tiefseeforscherin Boetius. Sie erzählt im Interview, was die Auszeichnung für sie bedeutet. mehr
Anwältin der Meere und herausragende Wissenschaftskommunikatorin - so begründet der Deutsche Hochschulverband die Ehrung für Tiefseeforscherin Boetius. Sie erzählt im Interview, was die Auszeichnung für sie bedeutet. tagesschau.de: Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung? Antje Boetius: Das ist eine Riesenehre. Vor allem, weil es um Forschung und Lehre zusammen geht. Eine Stimme für die Meere, für die Erde, für uns alle zu haben in Bezug auf Natur, ihre Erhaltung, ihre Pflege - das ist so wichtig in diesen Zeiten. Und ich freue mich sehr: Es ist eine Auszeichnung für das Gesamtpaket Forschung, Lehre und Transfer. Aufgaben von Lehre und Forschung tagesschau.de: Wie wichtig ist es für Wissenschaftlerinnen und für Wissenschaftler, heute eine wirkliche Stimme zu sein - in Ihrem Fall für die Tiefsee? Boetius: Angesichts der globalen Veränderung ist das Bewusstsein dafür gestiegen, dass wir in ein neues Zeitalter - das Anthropozän - eingetreten sind, in dem der Mensch die stärkste geologische Kraft ist. Das betrifft alle Felder. Viele Studierende fragen sich: Wozu ist mein Studium da? Welche Berufe kann ich damit ergreifen? Was muss ich heute wissen für die Zukunft, um selbst auch eine aktive Rolle darin zu übernehmen? Was muss ich wissen, um etwas zusammenzufügen, was auseinandergefallen zu sein scheint? Und genau da sind Lehre und Forschung an den Hochschulen und Universitäten eine ganz wichtige Sache. Große Fragen gemeinsam beantworten tagesschau.de: Sie haben gesagt, es ist etwas scheinbar auseinandergefallen - was meinen Sie damit? Boetius: Ich glaube, Gesellschaft und Wissenschaft sind enger verwoben denn je. Aber auseinandergefallen sind in vielen Teilen unser Wissen und unser Expertentum. Wenn es um die großen Fragen der Zukunft geht, dann ist klar, dass der Mensch, das Ökonomische, das Ökologische zusammengehören. Aber wir haben Mühe nach vielen Jahrzehnten Fokus auf Spezialwissen - was wir immer auch brauchen -  die großen Fragen gemeinsam und übergreifend zu beantworten. Und dafür sind Forschung und Lehre gefordert. Dafür ist auch der Wissenstransfer gefordert, dafür sind Universitäten als Räume des gemeinsamen Wissenserwerbs gefordert. Wenn man in die Geschichte des Wissens schaut, kommt immer wieder heraus, dass Hochschulen eine so wichtige Rolle spielen. Wir müssten es nur schaffen, die Ausbildung zu all dem, was die Zukunft uns abfordert, noch besser zu gestalten. Dazu gehört aber auch, dass Forschung und Lehre besser gefördert werden. "Nutzen von Ressourcen fair gestalten" tagesschau.de: Beim Hochseeschutzabkommen hat es beinahe 15 Jahre gedauert, bis es zu einer Einigung gekommen ist. Warum dauert das so lange? Boetius: Es geht um einen Raum, zu dem kaum jemand Zugang hat, mit einer Lebensvielfalt, von der wir nur ganz wenig kennen. Den Zugang aufzuteilen, zu beschreiben, um welche Zukunftswerte es hier eigentlich geht - das ist eine unglaubliche Herausforderung. Und das ist genau das Problem, in dem wir feststecken. Für die globalen Gemeingüter, zu denen auch die gesamte Lebensvielfalt des Planeten gehört, dafür haben wir noch kein Konzept des fairen Teilens. Wir lernen als Menschheit nur mühsam, wie wir auf der gesamten Erde das Nutzen von Ressourcen fair gestalten können. Nicht nur für unsere Gegenwart, sondern auch für die Zukunft. Das ist unglaublich schwer. Da sind 15 Jahre fast eine kurze Zeit, um das zu schaffen. Eine gute Zukunft organisieren tagesschau.de: Sind Sie manchmal als Wissenschaftlerin ungeduldig? Boetius: Ungeduldig werde ich dann, wenn es um unsere eigenen nationalen Beiträge zur Zukunft des Ganzen geht. Denn innerhalb der staatlichen Grenzen, den Zielen, die wir schon abgesteckt haben, könnten wir gerade in Deutschland, zusammen in Europa schon viel weiter sein. Wir könnten ehrgeiziger sein, schneller sein. Es ist schon geklärt, wie alle zusammenarbeiten müssen, damit wir für unsere Kinder und Kindeskinder eine gute Zukunft organisiert bekommen. Und das ist das, was mich dann manchmal frustriert oder ärgert, dass alles so klar beraten auf dem Tisch liegt und es trotzdem so lange dauert, bis wir den Ruck getan haben, der uns guttun wird. Dass das auf globaler Ebene sehr schwierig ist, finde ich nicht verwunderlich, angesichts des Nachwirkens von jahrhundertelanger Ungerechtigkeit. Denn bis heute ist die Frage der Natur und der Bewahrung immer auch noch verknüpft mit der Auswirkung von Kolonialismus. Und da sind wir lange noch nicht drüber weg, da mit unserer Geschichte aufzuräumen. "Es findet eine Umorganisation statt" tagesschau.de: Wie kommen jetzt diese Erkenntnisse zu den Menschen, also in die Gesellschaft? Boetius: Es braucht eine Umorganisation dessen, wie wir heute handeln und agieren. Wir Menschen wissen doch gut, wie wir funktionieren können als Gemeinschaft. Nehmen wir nur mal das Beispiel Müllabfuhr. In Deutschland ist es völlig normal, dass der Einzelne sich um Müll und Müllabfuhr nicht weiter kümmern muss. Man bezahlt eine Steuer dafür, einen Beitrag und dann wird der Müll abgeholt. In anderen Ländern ist das nicht selbstverständlich und es ist eben eine Frage der Organisation, der Regeln, des Beitrags. Wenn wir jetzt an die globalen Gemeingüter denken, wie unsere Atmosphäre, haben wir das dafür aber nicht organisiert. Bis heute benutzen wir die Atmosphäre als kostenfreie Müllhalde. Quälend langsam wird zum Beispiel dafür eine CO2 Steuer erhoben, damit es möglich sein wird, die eingenommenen Mittel zum Schutz der Atmosphäre, und sozusagen zum Aufräumen, also dem Entzug von CO2 zuzuführen. Und dabei auch Gerechtigkeit walten zu lassen, für diejenigen, die nicht viele Mittel haben, gar nicht so viel CO2 emittieren, sei es bei uns oder auf der ganzen Welt. Dieses Prinzip des gemeinsamen Schützens des Gemeingutes ist uralt, aber es wurde noch nie auf die Skala aller Gemeinschaften und des ganzen Planeten übertragen. Es muss einfach und günstig sein und richtig, damit was wir an Steuern zahlen, die Natur und die Atmosphäre schützt. Es muss dagegen unbequem sein, die globalen Gemeingüter zu übernutzen und sie zu zerstören. Das muss genau geschafft werden von jedem einzelnen Staat und auch für die Bereiche der Erde, die allen Staaten gemeinsam, allen Menschen gemeinsam gehören. Unterstützung für Wissensvermittlung tagesschau.de: Könnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler da mehr tun, mehr kommunizieren, einfacher kommunizieren? Boetius: Beim Kommunizieren der Wissenschaft braucht es die gesamte Skala. Natürlich müssen wir unser Expertenwissen miteinander teilen. Es ist schon unfassbar schwierig, über die unterschiedlichen Disziplinen hinweg zu Einigungen, zu Vorschlägen, zur gemeinsamen Forschung zu kommen. Und dann wollen natürlich viele andere Menschen teilhaben, an dem, was gerade an frischem Wissen entsteht. Dazu muss man verschiedene Formen von Sprache, von Kommunikationsmitteln, von Medien, von Plattformen nutzen. Für die Wissenschaft, die Hochschulen kommt das alles aber noch obendrauf. Dafür ist die Wissenschaft heute nicht unbedingt organisiert. Sie schafft es noch nicht immer, ihr errungenes Wissen zum Beispiel in künstlerische, fiktive Formate oder in Bürgerwissenschaften zu übertragen. Wir könnten also gerade hier besser unterstützt werden, gefördert werden, damit wir diese wichtige Aufgabe in der Gesellschaft übernehmen können. Denn in den Krisen, in denen wir stecken, von denen einen nach der anderen kommt, geht es ganz oft auch um Geschwindigkeit von Wissen und seiner Umsetzung. Es soll schnell gehen, sofort gehen und es soll trotzdem verlässlich sein. Das bedeutet, es gibt einen hohen Bedarf an struktureller Unterstützung. Das Interview führte Anja Martini für tagesschau24. Es wurde für die schriftliche Fassung angepasst und gekürzt.
/wissen/klima/tiefseeforscherin-boetius-auszeichnung-101.html
2023-04-04
Regierungsflieger ohne Raketenschutz
Deutsche "Air Force One"
Die drei neuen Regierungsflieger vom Typ Airbus A350 sind Aushängeschild der Regierung - aber nicht gegen Raketenangriffe geschützt. Sie nachzurüsten wäre teuer. Eine Notlösung wären Transporter der Luftwaffe. Von O. Neuroth.
Die drei neuen Regierungsflieger vom Typ Airbus A350 sind Aushängeschild der Regierung - aber nicht gegen Raketenangriffe geschützt. Sie nachzurüsten wäre teuer. Als Notlösung bleiben Transporter der Luftwaffe. Sie sind die Flaggschiffe unter den Regierungsfliegern: Die drei brandneuen Maschinen vom Typ A350, mit denen vornehmlich der Bundeskanzler und der Bundespräsident rund um die Welt fliegen. Doch wie nun herausgekommen ist, sind sie nur bedingt gegen mögliche Angriffe geschützt: Ihnen fehlt ein Raketenabwehrsystem. Und das Verteidigungsministerium möchte die Jets auch nicht nachrüsten. Das sorgt für Kopfschütteln bei so manchem Politiker - gerade jetzt, wo ein Krieg in Europa tobt. Vollausgestattet über den Wolken Oberst Daniel Draken spricht gerne von der deutschen "Air Force One", wenn er den Airbus A350 der Flugbereitschaft erwähnt. Wie die Maschine des US-Präsidenten hat auch dieser spezielle A350 eine VIP-Ausstattung, abhörsichere Telefone, er ist ständig in der Luft erreichbar.  Draken kann die Maschinen von seinem Bürofenster aus sehen, wenn sie auf dem Rollfeld des militärischen Teils des Flughafens Köln/Bonn geparkt sind; er ist der Kommandeur der Flugbereitschaft. "Das ist ein State-Of-The-Art-Luftfahrzeug, das Modernste, was der Markt gerade hergibt", erklärt Draken. Über die Sicherheitsausstattung der Maschinen redet er allerdings nicht so gerne. Auf die Frage, welche Systeme den A350 in der Luft vor möglichen Angriffen schützen könnten, antwortet er nur: "Sagen wir mal so: Er ist sicher." "Sicher" ist nicht gleich "sicher" Denn mit der wahrhaftigen "Air Force One" kann das Flugzeug offenbar nicht mithalten: Über die Sicherheitssysteme der Boeing des US-Präsidenten sind zwar kaum Details bekannt - aber eine Raketenabwehr hat sie, anders als die drei deutschen Regierungsflieger vom Typ A350. Und das, obwohl der Haushaltsausschuss des Bundestages 2019 die Kosten für die Schutzsysteme genehmigt hatte. "Ich habe so ein bisschen die Befürchtung, dass Beschlüsse, die im Haushaltsausschuss gefasst werden, nicht unbedingt vom Ministerium gelebt werden", sagt der CDU-Abgeordnete Ingo Gädechens, Mitglied des Haushaltsausschusses. Sein Verdacht: Das Verteidigungsministerium will Geld sparen. "Was ich total irre finde. Weil es ist die 'Air Force One', es sind die modernsten Maschinen, es fliegen der Bundespräsident, der Kanzler und hochrangige Minister mit dieser Maschine", meint Gädechens. Es sei für ihn jetzt, wo auch wieder Krieg auf europäischem Boden herrscht, völlig unverständlich, dass man diese Maschinen nicht noch mit einem Schutzsystem ausrüstet. Bestandsmaschinen für den Notfall Vom Bundesverteidigungsministerium heißt es: Ein Schutzsystem für den Airbus A350 sei im Moment nicht "marktverfügbar". Es müsste speziell entwickelt werden. Die Kosten inklusive Einbau lägen laut Ministerium bei einem dreistelligen Millionenbetrag. Außerdem würden die Flugzeuge für mehrere Monate ausfallen, wenn sie umgebaut würden. "Derzeit laufen Prüfungen, ob wir nicht mit der bestehenden, bereits geschützten Flotte den Schutzbedarf der Regierung aufnehmen können und Reisen so planen können, dass wir auch ohne eine Einrüstung in den A350 allen Schutzbedarfen nachkommen können", erklärt Arne Collatz, Sprecher des Verteidigungsministeriums. Mit der bereits geschützten Flotte sind Militärflugzeuge vom Typ Airbus A400M gemeint. Diese Propellermaschinen haben ein Raketenabwehrsystem. Für CDU-Mann Gädechens ist der A400M allerdings weit entfernt von einer Regierungsmaschine. "Es ist ein Arbeitspferd der Luftwaffe, um Material, sicherlich aber auch Personal zu transportieren. Und hat nichts mit einem Regierungsflieger zu tun, der ja oft auch repräsentativ in Ländern landet, wo dieser Schutz einfach zwingend geboten ist", so Gädechen. Umfrage unter Politikern Das Verteidigungsministerium befragt gerade die Hauptnutzer der Regierungsflieger: Also den Bundespräsidenten, den Kanzler und die Außenministerin, wie sie zu einer Aufrüstung der Jets stehen. Und ob sie sich also vorstellen können, auch in eine unbequemere Propellermaschine zu steigen, wenn sie in ein Gebiet reisen, das als gefährlich gilt. Eine Entscheidung steht noch aus. Doch die Empfehlung des Ministeriums ist schon formuliert: Man rät dazu, die neuen Jets nicht umzurüsten. Den Finanzminister dürfte das freuen: Denn Wünsche nach mehr Geld bekommt Christian Lindner bekanntlich gerade aus vielen Ressorts gleichzeitig.
/inland/regierungsflugzeug-airbus-a350-101.html
2023-04-04
Wen will Russland im Tausch?
Gefangener Gershkovich
Der in Russland in Haft sitzende US-Reporter Gershkovich könnte Faustpfand für den Austausch russischer Gefangener sein. Das Auswärtige Amt warnt auch Deutsche vor Festnahmen. Wen könnte Russland zurückholen wollen? Von S. Stöber.
Der in Russland in Haft sitzende US-Reporter Gershkovich könnte Faustpfand für den Austausch russischer Gefangener sein. Das Auswärtige Amt warnt auch Deutsche vor Festnahmen. Wen könnte Russland zurückholen wollen? Es ist das erste Mal seit dem Ende des Kalten Krieges, dass ein US-Journalist wegen Spionage in Russland inhaftiert wurde. Evan Gershkovich drohen 20 Jahre Haft. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle werden Angeklagte in Russland auch verurteilt. Der Geheimdienst FSB behauptet, den 31-Jährigen in Jekaterinburg "auf frischer Tat ertappt" zu haben, wie er als Staatsgeheimnis eingestufte Informationen über ein Unternehmen des militärisch-industriellen Komplexes gesammelt habe. Seine Zeitung, das "Wall Street Journal", und die US-Regierung wiesen dies zurück, sie fordern seine Freilassung. Es besteht die Befürchtung, dass Gershkovich eine "Geisel" sei, die bei der US-Regierung für den Austausch russischer Gefangener eingesetzt werden soll. Schon bei der US-Basketballerin Brittney Griner war davon ausgegangen worden. Sie wurde zu neun Jahren Straflager verurteilt wegen einer geringen Menge Haschischöl, das sie im Februar 2022 bei der Einreise auf einem der Moskauer Flughäfen in ihrem Gepäck hatte. Sie war bereits in ein Straflager in Mordwinien verlegt worden, bevor sie im Dezember gegen den verurteilten Waffenhändler Viktor Bout ausgetauscht wurde. Risiko auch für Deutsche in Russland Während der Verhandlungen war von russischer Seite über einen Kanal, den der FSB nach Washington nutzt, der Verurteilte des "Tiergartenmordes" ins Spiel gebracht worden, der in Deutschland seine lebenslange Haftstrafe absitzt. Fachleute wie der russische Geheimdienstexperte Andrei Soldatow hatten dies als Signal an russische Agenten im Westen erklärt, dass man sie nicht im Stich lasse. Mitarbeiter der US-Regierung sagten, dieser Vorschlag sei nie ernst gemeint gewesen. Es könnte auch Ziel gewesen sein, Spannungen zwischen den USA und Deutschland zu schüren. In juristischen und politischen Kreisen in Deutschland gab es keine Anzeichen für eine Bereitschaft, den verurteilten Mörder nicht mal ein Jahr nach der Verurteilung mit Russland auszutauschen, wo ihn sicher die Freiheit erwartet hätte. Bout wurde bei seiner Rückkehr nach Russland gefeiert. Schon im August 2022 warnten Politiker in Berlin vor dem Risiko auch für Deutsche, in Russland festgenommen und als Faustpfand eingesetzt zu werden. Das Auswärtige Amt rät von Reisen dorthin ab: "In der Russischen Föderation besteht auch für deutsche Staatsangehörige und deutsch-russische Doppelstaater die Gefahr willkürlicher Festnahmen", heißt es auf der Website des Ministeriums. Hingewiesen wird unter anderem auf neue Zensurgesetze, die seit dem Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 in Kraft gesetzt wurden. Was wird aus Gershkovich? Die russische Führung stellte klar, dass sie bei Gershkovich keine Eile sieht. Ein Gericht solle über sein Schicksal entscheiden, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Sein Stellvertreter Sergej Rjabkow ging noch einen Schritt weiter: Es sei zu früh, über einen Austausch zu diskutieren. Andere Personen seien erst ausgetauscht worden, nachdem sie bereits eine Strafe verbüßt hätten. Womöglich will die russische Regierung den Preis für einen günstigen Austausch hochtreiben. Zwar weigerte sich das US-Justizministerium, dem "Wall Street Journal" zu beantworten, wie viele russische Staatsbürger derzeit in US-Gewahrsam sind. Aber einige Namen sind doch bekannt. Kreditkartenbetrug Bereits im April 2017 wurde Roman Selesnew in Seattle wegen Hacking zu einer 27-jährigen Haftstrafe verurteilt. Die außerordentlich lange Haftstrafe erhielt er, weil er nach Aussage der Staatsanwaltschaft "einer der produktivsten Kreditkartendiebe der Geschichte" gewesen sei. Er soll Millionen Kreditkartennummern gestohlen und verkauft haben. Der Schaden betrug mehr als 170 Millionen US-Dollar, könnte aber tatsächlich bei mehreren Milliarden US-Dollar gelegen haben, schrieb die "New York Times" damals. Selesnews Vater ist Duma-Abgeordneter für die nationalistische Partei LDPR. Kriminelle Erlöse gewaschen Anfang August 2022 wurde Alexander Vinnik aus Griechenland an die USA ausgeliefert. Er soll dem US-Justizministeriums zufolge für den Betrieb der Kryptowährungsbörse BTC-e zur Verantwortung gezogen werden. Über die Börse sollen mehr als vier Milliarden US-Dollar an kriminellen Erlösen gewaschen worden sein. Vinnik war nach fünf Jahren Rechtsstreit aus Griechenland überstellt worden. Sein Anwalt Frédéric Bélot setzt sich laut "Wall Street Journal" für einen Austausch seines Mandanten ein. Hacker und Betrüger Mitte Februar wurde der 42-jährige Geschäftsmann Wladislaw Kljuschin mit Verbindungen zum Kreml von einem Gericht in Boston verurteilt. Er stahl Daten aus Computernnetzen und setzte diese gewinnbringend ein. Der Insiderhandel brachte 90 Millionen Dollar ein. Kljuschin wurde 2021 in der Schweiz verhaftet, als er von seinem Privatjet in einen Hubschrauber umsteigen wollte, der ihn ein Skigebiet hätte bringen sollen. Mit Kljuschin wurden zwei weitere Russen in Abwesenheit angeklagt. Noch zwei weitere Russen wurden ebenfalls in Abwesenheit in einem separaten Verfahren angeklagt. Einer aus der Gruppe soll als Offizier des Militärgeheimdienste GRU an der Einmischung in die US-Präsidentschaftswahlen 2016 beteiligt gewesen sein. Gericht als Spionageziel Kurz vor der Festnahme Gershkovichs wurde der 37-jährige Russe Sergej Tscherkassow vor einem Gericht in Washington angeklagt. Der Hauptvorwurf gegen den 37-Jährigen lautet, er habe als Agent einer ausländischen Macht gehandelt, dies mit einer brasilianischen Scheinidentität unter dem Decknamen Victor Muller Ferreira. Aus seinem Lebenslauf ging hervor, dass er 2020 einen Master-Abschluss an der Johns Hopkins University in Baltimore erlangt hatte. Der niederländische Geheimdienst AIVD enttarnte Tscherkassow im Juni 2022, als er am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ein Praktikum leisten wollte. Er durfte nicht einreisen und musste nach Brasilien fliegen. Dort sitzt er wegen Betrugs in Haft. Untergrundagenten Tscherkassow ist nur einer von mehreren mutmaßlichen Agenten, die in den vergangenen Monaten aufflogen und als Legende eine Staatsbürgerschaft in Südamerika genutzt hatten. Im Oktober 2022 enttarnte der norwegische Geheimdienst PST einen Russen mit brasilianischer Staatsbürgerschaft. Unter dem Namen José Assis Giammaria hatte er in Kanada eine akademische Karriere aufgebaut, bevor er an eine Universität im nordnorwegischen Tromsø ging. Er wurde in Haft genommen. Im Dezember flog ein Ehepaar mit den Namen Maria Myer und Ludwig Gisch in Slowenien auf. Sie gaben vor, 2017 aus Argentinien gekommen zu sein. Bei ihnen wurde viel Bargeld gefunden. Ermittler gehen deshalb davon aus, dass sie für die Geldausgabe an informelle Agenten und Informanten zuständig waren, schrieb der britische "Guardian". Damit könnten sie Teil eines Netzwerks in Europa gewesen sein. Während ein Gerichtsprozess gegen sie vorbereitet wird, sollen im Hintergrund Verhandlungen für ihren Austausch laufen. Das spurlose Verschwinden eines Paares kürzlich aus Griechenland könnte ein Hinweis dafür sein, dass die russischen Geheimdienste das Auffliegen weiterer Agenten befürchten. Anfang der 2010er-Jahre hatte ein Überläufer dazu beigetragen, als erst in den USA ein Spionagering mit elf Personen und dann in Deutschland ein Ehepaar aufflogen, die am Ende ausgetauscht wurden. "Zu Unrecht inhaftiert" Gershkovich ist wiederum nicht der einzige, dessen Freilassung die USA anstreben. Während der Verhandlungen um Griner ging es schon um Paul Whelan. Der ehemalige US-Marine war 2020 zu 16 Jahren Gefängnis wegen Spionage verurteilt worden. In den USA wurde er als "zu Unrecht inhaftiert" eingestuft. Für im Ausland Inhaftierte mit diesem Status gibt es einen Sonderbeauftragten und die Möglichkeit, zusätzliche Ressourcen für ihre Freilassung einzusetzen. Noch nicht unter diesen Status fällt der Lehrer Marc Fogel, der wie Griner wegen Cannabis-Besitzes verurteilt wurde, das er aus medizinischen Gründen nach Russland gebracht hatte. Das US-Außenministerium fordert seine Freilassung aus humanitären Gründen. Daneben wurde früher auch die Freilassung russischer Staatsangehöriger erwirkt, die zum Beispiel für die USA oder andere Staaten spioniert hatten. Auch russische Dissidenten kamen frei. Jetzt käme dafür beispielsweise der Oppositionelle Wladimir Kara-Murza in Frage. Er war lange zwischen den USA und Russland gependelt, bevor er vor im April 2022 in Moskau festgenommen wurde. Wegen einer Rede vor dem Repräsentantenhauses im US-Bundesstaat Arizona wurde ein Strafverfahren wegen "Falschaussagen über die russische Armee" gegen ihn eröffnet.
/investigativ/russland-spionage-austausch-101.html
2023-04-04
Weniger Auszubildende in der Pflege
Sorge um Fachkräftemangel
Immer weniger Auszubildende entscheiden sich für einen Pflegeberuf. Das zeigen die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts. Gleichzeitig nimmt der Bedarf an Pflegekräften immer mehr zu. mehr
Immer weniger Auszubildende entscheiden sich für einen Pflegeberuf. Das zeigen die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts. Gleichzeitig nimmt der Bedarf an Pflegekräften immer mehr zu. Im vergangenen Jahr haben etwa 4000 Menschen weniger einen Ausbildungsvertrag in der Pflege abgeschlossen als im Jahr zuvor. Das entspricht nach vorläufigen Zahlen einem Rückgang von sieben Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Während 2021 noch 56.300 neue Ausbildungsverträge in der Pflege abgeschlossen wurden, waren es 2022 nur noch 52.300. Endgültige Ergebnisse im Sommer Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 146.500 Menschen zu Pflegekräften ausgebildet. Der Frauenanteil unter den Auszubildenden lag den Angaben zufolge bei 76 Prozent. Unter den neuen Auszubildenden waren im vergangenen Jahr 13.500 Männer und 38.800 Frauen. Allerdings gebe es noch Lücken in den Daten; vollständige Zahlen dürften voraussichtlich im Juli vorliegen, hieß es. Während unter anderem Bremen, Rheinland-Pfalz und Sachsen davon ausgingen, dass es keine größeren Abweichungen zwischen den vorläufigen und den endgültigen Ergebnissen kommt, bestehe in einigen anderen Bundesländern derzeit noch erhebliche Unsicherheiten bei den Ergebnissen. Zunehmende Alterung Der Bedarf an Pflegekräften wird in den kommenden Jahren deutlich zunehmen: Das Statistische Bundesamt ging Ende März in einer Berechnung davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland bis 2055 allein aufgrund der zunehmende Alterung um 37 Prozent steigen wird. Im Jahr 2035 könnten es bereits 5,6 Millionen an pflegebedürftigen Menschen sein, was einem Anstieg von 14 Prozent gegenüber Ende 2021 entspräche.
/wirtschaft/unternehmen/pflege-ausbildung-103.html
2023-04-04
Schiphol will Nachtflüge streichen
Umwelt- und Lärmschutz
Der niederländische Flughafen Amsterdam Schiphol, einer der größten Europas, will den Lärm und die Umweltverschmutzung reduzieren. Umweltschützer loben das geplante Nachtflug- und Privatjet-Verbot. Die Airlines üben Kritik. mehr
Der niederländische Flughafen Amsterdam Schiphol, einer der größten Europas, will den Lärm und die Umweltverschmutzung reduzieren. Umweltschützer loben das geplante Nachtflug- und Privatjet-Verbot. Die Airlines üben Kritik. Der Amsterdamer Großflughafen Schiphol hat einen Kurswechsel angekündigt. So soll es bis spätestens Ende 2025 keine Nachtflüge mehr geben, Privatjets würden verboten. Schiphol will, dass zwischen Mitternacht und 6 Uhr früh überhaupt keine Flüge mehr starten und bis 5 Uhr auch keine Maschinen mehr landen dürfen. Nach Angaben des Flughafens soll es um rund 10.000 Nachtflüge pro Jahr gehen. Das solle zu einer "stilleren, saubereren und besseren Luftfahrt" führen, teilte der Flughafen mit. Zudem sollen schrittweise Flugzeuge nicht mehr zugelassen werden, die viel Lärm verursachen wie beispielsweise die Boeing 747. Die Planungen für eine zusätzliche Start- und Landebahn würden aufgeben.  "Wir haben viel zu lange über Wachstum nachgedacht, aber zu wenig über seine Auswirkungen. Wir müssen für unsere Mitarbeiter, die lokale Umwelt und die Welt nachhaltig sein", sagte Ruud Sondag, der Vorstandsvorsitzende der Schiphol Group. "Der einzige Weg nach vorne ist, schneller leiser und sauberer zu werden. Wir haben viel zu lange über Wachstum nachgedacht, aber zu wenig über seine Auswirkungen." Lob von Umweltschützern, Kritik von KLM Umweltschutzverbände und Anwohner reagierten positiv auf die Ankündigung. Die Luftfahrt überschreite die Grenzen von Anwohnern, Natur und Klima, sagte Maarten de Zeeuw von Greenpeace. Auch die angekündigte Verbannung von Privatjets sei ein positiver Schritt. "Diese Art des Verkehrs ist in Zeiten der Klimakrise schamlos und geht echt nicht mehr." Kritisch äußerten sich dagegen Fluggesellschaften und Reiseveranstalter. Die Fluggesellschaft KLM, deren Basis Schiphol ist, reagierte überrascht. KLM hätte sich ein gemeinsames Vorgehen der Luftfahrtbranche gewünscht, um den Ausstoß von CO2 sowie die Lärmbelästigung zurückzudrängen, hieß es.  Der Airport Schiphol am Stadtrand von Amsterdam wächst seit Jahren und hat sich zu einem der verkehrsreichsten europäischen Drehkreuze und einem bedeutenden Motor des Wirtschaftswachstums in den Niederlanden entwickelt.  Bereits im vergangenen Sommer beschloss die niederländische Regierung, die maximal zulässige Anzahl von Flügen pro Jahr zu kürzen, um Lärm und Luftverschmutzung zu reduzieren. Die Entscheidung, die voraussichtlich Ende dieses Jahres in Kraft treten wird, würde die Zahl der erlaubten Flüge ab 2024 von rund 500.000 auf 440.000 reduzieren.  Bereits ab November soll eine Obergrenze von 460.000 Flügen gelten. Dagegen hatten KLM und vier andere Fluggesellschaften geklagt.
/wirtschaft/schiphol-nachtfluege-101.html
2023-04-04
Hunderttausende im Irak verschwunden
UN-Bericht
In den vergangenen fünf Jahrzehnten sind im Irak bis zu einer Million Menschen spurlos verschwunden. Zu diesem Ergebnis kommt ein UN-Ausschuss, der das massenhafte Verschwindenlassen von Menschen untersucht hat und nun anprangert. mehr
In den vergangenen fünf Jahrzehnten sind im Irak bis zu einer Million Menschen spurlos verschwunden. Zu diesem Ergebnis kommt ein UN-Ausschuss, der das massenhafte Verschwindenlassen von Menschen untersucht hat und nun anprangert. Im Irak haben Milizen, Armee und Polizeiorganisationen in den vergangenen Jahrzehnten mehrere Hunderttausend Menschen verschwinden lassen. Das geht aus einem UN-Bericht des Ausschusses gegen das Verschwindenlassen (Committee on Enforced Disappearances - CED) hervor, der in Genf vorgestellt wurde. Viele Fälle betreffen demnach auch die Zeit der vorwiegend US-amerikanischen und britischen Besetzung von 2003 bis 2011. Die Praxis setze sich aber bis in die Gegenwart fort. Zahlreiche Opfer seien gewaltsam verschleppt worden, auch ins Ausland. Im November hatte der Ausschuss den Irak knapp zwei Wochen lang besucht. Zu der Delegation gehörte die Deutsche Barbara Lochbihler als Vizevorsitzende des Gremiums. Laut dem Bericht spiegelte sich das Phänomen des Verschwindenlassens in offiziellen Stellungnahmen irakischer Behörden nicht wider, während unter der Hand durchaus präzise Daten zu erhalten waren. Bis heute gebe es aber keine verlässlichen Zahlen. Verschleppte und Gefangene seit Jahrzehnten Schätzungen zufolge wurden allein während der Herrschaft der Baath-Partei und Saddam Husseins von 1968 bis 2003 bis zu 290.000 Personen beiseitegeschafft, unter ihnen 100.000 Kurden. Im Iran-Irak-Krieg von 1980-1988 verschwanden 50.000 bis 70.000 Männer und Jungen, von denen nach der Hoffnung von Angehörigen noch immer einige in iranischen Lagern leben könnten. Nach dem Sturz Husseins wurden laut dem Bericht zeitweise 96.000 Iraker in Gefängnissen unter US-amerikanischer und britischer Leitung inhaftiert, vielfach ohne dass ihre Familien Nachricht erhielten. "Islamischer Staat" setzt Praxis fort Im Zuge der Beseitigung des alten Baath-Regimes ließen Sicherheitskräfte und Milizen nach den UN-Angaben allein in den Jahren 2006 und 2007 Zehntausende Menschen verschwinden. Während dieser Periode seien beim Gerichtsmedizinischen Institut in Bagdad etwa 20.000 Leichen abgeliefert worden, von denen die meisten nicht identifiziert werden konnten. Nach dem Abzug der US-Truppen setzte sich die Praxis des Verschwindenlassens mutmaßlicher ehemaliger Baath-Mitglieder und angeblicher Terroristen fort. 2014 bis 2017 entführten und ermordeten Kämpfer des "Islamischen Staats" Tausende Menschen. Im Distrikt Sindschar wurden den UN zufolge binnen weniger Tage etwa 6800 Jesiden verschleppt und 3100 getötet. Weiter berichtete der Ausschuss von zahlreichen Vorwürfen, dass in Zusammenhang mit den regierungskritischen Protesten 2018 bis 2020 festgenommene Demonstranten verschwunden seien oder an unbekanntem Ort eingesperrt würden. Regierung soll Strafrecht anpassen Da in den meisten Fällen die Täter straffrei ausgingen, forderte der UN-Ausschuss die irakische Regierung auf, entschlossen gegen diese "entsetzlichen Verbrechen" vorzugehen. Es gelte, das Strafrecht anzupassen, die Zusammenarbeit der Behörden besser zu koordinieren und ein nationales Register für verschwundene Personen zu schaffen.
/ausland/asien/irak-menschen-verschwunden-101.html
2023-04-04
Wie kam es zu dem Zugunglück?
Niederlande
Noch ist unklar, wie genau es zu dem schweren Zugunglück in den Niederlanden kommen konnte. Klar ist aber: Auf der sehr stark befahrenen Strecke gab es Wartungsarbeiten. Von L. Kazmierczak.
Noch ist unklar, wie genau es zu dem schweren Zugunglück in den Niederlanden kommen konnte. Klar ist aber: Auf der sehr stark befahrenen Strecke gab es Wartungsarbeiten. Anwar Akrouh war nach einem geselligen Abend in Utrecht auf dem Heimweg nach Den Haag. Um kurz vor halb vier passierte es: Der Intercity kollidierte in Voorschoten, kurz hinter Leiden, mit einem Baukran und entgleiste. Der Student saß im hintersten der vier Waggons und blieb unverletzt: "Das war alles enorm intensiv", erzählt Akrouh. "Gott sei Dank waren da sehr liebe Anwohner, die uns bei sich zu Hause aufgenommen haben. Ich sah auch viele Rettungskräfte vor Ort, bei denen ich mich im Namen aller bedanken möchte." Ein Gleisarbeiter kam ums Leben Insgesamt waren am Unfallort 24 Rettungswagen und ein Helikopter im Einsatz. Nur wenige Minuten nach dem ersten Notruf seien die Helfer zur Stelle gewesen, berichtet Feuerwehrchef Hans Zuidijk. Sie hätten eine sehr unübersichtliche und chaotische Situation angetroffen: "Es war dunkel. Die Oberleitung war gerissen. Es waren Hilferufe zu hören. Ein Brand war sichtbar, und um zu dem Zug zu gelangen, musste ein Wassergraben überwunden werden. Es ist nicht leicht, wenn du unter diesen Umständen mit deiner Arbeit beginnen musst." Bei dem Todesopfer handelt es sich laut Agenturberichten um einen Gleisarbeiter, der in der Nacht mit Kollegen an der Strecke mit Wartungsarbeiten beschäftigt war - auf zwei von vier Gleisen, die für den Zugverkehr gesperrt gewesen seien, erklärte der niederländische Netzbetreiber ProRail. Untersuchungen dauern noch an Einige Medien spekulieren, dass zunächst ein Güterzug mit dem Baukran zusammengestoßen sei. Daraufhin habe der Kran das Nebengleis blockiert, über das schließlich der Intercity gefahren sei, heißt es. Offiziell bestätigt ist dieser Unfallhergang jedoch nicht. Es werde noch untersucht, wie genau es zu den beiden Unfällen kommen konnte, sagte ProRail-Chef John Voppen. "Das ist ein schwarzer Tag für die Bahn", so Voppen. "Ich war heute Nacht am Unfallort und enorm erschrocken über das, was ich gesehen habe. Mein Mitgefühl und meine Sorgen gelten allen Opfern, deren Angehörigen und allen, die betroffen sind." König Willem Alexander am Unfallort Von den insgesamt rund 50 Passagieren an Bord des Intercity mussten 19 in verschiedenen Krankenhäusern behandelt werden - darunter sind laut Polizei auch einige Schwerverletzte. Am späten Vormittag besuchte König Willem Alexander den Unfallort, wo er sich mit Einsatzkräften unterhielt. Weil bei dem Unglück nicht nur der Zug, sondern auch die Oberleitung schwer beschädigt wurde, werden zwischen Den Haag und Leiden voraussichtlich tagelang keine Züge fahren.
/ausland/zugunglueck-niederlande-109.html
2023-04-04
"Das Schweigen von Scholz ist dröhnend laut"
Streit über Kindergrundsicherung
Gewerkschaften und Sozialverbände haben Bundeskanzler Scholz aufgefordert, beim Streit über die Kindergrundsicherung einzugreifen. Scholz und die SPD müssten zu diesem Vorhaben klar Farbe bekennen. mehr
Gewerkschaften und Sozialverbände haben Bundeskanzler Scholz aufgefordert, beim Streit über die Kindergrundsicherung einzugreifen. Scholz und die SPD müssten zu diesem Vorhaben klar Farbe bekennen. Gewerkschaften und Sozialverbände vermissen von Bundeskanzler Olaf Scholz und der SPD insgesamt eine eindeutige Positionierung im Streit über die Kindergrundsicherung. "Bundeskanzler Olaf Scholz und die SPD müssen zu diesem wichtigsten sozialen Projekt in dieser Wahlperiode klar Farbe bekennen", forderte Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), in der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Jeder weitere Tag, den Finanzminister Christian Lindner (FDP) "seine Blockadehaltung" fortsetze, schade "den Jüngsten in unserer Gesellschaft", sagte Piel weiter. "Kinderarmut raubt Bildungs- und Entwicklungschancen - sie ist so bitter und folgenschwer, dass es allerhöchste Zeit für eine gut gemachte Kindergrundsicherung ist." Den Finanzminister forderte sie auf, "ungerechte Privilegien von Wohlhabenden" aufzuheben. Dies könne dabei helfen, "die Kindergrundsicherung zu finanzieren". Dass Gering- und Normalverdiener nur 250 Euro Kindergeld bekämen, während Spitzenverdiener über den Kinderfreibetrag "monatlich ein Steuergeschenk von 354 Euro" erhielten, bezeichnete die Gewerkschafterin als "Skandal".  Schneider kritisiert SPD scharf Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, kritisierte insbesondere Lindners Argument hinsichtlich einer bereits erfolgten Erhöhung des Kindergeldes auf 250 Euro als "klassische Nebelkerze". "Wenn der Finanzminister meint, der finanzielle Spielraum sei zu eng, dann muss er endlich für eine solidarische Umverteilung sorgen", forderte Schneider in der "Stuttgarter Zeitung".  Er hält es für einen Fehler, Steuererhöhungen "zum Tabu zu erklären". Darunter dürften "nicht ausgerechnet die Ärmsten und Schwächsten dieser Gesellschaft leiden". Scharfe Kritik übte er hierbei auch an der SPD: "Das Schweigen von Bundeskanzler Olaf Scholz und auch von Bundessozialminister Hubertus Heil zur Kindergrundsicherung ist wirklich dröhnend laut." Wirtschaftsweiser kritisiert Lindners Haltung Auch der Ökonom Martin Werding kritisierte die Haltung des Finanzministers zur geplanten Kindergrundsicherung. Lindner unterschätze die Bedeutung des Projekts, sagte Werding den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Wissenschaftler gehört dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung an. "Arme Familien haben weder etwas vom höheren Kindergeld, weil es mit dem Bürgergeld für ihre Kinder voll verrechnet wird, noch vom höheren Kinderzuschlag, wenn sie das dafür nötige Mindesteinkommen nicht erreichen", so der Experte. Die Kindergrundsicherung bündele bisherige Leistungen und stelle sicher, dass Kinder in Armut bekämen, was sie für Bildung und Teilhabe benötigten. Ähnlich äußerte sich der Präsident des Kinderschutzbundes, Hilgers, in einem Interview im Deutschlandfunk. Familienministerin Paus: Zwölf Milliarden Euro nötig Seit Wochen streiten Grüne und FDP darüber, wie viel Geld die Ampelregierung für die Kindergrundsicherung ab 2025 ausgeben soll. Geplant ist, dass diverse staatliche Leistungen für Kinder gebündelt werden und durch eine digitale und vereinfachte Antragsstellung mehr Berechtigte davon profitieren sollen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hat einen Bedarf von zwölf Milliarden Euro angemeldet. Finanzminister Lindner sieht hingegen kaum Spielraum im Haushalt und verweist auf die bereits erfolgte Kindergelderhöhung. Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel vereinbart, mit der Kindergrundsicherung mehr Kinder aus der Armut holen zu wollen. SPD-Chefin unterstützt Forderung von Paus SPD-Chefin Saskia Esken befürwortete unterdessen die von Familienministerin Paus geforderte Summe von zwölf Milliarden Euro. "Ich gehe davon aus, dass wir den Betrag von zwölf Milliarden auch brauchen werden", sagte Esken im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Bislang seien die zwölf Milliarden Euro aber noch eine Schätzung, sagte Esken. Wichtigstes Ziel müsse sein, mehr Menschen aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten zu erreichen. "Es kommt vor allem darauf an, dass wir wirklich alle Kinder und Jugendlichen und ihre Familien eben erreichen, die diese Unterstützung auch brauchen", sagte sie. FDP-Vizefraktionschef: Unseriöse Zahlen FDP-Vizefraktionschef Christoph Meyer warf den Koalitionspartnern vor, mit unseriösen Zahlen zu rechnen. "Die FDP rechnet nicht mit Mondzahlen. Saskia Esken redet über unseriöse Zahlen", sagte Meyer mit Blick auf die geforderten zwölf Milliarden Euro der Nachrichtenagentur dpa. "Lisa Paus' Vorschlag ist nur ihre Meinung, keine Position der Koalition", erklärte Meyer weiter. "Familien müssen leichter an das Geld für die Kinder kommen, das ist Lisa Paus' Aufgabe." Nur auf das Transfergeld zu schauen, missachte die Lebenswirklichkeit von Familien. Lindner: Keine höheren Sozialtransfers Finanzminister Lindner forderte, den Fokus mehr auf die Ursachen von Kinderarmut zu lenken. "Statt über wirksame Mittel gegen die Gründe von Kinderarmut zu diskutieren, wird nur über weitere Milliardentransfers gesprochen. Soziale Politik aber bemisst sich nicht am Umfang der Etats, sondern an nachhaltig sozialen Ergebnissen im Alltagsleben", sagte der FDP-Chef der Nachrichtenagentur dpa. "Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, werden wir Leistungen für Kinder neu ordnen und den Zugang erleichtern. Immer höhere Sozialtransfers helfen Familien nicht weiter." Denn Kinderarmut sei oft in Bildungs- oder Erwerbsarmut der Eltern begründet. "Gerade für Familien, in denen bisher kein eigenes Einkommen erzielt wird, gibt es bessere Hilfen als immer höhere Zahlungen." Lindner schlug vor, insbesondere Spracherwerb und Bildung bei den Eltern zu fördern, damit sie auf dem Arbeitsmarkt ein eigenes Einkommen erzielen können.
/inland/kindergrundsicherung-kritik-scholz-101.html
2023-04-04
Welche Folgen der steigende Ölpreis hat
OPEC+ will weniger fördern
Die Produktionskürzung der OPEC+-Staaten wirbelt den internationalen Ölmarkt durcheinander. Das Angebot wird verknappt, die Preise legen bereits kräftig zu. Womit müssen Verbraucher jetzt rechnen? mehr
Die Produktionskürzung der OPEC+-Staaten wirbelt den internationalen Ölmarkt durcheinander. Das Angebot wird verknappt, die Preise legen bereits kräftig zu. Womit müssen Verbraucher jetzt rechnen? Was haben die Staaten beschlossen? Acht Förderstaaten der OPEC+ wollen ihre Ölproduktion ab Mai senken und die Fördermenge bis zum Ende des Jahres auf dem niedrigeren Niveau halten. Saudi-Arabien als führendes OPEC-Land hat angekündigt, seine Ölproduktion um täglich 500.000 Barrel (je 159 Liter) senken. Auch Iraks Kürzung der Fördermenge fällt mit einem Rückgang um 211.000 Barrel pro Tag ins Gewicht. Die übrigen Staaten, die sich an der Förderkürzung beteiligen, stehen für deutlich geringere Mengen, die mit der neuen Förderpolitik wegfallen. Das OPEC+-Mitglied Russland will zieht bei der Förderkürzung ebenfalls mit. In der OPEC+ sind die Staaten des Kartells und andere Förderländer wie Russland zusammengeschlossen. Eine bestehende russische Förderkürzung bis Jahresende soll verlängert werden. Sie war im März in Kraft getreten und sollte eigentlich Ende Juni auslaufen. Wenn man alle beschlossenen Maßnahmen zusammenrechnet, dann wird die Fördermenge OPEC+-Staaten ab Juli um insgesamt 1,66 Millionen Barrel pro Tag gesenkt. Warum drosseln die Staaten die Fördermengen? Ein wesentlicher Grund ist die Sorge der Produzenten um die Preise: Im Vergleich zum vergangenen Sommer ist Öl für Industriestaaten deutlich günstiger zu haben. Nun steuern die Förderstaaten dagegen. So sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, die Entscheidung diene dazu, die Preise auf einem bestimmten Niveau zu halten. Hinzu kommt die Konjunkturentwicklung: Obwohl Chinas Wirtschaft nach dem Ende der harten Corona-Maßnahmen wieder an Fahrt aufnimmt und die zweitgrößte Volkswirtschaft stärker als globaler Konjunkturmotor fungiert, haben die Sorgen um die Weltwirtschaft zuletzt zugenommen. Die Folgen des Kriegs in der Ukraine, starke Zinserhöhungen wichtiger Notenbanken und nicht zuletzt die Furcht vor einer neuen Bankenkrise schürten Rezessionsängste. Eine wirtschaftliche Abschwächung würde die Nachfrage nach Rohöl dämpfen und damit die Ölpreise sinken lassen. Wie reagieren die Ölpreise? Nachdem die Ankündigung am Wochenende bekannt geworden war, reagierten die Ölpreise zu Beginn der Handelswoche mit einem Höhenflug. Gestern stiegen die Preise für Rohöl aus der Nordsee und aus den USA jeweils um mehr als vier Dollar je Barrel. Der gestrige Preissprung von bis zu rund acht Prozent war der stärkste seit etwa einem Jahr. Er fiel nach Einschätzung von Marktbeobachtern auch deshalb so stark aus, weil die Entscheidung der Länder der OPEC+ die Anleger völlig unvorbereitet traf. "Nicht wenige Marktbeobachter dürften zunächst an einen verspäteten April-Scherz gedacht haben", kommentierte Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank. Heute stiegen die Preise weiter an - allerdings deutlich langsamer als Anfang der Woche.   Was heißt das für Verbraucher? Mit zeitlicher Verzögerung dürfte der Anstieg der Ölpreise auf dem Weltmarkt auch die Spritpreise an den Tankstellen nach oben treiben. Beim Heizöl hilft den Verbrauchern hingegen das nahende Ende der Heizperiode. Viele Hauseigentümer können mit dem Auffüllen der Heizöltanks warten, bis die Ölpreise wieder niedriger sind. Ohne Zweifel zielt die Förderpolitik der OPEC+ auf höhere Preise auf dem Weltmarkt und damit verbunden auf höhere Kosten für die Verbraucher in den westlichen Industriestaaten. Jedoch ist die Förderpolitik auch ein Risiko für die Ölstaaten: Je höher die Preise für Sprit und Heizöl steigen, desto attraktiver werden Alternativen wie E-Autos und Wärmepumpen. Steigt jetzt wieder die Inflation? Die Drosselung der Fördermenge und ein damit verbundener Anstieg der Ölpreise erschwert den Kampf der Notenbanken gegen die Inflation. Seit Monaten erhöhen wichtige Zentralbanken wie die EZB oder die US-Notenbank Federal Reserve die Zinsen, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Der amerikanische Notenbanker James Bullard hatte eingeräumt, dass die Drosselung der Fördermenge die Arbeit der Fed nicht erleichtere. Ob sich die OPEC+-Entscheidung dauerhaft auf die Verbraucherpreise auswirkt, ist aber noch offen - zumal die Energiepreise bei der Entwicklung der allgemeinen Teuerung an Gewicht verloren haben. Mittlerweile haben Preise für Dienstleistungen und Nahrungsmittel einen stärkeren Anteil. Bei den künftigen Zinsentscheidungen der Währungshüter dürften daher Kosten für Energie zunehmend in den Hintergrund treten.
/wirtschaft/verbraucher/opec-oel-foerderkuerzung-wti-brent-russland-saudi-arabien-preis-verbraucher-101.html
2023-04-04
Gerichtlich gegen Pestizid-Produkte
Umwelthilfe und Foodwatch
Pestizide werden unter anderem in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt, sind giftig und umweltschädlich. Erstmals gehen die Deutsche Umwelthilfe und Foodwatch nun gerichtlich gegen die Zulassung einiger Pestizid-Produkte vor. mehr
Pestizide werden unter anderem in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt, sind giftig und umweltschädlich. Erstmals gehen die Deutsche Umwelthilfe und Foodwatch nun gerichtlich gegen die Zulassung einiger Pestizid-Produkte vor. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Verbraucherorganisation Foodwatch gehen erstmals gerichtlich gegen die Zulassung von fünf Pestizid-Produkten vor. Die DUH reichte dazu formale Widersprüche beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein, wie die beiden Organisationen auf einer Pressekonferenz mitteilten. Sollten diese abgewiesen werden, folge eine Klage beim Verwaltungsgericht Braunschweig. Ziel sei es, den Verkauf von Produkten mit "besonders giftigen und umweltschädlichen Wirkstoffen" in Deutschland zu stoppen. Unter anderem geht es um das Produkt Roundup Powerflex von Monsanto Deutschland, welches das umstrittene Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat enthält. Foodwatch: "Es braucht kompletten Pestizid-Ausstieg" Diese Produkte "vergiften Gewässer, töten wichtige Nahrungspflanzen und dadurch Tiere und gelangen über Wasser und Nahrung auch in den menschlichen Körper. Teilweise lassen sich diese Stoffe nicht wieder aus der Umwelt entfernen", hieß es in der Mitteilung. "Es braucht einen kompletten Pestizid-Ausstieg und diese Rechtsverfahren sind ein wichtiger, erster Schritt", ergänzte Annemarie Botzki von Foodwatch. Bislang habe die Bundesregierung deutsche Umweltverbände daran gehindert, die Zulassung von Pestiziden "zum Schutz der Chemiekonzerne" gerichtlich zu überprüfen, hieß es weiter. Das sei skandalös, wird die Rechtsanwältin Caroline Douhaire, die die DUH in den Verfahren vertritt, zitiert. DUH und Foodwatch berufen sich nun aber auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom November 2022, wonach ein deutsches Verbot von Verbandsklagen gegen Produktzulassungen rechtswidrig sei und die Überprüfung von Produktzulassungen rechtskräftig. Man könne nun "vor Gericht überprüfen lassen, ob bestimmte Pestizid-Produkte zu Recht zugelassen sind oder nicht", sagte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Krebsrisiko durch Glyphosat strittig Pestizide sind etwa in Pflanzenschutzmitteln und Bioziden als Wirkstoffe enthalten und laut Umweltbundesamt giftig - insbesondere für Pflanzen oder auch Insekten. Wie gefährlich einzelne Pestizide sind, ist teils jedoch auch umstritten, wie bei Glyphosat. Die US-Umweltbehörde EPA sowie die Aufsichtsbehörden in der EU und Deutschland - unter anderem das Bundesinstitut für Risikobewertung 2019 - gelangten zu dem Schluss, dass von Glyphosat keine Krebsgefahr ausgehe. Die zur Weltgesundheitsorganisation WHO gehörende Internationale Agentur für Krebsforschung hatte 2015 hingegen konstatiert, dass Glyphosat "wahrscheinlich krebserregend bei Menschen" sei.
/inland/umwelthilfe-foodwatch-pestizide-103.html
2023-04-04
Wie tickt die Polizei?
Studie zum Arbeitsalltag
Die nach anhaltenden Rassismusvorwürfen veranlasste Studie zur Untersuchung des Polizeialltags liefert erste Zwischenergebnisse. Die Beamten klagen darin über Mängel, lassen aber auch fragwürdige Tendenzen vermuten. mehr
Die nach anhaltenden Rassismusvorwürfen veranlasste Studie zur Untersuchung des Polizeialltags liefert erste Zwischenergebnisse. Die Beamten klagen darin über Mängel, lassen aber auch fragwürdige Tendenzen vermuten. Die Polizeibeamten der Bundesrepublik haben in ihrem Arbeitsalltag einige Mängel zu beklagen. Das geht aus einer vom Bundesinnenministerium beauftragten Studie zum Alltag und zu den Einstellungen bei der Polizei hervor. In einem ersten Zwischenbericht finden sich Informationen über Arbeitsbelastungen, Stressfaktoren und Zufriedenheit der Beamten. Die Studie wurde noch unter dem früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei der Deutschen Hochschule der Polizei in Auftrag gegeben, nachdem sich Verdachtsfälle von Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden häuften. Ziel war es, den Polizeialltag und das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft zu analysieren. Dazu gehören auch Gewalt und Hass gegen Polizeibeamte. Eine reine Rassismus-Studie, die sich allein auf die Polizei bezieht, lehnte Seehofer vehement ab. Die Online-Befragung fand in den verschiedenen Bundesländern sowie bei der Bundespolizei und beim Bundeskriminalamt in unterschiedlichen Zeiträumen statt. Sie begann im November 2021 und wurde im Oktober 2022 abgeschlossen. Die Aufforderung zur Teilnahme richtete sich an alle Beschäftigten. Die Teilnahme war aber freiwillig. Beamte klagen über Mängel Die Unplanbarkeit von Dienstzeiten und Mängel in der Ausstattung gehören zu den Belastungsfaktoren, über die Beamte der Bereitschaftspolizei besonders häufig klagen. Wer bei der Kriminal- oder Schutzpolizei arbeitet, erlebt als Stressfaktoren dagegen besonders häufig Personalmangel und den Umgang mit Opfern von Straftaten. Als belastend wird der Kontakt mit Opfern insbesondere dann erlebt, wenn es sich dabei um Kinder handelt oder um Menschen, die den Angehörigen der Polizei zuvor bekannt waren. "Unzufriedenheit mit dem Justizsystem, insbesondere im Hinblick auf die Strafverfolgung" wurde in allen Einheiten der Polizei häufig als Problem benannt. Jeder fünfte Studienteilnehmer berichtete davon, im zurückliegenden Jahr mindestens einmal erlebt zu haben, dass ein Kollege oder eine Kollegin die Erfüllung dienstlicher Pflichten verweigerte. 29 Prozent der Teilnehmer der Befragung ließen beobachtete Verletzungen von Dienstpflichten verlauten. Das Verhältnis zu den Kollegen wurde aber generell als mehrheitlich positiv beurteilt. Rassismus in der Polizei? Führungskräfte und Vollzugsbeamte wurden in der Studie auch mit den Rassismusvorwürfen konfrontiert. Eine häufige Reaktion der Befragten war dabei der Verweis auf "bedauernswerte Einzelfälle". "Menschenfeindliche Positionen", so heißt es zusammenfassend, "lassen sich wie in der Gesamtbevölkerung auch in der Polizei feststellen". Allerdings sind bei fast 30 Prozent der Befragten Tendenzen sichtbar, Asylsuchende abzuwerten. Knapp zehn Prozent lassen in ihren Antworten Muslimfeindlichkeit erkennen. Fast jeder Fünfte unterstützt chauvinistische Einstellungen oder äußert sich nicht eindeutig ablehnend. Bei jüngeren Mitarbeitern und Polizisten mit weniger Dienstjahren seien die Diskriminierungstendenzen geringer als bei Älteren, heißt es in dem Zwischenbericht. Inwiefern hier das Lebensalter oder die Erfahrungen im Berufsalltag als Faktoren ausschlaggebend sind, muss nach Einschätzung der Forscher jedoch noch genauer untersucht werden. Immerhin 14 Prozent stimmten laut Studie der dem Bereich der Verschwörungserzählungen zuzuordnenden Aussage zu, es gebe "geheime Organisationen, die großen Einfluss auf politische Entscheidungen haben". Etwa jeder fünfte Befragte stellte sich hinter die Aussage, Demonstrationen seien "oft nur ein Deckmantel für Menschen, die Krawall machen wollen". Faeser verspricht Konsequenzen Bundesinnenministerin Nancy Faeser spricht sich als Reaktion auf die veröffentlichten Zwischenergebnisse für eine Überprüfung der Aus- und Fortbildung der Beamten aus. "Es gibt null Toleranz gegenüber Rechtsextremismus, Rassismus und anderen Formen von Menschenfeindlichkeit", betonte Faeser. Jeder derartige Vorfall müsse "deutliche Konsequenzen haben". Die Innenministerin ergänzte, dies sei man Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten schuldig, die für die vielfältige Gesellschaft einstünden. "Wir wollen eine transparente Fehlerkultur stärken und der Entstehung und Verfestigung von Vorurteilen und Diskriminierungen konsequenter entgegentreten", sagte Faeser. Man wolle Handlungsempfehlungen formulieren, um etwa extremer Arbeitsbelastung entgegenzuwirken.
/inland/gesellschaft/polizei-studie-megavo-101.html
2023-04-04
Der Streit ist nur verschoben
Bundeshaushalt 2024
Eigentlich ist es üblich, dass ein Finanzminister für den Haushalt zuerst Eckwerte vorlegt. Doch weil sich die Ampel in einigen Fragen uneins ist, will Lindner darauf verzichten. Mehr als ein Zeitgewinn ist das nicht. Von H.-J. Vieweger.
Eigentlich ist es üblich, dass ein Finanzminister für den Haushalt zuerst Eckwerte vorlegt. Doch weil sich die Ampel in einigen Fragen uneins ist, will Lindner darauf verzichten. Mehr als ein Zeitgewinn ist das nicht. "Haushalts-Eckwerte" - das klingt nach einem Detail für finanzpolitische Feinschmecker. Doch die nüchternen Zahlen haben es in sich: Sie legen fest, mit welchen Ausgaben der Bund insgesamt plant und wie viele Milliarden jedem einzelnen Ministerium im kommenden Jahr zustehen. "Ziel ist, die haushaltspolitische Marschrichtung festzulegen", heißt es dazu auf den Internet-Seiten des Bundesfinanzministeriums. Doch auf eben diese Eckwerte verzichtet Finanzminister Christian Lindner nun - mit Rückendeckung von Bundeskanzler Olaf Scholz. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte dazu am Montag: "Ich nehme nicht wahr, dass er" - gemeint ist Scholz - "das als gravierendes Problem ansieht." Schließlich gebe es keinen juristischen Zwang, diese Eckwerte aufzustellen. "Natürlich gibt es Auseinandersetzungen darüber" Für Lindner bedeutet der Verzicht auf die Eckwerte einen Zeitgewinn. Leichter wird es aber nicht. Während im Fall eines Eckwerte-Beschlusses jedes Ministerium seinen Haushalt dann innerhalb des beschlossenen Rahmens relativ eigenständig vorbereiten kann, muss nun über alle großen Projekte der Regierung gemeinsam abgestimmt werden. Aus Sicht des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Andreas Audretsch, ist das aber kein Problem: Schließlich spiegelten sich in der Haushaltspolitik Entscheidungen über politische Prioritäten wider, so Audretsch im Deutschlandfunk: "Und natürlich gibt es Auseinandersetzungen darüber, wie wir diese Prioritäten am Ende am besten setzen." Bei keinem Thema zeigt sich das derzeit mehr als beim Streit um die so genannte Kindergrundsicherung: Sollen dafür jährlich 12 Milliarden Euro mehr in die Hand genommen werden? So lautet die Forderung von Familienministerin Lisa Paus von den Grünen. Oder sollen die vorhandenen Leistungen im Grundsatz bleiben und nur gezielter verteilt werden? So sieht das die FDP - wobei sich auch Bundeskanzler Scholz im Bundestag ganz ähnlich geäußert hat. Lindner: "Haushaltspolitik aus den Augen der Kinder" Eigentlich betrifft diese Frage erst den Haushalt 2025, weil die von der Ampelkoalition vereinbarte Kindergrundsicherung erst dann greifen soll. Doch die Grundlage für diese Entscheidung soll bereits jetzt gelegt werden, im Rahmen der mehrjährigen Finanzplanung. Dass es dabei nicht vorangeht, empört Linken-Chef Martin Schirdewan: Mit den Diskussionen um den Haushalt vollführe die Regierung "ein unwürdiges Schauspiel auf dem Rücken der ärmsten Familien in diesem Land". Finanzminister Lindner wiederum bremst seit Wochen die Ausgabewünsche seiner Ministerkollegen - und zwar mit Hinweis auf die Interessen der jungen Generation, die durch höhere Schulden über Gebühr belastet würden: "Wir sind gefordert, Haushaltspolitik wieder aus den Augen der Kinder zu betreiben, die auch einen handlungsfähigen Staat erwarten dürfen." Es sei "Kinderzukunftssicherung", den Staat nicht dauerhaft in seinen Finanzierungsmöglichkeiten zu überfordern, so der FDP-Vorsitzende. Nach Darstellung des Finanzministers kann kaum ein Berliner Minister-Kollege damit rechnen, dass seine zusätzlichen Ausgabewünsche - die Rede ist von rund 70 Milliarden Euro - erfüllt werden. Sogar ohne die zusätzlichen Wünsche gebe es eine Deckungslücke von bis zu 18 Milliarden Euro im Haushalt des kommenden Jahres, so Lindner. Schließlich habe die Koalition bereits zusätzliche Ausgaben beschlossen - vom höheren Kindergeld über das Bürgergeld bis hin zu steuerlichen Entlastungen. Wadephul: "Bundesregierung ist stehend k.o." Aus den Reihen der Opposition hagelt es Kritik an der Entscheidung, auf die Eckwerte ganz zu verzichten. Von einem "völlig unüblichen Vorgehen" spricht der haushaltspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Peter Boehringer, im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio: Es zeige nur, wie heillos zerstritten die Koalition sei. Boehringer vermutet, die Regierung wolle sich durch den Verzicht auf die Eckwerte in die Sommerpause retten. Ganz ähnlich klingt es bei Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul: "Diese Bundesregierung ist stehend k.o.", schreibt dieser auf Twitter und beklagt, dass es gerade bei all den Fragen zur Finanzierung der Bundeswehr nicht vorankommt. Christian Görke, Finanzpolitiker der Linken, spricht gar von einer "Arbeitsverweigerung der Regierung". Wie fällt die Steuerschätzung aus? Mitglieder der Ampelparteien jedoch beschwichtigen. Auch ohne die Haushalts-Eckwerte könne die Regierung ein Haushaltsgesetz vorbereiten, so der Grünen-Politiker Audretsch: "Wir werden im Mai die Steuerschätzung kriegen und dann einen Haushalt aufstellen, der im Juni im Kabinett verabschiedet werden soll, das ist die Zeitschiene - und bis Juni ist noch einiges an Zeit." Sollte die Steuerschätzung besser ausfallen als zuletzt, könnte das den Streit ums Geld innerhalb der Regierung etwas besänftigen. Die Grundsatzfrage, wer wie viel bekommt, muss aber so oder so geklärt werden - womöglich in einem neuen Spitzentreffen der Koalitionspartner. Denn der Haushalt spielte beim rund 30-stündigen Treffen des Koalitionsausschusses in der vergangenen Woche nach Angaben der Teilnehmer nur eine geringe Rolle.
/inland/innenpolitik/eckpunkte-haushalt-ampel-101.html
2023-04-04
Flughafen Hahn geht an Triwo
Immobilienentwickler höchstbietend
Der Flughafen Hahn wird vom Immobilienentwickler Triwo übernommen. Das Unternehmen, das der DIHK-Präsident Peter Adrian leitet, gehörte erst seit Kurzem wieder zum Bieterkreis. Nun stimmt offenbar auch der Preis. mehr
Der Flughafen Hahn wird vom Immobilienentwickler Triwo übernommen. Das Unternehmen, das der DIHK-Präsident Peter Adrian leitet, gehörte erst seit Kurzem wieder zum Bieterkreis. Nun stimmt offenbar auch der Preis. Der Trierer Immobilienentwickler Triwo hat den insolventen Hunsrück-Flughafen Hahn gekauft. Das Unternehmen hat nach Angaben des Insolvenzverwalters den höchsten Kaufpreis geboten. "Das Bieterverfahren ist mit dem Eintritt aller Vollzugsvoraussetzungen und dem Verkauf an die Triwo AG erfolgreich beendet", teilte Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner mit. Die Summe, über deren Höhe Stillschweigen vereinbart wurde, sei bereits auf ein Treuhandkonto überwiesen worden. Der Flugbetrieb werde fortgeführt. Triwo hatte bereits zuvor einen niedrigeren Kaufpreis für den einstigen US-Fliegerhorst geboten und diese nun offenbar ausreichend erhöht, um den Zuschlag zu erhalten. DIHK-Präsident fliegt selbst Alle etwa 400 Beschäftigten am einzigen größeren Verkehrsflughafen in Rheinland-Pfalz werden vom Investor übernommen, wie Plathner weiter mitteilte. Die Abstimmungen für die Triwo in den vier Gläubigerversammlungen und im Gläubigerausschuss der Hauptgesellschaft seien jeweils einstimmig gewesen. Vorstandschef der Triwo AG Trier ist der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian. Er besitzt selbst eine Pilotenlizenz. "Wir schätzen die Zukunftschancen des Flughafens Frankfurt-Hahn als gut ein", so Adrian. Daher wolle das Unternehmen "gezielt in die Flughafeninfrastruktur investieren, weiteres Wachstum im Passagier- und Frachtverkehr erreichen und eine nachhaltige Immobilienentwicklung umsetzen". Entscheidung schon am Donnerstag gefallen? Triwo betreibt neben Industrie- und Gewerbeparks bereits vier Flugplätze. Medienberichten zufolge hatten bereits vergangenen Donnerstag Gläubiger hinter verschlossenen Türen einstimmig für den neuen Bieter gestimmt. An der insolvente Betreibergesellschaft Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH ist das Land Hessen zu 17,5 Prozent beteiligt. Der Flughafen Hahn war im Herbst 2021 in Insolvenz gegangen und Ende Juni 2022 für eine geheime Summe mehrheitlich an die Investorengruppe Swift Conjoy GmbH in Frankfurt verkauft worden. Diese hatte aber den Kaufpreis nicht bezahlt, sodass der Deal platzte. Andere Bieter ohne Erfolg Nach dem Ausfall von Swift Conjoy rückten dann die Bieter mit den zweit- und dritthöchsten Angeboten in den Fokus: die Mainzer Immobiliengruppe Richter und die NR Holding des Nürburgrings um den russischen Unternehmer Viktor Charitonin. Sie hatten beide einen Kaufvertrag unterzeichnet und die Kaufsumme auf ein Treuhandkonto überwiesen - aber kein grünes Licht der Gläubiger und keine Lizenz für den Flugbetrieb bekommen. Als Plathner den Investorenprozess überraschend wieder öffnete, bekundete auch der türkische Flughafenbetreiber YDA Interesse.
/wirtschaft/unternehmen/flughafen-hahn-triwo-uebernahme-101.html
2023-04-04
Weniger Rüstungsexporte genehmigt
Bundesregierung
Die Bundesregierung hat in diesem Jahr bislang Rüstungsexporte im Wert von 2,4 Milliarden Euro genehmigt und damit weniger als im Vorjahreszeitraum. Ein Großteil davon ging an die Ukraine und enge Partnerländer. mehr
Die Bundesregierung hat in diesem Jahr bislang Rüstungsexporte im Wert von 2,4 Milliarden Euro genehmigt und damit weniger als im Vorjahreszeitraum. Ein Großteil davon ging an die Ukraine und enge Partnerländer. Die Bundesregierung hat in den ersten drei Monaten dieses Jahres etwas weniger Rüstungsexporte genehmigt als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Wert der erlaubten Lieferungen lag nach vorläufigen Zahlen von Januar bis März insgesamt bei 2,4 Milliarden Euro. 2,88 Milliarden Euro waren es in den ersten drei Monaten 2022. Von den 2,4 Milliarden Euro in diesem Jahr entfielen 1,25 Milliarden Euro auf die Genehmigung von Kriegswaffen und 1,19 Milliarden Euro für sonstige Rüstungsgüter, teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit.   Güter für 497 Millionen Euro für die Ukraine Der Ukraine wurden demnach zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg Güter im Wert von mehr als 497 Millionen Euro genehmigt. Höher war der Wert mit rund 765 Millionen Euro nur bei Ungarn. Bei den an den EU- und NATO-Partner genehmigten Lieferungen handelte es sich vor allem um Munition für die Streitkräfte des Landes. Das Wirtschaftsministerium betonte, dass nahezu 90 Prozent des Gesamtgenehmigungswertes enge Partnerländer beträfen - wozu es nicht nur EU- und NATO-Länder, sondern auch ihnen gleichgestellte Staaten wie Japan oder die Schweiz sowie die Drittstaaten Ukraine und Südkorea zählt. "Auch im Jahr 2023 setzt die Bundesregierung ihre zielgenaue Rüstungspolitik im Angesicht der Zeitenwende konsequent fort", erklärte Staatssekretär Sven Giegold. Dazu gehöre eine "klare Unterstützung für unsere EU- und NATO-Partner, enge Partnerländer und die Ukraine", betonte er. Gleichzeitig achte Berlin darauf, "dass Rüstungsgüter nicht in Länder exportiert werden, die Menschenrechte systematisch verletzten". Drittstaaten wie Niger und VAE Auf weitere Drittstaaten entfielen Genehmigungen im Wert von 262 Millionen Euro, davon allein etwa 46,8 Millionen Euro auf den westafrikanischen Staat Niger - vor allem für Grenzüberwachungsflugzeuge - sowie 45,9 Millionen Euro auf die Vereinigten Arabischen Emirate VAE für Güter zur Ausrüstung zum Schutz gegen Chemiewaffen. Damit kommt der Golfstaat auf Platz zehn der Länder mit den höchsten Genehmigungswerten bei Einzelausfuhren im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März. Rüstungsexporte an die Vereinigten Arabischen Emirate werden von Kirchen und Friedensorganisationen wegen der Verwicklung des Landes in bewaffnete Konflikte im Jemen und in Libyen scharf kritisiert. Im vergangenen Jahr hatte die Ampel-Regierung Genehmigungen für Rüstungsexporte im Wert von insgesamt rund 8,36 Milliarden Euro erteilt. Das war der zweithöchste Betrag in der Geschichte der Bundesrepublik, nach 9,35 Milliarden Euro 2021 - einem Jahr, in dem noch die Große Koalition aus Union und SPD den Kurs weitgehend bestimmte.
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2023-04-04
Union fordert Untersuchungsausschuss
Steuerskandal um Warburg-Bank
Die Union will den Steuerskandal um die Warburg-Bank politisch aufarbeiten lassen - und fordert dazu nun einen Untersuchungsausschuss. Dieser soll auch die Rolle von Kanzler Scholz klären. Die nötige Stimmenzahl hat die Fraktion. mehr
Die Union will den Steuerskandal um die Warburg-Bank politisch aufarbeiten lassen - und fordert dazu nun einen Untersuchungsausschuss. Dieser soll auch die Rolle von Kanzler Scholz klären. Die nötige Stimmenzahl hat die Fraktion. Zur politischen Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuerskandals um die Hamburger Warburg-Bank will die Union einen Untersuchungsausschuss im Bundestag einsetzen. Das kündigte Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) an. Das Gremium solle in der ersten Sitzungswoche nach den Osterferien beantragt werden. Die Unionsfraktion hat im Parlament allein die dafür nötige Stimmenzahl von mindestens einem Viertel der Abgeordneten. Der Ausschuss soll klären, ob der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister politischen Einfluss auf den Steuerfall genommen hat und ob auf Rückforderungen gegen die Bank in Millionenhöhe verzichtet werden sollte. Hierzu soll auch der damalige Hamburger Finanzsenator Peter Tschentscher befragt werden. Auch soll geprüft werden, ob die Erinnerungslücken, auf die sich der Kanzler in dem Zusammenhang beruft, glaubhaft sind. Treffen mit Bank-Gesellschaftern Hintergrund sind Treffen von Scholz mit den Bank-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017. Nach den ersten Treffen hatte die Hamburger Finanzverwaltung im Dezember 2016 eine ursprünglich geplante Rückforderung von 47 Millionen Euro wegen zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuern an die Bank doch nicht erhoben und zunächst in die Verjährung laufen lassen. Eine zweite Forderung über weitere 43 Millionen Euro war Ende 2017 erst kurz vor der Verjährung auf Weisung des Bundesfinanzministeriums erhoben worden. Nach einem Gerichtsurteil hatte die Bank 2020 eigenen Angaben zufolge schließlich alle ausstehenden Steuerrückforderungen beglichen, versucht aber auf juristischem Weg weiter, das Geld zurückzubekommen. Erinnerungslücken bei Hamburger Untersuchungsausschüssen Scholz hatte bei seinen bislang zwei Vernehmungen vor einem Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zwar eingeräumt, dass die Treffen stattgefunden haben, sich hinsichtlich der Inhalte der Gespräche aber auf Erinnerungslücken berufen. Den Verdacht einer politischen Einflussnahme wies er dabei stets zurück. Einen Beweis für eine Einflussnahme hat der Hamburger Untersuchungsausschuss in zweieinhalb Jahren Tätigkeit bislang nicht erbracht. Die Unionsfraktion will auch klären lassen, ob Scholz sich bei seinen Befragungen im Finanzausschuss des Bundestags zum "Cum-Ex"-Fall im Juli 2020 noch an ein Treffen mit den Bankern erinnern konnte und wie dann die Erinnerungslücken wenige Monate später zu erklären sind. Union: "Es geht um Glaubwürdigkeit" In einem Schreiben der Fraktionsspitze heißt es, die damalige Entscheidung der Hamburger Behörden hinsichtlich der Nichtrückforderung von zu Unrecht erhaltenen Steuererstattungen beträfen nicht nur die Durchsetzung von Bundesrecht, sondern auch ganz konkret die Steuereinnahmen des Bundes. Es gebe viele Widersprüche und Ungereimtheiten, sagte Matthias Hauer, Obmann der Unionsfraktion im Finanzausschuss. Die Ampelkoalition habe Vorladungen von Scholz in den Finanzausschuss, welche die Union beantragt habe, mehrfach verhindert, sagte der CDU-Politiker. Ein Untersuchungsausschuss im Bundestag sei unausweichlich. Scholz sollte selbst das größte Interesse daran haben, reinen Tisch zu machen. Es gehe um seine Glaubwürdigkeit. Mögliche Unterstützung der Linken Für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist ein Viertel der Mitglieder des Bundestages nötig. Dies wären 184 Abgeordnete, die Union hat 197 Abgeordnete im Parlament und könnte das Gremium damit im Alleingang einberufen. Die Linke im Bundestag kündigte bereits an, eine Unterstützung des Untersuchungsausschusses zu prüfen, sagte ihr finanzpolitischer Sprecher Christian Görke. "Klar ist: Die Widersprüche und offenen Fragen müssen aufgeklärt werden. Ein Untersuchungsausschuss scheint notwendig, da sich der heutige Bundeskanzler weiter weigert, sich den Fragen im Finanzausschuss des Bundestages zu stellen." SPD wirft Union "parteitaktische Interessen" vor Die SPD reagierte empört auf die Ankündigung. "Das Thema ist parlamentarisch und gesellschaftlich vollumfänglich aufgearbeitet und transparent", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. "Die Union hat kein Erkenntnisinteresse, sondern folgt parteitaktischen Interessen. Sie bringt Behauptungen vor, die längt widerlegt sind." Der 2020 in Hamburg zu dem Thema eingesetzte Untersuchungsausschuss habe alle Fragen geklärt, und es gebe kein neues Erkenntnisinteresse, sagte Mast. "CDU-Chef Friedrich Merz bleibt sich treu: Ihm ist jedes Mittel recht." Finanzamt zahlte Milliarden an Betrüger Bei "Cum-Ex"-Geschäften wurde in abgesprochenen Aktiengeschäften vorgetäuscht, zu einem bestimmten Zeitpunkt Aktien zu besitzen und Steuern auf entsprechende Aktiengewinne gezahlt zu haben. Auf diese Weise erschlichen die Beteiligten sich Steuerbescheinigungen. Die anfallenden Steuern, die sie nicht gezahlt hatten, ließen sie sich erstatten. Das Finanzamt zahlte Milliardensummen an die Betrüger.
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2023-04-04
Immer weniger wagen Selbstständigkeit
Existenzgründungen
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Erwerbsgründungen laut Staatsbank KfW abermals deutlich gesunken. Ein jahrelanger Trend in Deutschland hält damit an. mehr
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Erwerbsgründungen laut Staatsbank KfW abermals deutlich gesunken. Ein jahrelanger Trend in Deutschland hält damit an. Die Gründungstätigkeit in Deutschland hat 2022 erneut einen Dämpfer erhalten. Das zeigt eine Vorab-Auswertung des repräsentativen Gründungsmonitors der staatlichen Förderbank KfW. Mit 550.000 Existenzgründungen gingen demnach rund 57.000 Personen weniger als 2021 den Schritt in die Selbständigkeit. Das entspricht einem Rückgang von neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bereits im Jahr 2020 war die Anzahl der Existenzgründungen coronabedingt auffallend deutlich zurückgegangen. Die Gründungstätigkeit habe sich 2022 sowohl im Voll- als auch im Nebenerwerb verringert, hieß es von der KfW. Die Zahl der Vollerwerbsgründungen sei auf 222.000 gesunken, ein Minus von 14.000 oder sechs Prozent verglichen mit 2021. Noch stärker sei der Rückgang bei den Nebenerwerbsgründungen, die um 43.000 auf 328.000 gesunken seien - ein Minus von zwölf Prozent. Das wirkt sich auch auf die sogenannte Gründungsquote aus. Sie ging auf 108 Gründungen je 10.000 Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren zurück. Im Jahr 2021 lag sie noch bei 119. "Kaum dass sie den Corona-Knick kurzzeitig wettgemacht hatte, ist die Gründungstätigkeit in Deutschland 2022 leider schon wieder rückläufig", kommentiert Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. Mehr Gründungen aus einer Notlage heraus Der Anteil von Existenzgründungen zur Wahrnehmung einer Geschäftsgelegenheit, die sogenannte "Chancengründung", sei 2022 um 11 Prozentpunkte auf 71 Prozent gefallen. Analog zu diesem Rückgang stieg der Anteil von Existenzgründungen aus Mangel an besseren Erwerbsalternativen laut Gründungsmonitor im Jahresvergleich von 15 auf 24 Prozent. Zu dieser Gruppe gehören beispielsweise Personen, die auf dem Arbeitsmarkt keine Alternative hatten und sich deshalb selbstständig machten, sogenannte "Notgründungen". Bei den allermeisten Existenzgründungen in Deutschland sei der Schritt in die Selbstständigkeit mit einem neuen Unternehmen verbunden gewesen, das es zuvor rechtlich wie organisatorisch nicht gegeben habe. Ihr Anteil blieb 2022 mit 86 Prozent auf dem Rekordniveau des Vorjahrs. Die übrigen 14 Prozent entfielen demnach auf Firmenübernahmen und Beteiligungen. "Angesicht der großen Zahl an mittelständischen Unternehmen, die eine Nachfolgelösung suchen, ist das eine volkswirtschaftliche Herausforderung", heißt es dazu von der KfW. Seit Jahren rückläufige Tendenz Insgesamt fällt auf, dass die Zahl der Existenzgründungen seit vielen Jahren rückläufig ist. Im Jahr 2003 gab es beispielsweise noch deutlich mehr als 1,4 Millionen Gründungen, seitdem ist die Zahl fast durchgängig sinkend. "Für die deutsche Volkswirtschaft sind das schlechte Nachrichten, denn Existenzgründungen sind zentrale Treiber des strukturellen und technologischen Wandels - und sie unterstützen so die Zukunftsfähigkeit der gesamten Volkswirtschaft", so Köhler-Geib. Gerade mit Blick auf die "grüne" und digitale Transformation brauche Deutschland neue Unternehmen mit frischen und innovativen Ideen. "Den Gründergeist wieder zu stärken, bleibt somit eine elementare Herausforderung, für die alle politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteure an einem Strang ziehen müssen", so die KfW-Chefvolkswirtin.
/wirtschaft/unternehmen/existenzgruender-gruender-start-up-kfw-corona-101.html
2023-04-04
Schweres Zugunglück in den Niederlanden
Ein Toter und mehrere Verletzte
In der Nähe von Den Haag hat sich am frühen Morgen ein schweres Zugunglück ereignet. Mindestens ein Mensch kam dabei ums Leben, 19 weitere wurden schwer verletzt. Wie es zu dem Unfall kam, ist noch unklar. mehr
In der Nähe von Den Haag hat sich am frühen Morgen ein schweres Zugunglück ereignet. Mindestens ein Mensch kam dabei ums Leben, 19 weitere wurden schwer verletzt. Wie es zu dem Unfall kam, ist noch unklar. Bei einem schweren Zugunglück im Westen der Niederlande ist mindestens ein Mensch ums Leben gekommen. Etwa 30 weitere Personen wurden verletzt, 19 davon schwer, teilten die Rettungsdienste mit. Ministerpräsident Mark Rutte sprach in einer ersten Reaktion von einem "schrecklichen Zugunfall". "Meine Gedanken sind bei den Angehörigen und bei allen Opfern. Ich wünsche ihnen viel Kraft", schrieb er auf Twitter. Een vreselijk treinongeluk bij Voorschoten, waar helaas een dode te betreuren is en veel mensen gewond zijn geraakt. Mijn gedachten zijn bij de nabestaanden en bij alle slachtoffers. Ik wens hen alle sterkte. Intercity und Güterzug gegen Baukran geprallt Gegen 3.25 Uhr waren nach Angaben eines Sprechers der Bahn beim Ort Voorschoten, etwa 15 Kilometer vor Den Haag, ein Intercity und ein Güterzug gegen einen Baukran geprallt. 50 bis 60 Passagiere befanden sich nach Angaben der Bahn in dem Nachtzug auf dem Weg von Amsterdam nach Den Haag, als sich der Unfall ereignete. Über die genaue Ursache konnte der Betreiber des Schienennetzes "ProRail" zunächst nichts sagen. Nach Angaben von Augenzeugen raste der Intercity auf eine Wiese, mindestens zwei Waggons waren demnach umgestürzt. Auch der Güterzug soll entgleist sein. Die meisten Passagiere konnten den Zug selbst verlassen. Chaos am Unfallort - Zugverkehr unterbrochen "Es gab einen schweren Schlag, Fenster zersprangen", berichtete ein Passagier im Radio. Der Waggon, in dem der Student saß, sei gekippt. Er habe sich schnell befreien können. Die Einsatzkräfte waren schnell zur Stelle. Einige Passagiere waren auch von Anwohnern aufgenommen worden, wie Augenzeugen berichteten. Das Chaos am Unfallort und auf der Bahnstrecke sei groß, schilderten Reporter. Die Strecke ist stark befahren. Königspaar: "Wir fühlen sehr mit ihnen allen mit" Auch das niederländische Königspaar sprach den Betroffenen des Zugunglücks sein Mitgefühl aus. König Willem-Alexander und Königin Máxima ließen über die sozialen Medien mitteilen, dass sie in Gedanken bei den Opfern und ihren Familien seien: "Viele verspüren jetzt Angst und Unsicherheit. Wir fühlen sehr mit ihnen allen mit." "Das ist ein schwarzer Tag für die Bahn in den Niederlanden", sagte der Sprecher des Streckenbetreibers "ProRail". "Wir werden jetzt sehr genau untersuchen, wie das geschehen konnte." "ProRail" hat inzwischen mitgeteilt, dass zwei der insgesamt vier Gleise auf dem Streckenabschnitt wegen Baumaßnahmen gesperrt gewesen seien. Ob der Zug auf dem falschen Gleis unterwegs war, bleibt aber vorerst Spekulation. Zwischen Leiden und Den Haag werden voraussichtlich bis zum Nachmittag keine Züge fahren.
/ausland/zugunglueck-niederlande-103.html
2023-04-04
Haushalte verbrauchen 2022 weniger Strom
Folge der Energiekrise
Drastisch gestiegene Stromkosten haben die Verbraucher in Deutschland zum Sparen motiviert, wie eine aktuelle Untersuchung zeigt. Der Stromverbrauch sank 2022 deutlich. mehr
Drastisch gestiegene Stromkosten haben die Verbraucher in Deutschland zum Sparen motiviert, wie eine aktuelle Untersuchung zeigt. Der Stromverbrauch sank 2022 deutlich. In deutschen Privathaushalten wurde im vergangenen Jahr deutlich beim Stromverbrauch gespart. Laut der aktuellen Erhebung der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft CO2online lag der Rückgang bei acht Prozent. Damit hat sich der Trend der Vorjahre umgekehrt. Denn die Verbräuche in den Jahren 2020 und 2021 waren insgesamt um sechs Prozent gestiegen. Lockdown in Homeoffice trieben Verbräuche in Vorjahren Der Pro-Kopf-Verbrauch an Strom lag damit bei durchschnittlich 1174 Kilowattstunden. Die Vorjahre waren nach Beginn der Corona-Pandemie von umfangreichen Einschränkungen wie Lockdowns betroffen, was den Energieverbrauch in den eigenen vier Wänden etwa wegen Homeoffice oder Geschäftsschließungen tendenziell erhöht haben dürfte. Im vergangenen Jahr hatten dann die nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukranie dramatische gestiegenen Energiepreise deutliche Auswirkungen auf das Verbrauchsverhalten der Bundesbürger. Versorger hatten in der Folge die Preise für Erdgas, aber auch Strom deutlich angehoben. Verbrauch im gesamten Netz ebenfalls rückläufig Der Verbrauchsrückgang in den Privathaushalten sind damit auch höher ausgefallen als im deutschen Stromnetz ingesamt. Die Bundesnetzagentur hatte einen Rückgang des Stromverbrauchs um 4,0 Prozent auf 484,2 Terrawattstunden (TWh) ermittelt. Davon kamen 48,3 Prozent aus Erneuerbaren Energien (Vorjahreswert 42,7 Prozent). Die Einsparungen des vergangenen Jahres können laut CO2online aber noch deutlich gesteigert werden. Durch einfache Maßnahmen könne jeder Haushalt im Schnitt übers Jahr rund 240 Euro Stromkosten sparen. "Das Sparpotenzial wird berechnet aus der Differenz des durchschnittlichen Stromverbrauchs und des Stromverbrauchs der Klasse A", hieß es. In dieser Klasse liegt der Verbrauch für einen durchschnittlichen Zweipersonenhaushalt in einem Mehrfamilienhaus mit zentraler Warmwasserversorgung bei maximal 1400 Kilowattstunden. Duschköpfe und LED-Lampen Der Einsatz von Spar-Duschköpfen erzielt dabei laut der Gesellschaft den größten Spareffekt, vor allem, wenn die Warmwasserbereitung über strombetriebene Durchlauferhitzer erfolgt. Auch die Erneuerung der Heizungspumpe, der Einsatz von LED-Lampen oder der Kauf von neuen stromsparenden Elektrogeräten gehören zu den genannten Maßnahmen.
/wirtschaft/verbraucher/stromverbrauch-privathaushalte-101.html
2023-04-04
Trump plädiert auf "nicht schuldig"
Prozess gegen Ex-US-Präsident
Der in einer Schweigegeldaffäre angeklagte frühere US-Präsident Trump hat vor Gericht auf nicht schuldig plädiert. Die Staatsanwaltschaft in New York wirft ihm vor, in 34 Fällen Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben. mehr
Der in einer Schweigegeldaffäre angeklagte frühere US-Präsident Trump hat vor Gericht auf nicht schuldig plädiert. Die Staatsanwaltschaft in New York wirft ihm vor, in 34 Fällen Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben. Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat sich in 34 Anklagepunkten im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen nicht schuldig erklärt. Laut der Staatsanwaltschaft in New York haben Trump und andere systematisch versucht, negative Informationen über ihn zu identifizieren, zu kaufen und zu verbergen und so seine Wahlchancen zu erhöhen. Trump habe große Anstrengungen unternommen, um all das zu verbergen, indem er Dutzende falscher Einträge in Geschäftsunterlagen vorgenommen habe, hieß es in einer Mitteilung. Unter den kriminellen Aktivitäten, die er zu verdecken versucht habe, seien auch Versuche, gegen Wahlgesetze zu verstoßen. Ex-Präsident stellte sich der Anklage Trump hatte sich zuvor der New Yorker Justiz gestellt. Der 76-jährige Republikaner wurde von seinem Wolkenkratzer Trump Tower zu dem zuständigen Strafgericht in Lower Manhattan gefahren. Nach der erkennungsdienstlichen Behandlung durch die Staatsanwaltschaft betrat er einen Gerichtssaal. Trump war von einer sogenannten Grand Jury wegen einer Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar (rund 120.000 Euro) an die Pornodarstellerin Stormy Daniels vor der Präsidentschaftswahl 2016 angeklagt worden. Trump ohne Auflagen frei Der Richter Juan Merchan bat die Vertreter von Anklage und Verteidigung, keine Aussagen zu tätigen, die Gewalt oder Unruhen auslösen könnten. Trump wurde nach dem Gerichtstermin ohne Auflagen freigelassen. Nach der etwa zweistündigen Anhörung verließ er das Gericht, ohne Fragen von Reportern zu beantworten. Am Abend (Ortszeit) will er in seinem Anwesen in Florida eine Rede halten. Der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, wirft Trump laut Anklage dabei vor, "felonies" - Verbrechen - begangen zu haben, was im US-Recht definiert wird über eine etwaige Haftstrafe von einem Jahr oder mehr. "Wir können nicht zulassen, dass New Yorker Unternehmen ihre Aufzeichnungen manipulieren, um kriminelles Verhalten zu vertuschen", sagte er. Todd Blanche, ein Anwalt Trumps, wies im Anschluss an die Anhörung erneut die Vorwürfe gegen seinen Mandanten zurück. "Es stehen keine Fakten drin", sagte er und warf der Staatsanwaltschaft politische Motive vor. "Und es ist wirklich enttäuschend. Es ist traurig, und wir werden dagegen ankämpfen." Es sei kein guter Tag. Über Trumps Gemütszustand sagte er: "Er ist frustriert, er ist verärgert, aber ich sage Ihnen was, er ist motiviert." Hauptverfahren wohl frühestens in einem Jahr Die Anklage in New York ist ein Verfahren unter vielen, mit dem Trump konfrontiert ist. Trump, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antreten will, bezeichnet die Ermittlungen gegen ihn als politisch motivierte "Hexenjagd". Rein rechtlich dürfte Trump theoretisch auch als verurteilter Straftäter bei der Wahl 2024 antreten. Das neue Verfahren fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt. Nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 durch Trump-Anhänger war befürchtet worden, dass gewaltbereite Unterstützer des Republikaners auch in New York zusammenkommen könnten. Berichte über größere Zusammenstöße liegen bisher nicht vor.
/ausland/amerika/trump-anklage-123.html
2023-04-04
Razzia in Brüssel wegen Thüringens CDU-Chef
Vorwurf der Bestechlichkeit
In Brüssel sind bei einer Razzia die Geschäftsräume der Europäischen Volkspartei durchsucht worden. Die Ermittler folgen Hinweisen, nach denen sich der heutige thüringische CDU-Chef Voigt im EU-Wahlkampf 2019 bestechen ließ. mehr
In Brüssel sind bei einer Razzia die Geschäftsräume der Europäischen Volkspartei durchsucht worden. Die Ermittler folgen Hinweisen, nach denen sich der heutige thüringische CDU-Chef Voigt im EU-Wahlkampf 2019 bestechen ließ. Im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den Thüringer CDU-Partei- und Fraktionschef Mario Voigt sind Geschäftsräume der Europäischen Volkspartei (EVP) in Brüssel durchsucht worden. Die belgischen Behörden leisteten damit Rechtshilfe für die deutschen Ermittler, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt, Hannes Grünseisen. Zuvor hatte der MDR darüber berichtet. Die Ermittler suchten nach Informationen zu Voigts Tätigkeit im Europawahlkampf 2019. Es gehe darum festzustellen, welchen Einfluss der Beschuldigte auf die Vergabe eines Auftrages an eine Jenaer Firma hatte, sagte Grünseisen. Es bestehe der Verdacht, dass Voigt von dieser Firma Geld erhalten haben könnte, nachdem das Unternehmen den Auftrag für einen Internetwahlkampf von der EVP erhalten hatte. Verdacht auf Bestechlichkeit Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Voigt seit mehreren Monaten wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Die EVP bestätigte, dass belgische und deutsche Polizisten im Zusammenhang mit einer laufenden Untersuchung in Thüringen die Parteizentrale in Brüssel aufgesucht hätten. "Die Partei kooperiert in voller Transparenz mit den beteiligten Behörden und stellt alle relevanten Informationen und Unterlagen zur Verfügung", schrieb die Partei in einem Statement auf ihrer Website. Da es sich um laufende Ermittlungen handle, würden keine weiteren Kommentare abgegeben. Voigt weist Vorwürfe zurück Voigt hat alle Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren zurückgewiesen. Er war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Der Thüringer Landtag hatte auf Antrag der Staatsanwaltschaft Erfurt im September 2022 Voigts Immunität als Abgeordneter aufgehoben. Mitte Oktober waren mehrere Räumlichkeiten des CDU-Politikers von den Ermittlungsbehörden durchsucht und Beweismittel sichergestellt worden.
/inland/cdu-voigt-bruessel-razzia-evp-101.html
2023-04-04
Die Angst vor einer Rezession
US-Konjunkturdaten
In den USA bestimmen neu entflammte Rezessionsängste die Börsenkurse. In Europa trotzten die Aktienmärkte den schwächelnden Konjunkturdaten - der DAX sprang sogar auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr. mehr
In den USA bestimmen neu entflammte Rezessionsängste die Börsenkurse. In Europa trotzten die Aktienmärkte den schwächelnden Konjunkturdaten - der DAX sprang sogar auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr. In den USA sind Anleger nach einem guten Start in das dritte Quartal gestern heute wieder vorsichtiger. Anleger zogen es vor, Gewinne mitzunehmen, denn besonders neue Konjunkturdaten versetzten den Börsen heute einen Dämpfer. Der Dow Jones, der zu Wochenbeginn den höchsten Stand seit gut sechs Wochen erreicht hatte, verlor einen Großteil seiner Gewinne vom Montag wieder. Er ging 0,59 Prozent tiefer bei 33.402 Punkten über die Ziellinie. Während der marktbreite S&P 500 um 0,58 Prozent auf 4100 Punkte abrutschte, verlor der technologielastige Nasdaq 100 0,37 Prozent auf 13.100 Zähler. Unsicherheitsfaktor US-Arbeitsmarktbericht Es sind besonders die Ängste vor einer drohenden Rezession, die die US-Börsen heute verunsicherten. Denn die US-Industrie hat im Februar erneut ein Auftragsminus eingefahren. Die Bestellungen gingen zum Vormonat um 0,7 Prozent zurück, nach einem Rückgang von 2,1 Prozent im Januar. Auch die Jobmarktdaten für Februar zeigten einen überraschend starken Rückgang: Die Zahl der offenen Stellen in den USA ist erstmals seit Mai 2021 unter 10 Millionen auf 9,9 Millionen gefallen. Dass der Arbeitsmarkt an Schwung verliere, "führt zu einer gefährlichen Situation, in der eine Verschärfung der Kreditbedingungen in den kommenden Monaten zu tatsächlichen Entlassungen führen könnte", sagte Christopher Rupkey, Ökonom beim Handelshaus FWDBONDS. Umso angespannter dürfte nun der Blick auf den neuen Arbeitsmarktbericht ausfallen, der am Karfreitag vorgestellt wird. Er dürfte den geldpolitischen Kurs der Fed maßgeblich beeinflussen. Darauf reagieren können die Börsen allerdings erst in der kommenden Woche: Am Karfreitag bleiben die Börsen in den USA und in Deutschland geschlossen. Während in Frankfurt auch am Ostermontag nicht gehandelt wird, öffnet die Wall Street am Montag wieder ihre Türen. OPEC+ Ankündigung schürt Inflationsangst Gleichzeitig befeuerte die gestrige Ankündigungen der OPEC+ die Inflationssorgen: "Wir glauben, dass die Verteuerungsrate durch die steigenden Ölpreise hartnäckig hoch bleiben wird", sagte Sam Stovall, Chefanlagestratege beim Analyse-Unternehmen CFRA in New York. Einen Grund dafür, dass es bislang immerhin keine größeren Verluste gab, dürfte der US-Notenbanker James Bullard geliefert haben. Er sagte, die Beschränkung der Ölfördermenge der OPEC+ mache den Job der Fed, die Inflation zu senken, zwar nicht einfacher. Doch ob höhere Ölpreise tatsächlich einen nachhaltigen Einfluss hätten, sei noch offen. Es zeigte sich bereits heute, dass allein die Ankündigung der OPEC+ nicht ausreicht, um die Ölpreise dauerhaft in die Höhe zu treiben. Denn auch sie standen unter dem Eindruck der US-Konjunkturdaten, welche die Sorgen um eine sinkende Nachfrage aufgrund einer sich abkühlenden Wirtschaft schürten. In der Folge konnten sie ihre Gewinne heute nicht halten. Sinken die Zinsen? Positive Nachrichten für die Börsianer gab es dagegen von der Bank of England: Geldpolitikerin Silvana Tenreyro sagte, die britischen Währungshüter müssten die Zinssätze wohl früher senken als bisher angenommen, nachdem sie diese in den vergangenen Monaten trotz Anzeichen eines schwächeren Inflationsdrucks stark erhöht hatten. "Die Zeit des Innehaltens und Überlegens könnte gekommen sein", so Marktbeobachter Craig Erlam vom Broker Oanda. Auch die australische Notenbank pausierte heute ihren Straffungszyklus. Zugleich warnte der Chef des größten US-Geldhauses JPMorgan Chase, Jamie Dimon, hat vor weiterem Stress im Bankensektor: "Die derzeitige Krise ist noch nicht vorbei, und selbst wenn sie hinter uns liegt, wird sie noch jahrelang Auswirkungen haben", schrieb der Bankchef in seinem jährlichen Brief an die Aktionäre. Europas Börsen bauen Erholung teilweise ab Die Anleger in Deutschland waren heute dennoch in Kauflaune: Der deutsche Leitindex erklomm am Mittag mit knapp 15.737 Punkten den höchsten Stand seit 14 Monaten und trotzte damit den Inflationssorgen. Am Nachmittag allerdings bröckelten die Kurse, auch weil die Wall Street weniger euphorisch in den Tag starten konnte. Zum Börsenschluss in Frankfurt lag der DAX nur noch knapp im Plus bei 15.603 Punkten. Sein europäisches Pendant, der EuroStoxx50, baute seinen früheren Anstieg von knapp einem Prozent ebenfalls wieder ab und ging mit 4318 Zählern 0,2 Prozent höher aus dem Handel. Für den MDAX der mittelgroßen Börsenwerte ging es am Dienstag um 0,09 Prozent auf 27.420 Zähler nach unten. "Grundsätzlich bleibt die Stimmung positiv", sagte ein Händler. Auftrieb bei Erzeugerpreisen im Euroraum lässt nach Aus der Eurozone kam heute zudem die beruhigende Nachricht, dass die Erzeugerpreise im Februar etwas langsamer gestiegen sind. Die Hersteller erhöhten ihre Preise um 13,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, im Januar hatte das Plus noch bei 15,1 Prozent gelegen. Das deutet darauf hin, dass sich auch der Anstieg der Verbraucherpreise verlangsamen dürfte. Dazu passt auch, dass die Inflationserwartungen der Verbraucher in der Eurozone laut einer Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) erneut gesunken sind. Sie fielen im Februar auf 4,6 Prozent, von zuvor 4,9 Prozent, wie die EZB mitteilte. Das dürfte an den Börsen zusätzlich für Entspannung gesorgt haben. Doch keine Rezession in Deutschland? Positive Signale für den DAX-Handel kommen ebenfalls von der Konjunkturfront. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben Insidern zufolge ihre Konjunkturprognose für die deutsche Wirtschaft angehoben. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr um 0,3 Prozent wachsen, sagten mit der Frühjahrsprognose vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Im vergangenen Herbst war unter dem Eindruck der drohenden Energiekrise noch ein Minus von 0,4 Prozent veranschlagt worden. Weniger neue Unternehmen in Deutschland Enttäuschen dürfte dagegen diese Nachricht: Die Zahl der Existenzgründungen ist hierzulande im vergangenen Jahr um rund neun Prozent gesunken. Nach Angaben der staatlichen Förderbank KfW wagten etwa 57.000 Menschen weniger als im Vorjahr den Schritt in Selbstständigkeit. "Für die deutsche Volkswirtschaft sind das schlechte Nachrichten, denn Existenzgründungen sind zentrale Treiber des strukturellen und technologischen Wandels", sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Ölpreise sinken trotz Opec+-Ankündung Trotz der angekündigten Kürzungen der Ölfördermenge der Opec+-Länder drehten die Ölpreise am Dienstagabend ins Minus. Die Nordsee-Sorte Brent verbilligte sich um 0,9 Prozent auf 84,20 Dollar pro Barrel, der Preis für das US-Leichtöl WTI fiel um ein halbes Prozent auf 79,97 Dollar pro Barrel. Die Nachfragesorgen setzten ebenfalls anderen Rohstoffen zu. Industriemetalle wie Kupfer, Zink, Zinn und Nickel verbilligten sich um zwischen 1,3 und 4,2 Prozent. Euro auf höchstem Stand seit Anfang Februar Die Gemeinschaftswährung konnte an ihre zu Wochenbeginn erzielten Gewinne anknüpfen: Der Euro hat ein Zweimonatshoch erklommen. Die Währung erreichte den höchsten Stand seit Anfang Februar und notierte schließlich bei 1,0973 Dollar - einer Annäherung an die 1,10 Dollar-Marke. Gold wieder Hoch im Kurs Die Feinunze Gold schnellte am Nachmittag in die Höhe und wurde bei 2022 Dollar gehandelt, 37 Dollar mehr als am Vortag. Weil Gold auf dem Weltmarkt in der amerikanischen Währung gehandelt wird, macht ein schwächerer Dollar das Edelmetall günstiger. Dies sorgt für eine stärkere Nachfrage und treibt den Preis in der Regel nach oben. Auf zu neuen Höhen Der Flugtaxi-Hersteller Volocopter hat in Bruchsal bei Karlsruhe offiziell seine erste Produktionsstätte eröffnet. "Von diesem Hangar aus werden wir unsere Flugzeuge in die Metropolen der Welt schicken und neue Wegen für Reisen und Transport eröffnen", sagte Volocopter-Chef Dirk Hoke. Eine Zulassung der EU-Agentur für Flugsicherheit für das erste Modell wird bis Mitte 2024 erwartet, bei den Olympischen Spielen in Paris sollen die Fluggeräte abheben. Nordex will Millionen einsammeln Der Windturbinenhersteller Nordex will mit einer Wandelanleihe rund 350 Millionen Euro bei Anlegern einsammeln. Die nicht nachrangige und unbesicherte grüne Wandelschuldverschreibung habe einen Nennbetrag von jeweils 100.000 Euro und werde zum 14. April 2030 fällig. Sie könne in neue und/oder bestehende auf den Inhaber lautende Stückaktien der Nordex gewandelt werden. Der Kupon belaufe sich zwischen 3,75 Prozent und 4,25 Prozent pro Jahr. Vorläufig grünes Licht für die "Hochzeit" Die UBS hat von den EU-Kartellbehörden vorläufig grünes Licht für die Übernahme der Credit Suisse erhalten. Das Geldhaus müsse aber noch die Genehmigung nach den EU-Fusionskontrollvorschriften beantragen. Nach diese Vorschriften dürfen Unternehmen Fusionen nur abschließen, nachdem sie die Zustimmung der EU-Kartellbehörden eingeholt haben. Andernfalls drohen ihnen Geldbußen von bis zu zehn Prozent ihres Gesamtumsatzes. Airbag-Probleme bei VW-Autos in den USA Volkswagen muss in den USA rund 143.000 Fahrzeuge des Modells Atlas zurückrufen. Dabei gehe es um Autos der Modelljahre 2018 bis 2021. Die zuständige US-Aufsicht erklärte, bei den betroffenen Autos bestünden möglicherweise Mängel an dem System, das erkennt, ob der Beifahrersitz besetzt ist oder nicht. Das könnte dazu führen, dass der Airbag bei einem Unfall nicht aktiviert wird, obwohl der Sitz besetzt ist. US-Autoriese Ford mit deutlichem Plus Nach US-Marktführer General Motors (GM) hat auch der große Rivale Ford einen kräftigen Absatzanstieg für das erste Quartal verkündet. Die Verkäufe auf dem US-Markt legten bis Ende März im Jahresvergleich um gut zehn Prozent auf 475.906 Fahrzeuge zu. Bei Elektroautos betrug das Plus sogar 41 Prozent. Hohe Verluste bei Deutschlands drittgrößtem Gashändler Weggebrochene Lieferbeziehungen mit Russland und hohe Ersatzbeschaffungskosten haben dem Leipziger Gasgroßhändler VNG im vergangenen Jahr herbe Verluste eingebrockt. Das Konzernergebnis lag im Geschäftsjahr 2022 bei minus 337 Millionen Euro, nach einem Plus von 141 Millionen Euro im Vorjahr. Um Deutschlands drittgrößten Gasimporteur zu stabilisieren, sei zuletzt auch eine Erhöhung des Eigenkapitals nötig gewesen. Gericht erlaubt Tesla-Werbung Deutsche Verbraucherschützer sind mit dem Versuch gescheitert, den Elektroautobauer Tesla zur Änderung von Aussagen über die Umweltfreundlichkeit seiner Fahrzeuge zu zwingen. Das Landgericht Berlin wies die Klage ab. Der Verband will Berufung einlegen. Die Verbraucherschützer konnten aber auch einen Erfolg erzielen: Tesla muss die Werbung zum sogenannten "Wächter-Modus" seiner Autos ändern. Mit der Funktion überblicken geparkte Teslas per Kamera ihre Umgebung, um mögliche Bedrohungen zu erkennen. Sixt baut eigenes E-Ladenetz Der Autovermieter Sixt will gemeinsam mit der Münchner Elektrofirma ChargeOne bis Ende dieses Jahres mehr als 1000 Ladepunkte an Sixt-Stationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz installieren. Angebracht würden klassische Wallboxen und DC-Schnelllader. Dass soll den Umstieg auf eine elektrische Mietwagenflotte erleichtern. Bislang sind etwa 14 Prozent der Sixt-Vermietflotte in Europa elektrifiziert, bis 2030 sollen es mindestens 70 Prozent sein. Millionenstrafe für TikTok Die britische Datenschutzbehörde IOC hat eine Geldstrafe in Höhe von 12,7 Millionen Pfund gegen die chinesische Kurzvideo-Plattform Tiktok verhängt. Die Behörde wirft TikTok vor, die Plattform habe im Jahr 2020 bis zu 1,4 Millionen britischen Kindern unter 13 Jahren die Nutzung ermöglicht hat. Zur Erstellung eines Nutzerkontos gelten 13 Jahre als Mindestalter. Deutsche Ermittelungen gegen Twitter Gegen Twitter ist ein Verfahren wegen des Umgangs mit Beschwerden über Beleidigungen eingeleitet worden. Das Bundesamt für Justiz prüft, ob es bei dem Online-Dienst ein "systemisches Versagen im Beschwerdemanagement" gebe. Grundlage für die Ermittlungen ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das Online-Plattformen in Deutschland Pflichten im Umgang mit Beschwerden auferlegt. Virgin Orbit stellt Insolvenzantrag Die Raumfahrtfirma Virgin Orbit hat Insolvenz nach US-Recht ("Chapter 11") angemeldet. Das Unternehmen hatte zuletzt 675 Mitarbeiter entlassen, nachdem ein gescheiterter Satellitenstart im Januar die weitere Finanzierung des Unternehmens unmöglich gemacht habe. Nun soll - geschützt vor Forderungen der Gläubiger - der Verkauf des auf Satellitenstarts spezialisierten Unternehmens von Milliardär Richard Branson vorangetrieben werden. Flughafen Frankfurt-Hahn hat neuen Besitzer Die Trierer Triwo AG des Präsidenten der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian, hat den insolventen Hunsrück-Flughafen Hahn gekauft. Das teilte der Hahn-Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner heute mit. Alle rund 400 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden übernommen, der Flugbetrieb wird fortgeführt. Über die Details des Vertrages wurde Stillschweigen vereinbart, auch die Kaufsumme blieb geheim. Amsterdams Großflughafen will Privatjets verbieten Der Amsterdamer Großflughafen Schiphol stoppt spätestens Ende 2025 alle Nachtflüge, und es sollen auch Privatjets verboten werden. Das solle zu einer "stilleren, saubereren und besseren Luftfahrt" führen, teilte der Flughafen mit. Auch sollen schrittweise Flugzeuge nicht mehr zugelassen werden, die viel Lärm verursachen wie die Boeing 747. Die Fluggesellschaft KLM, deren Basis Schiphol ist, reagierte überrascht. KLM hätte sich ein gemeinsames Vorgehen der Luftfahrtbranche gewünscht, um den Ausstoß von CO2 sowie Lärmbehinderung zurückzudrängen, hieß es. DUH und Foodwatch gehen gegen Pestizid-Produkte vor Die Deutsche Umwelthilfe hat gemeinsam mit der Verbraucherorganisation Foodwatch formale Widersprüche beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gegen die Zulassungen mehrerer Pestizid-Produkte eingereicht. Alle Produkte enthielten hoch toxische Wirkstoffe und seien wegen ihrer Ausbreitung in der Umwelt ausgewählt worden, hieß es. Darunter ist auch der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat. Sollten die Widersprüche abgewiesen werden, folge eine Klage, kündigten die Organisationen an. Vom Hersteller Adama Deutschland hieß es in einer Stellungnahme auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa, man sehe den Widerspruch der DUH gegen die Zulassung als nicht gerechtfertigt an, da ihr Mittel in einem regulären Verfahren zugelassen worden sei. Auch Bayer wies Vorbehalte zurück. Corteva, SBM und Syngenta äußerten sich zunächst nicht auf Anfragen. Allianz und Munich Re halten wohl an Nord Stream 1 fest Die deutschen Versicherer Allianz und Munich Re haben offenbar zufolge die Absicherung der nach einer Explosion stark beschädigten Gasleitung Nord Stream 1 erneuert. Das sagten fünf mit dem Vorgang vertraute Personen aus der Versicherungs- und Energiehandelsbranche der Nachrichtenagentur Reuters. Die Versicherungspolice beziehe sich auf Schäden an der Pipeline sowie Geschäftsunterbrechungen, sagte ein Insider. Das lässt darauf schließen, dass eine Reparatur der Leitung trotz der massiven Schäden nicht völlig ausgeschlossen ist. L'Oréal kauft Luxuspflegemarke Aesop Der französische Kosmetikkonzern L'Oréal verstärkt sich im lukrativen Luxuspflegegeschäft. Das Unternehmen übernimmt die weltweit bekannte Marke Aesop von der brasilianischen Natura. Den Unternehmenswert bezifferte Natura auf gut 2,5 Milliarden Dollar. Die Transaktion soll im dritten Quartal abgeschlossen werden.
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2023-04-04
Das Wichtigste zur Trump-Anklage
Prozess in New York
Beispielloses Ereignis in der US-Geschichte: Erstmals muss sich ein ehemaliger US-Präsident vor Gericht verantworten. Was ist über die Anklage gegen Trump bekannt, welche Probleme könnte es geben - und wie läuft das Verfahren ab? mehr
Beispielloses Ereignis in der US-Geschichte: Erstmals muss sich ein ehemaliger US-Präsident vor Gericht verantworten. Was ist über die Anklage gegen Trump bekannt, welche Probleme könnte es geben - und wie läuft das Verfahren ab? Worum geht es bei der Anklage? Zum ersten Mal überhaupt klagt eine Staatsanwaltschaft mit Donald Trump einen Ex-Präsidenten der Vereinigten Staaten an. Die Anklage aus New York dreht sich um Schweigegeldzahlungen an den Pornostar Stormy Daniels und womöglich auch an das Model Karen McDougal in Höhe von 130.000 und 150.000 Dollar. Wer ist Stormy Daniels und was hat sie mit Trump zu tun? Die Vorwürfe begleiten Trump schon lange. Daniels, die mit bürgerlichem Namen Stephanie Clifford heißt, hatte 2006 nach eigener Aussage Sex mit Trump, was er bestreitet. Nach Angaben der heute 44-Jährigen lernten sich beide im Sommer 2006 bei einem Golfturnierwochenende am Lake Tahoe kennen und schliefen dort miteinander - nur wenige Monate, nachdem Trumps Ehefrau Melania den gemeinsamen Sohn Barron auf die Welt gebracht hatte. Daniels sagt, die beiden hätten auch danach über Monate Kontakt gehabt. Trump weist all das als "falsche und erpresserische Anschuldigungen" zurück. Daniels ist in den USA ein bekannter Erotikfilmstar und hat sich in der Branche auch als Regisseurin einen Namen gemacht. Warum könnte das Schweigegeld gegen US-Recht verstoßen haben? Trumps Anwalt Michael Cohen hatte das Schweigegeld kurz vor der US-Präsidentschaftswahl 2016 an Daniels überwiesen und später von Trumps Familienholding, der Trump Organization, zurückerstattet bekommen. Schweigegeld zu zahlen, ist in den USA nicht illegal. Die Frage dürfte aber sein, ob die Art und Weise der Erstattung an Cohen rechtmäßig war und ob es sich womöglich um eine Form von nicht deklarierter und insofern illegaler Wahlkampffinanzierung handelte. Nachdem Trump die Wahl 2016 gewonnen hatte und ins Weiße Haus eingezogen war, beschuldigte die New Yorker Staatsanwaltschaft seinen Anwalt Cohen, die Zahlungen seien unzulässige Wahlkampfspenden gewesen. Ihr Zweck sei es gewesen, vor der Wahl Schaden von Trump abzuwenden. Cohen bekannte sich damals schuldig und musste in Haft. Nun geht es wahrscheinlich vor allem um die Frage, ob auch Trump gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen hat. Cohen erklärte, er habe auf Trumps Anweisung gehandelt. Solange Trump Präsident war, genoss dieser Immunität, gegen ihn konnte nicht ermittelt werden. Er hat die Zahlungen an Cohen öffentlich eingeräumt, aber argumentiert, die falschen Anschuldigungen von Daniels hätten damit gestoppt werden sollen. Die Zahlung an McDougal lief über den Mutterkonzern des Boulevardblattes "National Enquirer", der mit dem Geld ihre Geschichte kaufte, um sie damit vom Markt zu nehmen und eine Veröffentlichung zu verhindern. US-Rechtsexperten vermuten deshalb, dass der Fall McDougal weniger brisant ist als der Fall Daniels. Ist eine Verurteilung wahrscheinlich? Das ist schwer vorherzusagen. Es ist eigentlich davon auszugehen, dass Staatsanwalt Bragg in dem aufsehenerregenden und beispiellosen Fall nur Anklage erhebt, wenn er von den Erfolgschancen überzeugt ist. Aber das Vorgehen birgt Risiken: An Hauptzeuge Cohen hängt der Fall maßgeblich, weil er das direkte Bindeglied zwischen Trump und den Zahlungen ist. Mehr als ein Jahrzehnt lang arbeitete der Anwalt für Trump und war eine zentrale Figur in mehreren Affären um den Republikaner. Er wurde oft als Trumps "Ausputzer" beschrieben - bis es zum Bruch zwischen beiden kam. Vor Gericht und dem Kongress erhob er schwere Vorwürfe gegen Trump. Der Staatsanwaltschaft könnte aber ein Glaubwürdigkeitsproblem des Schlüsselzeugen zum Verhängnis werden: Cohen ist selbst verurteilter Straftäter, unter anderem wegen einer Falschaussage vor dem Kongress. Zudem könnten Trumps Verteidiger versuchen, ihn als rachsüchtig darzustellen. Was droht Trump, falls er verurteilt wird? Es ist offen, ob Trump im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe erhalten würde. Falls ja, so spekulieren US-Beobachter, könnten es bis zu vier Jahre Haft sein. Dürfte Trump im Fall einer Verurteilung für die Wahl 2024 antreten? Trump hatte vorab schon klar gemacht, dass er seine Präsidentschaftsbewerbung auch im Falle einer Anklage nicht zurückziehen wolle. Bis zu einem Urteil könnten viele Monate oder sogar Jahre vergehen. Und selbst ein Schuldspruch müsste Trump rein rechtlich nicht davon abhalten, für die Wahl 2024 anzutreten. Es gab in der US-Geschichte sogar schon einen Präsidentschaftskandidaten, der nicht nur angeklagt, sondern auch verurteilt wurde und aus dem Gefängnis heraus die Wahl bestritt: Eugene Debs im Jahr 1920. Bei Trump stellt sich eher die politische Frage, ob die republikanische Basis und Partei bereit sind, sich hinter einem Kandidaten zu versammeln, der im Zusammenhang mit dubiosen Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar angeklagt ist. Vorerst scharen sich Unterstützer und selbst parteiinterne Konkurrenten um ihn und werten die Anklage als politischen Angriff von links. Hartgesottene Anhänger dürften sich in ihrem Eifer sogar noch bestärkt fühlen. Schon in der Vergangenheit zeigte Trump, dass selbst schwere Vorwürfe und Fehltritte nicht zum Ende seiner politischen Karriere führen und er diese sogar für sich ausnutzen kann. Und rechtlich bergen andere Vorwürfe mehr Gefahr. Welche anderen rechtlichen Probleme hat Trump noch? Gegen den Republikaner laufen noch mehrere andere Ermittlungen. Zwei stechen heraus: Das US-Justizministerium hat einen Sonderermittler eingesetzt, um Trumps Umgang mit geheimen Regierungsunterlagen zu untersuchen. Trump bewahrte nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus im großen Stil Regierungsdokumente in seinem privaten Anwesen Mar-a-Lago in Florida auf, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe. Trump könnte sich damit strafbar gemacht haben. Manche Rechtsexperten meinen, mit einer Anklage dazu könnte sich Trump für das Präsidentenamt disqualifizieren. Der Sonderermittler forscht auch nach, welche Rolle Trump bei den Bemühungen spielte, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 zu beeinflussen, etwa im Bundesstaat Georgia. Auch Trumps Rolle bei dem Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 wird untersucht. Manche Juristen sehen auch hier Risiken für Trump mit Blick auf seine Wiederwahlambitionen: Es sind laut Verfassung nämlich all jene von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, die sich an einem Aufstand gegen die Regierung beteiligt haben. Was sagen Trumps Anhänger und Gegner zu der Anklageerhebung? Trump bemüht in seiner Reaktion ein bekanntes Muster: Er spricht einmal mehr von einer "Hexenjagd" auf ihn, die - gemäß seiner Vorliebe für Superlative - die größte in der amerikanischen Geschichte sei. Trump und seine Anhänger nehmen insbesondere Staatsanwalt Bragg ins Visier, den sie als einen Radikalen oder als Rassisten bezeichnen, der seine Macht missbrauche und deshalb zur Verantwortung gezogen werden müsse. In die Vorwürfe mischen sich auch antisemitische Töne - so wird Bragg vorgeworfen, von dem ungarisch-amerikanischen Milliardär George Soros finanziert zu werden; ein bei Anhängern von Verschwörungstheorien häufig benutztes Denkmuster. Radikale US-Republikaner wie die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene haben zu Demonstrationen in New York aufgerufen - das Vorgehen auf Trump sei in Wahrheit ein Angriff auf alle Amerikaner. Die Polizei ist deshalb mit zahlreichen Einsatzkräften vor Ort, um Ausschreitungen wie am 6. Januar 2021 in der Hauptstadt Washington zu verhindern. Trumps Gegner sehen in der Anklage wiederum einen Beweis dafür, dass das US-amerikanische Rechtssystem funktioniere, weil niemand über dem Gesetz stehe, auch ehemalige US-Präsidenten nicht. Führende Vertreter der Demokraten wie Chuck Schumer oder Nancy Pelosi warnten deshalb davor, das Verfahren von außen durch politischen Druck oder Demonstrationen zu beeinflussen.
/ausland/faq-trump-anklage-103.html
2023-04-04
Erneut 20 Schulmädchen im Iran vergiftet
Mit Atemnot im Krankenhaus
Seit einigen Monaten werden im Iran immer wieder Vergiftungen an Mädchenschulen gemeldet. Nun hat es in Tabris im Nordwesten des Landes einen weiteren Vorfall gegeben. 20 Schülerinnen wurden mit Atemnot ins Krankenhaus gebracht. Von Uwe Lueb.
Seit einigen Monaten werden im Iran immer wieder Vergiftungen an Mädchenschulen gemeldet. Nun hat es in Tabris im Nordwesten des Landes einen weiteren Vorfall gegeben. 20 Schülerinnen wurden mit Atemnot ins Krankenhaus gebracht. Im Iran hat es weitere Giftanschläge auf Schülerinnen gegeben. Sie waren erst vor wenigen Tagen nach den iranischen Neujahrsferien wieder zur Schule gegangen. In Tabris im Norden des Iran wurden 20 Schülerinnen mit Vergiftungssymptomen ins Krankenhaus gebracht. Keines der Mädchen befinde sich in Lebensgefahr, sagte der Chef der örtlichen Notaufnahme, Asghar Dschafari, gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Schon gestern wurden in Naghadeh im Nordwesten des Landes fünf Schülerinnen mit Vergiftungserscheinungen im Krankenhaus behandelt. 70 weitere klagten über Bauchschmerzen, Erbrechen und Schwindelgefühl. Wohl tausende Schülerinnen betroffen Zu den Vergiftungen kommt es seit Ende November - fast ausschließlich in Mädchenschulen. Tausende Schülerinnen sollen inzwischen betroffen sein. Wer hinter den mutmaßlichen Giftanschlägen steckt, ist unklar. Die Regierung in Teheran macht die Exil-Oppositionsgruppe der Volksmudschahedin verantwortlich. Sie wird vom Iran als Terrorgruppe angesehen. Die Behörden sprechen von mehr als 100 Verdächtigen, die festgenommen worden seien. Die Volksmudschahedin weisen alle Vorwürfe zurück. Neue Proteste wegen Vergiftungen Die Vergiftungen hatten im Iran zu neuen Protesten geführt. Lehrkräfte und Angehörige der Opfer warfen den Behörden vor, zu wenig gegen die Anschläge zu tun. Die Regierung steht seit vergangenem September unter Druck. Der Tod von Mahsa Amini in Polizeigewahrsam hatte eine Welle von Protesten und Demonstrationen ausgelöst. Amini war wegen eines nach iranischen Vorschriften nicht korrekt sitzenden Kopftuchs festgenommen worden.
/ausland/iran-schulmaedchen-vergiftet-101.html
2023-04-04
"Definitiv erleichtert"
Finnlands NATO-Beitritt
Finnland gibt seine Neutralität auf und schließt sich der NATO an. Die Sicherheitsexpertin Minna Alander schildert im Interview die Stimmung im Land und erläutert, was Finnland - außer Truppenstärke - in die NATO einbringt. mehr
Finnland gibt seine Neutralität auf und schließt sich der NATO an. Die Sicherheitsexpertin Minna Alander schildert im Interview die Stimmung im Land und erläutert, was Finnland - außer Truppenstärke - in die NATO einbringt. ARD: Warum ist der NATO-Beitritt Finnlands ein historischer Tag?  Minna Alander: Mit diesem Tag endet für Finnland eine sehr lange Ära der Bündnisfreiheit - so heißt es zumindest in offiziellen Regierungsberichten. Von Neutralität kann man aber eigentlich seit dem EU-Beitritt 1995 nicht mehr sprechen. Dennoch endet heute die militärische Bündnisneutralität Finnlands.  Zwischenzeitlich "etwas frustriert" ARD: Wie würden Sie die Stimmung im Land beschreiben? Herrscht Erleichterung?  Alander: Erleichtert ist man heute definitiv. Nachdem der Prozess im Dezember durch die Probleme mit der Türkei ins Stocken kam, war man etwas frustriert. Auch Ungarn hat die Ratifizierung immer wieder verschoben. Erleichterung ist jetzt auf jeden Fall zu spüren.    "Früh" und "gründlich" vorbereitet ARD: Der Ratifizierungsprozess kommt einem unheimlich schnell vor. 28 von 30 Ländern haben schnell Ja gesagt. Dann kamen Ungarn und die Türkei. Aber trotzdem hat es die finnische Diplomatie geschafft, beide Länder zu überzeugen. Was hat Finnland in diesem Prozess vielleicht ein bisschen besser gemacht als das Nachbarland Schweden, das auch der NATO beitreten will?  Alander: Auf der finnischen Seite war der Vorbereitungsprozess, also bevor der Antrag im Mai 2022 überhaupt gestellt wurde, viel gründlicher als in Schweden. Das lag daran, dass in Finnland schon viel früher feststand, dass man tatsächlich einen NATO-Beitritt anstreben will. In Schweden hat der interne Prozess bei den Sozialdemokraten, die im Frühjahr vergangenen Jahres regierten und traditionell starke Gegner der NATO waren, viel länger gedauert. Die schwedischen Diplomaten konnten diesen Prozess daher nicht so gründlich durchführen wie auf der finnischen Seite.  Neuer Konsens ARD: In Finnland herrscht über alle Parteigrenzen hinweg Konsens über die NATO-Frage, trotz eines konservativen Präsidenten, einer sozialdemokratischen Ministerpräsidentin und eines grünen Außenministers. Ist das der finnische Pragmatismus? Oder gibt es das seit jeher, dass man sich in außen- und sicherheitspolitischen Fragen so einig ist?  Alander: In Finnland gibt es tatsächlich diese sehr starke Konsenskultur in der Außen- und Sicherheitspolitik. Die war in der NATO-Frage allerdings bis zum Ukraine-Krieg genau umgekehrt. Man war sich einig, dass Finnland der NATO nicht beitreten soll. Das Interessante ist, dass jetzt selbst die Linkspartei in Finnland nicht grundsätzlich gegen einen Beitritt war. Einzelne Abgeordnete schon, aber nicht die gesamte Partei. Der Konsens hat sich auch in der NATO-Frage am Ende bewährt. Man hat eingesehen, dass eine finnische NATO-Mitgliedschaft für die Sicherheitspolitik des Landes das einzig Sinnvolle ist.   Schnelle Mobilisierungsfähigkeit ARD: Was bringt Finnland konkret in die NATO ein?  Alander: Mit Finnland gewinnt die NATO an Truppenstärke. Bis zu 280.000 Soldaten kann Finnland schnell mobilisieren, die Gesamtreserve beträgt 870.000. Das ist eine außergewöhnlich hohe Zahl für europäische Standards, insbesondere für ein Land mit nur 5,5 Millionen Einwohnern. Darüber hinaus hat Finnland eine der größten Artillerien in Europa und insgesamt sehr modern ausgestattete Truppen. Die finnischen Luftstreitkräfte sind zum Beispiel sehr gut ausgerüstet und sollen in den nächsten Jahren zusätzliche 64 F35-Kampfjets erhalten. Das ist dasselbe Modell, das auch Deutschland demnächst erhalten soll, allerdings nur circa 30 Stück. Gerade in der jetzigen Situation, in der das Ziel der NATO ist, die Anzahl schnell einsetzbarer Truppen zu erhöhen, ist Finnland also ein wichtiges Mitgliedsland.  Die türkische Verhandlungstaktik ARD: Man hat aus strategischen Gründen eigentlich versucht, Hand in Hand mit Schweden der NATO beizutreten. Gab es Momente, in denen sich Finnland diplomatisch etwas geschickter verhalten hat als Schweden? Was hat Finnland auch praktisch besser gemacht unter anderem in den Gesprächen mit Ankara, Budapest, aber auch mit allen anderen NATO-Ländern?  Alander: Schweden waren am Ende die Hände gebunden. Die türkischen Einwände haben sich vor allem auf die schwedische Mitgliedschaft bezogen, wobei es schwierig war, der Türkei diesbezüglich entgegenzukommen. Es geht der Türkei besonders um die Auslieferungen von sogenannten Terroristen. Auslieferungen können aber in Schweden nicht von der Politik beschlossen werden, sondern müssen den normalen rechtsstaatlichen Prozess durchlaufen. Höchstwahrscheinlich hat das Verhalten der Türkei aber gar nichts mit Schweden zu tun. Sie haben diesen Konflikt als Verhandlungsstrategie für sich genutzt. So hat Ankara schon oft in der Vergangenheit agiert. Insofern war es ein schwieriger Balanceakt für Schweden. Auch weil aus der Türkei mehrfach signalisiert wurde, dass man eigentlich nichts gegen Finnland hat. Für einen finnischen Beitritt müssten lediglich die beiden Beitrittsprozesse voneinander getrennt werden. Das war wiederum für Finnland eine schwierige Entscheidung, denn man wollte gemeinsam mit Schweden der NATO beitreten.  "Enge Verteidigungskooperation" mit Schweden ARD: Die finnische Seite betont oft, man brauche Schweden, weil die Verteidigungsstrategien der beiden Länder aufeinander beruhen. Braucht man sich wirklich so sehr?  Alander: Die finnisch-schwedische Verteidigungskooperation ist sehr eng. Man verfügt über gemeinsame Marineeinheiten und die Luftstreitkräfte üben bereits nahezu wöchentlich miteinander. Schwedisches Territorium kann zum Beispiel gut genutzt werden, um Finnland zu verteidigen. Schweden ist in der gesamten nordbaltischen Region so zentral gelegen, dass es die Verteidigung erschweren würde, wenn Schweden langfristig kein NATO-Mitglied werden würde.  "Finnland hält sich alle Türen offen" ARD: Ein Blick in die Zukunft: Man konnte die finnische Regierung bisher so verstehen, dass sie keine Nuklearwaffen und auch keine NATO-Basen in Finnland stationieren will. Das ist eine sehr skandinavische Haltung. Mitglied im Bündnis zu sein, aber ähnlich wie in Deutschland ein paar Sachen als No-Go zu beschreiben, wird das Bestand haben?  Alander: Finnland hält sich gerade alle Türen offen. Man stellt keine Forderungen an die NATO-Mitgliedschaft. Es wurde nichts von vornherein ausgeschlossen. Also man kann über alles sprechen. Dass bei einer vollwertigen Mitgliedschaft keine Bedingungen gestellt oder Dinge ausgeschlossen werden können, ist etwas, was man in Finnland verstanden hat und wofür man auch in Schweden zunehmend Verständnis entwickelt.  "Schwedens Beitritt ist oberste Priorität" ARD: Was kann Finnland nun tun, damit auch Nachbarland Schweden zeitnah in der NATO aufgenommen wird?  Alander: Der schnellstmögliche Beitritt Schwedens ist natürlich die oberste Priorität für Finnland, jetzt wo Finnland selber NATO-Mitglied ist. Allerdings ist Finnlands Handlungsspielraum begrenzt. Druck auf die Türkei ist bereits von den 28 Mitgliedsländern, die Finnlands und Schwedens NATO-Mitgliedschaft ratifiziert haben, ausgeübt worden. Insofern glaube ich nicht, dass noch mehr Druck etwas bewirken wird. Vielmehr könnte Finnland einen konstruktiveren Ansatz anstreben. Das trilaterale Abkommen, das vergangenen Sommer zwischen Finnland, Schweden und der Türkei abgeschlossen wurde, könnte eine Möglichkeit sein, konstruktiver darauf hinzuweisen, welche Punkte Schweden bereits erfüllt hat. Das könnte ein Weg sein, damit Schweden schnellstmöglich NATO-Mitglied werden kann.  "Beitritt stabilisiert die Region" ARD: Erwarten Sie Spannungen im Ostseeraum durch die Mitgliedschaft Finnlands, weil sich Russland aus irgendeinem Grund eingekreist fühlen könnte?  Alander: Ich glaube, dass sich die bisherigen Spannungen eher legen werden, weil die Situation jetzt viel klarer ist. Die finnische und eine zukünftige schwedische Mitgliedschaft in der NATO stabilisiert die Region insofern, als dass Russland dann viel weniger Handlungsspielraum hat, die kleineren Nachbarländer im Baltikum und auch die nordischen Nachbarn mit zum Beispiel Luftraumverletzungen und ähnlichem unter Druck zu setzen. Russland muss sich viel genauer überlegen, ob es sich diese Art von Provokationen noch leisten kann. Auch Kaliningrad verliert natürlich einiges an strategischem Wert für Russland, weil man das Baltikum viel besser von Schweden und Finnland aus verteidigen kann und sich alternative Nachschubrouten ergeben. Ab jetzt ist die Verteidigung des Baltikums via Land, See und Luft möglich, und dadurch ist dann Kaliningrad nicht mehr so relevant.  Das Gespräch führte Christian Blenker, ARD-Studio Stockholm. Mitarbeit: Linnea Pirntke
/ausland/europa/finnland-nato-127.html
2023-04-04
Angriffe auf offizielle Webseiten
Russische Hacker unter Verdacht
Auf mehrere offizielle Internetauftritte von Bund und Ländern sind Cyberangriffe verübt worden. Teilweise konnten die Attacken abgewehrt werden. Auch in Finnland gab es kurz vor dem NATO-Beitritt eine Attacke. mehr
Auf mehrere offizielle Internetauftritte von Bund und Ländern sind Cyberangriffe verübt worden. Teilweise konnten die Attacken abgewehrt werden. Auch in Finnland gab es kurz vor dem NATO-Beitritt eine Attacke. Cyberattacken haben in mehreren Bundesländern Internetseiten von öffentlichen Stellen lahmgelegt. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern waren zeitweise unter anderem die Webseiten von Ministerien nicht erreichbar, in Niedersachsen waren Internetseiten der Polizei betroffen.  Hacker versuchten zudem erneut, eine neue Plattform des Bundesentwicklungsministeriums für den Wiederaufbau in der Ukraine zu stören. Ein Zusammenhang zwischen den Cyberattacken in den Bundesländern und den Vorfällen beim Entwicklungsministerium, die dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bereits gemeldet wurden, wird bislang nicht angenommen.   In Sachsen-Anhalt waren zeitweise etwa die Webseiten der Ministerien und der nachgeordneten Behörden nicht erreichbar, wie das Ministerium für Infrastruktur und Digitales mitteilte. Es habe sich um einen sogenannten DDoS-Angriff gehandelt - die Server seien also gezielt überlastet worden. Polizei in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern betroffen Auch in Mecklenburg-Vorpommern waren Webseiten der Ministerien zeitweise nicht abrufbar. Betroffen war auch die öffentliche Homepage der Landespolizei, wie Innen- und Digitalisierungsminister Christian Pengel (SPD) sagte. "Unsere Fachleute arbeiten mit Hochdruck an der Aufklärung der Vorgänge und daran, weitere Angriffswellen zu verhindern", sagte der Minister. Der Angriff bestand auch in Mecklenburg-Vorpommern darin, Server durch massenhafte Anfragen zu überlasten. Nach Angaben des Computernotfallteams CERT M-V hat sich eine russische Cybergruppe auf Social-Media-Kanälen zu dem Angriff bekannt.   Ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums teilte auf Anfrage mit, dass wegen eines Belastungsangriffs auf die Server seit dem Morgen ausgewählte Internetauftritte der Polizei Niedersachsen zeitweilig nicht erreichbar gewesen seien. Die Kommunikation mit den Polizeidienststellen und die Erreichbarkeit der Onlinewache Niedersachsens seien nicht beeinträchtigt gewesen, auch habe es keine Auswirkungen für polizeiinterne IT-Systeme gegeben.  Ukraine-Plattform hielt Angriff stand Die Angriffe auf die Ukraine-Plattform des Entwicklungsministeriums konnten nach Angaben einer Sprecherin bislang abgewehrt werden. Die Plattform, zu der eine zentrale Internetseite gehört, soll Anlaufstelle für alle sein, die sich beim Wiederaufbau einbringen wollen. Sie soll Hilfsorganisationen, Unternehmen und Initiativen vernetzen. Die Plattform werde seit ihrem Start Anfang vergangener Woche immer wieder angegriffen, sagte die Sprecherin. Einen Höhepunkt habe es kurz nach dem Start gegeben und wieder am Dienstag.   Attacke auch in Finnland Die Website des finnischen Parlaments wurde ebenfalls durch einen Denial-of-Service-Angriff lahmgelegt, kurz bevor das Land seinen historischen Beitritt zur NATO vollzog. Eine pro-russische Hackergruppe namens "NoName057 (16)" übernahm die Verantwortung und sagte, der Angriff sei eine Vergeltung für den NATO-Beitritt Finnlands. Die Hackergruppe, die Berichten zufolge auf Moskaus Befehl gehandelt hat, hat in der Vergangenheit an einer Reihe von Cyberangriffen auf die USA und ihre Verbündeten teilgenommen. Die Behauptung konnte nicht sofort überprüft werden.
/inland/cyberattacken-103.html
2023-04-04
Was bedeutet Finnlands Beitritt?
Neues NATO-Mitglied
Finnland in der NATO? Noch Anfang 2022 war das ein abwegiges Szenario. Doch Russlands Krieg gegen die Ukraine hat alles verändert. Welche Bedeutung hat der Beitritt? Wie wird Moskau reagieren? Antworten auf einige Fragen. mehr
Finnland in der NATO? Noch Anfang 2022 was das ein abwegiges Szenario. Doch Russlands Krieg gegen die Ukraine hat alles verändert. Welche Bedeutung hat der Beitritt? Wie wird Moskau reagieren? Antworten auf einige Fragen. Welche Bedeutung hat Finnlands Beitritt für die NATO? Für die anderen Bündnisstaaten hat der Beitritt Finnlands zunächst einmal eine erweiterte Beistandspflicht zur Folge. Sollte Finnland, das an Russland grenzt, vom Nachbarn angegriffen werden, würde dies als Angriff auf alle NATO-Staaten angesehen werden - und jeder Alliierte wäre aufgefordert, Beistand zu leisten. Durch die finnische Mitgliedschaft wird sich die direkte Grenze zwischen der NATO und Russland um rund 1340 Kilometer verlängern und damit mehr als verdoppeln. Zugleich wird das 1949 gegründete Bündnis durch Finnlands Beitritt größer und schlagkräftiger. Nach Angaben von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg verfügt das nördlichste Land der EU über gut ausgestattete und trainierte Streitkräfte und investiert derzeit in mehr als 60 hochmoderne Kampfjets vom Typ F-35. Wegen der geografischen Lage Finnlands könnten zum Beispiel die baltischen NATO-Staaten Estland, Litauen und Lettland im Fall eines russischen Angriffs deutlich besser verteidigt werden. Was heißt das in Zahlen? Finnland gehört nach Zahlen des International Institute for Strategic Studies (IISS) schon jetzt zu den Ländern, die jährlich zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung investieren. Dieser wichtige NATO-Richtwert wird von Deutschland und etlichen anderen Bündnispartnern derzeit nicht erreicht. Die Größe der finnischen Streitkräfte wird vom IISS mit 19.000 Männern und Frauen angegeben. Hinzu kommen rund 238.000 Reservisten. Für den Schutz der Landesgrenzen verfügt Finnland unter anderem über etwa 100 Kampfpanzer von Typ Leopard 2A6 sowie Hunderte Artilleriegeschütze. Was bedeutet die NATO-Norderweiterung für Russland? Aus Sicht von Stoltenberg ist die Aufnahme Finnlands ein klares Zeichen für das Scheitern der Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin. Putin sei mit dem erklärten Ziel in den Krieg gegen die Ukraine gezogen, in Europa weniger NATO-Präsenz zu haben und eine Bündniserweiterung zu verhindern. Mit Finnlands Beitritt sei die Grenze der NATO zu Russland künftig mehr als doppelt so lang. Putin bekomme damit genau das Gegenteil von dem, was er wollte. Zugleich betont die NATO, dass es für Russland keinerlei Grund gebe, sich durch die Norderweiterung bedroht zu fühlen. So widerspricht die Allianz auch Darstellungen, das Bündnis wolle Russland regelrecht einkreisen. Nach NATO-Angaben sind von der mehr als 20.000 Kilometer langen russischen Landgrenze derzeit nur 1215 Kilometer Grenze zu NATO-Staaten. Selbst wenn nun noch einmal 1340 Kilometer dazukommen, ist die gemeinsame Grenze damit vergleichsweise klein. Wie sieht Moskau den Beitritt Finnlands in die NATO? Kremlchef Putin hat immer wieder deutlich gemacht, dass er mit der NATO-Erweiterung in Richtung Russland ein großes Problem hat. Entsprechend reagierte Moskau in den vergangenen Monaten auf den Beitrittsprozess. Das russische Außenministerium kritisierte, ein Beitritt des Nachbarn werde den russisch-finnischen Beziehungen schweren Schaden zufügen. "Russland wird gezwungen sein, entsprechend zu antworten - in militärisch-technischer und in anderer Hinsicht -, um den Gefahren mit Blick auf seine nationale Sicherheit Rechnung zu tragen", hieß es bereits im Mai vergangenen Jahres in einer Mitteilung des Ministeriums. Könnte Russland mit Gewalt auf den Beitritt reagieren? Die NATO hält einen solchen Schritt für extrem unwahrscheinlich. Zum einen sind die russischen Streitkräfte durch den Krieg gegen die Ukraine gebunden und teils stark geschwächt. Zum anderen würde sich Putin dann auch mit den 30 anderen NATO-Staaten anlegen. Für durchaus denkbar wird es in der NATO allerdings gehalten, dass Russland zum Beispiel Cyberangriffe gegen Ziele in Finnland führt oder versucht, mit verstärkten Aktivitäten der Luftstreitkräfte die finnische Bevölkerung zu beunruhigen. Zudem hat Dmitri Medwedew, Vizechef des nationalen Sicherheitsrats und Ex-Präsident, mit einer Stationierung von Atomwaffen in der russischen Ostseeregion gedroht. Was bedeutet der Beitritt für Finnland? Viele Jahrzehnte lang hat Finnland einen schwierigen Spagat zwischen Ost und West geschafft: Angesichts seiner überaus langen Grenze zu Russland versuchte das Land zum einen, sich mit dem Riesenreich im Osten gutzustellen. Zugleich baute es aber auch immer engere Drähte zum Westen auf. 1995 schloss sich Finnland der EU an. Als einziges nordisches Land führte es später auch den Euro ein. Mit der NATO arbeiteten die Finnen bisher als enger Partner zusammen - ohne jedoch die relativ guten Kontakte nach Moskau zu kappen. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat dieser Ost-West-Balance ein abruptes Ende gesetzt. Nach langjähriger militärischer Bündnisfreiheit beantragte Finnland im Mai 2022 gemeinsam mit Schweden die NATO-Mitgliedschaft. In Rekordzeit wurden die Finnen nun aufgenommen. Dieser Schritt sei fast genauso wichtig wie die EU-Mitgliedschaft, sagte der Politberater Risto E.J. Penttilä jüngst dem finnischen Rundfunk. "Die EU-Mitgliedschaft bedeutete, dass Finnland Teil Europas und des Westens ist, aber gleichzeitig waren wir außerhalb der NATO", sagte er. "Jetzt sind wir in Europa integriert, haben durch diese NATO-Mitgliedschaft aber auch eine starke Verbindung zu den USA." Wie geht es mit Schweden weiter? Eigentlich wollten die Schweden parallel mit ihren finnischen Nachbarn in die NATO gelangen - daraus wurde aber nichts. Grund dafür ist, dass die Türkei dem schwedischen NATO-Beitritt weiterhin nicht zustimmen will und auch Ungarn immer noch nicht ratifiziert hat. Ankara moniert einen aus türkischer Sicht unzureichenden Einsatz gegen "Terrororganisationen" und will Zugeständnisse erzwingen. Budapest stößt sich unter anderem an schwedischen Aussagen zur Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Wann die beiden Länder die Tür auch für die Schweden aufmachen, ist weiterhin unklar. Stoltenberg sagte zuletzt, er sei absolut zuversichtlich, dass Schweden ebenfalls Mitglied werde. Das Land werde nicht allein gelassen und könne schon heute darauf zählen, dass die NATO auf Drohungen oder Angriffe gegen das Land reagieren würde.
/faq-nato-beitritt-finnland-101.html
2023-04-04
Ex-Präsident Trump im Gericht
Zur Anklageverlesung
Donald Trump ist im Gericht in New York zur Verlesung der Anklage gegen ihn eingetroffen. Es ist das erste Mal in der US-Geschichte, dass sich ein Ex-Präsident in einem Strafverfahren verantworten muss. mehr
Donald Trump ist im Gericht in New York zur Verlesung der Anklage gegen ihn eingetroffen. Es ist das erste Mal in der US-Geschichte, dass sich ein Ex-Präsident in einem Strafverfahren verantworten muss. Unter großem Polizeiaufgebot und begleitet von Demonstrationen ist der frühere US-Präsident Donald Trump zur Verlesung der Anklage gegen ihn vor Gericht eingetroffen. Der Republikaner ging in das New Yorker Gerichtsgebäude und wurde dort vorübergehend in Gewahrsam genommen - das gehört zum üblichen Prozedere vor einer Anklageverlesung. Es soll ermöglichen, Fingerabdrücke zu nehmen und Polizeifotos fertigen. Ob dies tatsächlich geschah, ist nicht bekannt.   Bei der Anklageverlesung dürfte Trump aller Voraussicht nach auf "nicht schuldig" plädieren. Eine Videoübertragung aus dem Gericht lehnte der zuständige Richter ab. Es wird erwartet, dass Trump nach der Anklageverlesung erst das Gericht und dann wohl auch New York wieder verlässt. Trump schrieb auf seiner Onlineplattform "Truth Social", die Lage sei "surreal". "Wow, sie werden mich festnehmen. Ich kann nicht glauben, dass das in Amerika passiert."  Demonstrationen für und gegen Trump Wegen befürchteter Ausschreitungen verstärkte New York die Sicherheitsvorkehrungen deutlich. Bei einer Demonstration sprach auch die radikale republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene, eine der bekanntesten und radikalsten Verschwörungstheoretikerinnen im US-Parlament - und glühende Trump-Anhängerin.  Zugleich versammelten sich auch Dutzende Trump-Gegner vor dem Gericht und riefen: "Sperrt ihn ein!" Beide Seiten waren durch Absperrungen der Polizei getrennt. Trump ist der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, der sich in einem Strafverfahren verantworten muss. 30 Anklagepunkte Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Manhattan hatte am Donnerstag die Anklage gegen Trump verkündet. Zur Anklageverlesung muss ein Beschuldigter persönlich erscheinen. Rund 30 Anklagepunkte sollen gegen Trump vorgebracht werden - keiner ist bisher offiziell bekannt. Kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 2016 ließ Trump Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zahlen. Sie hatte behauptet, sie habe Sex mit ihm gehabt. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist.  Eine solche Zahlung an sich ist nicht illegal. Trump wird Medien zufolge aber wohl vorgeworfen, diese falsch abgerechnet und Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben. Damit könnte er auch gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen haben.
/ausland/amerika/trump-anklage-119.html
2023-04-04
+ USA sagen milliardenschwere Militärhilfe zu +
Krieg gegen die Ukraine
Die USA haben für die Ukraine neue Militärhilfen im Wert von 2,6 Milliarden Dollar angekündigt. Der UN-Menschenrechtsrat forderte von Russland, die Verschleppung ukrainischer Kinder zu beenden. Alle Entwicklungen im Liveblog. mehr
Die USA haben für die Ukraine neue Militärhilfen im Wert von 2,6 Milliarden Dollar angekündigt. Der UN-Menschenrechtsrat forderte von Russland, die Verschleppung ukrainischer Kinder zu beenden. Alle Entwicklungen im Liveblog. USA sagen Ukraine weitere Milliarden-Militärhilfe zuUN-Menschenrechtsrat fordert Ende der russische DeportationenLukaschenko reist zu Gesprächen nach MoskauHabeck spricht in Kiew über stärkere deutsche PräsenzLondon: Russland plant Aufbau weiterer Söldner-TruppenBaerbock kritisiert Einsatz von Minen in der UkraineFinnland wird NATO-Mitglied Selenskyj zu NATO-Gipfel eingeladen Die NATO hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu ihrem Gipfeltreffen nach Litauen eingeladen. "Wir freuen uns darauf, Präsident Selenskyj bei unserem Gipfel in Vilnius im Juli zu treffen", sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. "Eine starke, unabhängige Ukraine" sei für die Stabilität des Euro-Atlantik-Raums von entscheidender Bedeutung, so Stoltenberg nach dem Treffen der NATO-Außenminister, an dem auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba teilgenommen hatte. Der NATO-Gipfel wird am 11. und 12. Juli in Litauens Hauptstadt organisiert. Unklar ist, ob der Präsident des von Russland angegriffenen Landes tatsächlich kommen wird. Aus Sicherheitsgründen werden derlei Reisen nicht angekündigt. USA sagen Ukraine weitere Milliarden-Militärhilfe zu Die USA haben der Ukraine neue Militärhilfen im Umfang von 2,6 Milliarden Dollar (rund 2,4 Milliarden Euro) zugesagt. Das Rüstungspaket umfasst unter anderem Raketen für das Luftabwehrsystem "Patriot", Munition für den Mehrfachraketenwerfer "Himars" und Artilleriemunition, wie das US-Verteidigungsministerium mitteilte. Geliefert werden sollen auch 400 Granatwerfer, Panzerabwehrraketen und Radargeräte zur Luftraumüberwachung. Ein Teil der Lieferungen sollen aus Beständen der US-Armee erfolgen, der Großteil solle aber neu bei der Rüstungsindustrie bestellt werden. Die USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion. Nach Angaben des US-Außenministeriums sagten die USA der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs Militärhilfen von 35,1 Milliarden Dollar zu. Ukrainischer Energieminister bedankt sich bei Habeck Der ukrainische Energieminister Herman Haluschschtenko hat sich nach einem Treffen mit Vizekanzler Robert Habeck für die deutsche Hilfe bedankt. "Deutschland ist wirklich einer der größten Freunde der Ukraine", sagte der Minister dem Bundeswirtschaftsminister. Dabei gehe es nicht nur um die Versorgung mit Ausrüstung und Geld, sondern vor allem "um das Gefühl der Unterstützung in unseren Herzen". Das sei sehr wichtig. Thema der Gespräche seien vor allem kurzfristige Projekte bis zum nächsten Winter gewesen, darunter auch die gegenseitige Lieferung von Strom. Selenskyj reist morgen nach Polen Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird morgen zu einem Staatsbesuch in Polen erwartet. Geplant sind unter anderem Gespräche mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und zur politischen und wirtschaftlichen Unterstützung für das Nachbarland. Polen gilt als einer der stärksten Unterstützer der Ukraine. Neben der Slowakei hatte auch Polen MiG-29-Kampfjets an die Ukraine geliefert. Russlands Kinderbeauftragte weist Vorwürfe zurück Die russische Kinderbeauftragte Maria Lwowa-Belowa hat Vorwürfe zurückgewiesen, ukrainische Kinder würden nach Russland deportiert. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hatte gegen die 38-Jährige wegen Kriegsverbrechen einen Haftbefehl erlassen. Die Kinder aus dem Kriegsgebiet würden in Russland in Sicherheit gebracht und betreut, wenn es keine Eltern oder Verwandte gebe, sagte Lwowa-Belowa. Wenn ein Kind vermisst werde, hätten Ukrainer die Möglichkeit, sich mit einer Suchanzeige an die Kinderbeauftragte zu wenden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky beklagte, die Jungen und Mädchen würden ihrer ukrainischen Identität beraubt und zwangsweise russifiziert. Lwowa-Belowa wies dies als "Lüge" zurück und forderte Beweise. Kremlchef Wladimir Putin, gegen den wegen der Deportation von Kindern ebenfalls ein Haftbefehl vorliegt, hatte die Beamtin eingesetzt und sie beauftragt, sich um Waisen aus dem Kriegsgebiet zu kümmern. Ukraine sieht Logistikprobleme bei russischem Militär Das ukrainische Militär beobachtet nach eigenen Angaben beim russischen Gegner zunehmende Probleme mit dem Nachschub. "Der Gegner hat an den vier Abschnitten, an denen er angreift, keine ausreichende Logistik", sagte einer der Armee-Sprecher, Olexij Dmytraschkiwskyj, im ukrainischen Fernsehen. An den Frontabschnitten im Gebiet Saporischschja im Süden der Ukraine sollen die russischen Einheiten sogar weder Munition noch Sprit erhalten. Daher würden die Russen in diesem Gebiet nicht angreifen. Laut Dmytraschkiwskyj sind erfolgreiche Schläge der ukrainischen Armee auf Depots in der besetzten Hafenstadt Mariupol Grund für die Probleme. Dadurch sei die logistische Versorgung mit Munition, Treibstoffen und die Reparatur von Technik erschwert, sagte er. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Menschenrechtsrat fordert Ende russischer Deportationen Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat von Russland ein Ende der Zwangsverschickung von ukrainischen Kindern gefordert. In einer Resolution verlangte das Gremium in Genf außerdem, dass internationale Menschenrechtsexperten und humanitäre Helfer Zugang zu deportierten Kindern erhielten. Dasselbe gelte für deportierte erwachsene Zivilisten, hieß es in dem Text. Die Deportationen wurden darin als "Kriegsverbrechen" bezeichnet. Außerdem verlängerte der Rat das Mandat einer unabhängigen Kommission zu möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine, die vor kurzem Anzeichen für russische Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine festgestellt hatte. "Das Ausmaß und die Brutalität der russischen Gräueltaten in der Ukraine übersteigen schlichtweg jedes menschliche Vorstellungsvermögen", sagte die ukrainische UN-Vertreterin in Genf, Jewheniia Filipenko. In Italien festgenommener russischer Gouverneurssohn nach Russland geflohen Der Sohn eines russischen Gouverneurs, der auf Antrag der USA in Italien festgenommen worden war, ist aus dem Hausarrest geflohen und zurück nach Russland gereist. "Ich bin in Russland", sagte der Sohn des Gouverneurs der sibirischen Region Krasnojarsk, Artjom Uss, der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Uss war im Oktober auf Antrag der USA in Italien festgenommen worden. Die US-Justiz wirft ihm und vier weiteren Russen vor, US-Technologien illegal an russische Rüstungsunternehmen verkauft zu haben. Ende März verschwand Uss aus seiner Wohnung in Mailand, in der er unter Hausarrest stand. Einen Tag zuvor hatte ein italienisches Gericht einem Auslieferungsgesuch der USA stattgegeben. "Das italienische Gericht, von dem ich erwartet hatte, dass es unparteiisch ist, hat eine klare politische Voreingenommenheit gezeigt", sagte Uss nach seiner Rückkehr nach Russland. Die vergangenen Tagen seien "dramatisch" gewesen, er habe aber "starke und verlässliche Menschen" an seiner Seite gehabt. "Ich möchte ihnen danken", sagte der Gouverneurssohn. Der Kreml und sein Vater Alexander Uss hatten seine Festnahme als politisch motiviert kritisiert. Lukaschenko reist zu Gesprächen nach Moskau Der belarusische Machthaber Alexander Lukaschenko wird am Mittwoch von Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau empfangen. Das teilte der Kreml mit. Putin und Lukaschenko werden demnach Gespräche über "aktuelle bilaterale und internationale Fragen" führen. Am Donnerstag tagt der russisch-belarusische Staatsrat unter Beteiligung beider Staatschefs. Moskau ist Belarus' wichtigster politischer und finanzieller Unterstützer, während Lukaschenko Putin erlaubte, das belarusische Territorium als Startrampe für Russlands Angriff der Ukraine im vergangenen Jahr zu nutzen. Letzten Monat hatte Putin erklärt, Russland werde taktische Atomwaffen in Belarus stationieren. Von der Leyen telefoniert vor China-Besuch mit Selenskyj EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vor ihrem Besuch in China mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen. "Die Ukraine wird ein wichtiges Thema bei meinem Treffen mit Präsident Xi und Ministerpräsident Li sein", schrieb sie auf Twitter. Die EU wolle einen Frieden, der die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine respektiere. I had a phone call with President @ZelenskyyUa ahead of my visit to China.Ukraine will be an important topic of my meetings with President Xi and Premier Li.The EU wants a just peace that respects Ukraine’s sovereignty and territorial integrity. Terrorismus-Anklage nach Tod von Militärblogger Die im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod des russischen Militärbloggers Wladlen Tatarskij verhaftete Frau ist formell wegen Terrorismus angeklagt worden. Das teilte das russische Ermittlungskomitee mit, das Befugnisse einer Staatsanwaltschaft hat. Die 26-jährige Russin war am Montag festgenommen worden und soll Tatarskij eine Figur mit einem versteckten Sprengsatz überreicht haben. Laut unbestätigten russischen Medienberichten soll sie den Ermittlern gesagt haben, dass sie nichts von der Bombe gewusst habe. Tatarskij war am Sonntag bei der Explosion in einem Café in Sankt Petersburg ums Leben gekommen. Er zählte zu den prominentesten Militärbloggern Russlands und befürwortete Russlands Krieg gegen die Ukraine, kritisierte aber auch oft Spitzenvertreter des Militärs. Litauen beschließt Sanktionsgesetz für Russen und Belarusen Litauen hat als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ein Sondergesetz über nationale Sanktionen für russische und belarusische Bürger beschlossen. Die Regelung wurde vom Parlament des baltischen EU- und NATO-Landes angenommen. Sie sieht etwa Beschränkungen für Russen und Belarusen vor, litauische Visa zu erhalten, ukrainische Griwna einzuführen, nach Litauen einzureisen und Immobilien zu erwerben. Auch wird damit die Annahme von Anträgen von Bürgern der beiden Nachbarländer für eine Aufenthaltserlaubnis in Litauen ausgesetzt. Das neue Gesetz soll am 3. Mai in Kraft treten und zunächst für ein Jahr gültig sein. Es muss zuvor aber noch von Staatspräsident Gintanas Nauseda gebilligt werden. Darin enthalten sein werden auch die bislang separat geregelten bestehenden Einreisebeschränkungen für Russen, die Litauen als Reaktion auf Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen mit Estland, Lettland und Polen im Herbst 2022 für viele Menschen aus dem Nachbarland verhängt hatte. Litauen grenzt an die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad und an Russlands Verbündeten Belarus. Russlands Invasion in die Ukraine wird in dem Baltenstaat als direkte Gefahr für die nationale Sicherheit gesehen. Habeck spricht in Kiew über stärkere deutsche Präsenz In der Ukraine hat Wirtschaftsminister Robert Habeck mit Kiews Regierungschef Denys Schmyhal über eine stärkere Präsenz deutscher Unternehmen in dem vom Krieg gezeichneten Land gesprochen. Auch Wirtschaftsvertreter nahmen an den Gesprächen teil, sagte die Regierung in Kiew. "Die Versicherung gegen Kriegsrisiken ist für die Wirtschaft eine kritisch wichtige Frage", erklärte Schmyhal der Mitteilung zufolge. Es gebe dazu ein Pilotprojekt mit der Weltbank-Agentur MIGA und der US-amerikanischen Firma DFC. Für die Ukraine sei es sehr wichtig, ein vergleichbares Instrument mit Deutschland zu finden, sagte er. Schmyhal zufolge hat die Ukraine vor allem Potenzial bei wichtigen Rohstoffen und Militärtechnologie. Zudem zähle die Regierung in Kiew auf die Unterstützung Deutschlands beim Wiederaufbau des Landes nach dem Ende des von Russland vor mehr als 13 Monaten begonnenen Krieges. Russland bestätigt Aufrüstung belarusischer Kampfjets mit Atomwaffen Russland hat die Übergabe eines atomwaffenfähigen Raketenkomplexes vom Typ Iskander-M an die Nachbarrepublik Belarus bestätigt. "Ein Teil der belarusischen Flugzeuge der Jagdgeschwader hat die Möglichkeit erhalten, mit atomar ausgestatteten Vernichtungsmitteln Schläge gegen Feindobjekte zu führen", sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu in Moskau. Laut Schoigu können die Raketen von Iskander-M sowohl konventionelle als auch atomare Sprengköpfe tragen. Die Aufrüstung des verbündeten Nachbarlandes bezeichnete der Minister als Reaktion auf die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine. Unter diesen Umständen stärke Moskau die Sicherheit des Unionsstaates zwischen Russland und Belarus. Schoigu bestätigte auch den Beginn der Ausbildung belarusischer Soldaten an den russischen Atomraketen. Die von Kremlchef Wladimir Putin Ende März angekündigte Stationierung russischer Atomwaffen in Belarus verschärfte die angespannten Beziehungen zwischen Russland und dem Westen. Putin erklärte, die Stationierung stehe nicht im Widerspruch zum Atomwaffensperrvertrag, der die Verbreitung von Kernwaffen untersagt, da Russland die völlige Kontrolle über die Raketen behalte. Lukaschenko sorgte für Zweifel an dieser Version, als er in seiner Ansprache zur Nation selbst die Kontrolle über die Atomwaffen beanspruchte. Kuleba: "NATO und Ukraine brauchen sich gegenseitig" Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba gratulierte den "finnischen Freunden" zum NATO-Beitritt. Zugleich sagte er beim Treffen der Ressortchefs der Allianz in Brüssel, auch die Ukraine habe das Ziel, vollwertiges Mitglied der NATO zu werden. Es werde bei seinen Gesprächen mit der Allianz auch um weitere Fortschritte in diesem Prozess gehen. "Die NATO und die Ukraine brauchen sich gegenseitig", sagt Kuleba. Moskau kündigt "Gegenmaßnahmen" gegen NATO-Erweiterung an Russland hat "Gegenmaßnahmen" gegen die Erweiterung der NATO angekündigt. Die Aufnahme Finnlands sei ein "Angriff auf unsere Sicherheit und die nationalen Interessen Russlands", erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Dies werde "Gegenmaßnahmen" nach sich ziehen, sagte er ohne die Nennung von Details. Finnland soll am Nachmittag in Brüssel als 31. Mitglied feierlich in die NATO aufgenommen werden. Zugleich wies Peskow die These zurück, dass der Beitritt Finnlands gleichbedeutend mit dem von Russland befürchteten Beitritt der Ukraine sei. "Die Lage mit Finnland unterscheidet sich fundamental von der Lage mit der Ukraine", sagte Peskow. Finnland sei nie zum "Antirussland" geworden, zudem habe es mit dem Nachbarn im Norden keinen Streit gegeben. "Die Lage in der Ukraine ist genau anders herum und potenziell viel gefährlicher." Aus diesem Grund habe Russland auch seine "militärische Spezialoperation" - so nennt Moskau seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine - begonnen. US-Außenminister Blinken: Finanzen des Kremls stark zusammengestaucht Russland gerät nach der Einschätzung von US-Außenminister Antony Blinken zunehmend in finanzielle Bedrängnis. "Die Finanzen des Kremls wurden auf verheerende Weise zusammengestaucht, so dass er entscheiden muss, entweder Geld in den Krieg zu stecken oder seine eigenen Bürger zu versorgen", sagte Blinken in Brüssel. Auch ein russischer Milliardär habe gesagt, es werde im nächsten Jahr kein Geld mehr geben. Die Vereinigten Staaten und die EU arbeiteten zusammen, um Russlands Kriegsführung zu stören. "Gemeinsam frieren wir die Vermögenswerte derjenigen ein, die die Aggression des Kremls befeuern, setzen weitreichende Sanktionen und Exportkontrollen ein", sagte Blinken. Als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine hatte die EU unter anderem eine Preisobergrenze für russisches Öl in Kraft gesetzt, um Moskau die Finanzierung des Kriegs zu erschweren. Auch die USA und andere Länder verhängten eine ganze Serie von Sanktionen. Blinken war anlässlich eines EU-US-Energierats nach Brüssel gereist. Russland: "Über fünf Millionen Flüchtlinge aus Donbass aufgenommen" Russland hat nach eigenen Angaben seit Beginn des Krieges in der Ukraine mehr als fünf Millionen Flüchtlinge aus dem Osten des Nachbarlandes aufgenommen. Unter den aus dem Donbass geflohenen Menschen seien 730.000 Kinder, sagte die russische Kommissarin für Kinderrechte, Maria Lwowa-Belowa, auf einer Pressekonferenz in Moskau. Sie seien mit ihren Eltern oder Erziehungsberechtigten nach Russland gekommen. Ihr sei kein einziger Fall bekannt, in dem ein Kind aus der Ostukraine von seinen Verwandten getrennt und einer Pflegefamilie übergeben worden wäre. Vorwürfe der Verschleppung von Kindern wies sie zurück. Lwowa-Belowa reagierte auf Vorwürfe des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH), der am 17. März Haftbefehl gegen sie selbst und den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen hatte. Es geht dabei um den Verdacht auf das Kriegsverbrechen der rechtswidrigen Deportation von Kindern aus von russischen Streitkräften besetzten Gebieten in der Ukraine. Der IStGH hatte erklärt, es lägen ihm Informationen vor, dass Hunderte Kinder aus Waisenhäusern und Kinderheimen in von Russland beanspruchten Gebieten der Ukraine entführt worden seien. Einige dieser Kinder seien in Russland zur Adoption freigegeben worden. USA und EU wollen bei Energie enger zusammenarbeiten Die USA und die EU wollen gemeinsam nach Wegen suchen, um die Abhängigkeit Europas von russischen Energiequellen weiter zu reduzieren. Das betont US-Außenminister Antony Blinken nach einem Treffen mit dem Außenbeauftragten der Europäischen Union, Josep Borrell, in Brüssel. Dabei müsse es darum gehen, die transatlantische Zusammenarbeit bei der Produktion klimafreundlicher Energien auszubauen, sagt Blinken. SZ: Reparaturzentrum in Slowakei soll "zeitnah" Betrieb starten Das Instandhaltungszentrum in der Slowakei für von Deutschland an die Ukraine gelieferte Waffen soll bald die Arbeit aufnehmen. "Zeitnah soll der Betrieb starten", sagte eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums der "Süddeutschen Zeitung". Der Betrieb des Reparaturzentrums war von Zollfragen gebremst worden. Die Einrichtung nahe der slowakischen Stadt Michalovce war schon Ende des vergangenen Jahres angekündigt worden. Die Inbetriebnahme verzögerte sich dann allerdings. Hintergrund waren ungeklärte rechtliche Fragen, insbesondere von Zöllen bei der Einfuhr der zu reparierenden Waffen in die Slowakei und bei der Ausfuhr nach der Reparatur. Medienberichten zufolge standen deshalb zeitweise Waffensysteme lange an der ukrainisch-slowakischen Grenze. Laut "SZ" wurden unter anderem Mars-Raketenwerfer für Software-Updates auf einen über 2000 Kilometer langen Umweg nach Deutschland und zurück in die Ukraine geschickt. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hätten mehrmals versucht, eine Lösung zu vermitteln. Das Instandhaltungszentrum soll der Zeitung zufolge vom Rüstungskonzern KNDS betrieben werden, zu dem der Panzerproduzent Krauss-Maffei Wegmann gehört. Die Kosten trägt der Bund. London: Russland plant Aufbau weiterer Söldner-Truppen Russland plant nach Informationen britischer Geheimdienste den Aufbau weiterer Söldner-Truppen für den Krieg gegen die Ukraine. Ziel sei, die Wagner-Gruppe in ihrer "bedeutenden" Rolle zu ersetzen, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Die militärische Führung Russlands wolle wegen der "hochkarätigen Fehde" zwischen dem Verteidigungsministerium und Wagner eine Privatarmee, die sie besser kontrollieren könne. "Allerdings erreicht derzeit keine andere bekannte russische Privatarmee die Größe oder Kampfkraft von Wagner", hieß es. Grundsätzlich findet Russland den Einsatz privater Söldner in der Ukraine dem britischen Ministerium zufolge nützlich. Diese seien effizienter als die reguläre Armee. Zudem habe die russische Führung vermutlich den Eindruck, dass Verluste der privaten Truppen von der Gesellschaft eher toleriert würden als tote und verwundete reguläre Soldaten, hieß es in London. Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 4 April 2023.Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/oUYAi2Vhia🇺🇦 #StandWithUkraine 🇺🇦 https://t.co/a485dL48wL Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine veröffentlicht das britische Verteidigungsministerium täglich Updates zum Kriegsverlauf. Unter Berufung auf Geheimdienstinformationen will die britische Regierung damit sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor. Baerbock kritisiert Einsatz von Minen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Russland aufgerufen, keine Minen mehr auf landwirtschaftlichen Flächen in der Ukraine zu verlegen. Das ziehe nicht nur viele zivile Opfer nach sich, sondern hindere zahlreiche Bäuerinnen und Bauern daran, ihre Felder zu bestellen und die Ernte einzufahren, sagte Baerbock in Berlin: "So verknappt Russland das Lebensmittelangebot auf dem Weltmarkt und verschärft damit den Hunger in der Welt." Baerbock äußerte sich anlässlich des Internationalen Tags der Minenaufklärung am 4. April. "Antipersonenminen sind grausame Waffen", sagte sie. Sie seien der Grund, warum Mütter und Väter in Ländern wie Bosnien und Herzegowina, in Kambodscha und im Irak noch Jahrzehnte nach einem Konflikt um ihre Kinder bangen müssten, wenn diese nach draußen zum Spielen gehen. "Antipersonenminen treffen besonders oft Zivilisten und zerreißen so im wahrsten Sinne des Wortes Familien und Gesellschaften", beklagte die Grünen-Politikerin. Deswegen setze sich Deutschland für eine Welt ohne Antipersonenminen ein und sei zweitgrößter Geber weltweit für humanitäres Minenräumen. Russlands Duma-Chef: Westliche Staatschefs haben Blut an den Händen Der russische Parlamentspräsident Wjatscheslaw Wolodin hat westlichen Staats- und Regierungschefs vorgeworfen, durch ihre Unterstützung der Ukraine klebe Blut an ihren Händen. Die Hilfe für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe zur Bildung eines "terroristischen Staates" geführt. Die Ermordung des prominenten Militärbloggers Wladlen Tatarskij in St. Petersburg am Wochenende sei ein von der Führung in Kiew begangener "terroristischer Akt", erklärte Wolodin auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. "Die Unterstützung Washingtons und Brüssels für die Regierung in Kiew hat zur Schaffung eines terroristischen Staates im Zentrum Europas geführt", erklärte er. "Das Blut der Toten und Verletzten klebt an den Händen von (US-Präsident Joe) Biden, (Frankreichs Präsident Emmanuel) Macron, (Bundeskanzler Olaf) Scholz und anderen Staatsoberhäuptern, die das Selenskyj-Regime unterstützen." Kiew: Keine Toten nach jüngsten Drohnenangriffen Bei den nächtlichen Drohnenangriffen in der Region Odessa sind nach Angaben des ukrainischen Militärs vorläufigen Informationen zufolge keine Menschen getötet worden. Eines der unbemannten Fluggeräte aus iranischer Produktion habe allerdings ein Unternehmensgebäude getroffen. Dadurch sei ein Feuer ausgebrochen, das aber inzwischen gelöscht sei. Insgesamt habe Russland 17 Drohnen über Nacht gestartet. 14 habe die Luftabwehr zerstört, 13 davon über der südwestukrainischen Region Odessa. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Finnland wird NATO-Mitglied Finnland wird heute offiziell Mitglied der NATO. Mit der Aufnahme des nordeuropäischen Landes gehören der westlichen Militärallianz dann 31 Staaten an. Um dies zu symbolisieren, wird am Nachmittag die finnische Flagge am NATO-Hauptquartier in Brüssel gehisst. "Das ist wirklich ein historischer Tag", erklärte im Vorfeld NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Zeremonie findet am Rande des Treffens der Außenminister der Militärallianz statt, die zu zweitägigen Beratungen in Brüssel zusammenkommen. Finnland hatte in der Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gemeinsam mit seinem Nachbarland Schweden den Beitritt zur NATO beantragt. Der Aufnahme eines neuen Landes müssen stets alle bisherigen Mitgliedsstaaten zustimmen, was bei Finnland inzwischen erfolgt ist. Schweden steht noch vor einigen Hürden, da sowohl die Türkei als auch Ungarn den Beitritt noch nicht ratifiziert haben. Moskau: Russischer Vorsitz in UN-Sicherheitsrat kein "Aprilscherz" Der russische UN-Botschafter hat die Charakterisierung des russischen Sicherheitsratsvorsitzes bei den Vereinten Nationen als "Aprilscherz" zurückgewiesen. Entsprechend war dieser von Vertretern der USA und der EU eingeordnet worden. Wassili Nebensja kündigte zudem ein Treffen unter dem Vorsitz des russischen Außenministers Sergej Lawrow zur Verteidigung der Prinzipien der UN-Charta an - deren Bruch Moskau angesichts der Invasion in die Ukraine weithin vorgeworfen wird. Die amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield hatte Reportern zuvor gesagt, sie erwarte, dass die Russen den Vorsitz nutzen würden, um Desinformation zu verbreiten und mit Blick auf die Ukraine für ihre eigene Agenda zu werben - "und wir werden bereitstehen, sie in jedem einzelnen Moment, in dem sie das versuchen, zur Rede zu stellen." Ukraine: Russische Drohnenangriffe auf Odessa Russland hat die Hafenstadt Odessa ukrainischen Angaben zufolge mit Drohen angegriffen. "Als Ergebnis der Einsätze der Luftabwehrsysteme gibt es Schäden", schrieb der Leiter der regionalen Militärverwaltung, Jurij Kruk auf der Facebook-Seite der Verwaltung. Das Ausmaß der Schäden nannte er nicht. Insgesamt habe Russland in der Nacht 17 Shahed-Drohnen aus iranischer Produktion in die Ukraine geschickt, vermutlich von der Ostküste des Asowschen Meeres aus, teilte das ukrainische Luftwaffenkommando auf der Nachrichten-App Telegram mit. 14 von ihnen seien von den Luftabwehrsystemen der Ukraine zerstört worden. Lawrow: "Die EU hat Russland verloren" Die Europäische Union mit Russland ist nach den Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow selbst schuld an den sich verschlechternden Beziehungen mit Russland. "Die Europäische Union hat Russland 'verloren'. Aber das ist ihre eigene Schuld", sagte Lawrow in einem Interview mit der staatlichen Zeitung "Argumenty i Fatky" (AIF). "Es sind die EU-Mitgliedsländer und die Staats- und Regierungschefs der EU, die offen erklären, dass es notwendig ist, Russland eine - wie sie es nennen - strategische Niederlage zuzufügen." Russland habe entschieden, wie es mit den EU-Ländern umgehen wolle, da sie das "kriminelle Regime" in Kiew mit Waffen und Ausbildern beliefere. Moskau habe die Absicht, mit Europa hart ins Gericht zu gehen, wenn es nötig sei. "Als Antwort auf feindselige Schritte werden wir, wenn nötig, auf der Grundlage der nationalen Interessen Russlands und der in der diplomatischen Praxis akzeptierten Prinzipien der Gegenseitigkeit hart durchgreifen." Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen
/newsticker/liveblog-ukraine-dienstag-233.html
2023-04-04
Habeck will Energiepartnerschaft
Wirtschaftsminister in der Ukraine
Am zweiten Tag seiner Ukraine-Reise hat der Wirtschaftsminister unter anderem ein Krankenhaus besucht - das dank deutscher Unterstützung mit Wärmepumpen beheizt wird. Die Energieversorgung soll ein Schwerpunkt beim Wiederaufbau sein. Von Andrea Beer.
Am zweiten Tag seiner Ukraine-Reise hat der Wirtschaftsminister unter anderem ein Krankenhaus besucht - das dank deutscher Unterstützung mit Wärmepumpen beheizt wird. Die Energieversorgung soll ein Schwerpunkt beim Wiederaufbau sein. Den zweiten Tag seines Besuchs in der Ukraine verbringt Robert Habeck unter anderem in Horenka. Der kleine Ort nahe Kiew wurde gleich zu Beginn der russischen Großinvasion angegriffen. Tausende Menschen flohen, Hunderte kamen ums Leben - und im Krankenhaus wurde der Strom abgestellt. Letzteres könne nicht mehr so schnell passieren, versichert Klinikdirektorin Olena Juswak im Gespräch mit dem deutschen Wirtschaftsminister. Denn seit Kurzem habe das mehr als 50 Jahre alte Gebäude Wärmepumpen, eine Hybrid-Solaranlage und eine niedrige Stromrechnung. Es sei schwierig gewesen, erzählt Direktorin Juswak, denn während des Umbaus hätten sie hier Patienten gehabt. "Wir heizen komplett mit Wärmepumpen" "Das Projekt läuft sehr gut, wir können es auch in Kriegszeiten betreiben und haben Energie, die sonst ziemlich teuer ist", sagt die Direktorin. Sie hätten hier eine eigene Gasheizung. Die aber sei seit Dezember nicht mehr benutzt worden, "da wir komplett mit den Wärmepumpen heizen können".   Die Schätzungen sind unterschiedlich, doch der Wiederaufbau der Ukraine wird astronomische Summen verschlingen. Das ist sicher. Ökologische und energiesparende Kriterien sollten eine Rolle spielen, sind sich Klinikdirektorin Juswak und Wirtschafts- und Klimaminister Habeck einig. Energiesystem mit deutscher Hilfe Das Energiesystem im Krankenhaus in Horenka wurde für 60.000 Euro eingebaut - unter anderem mit deutschen Geldern und finanzieller Unterstützung von Greenpeace. Das Projekt sei klein, habe aber eine riesengroße Bedeutung so Habeck. Alleine durch das Umstellen von Gas auf moderne Wärmepumpen sei die Heizrechnung des Krankenhauses um bis zu 80 Prozent niedriger, erläutert Denys Tsutsajew von Greenpeace in der Ukraine. Nach Ansicht der Umweltorganisation sollten internationale Partner beim Wiederaufbau nicht auf alte Technologien setzen, sondern auf Umwelt- und Klimaschutz achten. Das spare Geld und schaffe Unabhängigkeit der Ukraine bei der Energieversorgung und Energiesicherheit. Auf ukrainischer Seite gäbe es dafür eine Bereitschaft, glaubt Habeck: "Eine breitere Aufstellung des Energiesystems - wenn die Ukraine das denn will - ist ja auch sehr in unserem Interesse." Man habe viel Know-how, Partnerfirmen und auch Expertise auf der Ministerienseite. "Da wollen wir gerne zusammenkommen." Die Ukraine könne ein starker Partner in Europa werden Während seines Besuchs hat Habeck unter anderem Premier Denys Schmyhal sowie Energieminster Herman Haluschenko getroffen. Mit Letzterem erneuert er die ukrainisch-deutsche Energiepartnerschaft. Die Ukraine könne ein starker Partner in Europa werden, so der Vize-Kanzler. Haluschenko dankt Habeck für die bisherige deutsche Unterstützung. Vor allem seit den gezielten russischen Angriffe auf das Energiesystem sei man in ständigem Kontakt gewesen: "Wir sind stärker, wenn wir die Unterstützung unserer Partner spüren", so Haluschenko. Habeck: Krieg ist keine abstrakte Geschichte "Es war eindrucksvoll, weil viele Geschichten und viele Bilder unter die Haut gegangen sind", sagt Habeck über seinen Besuch. Krieg sei keine abstrakte Geschichte in Medien, sondern etwas, das die Wirklichkeit von Menschen ganz konkret zerstöre. Deutschland werde die Ukraine weiter finanziell, militärisch und ökonomisch unterstützen. Habeck hoffe, dass das Land gewinnen wird.
/ausland/ukraine-habeck-103.html
2023-04-04
Michelin vergibt Rekordzahl an Sternen
Deutsche Köche ausgezeichnet
Für ihre Kochkunst sind bundesweit 334 Restaurants mit den begehrten Michelin-Sternen ausgezeichnet worden. Damit wurde der Vorjahresrekord um sieben Sterne übertroffen.  mehr
Für ihre Kochkunst sind bundesweit 334 Restaurants mit den begehrten Michelin-Sternen ausgezeichnet worden. Damit wurde der Vorjahresrekord um sieben Sterne übertroffen.  Im vergangenen Jahr haben so viele Spitzenköche und -köchinnen einen Michelin-Stern für ihr Restaurant erkocht wie nie zuvor. In der neuen Ausgabe des Restaurantführers "Guide Michelin" sind bundesweit 334 Gourmet-Lokale mit den begehrten Sternen ausgezeichnet worden - damit wurde sogar noch der Vorjahresrekord von 327 überboten. Der Direktor des "Guide Michelin" für Deutschland und die Schweiz, Ralf Flinkenflügel, sprach von einer bemerkenswerten Beständigkeit in der Qualität der deutschen Gastronomie.  Der Krise getrotzt Beeindruckt waren die Tester insbesondere vom Engagement, dem Mut und von der Flexibilität, mit denen die Gastronomen den schwierigen wirtschaftlichen Zeiten und dem Fachkräftemangel trotzen. Erfreulich sei auch das zunehmende Bewusstsein für eine nachhaltigere Arbeitsweise. "Viele machen sich für Nachhaltigkeit stark und setzen in ihrer Küche auf Regionalität und Saisonalität." Dafür haben nun 72 Restaurants einen Grünen Stern. Einen "Bib Gourmand" für das beste Preis-Leistungs-Verhältnis haben bundesweit 274 Restaurants. Aufsteiger des Jahres ist Jan Hartwig, der es mit seinem Restaurant "Jan" im Münchner Museumsquartier aus dem Stand in die höchste Kategorie schaffte. Küchenchef Hartwig, der bereits aus dem Münchner "Atelier" für seine Drei-Sterne-Küche bekannt war, hat auch mit seinem eigenen Restaurant die Michelin-Tester überzeugt. Er wurde für seine kreative Küche und seine perfekte Handwerkskunst direkt mit der Top-Wertung von drei Sternen ausgezeichnet.  Mit dem "Jan" gibt es nun in München ein weiteres Drei-Sterne-Restaurant der höchsten Kategorie, außerdem acht neue Zwei-Sterne-Restaurants und 34 neue Restaurants mit einem Stern. Noch hat der Süden und Südwesten in der Spitzengastronomie die Nase vorn - doch Großstädte sind ein interessantes Pflaster. Zehn Restaurants mit drei Sternen "Gerade in Berlin hat sich sehr viel getan", sagte Flinkenflügel. Angetan ist er von der Vielfalt und Unkompliziertheit in der Hauptstadt. "Es war ein ungewöhnliches Jahr in einem schwierigen Umfeld. Mit so einem positiven Ergebnis hätten wir niemals gerechnet", sagte er. Zwar sind die Lokale nach der Corona-Zeit wieder gut besucht. Doch die Zeiten sind wirtschaftlich schwierig, und es fehlen Fachkräfte.   Ingesamt gibt es jetzt in Deutschland zehn Restaurants mit drei Sternen, 50 Restaurants mit zwei Sternen und 274 Restaurants mit einem Stern. Erfreulich war für die Tester das zunehmende Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Regionalität und Saisonalität. Hinter dem renommierten roten Restaurantführer steht der gleichnamige französische Reifenhersteller. Die ersten Michelin-Sterne in Deutschland wurden 1966 verliehen. Neben dem "Guide Michelin" erscheint auch der Restaurantführer "Gault&Millau" regelmäßig als wichtiger internationaler Gourmet-Ratgeber. Er vergibt 0 bis 20 Punkte für die Restaurants.
/inland/gesellschaft/michelin-sterne-101.html
2023-04-04
Verdächtige wegen Terrorismus angeklagt
Nach Anschlag in St. Petersburg
Eine nach dem tödlichen Bombenanschlag auf einen russischen Militärblogger festgenommene 26-Jährige ist wegen Terrorismus angeklagt worden. Der Vorwurf: Sie soll auf Befehl aus der Ukraine gehandelt haben. mehr
Eine nach dem tödlichen Bombenanschlag auf einen russischen Militärblogger festgenommene 26-Jährige ist wegen Terrorismus angeklagt worden. Der Vorwurf: Sie soll auf Befehl aus der Ukraine gehandelt haben. Nach einem Mordanschlag auf einen Militärblogger in St. Petersburg hat die russische Justiz eine inzwischen inhaftierte Tatverdächtige wegen Terrorismus angeklagt. Die 26-Jährige soll demnach auf Befehl aus der Ukraine Wladlen Tatarskij eine mit Sprengstoff gefüllte Büste in einem Petersburger Café übergeben haben. Sie werde zudem des illegalen Besitzes von Sprengstoff beschuldigt, erklärte das für schwere Straftaten zuständige russische Ermittlungskomitee. Damit droht ihr eine lebenslange Haftstrafe. Der 40-jährige Journalist und Blogger Maxim Fomin, der unter einem Pseudonym schrieb, sei nach der Explosion der Statuette auf der Stelle tot gewesen. Das Café soll nach Medienberichten Jewgeni Prigoschin, dem Chef der berüchtigten Söldnertruppe Wagner, gehören. Mehr als 30 Menschen verletzt Russlands Ermittlungskomitee teilte weiter mit: "Bei der folgenden Explosion ist Fomin ums Leben gekommen, mehr als 30 Personen, die sich im Café befanden, erlitten unterschiedlichste Verletzungen." Ein Gericht in Moskau verhängte Untersuchungshaft bis zum 2. Juni gegen die Tatverdächtige. Auf einem vom russischen Innenministerium veröffentlichten Verhörvideo hatte die Frau zuvor eingeräumt, Tatarskij die Figur überreicht zu haben. Mordpläne gab sie dabei allerdings nicht zu. Ihr Ehemann erklärte, seine Frau sei davon ausgegangen, dass in der Büste eine Wanze befestigt gewesen sei, um Tatarskij abzuhören. Kiew weist Vorwürfe zurück Die Ukraine wies Anschuldigungen zurück, etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Sie machte Gegner der russischen Regierung für die Explosion verantwortlich. Am Montag hatten das Ermittlungskomitee und das russische Anti-Terror-Komitee erklärt, Anhänger des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny hätten der Ukraine bei dem Anschlag auf den Militärblogger geholfen. Politischen Beobachtern zufolge könnte der Bombenanschlag dafür genutzt werden, um ein weiteres hartes Durchgreifen gegen Kritiker von Moskaus Offensive zu rechtfertigen.  Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew warf der bedrängten Opposition des Landes über Telegram vor, gegen gewöhnliche Bürger "einen Krieg zu führen" und "ihre Landsmänner hinzurichten". "Terroristen" sollten "ausgerottet werden wie tollwütige Hunde", schrieb Medwedew, der Vizevorsitzender des russischen Sicherheitsrates ist. Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Prigoschin, sagte in einem von seinem Sprecherteam veröffentlichten Video, er sei von der umkämpften Stadt Bachmut an der Front in der Ostukraine nach St. Petersburg gekommen, um das Andenken Tatarskijs zu "ehren". "(Er) versuchte, die Gesellschaft zu einen, um gegen den äußeren Feind zu kämpfen", sagte Prigoschin mit Blick auf die NATO und die Ukraine auf dem ausgebombten Grundstück des Cafés. Er kritisierte, dass ranghohe Vertreter der Stadt St. Petersburg und der Gouverneur nicht den Tatort besucht hätten. Sie seien unfähig, junge Menschen für den Kampf gegen das "Böse" zu mobilisieren. Mehr als 560.000 Anhänger auf Telegram Der kremlnahe Blogger war radikaler Befürworter des Kriegs gegen die Ukraine. Er soll mehr als 560.000 Anhänger auf Telegram gehabt haben. Er hatte ab 2014 zunächst als Aufständischer für die Unabhängigkeit des russisch kontrollierten Donbass gekämpft, ehe er zu bloggen anfing. Er verbreitete in seinem Blog Videos vom Frontgeschehen in der Ukraine und gab zuletzt jungen russischen Soldaten Tipps, wie sie sich in den vordersten Linien verhalten sollten.
/ausland/europa/sankt-petersburg-explosion-blogger-105.html
2023-04-03
Vier Schwerverletzte bei Berliner Klinikbrand
Frau in Lebensgefahr
In einer Berliner Klinik ist in der Nacht ein Feuer ausgebrochen. Vier Menschen wurden schwer verletzt. Eine Frau schwebt laut Feuerwehr in Lebensgefahr. Die Polizei nahm einen Verdächtigen fest. mehr
In einer Berliner Klinik ist in der Nacht ein Feuer ausgebrochen. Vier Menschen wurden schwer verletzt. Eine Frau schwebt laut Feuerwehr in Lebensgefahr. Die Polizei nahm einen Verdächtigen fest. Bei einem Brand in einem Krankenhaus in Berlin-Kreuzberg sind drei Patienten und eine Krankenpflegerin schwer verletzt worden. Unter den Patienten ist eine Frau, die zum Zeitpunkt des Feuers in einem Aufzug des "Klinikums am Urban" festsaß und lebensgefährliche Verletzungen erlitt, wie die Feuerwehr in der Nacht mitteilte. Den Angaben zufolge wurden insgesamt rund 40 Menschen versorgt, einige seien als leicht verletzt eingestuft worden, in mehreren Fällen bestand der Verdacht auf Rauchgasvergiftungen. Außerdem seien zwei Feuerwehrleute leicht verletzt worden. Verdächtiger Mann festgenommen Laut einem Sprecher der Feuerwehr scheint das Feuer mit brennenden Krankenbetten im Flur begonnen zu haben. Wie diese in Brand geraten konnten, sei noch unklar. Nach Polizeiangaben wurde ein verdächtiger Mann festgenommen, vorsätzliche Brandstiftung sei nicht auszuschließen. Der Rauch verteilte sich über acht Stockwerke des Klinikgebäudes, die Rettungsstelle wurde evakuiert. Die Flammen konnten schließlich gelöscht werden.
/inland/klinikbrand-berlin-101.html
2023-04-03
Au revoir, la trottinette!
Leihroller-Verbot in Paris
Paris war die erste Stadt in Europa, in der E-Roller ausgeliehen werden konnten. Nun ist sie die erste, die die Roller wieder abschafft. Knapp 90 Prozent der Abstimmenden votierten für ein Verbot. Die Wahlbeteiligung war allerdings gering. Von Carolin Dylla.
Paris war die erste Stadt in Europa, in der E-Roller ausgeliehen werden konnten. Nun ist sie die erste, die die Roller wieder abschafft. Knapp 90 Prozent der Abstimmenden votierten für ein Verbot. Die Wahlbeteiligung war allerdings gering. Früh am Morgen: Paris ist auf dem Weg zur Arbeit - und die meisten Menschen wirken ziemlich gehetzt. Nur wenige haben Lust oder nehmen sich Zeit, die Abstimmung zu kommentieren. Eine junge Frau, die gerade ihr Fahrrad anschließt, sagt: "Ich hab dagegen gestimmt." Und sie ist froh darüber, wie es ausging. "Das wird den Verkehr auf der Straße ein bisschen regulieren - und es wird weniger Unfälle geben. Laut der Pariser Polizei hat es vergangenes Jahr rund 400 Unfälle mit E-Rollern, Elektro-Einrädern oder auch Hoverboards gegeben. Dabei wird allerdings nicht unterschieden, ob die ausgeliehen oder privater Besitz waren. Die vielen Unfälle waren aber ein wesentlicher Grund, weshalb die Stadt die Abstimmung über die Leihroller organisiert hat. Nachteil für Menschen ohne Auto Trotzdem hätte man die nicht gleich abschaffen müssen, meint ein junger Mann. "Ich finde das ein bisschen doof. Sie helfen vielen, die zum Beispiel kein Auto haben. Für die sind die Roller nicht schlecht. Aber vielleicht müssten die Regeln schärfer sein. Stimmt schon, dass es manchmal echt Chaos ist. Aber in anderen Ländern funktioniert es doch auch. Ich bin dagegen, dass die bald weg sind." Abgestimmt hat er allerdings nicht: "Ehrlich gesagt, wusste ich nicht mal, dass die Abstimmung stattfindet! Ich finde, das wurde nicht wirklich kommuniziert. Die Rentenproteste und die Streiks haben einfach mehr Raum eingenommen. Und dann nur zehn Prozent, die mitgemacht haben. Wobei: Die Leute wählen generell nicht mehr so viel." Kritik an der Organisation der Wahl Schon vor der Abstimmung hatte es - auch vonseiten der Betreiber - Kritik daran gegeben, wie die Stadt Paris sie organisiert hat. So habe es im Voraus zu wenig Informationen gegeben und außerdem keine Möglichkeit, online abzustimmen. David Belliard ist stellvertretender Bürgermeister von Paris und verantwortlich für Mobilität. Die Kritik will er so nicht stehen lassen: "Alle hatten die Möglichkeit, in die Wahlbüros zu kommen und abzustimmen! Aber natürlich nehmen wir die Kritik zur Kenntnis, vor allem in puncto Online-Abstimmung", so Belliard. Es sei aber zu diesem Zeitpunkt extrem schwierig gewesen, wenn nicht sogar unmöglich, das zu organisieren und gleichzeitig eine sichere Wahl zu garantieren, rechtfertigt er die Situation. "Und aus unserer Sicht haben auch deshalb gut 100.000 Menschen mitgemacht, weil wir strenge und ernsthafte Maßstäbe angelegt haben. Umstieg auf Fahrrad oder ÖPNV Diese gut 100.000 Menschen sind allerdings weniger als ein Zehntel derer, die auf den Wahllisten stehen und hätten abstimmen können. So oder so: Bis zum 31. August gibt es die E-Roller zum Ausleihen in Paris noch - bis dahin läuft der Vertrag mit den drei Betreibern. Aber auch, wenn dann mit den Leih-Rollern Schluss ist, dürfen private E-Roller weiter benutzt werden. Und jetzt? Manche Pariser hoffen, dass die Menschen sich anders fortbewegen. Die Leute, die die Leihroller genutzt haben, müssten sich jetzt darauf vorbereiten, so ein Mann zur baldigen Abschaffung. Entweder müssen sie sich selbst einen E-Roller kaufen oder sie steigen aufs Fahrrad oder den ÖPNV um. Für gut ein Drittel der Nutzerinnen und Nutzer ersetzten die Leihroller eine Fahrt mit dem ÖPNV, sagen Studien. Fraglich ist, was passiert, wenn die tatsächlich wieder auf das - ohnehin ziemlich ausgelastete - ÖPNV-System umsteigen. Unklar ist außerdem, wie es für die rund 800 Mitarbeitenden bei den Betreiber-Firmen weitergeht.
/ausland/europa/frankreich-paris-elektroroller-103.html
2023-04-03
Pflanzliche Alternativen boomen
Fleischkonsum geht zurück
Die Deutschen haben im vergangenen Jahr so wenig Fleisch gegessen wie seit mehr als 30 Jahren nicht. Gleichzeitig wuchs der Markt für pflanzliche Alternativen. Das gilt auch für tierische Milchprodukte. mehr
Die Deutschen haben im vergangenen Jahr so wenig Fleisch gegessen wie seit mehr als 30 Jahren nicht. Gleichzeitig wuchs der Markt für pflanzliche Alternativen. Das gilt auch für tierische Milchprodukte. Nach vorläufigen Zahlen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ist der der Pro-Kopf-Verzehr von Fleischerzeugnissen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als vier Kilogramm pro Kopf auf insgesamt 52 Kilogramm gesunken. Das sei der niedrigste Wert seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1989, teilte die Behörde mit. Im Zehn-Jahres-Vergleich sei der Pro-Kopf-Verzehr sogar um knapp neun Kilogramm gesunken (2012: 60,9). Am größten ist der Rückgang demnach beim Schweinefleisch. Hier aß jeder Deutsche im vergangenen Jahr im Schnitt 29 Kilogramm, 2020 waren es etwa 31 Kilogramm pro Person; 2012 sogar noch knapp 39 Kilogramm. Der Pro-Kopf-Verzehr von Rindfleisch sei im Vorjahres-Vergleich um 900 Gramm auf 8,7 Kilogramm, der von Geflügel um 400 Gramm auf 12,7 Kilogramm zurückgegangen. Alternativen zu Fleisch immer beliebter Als mögliche Gründe für den sinkenden Fleischverzehr nennt die BLE steigende Tendenzen zu einer pflanzenbasierten Ernährung in der Bevölkerung. Laut einer Studie der Organisation Good Food Institute Europe (GFI) wächst der Markt für pflanzliche Fleisch- und Milchalternativen tatsächlich weiter stark. Im Jahr 2022 sei der Umsatz mit derartigen Produkten in Deutschland um elf Prozent auf 1,91 Milliarden Euro gestiegen. Demnach sind die Umsätze in fast allen untersuchten Produktkategorien gestiegen.  Der Umsatz mit Fleischalternativen stieg in Deutschland laut GFI im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent auf 643 Millionen Euro. "Die Zahl der verkauften Produkte in dieser Kategorie ist zwischen 2020 und 2022 um 41 Prozent gestiegen, während die Verkäufe von vorverpacktem Fleisch aus der Tierhaltung um 13 Prozent zurückgegangen sind", erklärte die Organisation. Die größten Wachstumsraten habe es bei Alternativen zu Seafood, Sahne, Fertiggerichten und Desserts gegeben. Auch tierische Milch wird ersetzt Der Umsatz mit Alternativen zu tierischer Milch wie Hafer-, Mandel- oder und Sojamilch stieg den Angaben zufolge im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf 552 Millionen Euro. "Gemessen in verkauften Produkten ist der Markt für pflanzliche Milch seit 2020 sogar um 48 Prozent gewachsen, während der Markt für Kuhmilch um zwölf Prozent geschrumpft ist", erklärte das GFI weiter. Auch Alternativen zu weiteren Milchprodukten hätten sich besser verkauft, etwa pflanzlicher Käse und pflanzliche Eiscreme. Einzig bei pflanzlichem Joghurt seien die Umsätze leicht zurückgegangen. Fleisch- und Milchalternativen machen der Untersuchung zufolge mit Abstand die größten Kategorien im Markt für pflanzliche Ersatzprodukte aus. Die Organisation verweist darauf, dass pflanzliche Produkte deutlich weniger von der hohen Inflation betroffen waren: Die Preise für Fleisch und Kuhmilch seien bedeutend stärker gestiegen. Daten aus 13 Ländern Für die Untersuchung wertete das GFI Einzelhandelsdaten aus 13 europäischen Ländern aus. Im europäischen Vergleich ist Deutschland demnach der mit Abstand größte Markt für pflanzenbasierte Lebensmittel, die Umsätze sind hierzulande beinahe doppelt so hoch wie im zweitplatzierten Großbritannien (982 Millionen Euro).  Und "in keinem anderen westeuropäischen Land" seien die Umsätze 2022 stärker gestiegen als in Deutschland, erklärte das GFI. Im europäischen Durchschnitt wuchs der Umsatz mit pflanzlichen Alternativprodukten demnach um sechs Prozent.
/inland/gesellschaft/fleisch-pflanzliche-alternativen-101.html
2023-04-03
Die Zwölf-Milliarden-Euro-Frage
SPD und Kindergrundsicherung
Die SPD ist für die geplante Kindergrundsicherung. Doch während FDP und Grüne sich über die Kosten streiten, halten sich die Sozialdemokraten eher zurück. Warum eigentlich? Von Vera Wolfskämpf.
Die SPD ist für die geplante Kindergrundsicherung. Doch während FDP und Grüne sich über die Kosten streiten, halten sich die Sozialdemokraten eher zurück. Warum eigentlich? Grundsätzlich sind sich SPD, Grüne und FDP einig: Die Kindergrundsicherung soll kommen. Geplant ist, damit ab 2025 alle Leistungen zusammenzufassen: vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten und Freizeit. Für alle soll es einen festen Grundbetrag geben, dazu kommt ein einkommensabhängiger Zusatzbetrag. Doch wie viel darf die Kindergrundsicherung kosten? Darüber ist sich die Regierungskoalition nicht einig. Gerade hat sie den Streit über Gas- und Öl-Heizungen, über Planungsbeschleunigung und Klimaschutz abgeräumt, da entsteht der nächste Konflikt. Förderung vereinfachen oder erhöhen? Die Grünen wollen mehr Geld in die Hand nehmen, die FDP bremst. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) hat für die Finanzplanung zwölf Milliarden Euro angemeldet. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat dem eine Absage erteilt. Familien stünden bereits sieben Milliarden Euro mehr zur Verfügung, weil Kindergeld und Kinderzuschlag zu Jahresbeginn angehoben wurden. Nun plädiert der FDP-Minister dafür, die Förderungen zu vereinfachen, nicht unbedingt weiter zu erhöhen. Und die SPD? Müsste sie sich nicht vollkommen hinter das sozialdemokratische Projekt der Kindergrundsicherung stellen und die Grünen unterstützen? In der Sache tut sie das, betont Saskia Esken. Die SPD-Vorsitzende sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, die Kindergrundsicherung werde wie im Koalitionsvertrag vereinbart kommen. SPD zurückhaltend bei höheren Kosten Aber die "wesentliche Erhöhung der Leistungen" sieht Esken - wie der Finanzminister von der FPD - schon erledigt. Und auch Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich vergangene Woche im Bundestag mehr als zurückhaltend, noch mehr Geld auszugeben: Dass Kindergeld und Kinderzuschlag erhöht wurden, sei eine "große finanzielle Veränderung" zugunsten der Eltern, die berufstätig sind und trotzdem wenig Geld haben. Das Problem, da sind sich SPD-Chefin Esken und Kanzler Scholz ebenfalls einig: Der Kinderzuschlag werde nur von 30 Prozent der Berechtigten genutzt. "Das wollen und werden wir ändern und das ist das gemeinsame Projekt der Regierung", erklärte der Kanzler. Scholz, der als ehemaliger Finanzminister zur Schuldenbremse steht, unterstützt bei der Kindergrundsicherung also die FDP-Position. "Nur mehr Geld auf den Haufen zu werfen, bringt nichts", sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF: "Es muss auch bei den Familien ankommen." Die FDP will eine einfache, automatisierte Auszahlung der Gelder. Denn aus Unkenntnis oder wegen bürokratischer Hürden beantragen bisher nicht alle die Hilfen, die ihnen zustehen. Vorsichtige Kritik aus der SPD SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert übt zumindest Kritik an der FDP, sie dürfe die Kindergrundsicherung nicht blockieren: "Einfach nein zu sagen, wird nicht reichen, um die Diskussion zu überstehen", sagte er RTL und ntv. Aber ein Bekenntnis zu den zwölf Milliarden Euro kommt auch Kühnert nicht über die Lippen. Es gibt aber Stimmen in der SPD, denen die bisherigen Erhöhungen nicht reichen: Sönke Rix, stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag, betont, beim Bezug von Bürgergeld werde das Kindergeld als Einkommen verrechnet. Daher profitierten einige Familien nicht von der Erhöhung. Sozialverbände fordern mehr Geld Heinz Hilgers, der Präsident des Kinderschutzbundes, bedauert, dass die SPD die Forderung nach zwölf Milliarden Euro nicht offensiv unterstützt: "Ich finde es sehr schade, dass die SPD dieses Thema zurzeit fast ausschließlich den Grünen überlässt", sagte Hilgers dem ARD-Hauptstadtstudio. Die Kindergrundsicherung sei eine sozialdemokratische Idee. Nun unterstützen die traditionell SPD-nahen Sozialverbände und der Gewerkschaftsbund DGB die Grünen. Sie fordern unisono mehr Geld, um die Kinderarmut zu bekämpfen. Laut einer Analyse der Bertelsmann-Stiftung ist jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut bedroht.
/inland/innenpolitik/kindergrundsicherung-117.html
2023-04-03
Mitte-Rechts-Bündnis gewinnt die Wahl
Bulgarien
Das Mitte-Rechts-Bündnis des früheren Ministerpräsidenten Borissow hat die Parlamentswahl in Bulgarien gewonnen. Ihm stehen jedoch schwierige Koalitionsverhandlungen bevor. Insgesamt sechs Parteien ziehen in das Parlament in Sofia ein. mehr
Das Mitte-Rechts-Bündnis des früheren Ministerpräsidenten Borissow hat die Parlamentswahl in Bulgarien gewonnen. Ihm stehen jedoch schwierige Koalitionsverhandlungen bevor. Insgesamt sechs Parteien ziehen in das Parlament in Sofia ein. In Bulgarien hat das prowestliche Mitte-Rechts-Bündnis des früheren Ministerpräsidenten Boiko Borissow die Parlamentswahl gewonnen. Bei der fünften Wahl innerhalb von zwei Jahren erhielt GERB-SDS 26,5 Prozent der Stimmen. Das geht aus den vorläufigen Ergebnissen der Zentralen Wahlkommission nach Auszählung aller Wahlprotokolle hervor. Der ebenso prowestliche liberal-konservative Block PP-DB von Ex-Regierungschef Kiril Petkow landete demnach mit 24,5 Prozent auf Platz zwei. Beide Parteien unterstützen Ukraine Borissows Bündnis GERB-SDS hatte das zur EU und NATO gehörende Land bereits bis 2021 regiert. Sein Lager ist sich mit dem liberal-konservativen Wahlblock PP-DB einig über die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland. Beide befürworten auch Waffenlieferungen an das angegriffene Land. Die PP und DB waren bis Juni 2022 an einer Vier-Parteien-Regierung mit Petkow beteiligt, die per Misstrauensvotum gestürzt wurde. Das Bündnis GERB-SDS war 2021 nach Korruptionsvorwürfen und Protesten abgewählt worden. Korruption ist ein weit verbreitetes Problem in dem Land mit 6,5 Millionen Einwohnern. Gemessen an der Wirtschaftsleistung pro Kopf ist Bulgarien der ärmste EU-Mitgliedsstaat. Sechs Parteien im Parlament Insgesamt sechs Parteien haben die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament überwunden. Unter ihnen ist wieder die prorussische und nationalistische Wasraschdane (Wiedergeburt). Mit 14,1 Prozent wurde die 2014 gegründete Partei jetzt erstmals drittstärkste politische Kraft. Bei der vorgezogenen Parlamentswahl vor sechs Monaten hatte sie noch auf Platz vier mit 10,1 Prozent gelegen. Ins Parlament in Sofia ziehen noch die Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS) der türkischen Minderheit (13,7 Prozent) und die Sozialisten (8,9 Prozent) ein. Die populistische ITN des Entertainers Slawi Trifonow, die nach der vorausgegangenen Wahl 2022 außerhalb des Parlaments blieb, schaffte den Sprung ins Parlament gerade noch mit 4,1 Prozent. Koalitionsbildung wird schwierig Bei diesen Kräfteverhältnissen dürfte die Bildung einer neuen Regierung kompliziert werden, sind sich Politologen einig. Am Tag nach der Wahl war noch offen, ob eine große Koalition zustande kommen könnte. Spitzenpolitiker der bestplatzierten Parteien hielten sich bedeckt. Bis eine reguläre Regierung steht, wird das von Staatschef Rumen Radew angesichts der Neuwahl eingesetzte Übergangskabinett die Amtsgeschäfte weiter führen.
/ausland/europa/bulgarien-wahlen-2023-105.html
2023-04-03
Auslieferungsrekord bei Tesla
Elektroauto-Hersteller
Die Preissenkungen des E-Autobauers Tesla zeigen offensichtlich Wirkung: Das US-Unternehmen hat in den ersten drei Monaten des Jahres so viele Fahrzeuge an seine Kunden übergeben wie noch nie. mehr
Die Preissenkungen des E-Autobauers Tesla zeigen offensichtlich Wirkung: Das US-Unternehmen hat in den ersten drei Monaten des Jahres so viele Fahrzeuge an seine Kunden übergeben wie noch nie. Tesla hat einen Auslieferungsrekord zum Beginn seines Geschäftsjahrs gemeldet. Der Elektroauto-Hersteller übergab nach eigenen Angaben von Januar bis März 422.875 Fahrzeuge an seine Kunden. Verglichen mit dem Vorquartal stiegen die Auslieferungen um vier Prozent, verglichen mit dem Vorjahresquartal sogar um 36 Prozent. Die Produktion in der Zeit zwischen Januar und März bezifferte Tesla mit 440.808 Fahrzeugen. Was Elon Musk anpeilt Im Januar hatte Tesla-Chef Elon Musk angekündigt, das Unternehmen könne im laufenden Jahr die Grenze von zwei Millionen ausgelieferten Fahrzeugen erreichen. Das entspräche einem Plus von 52 Prozent zum Vorjahr. Ausgebremst wurde Tesla durch die schwachen wirtschaftlichen Aussichten und zunehmende Konkurrenz. Tesla hatte im Januar die Preise für seine Autos auf allen Märkten um bis zu 20 Prozent gesenkt, was viele Analysten als Beginn eines Preiskampfes ansehen. Das Unternehmen wollte mit dem Schritt die Nachfrage ankurbeln. Sinken die Preise weiter? Trotz des Rekords äußerten sich einige Branchenbeobachter enttäuscht. Experten hatten nach Zahlen des Datenanbieters Refinitiv im Durchschnitt mit 430.008 ausgelieferten Fahrzeugen gerechnet. Laut einer von FactSet zusammengestellten Schätzung wurde an der Börse erwartet, dass Tesla für das Quartal rund 432.000 Fahrzeuge ausliefern würde, wie das "Wall Street Journal" und CNBC berichteten. Offenbar herrscht über die Erwartungen des Marktes aber Unklarheit, denn anderen Angaben zufolge soll Tesla die Schätzungen übertroffen haben. Wenn Tesla die Preise nicht gesenkt hätte, wäre es unangenehm geworden, urteilte Gene Munster, Managing Partner bei Deepwater Asset Management. Die Tesla-Zahlen zeigten, dass die Konjunkturaussichten schwierig seien. Die Auslieferungen beschleunigten sich zwar, allerdings nicht auf das von Musk angesprochene Niveau, wie Munster feststellt. Laut Dan Levy, Autoexperte bei der Bank Barclays, könnte Tesla unter Druck geraten, die Preise weiter zu senken. Viele Autohersteller hätten nachgezogen, zudem hielten die Sorge wegen der schwächelnden Wirtschaft an. Das wiederum wirke sich auf die Margen aus. Worauf es im US-Markt ankommt Gleichwohl gelten Teslas Perspektiven für den US-Markt als eher positiv. In den USA dürfte die Nachfrage nach E-Autos in den kommenden Jahren rasch wachsen - mit starker Förderung durch die Regierung. Aber für europäische Autobauer sei der US-Markt schwierig, heißt es in einer Studie der Unternehmensberatung Berylls. Er sei viel fragmentierter als der chinesische Markt und der europäische Kernmarkt. Die Branchenexperten erwarten, dass 2030 jeder fünfte Neuwagen in den USA elektrisch fährt. Der Jahresabsatz dürfte bis dahin auf über 6,3 Millionen E-Autos steigen. In Anbetracht der Größe dieses Marktes und der Produktwünsche der amerikanischen Autofahrer könnten die Autobauer jedoch "die USA nicht länger als einen weiteren Absatzmarkt für den Verkauf ihrer auf Europa oder China ausgerichteten Fahrzeuge betrachten. Eine auf die USA zugeschnittene Produktstrategie ist erforderlich", mahnen die Berater. Großer Marktanteil von Tesla Die Unterschiede zwischen den Bundesstaaten in Bezug auf Bevölkerungsdichte, spezifische Kundenwünsche, Ausbau der Infrastruktur und Kaufanreize bis hinunter auf die kommunale Ebene seien groß, sagte Studienautor Henning Ludes. Das meistverkaufte Fahrzeug in den USA ist der Studie zufolge der Ford F-150 Pickup Truck. Bei den E-Autos sei Tesla mit 64 Prozent Marktanteil und 15 Prozent Gewinnmarge gut positioniert, um weite Teile des Wachstumspotenzials für Elektroautos in den USA zu nutzen.
/wirtschaft/unternehmen/e-autos-tesla-musk-auslieferungen-rekord-us-markt-101.html
2023-04-03
Israels Kabinett ebnet Weg für Nationalgarde
Umstrittenes Projekt
Um die Justizreform verschieben zu können, musste Israels Premier Netanyahu seinem rechtsextremen Koalitionspartner die Bildung einer Nationalgarde zusagen. Jetzt werden die Pläne für das umstrittene Projekt konkreter. Von Clemens Verenkotte.
Um die Justizreform verschieben zu können, musste Israels Premier Netanyahu seinem rechtsextremen Koalitionspartner die Bildung einer Nationalgarde zusagen. Jetzt werden die Pläne für das umstrittene Projekt konkreter. "Keine bewaffnete Miliz für Ben-Gvir", skandierte am vergangenen Samstag eine Gruppe von Frauen während der Massenproteste. Denn: Es war eine der großen Befürchtungen der Protestbewegung, dass Itamar Ben-Gvir, rechtsextremer Minister für Nationale Sicherheit im Kabinett von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, grünes Licht für die Bildung einer neu aufzustellenden Nationalgarde bekommen würde. Seit einer Woche, seit dem vorübergehenden Aussetzen der umstrittenen Justizreform durch Netanyahu, wusste die Öffentlichkeit, welchen politischen Preis sein Koalitionspartner Ben-Gvir für den Verbleib in der Regierung verlangt hatte: Das Umsetzen der von ihm geforderten Nationalgarde, wie dies bereits im Koalitionsvertrag, allerdings eher vage, fixiert worden war. Bei den Massendemonstrationen am Samstagabend trugen in Tel Aviv knapp ein Dutzend Männer schwarze Fantasieuniformen, schwarze Schirmmützen und schwarze Sturmhauben - zu den Klängen des "Star Wars"-Soundtracks. "Mit Feuer, mit Blut - die Diktatur wir schützen", rief ein junger Mann durch sein Megafon während des makaberen Protestumzugs der schwarzuniformierten Demonstranten.   Regierung beauftragt Bildung einer Nationalgarde Am Sonntag dann, während der allwöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem, beauftragte die Regierung die Bildung einer Nationalgarde - wie dies von Sicherheitsminister Ben-Gvir verlangt worden war. Innerhalb der nächsten drei Monaten solle eine Kommission, in der alle relevanten Sicherheitsdienste sowie die Armee vertreten sind, Vorschläge unterbreiten, welche Befugnisse diese Nationalgarde haben soll - und vor allem, wem sie unterstellt wird: dem Minister für Nationale Sicherheit, Ben-Gvir, oder dem Chef der israelischen Polizei. Ben-Gvir hat bereits mehrfach deutlich gemacht, dass diese Einheit ihm unterstellt werden müsse und dass diese Kräfte gegen potentielle Unruhen sowie zur Verbrechensbekämpfung in den arabischen Gemeinden in Israel eingesetzt werden solle. Auch entlang der Grenzen zu den palästinensischen Städten und Kommunen im besetzten Westjordanland würden diese Einheiten aktiv werden. Die neu aufzustellende Nationalgarde werde sich "ausschließlich" darum kümmern, hatte Ben-Gvir im Armeeradio angekündigt. Polizei und Geheimdienst gegen neue Garde Widerstand gegen die bislang noch unkonkreten Pläne kommt nicht allein von den Oppositionsparteien, sondern vor allem aus den Reihen der Polizeiführung Israels sowie des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet. Die Bildung einer Nationalgarde sei "unnötig und mit enorm hohen Kosten verbunden, die die persönliche Sicherheit der Bürger beeinträchtigen könnte", schrieb Polizeichef Kobi Shabtai in einem Brief an Ben-Gvir. Bei den Demonstranten, die seit 13 Wochen jeden Samstagabend zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, gibt es die Befürchtung, dass eine künftige Nationalgarde auch gegen die Protestbewegung eingesetzt werden könnte. Bereits Anfang März meinten Demonstrationsteilnehmer zu spüren, dass Sicherheitsminister Ben-Gvir die Polizei gegen sie aufhetzen würde: "Ich bin von Anfang an bei den Demonstrationen dabei gewesen. Und die Polizisten waren zu Beginn fantastisch. Es gab keine Gewalt und alles war perfekt mit ihnen abgestimmt. Wir haben uns an alle Abmachungen mit ihnen gehalten. Ab dem Moment aber, ab dem Ben-Gvir damit begann, die Polizisten auf uns zu hetzen, spüren wir die Gewalt vor Ort.“
/ausland/asien/israel-nationalgarde-101.html
2023-04-03
Verkauf des 49-Euro-Tickets startet
Nah- und Regionalverkehr
Das 49-Euro-Ticket ist ab 1. Mai für den Nah- und Regionalverkehr in ganz Deutschland gültig. Ab heute gibt es das Ticket überall offiziell im Vorverkauf. Die wichtigsten Informationen im Überblick. mehr
Das 49-Euro-Ticket ist ab 1. Mai für den Nah- und Regionalverkehr in ganz Deutschland gültig. Ab heute gibt es das Ticket überall offiziell im Vorverkauf. Die wichtigsten Informationen im Überblick. Wie soll das Ticket funktionieren? Das 49-Euro-Ticket soll den öffentlichen Nahverkehr preislich attraktiver machen und etwa Pendler dazu bewegen, vom Auto auf Busse und Bahnen umzusteigen. Denn ein großer Vorteil ist, dass man mit dem Ticket bundesweiten in allen Tarifzonen fahren kann, unabhängig von den jeweiligen Preisbedingungen. Zum 1. Mai startet das "Deutschlandticket" als monatlich kündbares Abo für 49 Euro. Verkauft wird das Ticket aber schon ab heute, dem 3. April. Je nach Verkehrsgesellschaft ist beim Kauf durchaus Eile geboten: Die Berliner Verkehrsbetriebe schreiben auf ihrer Webseite, dass Neukunden online jeweils bis zum 10. eines Monats ein neues Abo abschließen müssen, um im folgenden Monat das Deutschlandticket pünktlich nutzen zu können. Welche regionalen Unterschiede gibt es? Der öffentliche Nahverkehr ist in Deutschland Ländersache, und da jedes Bundesland eigene Vorstellungen hat, wie das 49-Euro-Ticket aussehen soll, läuft es im Detail auf einen Flickenteppich an Regelungen hinaus. Unterschiedliche Wege gehen die Bundesländer etwa bei den vergünstigten Varianten des geplanten "Deutschlandtickets" für junge Leute, Ältere oder arme Menschen. Auch bei Mitnahmeregelungen von Fahrrädern, Hunden und Kindern kann es regionale Unterschiede geben. Im Tarifgebiet des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg ist beispielsweise die Mitnahme eines Hundes erlaubt. Einzelne Bundesländer planen außerdem, das 49-Euro-Ticket für Geringverdienende oder junge Menschen günstiger anzubieten, etwa Bremen, Hessen oder das Saarland. Für welchen Zeitraum gilt das Ticket? Das Deutschlandticket gilt immer für den aktuellen Kalendermonat. Wer sich also erst am 15. eines Monats dafür entscheidet, muss trotzdem für den Zeitraum bis zum Monatsende die vollen 49 Euro zahlen. Grundsätzlich ist das Deutschlandticket als digital buchbares Abonnement gedacht. Wer nicht kündigt, erhält es für den nächsten Monat also automatisch weiter. Das Ticket kann aber stets zum Ende jeden Monats gekündigt werden. Das Ticket ist personengebunden und kann nicht auf andere Personen übertragen werden. Wie lange wird das Ticket 49 Euro kosten? Das ist offen. Klar ist nur: Ewig wird der Preis nicht zu halten sein. Bund und Länder sprechen ganz offen von einem "Einführungspreis", spätere Anhebungen sind also nicht ausgeschlossen. Forderungen von Verbraucherschützern nach einer Preisgarantie bis Ende 2025 ist die Politik nicht nachgekommen. In welcher Form gibt es das Ticket? Das Deutschlandticket ist digital über eine Smartphone-App oder eine Chipkarte verfügbar. Die App "Dein Deutschlandticket" ist in den App-Stores verfügbar, wie der Entwickler Mobility Inside bekannt gab. Die App soll es den Nutzern ermöglichen, das Abonnement schnell und einfach abzuschließen oder zu kündigen. Zunächst wird das Ticket aber auch in ausgedruckter Form akzeptiert. Denn es seien nicht alle Verkehrsbetriebe schon in der Lage, rein digitale Tickets anzubieten, und nicht alle Menschen seien digital versiert oder hätten ein Smartphone, um ein papierloses Ticket lösen zu können. Wird es auch ein Jobticket geben? Ja, das "Deutschlandticket" wird auch als Jobticket verfügbar sein. Bund und Länder einigten sich darauf, dass Unternehmen das Ticket fünf Prozent günstiger einkaufen können, wenn sie es mit mindestens 25 Prozent Rabatt an ihre Mitarbeiter weitergeben. Was passiert mit bestehenden Abo-Verträgen? Viele Verkehrsunternehmen und -verbünde haben bereits angekündigt, dass bestehende Abo-Verträge mit Laufzeiten nach dem 1. Mai automatisch auf das 49-Euro-Ticket umgestellt werden können. In anderen Fällen müssen die Fahrgäste jedoch selbst aktiv werden, um ihr Abo auf das neue Ticket umzustellen. Welche Regeln gelten für Studierende mit Semesterticket? Der Preis des 49-Euro-Tickets soll so verrechnet werden, dass Studentinnen und Studenten auf keinen Fall mehr als 49 Euro pro Monat bezahlen müssen, um bundesweit zu fahren. Das bedeutet, dass Studierende ausgehend vom Betrag ihres Semestertickets nur die Differenz bis zum Preis von 49 Euro für das Deutschlandticket bezahlen müssten. Wer bezahlt das alles? Die Kosten wollen Bund und Ländern gemeinsam je zur Hälfte tragen. Dabei geht es vor allem um den Ausgleich von Einnahmeausfällen bei den Verkehrsunternehmen wegen des günstigen Ticketpreises, der unter vielen sonst üblichen Abo-Tarifen liegt. Nach dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz kommen vom Bund von 2023 bis 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro, die Länder wollen ebenso viel aufbringen. Auch mögliche Mehrkosten sollen im ersten Jahr hälftig geteilt werden. Wie die Finanzierung langfristig weitergeht, muss noch geklärt werden. Das Hauptproblem ist, dass der Fahrkartenverkauf nach Branchenangaben schon aktuell nur etwa die Hälfte der Kosten deckt. Den Rest schießt die öffentliche Hand zu, denn Bussen und Bahnen in Deutschland fehlt chronisch Geld.
/wirtschaft/verbraucher/49-euro-ticket-123.html
2023-04-03
Gutachter fordern Reform der Milchviehhaltung
Umstrittene Praktiken
Wie viel Platz braucht eine Milchkuh? Soll sie Zugang zu einer Weide haben? Gesetzliche Mindestanforderungen für die Haltung der Tiere gibt es bislang nicht. Ein Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace sieht Reformbedarf. Von Eva Achinger.
Wie viel Platz braucht eine Milchkuh? Soll sie Zugang zu einer Weide haben? Gesetzliche Mindestanforderungen für die Haltung der Tiere gibt es bislang nicht. Ein Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace sieht Reformbedarf. Grasende Kühe vor einer atemberaubenden Bergkulisse, strahlend blauer Himmel - so wird das Leben von Kühen gerne auf Milchverpackungen oder in der Werbung dargestellt. Die Realität sieht anders aus. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums hat nur etwa jedes dritte Rind im Sommer Weidezugang. Der Großteil der Kühe lebt in Laufställen unter sehr unterschiedlichen Bedingungen. Zur artgerechten Unterbringung von Rindern, die älter als sechs Monate sind, gibt es bislang keine konkreten Vorgaben seitens des Gesetzgebers. "Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass es in Deutschland über 50.000 Milchviehbetriebe gibt", sagt Martin Hofstetter, Agrarexperte bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Und wenn man sich näher mit der Milchviehhaltung beschäftige, so der Lobbyist für Tiere und Umwelt, seien die Zustände teilweise erschreckend. Greenpeace hat deshalb ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das die Milchviehhaltung genauer untersucht und BR Recherche vorliegt. Das mehr als 40-seitige Papier stellt Defizite beim Tierschutz fest. Laut dem Gutachten, verfasst von einer renommierten Hamburger Anwaltskanzlei, hat sich eine Praxis etabliert, die tierschutzrechtliche Bedenken aufwirft. Ein Leben lang angebunden im Stall Ein Beispiel ist die sogenannte Anbindehaltung. Dabei werden die Tiere zum Beispiel mit einer Kette am Hals fixiert und stehen nebeneinander im Stall. Hinlegen und Aufstehen ist möglich, ein paar Schritte vor oder zurück kann die Kuh nicht machen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes leben zehn Prozent der Rinder in Deutschland in Anbindehaltung. Dem Gutachten zufolge kann die Anbindehaltung im Einzelfall den Straftatbestand der Tierquälerei erfüllen, verstoße jedenfalls aber gegen zentrale Gebote des Tierschutzgesetzes. "Bei dieser Haltungsform werden die Grundbedürfnisse der Rinder stark eingeschränkt", sagt Davina Bruhn, Anwältin für Tierschutzrecht, die das Rechtsgutachten mitverfasst hat. "Im Prinzip handelt es sich um eine Haltung, die vom Gesetzgeber nie wirklich erlaubt war", erklärt die Juristin. In der Praxis sei sie aber seit Jahrzehnten etabliert. "Anbindehaltung illegal und strafbar" Nie explizit erlaubt und auch nicht verboten - welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich daraus? "Wenn wir davon ausgehen - was Stand der Verhaltensforschung und der Veterinärmedizin ist -, dass die Tiere unter der Anbindehaltung leiden, dann bewegen wir uns nicht im Graubereich", sagt der Rechtsexperte Jens Bülte. Der Professor für Strafrecht an der Universität Mannheim geht davon aus, dass die dauerhafte Anbindehaltung gegen das Tierschutzgesetz verstößt und damit illegal und strafbar ist. In diesem Sinne urteilte auch das Verwaltungsgericht Münster im Dezember 2019. Eine Tierschutzbehörde hatte einem Tierhalter angeordnet, seinen Rindern im Sommer mindestens zwei Stunden täglich Auslauf zu gewähren. Die Klage des Bauern dagegen wurde abgewiesen. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit den stark eingeschränkten Grundbedürfnissen der Tiere durch die Anbindehaltung. Weiter könne es aufgrund der Bewegungsarmut vermehrt zu Erkrankungen und Schmerzen kommen, heißt es in der Urteilsbegründung. Bundesregierung will Rinderhaltung regeln Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, das Problem der Anbindehaltung zu lösen. Im Koalitionsvertrag heißt es, man wolle die Lücken in der Nutztierhaltungsverordnung schließen und die Anbindehaltung spätestens in zehn Jahren beenden. Eine Übergangsfrist von zehn Jahren sei völlig verfehlt, sagt die Juristin Bruhn. Um tierschutzgerechte Zustände in der Rinderhaltung zu schaffen, müsse der Gesetzgeber die Anbindehaltung sofort verbieten und Regeln für weitere Haltungsformen schaffen, heißt es in dem Rechtsgutachten. Bayern: 10.000 Betriebe binden Tiere ganzjährig an Vor allem in Süddeutschland halten Landwirte und Landwirtinnen ihre Tiere angebunden. In Bayern sind es rund 10.000 Betriebe, in denen die Tiere das ganze Jahr über angebunden sind, wie eine Landwirtschaftszählung 2020 ergeben hat. Das Bayerische Landwirtschaftsministerium schreibt auf BR-Anfrage, ein grundsätzliches Verbot der Anbindehaltung, das die Kombinationshaltung umfasst, werde aus bayerischer Sicht kategorisch abgelehnt. Ziel sei, Betriebe bei der Umstellung auf Laufställe oder eine Kombination aus Anbindehaltung und Weidegang beratend und finanziell zu unterstützen. Ganzjährige Anbindehaltung laut Bauernverband artgerecht Auch der Bayerische Bauernverband spricht sich auf BR-Anfrage gegen ein generelles Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung aus, befürwortet aber gleichzeitig die Weiterentwicklung und Alternativen. Auf die Frage, ob diese Haltungsform artgerecht sei, antwortet der Milchpräsident Peter Köninger: "Nach den fünf Freiheiten zur Beurteilung des Wohlbefindens von Tieren ist eine Kuh in Anbindehaltung frei von Hunger, geschützt und erfährt keine Schmerzen, keine Angst und keine psychischen Leiden". Jeder Tierhalter und jede Tierhalterin möchte, dass es den Tieren gut gehe, heißt es. Rechtsgutachten auch zur Schweinehaltung Das Rechtsgutachten fordert den Gesetzgeber auf, für Klarheit zu sorgen und nationale Mindestanforderungen für die Milchviehhaltung festzulegen. Bereits 2017 hatte Greenpeace mit einem Rechtsgutachten für Aufsehen gesorgt. In dem damaligen Gutachten ging es um die konventionelle Schweinehaltung und die Frage, ob diese mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist. Es folgte eine Normenkontrollklage, über die das Bundesverfassungsgericht noch in diesem Jahr entscheiden will.
/investigativ/br-recherche/milchviehhaltung-tierschutz-101.html
2023-04-03
Habeck überraschend zu Besuch in Kiew
Krieg gegen die Ukraine
Vizekanzler Habeck ist in die Ukraine gereist. Er kündigte an, die Energiepartnerschaft mit der Ukraine neu aufzusetzen. Eine Delegation deutscher Wirtschaftsvertreter begleitet ihn. mehr
Vizekanzler Habeck ist in die Ukraine gereist. Er kündigte an, die Energiepartnerschaft mit der Ukraine neu aufzusetzen. Eine Delegation deutscher Wirtschaftsvertreter begleitet ihn. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck ist zu politischen Gesprächen in die Ukraine gereist. Der Grünen-Politiker kam am Morgen mit einer kleinen Delegation deutscher Wirtschaftsvertreter in der Hauptstadt Kiew an. Themen der Reise sind der Wiederaufbau der von Russland angegriffenen Ukraine und die Zusammenarbeit im Energiebereich. Dafür will er die deutsch-ukrainische Energiepartnerschaft neu aufsetzen. Das kündigte der Wirtschaftsminister nach der Besichtigung eines der Umspannwerke des Energiekonzerns Ukrenergo an, welches eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Ukraine mit Energie versorgt. "Der Wunsch und die strategischen Pläne - und das sind ja Sicherheitspläne der Ukrainer - sind tatsächlich, das Energiesystem breiter und dezentraler aufzustellen", sagte Habeck. Das sei auch eine Einladung zum Abschied von fossilen Brennstoffen. Die Ukraine könne zum Energieexporteur Richtung Europa werden. Deutschland und die Ukraine haben seit 2020 eine formelle Energiepartnerschaft, die helfen soll, die Wende hin zu klimafreundlicheren Formen der Energieerzeugung voranzutreiben. Es geht unter anderem um die Steigerung der Energieeffizienz, die Modernisierung des Stromsektors, den Ausbau erneuerbarer Energien und das Einsparen von Treibhausgasen. Die Ukraine solle ein klares Zeichen dafür bekommen, "dass wir daran glauben, dass sie siegreich sein wird, dass sie wiederaufgebaut wird, dass es ein Interesse von Europa gibt, nicht nur in der Not zu unterstützen, sondern dass die Ukraine auch ein wirtschaftlich starker Partner in der Zukunft sein wird", hatte Habeck bereits bei seiner Ankunft am Bahnhof in Kiew gesagt. Erstmals seit Kriegsbeginn in der Ukraine Habeck bereist erstmals seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar vergangenen Jahres das Land - und zum ersten Mal überhaupt als Bundesminister. Seine Reise sei eigentlich schon für den vergangenen Herbst geplant gewesen, habe dann aber wegen der Winteroffensive der Russen in der Ukraine vertagt werden müssen, sagte Habeck. Er war zuletzt im Mai 2021 als Grünen-Vorsitzender in der Ukraine gewesen. Er habe erst kommen wollen, wenn er etwas mitbringen könne, sagte der Minister auf der Hinfahrt in einem Sonderzug. Was das sei? "Eine Wirtschaftsdelegation, die der Ukraine die Hoffnung macht, dass es nach dem Krieg wieder einen Wiederaufbau geben wird." "Konkrete Investitionsentscheidungen" seien entweder schon gefallen oder sollten noch getroffen werden, erklärte Habeck. "Signal an Ukrainerinnen und Ukrainer" Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, der Habeck begleitet, bezeichnete die Reise als "Signal an die Ukrainerinnen und Ukrainer, dass auch die deutsche Wirtschaft zu ihnen steht". Zudem seien viele deutsche Unternehmen weiterhin in der Ukraine aktiv und es gehe darum, sowohl deren Probleme zu verstehen als auch den Wiederaufbau des Landes in den Blick zu nehmen.
/ausland/europa/ukraine-habeck-101.html
2023-04-03
Pariser stimmen für Leihroller-Verbot
Umstrittene E-Scooter
Die Wahlbeteiligung war gering, aber das Ergebnis deutlich: Die Bewohner von Paris haben dafür votiert, den Verleih von E-Scootern zu verbieten. Bürgermeisterin Hidalgo sprach von einem "Sieg der lokalen Demokratie". mehr
Die Wahlbeteiligung war gering, aber das Ergebnis deutlich: Die Bewohner von Paris haben dafür votiert, den Verleih von E-Scootern zu verbieten. Bürgermeisterin Hidalgo sprach von einem "Sieg der lokalen Demokratie". Die Bewohner von Paris haben mit großer Mehrheit für ein Verbot des E-Scooter-Verleihs in der Stadt gestimmt. Bei einer Bürgerbefragung sprachen sich am Sonntag 89 Prozent für die Abschaffung der Mietroller aus. Elf Prozent stimmten für eine Beibehaltung der Roller in der französischen Hauptstadt, wie die Stadtverwaltung mitteilte. Allerdings beteiligten sich nur 7,46 Prozent der rund 1,3 Millionen in die Wählerlisten eingetragenen Einwohner an der Abstimmung. Davon unabhängig betrachtet Paris den Ausgang der Bürgerbefragung aber als bindend. "Ein Sieg der lokalen Demokratie" "Die Bürger haben sich klar gegen die E-Scooter ausgesprochen", sagte Bürgermeisterin Anne Hidalgo im Rathaus. "Ab dem 1. September gibt es keine Leihroller mehr in Paris. Dies ist ein Sieg der lokalen Demokratie." Trotz des schwachen Widerhalls, den die Befragung in der Stadt fand, sagte die Bürgermeisterin, dass es beeindruckend sei, dass rund 100.000 Einwohner an die Wahlurnen gegangen seien. Hidalgo, die den Anstoß für die Befragung gab, hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass sie die Scooter lieber aus der Stadt verbannt sehen will. Die Benutzung von privaten E-Scootern soll auf jeden Fall nicht eingeschränkt werden. Anbieter dürften Widerstand leisten Drei Vermieter bieten in Paris rund 15.000 E-Scooter an, mit denen Touristen und Einheimische oft recht unvorsichtig unterwegs sind. Es gibt Unfälle und Chaos auf den Bürgersteigen sowie den Ruf nach einem Verbot. Die Lizenz für die Vermieter läuft Ende August aus. Das Aus für die E-Scooter in der Metropole Paris dürften die Anbieter nicht widerstandslos hinnehmen. Sie hatten bereits die Sorge geäußert, dass es auch anderenorts zu Verboten kommt.
/ausland/europa/paris-e-scooter-verbot-101.html
2023-04-03
OPEC+ kürzt überraschend die Produktion
Ölpreis steigt
Der Öl-Verbund OPEC+ hat unter der Führung von Saudi-Arabien eine überraschende Drosselung der Erdölförderung angekündigt. Damit dürfte die Zeit tendenziell fallender Ölpreise vorerst zu Ende sein. mehr
Der Öl-Verbund OPEC+ hat unter der Führung von Saudi-Arabien eine überraschende Drosselung der Erdölförderung angekündigt. Damit dürfte die Zeit tendenziell fallender Ölpreise vorerst zu Ende sein.   Saudi-Arabien und andere Mitgliedsländer des Ölverbunds OPEC+ wollen überraschend die Ölproduktion drosseln. Von Mai an dürfte die Produktion damit um rund eine Million Barrel (je 159 Liter) pro Tag niedriger ausfallen. Saudi-Arabien führte das Kartell gestern mit einer Förderkürzung von 500.000 Barrel pro Tag an. Das saudische Energieministerium erklärte, es handele sich um eine "freiwillige Kürzung". Die Maßnahmen zielten darauf ab, den Ölmarkt zu stabilisieren. Das Ölangebot wird sinken Andere Mitglieder wie Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate und Algerien folgten dem Beispiel, während Russland seine Produktionskürzung bis Ende 2023 fortsetzen will. Diese Kürzung war im März in Kraft getreten und sollte eigentlich Ende Juni auslaufen. Damit dürften von Mai an rund eine Million Barrel Rohöl pro Tag weniger auf den Markt strömen als bisher erwartet. Ab Juli sind es dann mehr als eineinhalb Millionen Barrel weniger als bisher gedacht, da ab diesem Zeitpunkt die verlängerte Kürzung Russlands hinzukommt. Die Welt muss damit ab Mitte des Jahres mit deutlich weniger Erdöl aus Ländern des Kartells auskommen. Überraschend kommt der jetzige Schritt nicht nur, weil Änderungen in der Produktion normalerweise nach fest terminierten Beratungen stattfinden. Auch hatten die OPEC-Staaten bis zuletzt eine konstante Förderung signalisiert. So hatte etwa der saudische Energieminister Abdulaziz bin Salman noch vor wenigen Wochen gesagt, das Produktionsziel der Opec+ solle bis Ende des Jahres beibehalten werden. Ölpreis zieht an In den vergangenen Wochen hatten die Ölpreise tendenziell unter Druck gestanden. Im März waren sie auf den niedrigsten Stand seit Ende 2021 gefallen. Diese Preisentwicklung könnte eine Erklärung für die jetzige Förderkürzung sein. Hintergrund der fallenden Preise waren zum einen Rezessionsängste infolge des Ukraine-Kriegs und der starken Zinsanhebungen vieler Notenbanken. Hinzu kamen zuletzt die Turbulenzen im Bankensektor der USA und in Europa. Vergangene Woche hatten sich die Rohölpreise wieder etwas erholt. Da am Wochenende kein Handel stattfindet, sind die Reaktionen am Markt heute zu sehen. Sowohl die Preise für ein Barrel (159 Liter) WTI als auch für die Sorte Brent ziehen kräftig an.    Die US-Investmentbank Goldman Sachs reagierte und hob ihre Prognose für die Sorte Brent bis Ende des Jahres auf 95 Dollar pro Barrel und für 2024 auf 100 Dollar an.
/wirtschaft/konjunktur/wti-brent-opec-russland-oelpreis-101.html
2023-04-03
Schwarz-rote Harmonie - und ein "Restrisiko"
CDU-SPD-Bündnis in Berlin
Drei Wochen lang rangen CDU und SPD in Berlin - nun steht ihr Koalitionsvertrag: CDU-Chef Wegner kam der SPD weit entgegen. Geht sein Kalkül auf - oder ist die schwarz-rote Harmonie von kurzer Dauer? Von S. Müller und T. Gabriel.
Drei Wochen lang rangen CDU und SPD in Berlin - nun steht ihr Koalitionsvertrag: CDU-Chef Wegner kam der SPD weit entgegen. Geht sein Kalkül auf - oder ist die schwarz-rote Harmonie von kurzer Dauer? Wer hat sich durchgesetzt, wer hat "gewonnen"? Ohne diese Frage geht es nicht, wenn Koalitionsverträge vorgestellt werden. Im Fall der Berliner Verhandler schien sie schon vor der endgültigen Präsentation beantwortet. In den vergangenen Wochen hatte sich weitgehend die Lesart durchgesetzt, die Zwischenergebnisse klängen doch sehr sozialdemokratisch. Die SPD nutze den Druck ihres Mitgliederentscheids, um der CDU (zu) viel abzuverhandeln. Da sind zum Beispiel die Milliardenausgaben, um den Anteil an landeseigenen Wohnungen zu erhöhen, das Bekenntnis zum Vergabemindestlohn, die Rekommunalisierung von Fernwärme und GASAG oder das geplante Rahmengesetz für Enteignungen großer Wohnungsbaukonzerne, um nur ein paar zu nennen. Viele Wünsche der CDU gehen auf Nun ist der Koalitionsvertrag da und ganz so eindeutig kann die Gewinner-Verlierer-Rechnung nicht sein, wenn die Berliner Grünen beklagen, die CDU habe sich auf ganzer Linie durchgesetzt und die Hauptstadt-FDP kritisiert, die Christdemokraten hätten ihre Wahlkampf-Positionen verkauft, nur um ins Rote Rathaus zu kommen. Tatsächlich trägt das 135-seitige Papier vor allem in den Bereichen Inneres und Bildung die klare Handschrift der CDU. Im Kapitel "Inneres, Sicherheit und Ordnung" steht vieles, was in der aktuellen Koalition mit Grünen und Linken nicht machbar gewesen wäre: Der Wunsch nach mehr Online-Durchsuchungen und Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung, die Nutzung von Bodycams bei Einsätzen in privaten Wohnräumen, mehr Videoüberwachung und Messerverbotszonen an kriminalitätsbelasteten Orten, bis zu fünf Tage Präventivhaft statt bisher zwei. Außerdem soll der finale Rettungsschuss rechtssicher geregelt werden. Die SPD gibt den Grundton vor Bei der Bildung will sich Berlin auf Druck der CDU von einem jahrzehntelangen Sonderweg verabschieden: Religion soll ordentliches Unterrichtsfach werden. Die Christdemokraten und die Kirchen fordern es seit langem, konnten sich bisher aber nie durchsetzen. Nun soll, was bisher ein freiwilliges Angebot in den Randstunden war, bald als Wahlpflichtfach unter dem Namen "Weltanschauungen/Religionen" reguläres Lehrfach sein. CDU-Geist atmet auch das klare Bekenntnis zum grundständigen Gymnasium im Koalitionsvertrag und die geplante Abschaffung des Probejahrs am Gymnasium. Stattdessen soll ein Eignungstest eingeführt werden. Die SPD kann sich neben inhaltlichen Themenschwerpunkten auf die Haben-Seite schreiben, den Grundton des Koalitionsvertrags vorgegeben zu haben: Das klare Bekenntnis zu Vielfalt, Offenheit und Teilhabe zieht sich durch das Papier. Für die CDU ist es ein kleiner Absolutionsversuch, nachdem sie sich für ihre Vornamen-Abfrage nach den Silvesterkrawallen Rassismusvorwürfe eingehandelt hatte. Wegner treibt ein Kalkül an Unterm Strich stimmt, was viele schon während der noch laufenden Koalitionsverhandlungen mutmaßten: CDU-Chef Kai Wegner ist der SPD weit entgegengekommen - in jedem Falle weiter, als er es hätte tun müssen angesichts des Wahlergebnisses, das die Sozialdemokraten am 12. Februar eingefahren hatten. Das hat allerdings weniger mit Verhandlungsgeschick der SPD zu tun, sondern vor allem mit Wegners Kalkül. Schon im Wahlkampf hatte er davon gesprochen, eine Regierung bilden zu wollen, bei der sich die Partner auf Augenhöhe begegnen: Man müsse sich in einer Koalition auch gegenseitig Erfolge gönnen. Das war natürlich ein Seitenhieb auf das derzeit noch amtierende Bündnis von SPD, Grünen und Linken. Die waren sich in den vergangenen sechs Jahren allzu oft in die Haare geraten, Meinungsverschiedenheiten wurden gern öffentlich ausgetragen. Zustimmung gibt es nicht zum Nulltarif Deshalb war für Wegner klar: Gute Stimmung ist wichtig für gutes Regieren. Dafür war er auch inhaltlich zu Kompromissen bereit. Gerungen wurde nur dort, wo es Wegner nötig schien. Akzente zu setzen, um Signale in die eigene Partei zu senden. Solche Signale braucht es auf CDU-Seite allerdings weit weniger als gegenüber den Sozialdemokraten. Denn bei der CDU muss lediglich ein Parteitag dem Koalitionsvertrag zustimmen. Es gibt keinen Zweifel daran, dass dies passieren wird. Wegner hätte sogar noch mehr Spielraum für Kompromisse gehabt. Die CDU bekommt nach 22 Jahren das Rote Rathaus - da kann man an anderer Stelle auch gelassen bleiben. Bei der SPD hingegen entscheiden die Mitglieder darüber, ob Wegner Regierender Bürgermeister wird oder nicht. Diese Zustimmung ist für Wegner nicht zum Nulltarif zu haben. Auch deshalb erscheint es aus seiner Perspektive klug, es der SPD zu überlassen, welchen Geist dieser Koalitionsvertrag atmet. Ein Kernthema liegt bei Giffey Schlussendlich trifft das auch auf die Ressortverteilung zu. Die SPD hat mit dem Innenressort und dem Stadtentwicklungsbereich zwei ihrer Wünsche erfüllt bekommen. Dass die Innenpolitik auch künftig SPD-verantwortet ist, war den Sozialdemokraten auch angesichts des Wahlkampfes wichtig. Die CDU hatte sich mit ihrer Frage nach den Vornamen von deutschen Tatverdächtigen der Silvesterkrawalle von ihrer konservativsten Seite gezeigt. Wäre das Innenressort an sie gegangen, hätte das den Widerstand innerhalb der SPD gegen ein Bündnis mit der CDU noch verstärkt. Der Stadtentwicklungsbereich schließlich dürfte das neue Arbeitsfeld von SPD-Chefin Franziska Giffey werden. Es scheint zwar eher aussichtslos, dass sie hier am Ende mit den großen Erfolgszahlen glänzen kann, aber Bauen und Wohnen sind schon jetzt, als Noch-Regierende Bürgermeisterin, ihre Kernthemen. Die Einarbeitungszeit ins neue Amt dürfte für sie weitgehend entfallen, was angesichts von nur dreieinhalb Jahren verbleibender Regierungszeit kein unwichtiger Aspekt ist. Vertrauen entstand durch Verhandlungen Sollten die SPD-Mitglieder dem Koalitionsvertrag zustimmen, käme es zu einer Regierungskoalition, die zumindest nicht die schlechtesten Startvoraussetzungen hätte: Die Hauptakteure können gut miteinander. Die Harmonie hat die Koalitionsverhandlungen nicht nur überdauert, sondern ein Vertrauensverhältnis ist überhaupt erst dabei entstanden. SPD-Chefin Giffey sprach von Demut im Angesicht des Wahlergebnisses. De facto ist diese Koalition aber auch ein Bündnis der Demütigung für die Sozialdemokraten - und für Giffey persönlich. Sie muss raus aus dem Roten Rathaus und ist nun nicht mehr die Nummer Eins. CDU sieht ein "Restrisiko" Kann Giffey auch Nummer Zwei, fragen sich manche. Wird sie sich brav hinter einem Regierenden Bürgermeister Wegner einreihen? Die Auftritte nach den Koalitionsverhandlungsrunden und bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags lassen es vermuten. Aber "ein Restrisiko bleibt", sagt ein Christdemokrat, der in der Spitzengruppe mitverhandelt hat. Doch davon lässt man sich auf CDU-Seite die gute Laune nicht trüben. Und auch nicht von dem Wissen, dass die SPD schon vor dem Start der Verhandlungen angekündigt hatte, bei der Wahl 2026 wieder stärkste Kraft werden zu wollen. Die Sozialdemokraten wollten in der schwarz-roten Koalition nur "überwintern", heißt es bei der CDU. In der Hoffnung, dass es danach wieder politischer Frühling für sie werde.
/inland/innenpolitik/berlin-cdu-spd-koalitions-vertrag-101.html
2023-04-03
Verstaatlichung - inklusive Sicherheitsrisiko?
Gaskonzern
Hat sich der Bund durch die Verstaatlichung der einstigen Gazprom Germania russische Spitzel ins Haus geholt? Nach Recherchen des WDR soll es im vergangenen Jahr entsprechende Hinweise zu mehreren Mitarbeitern gegeben haben. mehr
Hat sich der Bund durch die Verstaatlichung der einstigen Gazprom Germania russische Spitzel ins Haus geholt? Nach Recherchen des WDR soll es im vergangenen Jahr entsprechende Hinweise zu mehreren Mitarbeitern gegeben haben. Nur wenige Wochen nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine trat Robert Habeck bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Berlin vor die Kameras. Der Bundeswirtschaftsminister schätzt die freie Rede. Nun aber zog er seine Brille auf, schaute sehr ernst und las vom Blatt ab. "Ich möchte Sie heute über eine rechtliche Anordnung informieren", so der Grünen-Politiker Anfang April vergangenen Jahres. Der Staat werde die Gazprom Germania, das deutsche Tochterunternehmen von Russlands Gas-Giganten, unter die treuhänderische Verwaltung der Bundesnetzagentur stellen. Angesichts der drohenden Energiekrise und neuer Sanktionen des Kreml-Regimes gegen Konzerne in Europa sei der Schritt "zwingend notwendig", erklärte Habeck. Das Unternehmen betreibe hierzulande kritische Infrastruktur und sei "für die Gasversorgung in Deutschland von überragender Bedeutung." Im November vergangenen Jahres dann erfolgte die Verstaatlichung der Gazprom Germania. Kosten für die Steuerzahler: ein zweistelliger Milliardenbetrag. Für die Beschäftigten hatte die staatliche Übernahme zunächst keine Auswirkungen, die bestehenden Arbeitsverträge der rund 1500 Mitarbeitenden hatten weiter Bestand. Gefragt nach Sicherheitsüberprüfungen bei den Mitarbeitern dieses für die deutsche Energieversorgung zentralen Unternehmens erklärt die Firma: Allgemeine Sicherheitsüberprüfungen der Mitarbeiter hätten nicht stattgefunden, da diese arbeitsrechtlich nicht zulässig seien. Verbindung zu russischen Geheimdiensten? Und so wurden vom Bund offenbar auch Mitarbeiter übernommen, die in deutschen Sicherheitsbehörden als potenzielles Risiko gesehen werden. Nach Recherchen des WDR standen bereits im vergangenen Jahr mehrere Beschäftigte der verstaatlichten Nachfolgegesellschaft im Verdacht, mit russischen Geheimdiensten in Verbindung zu stehen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) soll sich entsprechende Personen dann genauer angesehen haben - auch, weil die Beschäftigten offenbar über Zugang zu vertraulich eingestuften Dokumenten zur deutschen Energieversorgung verfügten. Insbesondere eine Person, die im Unternehmen unter anderem für Sicherheit und Datenschutz zuständig gewesen sein soll, soll nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden im Verdacht stehen, über beste Kontakte zum Kreml zu verfügen. Eine Sprecherin des Unternehmens, das nach der Verstaatlichung in "Sefe - Securing Energy for Europe" umbenannt wurde, erklärte auf Anfrage, offiziell habe es zu keinem Zeitpunkt Informationen zu möglichen geheimdienstlichen Aktivitäten zu oben genannter Person gegeben. Konkret zu der Person befragt, erklärt das Unternehmen: "Inoffiziellen Hinweisen ist Sefe nachgegangen und hat geeignete Maßnahmen zum Schutz sensibler Informationen ergriffen. Sefe steht zu inoffiziellen Hinweisen in engem Austausch mit den zuständigen Sicherheitsbehörden. Konkrete Anzeichen für mögliche Aktivitäten liegen Sefe nicht vor und wurden auch von den Behörden nicht bestätigt." Man sei sich der Bedeutung der Spionageabwehr für das Unternehmen - und damit für die Energieversorgung Deutschlands und Europas - bewusst und habe seit der Einrichtung der Treuhand auf diesem Gebiet Maßnahmen ergriffen. Beispielsweise seien die Büroräume der Geschäftsleitung abhörsicher gemacht worden. Gas als Waffe Welche Schlüsselrolle die einstige Deutschlandtochter des Gazprom-Konzerns für die deutsche Energieversorgung spielt, wurde der breiten Öffentlichkeit wohl erst durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bewusst. Am 24. Februar 2022, mitten im Winter, ordnete Wladimir Putin den Angriff auf die Ukraine an. Schnell wurde klar, dass der russische Diktator auch Gas als Waffe einsetzen würde. Deutschland drohte die größtmögliche Energiekrise. Zum Glück, so konnte man meinen, besaß Deutschland den größten Gasspeicher Europas in Rehden. In Hohlräumen, zwei Kilometer unter der Erdoberfläche, können hier knapp vier Milliarden Kubikmeter Erdgas lagern. Deutschlands Notreserve für Krisenzeiten. Doch die Füllstände standen bei einem Prozent. Die Notreserve war leer.  Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass die Gasspeicher ausgerechnet kurz vor Kriegsbeginn geleert wurden. Über ihre Tochterfirma Astoria war ausgerechnet Gazprom Germania die Besitzerin des Gasspeichers. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte einen entsprechenden Deal mit der BASF-Tochter Wintershall 2015 zur Chefsache gemacht und durchgewunken. Ein Jahr nach der russischen Annexion der Krim übernahm Gazprom Germania den begehrten Gasspeicher in Niedersachsen, im Gegenzug wurde die Wintershall an einem sibirischen Gasfeld beteiligt. Über eine weitere Tochter, Wingas, war das Unternehmen zudem eine große Nummer im Gashandel, versorgte auch zahlreiche Stadtwerke, regionale Versorger und Industriebetriebe mit russischem Gas. Gazprom hat sich mit seinem Deutschlandableger tief in den deutschen Energiemarkt eingekauft. Kurz nach der Wende gegründet, mauserte sich Gazprom Germania zu einer internationalen Unternehmensgruppe, aktiv in 16 Ländern, mit 50 Unternehmen und derzeit 1500 Mitarbeitern. Wenige Wochen nach Kriegsbeginn bereitete der Energiekonzern der Regierung dann große Sorge. Schließlich verstaatlichte der Bund das Schlüsselunternehmen. Die größtmögliche Energiekrise konnte unter anderem mit diesem Schritt abgewendet werden. Deutschlands Wohnzimmer blieben im Winter warm, die Unternehmen produzierten weiter. Fraglich ist allerdings, ob dem Bund in Gänze bewusst war, welche Risiken mit der Übernahme der Gazprom Germania offenbar einhergingen. Offenbar erste Warnungen im vergangenen Jahr So soll es im vergangenen Jahr bereits aus dem Umfeld des Unternehmens erste Warnungen an deutsche Sicherheitsbehörden gegeben haben. Dabei soll der Verdacht geäußert worden sein, dass einige Mitarbeiter wohl enge Verbindungen zu russischen Geheimdiensten pflegen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Beschäftigte des Unternehmens mit Geheimdiensten in Verbindung gebracht wurden: So sorgten 2008 der damalige Finanzchef sowie der Personalleiter für Schlagzeilen, weil beide früher für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR tätig gewesen waren. Die Bundesnetzagentur, die im vergangenen Jahr zunächst für die treuhänderische Verwaltung von Gazprom Germania zuständig war, teilte auf Anfrage mit, ihr seien zumindest keine "konkreten Hinweise" auf mögliche Geheimdienstverflechtungen bekannt gewesen. Dennoch habe man "unmittelbar nach Beginn der Treuhandverwaltung einen Generalbevollmächtigten bestellt, der mit einem externen Beraterteam alle zentralen Geschäftsfunktionen übernommen hat", so ein Sprecher der Behörde. "Kritische Informationen und wesentliche Entscheidungen wurden nicht mehr durch die bisherigen Vertreter des Unternehmens verantwortet."
/investigativ/wdr/gazpromgermania-verstaatlichung-russland-spionage-101.html
2023-04-03
Wurden Daten über Militärstandorte gesammelt?
Chinesischer Ballon in den USA
Ein Anfang Februar über den USA abgeschossener Ballon soll Medienberichten zufolge Informationen über Militärstandorte gesammelt haben. Zudem soll er in der Lage gewesen sein, diese nach China zu senden. mehr
Ein Anfang Februar über den USA abgeschossener Ballon soll Medienberichten zufolge Informationen über Militärstandorte gesammelt haben. Zudem soll er in der Lage gewesen sein, diese nach China zu senden. Der chinesische Beobachtungsballon, der Anfang Februar von den USA über dem Atlantik abgeschossen wurde, soll übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge Informationen über mehrere amerikanische Militärstandorte gesammelt haben. Der Ballon soll auch Informationen in Echtzeit nach Peking übermittelt haben, berichteten die Sender CNN und NBC News unter Berufung auf mit der Sache vertraute Quellen. Eine solche Übertragung könne man nicht bestätigen, erklärte eine Pentagon-Sprecherin dazu. Die Analyse hierzu sei noch nicht abgeschlossen. China weist Vorwürfe zurück Anfang Februar hatte das US-Militär den Ballon nach tagelangem Überflug über die USA abgeschossen. Die USA bezichtigten China der Spionage, Peking wies das zurück: Es habe sich um einen unbemannten zivilen Wetterballon gehandelt, der versehentlich vom Kurs abgekommen sein, hieß es. Washington teilte damals mit, die USA hätten während des Überflugs unmittelbar Schritte unternommen, um die Sammlung sensibler Informationen durch den Ballon zu verhindern und dessen nachrichtendienstlichen Wert für China zu verringern. China sei in der Lage gewesen, den Ballon so zu steuern, dass er einige der Standorte mehrfach überfliegen konnte, berichtete NBC News unter Berufung auf hochrangige Regierungsbeamte. Es hätten noch viel mehr Informationen von sensiblen Standorten gesammelt werden können, hätte die US-Regierung die Fähigkeit des Ballons nicht eingeschränkt. Grundsätzlich sei ihr Nutzen im Vergleich zu Informationen, die China mit erdnahen Satelliten sammeln könne, aber begrenzt. Laut NBC war der Ballon mit einem Selbstzerstörungsmechanismus ausgerüstet, der von China ferngesteuert werden konnte. Es sei nicht klar, ob dieser versagt habe oder bewusst nicht ausgelöst wurde.
/ausland/amerika/usa-china-spionageballon-113.html
2023-04-03
SPD kritisiert FDP-Blockade
Kindergrundsicherung
Der Koalitionsstreit um die Kindergrundsicherung geht weiter. Nach den Grünen kritisiert nun auch SPD-Generalsekretär Kühnert Finanzminister Lindner, der erklärt hatte, er sehe kaum Spielraum im Haushalt. Auch von anderen Seiten kommt Kritik. mehr
Der Koalitionsstreit um die Kindergrundsicherung geht weiter. Nach den Grünen kritisiert nun auch SPD-Generalsekretär Kühnert Finanzminister Lindner, der erklärt hatte, er sehe kaum Spielraum im Haushalt. Auch von anderen Seiten kommt Kritik. Im Koalitionsstreit um die Kindergrundsicherung hat SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert Kritik an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geübt. "Einfach nein sagen, wird nicht reichen, um die Diskussion zu überstehen", sagte Kühnert bei RTL und n-tv. Er wies darauf hin, dass die Kindergrundsicherung Teil des Koalitionsvertrages ist. "Wir haben eine klare Verabredung - die Kindergrundsicherung soll kommen und wird kommen." Wenn im Koalitionsvertrag vereinbart werde, dass die Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut ein zentrales Anliegen sei, müsse auch alles dafür getan werden, betonte Kühnert. Dazu würden neben der Finanzierung aber auch Vorschläge zählen, wie das Geld besser abgerufen werden könne. Nur 30 Prozent der Menschen würden aktuell den Kinderzuschlag für Familien mit geringem Einkommen abrufen, sagte Kühnert. Esken will Anzahl der Empfänger erhöhen Auch SPD-Parteichefin Saskia Esken sprach sich dafür aus, die Anzahl der Empfänger bereits bestehender Leistungen wie dem Kinderzuschlag deutlich zu erhöhen. "Ich will, dass der Anteil derer, die die Leistungen in Anspruch nehmen, von derzeit gerade mal 30 Prozent auf mindestens 80 Prozent steigt", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt übte ebenfalls Kritik an Lindner: Sie warf dem FDP-Chef vor, die Lebensrealität von Eltern nicht zu berücksichtigen. "Viele Eltern, insbesondere Alleinerziehende, können doch gerade deshalb nicht im gewünschten Umfang arbeiten, weil sie Kinder haben und die Kinderbetreuung in Deutschland immer noch ausbaufähig ist", sagte Schmidt den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Kritik an Familienministerin Paus Aber auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) steht wegen der von ihr geforderten zwölf Milliarden Euro pro Jahr für eine Finanzierung der ab 2025 geplanten Kindergrundsicherung weiter in der Kritik. Die Bundesregierung müsse "endlich Prioritäten setzen und auch in der Familienpolitik staatliche Leistungen auf ihre Wirksamkeit überprüfen", forderte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU) gegenüber der "Bild". Paus jedoch arbeite offenbar nach dem Motto "viel (Geld) hilft viel". "Nur mehr Geld auf den Haufen zu legen, bringt nichts", meint auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Er dringt deshalb vor allem auf eine Vereinfachung der Antragsverfahren für familienpolitische Leistungen. "Familien, die es schwerer haben, wollen sich nicht mit aktenweise Bürokratie herumschlagen", sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Derzeit sei das Problem, dass verfügbares Geld nicht abgerufen werde, weil das Verfahren "zu bürokratisch ist". Es gehe darum, mit dem vorhandenen Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger auszukommen. Er forderte, Prozesse zu digitalisieren und zu vereinfachen. Lindner hatte ablehnende Haltung bekräftigt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte am Wochenende seine ablehnende Haltung der Kindergrundsicherung bekräftigt. Für Familien mit Kindern sei bereits viel passiert, sagte Lindner der "Bild am Sonntag". Für die Kindergrundsicherung - ein Vorzeigeprojekt von Familienministerin Lisa Paus - sei damit finanziell das Wesentliche getan, so Lindner weiter. Stattdessen hatte er andere Ansätze zur Bekämpfung der Kinderarmut betont. Diese sei oft in der Arbeitslosigkeit der Eltern begründet. Deshalb seien "Sprachförderung und Integration der Eltern in den Arbeitsmarkt entscheidend, um die Chancen der Kinder zu verbessern". Umverteilung von Geld stoße "irgendwann bei der Armutsbekämpfung an Grenzen". Einnahmen in Billionenhöhe Für das Jahr 2024 rechnet der Bundesfinanzminister mit Rekordeinnahmen von voraussichtlich erstmals mehr als einer Billion Euro. Dennoch reiche das Geld nicht aus, um die gesetzlichen Verpflichtungen des Bundes zu finanzieren, so Lindner. Diese Regierung müsse sparen. An Mehrausgaben sei momentan nicht zu denken. Bei den Grünen war Lindner damit bereits auf Widerspruch gestoßen. Der Kampf gegen Kinderarmut sei eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich auch Herr Lindner verpflichtet fühlen sollte", hatte die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Maria Klein-Schmeink, gesagt. Sie forderte den Finanzminister auf, noch in diesem Jahr "alle Eckpunkte und die Finanzmittel" zu klären, damit die Auszahlung am 1. Januar 2025 beginnen könne. Aufforderung von den Linken an die Grünen Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch forderte die Grünen derweil auf, sich in der Koalition gegen Lindner durchzusetzen. "Die Kindergrundsicherung steht im Koalitionsvertrag", sagte Bartsch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Über Nacht konnte Olaf Scholz 100 Milliarden für die Bundeswehr locker machen." Nun müsse der Bundeskanzler erneut handeln: "Es braucht jetzt eine klare Ansage des Kanzlers in Sachen Kindergrundsicherung." Mit der Kindergrundsicherung will die Ampel-Regierung das Kindergeld, Sozialleistungen für Kinder wie das Bürgergeld und die Beträge für die Teilnahme an Sport- und Kulturveranstaltungen sowie den Kinderzuschlag für Eltern mit geringen Einkommen zusammenfassen. Umstritten ist, ob mit der Grundsicherung eine Erhöhung der Leistungen für Kinder in einkommensarmen Familien einhergehen soll.
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2023-04-03
Einer, der Spagat kann
Berlins CDU-Chef Wegner
Kai Wegner könnte Berlins nächster Regierender Bürgermeister werden. Vom Roten Rathaus ist der Chef der Hauptstadt-CDU nur noch einen Schritt entfernt - auch wenn ihm dafür eine wichtige Erfahrung fehlt. Von Thorsten Gabriel.
Kai Wegner könnte Berlins nächster Regierender Bürgermeister werden. Vom Roten Rathaus ist der Chef der Hauptstadt-CDU nur noch einen Schritt entfernt - auch wenn ihm dafür eine wichtige Erfahrung fehlt. Kai Wegner jubelt nicht. Er triumphiert nicht am Wahlabend, als seine CDU in den Hochrechnungen durch die Decke geht, und auch nicht in den Tagen danach. Noch am Wahlabend spricht er von "Augenhöhe", die er in den Gesprächen mit SPD und Grünen zeigen wolle - obwohl beide Parteien weit hinter ihm durchs Ziel gingen. Dass er die Samthandschuhe überstreift, hängt maßgeblich mit dem Auftritt seiner CDU im Wahlkampf zusammen. Noch im Dezember hätte sich Wegner einen solchen Erfolg nicht träumen lassen. Die CDU lag in Umfragen zwar gut im Rennen, blieb aber auf Abstand zu den führenden Grünen. Dann aber kam der Jahreswechsel. Die Krawalle der Silvesternacht änderten schlagartig die Tagesordnung. Im Wahlkampf dominierte auf einmal die innere Sicherheit. Die CDU polarisiert im Wahlkampf Aus der CDU kommen scharfe Töne von ganz oben. Bundesparteichef Friedrich Merz heizt die Debatte an, spricht von "Jugendlichen aus dem arabischen Raum", die sich wie "kleine Paschas" verhielten und nicht bereit seien, sich "in Deutschland an die Regeln zu halten". Und die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will vom Senat die Vornamen der deutschen Tatverdächtigen wissen. Wegners Idee ist es nicht, diese Frage zu stellen. Als Fraktionschef stoppt er sie aber auch trotz Rassismusvorwürfen nicht. Stattdessen versucht er es mit Zuwendung. Es seien "Berliner Jungs" in der dritten Generation mit einem deutschen Pass, die sich nicht dazugehörig fühlten. Von "Berliner Jungs" hatte auch seine grüne Konkurrentin Bettina Jarasch zuvor mehrfach gesprochen. SPD und Grüne auf Distanz Geschadet hat Wegner die provokative Frage am Wahltag nicht - im Gegenteil. Sie dürfte zumindest dazu beigetragen haben, die AfD unter die Zehn-Prozent-Marke zu drücken. Das Risiko, das Wegner mit diesem Kurs einging, war allerdings hoch. SPD und Grüne gingen spürbar auf Distanz. Es hätte ein Wahlsieg ohne Machtgewinn werden können. In den Sondierungsgesprächen musste Wegner zunächst die Scherben des Wahlkampfs auffegen. Das gelang ihm erstaunlich gut, besonders bei den Grünen. Am Ende waren die Gespräche mit ihnen so herzlich, dass bei Wegner unverhohlen Wehmut mitschwang, als er Koalitionsverhandlungen mit der SPD ankündigte - wegen der größeren inhaltlichen Schnittmengen. Die wertschätzenden Worte an die Grünen fielen dabei aber nicht zu knapp aus. Wegner galt lange als konservativer Hardliner Dass Wegner selbst sich in der Sicherheitsdebatte im Wahlkampf eher zurückhaltend gab, ist beim Blick auf seine Vita keinesfalls selbstverständlich. Noch vor zwanzig Jahren hätte wohl auch er verbal zugelangt. Bis in die 2000er Jahre hinein galt er als konservativer Hardliner. Noch nicht mal volljährig trat er 1989 in die CDU ein, war Landeschef von Schüler-Union und Junge Union, war Bezirksverordneter in seiner Heimat Berlin-Spandau, saß und sitzt wieder im Abgeordnetenhaus und dazwischen 16 Jahre im Bundestag. Besonders diese Phase hat ihn geprägt und über den Tellerrand blicken lassen. Politikjunkie mit Netzwerker-Begabung Immer mehr wurde seitdem der Spagat zu seiner bevorzugten Turnübung: altgediente Parteifreunde nicht verschrecken und gleichzeitig neue gewinnen. Das ist sein Credo seit seinem Antritt als Landesvorsitzender 2019. In der Verkehrspolitik etwa entdeckt die CDU unter seiner Führung das Fahrrad neu. "Wenn ich heute mit jungen Menschen spreche, haben noch einige einen Führerschein, aber es ist nicht mehr der große Wunsch, ein eigenes Auto zu haben", stellt Wegner 2020 vor Parteifreunden fest und schickt sich an, die CDU vom Image der Autofahrer-Partei zu befreien. Zwei Jahre später entscheidet er sich im Wahlkampf dann aber doch dafür, eher Auto-Lobbyist zu sein. "Berlin, lass dir das Auto nicht verbieten" war auf den Wahlplakaten zu lesen. Die zuvor über Jahrzehnte immer wieder intrigengeschüttelte Partei hält unter seiner Führung zusammen. Zwar gibt es vereinzelt Unmut, aber spätestens seit dem Wahlsieg stellt niemand mehr Wegners Führungsanspruch infrage. Das hängt auch damit zusammen, dass Wegner Politikjunkie mit ausgewiesenen Netzwerker-Qualitäten ist. "Sieben Tage die Woche, unermüdlich" für die Partei da zu sein, ist für ihn nicht Pflichtübung, sondern Leidenschaft. Noch nie in einer Behörde gearbeitet Dieser kompromisslose Politikeinsatz, gepaart mit seinem Gespür für politische Entwicklungen, dürfte für ihn nun wichtiger werden denn je. Denn etwas Wichtiges fehlt ihm für den Job als Regierungschef: Verwaltungserfahrung. Der gelernte Versicherungskaufmann hat noch nie in einer Behörde gearbeitet, geschweige denn eine geleitet. Als Regierender Bürgermeister würde er in ein Rathaus einziehen, das 22 Jahre lang fest in SPD-Hand war. An Fallstricken und Fettnäpfchen dürfte es nicht mangeln. Obendrein ist die Zeit, die Wegner bleibt, um sich zu profilieren, denkbar kurz: Gerade mal dreieinhalb Jahre sind es noch bis zur nächsten Wahl. Dreieinhalb Jahre, in denen er zeigen muss, dass er nicht nur seine Partei zusammenhalten sondern auch eine Stadt in einer Koalition regieren kann.
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2023-04-03
++ Stoltenberg wirbt für weitere Militärhilfe ++
Krieg gegen die Ukraine
NATO-Chef Stoltenberg hat weitere Militärhilfen für die Ukraine in Aussicht gestellt. Die UNESCO befürchtet Kriegsschäden am Kulturerbe in Höhe von 2,4 Milliarden Euro. Die Entwicklungen zum Nachlesen. mehr
NATO-Chef Stoltenberg hat weitere Militärhilfen für die Ukraine in Aussicht gestellt. Die UNESCO befürchtet Kriegsschäden am Kulturerbe in Höhe von 2,4 Milliarden Euro. Die Entwicklungen zum Nachlesen. Stoltenberg kündigt weitere Militärhilfe für die Ukraine anScholz würdigt Rumäniens EngagementFinnland soll am Dienstag der NATO beitreten Erste polnische MiG-29-Kampfjets angekommenVizekanzler Habeck in der Ukraine eingetroffenOffenbar Festnahme nach Tod von MilitärbloggerSöldnergruppe Wagner erklärt Einnahme von Bachmut Ende des Liveblogs Für heute beenden wir unseren Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Herzlichen Dank für Ihr Interesse! Russisches Parlament will Gesetzgebung weiter verschärfen Das russische Parlament plant vor dem Hintergrund des Attentats auf einen kremlnahen Militärblogger offiziellen Angaben nach weitere Gesetzesverschärfungen. "In der nächsten Zeit schlagen wir Änderungen vor, die die Strafen für Terrorismus verschärfen", schrieb der Chef des Sicherheitsausschusses im Parlament, der russischen Staatsduma, Wassili Piskarjow, auf seinem Telegram-Kanal. Die Änderungen beträfen nicht nur Terroranschläge selbst, sondern auch Beihilfe und Terror-Propaganda, kündigte der Abgeordnete der Kremlpartei Geeintes Russland an. Schon jetzt stehe auf Terrorismus eine lebenslange Haft, doch bei einer Verurteilung nach anderen Paragraphen seien mildere Strafen vorgesehen. "Das wichtigste: Wir schlagen vor, den Katalog an Straftaten, auf die lebenslange Haft steht, zu vergrößern", schrieb Piskarjow. Dies sei nötig, um Russland vor der wachsenden Gefahr aus der Ukraine zu schützen, behauptete er. Jeder, der einen Anschlag ausführe, plane oder auch nur rechtfertige, dürfe nicht "um die schärfsten Strafen" herumkommen, forderte der einflussreiche Abgeordnete. Panzerhaubitze 2000 kann nicht mehr ihre gesamte Kraft entfalten Bei der Verteidigung gegen die russische Armee ist die deutsche Panzerhaubitze 2000 eine wichtige Waffe der ukrainischen Truppen. Aber Verschleiß und Munitionsmangel vermindern die Kampfkraft, berichtet Tobias Dammers aus Kiew. Tschechien und Slowakei pochen auf Sanktionen Die Regierungschefs Tschechiens und der Slowakei haben die EU aufgefordert, an den Sanktionen gegen Russland festzuhalten und weiterhin Druck auf Moskau auszuüben. "Es ist wichtig, dass die EU und ihre Partner weiterhin gezielten Druck auf die Russische Föderation ausüben und die Sanktionen konsequent umsetzen", erklärten der tschechischen Ministerpräsident Petr Fiala und sein slowakischer Kollege Eduard Heger gemeinsam in der slowakischen Stadt Trencin.  Die Verbündeten sollten zudem eine "Umgehung der Sanktionen verhindern" und Mechanismen schaffen, um die Verantwortlichen für die im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine erfolgten Verbrechen zu bestrafen, hieß es in der gemeinsamen Erklärung weiter. Putin zeichnet getöteten Militärblogger posthum aus Russlands Präsident Wladimir Putin hat den am Sonntag bei einer Explosion in einem Café in St. Petersburg getöteten Militärblogger Wladlen Tatarski posthum ausgezeichnet. Tatarski, der mit bürgerlichem Namen Maxim Fomin hieß, sei "für die Tapferkeit und den Mut", die er bei der Ausübung seines Berufes gezeigt habe, mit dem Tapferkeitsorden geehrt worden, teilte der Kreml mit. Tatarski war ein Befürworter der russischen Offensive in der Ukraine, schrieb aber auch kritisch über das russische Militär. Berichten zufolge war dem 40-Jährigen in dem Café eine Büste als Geschenk überreicht worden, in der sich ein Sprengsatz befand. Bei dem Anschlag wurden Behördenangaben zufolge weitere 32 Menschen verletzt, acht von ihnen befanden sich demnach in lebensgefährlichem Zustand. Moskau machte die Ukraine und Anhänger des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny für den gewaltsamen Tod des Bloggers verantwortlich. Ukraine erhält erste Finanztranche des IWF Die durch den Krieg finanziell angeschlagene Ukraine hat eine neue Finanzspritze vom Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten. Umgerechnet 2,5 Milliarden Euro seien in Kiew eingetroffen, teilte das Finanzministerium mit. Es handele sich dabei um die erste Tranche des am vergangenen Freitag beschlossenen neuen vierjährigen Kreditprogramms des IWF. Die Ukraine hatte sich dabei unter anderem dazu verpflichtet, zu Kriegsbeginn eingeführte steuersenkende Maßnahmen zurückzunehmen. So wird der Mehrwertsteuersatz für Benzin und Diesel ab 1. Juli wieder auf 20 Prozent steigen. Zudem sollen Kleinunternehmer wieder fünf statt zwei Prozent Steuern zahlen. Nach dem russischen Einmarsch vor über 13 Monaten hatte Kiew auch Steuerprüfungen ausgesetzt. Selenskyj und Habeck besuchen ukrainisches Dorf Jahidne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei seinem Besuch in Kiew zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Ortschaft Jahidne nördlich der Stadt besucht. Anlass des Besuchs war der Jahrestag der Befreiung des Dorfes, das zu Kriegsbeginn von russischen Soldaten besetzt worden war. 367 Menschen waren damals von den Besatzern in einem 200 Quadratmeter großen Schulkeller gefangen gehalten worden. "Nachdem ich dies gesehen habe, hoffe ich, dass der russische Präsident den Rest seiner Tage in einem Keller mit einem Eimer als Toilette verbringen muss", sagte Selenskyj. Habeck sagte dem TV-Sender Welt, der Besuch in dem Dorf habe die Grausamkeiten des Krieges greifbar gemacht. "Das sind schon Eindrücke, die nochmal zeigen, dass hinter der abstrakten Berichterstattung über Frontverläufe und über soundso viele Rekruten einfach unfassbares Elend steht." Die Dorfbewohner, darunter ein 18 Monate altes Baby, waren zu Kriegsbeginn im März 2022 27 Tage lang in dem Keller eingesperrt gewesen, elf von ihnen starben. Die Gefangenen hätten die Namen der Toten an die Wände geschrieben, um sie nicht zu vergessen, sagte Selenskyj.  USA: Kämpfe um Bachmut halten an In der Ukraine wird nach Erkenntnissen der USA immer noch um Bachmut gekämpft. Die ukrainischen Truppen seien nicht aus der Stadt vertrieben worden, erklärt der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, vor Journalisten. Er regiert damit auf Aussagen des russischen Söldner-Chefs Jewgeni Prigoschin, wonach dessen Wagner-Truppen Bachmut erobert hätten. Thierse verteidigt neue Friedensinitiative Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat die Unterstützung für Friedensverhandlungen verteidigt. "Haben nicht die Dritten, diejenigen, die nicht unmittelbar Konfliktpartner sind, die Pflicht, jeden nur denkbaren Versuch zu unternehmen, auch wenn er zunächst zum Scheitern verurteilt scheint, einen Waffenstillstand zu ermöglichen und dann auch zum Frieden zu kommen", sagte er domradio.de. Er unterstütze die militärische Hilfe, so der SPD-Politiker, der lange Jahre Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) war. Aber "wir meinen nur, dass das nach über einem Jahr Krieg nicht das Einzige sein kann". Neben der notwendigen militärischen Unterstützung, um die russische Aggression zu stoppen, müsse es den Versuch geben, wieder politische Perspektiven auf den Frieden zu eröffnen. Dazu müsse es Kompromissbereitschaft von beiden Seiten geben. Der Historiker Peter Brandt hatte den Friedensaufruf vor einigen Tagen gestartet. Anwälte von US-Reporter legen Beschwerde gegen Arrest ein Die Anwälte des in Russland wegen Spionageverdachts verhafteten US-Korrespondenten Evan Gershkovich haben Beschwerde gegen seine Untersuchungshaft eingelegt. Ein entsprechendes Schreiben sei bei Gericht eingegangen, teilte ein Sprecher des Bezirksgerichts Lefortowo in Moskau der Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit. Der Korrespondent der renommierten Tageszeitung "Wall Street Journal" wurde am Donnerstag in der Millionenstadt Jekaterinburg im Ural vom russischen Geheimdienst FSB festgenommen. Vorläufig ist der 1991 geborene Reporter bis zum 29. Mai in Untersuchungshaft. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Freiheitsentzug. Scholz sagt Moldau Unterstützung gegen Russland zu Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Republik Moldau Unterstützung gegen Versuche der politischen Einflussnahme durch Russland zugesagt. Die territoriale Integrität Moldaus sei "unantastbar", sagte Scholz nach einem Treffen mit Moldaus Präsidentin Maia Sandu und Rumäniens Staatschef Klaus Iohannis in Bukarest. "Deshalb unterstützen wir Moldau dabei, sich gegen Versuche der Destabilisierung durch Russland zu wappnen", sagte der Kanzler. Moldau sei "Teil unserer europäischen Familie", Deutschland unterstütze den Wunsch des Landes nach einem EU-Beitritt. Moldaus Präsidentin Sandu dankte Deutschland für die Unterstützung. Auf die Frage, ob sich ihr Land auch die Lieferung von Waffen aus Deutschland wünsche, sagte sie: "Ja, wir brauchen eine Stärkung unseres Verteidigungssystems." Ihr Land sei "sehr starkem Druck ausgesetzt von Seiten Russlands", sagte die Präsidentin. Russland versuche gezielt, Moldau zu destabilisieren und von seinem prowestlichen Kurs abzubringen. Russland lässt zwölf gefangene Ukrainer frei Russland hat nach Angaben aus Kiew zwölf Ukrainer freigelassen. Es handele sich um zehn Soldaten und zwei Zivilisten, teilte der für Kriegsgefangene zuständige ukrainische Koordinationsstab im Nachrichtenkanal Telegram mit. Die Zivilisten seien aus dem Dorf Lypzi im Gebiet Charkiw und der Hafenstadt Mariupol im Donezker Gebiet. Die Soldaten seien bei Kämpfen in den Gebieten Donezk und Luhansk in Kriegsgefangenschaft geraten. Fünf der zwölf Freigelassenen sind demnach Schwerverletzte. Zuvor hatte Kiew fünf schwer verwundete Russen nach Russland überstellt. Stoltenberg kündigt weitere Militärhilfe für die Ukraine an NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat weitere Militärhilfe der Allianz für die Ukraine in Aussicht gestellt. Da keine Friedensgespräche in Sicht seien, müsse das Land in seinem Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren unterstützt werden, sagte Stoltenberg auf einer Pressekonferenz in Brüssel. Der russische Präsident Wladimir Putin bereite sich nicht auf Frieden vor, "er bereitet mehr Krieg vor". Die bisherige Militärhilfe von NATO-Staaten für die Ukraine liege bei einem Wert von 65 Milliarden Euro. Auf dem NATO-Außenministertreffen am Dienstag solle erörtert werden, "wie wir unsere Unterstützung verstärken können, einschließlich der Stärkung der ukrainischen Streitkräfte", erklärte Stoltenberg. Die Unterstützung der NATO für das angegriffene Land sei auf lange Sicht angelegt. "Wir können Russland nicht erlauben, weiter die europäische Sicherheit zu untergraben", betonte er. NATO-Generalsekretär fordert von Russland Freilassung von US-Reporter NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die sofortige Freilassung des in Russland festgenommenen US-Journalisten Evan Gershkovich gefordert. Die Inhaftierung des Mitarbeiters des "Wall Street Journal" gebe Anlass zu großer Sorge, sagte der Norweger in Brüssel. Es sei wichtig, die Pressefreiheit und die Rechte von Journalisten zu achten. Wegen angeblicher Spionage für die USA hatte ein Gericht in Moskau am Donnerstag Haftbefehl gegen den amerikanischen Reporter Gershkovich erlassen. Der Journalist hatte auch zu Russlands Krieg gegen die Ukraine recherchiert. Er sei zunächst bis 29. Mai in Untersuchungshaft, teilte das Gericht mit. Gershkovich drohen bei einer Verurteilung bis zu 20 Jahre Haft. Rumänien sieht systematische Angriffe auf Moldau Der rumänische Präsident Klaus Werner Iohannis hat Russland vorgeworfen, auf das Nachbarland Moldau "systematisch hybriden Druck" auszuüben. Moskau versuche, die verfassungsmäßige Ordnung in der Republik Moldau zu untergraben. Rumänien und die EU würden der Moldau immer helfen, fügt er hinzu. IAEA-Chef am Mittwoch zu Gesprächen in Moskau Der Chef der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA), Rafael Grossi, wird am Mittwoch zu Gesprächen über das AKW Saporischschja in Moskau erwartet. Grossi werde sich mit einer Delegation treffen und die Lage rund um das Atomkraftwerk im Süden der Ukraine erörtern, sagt Russlands Ständiger Vertreter bei internationalen Organisationen in Wien, Michail Uljanow, im Staatsfernsehen. Klitschko: Russlands Ukraine-Angriff betrifft Deutschland direkt Der russische Angriff auf die Ukraine betrifft nach Ansicht von Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko Deutschland direkt. Russlands Präsident Wladimir Putin wolle die ehemalige Sowjetunion wiederherstellen, sagte Klitschko a bei einem Besuch bei Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher im Rathaus. "Und ihr Deutschen dürft nicht vergessen: Ein Teil von Deutschland, wo Putin jahrelang als KGB-Agent gearbeitet hat, gehörte auch zum großen russischen sowjetischen Reich." Insofern verteidige die Ukraine "jeden von Euch vor Putin". UNESCO befürchtet Kriegsschäden in Höhe von 2,4 Milliarden Euro Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat bislang Schäden in Höhe von 2,4 Milliarden Euro am Kulturerbe des Landes verursacht. Etwa 248 Monumente seien beschädigt, einige davon komplett zerstört worden, teilte die UN-Kulturorganisation UNESCO anlässlich des Ukraine-Besuchs ihrer Generaldirektorin Audrey Azoulay mit. Am schlimmsten sei die Lage im Osten des Landes. Sieben Kultur- und eine Naturstätte in der Ukraine stehen auf der UNESCO-Welterbe-Liste, darunter das historische Zentrum von Odessa im Südwesten des Landes, das von dem Krieg bislang relativ verschont geblieben ist. 16 weitere Stätten, darunter das während der ersten Kriegsmonate stark zerstörte Stadtzentrum von Tschernihiw, stehen auf einer Vorschlagsliste für künftige Nominierungen der UNESCO. Scholz würdigt Rumäniens Engagement Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei seinem Antrittsbesuch in Bukarest die zentrale Bedeutung Rumäniens für die Verteidigung der Ukraine gegen die russische Aggression gewürdigt. "Es ist gut, einen so verlässlichen Partner an unserer Seite zu wissen", sagte der Kanzler. Rumäniens Präsident Klaus Iohannis hob die "vielen gemeinsamen Interessen" zwischen seinem Land und Deutschland hervor. Als Staat an der NATO-Südostflanke spielt Rumänien eine wachsende strategische Rolle. Es gilt als wichtiger Transitstaat für westliche Waffenlieferungen. Die NATO hat ihre Präsenz in Rumänien in Reaktion auf den Krieg im Nachbarland Ukraine ausgebaut. Nawalny-Team sieht russischen Geheimdienst FSB hinter Mordanschlag Das Team des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny hat Vorwürfe des russischen Anti-Terror-Komitees nach dem Mord an dem Militärblogger Wladlen Tatarski kategorisch zurückgewiesen. Verantwortlich für die Ermordung des Propagandisten seien vielmehr Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB, teilten die im Exil im Ausland lebenden Oppositionellen Iwan Schdanow und Leonid Wolkow mit. Schon seit Jahren versuche der Machtapparat, der Opposition Terror anzuhängen, sagte Schdanow. Entsprechende Vorwürfe des Anti-Terror-Komitees sind insofern heikel, als dass sich Nawalny bald in einem neuen Strafverfahren wegen Extremismus verantworten muss. Wegen Mordes an dem kremlnahen Blogger Tatarski sitzt eine 26-jährige Frau in Haft, die den Ermittlern zufolge mit Nawalnys Team in Verbindung stand. Innenministerium veröffentlicht angebliches Geständnis Der Kreml in Moskau hat die Ermordung des russischen Militärbloggers Wladlen Tatarski in St. Petersburg als "Terroranschlag" eingestuft. Die Ermittlungen dazu liefen. In Haft sitzt demnach nun eine 26 Jahre alte Verdächtige wegen Mordes. Das Innenministerium in Moskau veröffentlichte ein Video, in dem die mutmaßliche Täterin zugibt, in dem Café gewesen zu sein. Sie habe Tatarski, der mit bürgerlichem Namen Maxim Fomin heißt, eine Büste übergeben, die dann später explodierte. Der 40-Jährige starb. Auf die Frage, wer ihr diese Büste gegeben habe, meinte sie, dass sie das später sage. Republik Moldau hofft auf Signale für EU-Beitritt Bundeskanzler Olaf Scholz und der rumänische Präsident Klaus Werner Iohannis haben der Republik Moldau ihre Unterstützung gegen eine russische Bedrohung zugesagt. Vor einem Dreier-Treffen mit Moldaus Präsidentin Maia Sandu erklärten sie am Montag in Bukarest, dass vor allem die Energieversorgung des kleinen Landes gesichert werden müsse. Scholz dankte Rumänien als Nachbarn der Republik für seine Hilfe. Seit Monaten gibt es Warnungen, dass Russland die innenpolitische Lage in Moldau beeinflussen könnte. Die moldauische Regierung selbst strebt Richtung EU, das Land hat im Juli 2022 einen EU-Kandidatenstatus erhalten. Außenminister Nico Popescu hatte vor wenigen Tagen gefordert, dass die EU noch in diesem Jahr ein Signal für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen senden sollte. Wegen NATO-Beitritt Finnlands: Russland will Militär verstärken Der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko sagte, Russland werde seine militärischen Kapazitäten in seinen westlichen und nordwestlichen Regionen als Reaktion auf Finnlands erwarteten NATO-Beitritt am Dienstag verstärken. Dies berichtete die staatliche Nachrichtenagentur RIA. Finnland soll am Dienstag der NATO beitreten Finnland tritt am Dienstag der NATO bei. Das teilten das finnische Präsidialamt und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit. Dieser Schritt werde Finnland sicherer machen, erklärte Stoltenberg. Auch Schweden werde durch die Mitgliedschaft des Nachbarlandes im westlichen Militärbündnis sicherer. Schweden und Finnland hatten im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine den Beitritt zur NATO beantragt und wollten diesen zeitgleich vollziehen. Einer Aufnahme eines neuen Mitgliedes müssen alle 30 NATO-Staaten zustimmen. Die Türkei und Ungarn hatten mit der Ratifizierung des Beitritts Finnlands lange gezögert, diese aber kürzlich bekanntgegeben. Im Falle Schwedens steht die Zustimmung noch aus. Offenbar Festnahme nach Tod von Militärblogger Nach dem Tod eines bekannten Militärbloggers in St. Petersburg ist eine Frau namens Darja Trepowa festgenommen worden, teilte das staatliche Ermittlungskomitee mit. Es hat Befugnisse einer Staatsanwaltschaft. Die Behörden hatten zuvor Mordermittlungen aufgenommen. Die 26-jährige Frau soll dem Militärblogger Wladlen Tatarskij, der entschieden den Krieg seines Landes in der Ukraine unterstützte, bei einer patriotischen Diskussionsveranstaltung in dem Café "Street Food Bar No. 1" eine ihn darstellende Büste überreicht haben. Anschließend soll sich die Explosion ereignet haben. Putin gründet Unterstützungsfonds für in der Ukraine kämpfende Soldaten Russlands Präsident Wladimir Putin hat einen Unterstützungsfonds für in der Ukraine kämpfende Soldaten und ihre Familien ins Leben gerufen. Das Dekret über den Fonds für die "Verteidiger des Vaterlandes" wurde vom Kreml-Chef unterschrieben und im offiziellen Amtsblatt veröffentlicht. Mit ihm solle für die in der Ukraine kämpfenden Soldaten und ihre Familien "ein anständiges Leben" ermöglicht werden. Wie viel Geld in den Fonds gehen soll, wurde nicht mitgeteilt. Putin hatte die Maßnahme selbst im Februar angekündigt, damals sagte er: "Unsere Pflicht ist es, die Familien zu unterstützen, die jemand Geliebtes verloren haben, und ihnen zu helfen, ihre Kinder aufzuziehen, ihnen eine Ausbildung und einen Job zu geben." Moskau äußert sich äußerst selten zur Zahl seiner in der Ukraine getöteten Soldaten. Tschentscher und Klitschko kündigen Ausbau von Hilfslieferungen nach Kiew an Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und sein Kiewer Amtskollege Vitali Klitschko haben nach einem Treffen im Rathaus der Hansestadt einen Ausbau der Beziehungen beider Städte angekündigt. "Die Hamburgerinnen und Hamburger stehen solidarisch an der Seite der Menschen in der Ukraine", sagte Tschentscher. Kiew soll weiterhin notwendige Hilfslieferungen und Spenden aus Hamburg erhalten. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatten Kiew und Hamburg vor rund einem Jahr den "Pakt für Solidarität und Zukunft" miteinander geschlossen. Rumänien will mehr NATO-Präsenz im Schwarzen Meer Der rumänische Präsident Klaus Werner Iohannis hat sich für mehr NATO-Präsenz im Schwarzen Meer ausgesprochen. "Das Schwarze Meer ist mehr denn je von strategischer Bedeutung", sagt er mit Blick auf den russischen Angriff auf die Ukraine. Rheinmetall eröffnet in Rumänien bald Wartungszentrum für Waffen aus Ukraine Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall eröffnet in Kürze ein Wartungszentrum für Waffen aus der Ukraine. "Rheinmetall treibt den Aufbau eines militärischen Wartungs- und Logistikzentrums im NATO-Partnerland Rumänien mit Hochdruck voran", teilte das Unternehmen mit. Die Arbeiten am Standort in der Nähe der Stadt Satu Mare hätten bereits begonnen. Der sogenannte Service-Hub solle "noch im April 2023 seinen Betrieb aufnehmen". Das Wartungszentrum solle "eine zentrale Rolle dabei spielen, die Einsatzbereitschaft westlicher Kampfsysteme, die in der Ukraine in Nutzung sind, zu erhalten und ihre logistische Betreuung sicherzustellen". Das Unternehmen nannte als mögliche Waffensysteme Panzerhaubitzen, Leopard-2-Kampfpanzer, Marder-Schützenpanzer, Transportpanzer vom Typ Fuchs sowie Militär-Lastwagen. Russland sucht nach Tod von Militärblogger nach einer Verdächtigen Nach dem Tod des Militärbloggers Wladlen Tatarski bei einer Explosion in St. Petersburg fahnden die russischen Behörden nach einer Frau. Es handle sich um eine 26-Jährige, die bei Protesten gegen den Krieg in der Ukraine vorübergehend festgenommen worden sei, teilte das Innenministerium mit. Entgegen einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax war die Frau noch auf freiem Fuß. Verhört wurden ihre Mutter und ihre Schwester. Russland gibt Ukraine Schuld an Tötung von Militärblogger Russland macht ukrainische Geheimdienste für den tödlichen Anschlag auf einen kremlnahen Militärblogger in St. Petersburg verantwortlich. Kiews Geheimdienste hätten den "Terroranschlag" gegen Wladlen Tatarski geplant und dafür eine inzwischen inhaftierte Verdächtige herangezogen, teilte das Anti-Terror-Komitee mit. Zuvor hatte Russlands Ermittlungskomitee darüber informiert, dass eine 26-Jährige festgenommen worden sei. Ihr wird Mord vorgeworfen. Nach Darstellung des Anti-Terror-Komitees stand die Frau mit der Anti-Korruptions-Stiftung des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny in Verbindung. Zuvor hatten Medien berichtet, die mutmaßliche Täterin habe in der Vergangenheit an Demonstrationen für die Freilassung Nawalnys teilgenommen und sei wie der Oppositionsführer überzeugte Kriegsgegnerin. Präsidentenberater: Erste polnische MiG-29 bereits in Ukraine Die ersten polnischen MiG-29-Kampfjets sind nach polnischen Angaben in der Ukraine angekommen. "Nach meinen Informationen ist der Prozess bereits abgeschlossen, das heißt die Übergabe des ersten Teils", sagte der Leiter des Präsidialamts für internationale Politik, Marcin Przydacz, im Sender RMF FM. Es werde selbstverständlich Gespräche über weitere Unterstützung geben. Mitte März hatte der polnische Präsident Andrzej Duda die Lieferung von zunächst vier voll einsatzfähigen MiG-Kampfflugzeugen an das Nachbarland angekündigt. Weitere MiG-29 würden gewartet und für einen späteren Transfer vorbereitet, hieß es. Ukraine weist russische Angaben über Eroberung von Bachmut zurück Die Ukraine weist die Darstellung des russischen Söldner-Anführers Jewgeni Prigoschin zurück, wonach dessen Wagner-Truppen die seit Monaten umkämpfte Stadt Bachmut erobert hätten. Prigoschins Angaben entsprächen nicht der Realität, sagt der Sprecher des Militärkommandos im Osten der Ukraine, Serhij Tscherewatyj, in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Bachmut ist ukrainisch und sie haben nichts erobert, und sie sind - milde gesagt - sehr weit davon entfernt, dies zu tun." Kämpfe rund um das Stadtverwaltungsgebäude hielten an. Prigoschin hatte am Sonntag erklärt, Bachmut sei erobert worden, und seine Einheiten hätten die russische Fahne auf dem Gebäude der Stadtverwaltung gehisst. Habeck will Ukraine bei "dezentraler Energieversorgung" helfen "Der Luftraum über Kiew ist deutlich sicherer geworden", sagt Vize-Kanzler Robert Habeck bei einem Überraschungsbesuch in der Ukraine. Das Land sei dort mittlerweile viel besser in der Lage, russische Raketen und Drohnen abzuschießen. Zudem gelinge es der Ukraine immer wieder, zerstörte Infrastruktur in kurzer Zeit wieder aufzubauen und auch besser gegen russische Angriffe zu schützen. Das Land wolle sich als Reaktion auf die Angriffe im Energiebereich breiter und dezentraler aufstellen. Dafür würden Wind- und Solarenergie sowie Biomasse eine wichtige Rolle spielen, ergänzt der Grünen-Politiker. Deutschland wolle die schon länger existierende Energiepartnerschaft mit der Ukraine neu auflegen, um der Ukraine zu helfen. Kiew: Abwehr von "mehr als 20 feindlichen Angriffen" auf Bachmut Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben mehr als 20 Angriffe auf Bachmut im Osten des Landes abgewehrt. Die Stadt sei weiter heftig umkämpft, erklärte der ukrainische Generalstab. Er reagierte damit offenbar auf Angaben der russischen Söldnertruppe Wagner, die zuvor die "rechtliche" Einnahme von Bachmut verkündet hatte. "Der Feind hört nicht auf mit seinen Angriffen auf Bachmut und will dort die komplette Kontrolle übernehmen", erklärte der ukrainische Generalstab. "Unsere Soldaten haben mehr als 20 feindliche Angriffe zurückgeschlagen." Die Schlacht um Bachmut ist die am längsten andauernde der einjährigen russischen Offensive in der Ukraine. Die vor Beginn des Krieges 70.000 Einwohner zählende Stadt ist nach den monatelangen Kämpfen weitgehend zerstört und verlassen. Die Stadt in der Industrieregion Donbass hat jedoch angesichts der seit Monaten andauernden Gefechte mit großen Verlusten mittlerweile für beide Seiten eine hohe symbolische Bedeutung erlangt. Selenskyj wird am Mittwoch in Polen erwartet Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird am Mittwoch zu einem Besuch in Polen erwartet. Der Besuch finde auf Einladung des polnischen Präsidenten Andrzej Duda statt, teilte dessen außenpolitischer Berater Marcin Przydacz mit. Es werde ausführliche Beratungen nicht nur über die Sicherheitslage geben, sondern auch über die wirtschaftliche und politische Unterstützung. Selenskyj werde sich auf dem Warschauer Schlossplatz auch mit Polen und Ukrainern, die nach Polen geflohen sind, treffen. Der ukrainische Präsident hatte sich zuletzt im Dezember mit seinem polnischen Amtskollegen getroffen, als er von einer USA-Reise zurückgekehrt war. Wadephul: Können Ukraine nur mit Waffen helfen Der CDU-Außenpolitiker Johann Wadephul hat sich gegen einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg ausgesprochen. "Jeder Waffenstillstand jetzt würde bedeuten, dass Russlands Krieg Erfolg hatte, dass ein Teil der Ukraine besetzt ist", sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Forderungen nach einem Waffenstillstand zum jetzigen Zeitpunkt nannte der Unionsfraktionsvize "wohlfeil". "Jeder, der jetzt sagt, wir sollen mal da stehen bleiben, wo wir jetzt sind, müsste das mal der Ukraine erklären, und müsste sich mal vorstellen, ob er das auch vorschlägt, wenn das für Deutschland so gelte", sagte Wadephul mit Verweis auf mutmaßliche Kriegsverbrechen der russischen Armee in der Ukraine. Friedensverhandlungen könne es erst geben, "wenn die russische Aggression gestoppt wird, wenn Russland aufhört Krieg zu führen", sagte der Unionsfraktionsvize. Ukrainisches Militär: Bachmut wird von Verteidigern gehalten Bachmut im Osten der Ukraine ist nach Angaben des ukrainischen Militärs weiterhin schwer umkämpft, wird aber gehalten. Bachmut, Awdiiwka und weitere Städte seien im "Epizentrum der Feindseligkeiten", erklärt das Militär in seinem morgendlichen Lagebericht. "Der Feind setzt seinen Angriff auf die Stadt Bachmut fort. Unsere Verteidiger halten die Stadt jedoch mutig." Zuvor hatte der Chef der russischen Söldner-Truppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, erklärt, Bachmut sei "aus rechtlicher Sicht" eingenommen worden. Vizekanzler Habeck in der Ukraine eingetroffen Vizekanzler Robert Habeck ist zu politischen Gesprächen in der Ukraine eingetroffen. Der Grünen-Politiker kam am Morgen mit einer kleinen Delegation deutscher Wirtschaftsvertreter in der Hauptstadt Kiew an. Themen der Reise sind der Wiederaufbau der von Russland angegriffenen Ukraine und die Zusammenarbeit im Energiebereich. Sinn der Reise sei, dass die Ukraine ein klares Zeichen bekomme, sagte Habeck bei seiner Ankunft. Ein Zeichen, "dass wir daran glauben, dass sie siegreich sein wird, dass sie wiederaufgebaut wird, dass es ein Interesse von Europa gibt, nicht nur in der Not zu unterstützen, sondern dass die Ukraine auch ein wirtschaftlich starker Partner in der Zukunft sein wird". Habeck bereist erstmals seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar vergangenen Jahres das Land - und zum ersten Mal überhaupt als Bundesminister. Selenskyj: Lage in Bachmut "schwierig" Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine "schwierige" Lage in der seit Monaten heftig umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut eingeräumt. "Ich bin dankbar für unsere Kämpfer, die in der Nähe von Awdijiwka, Marjinka und Bachmut kämpfen. Vor allem Bachmut! Dort ist es heute besonders schwierig", sagte Selenskyj in seiner nächtlichen Videoansprache. Die ukrainische Armee erklärte derweil, die Stadt in der Ostukraine weiterhin zu "halten". "Der Feind hat seinen Angriff auf Bachmut nicht eingestellt. Die ukrainischen Verteidiger halten die Stadt jedoch tapfer, indem sie zahlreiche feindliche Angriffe abwehren", teilte der ukrainische Generalstab auf seiner Facebook-Seite mit.  Offenbar Festnahme nach Tod von Militärblogger Nach dem Tod eines bekannten Militärbloggers in Sankt Petersburg ist nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax eine Frau festgenommen worden. Sie soll dem Militärblogger Wladlen Tatarsky bei einer patriotischen Diskussionsveranstaltung eine Büste überreicht haben. Kurz darauf sei es in dem Café in der zweitgrößten russischen Stadt zu einer Explosion gekommen. Nach Angaben des russischen Gesundheitsministeriums wurden etwa 30 Menschen verletzt. Berichten zufolge war die Verdächtige vor der Detonation von Wachleuten aufgefordert worden, den Saal zu verlassen. Eine Zeugin sagte, man habe bereits vermutet, dass es sich bei dem vermeintlichen Geschenk um einen Sprengsatz handeln könnte. Die Frau habe jedoch beim Hinausgehen mit dem Militärblogger gescherzt und ihm die Statuette überreicht. Nachdem dieser sie auf einem Tisch abgestellt habe, sei es zu der Explosion gekommen. Moskau: USA hinter Druck auf russisch-orthodoxe Kirche Das russische Außenministerium hat den USA vorgeworfen, der Drahtzieher des Drucks der ukrainischen Behörden auf den russisch orientierten Flügel der orthodoxen Kirche in Kiew zu sein. "Es ist kein Geheimnis, dass das Regime von (Präsident Wolodymyr) Selenskyj in seiner antiklerikalen Politik nicht unabhängig ist. Das orthodoxe Schisma, das diese Sphäre des Lebens trifft, ist ein Ziel, das in Washington seit langem verkündet wird", erklärte das Ministerium, ohne Beweise zu nennen. Söldnertruppe Wagner erklärt Einnahme von Bachmut Die russische Söldnergruppe Wagner hat nach Angaben ihres Gründers Jewgeni Prigoschin die russische Flagge auf dem Verwaltungsgebäude der hart umkämpften Stadt Bachmut gehisst. "Aus rechtlicher Sicht ist Bachmut eingenommen worden", sagte Prigoschin in einer Audiobotschaft, die sein Pressedienst auf Telegram veröffentlichte. "Der Feind ist in den westlichen Teilen konzentriert." Der Bericht konnte unabhängig nicht bestätigt werden. In der Vergangenheit hatten sich ähnliche Äußerungen des Söldner-Chefs zum Kampfgeschehen als voreilig erwiesen. Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen
/newsticker/liveblog-ukraine-montag-247.html
2023-04-03
Schwacher Wochenstart für Tech-Werte
Ölpreis befeuert Inflationssorgen
Die sprunghaft angestiegenen Ölpreise wegen einer Förderkürzung des Ölkartells OPEC+ haben zum Wochenstart unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Profitieren konnten vor allem die Papiere der Ölkonzerne. mehr
Die sprunghaft angestiegenen Ölpreise wegen einer Förderkürzung des Ölkartells OPEC+ haben zum Wochenstart unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Profitieren konnten vor allem die Papiere der Ölkonzerne. Steigende Ölpreise nach einer Förderkürzung des Ölkartells OPEC+ haben unterschiedliche Reaktionen an der Wall Street ausgelöst. Die dadurch angeheizte Furcht vor einem erneuten Inflationsschub belastete zum Wochenauftakt Technologiewerte und drückte den Nasdaq-Index um 0,25 Prozent auf 13.148,35 Punkte. Dagegen profitierten Ölkonzerne wie Chevron von dem Preissprung. Der Dow Jones setzte seinen jüngsten Kursaufschwung fort, indem er um 0,98 Prozent auf 33.601,15 Zähler stieg. Mit knapp 33.633 Zählern erreichte er im Verlauf den höchsten Stand seit gut sechs Wochen. Der breit gefasste S&P 500 legte in seinem Kielwasser zu Handelsschluss um 0,37 Prozent auf 4124,51 Zähler zu. Die US-Bank Morgan Stanley warnte davor, dass die zurückliegende Rally übertrieben sein könnte. Während der Nasdaq 100 mit einer Steigerung um mehr als 20 Prozent seit Ende Dezember als im "Bullenmarkt" angekommen gilt, will Analyst Michael Wilson die Rückkehr zu alten Tiefs nicht ausschließen. OPEC+ drosseln ihre Fördermengen Saudi-Arabien und andere Mitgliedsländer des Ölverbunds OPEC+ hatten die Märkte mit der Ankündigung überrascht, die Ölproduktion zu drosseln. Dies trieb die Preise für die Sorte Brent aus der Nordsee und US-Leichtöl WTI in der Spitze um rund acht Prozent auf 86,44 beziehungsweise 81,69 Dollar pro Barrel (159 Liter). "Wir befinden uns in einer Energiekrise, die sich an diesem Wochenende noch einmal verschärft hat", konstatierte Konstantin Oldenburger, Marktanalyst beim Broker CMC Markets. So sei neben den steigenden Ölpreisen auch die Beziehung zwischen den USA und Saudi-Arabien alarmierend. "Wegen der immer schlechter werdenden Beziehungen zwischen beiden Ländern verfolgt Saudi-Arabien mehr und mehr eine von den USA unabhängige Wirtschaftsstrategie und kooperiert stattdessen mit China und Russland." DAX-Aufschwung vorerst gestoppt Auch die europäischen Indizes wurden zum Auftakt in das zweite Quartal durch die steigenden Ölpreise ausgebremst: Der DAX schloss mit minus 0,31 Prozent bei 15.580 Punkten, sein europäisches Pendant EuroStoxx gab 0,2 Prozent auf 4307 Zähler nach. In der Vorwoche hatte der deutsche Leitindex um 4,5 Prozent zugelegt und war dicht an sein Jahreshoch von etwas über 15.7000 Punkten herangerückt. Der MDAX der mittelgroßen Börsenwerte fiel am Montag um 0,78 Prozent auf 27.446 Zähler. Experten trauen dem DAX noch weitere Kursgewinne bis über das Jahreshoch von Anfang März bei 15.706 Punkten zu. Dabei verweisen sie nicht nur auf die positive Charttechnik, sondern auch auf die Saisonalität. Die üblicherweise starke Sechs-Monats-Phase von November bis April an den Aktienmärkten befindet sich nunmehr auf der Zielgeraden. "In den vergangenen zehn Jahren konnte der deutsche Leitindex in 60 Prozent der Fälle um durchschnittlich rund zwei Prozent zulegen", unterstreicht IG-Analyst Christian Henke. Kehrt das Zinsgespenst zurück? Doch zunächst bestimmen vor allem neu aufgeflammte Inflationssorgen die Märkte dies- und jenseits des Atlantiks. Denn rund um den Globus seien es vor allem die fallenden Energiepreise gewesen, die den Abwärtstrend in den Inflationsraten eingeläutet hätten. "Die Ankündigung der OPEC wirft den Währungshütern einen neuen Stein in den Weg", sagte Benjamin Picton, Stratege bei der Rabobank in Sydney. "Die Nachhaltigkeit des bisherigen Rückgangs der Inflation muss nun ernsthaft infrage gestellt werden." Dies heizte zunächst Spekulationen auf länger steigende Zinsen der US-Notenbank Fed im Kampf gegen die Inflation an. Das Zinsgespenst dürfte auf das Börsenparkett zurückkehren, prophezeit Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Broker RoboMarktes. Schwache Konjunkturdaten aus den USA Die US-Industrie hat ihre Talfahrt im März beschleunigt: Der Einkaufsmanagerindex ISM für die Industrie ist im März mit 46,3 Punkten auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020 gefallen. Er signalisiert damit eine noch stärkere Schrumpfung des Sektors. "Die Stimmung in der US-Industrie ist nochmals schwächer geworden, auch wenn der Index noch nicht auf so tiefe Niveaus gerutscht ist, die in vergangenen Rezessionen erreicht wurden", schreibt Helaba-Experte Ralf Umlauf. Auch der US-Bausektor entwickelte sich schlechter als erwartet. Dies ließ Börsianer darauf setzen, dass das Ende der Zinserhöhungen nah ist. US-Arbeitsmarktbericht kommt am Karfreitag Zur Zurückhaltung mahnt der am Karfreitag anstehende US-Arbeitsmarktbericht. Der letzte Jobbericht vor der nächsten US-Notenbanksitzung am 3. Mai dürfte den weiteren geldpolitischen Kurs der Fed massiv beeinflussen. Darauf reagieren können die Börsen allerdings erst in der kommenden Woche: Am Karfreitag bleiben die Börsen in den USA und in Deutschland geschlossen. Während in Frankfurt auch am Ostermontag nicht gehandelt wird, öffnet die Wall Street am Montag wieder ihre Türen. Ölpreise ziehen drastisch an Die Aussicht auf ein knapperes Ölangebot trieb die Preise für die Sorte Brent aus der Nordsee und US-Leichtöl WTI am Montag in der Spitze um rund acht Prozent auf 86,44 beziehungsweise 81,69 Dollar pro Barrel (159 Liter). Der steigende Ölpreis könnte das Tanken bald wieder teurer machen. Die Drosselung der Fördermenge und die damit verbundenen steigenden Ölpreise könnten "in der Folge auch zu einer Verteuerung an den Zapfsäulen" führen, teilte der ADAC mit. Euro profitiert von US-Daten Der Euro hat am Montag zugelegt. Nachdem in der Spitze 1,0917 US-Dollar gezahlt wurden, war die Gemeinschaftswährung zuletzt dann noch 1,0887 US-Dollar wert. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0870 Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9200 Euro. Die Kurse deutscher Bundesanleihen sind am Montag nach anfänglichen Verlusten gestiegen. Bis zum Nachmittag legte der richtungweisende Terminkontrakt Euro-Bund-Future um 0,31 Prozent auf 136,62 Punkte zu. Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen fiel im Gegenzug auf 2,23 Prozent. In fast allen Ländern der Eurozone gaben die Renditen nach. Bayer investiert in Ukraine Bayer wird nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck 60 Millionen Euro in die Ukraine investieren. Auch die Firma Fixit werde ihre Baustoff-Produktion in der Ukraine "erweitern, quasi verdoppeln", sagt Habeck im ZDF. "Das wird auch dringend gebraucht." Eine Stellungnahme der beiden Unternehmen liegt nicht vor. Habeck wurde bei seiner Reise in die Ukraine von einer Wirtschaftdelegation begleitet, "die erste deutsche, wahrscheinlich die erste überhaupt", wie er sagt. Ermittlungen gegen Activision Blizzard Die Wettbewerbshüter des US-Justizministeriums packen ein für sie ungewöhnliches Thema an: Videospiel-Wettbewerbe. Die Kartellwächter gehen gegen den Branchenriesen Activision Blizzard mit dem Vorwurf vor, er habe in zwei seiner E-Sports-Ligen Einkommen der Spieler unrechtmäßig eingeschränkt. Das Ministerium veröffentlichte am Montag eine Klageschrift und eine vorgeschlagene Einigung mit Zugeständnissen des Konzerns, die noch vom Gericht abgesegnet werden muss. Aufsicht sanktioniert Wirtschaftsprüfer EY Die Abschlussprüferaufsicht APAS hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) und einzelne Wirtschaftsprüfer im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal sanktioniert. Bei der Prüfung der Abschlüsse des ehemaligen Zahlungsdienstleisters in den Jahren 2016 bis 2018 sehe sie Berufspflichtverletzungen als erwiesen an, teilte die APAS mit. EY muss laut APAS eine Geldbuße von 500.000 Euro zahlen. Zudem dürfe sie bei Unternehmen von öffentlichem Interesse zwei Jahre lang keine gesetzlichen Abschlussprüfungen durchführen. Dabei handele es sich um sogenannte Neumandate, teilte die APAS mit. Fünf Wirtschaftsprüfer von EY wurden mit Geldbußen von 23.000 Euro bis 300.000 Euro sanktioniert. Rheinmetall will Waffen der Ukraine in Rumänien warten Rheinmetall will in Rumänien künftig Waffen aus der Ukraine wie Kampfpanzer oder Panzerhaubitzen warten und reparieren. "Rheinmetall treibt den Aufbau eines militärischen Wartungs- und Logistikzentrums im NATO-Partnerland Rumänien mit Hochdruck voran", teilte ein Rheinmetall-Sprecher gestern auf Anfrage mit. Energiekontor springt nach Analystenlob nach oben Höhere Kursziele von Analysten haben die Kursrally von Energiekontor weiter befeuert. Die Papiere des Entwicklers und Betreibers von Wind- und Solarparks ziehen prozentual zweistellig an und notieren nunmehr so hoch wie seit Februar nicht mehr. Analyst Jan Bauer von Warburg stockte sein Kursziel auf 135 Euro auf und traut den Aktien damit einen Rekord zu. Auch die Experten von Hauck & Aufhäuser und vom Bankhaus Metzler sind optimistisch gestimmt. Tesla enttäuscht trotz Auslieferungsrekords Der weltgrößte E-Autobauer Tesla hat im ersten Quartal trotz eines Auslieferungsrekords die Erwartungen der Analysten verfehlt. Das US-Unternehmen übergab nach eigenen Angaben im Berichtszeitraum 422.875 Autos an seine Kunden. Experten hatten im Durchschnitt allerdings mit 430.008 Fahrzeugen gerechnet. In der Spitze brachen die Titel des Autobauers um fast sieben Prozent ein. BioNTech fädelt Milliardendeal für neue Krebsmedikamente ein Nur zwei Wochen nach dem millionenschweren Deal mit dem US-Krebsspezialisten OncoC4 fädelt BioNTech eine weitere - dieses Mal milliardenschwere - Partnerschaft ein. Von der chinesischen Biotechfirma DualityBio sichert sich BioNTech zwei potenzielle Krebsmittel zur Behandlung von soliden Tumoren, wie das Unternehmen mitteilte. DualityBio erhält dafür eine Vorauszahlung von 170 Millionen Dollar und hat Anspruch auf erfolgsabhängige Zahlungen von potenziell über 1,5 Milliarden Dollar sowie gestaffelte Lizenzgebühren für künftige Produktumsätze. Cineworld gibt Verkauf von Gesamtgeschäft auf Die insolvente Kinokette Cineworld hat den Verkauf ihrer Sparten in den USA, Großbritannien und Irland aufgegeben. Es sei nicht gelungen, einen Käufer für das gesamte Geschäft zu finden, teilte das britische Unternehmen mit. Die Anleger nehmen daraufhin Reißaus. Die Aktie fällt in London um bis zu knapp 38 Prozent und erreicht damit den niedrigsten Stand seit August 2022. Twitter stellt alte und neue Verifikations-Häkchen gleich Twitter hat mit der nächsten Neuerung bei seinen Verifikationssymbolen den Nutzen der einst hilfreichen Zeichen weiter entwertet. Der Unterschied zwischen den früher nach einer Prüfung an prominente Nutzer vergebenen Häkchen und den neuen Bezahl-Symbolen ohne eine echte Verifizierung ist in der Nacht zu Montag komplett verwischt worden. Zudem fanden Twitter-Nutzer am Montag in ihren Profilen statt des gewohnten Logos mit dem blauen Vogel plötzlich einen Hundekopf vor. Der Online-Dienst wechselte ohne jegliche Erklärung zum Bild, das für die umstrittene Digitalwährung Dogecoin steht. Twitter-Besitzer Elon Musk erwähnte über die Jahre oft die ursprünglich als Witz gedachte Kryptowährung und muss sich deswegen gerade gegen eine Investorenklage wehren. Volkswagen steigert US-Absatz Der Autobauer Volkswagen hat seinen US-Absatz leicht gesteigert. Im ersten Quartal seien 67.853 Fahrzeuge der Marke VW ausgeliefert worden, teilte das Unternehmen am Montag in Herndon mit. Das waren 4,4 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Dabei machten die sogenannten SUVs 90 Prozent der Verkäufe aus. Die VW-Tochter Audi konnte ihren Absatz in den USA ebenfalls kräftig steigern: Im ersten Quartal seien 52.763 Fahrzeuge ausgeliefert worden. Das waren 49 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Der Verkauf von Elektroautos legte um 37 Prozent zu. GM steigert Absatz Nach einem von Lieferkettenproblemen und Materialmangel geprägten schwachen Vorjahr ist der US-Automarkt im ersten Quartal 2023 wieder besser in die Gänge gekommen. Neben Audi und VW konnte auch der US-Autobauer General Motors (GM) hat seinen Absatz im Heimatmarkt steigern. Im ersten Quartal habe GM 603.208 Fahrzeuge verkauft, teilte das Unternehmen mit. Das sei ein Anstieg um 17,6 Prozent verglichen mit dem Vorjahr, mehr als 20.000 Fahrzeuge waren E-Autos. Sandoz erhält EU-Zulassung für hochkonzentriertes Hyrimoz Der Generikaspezialist Sandoz hat für sein Biosimilar Hyrimoz nun auch von der EU-Kommission grünes Licht für die hochkonzentrierte Formulierung erhalten. Das Mittel der Novartis-Tochter wird bei Patienten eingesetzt, die beispielsweise an rheumatoider Arthritis, Plaque-Psoriasis, den Krankheiten Morbus Crohn, Morbus Bechterew oder ulcerative Colitis leiden Ukraine erhält Milliarden-Tranche vom Internationalen Währungsfonds Die Ukraine hat eine neue Finanzspritze vom Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten. Am Montag seien umgerechnet 2,5 Milliarden Euro in Kiew eingetroffen, teilte das Finanzministerium mit. Es handele sich dabei um die erste Tranche des am vergangenen Freitag beschlossenen neuen vierjährigen Kreditprogramms des IWF.
/wirtschaft/finanzen/marktberichte/dax-jahreshoch-dow-oelpreise-opec-gold-tesla-101.html
2023-04-03
Trump will vor Gericht erscheinen
Anklage in New York
In der Affäre um Schweigegeldzahlungen will Ex-US-Präsident Trump am Dienstag vor einem New Yorker Gericht erscheinen. Während sich die Stadt auf Proteste vorbereitet, schlägt Trump Profit aus dem Medienrummel. Von Claudia Sarre.
In der Affäre um Schweigegeldzahlungen will Ex-US-Präsident Trump am Dienstag vor einem New Yorker Gericht erscheinen. Während sich die Stadt auf Proteste vorbereitet, schlägt Trump Profit aus dem Medienrummel. Business as usual: Am Wochenende spielte Ex-US-Präsident Donald Trump Golf in Florida. Dass er morgen vor einem Gericht in New York erscheinen soll, scheint ihn nicht zu schrecken. Ganz im Gegenteil: Der 76-Jährige nutzte die mediale Aufmerksamkeit für sich. Er ließ mitteilen, dass er bereits heute nach New York anreisen, im Trump-Tower übernachten und morgen um 14:15 Uhr Ortszeit persönlich im Gerichtsgebäude in Downtown Manhattan erscheinen werde. Gegen Fahndungsfotos und Fingerabdrücke legte er keinen öffentlichen Widerspruch ein. Am Abend zur besten Sendezeit, so kündigte Trump an, wolle er dann zu Hause in Mar-a-Lago vor seinen Anhängern sprechen.  Angeklagt und Populär Wie Trump bewertete auch sein Anwalt Joe Tacopina die Anklage als "politische Verfolgung". Tacopina suchte am Wochenende bewusst die Öffentlichkeit und trat in etlichen US- Fernsehtalkshows auf.    "Würde Trump nicht für das Präsidentenamt kandidieren, wäre er nicht angeklagt worden", so Tacopina bei "State of the Union" auf CNN. Übrigens: seitdem diese Anklage verkündet wurde, seien Trumps Popularitätswerte beträchtlich gestiegen. Nicht nur Trumps Umfragewerte sind gestiegen, sondern auch sein Wahlkampfkontostand. Er und sein Wahlkampfteam hatten den Medienrummel genutzt, um Geld einzutreiben. In den 24 Stunden nach Bekanntwerden der Anklage gegen ihn sind mehr als rund vier Millionen Dollar an Wahlkampfspenden zusammengekommen. Konkurrenz aus den eigenen Reihen Während aus den Reihen der Republikaner übereinstimmend Empörung über die Anklage des Ex-Präsidenten zu hören war, stellte sich ein Parteikollege gegen Trump. Asa Hutchinson, der frühere Gouverneur von Arkansas, verkündete bei ABC, dass er vorhabe, als Präsidentschaftskandidat ins Rennen zu gehen. Gleichzeitig forderte er Trump auf, seine Kandidatur zurückzuziehen. Schließlich sei er in insgesamt drei Ermittlungsverfahren verwickelt. "Das Erste ist die Schweigegeldzahlung in New York. Das zweite ist die Aufforderung, weitere Wählerstimmen zu finden in Georgia und das dritte ist der Umgang mit geheimen Dokumenten in Mar-a-Lago. Das sind drei sehr ernste Ermittlungsverfahren", sagte Hutchinson. Tumulte in Manhattan erwartet Die Behörden in New York bereiten sich unterdessen auf Tumulte und Proteste in Manhattan vor. Die radikale Republikanerin und Trump-Freundin Marjorie Taylor Green kündigte an, ganz in der Nähe des Gerichtsgebäudes öffentlich aufzutreten. Auf Twitter schrieb sie unter anderem: "Ich reise nach New York, um zu protestieren - gegen den Missbrauch unseres Justizsystems und gegen Wahlbeeinflussung."  Protesting is a constitutional right and I am going to NY on Tuesday to protest this unprecedented abuse of our justice system and election interference.I also reject any attempt and anyone who dresses in MAGA but incites violence or commits violence while pretending to be one… https://t.co/PwgLOhguii Trump war am Donnerstag wegen Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels kurz vor den Wahlen 2016 angeklagt worden. Daniels sagte aus, 2006 eine sexuelle Affäre mit Trump gehabt zu haben, was dieser dementiert. Die Schweigegeldzahlungen an sich sind nicht illegal, Trump könnte jedoch wegen unlauterer Wahlkampffinanzierung oder gefälschter Geschäftsdokumente zur Verantwortung gezogen werden.
/ausland/amerika/usa-trump-gericht-101.html
2023-04-03
Aborigines-Anführer ist tot
Australische Indigene
Einer der bedeutendsten australischen Indigenen ist tot: Galarrwuy Yunupingu starb im Alter von 74 Jahren. Er setzte sich für die Rechte der Aborigines ein und wurde von Politik und Indigenen für sein Engagement geachtet und verehrt. mehr
Einer der bedeutendsten australischen Indigenen ist tot: Galarrwuy Yunupingu starb im Alter von 74 Jahren. Er setzte sich für die Rechte der Aborigines ein und wurde von Politik und Indigenen für sein Engagement geachtet und verehrt. Die Aborigines trauern um einen ihrer wichtigsten Vertreter: Galarrwuy Yunupingu, Politiker und Kämpfer für die Rechte und Landrechte der australischen Indigenen, ist tot. Er sei am Montag im Alter von 74 Jahren in der nordöstlichen Region Arnhemland gestorben, teilte seine Familie mit. "Gigant der Nation" Yunupingu vom Volk der Yolngu wurde 1948 in den Northern Territories geboren. Er war mehr als zwei Jahrzehnte lang Vorsitzender des Northern Land Council (NLC), der Aborigines beim Erwerb und der Verwaltung von Land unterstützt. Yunupingu traf seit 1972 alle Premierminister und beteiligte sich an der Ausarbeitung von Gesetzen für die Rechte der Indigenen. 1978 wurde er zum "Australier des Jahres" ernannt, es folgten weitere Ehrungen. 1998 wurde er in die Liste der "100 bedeutendsten lebenden Persönlichkeiten Australiens" aufgenommen. "Es ist schwer in Worte zu fassen, was dieser Verlust für dieses Land bedeutet", sagte die Ministerin für indigene Australier, Linda Burney. Die Yothu Yindi Foundation bezeichnete ihn als "Giganten der Nation". Auch Australiens Premierminister Anthony Albanese ehrte ihn. Er werde Yunupingus Familie vorschlagen, ihn mit einem Staatsbegräbnis zu würdigen. "Er war ein Anführer, ein Staatsmann, ein großartiger Yolngu-Mann und ein großartiger Australier", schrieb er auf Twitter. Er habe sich mit Autorität, Kraft und Anmut in zwei Welten bewegt und sich dafür eingesetzt, diese zu vereinen, so Albanese. Yunupingu walked in two worlds with authority, power and grace, and he worked to make them whole — together. He was a leader, a statesman, a great Yolngu man and a great Australian. He now walks in another place, but he has left such great footsteps for us to follow in this one. https://t.co/aOgZMU6UTJ Referendum für Anerkennung der Aborigines Erst Ende März hatte Premier Albanese Details zu einem Referendum über eine Verfassungsänderung bekannt gegeben. Noch in diesem Jahr soll darüber abgestimmt werden, ob die Indigenen in der Verfassung als erstes Volk Australiens anerkannt werden und eine Stimme im Parlament erhalten sollen. Bei der Gelegenheit habe er auch noch einmal mit Yunupingu gesprochen, erklärte Albanese. Das Verhältnis der Australier zur indigenen Bevölkerung ist schwierig. Aborigines haben den Kontinent nach Angaben des Nationalmuseums schon seit 65.000 Jahren bewohnt. Nach der Ankunft der ersten britischen Siedler in Sydney am 26. Januar 1788 und der darauffolgenden Kolonisierung wurden viele Jahrzehnte lang Aborigine-Kinder ihren Eltern entrissen. Aborigines machen rund 3,2 Prozent der australischen Bevölkerung aus. Erst seit den 1960er-Jahren dürfen sie wählen. Viele beklagen Rassismus und Diskriminierung. Bis heute kämpfen die Indigenen für die Anerkennung ihrer Landrechte.
/ausland/ozeanien/australien-aborigine-anfuehrer-101.html
2023-04-03
Konservative gewinnen Wahl in Finnland
Marin-Partei nur Dritte
Es war ein knappes Rennen, doch am Ende konnten sich die Konservativen durchsetzen: Die Nationale Sammlungspartei hat die finnische Parlamentswahl gewonnen. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Marin räumte ihre Niederlage ein. mehr
Es war ein knappes Rennen, doch am Ende konnten sich die Konservativen durchsetzen: Die Nationale Sammlungspartei hat die finnische Parlamentswahl gewonnen. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Marin räumte ihre Niederlage ein. Die konservative Nationale Sammlungspartei ist bei der Parlamentswahl in Finnland erstmals seit zwölf Jahren stärkste Kraft geworden. Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Sanna Marin kamen trotz Zugewinnen hinter den Konservativen sowie der rechtspopulistischen Partei Die Finnen nur auf Platz drei. Nach vorläufiger Auszählung aller Stimmen entfielen auf die Konservativen 20,8 Prozent der Stimmen, sie errungen 48 Mandate. Die Rechtspopulisten kamen auf 20,1 Prozent und 46 Sitze, die Sozialdemokraten auf 19,9 Prozent und 43 Mandate. Marin erkannte die Wahlniederlage an. "Glückwünsche an den Wahlsieger", sagte sie bei einer Rede vor Anhängern. "Die Demokratie hat gesprochen." Mindestens drei Parteien für Koalition benötigt Dem Vorsitzenden der Sammlungspartei, Petteri Orpo, werden nun die größten Chancen ausgerechnet, neuer finnischer Ministerpräsident und damit Nachfolger der seit Ende 2019 regierenden Marin zu werden. Für eine Mehrheit im 200 Sitze fassenden Parlament werden jedoch mindestens drei Parteien benötigt. Marin regiert bislang mit einer aus fünf Parteien bestehenden Mitte-links-Koalition. Anders als die Sozialdemokraten unter Marin haben die Konservativen unter Orpo eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten nicht ausgeschlossen. Wie der finnische öffentlich-rechtliche Sender YLE berichtete, dürften die Koalitionsverhandlungen für Orpo trotzdem schwierig werden. Von den Sozialdemokraten trennen seine Partei unterschiedliche Vorstellungen zur Haushaltspolitik und Staatsverschuldung, von den Rechtspopulisten deren Haltung zu Einwanderung und der EU. NATO-Beitritt kaum Thema im Wahlkampf Im Wahlkampf spielten vor allem die Staatsfinanzen eine Rolle - Kritiker werfen Marin vor, die Staatsschulden in die Höhe getrieben zu haben. In ihre Amtszeit fielen die Corona-Pandemie und die Energiekrise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Der NATO-Beitritt Finnlands, der in wenigen Tagen offiziell vollzogen wird, war dagegen kaum ein Thema.
/ausland/europa/finnland-konservative-wahlsieg-105.html
2023-04-03
Der letzte Verbrenner-Golf von VW
Aktuelle Baureihe
Es ist das Ende einer Auto-Ära: Der Golf 8 soll die letzte Baureihe des Modell-Klassikers mit Verbrennungsmotor sein. Den Namen Golf will Volkswagen aber für ein künftiges Elektroauto weiter nutzen. mehr
Es ist das Ende einer Auto-Ära: Der Golf 8 soll die letzte Baureihe des Modell-Klassikers mit Verbrennungsmotor sein. Den Namen Golf will Volkswagen aber für ein künftiges Elektroauto weiter nutzen. Deutschlands größter Automobilhersteller Volkswagen plant keine neue Generation seiner Golf-Reihe mit Verbrennungsmotor. Das sagte Markenchef Thomas Schäfer der "Automobilwoche". Der Golf war jahrzehntelang das meistverkaufte Auto in Europa. Das Modell wird seit dem Jahr 1974 verkauft. Der Golf 8, der derzeit produziert wird, soll die letzte Version des Schrägheckautos mit Verbrennungsmotor sein, wobei im nächsten Jahr eine weitere Serie von Updates erwartet wird. "Damit ist das Auto bis zum Ende des Jahrzehnts gesetzt. Dann müssen wir sehen, wie sich dieses Segment entwickelt", sagte Schäfer. "Wenn sich die Welt bis 2026 oder 2027 ganz anders entwickelt als erwartet, dann können wir auch noch mal ein komplett neues Fahrzeug auflegen. Das glaube ich aber nicht. Bisher ist das nicht vorgesehen." "Irgendein Fahrzeug so zu nennen, geht nicht" Der Name Golf soll aber für ein zukünftiges Elektromodell erhalten bleiben - ähnlich wie auch die Namen Tiguan oder GTI. Diese "ikonische Namen" sollten in die elektrische Welt überführt werden, sagte Schäfer. "Aber gerade beim Golf muss das zu den Genen passen. Einfach irgendein Fahrzeug so zu nennen, geht nicht. Den Fehler machen wir nicht", betonte der VW-Markenchef. Einen elektrischen Golf werde es erst geben, "wenn auch wirklich Golf-Gene drin stecken - wie etwa ein flacheres Dach gegenüber dem ID.3." Das werde frühestens mit der neuen Fahrzeug-Plattform SSP ab 2028 möglich sein. Die Ankündigung von Volkswagen illustriert, wie stark der Wolfsburger Konzern seine Investitionen auf die Senkung der Kosten von Elektrofahrzeugen konzentriert. "Volkswagen bekennt sich klar zum elektrischen Antrieb. Die E-Mobilität ist die beste Lösung für nachhaltigen Transport", so der Autohersteller gegenüber tagesschau.de. Es wird erwartet, dass VW bis zum Jahr 2026 zehn neue E-Auto-Modelle an den Start bringt. E-Auto für unter 20.000 Euro geplant Darunter soll auch der elektrischer Kleinwagen ID.2all sein. Im vergangenen Monat hatte der Konzern einen ersten Entwurf des E-Autos gezeigt, das in etwa die Größe eines heutigen VW-Polos haben dürfte. In der Grundausstattung soll der ID.2 weniger als 25.000 Euro kosten, die Reichweite dürfte bis zu 450 Kilometer betragen. Bis Ende des Jahrzehnts will Volkswagen zudem ein Elektro-Modell für weniger als 20.000 Euro auf den Markt bringen, das ID.1 heißen könnte, wie Schäfer der "Automobilwoche" sagte. Die Marke Volkswagen strebt bis 2030 einen Anteil von 80 Prozent Elektroautos in Europa und 55 Prozent in Nordamerika an. Weltweit will der gesamte VW-Konzern mit seinen verschiedenen Marken bis dahin einen Anteil von 50 Prozent Elektrofahrzeugen erreichen.
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2023-04-03
Kommunen mit Milliardenüberschuss
Finanzen der Gemeinden
Die Kommunen in Deutschland haben 2022 deutlich mehr Geld für Energie, Personal und Soziales ausgegeben. Dank höherer Steuereinnahmen erzielten sie unterm Strich dennoch ein Plus von rund 2,6 Milliarden Euro. mehr
Die Kommunen in Deutschland haben 2022 deutlich mehr Geld für Energie, Personal und Soziales ausgegeben. Dank höherer Steuereinnahmen erzielten sie unterm Strich dennoch ein Plus von rund 2,6 Milliarden Euro. Die Kommunen in Deutschland können für das vergangene Jahr trotz höherer Ausgaben einen Überschuss von 2,6 Milliarden Euro verbuchen. Das teilte das Statistische Bundesamt mit. Auf kommunaler Ebene hätte man zwar mit stark steigenden Personal- und Sachausgaben zu kämpfen gehabt, diese Kosten aber durch höhere Steuereinnahmen wieder auffangen können, so die Statistiker. Im Vergleich zu 2021 sind die Kassen trotzdem weniger gut gefüllt: Damals hatte der kommunale Überschuss noch 4,6 Milliarden Euro betragen - also zwei Milliarden Euro mehr. Das Ergebnis setzt sich aus kommunalen Kern- und Extrahaushalten zusammen: Der Überschuss der Kernhaushalte belief sich im Jahr 2022 auf 2,2 Milliarden Euro im Vergleich zu 3,0 Milliarden Euro im Jahr 2021. Die Extrahaushalte verzeichneten im Jahr 2022 einen Finanzierungsüberschuss von rund 0,5 Milliarden Euro im Vergleich zu einem Überschuss von rund 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2021. Mehr Geld für Energie und Schutzsuchende Innerhalb des vergangenen Jahres sind die kommunalen Ausgaben laut der Statistik um 7,4 Prozent auf 325,8 Milliarden Euro gestiegen. Gründe dafür sind unter anderem die Energiekrise, die Unterbringung von Schutzsuchenden oder auch gestiegene Personalkosten. Bei Letzteren seien der vom Bund weiterhin geförderte Ausbau der Kinderbetreuung und die damit verbundenen Neueinstellungen von Bedeutung gewesen, heißt es. Insgesamt gaben die Kommunen 86 Milliarden Euro für Personal aus und damit 7,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Auf Seite der Sozialausgaben war der Zuwachs der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz besonders ausgeprägt. Mit rund vier Milliarden Euro gaben die Kommunen dafür 61,2 Prozent mehr Geld aus als noch im Vorjahr. Im ersten Halbjahr 2022 mussten sie vor allem Mittel für Schutzsuchende aus der Ukraine aufbringen. Einnahmen vor allem durch Gewerbesteuern Auf der Gegenseite nahmen die Kommunen 2022 insgesamt 328,4 Milliarden Euro ein - und damit 6,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Das lag laut den Statistikern vor allem an höheren kommunalen Steuereinnahmen. Diese stiegen um 7,1 Prozent auf 121,5 Milliarden Euro.  Wichtiger Faktor waren dabei angewachsene Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Sie stiegen um fast 14 Prozent auf 57,7 Milliarden Euro. Einen deutlichen Rückgang gab es hingegen beim Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer - dieser sank um 9,2 Prozent auf 7,5 Milliarden Euro. Durch das Ende der Corona-Pandemie erhöhten sich außerdem die Einnahmen durch Verwaltungs- und Benutzungsgebühren, denn viele der pandemiebedingten Zugangsbeschränkungen und Schließungen kommunaler Einrichtungen wurden aufgehoben. Die Gebühreneinnahmen stiegen um 9,8 Prozent auf 36,1 Milliarden Euro. Die Kommunen befinden sich aktuell in einem schwierigen Tarifstreit. Die Gewerkschaft ver.di fordert wegen der starken Inflation Einkommenserhöhungen von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro monatlich. Nach gescheiterten Verhandlungen geht es nun in die Schlichtung.
/inland/innenpolitik/haushaltsueberschuss-kommunen-deutschland-101.html
2023-04-03
Milatovic wird neuer Präsident Montenegros
Ende der Ära Djukanovic
Er gilt als Reformer und ist erst 36 Jahre alt: Jakov Milatovic von der Bewegung "Europa jetzt" ist zum neuen Präsidenten Montenegros gewählt worden. Damit endet nach mehr als 30 Jahren die Ära von Milo Djukanovic. Von Wolfgang Vichtl.
Er gilt als Reformer und ist erst 36 Jahre alt: Jakov Milatovic von der Bewegung "Europa jetzt" ist zum neuen Präsidenten Montenegros gewählt worden. Damit endet nach mehr als 30 Jahren die Ära von Milo Djukanovic. Es ist das Ende einer Ära im Adria-Kleinstaat Montenegro: Nach mehr als 30 Jahren an der Macht - zuletzt als Staatspräsident - ist Milo Djukanovic abgewählt worden. Klarer Sieger der Stichwahl um das Präsidentenamt ist - nach den letzten Hochrechnungen - der 36-jährige Jakov Milatovic, Kandidat der jungen Bewegung "Europa jetzt". Milatovic profitierte von der immer stärker gewordenen Wechselstimmung der 540.000 Wahlberechtigten. Nach dem ersten Wahlgang lag er deutlich hinten, in der Stichwahl unterstützten ihn aber nicht nur die eigenen europafreundlichen Anhänger, sondern auch die der pro-serbischen Parteien und die der aus Belgrad gelenkten serbisch-orthodoxen Kirche. Milatovic hat Volkswirtschaft studiert, in den USA, in Europa, er arbeitete bei der Deutschen Bank in Frankfurt, und bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau in London. Er gilt als Reformer, war kurz Wirtschaftsminister in Montenegro, gewann die Bürgermeisterwahl in der Hauptstadt Podgorica, die lange als Djukanovic-Hochburg galt. Milatovic will EU-Beitrittsgespräche beschleunigen Der Wechsel von Langzeitherrscher Djukanovic zum bisher unbekannten Jungpolitiker Milatovic dürfte auch Auswirkungen auf die Parlamentswahlen im Juni haben. Weil sich die politischen Lager blockieren, gibt es derzeit nur eine geschäftsführende Regierung für Montenegro. Milatovic und seine Bewegung "Europa jetzt" wollen das ändern. Und mit ihrer Politik auch die Gespräche mit der EU über einen Beitritt beschleunigen, die sich bereits seit 11 Jahren hinziehen.
/ausland/europa/montenegro-praesidentschaftswahl-101.html
2023-04-03
Warum die Schweiz die Inflation im Griff hat
Verbraucherpreise
In der Schweiz ist die Teuerung nach einem Anstieg in den ersten beiden Monaten des Jahres im März auf 2,9 Prozent gesunken. Warum ist die Inflation dort viel geringer als in Deutschland oder der Eurozone? mehr
In der Schweiz ist die Teuerung nach einem Anstieg in den ersten beiden Monaten des Jahres im März auf 2,9 Prozent gesunken. Warum ist die Inflation dort viel geringer als in Deutschland oder der Eurozone? Die Inflationsrate in der Schweiz ist im März auf 2,9 Prozent gesunken, wie das Schweizer Bundesamt für Statistik (BFS) heute mitteilte. Im Februar hatte die Teuerungsrate noch bei 3,4 Prozent gelegen. Sie war in den ersten beiden Monaten des Jahres unter anderem wegen höherer Strom- und Flugpreise deutlich angestiegen; nun ist die Inflationsrate wieder so hoch wie im Dezember. Deutlich teurer als vor Jahresfrist sind in der Schweiz weiterhin vor allem Importgüter, die sich um 3,8 Prozent verteuerten, während Inlandsgüter 2,7 Prozent mehr kosteten als im März 2022. Beide Werte sind aber geringer als im Februar. Auch die Kerninflation, welche die volatilen Güter wie Nahrungsmittel, Energie und Treibstoffe ausschließt, sank im März auf 2,2 Prozent von 2,4 Prozent im Februar. Starker Franken schützt die Schweiz Auch in Deutschland und der Eurozone sanken zuletzt zwar wieder die Verbraucherpreise. Die Inflationsrate im Euroraum sank im März von 8,5 Prozent auf 6,9 Prozent. In Deutschland fiel sie von 8,7 Prozent im Februar auf aktuelle 7,4 Prozent. Allerdings fällt auf, dass sie verglichen mit der Schweiz ein deutlich höheres Niveau erreichten und auch hielten. Für die unterschiedliche Härte, mit der die Inflation die beiden Währungsräume trifft, gibt es plausible Gründe. Ein wichtiger Faktor ist die Stärke der Schweizer Währung gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung. Auch gegenüber dem Dollar zeigt sich der Franken zuletzt wieder robuster. Das hat Folgen für die Importpreise, denn Güter, die von außerhalb der Schweiz geliefert werden, werden günstiger: Der Wechselkurs sei eine wichtige Komponente der Schweizer Inflation, meint Stéphane Monier, Finanzexperte bei der Lombard Odier Private Bank. Eine starke Währung halte Importe so billig wie möglich und dämme die Verbraucherpreise ein, so Monier. Hohe Preise durch Protektionismus Ein weiterer Faktor sind protektionistische Maßnahmen, mit der die Schweiz ihre eigenen Märkte schützt. Das betrifft Fachleuten zufolge insbesondere die Preise für Lebensmittel, die dadurch weniger stark steigen als in der Eurozone, wo sie kräftig anzogen: Durch die protektionistischen Maßnahmen seien die Schweizer Nahrungsmittelpreise von der Entwicklung auf dem Weltmarkt abgekoppelt, unterstreicht ein Schweizer Finanzexperte.   Die Schweizer heben den Preis für ausländische Agrarprodukte, die auch im Inland hergestellt werden, durch Importzölle auf das höhere Schweizer Niveau, um heimische Getreide-, Obst- und Gemüsebauern vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. "Wenn der Preis für Güter, die wir selber produzieren, am Weltmarkt steigt, sinkt nur der Zoll", sagt Alexander Rathke von der Konjunkturforschungsstelle der Universität ETH. Aber es gibt Nebenwirkungen: "Die Preise sind zwar jetzt stabiler, dafür ist das Preisniveau aber auch sonst immer höher", sagt Rathke. Energiepreise weniger wirkungsvoll Die unterschiedlichen Gewichtungen in den Warenkörben zwischen Eurozone, Schweiz und Deutschland spielen ebenfalls eine Rolle. Energiepreise haben in der Schweiz beispielsweise eine geringere Gewichtung, was sich direkt auf die Berechnungen auswirkt. Aber auch Unterschiede in der Stromerzeugung haben spürbare Effekte. Während die Schweiz ihren Strombedarf fast ganz aus Wasser- und Atomkraft deckt, wird etwa in Deutschland viel Strom mit Gas produziert. Deshalb haben sich die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg gestiegenen Gaspreise hierzulande viel deutlicher auf die Inflation ausgewirkt.
/wirtschaft/verbraucher/inflation-schweiz-eurozone-vergleich-101.html
2023-04-03
Zwischen Kriegsgräuel und Wiederaufbau
Habeck in der Ukraine
Bei seinem Besuch in der Ukraine ist Wirtschaftsminister Habeck mit Präsident Selenskyj auch in das Dorf Jahidne gereist. Zeugen berichteten dort von Gräueltaten in einem Keller. Aber es ging auch um Hilfen - vor allem für den Wiederaufbau. Von Rebecca Barth.
Bei seinem Besuch in der Ukraine ist Wirtschaftsminister Habeck mit Präsident Selenskyj auch in das Dorf Jahidne gereist. Zeugen berichteten dort von Gräueltaten in einem Keller. Aber es ging auch um Hilfen - vor allem für den Wiederaufbau. Es ist sein erster Besuch nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die gesamte Ukraine. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist zu Besuch in dem Land und unter anderem in das kleine Dorf Jahidne nördlich von Kiew gereist. Zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj besuchte der Vize-Kanzler einen Keller, in dem russische Soldaten Hunderte Dorfbewohner über Wochen festgehalten hatten. "Die emotionale Tiefe - und ich will das ausdrücklich sagen - auch eines Präsidenten, der jetzt seit einem Jahr sein Land im Krieg hat, hat mich wirklich beeindruckt", sagte Habeck. "Ich möchte das so für mich zusammenfassen, dass die Humanität mit der noch immer auf diese gesamte Situation geschaut wird und aus der heraus gehandelt wird, so fürchterlich und so schlimm einige Entscheidungen zu treffen sind, mich wirklich beeindruckt hat." Die Spuren der Besatzung sind bis heute sichtbar. Viele Häuser in Jahidne sind zerstört oder beschädigt. Gleichzeitig aber läuft der Wiederaufbau des Dorfes. Viele Fenster wurden bereits ersetzt, Waffen- und Geschossreste haben die Menschen zu Haufen zusammengestapelt. Eines aber kann das Dorf nicht vergessen: den Keller, in dem Hunderte Einwohner wochenlang zusammengepfercht waren. Namen der Toten an Kellerwänden "Sie versammelten alle Menschen auf den Straßen", erinnert sich Iwan Petrowitsch. "Sie versammelten die Menschen, umringten sie von hinten und an den Seiten mit Waffen und sagten: Geht in den Schulkeller, wir werden euch beschütze!. Es wurde nicht erklärt, was der Sinn war, uns dorthin zu bringen." Etwa 350 Menschen mussten über Wochen in dem Keller ausharren. Nicht alle überlebten. Um die Toten nicht zu vergessen, kritzelten die Menschen ihre Namen in die Kellerwände. Bis heute stehen sie dort - auch sichtbar für Wirtschaftsminister Habeck. Besonders beeindruckt habe ihn auch die emotionale Reaktion des ukrainischen Präsidenten. "Nachdem ich das alles gesehen habe, kann ich nur wünschen, dass der Präsident Russlands den Rest seiner Tage in einem Keller mit einem Eimer anstatt einer Toilette verbringt", sagte Selenskyj später zu Journalisten. Militärische, finanzielle und wirtschaftliche Hilfe Doch Habeck ist nicht nur in die Ukraine gereist, um sich die Folgen von Krieg und Besatzung anzusehen. Mit ihm kam eine Delegation aus hochrangigen Wirtschaftsvertretern. Und auch in den Gesprächen, die er bisher in der Ukraine geführt habe, sei es vor allem um weitere militärische, finanzielle und wirtschaftliche Hilfe gegangen. Die Ukraine wolle schon jetzt ein starkes Zeichen des Wiederaufbaus setzen, so Habeck. Er erwarte, dass die Gespräche etwa mit dem Energieminister sowie der Wirtschaftsministerin der Ukraine es der ukrainischen Wirtschaft und damit der europäischen Wirtschaft ermöglichen, "einen Schritt nach vorne zu gehen". Ein erster Schritt sei die Neuaufsetzung der deutsch-ukrainischen Energiepartnerschaft. Die Ukraine wolle ihr Energiesystem dezentralisieren und breiter aufstellen, so Habeck. Deutschland und die Ukraine haben seit 2020 eine formelle Energiepartnerschaft. Dabei geht es eigentlich um die Wende hin zu einer klimafreundlicheren Energieproduktion. Seit dem Angriff Russlands gegen die gesamte Ukraine liegt der Fokus jedoch auf Reparatur und Erhalt des Stromnetzes.
/ausland/europa/habeck-ukraine-105.html
2023-04-03
Verschleiß an der Front
Panzerhaubitze 2000
Bei der Verteidigung gegen die russische Armee ist die deutsche Panzerhaubitze 2000 eine wichtige Waffe der ukrainischen Truppen. Aber Verschleiß und Munitionsmangel vermindern die Kampfkraft. Von T. Dammers und A. Schwets.
Bei der Verteidigung gegen die russische Armee ist die deutsche Panzerhaubitze 2000 eine wichtige Waffe der ukrainischen Truppen. Aber Verschleiß und Munitionsmangel vermindern die Kampfkraft. Gut getarnt, im grau-braunen Gestrüpp im Umland der heftig umkämpften Stadt Bachmut, steht eine der schlagkräftigsten Waffen, die Deutschland bislang an die Ukraine geliefert hat. Es ist eine Panzerhaubitze 2000, ein mobiles und hochmodernes Artilleriegeschütz, rund 57 Tonnen schwer. Das Rohr der Panzerhaubitze ragt aus den kahlen, blattlosen Baumkronen. Es zeigt in Richtung Osten, zu den russischen Stellungen. Die Ketten des Fahrzeugs haben tiefe Furchen in den schweren Erdboden gewalzt. "Wir helfen der Infanterie" Oleg streift mit einer Hand über die schlammverkrustete Seite der Haubitze. Er ist 28 Jahre alt, trägt Tarnfarben; im Gurt vor seiner Brust stecken drei Patronenmagazine. Oleg ist Sergeant in der 43. Brigade, die diese Panzerhaubitze 2000 bedient. "Wir helfen der Infanterie", erklärt er die Aufgabe der Einheit. "Wir zerstören Bunker und Kommandoposten, aber vor allem kämpfen wir gegen andere Artilleriebatterien." Gefechte über viele Kilometer Distanz Diese Duelle zwischen feindlichen Batterien werden in der Regel über eine Entfernung von vielen Kilometern ausgetragen. Die Zielkoordinaten erhalten die Soldaten von Aufklärungseinheiten und Drohnen. Zwischen 30 und 40 Kilometer weit feuert ihre Panzerhaubitze die Granaten, sagt Oleg - je nach Munitionstyp. Durch diese Feuerkraft kommt der Artillerie eine Schlüsselrolle im Stellungskrieg in der Ostukraine zu. Aber wegen ihrer Wirkung im Kampfgeschehen ist die Panzerhaubitze 2000 auch selbst ein begehrtes Ziel für die russischen Truppen. Insbesondere, wenn die Soldaten durch eigene Schüsse ihre Position preisgeben. Zu wenig Granaten Gegenüber älteren sowjetischen Haubitzen sei die Panzerhaubitze 2000 klar im Vorteil, so Oleg. Er lobt die Feuergeschwindigkeit, Reaktionsfähigkeit und Mobilität der deutschen Waffe, bedankt sich "bei der deutschen Politik" für die Lieferungen. Aber er beobachtet auch, dass die Panzerhaubitze nicht mehr ihre gesamte Kraft entfalten kann. Seit dem Sommer hat die Ukraine 14 Panzerhaubitzen 2000 von Deutschland erhalten. Seit Monaten arbeiten sie unter Dauerbelastung. Früher hätten sie an manchen Tagen bis zu 220 Granaten abgefeuert, erzählt Oleg - "aber jetzt können wir das nicht mehr". Derzeit seien es noch durchschnittlich 45 bis 50. "Wir erhalten Munition, aber zu wenig", fasst er zusammen. Und zuletzt hätte die Einheit Granaten erhalten, die nur 23 Kilometer weit fliegen. Das bedeutet, dass die Panzerhaubitze näher an die russischen Stellungen heranrücken muss und dadurch selbst leichter zum Ziel wird. Sie wird dadurch eigener Stärken beraubt. Anfällig für Dreck und Feuchtigkeit Im Inneren der Haubitze finden fünf Soldaten Platz. Andrii, 29, ist Kommandeur des Geschützes. Wie die gesamte Mannschaft wurde er in Deutschland an der Waffe ausgebildet. Auch seine Jacke stammt noch aus Bundeswehr-Beständen. Weil die sensible Technik anfällig für Dreck und Feuchtigkeit ist, streift Andrii seine schlammverkrusteten Stiefel vor der Eingangsluke ab. Auf Socken steigt er in den Kommandositz. Abnutzung durch viel Einsatz Durch die großen Belastungen der vergangenen Monate und insbesondere durch die hohen Schussfrequenzen beobachtet er Verschleißerscheinungen an der Panzerhaubitze 2000. Inzwischen überhitze die Elektronik öfter in Einsätzen, sagt er. "Dann passieren Fehler", so Andrii. So falle beispielsweise manchmal die teilautomatisierte Munitionszufuhr aus, sodass die Soldaten manuell - und langsamer - nachladen müssten. Oder die Zielerfassung lasse sich nicht mehr justieren. "Man muss dann die Maschine neu starten", sagt Oleg. Und auch die Hardware zeige Abnutzungsspuren: So sei am Vortag beispielsweise der Rückstoßdämpfer beschädigt worden. Keine Ersatzteile, viel Improvisation Für Reparaturen ist Olexander zuständig, ein bärtiger, hoch gewachsener Soldat. Auch er hat in Deutschland einen Crashkurs durchlaufen. Regelmäßig müssen die Panzerhaubitzen 2000 gewartet werden. Dazu kommen Reparaturen. Aber die Reparaturen seien schwierig. "Schauen Sie sich die Bedingungen hier an", sagt Olexander und zeigt auf die Bäume, Sträucher und Matschflächen ringsherum. "Wir improvisieren", sagt Olexander. "Solange etwas nicht schwer verbogen oder deformiert ist, reparieren wir es. Aber es gibt kaum Ersatzteile, fast gar keine." Manche Schäden treten zum ersten Mal auf Dabei stünden sie auch mit ihren Ausbildern in Deutschland in Kontakt. Bei schwierigen Problemen würden sie Videos von den Schäden schicken. Aber es komme vor, dass auch die deutschen Mechaniker keine Lösung wüssten. "Die Panzerhaubitze wird hier im intensiven Kampf erprobt", sagt Olexander. "Wir entdecken hier manche Schäden an der Maschine zum ersten Mal." Er wünscht sich "ein paar Haubitzen mehr", sodass die vorhandenen Geschütze "ordentlich repariert" werden könnten - und in der Zeit ein anderes Geschütz in die Feuerposition nachrücken könnte. Hoffnung auf die Gegenoffensive Trotz Munitionsmangels und fehlender Ersatzteile hofft Sergeant Oleg auf eine baldige, neue Gegenoffensive der Ukrainer. Auch die Panzerhaubitze 2000 soll dabei helfen, ebenso wie die jüngst gelieferten 18 deutschen Kampfpanzer Leopard 2A6". "Es gibt nichts, das nicht hilft", so Oleg. "Alles hilft. Zu 100 Prozent."
/ausland/ukraine-waffen-deutschland-101.html
2023-04-03
Was bringen die westlichen Waffen?
Ukrainische Frühjahrsoffensive
In diesen Wochen liefert der Westen neue Waffen zur Unterstützung der erwarteten ukrainischen Frühjahrsoffensive. Können sie beim Versuch der Rückeroberung besetzter Gebiete entscheidende Vorteile verschaffen? Von M. Schülke.
In diesen Wochen liefert der Westen neue Waffen zur Unterstützung der erwarteten ukrainischen Frühjahrsoffensive. Können sie beim Versuch der Rückeroberung besetzter Gebiete entscheidende Vorteile verschaffen? Noch ist unklar, wann die von vielen erwartete ukrainische Frühjahrsoffensive tatsächlich beginnt. Lange diskutierte und zögerte der Westen - im Januar schließlich kündigten Deutschland, weitere europäische Länder und die USA an, Kampfpanzer in die Ukraine zu schicken. Jetzt sind 18 deutsche "Leopard 2"-Panzer da, mit Munitions- und Ersatzteilpaketen und mit in Deutschland ausgebildeten Besatzungen. Auch andere europäische Länder haben bereits "Leoparden" geliefert oder planen, dies zu tun. Insgesamt sind es mindestens zwei Bataillone, nach ukrainischer Zählart also mehr als 60 Stück. Hinzu kommen mindestens 14 britische "Challenger"-Panzer und später auch 31 "Abrams"-Kampfpanzer aus den USA. Große Erwartungen an den "Leoparden" Die Erwartungen an diese modernen Waffen sind riesig, die Hoffnung, dass sie bei einer möglichen ukrainischen Frühjahrsoffensive eine Wende im Krieg bringen könnten, ist groß. Der "Leopard 2" gilt als einer der besten Kampfpanzer der Welt. Er ist sehr beweglich und kann sogar beim Fahren auf große Entfernung schießen und treffen. Zwar ist er schwer, aber im Vergleich zum stärker gepanzerten "Challenger 2" und "Abrams" ein Leichtgewicht - ein Vorteil bei der Beweglichkeit. Außerdem lässt sich der "Leopard" leichter reparieren. Die Besatzung ist besser geschützt als in den "T"-Modellen der Russen. "Marder" aus dem Kalten Krieg Doch ist der "Leopard 2" eine "Wunderwaffe", wie viele meinen? "Nein", beteuert der Militäranalyst Franz-Stefan Gady: "Wunderwaffen gibt es nicht." Und Christian Mölling, Sicherheitsexperte von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, fügt hinzu: Der "Leopard" könne bei einer Frühjahrsoffensive zwar "eine Türöffner-Funktion" haben, aber der Gegner könne sich darauf etwa mit Panzersperren vorbereiten. Auch "Leoparden" könnten brennen. Jedes Waffensystem sei am Ende auch verletzlich, so Mölling. Zum deutschen Panzer-Paket gehören auch 40 Schützenpanzer "Marder". Sie stammen aus Zeiten des Kalten Krieges, wurden aber mehrfach modernisiert und haben sich beim Einsatz in Afghanistan bewährt. Neben den deutschen "Mardern" wurden von den USA ebenfalls Schützenpanzer vom Typ "Bradley" versprochen. Schützenpanzer haben eine kleinere Kanone und eine schwächere Panzerung als Kampfpanzer. Sie bringen Infanteristen aufs Gefechtsfeld und unterstützen den Vorstoß der schwereren Kampfpanzer. Raketensystem mit großer Reichweite Große Hoffnungen setzen die Ukrainer für eine Gegenoffensive auch auf das US-Waffensystem "GLSDB" ("Ground Launched Small Diameter Bomb"). Es hat eine große Reichweite von rund 150 Kilometern und gilt als schwer abfangbar. Ob es von den Amerikanern bereits an die Ukraine geliefert wurde, ist unklar. Vor einigen Tagen behauptete Russland, eine Rakete dieses Typs abgeschossen zu haben. Diese Information lässt sich nicht überprüfen. Schon länger ist die Ukraine im Besitz des US-amerikanischen HIMARS-Systems. Die Munition des Raketenwerfers hat eine hohe Treffgenauigkeit und immerhin eine Reichweite von 80 Kilometern. HIMARS hatte die russischen Streitkräfte bereits dazu gezwungen, ihre Waffen- und Munitionsdepots ins Hinterland zu verlegen. Mit GLSDB könnte es für den russischen Nachschub noch schwieriger werden. Pionier-Gerät "enorm wichtig" für Offensive Für weniger öffentliches Aufsehen sorgt das sogenannte Pioniergerät, das eingesetzt wird, um das Vorankommen der eigenen Truppe zu fördern, Hindernisse aus dem Weg zu räumen und die Bewegung des Feindes zu stören. Das sei "enorm wichtiges Material" für eine Offensive, so die Einschätzung von Gady, zumal die ukrainischen Streitkräfte hier ein Defizit hätten. Das könne dazu führen, dass die Offensive langsamer vorangeht. Die Bundesregierung hat bereits drei "Dachs"-Panzer geliefert, weitere sollen folgen. Sie können unwegsame Flächen befahrbar machen und für Räum-, Bagger- und Bergearbeiten eingesetzt werden. Auch 26 Biber-Brückenlege- und 42 Minenräumpanzer stehen auf der deutschen Lieferliste. Sie sind entscheidend, um bei einer Offensive Gewässer zu überwinden, von denen es in der Ukraine viele gibt, oder um zurückeroberte Gebiete von Minen zu räumen. "Zu spät und zu gering ausgerüstet" Doch können die neuen Waffen ein "Game-Changer" bei der erwarteten ukrainischen Offensive sein? Voraussetzung dafür wäre unter anderem, dass sie in ausreichender Zahl zur Verfügung stünden. Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, hat bereits vor Längerem genaue Angaben dazu gemacht, was benötigt wird: mindestens 300 Kampfpanzer, 600-700 Schützenpanzer und 500 Artilleriesysteme. Zahlen, von denen die Ukraine nach jetzigem Stand weit entfernt ist. Mölling kritisiert zudem: "Der Westen hat es verschlafen, die Ukraine rechtzeitig auszurüsten. Hätten wir schon im Herbst mit der Lieferung von Panzern begonnen und die ukrainischen Soldaten ausgebildet, dann könnten sie jetzt losschlagen." Prognosen zum Ausgang der Offensive schwierig Über den Erfolg oder Misserfolg einer Offensive, da sind sich die Experten einig, entscheiden niemals die Waffen alleine, egal wie modern oder effektiv sie sind. Andere Faktoren spielen eine ähnlich große Rolle, etwa die Kampfmoral, die Qualität der Ausbildung, die Organisation der Truppen, die Wetterbedingungen und die Versorgung mit Sprit, Ersatzteilen und vor allem mit Munition. 150.000 bis 200.000 schwere Artilleriegeschosse pro Monat bräuchten die Ukrainer für eine Offensive, schätzt Gady. Endscheidend für den Erfolg sei aber die "Königsdisziplin", der "Kampf der verbundenen Waffen", so Gady. Dabei geht es darum, den Einsatz der verschiedenen Waffengattungen mit ihren unterschiedlichen Stärken möglichst effektiv zu koordinieren. Beide Experten, Gady und Mölling, wollen keine Prognose zum Ausgang der Offensive wagen. Ein Krieg "biete immer viele Überraschungen, sei komplex und schwierig", so Mölling. Und schließlich dürfe man auch die Anpassungsfähigkeit der russischen Streitkräfte nicht unterschätzen.
/ausland/europa/ukraine-waffensysteme-fruehjahrsoffensive-101.html
2023-04-03
Fisch in Rekordtiefe gesichtet
Tauchexpedition nahe Japan
In 8336 Metern unter dem Meeresspiegel ist es sehr kalt, dunkel und es herrscht extremer Druck. Dennoch ist es australischen und japanischen Forschern gelungen, dort einen Fisch zu filmen - so tief wie noch nie zuvor. mehr
In 8336 Metern unter dem Meeresspiegel ist es sehr kalt, dunkel und es herrscht extremer Druck. Dennoch ist es australischen und japanischen Forschern gelungen, dort einen Fisch zu filmen - so tief wie noch nie zuvor. Australische und japanische Forscher haben einen Fisch in 8336 Metern Tiefe gefilmt. In so großer Tiefe wurde noch nie ein Fisch gesichtet, erklärten die Wissenschaftler in einer Mitteilung. Es handelt sich dabei um ein Exemplar aus der Familie der Scheibenbäuche (Liparidae). Entdeckt wurde das Tier bei einer Expedition im Boningraben (oder Izu-Ogasawara-Graben) südlich von Japan. Offenbar handelt es sich um ein recht kleines Jungtier. Köder und Kamera Dort unternahm das Team um Alan Jamieson von der University of Western Australia mehrere Expeditionen mit Tauchrobotern, an denen Köder und eine Kamera angebracht waren. Bei einem der Tauchgänge konnte ein Scheibenbauch in 8022 Metern Tiefe gefangen werden - auch das ein neuer Weltrekord. Die einzelnen Expeditionen sind Teil eines langjährigen Studienprojekts zur Erkundung der Fischpopulation in der Tiefsee. Es sei faszinierend, bis in welche Tiefen sich manche Arten ausbreiten würden, so Jamieson. "Wir haben über 15 Jahre damit verbracht, diese Tiefseefische zu erforschen. Es gibt so viel mehr über sie zu wissen als nur die Tiefe, aber die maximale Tiefe, in der sie überleben können, ist wirklich erstaunlich." Die Fische haben winzige Augen, einen durchsichtigen Körper und keine Schwimmblase. Extremer Druck Auch in anderen Tiefseeregionen wie dem Marianengraben fanden die Forscher Fische in rund 8000 Metern Tiefe. "Dort sind sie aber seltener anzutreffen", sagte Jamieson. Er rechnet nicht damit, dass es möglich ist, Fische in noch deutlich größerer Tiefe anzutreffen. In diesen Tiefen herrschen extreme Bedingungen vor: Es gibt kein Sonnenlicht, es ist kalt, und der Wasserdruck liegt bei mehreren Hundert Bar. Ihren tiefsten Punkt erreicht die See mit etwas mehr als elf Kilometern im pazifischen Marianengraben. Forscher sagen, dass über das Leben in der Tiefsee noch wenig bekannt ist.
/wissen/klima/fisch-tiefsee-gesichtet-101.html
2023-04-03
Wie ein Anruf die Welt veränderte
50 Jahre Mobiltelefon
1973 führte Motorola-Ingenieur Martin Cooper auf offener Straße erstmals ein Mobiltelefon vor: Das Gerät war klobig und 25 Zentimeter lang - aber dennoch eine Sensation. Von Peter Mücke.
1973 führte Motorola-Ingenieur Martin Cooper auf offener Straße erstmals ein Mobiltelefon vor: Das Gerät war klobig und 25 Zentimeter lang - aber dennoch eine Sensation. Am Morgen des 3. April 1973 sollte Martin Cooper eigentlich in einer Morning Show im US-Fernsehen auftreten. Der Motorola-Ingenieur war nach New York geflogen, um die neue Entwicklung seiner Firma vorzustellen: Offensichtlich hielt es der Fernsehender aber nicht für so wichtig - und sie haben mich wieder ausgeladen. Dann haben unsere Leute stattdessen ein Radioprogramm gefunden, das Interesse hatte. Ich habe gesagt, okay, gebe ein Interview. Aber auf der Straße, damit ich zeigen kann, welche Freiheit es bedeutet, mit einem Mobiltelefon ohne Kabel zu telefonieren. Telefonat mit einem Konkurrenten Und so stand Cooper heute vor 50 Jahren vor dem Hilton-Hotel auf der 6th Avenue in New York und zeigte dem Reporter den grauen, 25 Zentimeter langen Kasten mit Antenne. "Das Telefon wog mehr als ein Kilogramm. Und man konnte gerade mal 25 Minuten telefonieren, länger hielt die Batterie nicht", berichtet er. Das sei aber kein Problem gewesen, weil man das klobige Gerät sowieso nicht 25 Minuten lang halten konnte, da es so schwer war. Cooper ist heute 94 Jahre alt und erinnert sich noch genau an den Anruf, den er mit diesem Monstrum von Telefon damals gemacht hat: Ich habe mein Telefonbuch aus der Tasche geholt und die Nummer von Joel Engel rausgesucht. Das war mein Kollege bei unserem Konkurrenten Bell Labs, die auch an der Technologie arbeiteten. Überraschenderweise ging er sogar selbst ans Telefon und nicht seine Sekretärin. Und ich habe gesagt: Hi, Joel! Hier ist Marty Cooper. Ich rufe Dich von einem Mobiltelefon an, einem richtigen Mobiltelefon - einem persönlichen tragbaren Telefon. Die mobile Sensation Die Firma Bell setzte auf die Weiterentwicklung der Autotelefone, die es damals schon gab und für die in einigen US-Großstädten bereits Mobilfunknetze vorhanden waren. Auf die griff auch das Motorola-Gerät zurück: das erste mobile Gerät zum Mitnehmen. Eine Sensation - sogar in New York. "Ich weiß nicht, was Sie über New Yorker wissen. Aber sie sind wirklich blasiert", erklärt Cooper. "Die Leute gucken einfach durch dich hindurch, sie sehen niemanden. Aber da war es so: Sie hatten noch nie jemanden mit einem Telefon ohne Kabel gesehen. Da waren sogar diese arroganten New Yorker beeindruckt. So wie alle, denen wir das Telefon gezeigt haben." Doch es dauerte noch weitere zehn Jahre, bis die Technologie tatsächlich auf den Markt ging. Zuvor musste noch die Politik überzeugt werden und sich die Industrie auf einen einheitlichen Mobilfunkstandard einigen, der zunächst auch nur in einigen Großstädten funktionierte. September 1983 war das erste System in Chicago fertig, danach folgte Washington DC. Erst dann konnte man die Mobiltelefone auch kaufen. Sie waren anfangs auf das Netz in einer Stadt beschränkt. "Und besonders gut haben die Dinger auch nicht funktioniert", meint Cooper. Vom Kuriosum zum Massenphänomen Motorola brachte damals das DynaTAC 8000X für 4000 Dollar auf den Markt, was praktisch genauso aussah wie der Prototyp, mit dem Cooper zehn Jahre zuvor den historischen Anruf gemacht hatte. Der Konzern begann außerdem mit massiven Kampagnen für die "Mobilfunk-Revolution" zu werben: "Im Augenblick nutzen vor allem Wirtschaftsleute Mobiltelefone. Aber schon bald werden es mehr sein. Dann wird das mobile Telefonieren genauso normal werden, wie auf eine Digitaluhr zu schauen, einen Taschenrechner oder einen Computer zu benutzen", hieß es in einem Werbespot. Heute sind Mobiltelefone längst alles zusammen - und noch viel mehr. Nur zum Telefonieren werden die Handys immer weniger genutzt. Man surft im Internet, nutzt Apps, verschickt Textnachrichten und Fotos. Und doch ist die Geschichte des Mobiltelefons noch lange nicht zu Ende, sagt der inzwischen 94 Jahre alte Cooper: "Das Größte, was die Vernetzung durch Mobiltelefone erreichen wird, ist die Steigerung der Produktivität des Menschen. Wenn jeder ein Handy hat, wird die Armut besiegt werden. Und es gibt keine Ausreden mehr dafür, dass irgendjemand auf der Welt Hunger leidet."
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2023-04-03
Mitte-Rechts-Bündnis nun doch in Führung
Wahl in Bulgarien
Erst sah es so aus, als könne das Anti-Korruptionsbündnis um Ex-Ministerpräsident Petkow die Wahl in Bulgarien für sich entscheiden. Doch nun liegt nach dem amtlichen Zwischenergebnis das Mitte-Rechts-Bündnis von Herausforderer Borissow in Führung. mehr
Erst sah es so aus, als könne das Anti-Korruptionsbündnis um Ex-Ministerpräsident Petkow die Wahl in Bulgarien für sich entscheiden. Doch nun liegt nach dem amtlichen Zwischenergebnis das Mitte-Rechts-Bündnis von Herausforderer Borissow in Führung. Nach der Parlamentswahl in Bulgarien liegt nach dem amtlichen Zwischenergebnis das Mitte-Rechts-Bündnis des früheren Ministerpräsidenten Boiko Borissow in Führung. Es kam demnach auf rund 26,6 Prozent der Stimmen bei der Wahl am Sonntag - der fünften binnen zwei Jahren. Der liberal-konservative Block lag mit rund 24,5 Prozent knapp dahinter. Das geht aus den Zwischenergebnissen der Zentralen Wahlkommission nach Auszählung von fast 87 Prozent der Wahlprotokolle hervor. Die Auszählung aller Stimmen wird noch heute erwartet. In ersten Prognosen auf Basis von Nachwahlbefragungen hatte die Reihenfolge der politischen Lager, die beide als prowestlich gelten, noch umgekehrt ausgesehen. Vereint in Unterstützung für Ukraine Borissows Bündnis GERB-SDS hatte das zur EU und NATO gehörende Land bereits bis 2021 regiert. Sein Lager ist sich mit dem liberal-konservativen Wahlblock PP-DB einig über die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland. Beide befürworten auch Waffenlieferungen an das angegriffene Land. Das Parlament in Sofia hatte Ende 2022 ein erstes militärisches Hilfspaket für Kiew beschlossen. Doch Staatschef Rumen Radew erklärte, dass Bulgarien keine Waffen an die Ukraine liefern werde, solange das von ihm eingesetzte Übergangskabinett regiert. Auch prorussische Parteien im Parlament Die PP und DB waren bis Juni 2022 an einer Vier-Parteien-Regierung mit Ministerpräsident Kiril Petkow (PP) beteiligt, die per Misstrauensvotum gestürzt wurde. Das Bündnis GERB-SDS war 2021 nach Korruptionsvorwürfen und Protesten abgewählt worden. Korruption ist ein weit verbreitetes Problem in dem Land mit 6,5 Millionen Einwohnern. Gemessen an der Wirtschaftsleistung pro Kopf ist Bulgarien der ärmste EU-Mitgliedstaat. Sechs Parteien haben den Angaben zufolge die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament überwunden: Unter ihnen ist wieder die prorussische und nationalistische Wasraschdane (Wiedergeburt). Mit vorerst rund 14,5 Prozent der Stimmen dürfte sie erstmals als drittstärkste politische Kraft abschneiden. Angesichts der sich abzeichnenden Kräfteverhältnisse dürfte die Bildung einer neuen Regierung kompliziert werden. Bis sie steht, wird das von Staatschef Radew eingesetzte Übergangskabinett die Amtsgeschäfte weiter führen.
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2023-04-03
Festnahme nach Tod eines Bloggers
Explosion in St. Petersburg
Nach dem Tod eines russischen Militärbloggers melden die Behörden die Festnahme einer Frau. Sie soll dem Kriegsbefürworter in St. Petersburg eine Büste überreicht haben, die explodierte. Mehr als 30 Menschen sollen verletzt worden sein. mehr
Nach dem Tod eines russischen Militärbloggers melden die Behörden die Festnahme einer Frau. Sie soll dem Kriegsbefürworter in St. Petersburg eine Büste überreicht haben, die explodierte. Mehr als 30 Menschen sollen verletzt worden sein. Nach dem Tod eines bekannten Militärbloggers in St. Petersburg ist eine Frau namens Darja Trepowa festgenommen worden, teilte das staatliche Ermittlungskomitee mit. Es hat Befugnisse einer Staatsanwaltschaft. Die Behörden hatten zuvor Mordermittlungen aufgenommen. Die 26-jährige Frau soll dem Militärblogger Wladlen Tatarskij, der entschieden den Krieg seines Landes in der Ukraine unterstützte, bei einer patriotischen Diskussionsveranstaltung in dem Café "Street Food Bar No. 1" eine ihn darstellende Büste überreicht haben. Anschließend soll sich die Explosion ereignet haben. Der 40-jährige Journalist und Blogger Maxim Fomin, der unter dem Pseudonym Wladlen Tatarskij schrieb, sei nach der Explosion auf der Stelle tot gewesen. Die Zahl der Verletzten stieg unterdessen nach Angaben des russischen Gesundheitsministeriums auf 32. Das Café soll nach Medienberichten Jewgeni Prigoschin, dem Chef der berüchtigten Söldnertruppe Wagner, gehören. Wachleute hatten Frau aufgefordert, Saal zu verlassen Berichten zufolge wurde die Verdächtige vor der Detonation von Wachleuten aufgefordert, den Saal zu verlassen. Eine Zeugin sagte, es sei bereits vermutet worden, dass es sich bei dem vermeintlichen Geschenk um einen Sprengsatz handeln könnte. Die Frau habe jedoch beim Hinausgehen mit dem Militärblogger gescherzt und ihm die Statuette überreicht. Nachdem dieser sie auf einem Tisch abgestellt habe, sei es zu der Explosion gekommen. Eine patriotische russische Gruppe, die die Veranstaltung organisiert hatte, erklärte, sie habe Sicherheitsvorkehrungen ergriffen, die sich "leider als nicht ausreichend erwiesen" hätten. Spekulationen über Verwicklung der Ukraine Das russische Außenministerium legte nun eine mögliche Verwicklung der Ukraine nahe. Tatarskij habe sich mit seinen Aktivitäten den Hass Kiews eingebracht, sagte Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa. Der im ukrainischen Donbass geborene Tatarskij und andere Militärblogger seien schon länger mit Drohungen aus der Ukraine konfrontiert gewesen. Wenngleich die Tat zunächst niemand für sich reklamierte, legten auch andere prorussische Militärberichterstatter eine Verwicklung der Ukraine nahe. Das russische Ermittlungskomitee eröffnete eine Untersuchung wegen Mordes. Wagner-Chef Prigoschin sieht eine Gruppe von Radikalen hinter dem Mordanschlag. "Ich würde nicht dem Regime in Kiew die Schuld geben an diesen Handlungen", sagte er. Er denke, "dass eine radikale Gruppe agiert, die kaum eine Beziehung zur Regierung (in Kiew) haben dürfte". Prigoschin lobte den Blogger als Patrioten und widmete ihm eine Aktion in der umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut. Dort ließ er auf dem Verwaltungsgebäude eine russische Flagge hissen - mit dem Namen von Tatarskij auf dem Stoff. Ukraine vermutet Verwicklung innerrussischer Opposition Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak hatte vor der Festnahme Trepowas spekuliert, dass die innerrussische Opposition gegen die Invasion des Kremls in die Ukraine für die Tat verantwortlich sei. "Spinnen fressen einander in einem Einmachglas auf", schrieb Podoljak auf Twitter. Die Frage, wann inländischer Terrorismus zum Instrument interner politischer Kämpfe werden würde, "war eine Frage der Zeit". It begins in RF... Spiders are eating each other in a jar. Question of when domestic terrorism would become an instrument of internal political fight was a matter of time, as breakthrough of ripe abscess. Irreversible processes and Troubles 2.0. await RF. While we will watch. Mehr als 560.000 Anhänger auf Telegram Tatarskij soll mehr als 560.000 Anhänger auf Telegram gehabt haben. Er hatte ab 2014 zunächst als Aufständischer für die Unabhängigkeit des russisch kontrollierten Donbass gekämpft, ehe er zu bloggen anfing. Er verbreitete in seinem Blog Videos vom Frontgeschehen in der Ukraine und gab zuletzt jungen russischen Soldaten Tipps, wie sie sich in den vordersten Linien verhalten sollten. Ideologe Dugin: Militärblogger war "unsterblicher Held" Der nationalistische Ideologe Alexander Dugin rühmte Tatarskij als "unsterblichen Helden". Er sei gestorben, um das Leben des russischen Volkes zu retten. Im August vergangenen Jahres war bei einer Autobombenexplosion in Moskau Dugins Tochter ums Leben gekommen. Die 29-jährige Darja Dugina war Philosophin und Publizistin. Auch sie war eine Unterstützerin des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs auf die Ukraine.
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2023-04-03
Finnland tritt morgen der NATO bei
Generalsekretär Stoltenberg
Nachdem die Türkei dem NATO-Beitritt Finnlands zugestimmt hat, soll es morgen schon soweit sein: Das Land wird neues Mitglied. Das hat Generalsekretär Stoltenberg mitgeteilt. Russland kündigte an, sein Militär im Westen zu verstärken. mehr
Nachdem die Türkei dem NATO-Beitritt Finnlands zugestimmt hat, soll es morgen schon soweit sein: Das Land wird neues Mitglied. Das hat Generalsekretär Stoltenberg mitgeteilt. Russland kündigte an, sein Militär im Westen zu verstärken. Finnland tritt am morgigen Dienstag offiziell der NATO bei. "Ab morgen wird Finnland ein vollständiges NATO-Mitglied sein", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Türkei, die den Beitritt als letztes Mitgliedsland ratifiziert hatte, werde die Dokumente dazu morgen bei einem Außenministertreffen in Brüssel überreichen. Finnland sei eingeladen, das Gleiche zu tun. Die Flagge des 31. Mitgliedslandes der Militärallianz werde am Nachmittag vor dem Hauptquartier gehisst. Es werde ein guter Tag für die Sicherheit Finnlands, für die nordische Sicherheit und für die NATO insgesamt werden, sagte Stoltenberg. "Historischer Moment" Der finnische Präsident Sauli Niinistö und Verteidigungsminister Antti Kaikkonen wollen zusammen mit Außenminister Pekka Haavisto an der Zeremonie teilnehmen. "Das ist ein historischer Moment für uns. Für Finnland wird das wichtigste Ziel des Treffens sein, die Unterstützung der NATO für die Ukraine zu betonen, während Russland seine illegale Aggression fortsetzt", sagte Haavisto in einer Erklärung. "Wir wollen Stabilität und Sicherheit in der gesamten euro-atlantischen Region fördern." Russland verstärkt Militär Russland reagierte auf die Ankündigung: Der stellvertretende Außenminister Alexander Gruschko kündigte eine Verstärkung der russischen Militärkapazitäten in den westlichen und nordwestlichen Landesregionen an. Damit reagiere Russland auf die erwartete NATO-Aufnahme Finnlands, sagt Gruschko laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur RIA. Schweden und Finnland haben im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine den Beitritt zur NATO beantragt und wollten diesen zeitgleich vollziehen. Einer Aufnahme eines neuen Mitgliedes müssen alle derzeit 30 NATO-Staaten zustimmen. Die Türkei und Ungarn haben mit der Ratifizierung des Beitritts Finnlands lange gezögert. In der vergangenen Woche hatten die Parlamente der beiden Länder den Beitritt Finnlands ratifiziert.
/ausland/finnland-nato-121.html
2023-04-03
Nahverkehr wird billiger - und besser?
Verkaufsstart fürs "Deutschlandticket"
Bus- und Bahnfahrer können mit dem neuen 49-Euro-Ticket Geld sparen. Ob auch die Umweltziele hinter der Einführung erreicht werden, ist unsicher. Denn für viele zählt nicht nur billig, sondern auch gut. Von Peter Sonnenberg. mehr
Bus- und Bahnfahrer können mit dem neuen 49-Euro-Ticket Geld sparen. Ob auch die Umweltziele hinter der Einführung erreicht werden, ist unsicher. Denn für viele zählt nicht nur billig, sondern auch gut. Der öffentliche Personennahverkehr wird einfacher, das steht fest. Und für die meisten wird er auch billiger. Nur beim "Besser", da hapert es noch. Denn der Gesetzgeber hat mit dem Deutschlandticket erstmal nur für steigende Nachfrage gesorgt. Sollte er jetzt nicht anfangen, auch dafür zu sorgen, dass die Anbieter ihre Streckentaktung verbessern, dem neuen Kundenaufkommen angepasst Busse und Bahnen einsetzen und die Anbindung des ländlichen Raumes vorantreiben, könnte die von vielen Verkehrsexperten ausgerufene "Revolution im ÖPNV" ganz schnell wieder abgewürgt werden. Finanzierung auf tönernen Füßen "Damit die Mobilitätswende nicht an Schwung verliert, brauchen wir auch ein angemessenes Angebot", sagt Katrin Eder, die rheinland-pfälzische Mobilitätsministerin, und weiter: "Wie dies finanziert werden kann, muss zwischen Bund und Ländern weiter ausverhandelt werden." Bund und Länder gleichen die Verluste, die den Verkehrsbetrieben durch das günstige Ticket in dieser Zeit entstehen, jährlich mit je 1,5 Milliarden Euro aus. "Bund und Länder werden für den Mindereinnahmenausgleich dauerhaft Geld zuschießen müssen", sagt Eike Arnold, Pressesprecher des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). "Neue Unbeschwertheit" beim Bahnfahren Zum Verkaufsstart ist die Stimmung sehr positiv. Alle Beteiligten sehen große Chancen, tatsächlich mehr Menschen in den ÖPNV zu bekommen. Der Verkehrswissenschaftler Heiner Monheim spricht von einer "neuen Unbeschwertheit", die man vom Vorläufer, dem 9-Euro-Ticket aus dem vergangenen Sommer, kenne: "Alle Sorgen um Tarifzonen, -ringe, -waben und das Überschreiten von Grenzen und Übergangsbereichen der Tarife wären dann dauerhaft hinfällig. Es gibt also gute Gründe, die Revolution zu Ende zu führen." Dafür müsse der Nahverkehr insgesamt gestärkt werden, so Monheim. "Ideal wäre gewesen, man hätte zuerst das Angebot ausgebaut und dann die Nachfrage gesteigert. Dafür kam die Entscheidung zu schnell. Jetzt aber ist mehr Zeit, den Ausbau systematisch und überall voranzutreiben." Sollte der Plan aufgehen, mit dem Deutschlandticket viele Menschen vom Individual- in den Öffentlichen Nahverkehr zu ziehen, reichen die derzeitigen Kapazitäten nicht aus. Es bedarf eines größeren, modernen Fuhrparks, neuer Haltepunkte und der Aktivierung neuer oder stillgelegter Strecken. Wer sich auf den Umstieg einlässt, aber allmorgendlich nach Vorbild Sardinenbüchse zur Arbeit gekarrt wird, sitzt schneller wieder im Auto, als die Einführung des Deutschlandtickets gedauert hat. Bei 49 Euro wird es wohl nicht bleiben In diese Richtung argumentiert auch der Deutsche Städtetag. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy betont: "Das Deutschlandticket allein macht den ÖPNV nicht besser. Damit daraus ein langfristiger Trend wird und der ÖPNV sich entsprechend aufstellen kann, brauchen Städte und Verkehrsunternehmen Klarheit." Die Finanzierung eines modernen, klimafreundlichen und an die Bedürfnisse angepassten ÖPNV mit kurzen Taktzeiten und attraktiven Netzen sei noch nicht geklärt. "Es darf nicht dazu kommen, dass vor Ort Linien und Angebote ausgedünnt und umweltfreundliche Busse und Bahnen nicht angeschafft werden, weil Mehrkosten für das Deutschlandticket bei den Städten und Verkehrsunternehmen hängenbleiben." Auch beim Verband Deutscher Verkehrsbände hätte man es gerne gesehen, wenn zuerst Möglichkeiten geschaffen worden wären, die Attraktivität zu steigern, bevor man die Fahrgastzahlen steigert. Allein die vor dem Start notwendige Einführung von Ticket-Apps oder Chipkarten bei den Verkehrsbetrieben bezeichnet Verbandssprecher Arnold als Kraftakt. Nach diesem ersten "Riesenschritt" werde man nach dem Ablauf der ersten staatlich garantierten Phase sehen, wo Anpassungen nötig seien. Auch sei der Preis von 49 Euro nicht in Stein gemeißelt und könne sich nach Ablauf der "Einführungsphase" von zwei Jahren ändern. Wie werden die Einnahmen aufgeteilt? Da das Ticket-Abo, egal wo es gekauft wird, deutschlandweit gültig ist und viele es beispielsweise in der App der Deutschen Bahn bestellen werden, wird es vorkommen, dass der befördernde Verkehrsbetrieb, der die Leistung erbringt, nicht automatisch auch den Fahrpreis auf sein Konto bekommt. Auch hier sorgen Bund und Länder für einen Ausgleich, die sogenannte "Einnahmeaufteilung". Die Mainzer Verkehrsgesellschaft hat 12.000 Bestandskunden angeschrieben und auf das neue Ticket hingewiesen. "Bisher haben sich rund 3500 Abonnenten zurückgemeldet und sich aktiv für einen Wechsel zum Deutschlandticket entschieden. Wir erhalten täglich weitere Wechselanträge", so ein Unternehmenssprecher. Der Anbieter kalkuliert mit 5000 bis 8000 zusätzlichen Abos. Die werden aber nicht gänzlich aus Neukunden resultieren, sondern aus Fahrgästen, die vorher Wochen-, Tages- oder Einzelkarten gekauft hätten. "Wie genau die Einnahmeaufteilung zwischen den Anbietern funktionieren wird, ist noch nicht klar, wahrscheinlich erfolgt die Aufteilung nach Postleitzahlen, also nach dem Wohnort des Kunden." Dass das Deutschlandticket für 49 Euro deutlich mehr Menschen dazu bringen wird, auf Busse und Bahnen umzusteigen, daran hat der Chef des Städtetags Dedy keinen Zweifel. "Das wird für weniger Verkehr, weniger Lärm und bessere Luft in unseren Städten sorgen und ist gut fürs Klima."
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2023-04-03
Mehr als 7500 Visa für Erdbebenopfer
Aus der Türkei und Syrien
Erdbebenopfer aus Syrien und der Türkei sollten schnell und unbürokratisch Visa für Deutschland erhalten. Anfangs lief die Vergabe schleppend. Aber inzwischen haben mehr als 7500 Betroffene eine Einreiseerlaubnis erhalten. mehr
Erdbebenopfer aus Syrien und der Türkei sollten schnell und unbürokratisch Visa für Deutschland erhalten. Anfangs lief die Vergabe schleppend. Aber inzwischen haben mehr als 7500 Betroffene eine Einreiseerlaubnis erhalten. Die Visavergabe für Betroffene der Erdbeben in der Türkei und Syrien kommt schneller voran als bisher: Fast zwei Monate nach der Katastrophe mit Zehntausenden Toten haben die Behörden mehr als 7500 Visa ausgestellt. Viele Betroffene mit Verwandtschaft in Deutschland Insgesamt seien bis Freitag vergangener Woche 7652 Visa erteilt worden, teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes mit. Betroffene aus der Türkei erhielten mehr als zwei Drittel davon. 6567 Visa wurden in einem vereinfachten Verfahren an Betroffene aus der Region mit Verwandten in Deutschland vergeben. Bei den anderen Visa - insgesamt 1085 - handelt es sich nach Angaben des Ministeriumssprechers um nationale Visa zum Familiennachzug, die vor allem von Syrern in Anspruch genommen würden. Die Einreisedokumente sind 90 Tage lang gültig. Im Vergleich zum Vormonat hat sich die Zahl der ausgestellten Visa damit verfünffacht: Bis Anfang März wurden gerade einmal 1300 Visa erteilt. Kritik am Verfahren Zwei Erdbeben mit einer Stärke von bis zu 7,8 hatten am 6. Februar den Süden der Türkei und den Norden Syriens schwer getroffen. Nach Behördenangaben sind dabei mehr als 50.000 Menschen in der Türkei und fast 6000 Menschen in Syrien ums Leben gekommen, Hunderttausende wurden verletzt und obdachlos. Die Bundesregierung hatte nach der Katastrophe eine vereinfachte Visavergabe angekündigt. Betroffenen sollte es möglichst unbürokratisch ermöglicht werden, zeitweise bei der Familie in Deutschland unterzukommen. Dafür wurden auch Antragsannahmestellen in der Region eingerichtet. Das Vorhaben wurde teils kritisiert, weil trotz des Versprechens eines unbürokratischen Verfahrens zum Beispiel ein gültiger Pass und ein biometrisches Foto benötigt werden. Viele Menschen haben in den Trümmern aber alles verloren, auch wichtige Unterlagen.
/ausland/asien/visa-erdbebenopfer-tuerkei-syrien-101.html
2023-04-03
Finnlands unaufgeregter Machtwechsel
Orpo löst wohl Marin ab
Die Konservativen haben die Parlamentswahl in Finnland gewonnen und lösen wohl die Sozialdemokraten um Premierministerin Marin ab. Das Ergebnis war extrem knapp, die Regierungsbildung dürfte schwierig werden. Von S. Donges.
Die Konservativen haben die Parlamentswahl in Finnland gewonnen und lösen wohl die Sozialdemokraten um Premierministerin Marin ab. Das Ergebnis war extrem knapp, die Regierungsbildung dürfte schwierig werden. Strahlend blauer Himmel über Helsinki am Morgen nach der Wahl: Blau - das ist auch die Farbe der Wahlsieger, blaue Herzballons schmückten die Wahlparty der Konservativen. Die Nationale Sammlungspartei hat mit denkbar knappem Vorsprung und 20,8 Prozent der Stimmen die Wahl für sich entschieden. Nicht mal ein Prozentpunkt trennt sie von den Sozialdemokraten mit 19,9 Prozent, die auf dem dritten Platz landeten - und noch weniger von der rechtspopulistischen Partei Die Finnen, die 20,1 Prozent bekam. Finnland steht vor einem Machtwechsel. "So ist das Leben - mal geht es politisch nach rechts, dann wieder nach links, und die Leute schauen sich an, wie die Politik ihr Leben beeinflusst", sagt ein Passant. Und eine Finnin meint: "Die Herausforderungen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass die Menschen Veränderungen in allen Bereichen wollten. Das könnte das Wahlergebnis erklären." Petteri Orpo muss nun Koalitionspartner finden Wenig aufgeregt sind sie darüber in Finnland, denn es hatte sich schon abgezeichnet, dass die jetzige Ministerpräsidentin Sanna Marin es eventuell nicht mehr schaffen würde. Sie wird nun aller Voraussicht nach von Petteri Orpo abgelöst. "Ein großartiger Sieg. Das finnische Volk will Veränderung und sie vertrauen uns. Es ist eine große Sache, jetzt beginnt die Arbeit", sagte der Vorsitzende der Konservativen nach dem Wahlsieg. Zunächst gilt es, eine Mehrheit zu finden - und das wird nicht einfach. Die Nationale Sammlungspartei hat bislang nichts ausgeschlossen oder versprochen: Gespräche werden mit allen Parteien geführt, das sei eine Tradition in Finnland, so Orpo. "Ich spreche mit allen Parteien, so ist es Tradition" Ein Bündnis mit den Rechtspopulisten Die Finnen gab es schon mal. Differenzen gibt es vor allem im Bereich Migration. Die Konservativen wollen mehr Einwanderung und dadurch mehr Arbeitskräfte ins Land holen, das sehen die Rechtspopulisten nicht so. Auch in der Haltung zur EU gibt es Differenzen, die Partei Die Finnen ist sehr nationalistisch und EU-kritisch. Auch mit den Sozialdemokraten gibt es Uneinigkeit - vor allem in der Steuerpolitik und in der Tatsache, dass die Konservativen Sozialleistungen kürzen wollen. Liberale Wirtschaftspolitik - darauf müsse nun der Fokus liegen, so Orpo. "Die größte Veränderung betrifft die Wirtschaft. Wir müssen das Wachstum ankurbeln und ein Gleichgewicht schaffen", sagte er. Wolle man den Sozialstaat retten, sei die Wirtschaft entscheidend. Kein Gram bei den Sozialdemokraten Auch wenn es einen Machtwechsel in Finnland gibt - die Sozialdemokraten verstehen sich nicht als Verlierer der Wahl. Denn auch sie haben Stimmen hinzugewonnen, betonte Noch-Ministerpräsidentin Marin am Abend bei der Wahlparty und wurde dafür gefeiert. Sie ist ein Glücksfall für die Sozialdemokraten, findet die Journalistin Pirjo Auvinen vom finnischen Sender Yle. Denn ohne Marin hätte die Partei deutlich schlechter abgeschnitten. "Das Ergebnis der Sozialdemokraten ist ja eigentlich gut, wenn man bedenkt, dass sie die Regierung innehatten. Das macht die Parteien in der Regel nicht gerade stärker. Aber sie haben es geschafft, was wohl auf den Marin-Effekt zurückzuführen ist", meint Auvinen. In den kommenden Wochen wird nun verhandelt - wer mit wem und zu welchen Konditionen. Denn mindestens drei Parteien müssen sich für ein mehrheitsfähiges Regierungsbündnis finden.
/ausland/europa/finnland-wahl-117.html
2023-04-03
Harte Strafe für Wirtschaftsprüfer EY
Keine großen Neumandate für zwei Jahre
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY hatte die mutmaßlich gefälschten Bilanzen des früheren DAX-Konzerns Wirecard über Jahre testiert. Wegen Berufspflichtverletzungen wird EY dafür nun sanktioniert. mehr
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY hatte die mutmaßlich gefälschten Bilanzen des früheren DAX-Konzerns Wirecard über Jahre testiert. Wegen Berufspflichtverletzungen wird EY dafür nun sanktioniert. Die Abschlussprüferaufsicht APAS hat gegen die bei Wirecard eingesetzten Wirtschaftsprüfer der Beratungsgesellschaft EY Sanktionen verhängt. Bei der Prüfung der Abschlüsse des ehemaligen Zahlungsdienstleisters in den Jahren 2016 bis 2018 sehe die APAS Berufspflichtverletzungen als erwiesen an, teilte sie heute mit. Die Sanktionen richteten sich gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft selbst und fünf Wirtschaftsprüfer. EY bestätigte, über den Abschluss der Apas-Prüfung informiert worden zu sein; Details kenne man aber noch nicht. Geldstrafe und zwei Jahre keine Neumandate Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft muss laut APAS eine Geldbuße von 500.000 Euro zahlen. Zudem dürfe sie bei Unternehmen von öffentlichem Interesse zwei Jahre lang keine gesetzlichen Abschlussprüfungen durchführen. Dabei handele es sich um sogenannte Neumandate, teilte die APAS mit. Ausgenommen seien Bestandsmandate. Einzelne Wirtschaftsprüfer wurden laut APAS mit Geldbußen von 23.000 Euro bis 300.000 Euro sanktioniert. Im nächsten Schritt seien nun die Bescheide von der APAS zu fertigen, die Betroffenen könnten dann Einspruch gegen diese einlegen, hieß es. EY habe während der gesamten Untersuchung vollumfänglich mit der APAS kooperiert, teilte ein Unternehmenssprecher mit. Man bedauere, dass der Betrug bei Wirecard nicht früher aufgedeckt wurde. Das Unternehmen habe wichtige Lehren aus dem Fall gezogen und umfassende Maßnahmen ergriffen, um die Prüfungsqualität und das Risikomanagement zu stärken. Finanzwende: Strafe ein deutliches Zeichen "Diese Strafe ist ein deutliches Zeichen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass auch die APAS große Mängel im Umgang mit dem Fall Wirecard gezeigt hat und lange Zeit als zahnloser Tiger auftrat", hieß es von Konrad Duffy von der Bürgerbewegung Finanzwende zu den Sanktionen. In Zukunft müsse die APAS stärker auftreten und dürfe sich Fehler wie bei Wirecard nicht mehr erlauben, so Duffy weiter. Die Mechanismen, die positive Testate für Wirecard trotz des Betrugs ermöglichten, seien nicht umfassend geändert worden. Damit Testate wieder mehr bedeuten, müsse bei den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften noch einiges passieren. "Wir fordern Joint Audits, um die Marktmacht einiger Firmen langsam zu brechen und vor allem Betrug zu erschweren, da zwei Firmen prüfen." Zudem solle es eine klare Trennung zwischen Beratung und Prüfung geben, um Interessenskonflikte zu verhindern. APAS-Verfahren nicht öffentlich Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) begrüßt das Urteil grundsätzlich, kritisiert aber die lange Verfahrensdauer - vor allem vor dem Hintergrund, dass Ende 2023 die Verjährung der Schadenersatzansprüche der EY-Aktionäre drohe. Kritisch sieht die SdK zudem, dass das Verfahren der APAS nicht öffentlich ist und Anleger keine Einsicht in Zeugenaussagen und Verfahrensunterlagen hätten. Die SdK beanstandet zudem, dass die Marktkonzentration der Anbieter an Abschlussprüfern nun zunehme: Aus den "Big Four" der größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften würden nun drei. Durch noch mehr Konzentration würde das System nicht besser. Wirecard brach im Sommer 2020 zusammen, nachdem der Vorstand eingeräumt hatte, dass 1,9 Milliarden angeblich auf Treuhandkonten verbuchte Euro nicht auffindbar waren. Dem früheren Wirecard-Chef Markus Braun wird derzeit in München der Prozess gemacht. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY hatte die mutmaßlich gefälschten Bilanzen des früheren DAX-Konzerns über Jahre testiert.
/wirtschaft/ey-strafe-apas-wirecard-wirtschaftspruefer-101.html
2023-04-03
Viele Bestandskunden zahlen drauf
Strom- und Gastarife
Nach Monaten steigender Preise fallen die Energiekosten wieder. Doch die gesunkenen Strom- und Gaspreise kommen oftmals nicht bei den Haushalten an. Vor allem Kunden in Grundversorgungs-Tarifen zahlen häufig mehr als sie müssten. mehr
Nach Monaten steigender Preise fallen die Energiekosten wieder. Doch die gesunkenen Strom- und Gaspreise kommen oftmals nicht bei den Haushalten an. Vor allem Kunden in Grundversorgungs-Tarifen zahlen häufig mehr als sie müssten. Trotz gesunkener Börsen- und Großhandelspreise für Strom und Gas kommen die meisten Grundversorgungstarife der örtlichen Versorger laut dem Vergleichsportal Verivox nicht ohne staatliche Hilfe aus. Einer Auswertung zufolge liegen 82 Prozent der Stromtarife und sogar 92 Prozent der Gastarife über dem staatlichen Preisdeckel. Das trifft für einen großen Teil der deutschen Haushalte zu: Der Bundesnetzagentur zufolge wurde 2021 mindestens ein Viertel der Strom- und Gaskunden im Rahmen der örtlichen Grundversorgung beliefert. Iim vergangenen Jahr dürfte dieser Anteil aufgrund der Energiekrise deutlich gestiegen sein. 44,4 Cent gegenüber 32,9 Cent In diesen Tarifen sind die Preise laut Verivox aktuell besonders hoch. So kostet eine Kilowattstunde Strom im Grundversorgungstarif im bundesweiten Durchschnitt derzeit 44,4 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Dabei sind aktuell Neukundentarife für Strom bereits für 32,9 Cent die Kilowattstunde zu haben - was auch deutlich unter dem staatlichen Preisdeckel von 40 Cent pro Kilowattstunde liegt. Ähnlich sei die Situation bei den Gastarifen. Dort zahlen Haushalte für eine Kilowattstunde bei den Grundversorgern 16,1 Cent, während es bereits Neukunden-Tarife für 10,1 Cent kWh gibt. Der staatliche Preisdeckel greift hier bei 12 Cent pro kWh. Wann sinken Tarife für Haushalte? Mit der weichenden Angst vor Versorgungsengpässen seien die Großhandelspreise für Energie in den vergangenen Monaten kontinuierlich gesunken, so Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox. "Grundversorger haben in der Regel eine langfristige Beschaffungsstrategie. Daher gehörten sie zu Hochzeiten der Energiekrise zu den günstigsten Anbietern im Markt. Das Bild hat sich nun gedreht, sinkende Beschaffungskosten kommen vor allem bei Neukundentarifen überregionaler Versorger schneller an", so Storck. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Energiekonzerne Ende Februar aufgefordert, sinkende Großhandelspreise an Verbraucher weiterzureichen. Er "erwarte, dass die Energieunternehmen die Situation jetzt nicht ausnutzen und Sondergewinne machen", hatte er der "Bild"-Zeitung gesagt. Von den gesunkenen Großhandelspreisen für Gas werden Verbraucher in Deutschland nach Einschätzung der Bundesnetzagentur erst in einigen Monaten profitieren. Bis die Senkung der Großhandelspreise für Gas und Strom auch bei den Haushaltskunden ankomme, dürfte es noch sechs bis zwölf Monate dauern, sagte Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller kürzlich der "Rheinischen Post". Auch der Staat könnte Milliarden sparen Das Vergleichsportal Verivox rechnet für einen durchschnittlichen Kunden eines Grundversorgers vor, wie hoch die Hilfen des Staates aufs ganze Jahr gerechnet ausfallen. So bezuschusst der Staat einen durchschnittlichen Grundversorgungs-Kunden mit 457 Euro beim Gas und 109 Euro beim Strom. "Dabei können Verbraucherinnen und Verbraucher den Grundversorgungstarif jederzeit verlassen und aus vielen Tarifen unterhalb der Preisbremsen wählen", so Verivox gegenüber tagesschau.de. Die zusätzliche Ersparnis zur Preisbremse könnte beim Gas demnach bis zu 364 Euro und beim Strom 278 Euro im Jahr betragen. Dabei würde auch der Steuerzahler profitieren, so das Vergleichsportal: Würden alle Kunden aus dem teuren Grundversorgungstarif in einen günstigeren Tarif wechseln, könnte sich die Ersparnis des Staates laut Verivox auf mehr als drei Milliarden Euro summieren. Sind günstige Anbieter seriös? Auch laut Angaben des Vergleichsportals Check24 lohnt sich ein Preisvergleich der Versorger. Mit einem Wechsel aus der Grundversorgung zu einem günstigeren Alternativanbieter für Strom könnte ein Musterhaushalt (Verbrauch von 5000 kWh) zusätzlich zur Preisbremse 349 Euro sparen. Beim Gas könnten Kunden Check24 zufolge sogar noch mehr einsparen: neben der Entlastung durch die Energiepreisbremse von 727 Euro im Jahr (bei einem Verbrauch von 20.000 kWh) könnten hier durch einen Wechsel 523 Euro zusätzlich eingespart werden. Verivox-Chef Daniel Puschmann wandte sich dabei der "Augsburger Allgemeinen" gegen die Annahme, günstige Anbieter seien nicht seriös. "Dieser Eindruck führt in die Irre", sagte er. Zum einen hätten auch Stadtwerke oder Ökostromanbieter günstige Neukundentarife. Zum anderen seien alle Anbieter von der Aufsichtsbehörde geprüft und zugelassen. "Agiert ein Anbieter unseriös, ist es Aufgabe der Bundesnetzagentur, gegen schwarze Schafe vorzugehen. Ihre Befugnisse sind im vergangenen Jahr dafür extra gestärkt worden."
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2023-04-03
Scholz für raschen Schengen-Beitritt Rumäniens
Treffen in Bukarest
Kanzler Scholz hat sich bei seinem Besuch in Rumänien für einen möglichst schnellen Beitritt des Landes zum Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen stark gemacht. Auch der rumänische Präsident Johannis ist zuversichtlich, dass dies bis Ende 2023 gelingen kann. mehr
Kanzler Scholz hat sich bei seinem Besuch in Rumänien für einen möglichst schnellen Beitritt des Landes zum Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen stark gemacht. Auch der rumänische Präsident Johannis ist zuversichtlich, dass dies bis Ende 2023 gelingen kann. Bundeskanzler Olaf Scholz und der rumänische Präsident Klaus Werner Johannis rechnen mit einem möglichst raschen Beitritt des EU-Staates zum Schengenraum. "Ich hoffe, dass es noch in diesem Jahr gelingt", sagte Scholz bei seinem Besuch in Bukarest. "Rumänien hat alle Voraussetzungen dafür erfüllt, damit der Schengenbeitritt jetzt stattfinden kann", fügte er hinzu. Der Beitritt müsse in diesem Jahr stattfinden, betonte auch Johannis. Rumänien sei zum einen vorbereitet und habe die Bedingungen längst erfüllt. Zum anderen sei ein solcher Schritt 2024 wegen der anstehenden Europawahl nicht mehr möglich. Bislang vor allem am Veto Österreichs gescheitert Die Aufnahme der beiden EU-Länder Rumänien und Bulgarien in den Schengen-Raum war im Dezember vor allem am Widerstand Österreichs gescheitert. Aber auch aus den Niederlanden gab es Einwände. Johannis kritisierte dies, denn die EU habe Ende 2022 festgestellt, dass Rumänien ein Rechtsstaat sei. Es gebe Ängste in Österreich wegen einer möglichen illegalen Migration durch Rumänien, die Österreich aber gar nicht betreffe. Man werde nun Pilotprojekte an der rumänisch-serbischen Grenze beginnen, um zu zeigen wie effektiv Grenzkontrollen sein könnten. Einen Teil der Schengen-Regeln wenden Rumänien und Bulgarien bereits an, doch werden die Kontrollen an den EU-Binnengrenzen zu ihnen bislang aufrechterhalten. Aufnahme nur einstimmig möglich Neue Schengen-Mitglieder können nur einstimmig von der EU aufgenommen werden. Rumänien und Bulgarien warten seit 2011 auf den Beschluss. Innerhalb des Schengenraums können die Bürger der teilnehmenden Staaten im Prinzip passfrei reisen. Die Mitgliedschaft ist auch an die effektive Kontrolle der Außengrenzen des Schengenraums gebunden.
/ausland/europa/rumaenien-schengenbeitritt-101.html
2023-04-03
Russland beschuldigt ukrainische Geheimdienste
Explosion in St. Petersburg
Nach dem Anschlag auf einen russischen Militärblogger in St. Petersburg geht die Suche nach den Tätern weiter. Inzwischen ermittelt das russische Anti-Terror-Komitee - und sieht die Schuldigen in Kiew. Von Christina Nagel.
Nach dem Anschlag auf einen russischen Militärblogger in St. Petersburg geht die Suche nach den Tätern weiter. Inzwischen ermittelt das russische Anti-Terror-Komitee - und sieht die Schuldigen in Kiew. Der Tatort in Sankt Petersburg ist noch immer weiträumig abgesperrt. Trotz heftigen Schneetreibens kommen immer wieder Menschen, um Blumen niederzulegen. Fotos mit Trauerflor erinnern an den Militärblogger, der bei dem Anschlag ums Leben gekommen ist. Ermittler suchen in dem durch die Explosion verwüsteten Café weiter nach Spuren und Hinweisen. Die Behörden gehen von einem Terrorakt aus. Das zentrale Ermittlungskomitee in Moskau sei eingeschaltet worden, so die Sprecherin Svetlana Petrenko: "Der Chef des Komitees hat bei den Ermittlungen die Federführung übernommen." Staatsmedien: Mehrere Menschen noch in Lebensgefahr Der Anschlag hatte sich am Sonntag um kurz nach 18 Uhr im Zentrum von Sankt Petersburg ereignet. Nach Angaben der Ermittler explodierte ein vermutlich selbstgebauter, ferngezündeter Sprengsatz. Er könnte sich in einer Figur befunden haben, die eine Frau dem in Russland sehr bekannten Militärblogger Wladlen Tatarskij überreicht haben soll. Der 40-Jährige starb bei der Explosion. Mehr als 30 Personen wurden verletzt. Sechs von ihnen schweben nach Angaben des russischen Staatsfernsehens in Lebensgefahr. Tatarskij, der mit bürgerlichem Namen Maxim Fomin heißt, galt als Militärexperte. Seinem Telegramkanal, auf dem er regelmäßig über den Kriegsverlauf in der Ukraine berichtete, folgten mehr als eine halbe Million Menschen. Für Aufsehen hatte zuletzt ein Interview mit dem Gründer der Wagner-Truppe, Jewgenij Prigoschin, gesorgt, dessen Kämpfer an der Seite des russischen Militärs in der Ukraine im Einsatz sind. Café gehört Prigoschin Prigoschin, dem auch das Café gehört, in dem sich der Anschlag ereignet hatte, vermutete heute auf seinem eigenen Telegramkanal, dass Ort und Zeit bewusst gewählt worden seien. "Tatsächlich habe ich das Café der patriotischen Bewegung CYBER FRONT Z überlassen, sie haben dort verschiedene Seminare abgehalten", schrieb er. "Höchstwahrscheinlich ereignete sich diese Tragödie auf einem dieser Seminare." Auch im russischen Staatsfernsehen hieß es, dass Tatarskij sich regelmäßig mit Experten und Interessierten über den russischen Militäreinsatz in der Ukraine ausgetauscht habe. Russland beschuldigt ukrainische Geheimdienste Das Innenministerium meldete, dass die Frau, die auf Bildern einer Überwachungskamera beim Betreten des Cafés mit einem Paket in der Hand zu sehen ist, inzwischen festgenommen wurde. Über die möglichen Drahtzieher und Täter wird weiter viel spekuliert. Das nationale Anti-Terror-Komitee geht inzwischen davon aus, dass ukrainische Geheimdienste die Tat geplant haben. An der Ausführung sollen nach Angaben der Behörde Personen beteiligt gewesen sein, die mit dem Antikorruptionsfonds von Alexej Nawalny zusammengearbeitet hätten. So soll etwa die festgenommene Frau angeblich für die Stiftung aktiv gewesen sein. Die Stiftung war von den Behörden im Sommer 2021 als extremistisch eingestuft worden.
/ausland/sprengstoffanschlag-militaerblogger-101.html
2023-04-03
Twitter stellt alte und neue Häkchen gleich
Verifikationssymbol
Twitter hat die Funktion der Verifkations-Häckchen weiter entwertet. Es ist nicht mehr möglich zu überprüfen, ob es sich um einen kostenlos vergebenen Account prominenter Nutzer handelt oder um das neue Bezahl-Abo ohne echte Verifizierung. mehr
Twitter hat die Funktion der Verifkations-Häckchen weiter entwertet. Es ist nicht mehr möglich zu überprüfen, ob es sich um einen kostenlos vergebenen Account prominenter Nutzer handelt oder um das neue Bezahl-Abo ohne echte Verifizierung. Twitter hat mit der nächsten Neuerung bei seinen Verifikationsymbolen den Nutzen der einst hilfreichen Zeichen weiter entwertet. Der Unterschied zwischen den früher nach einer Prüfung an prominente Nutzer vergebenen Häkchen und den neuen Bezahlsymbolen ohne eine echte Verifizierung ist komplett verwischt worden. Viele wollen kein Abo bezahlen Twitter-Besitzer Elon Musk hatte vor Kurzem noch angekündigt, dass die früheren Symbole vom 1. April an entfernt werden sollen. Viele bekannte Nutzer wie Basketballstar LeBron James machten in den vergangenen Tagen deutlich, dass sie kein Abo abschließen werden, um in ihren Profilen das weiße Häkchen auf blauem Hintergrund zu behalten. Zahlreiche früher verifizierte Accounts hatten weiterhin das Symbol - doch der Erklärtext wurde zu beiden Arten der Häkchen angeglichen. Bisher bekamen die Nutzer bei einem Klick auf das Symbol angezeigt, ob es einst kostenlos vergeben oder jetzt mit einer Abo-Zahlung erkauft wurde. Jetzt heißt es zu allen Häkchen, dass der Account entweder ein Abo abgeschlossen hat oder früher verifiziert war. Zwist mit der "New York Times" Eine Ausnahme traf das Profil der "New York Times", das seit dem Wochenende kein Verifikations-Häkchen mehr hat. Zuvor hatte ein Twitter-Nutzer Musk darauf hingewiesen, dass die Zeitung angekündigt habe, nicht für ein Abo mit dem Symbol bezahlen zu wollen. "Ok, dann nehmen wir es weg", antwortete Musk. Danach griff er die Zeitung in weiteren Tweets an. Er schrieb unter anderem, die "New York Times" verbreite "Propaganda, die nicht einmal interessant ist". Die Tweets der Zeitung nannte er "Durchfall". Unterdessen hatten auch andere große US-Medien angekündigt, nicht für das Symbol bezahlen zu wollen. Ihre Häkchen waren heute noch da. 950 Euro Grundgebühr für Unternehmen Musk hatte Twitter im vergangenen Oktober für rund 44 Milliarden Dollar gekauft. Nach dem anschließend die Werbeeinnahmen eingebrochen waren, setzt Musk stärker auf Abo-Erlöse. Für einen Nutzer kostet das Abo acht Euro im Monat. Unternehmen und Organisationen müssen für ein goldgelbes Verifikationssymbol monatlich eine Grundgebühr von 950 Euro plus 50 Euro für jeden verknüpften Account bezahlen.
/wissen/technologie/twitter-haeckchen-verifikation-101.html
2023-04-03
Inlandsflüge in Deutschland stark rückläufig
Organisation Eurocontrol
Ob es an einem größeren Umweltbewusstsein oder an billigeren Bahntickets liegt? In Deutschland ist die Zahl der Inlandsflüge in 2022 so stark zurückgegangen wie kaum irgendwo in der EU. Es gab 38 Prozent weniger Inlandsflüge als im Vor-Corona-Jahr 2019. mehr
Ob es an einem größeren Umweltbewusstsein oder an billigeren Bahntickets liegt? In Deutschland ist die Zahl der Inlandsflüge in 2022 so stark zurückgegangen wie kaum irgendwo in der EU. Es gab 38 Prozent weniger Inlandsflüge als im Vor-Corona-Jahr 2019. Im deutschen Luftraum ist die Zahl der Inlandsflüge im vergangenen Jahr extrem zurückgegangen. Es wurden 38 Prozent weniger Flüge im Inland registriert als 2019 - dem Jahr vor der Corona-Pandemie, wie die Flugsicherungsorganisation Eurocontrol in Brüssel berichtete. Ähnliche Rückgänge wurden nur in Litauen (-38 Prozent) und Finnland (-35 Prozent) festgestellt. In Ungarn stieg die Zahl der Inlandsflüge im selben Zeitraum hingegen um 56 Prozent. Wegen des russischen Angriffskriegs sank zudem die Zahl der Inlandsflüge in der Ukraine um 87 Prozent. Eurocontrol führt die Entwicklung auf Inlandsflugverbote in Frankreich und Österreich sowie auf ein größeres Umweltbewusstsein der Kunden zurück. Einige Länder wie Deutschland, Spanien und Österreich hätten zudem Bahn-Tickets verbilligt. In Deutschland wichen viele Kunden auf schnelle Bahnverbindungen aus. Erholung bis 2025 Grundsätzlich erwartet Eurocontrol, dass sich die Flugbewegungen im Jahr 2025 auf das Vorkrisenniveau einpendeln. Die Vorhersagen für das laufende und das nächste Jahr wurden wegen des starken touristischen Verkehrs in Südeuropa leicht angehoben. Ab 2025 ist nach Einschätzung der Lotsen beim Flugverkehr sowohl eine Stagnation als auch ein jährlicher Zuwachs von bis zu vier Prozent möglich. Im Jahr 2029 seien dann zwischen 96 und 116 Prozent der Flugbewegungen aus dem Jahr 2019 wahrscheinlich.
/wirtschaft/inlandsfluege-eurocontrol-101.html
2023-04-03
Rekordergebnis für Vita Cola
Ostdeutsche Traditionsmarke
Die ostdeutsche Traditionsmarke Vita Cola hat 2022 mehr als 95 Millionen Liter verkauft. Das ist das beste je erzielte Ergebnis. Und in einem Bundesland ist Vita Cola sogar noch beliebter als Coca-Cola. mehr
Die ostdeutsche Traditionsmarke Vita Cola hat 2022 mehr als 95 Millionen Liter verkauft. Das ist das beste je erzielte Ergebnis. Und in einem Bundesland ist Vita Cola sogar noch beliebter als Coca-Cola. Unternehmensrekord für Vita Cola: Die ostdeutsche Traditionsmarke hat im vergangenen Jahr insgesamt 95,5 Millionen Liter alkoholfreie Erfrischungsgetränke verkauft. Das ist ein Plus von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr und damit das beste Ergebnis in der mehr als sechzigjährigen Markengeschichte, wie das Unternehmen heute mitteilte. Vita Cola ist eine Marke der Thüringer Waldquell Mineralbrunnen GmbH in Schmalkalden. Besonders erfreulich sei, dass dieses Ergebnis trotz schwieriger Rahmenbedingungen wie hoher Energie- und Rohstoffpreise, wachsender Inflation und die daraus resultierender Konsumzurückhaltung der Verbraucher erzielt werden konnte, teilte das Unternehmen mit. In Thüringen Cola-Platzhirsch Nach Unternehmensangaben liegt Vita Cola mit seinem Marktanteil bei Cola in Ostdeutschland auf Rang zwei, in Thüringen gar auf Rang eins. Im Bereich der Limonaden wuchs der Absatz um 5,6 Prozent. Hier liege das Unternehmen in Ostdeutschland ebenfalls auf Rang zwei und sei Marktführer in Thüringen. Deutliche Zuwächse habe das Unternehmen beim Verkauf von Getränken in Glasflaschen erzielt. Der Absatz habe "zweistellig zulegen" können, hieß es. "Coca-Cola des Ostens" Hergestellt wurde Vita Cola ursprünglich, um der westdeutschen Coca-Cola Paroli zu bieten. Ende der 1950er Jahre wollte die Regierung in der DDR im Rahmen ihres zweiten Fünfjahresplans die Versorgung der Bevölkerung mit alkoholfreien Getränken verbessern. Entwickelt wurde die die ostdeutsche Cola dann von der Chemischen Fabrik Miltitz. Nach der Wende 1990 wurde die Produktion jedoch teils sogar eingestellt, das Unternehmen schreibt selbst: "Um den amerikanischen Colas Platz zu machen." Vier Jahre später wurde Vita Cola unter einem neuen Eigentümer wieder in die Regale gebracht. Zur Jahrtausendwende erklimmt die Cola mit leichtem Zitrusgeschmack aus dem Osten sogar die Cola-Marktführerschaft in Thüringen - noch vor Coca-Cola. "In Ostdeutschland eine feste Größe" Die aktuellen Herausforderungen seien auch für Vita Cola nicht einfach, hieß es heute vom Unternehmen. Angesichts gestiegener Preise - insbesondere für Zucker, aber auch für Energie und Transport - habe das Unternehmen die Preise zu Jahresbeginn anheben müssen. Dennoch blicke man optimistisch in die Zukunft. "Als regionale Marke ist Vita Cola in Ostdeutschland eine feste Größe", teilte das Unternehmen mit. Die Bekanntheit sei groß und das Sortiment breit. Neben zuckerhaltigen umfasse es auch zuckerfreie Getränke. Die Thüringer Waldquell Mineralbrunnen GmbH beschäftigt in Schmalkalden in Thüringen mehr als 160 Mitarbeiter. Das Unternehmen gehört zur hessischen Hassia-Gruppe, die Vita Cola auch in Lichtenau in Sachsen, Hecklingen in Sachsen-Anhalt sowie in Bad Doberan in Mecklenburg-Vorpommern abfüllt.
/wirtschaft/vita-cola-ergebnis-ostdeutsche-traditionsmarke-101.html
2023-04-03
Kosovos Ex-Präsident Thaci vor Gericht
Mutmaßliche Kriegsverbrechen
Kosovos Ex-Präsident Thaci und drei früheren UCK-Kommandeuren werden fast hundert Morde sowie Verschleppung und Folter vorgeworfen. In Den Haag hat der Prozess begonnen, der sich lange ziehen dürfte. Von Wolfgang Vichtl.
Kosovos Ex-Präsident Thaci und drei früheren UCK-Kommandeuren werden fast hundert Morde sowie Verschleppung und Folter vorgeworfen. In Den Haag hat der Prozess begonnen, der sich lange ziehen dürfte. Es ist der prominente Kern der Führungsriege der UCK, der sogenannten Kosovo-Befreiungsarmee, dem jetzt - fast ein Vierteljahrhundert nach dem Kosovo-Krieg - vor dem Kosovo-Sondertribunal in Den Haag der Prozess gemacht wird. Allen voran der damalige UCK-Kommandeur Hasim Thaci. Als er vor drei Jahren verhaftet wurde, war er noch Präsident des Kosovo. Mord, Folter und Verschleppung Die Anklage wiegt schwer: Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Mord, Folter, Verschleppung. In der Anklageschrift ist von einer "gemeinsamen kriminellen Unternehmung" die Rede - nicht von einer "Befreiungsarmee". Die Opfer, so die Anklage, waren vor allem politische Gegner der UCK: Viele Kosovo-Albaner, vor allem aus der Partei Ibrahim Rugovas, der Symbolfigur des gewaltfreien Kampfes für die Unabhängigkeit des Kosovo. Sie galten der UCK als Verräter. Ermordet wurden aber auch Serben und Roma. Für die Anklage kommt es nicht darauf an, ob Thaci und seine Mitangeklagten selbst gemordet und gefoltert haben. Es reicht, wenn sie von den Verbrechen wussten, aber nichts unternommen haben, um sie zu verhindern. Sie hätten schließlich die Befehlsgewalt gehabt. Thaci wies zum Prozessauftakt alle die Vorwürfe zurück und plädierte in sämtlichen Anklagepunkten auf nicht schuldig. Tausende demonstrieren für Thaci Am Tag vor Prozessbeginn gingen in der Hauptstadt Pristina Tausende Menschen auf die Straße, um für Thaci zu demonstrieren - für sie ist er ein Kriegsheld. Eine Demonstrantin erklärt: "Wir protestieren gegen die Ungerechtigkeit gegenüber den Befreiern des Kosovo. Die Serben haben uns in unserem Land angegriffen. Also hatten wir keine andere Wahl als zurückzuschlagen und unser Land zu verteidigen." Die Demonstranten singen: "UCK - das Herz des Kosovo", und sie schwenken die roten Fahnen mit dem UCK-Doppeladler. Sie blicken voller Misstrauen nach Den Haag - und voller Trotz. Ein Mann meint: "Dieses Gericht wird nichts Gutes bringen. Es wird dem Ansehen unseres Landes schaden. Aber die Wahrheit wird ans Licht kommen. Sie kann nicht vertuscht und nicht verschleiert werden." Kurti: "Völlig unnötig" Auch Kosovos Premierminister Albin Kurti hält das Sondertribunal für einen der größten Fehler in der kurzen Geschichte des jungen Staates. Dieser Sondergerichtshof sei "völlig unnötig", sagt Kurti. Er traf sich mit den Anwälten der Angeklagten. Für deren Honorar sind 16 Millionen Euro im Haushalt des Kosovo eingeplant. Das Sondertribunal in Den Haag ist international besetzt, formal aber Teil der Kosovo-Justiz. Es wurde vor acht Jahren durch das kosovarische Parlament eingerichtet - allerdings auf erheblichen Druck der westlichen Verbündeten, die der Justiz in Pristina nicht genügend Unabhängigkeit zutrauten. Vor allem aber wurde befürchtet, Zeugen könnten bedroht werden und verstummen, wenn die ehemaligen UCK-Größen im Kosovo vor Gericht stehen - und nicht im fernen Den Haag. UCK eine Truppe von Freiheitskämpfern? Die UCK gehört zum Gründungsmythos des jungen Staates - nach einem blutigen Krieg, in dem 13.000 Menschen getötet wurden und der nur durch einen NATO-Einsatz beendet werden konnte. Für die meisten ist die UCK eine Truppe von Freiheitskämpfern, keine kriminelle Vereinigung. Der Prozess gegen Thaci und die anderen relativiere die serbischen Kriegsverbrechen, heißt es. Es dürfte ein langer Prozess werden: 312 Zeugen der Anklage sind benannt. Die vier Hauptangeklagten sitzen bereits seit zwei Jahren in Untersuchungshaft. Neben Ex-Präsident Thaci auch Kadri Veseli, Ex-Geheimdienstchef der UCK, ehemaliger Sprecher des Kosovo-Parlaments und zuletzt Vorsitzender der "Demokratischen Partei", dann Rexhep Selmimi, zuletzt Fraktionsvorsitzender der Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Kurti, und Jakup Krasniqi, Ex-UCK-Sprecher und zuletzt die Nummer zwei der Sozialdemokratischen Partei im Kosovo. "Wir sagen nicht, dass keine Dinge passiert sind" Thacis Anwalt will als Argument nutzen, dass die UCK keine reguläre "Armee" mit klaren Befehlsketten gewesen sei - sondern eine Art "Graswurzel-Truppe" mit Männern aus den Dörfern der ehemaligen serbischen Provinz Kosovo, die sich gegen die Angreifer, die serbische Armee des damaligen Präsidenten Slobodan Milosevic, wehrten. Ex-Präsident Thaci habe nie Befehle an Einzelpersonen erteilt, er sei nie für Kampfeinsätze zuständig gewesen: "Er war immer eine politische Person", so die Verteidigung. Die Verteidigung stellt im Übrigen nicht infrage, dass Verbrechen begangen wurden. Zitat: "Wir sagen nicht, dass vor Ort keine Dinge passiert sind."
/ausland/thaci-kosovo-101.html
2023-04-03
Strengere Kontrollen an Schulen und Unis
Kopftuchpflicht im Iran
Aus Protest gegen das Regime und trotz hoher Strafen ignorieren viele Iranerinnen die Kopftuchpflicht. Die Regierung will die Vorgabe jetzt an Schulen und Universitäten strenger kontrollieren - und kündigt noch härtere Strafen an. mehr
Aus Protest gegen das Regime und trotz hoher Strafen ignorieren viele Iranerinnen die Kopftuchpflicht. Die Regierung will die Vorgabe jetzt an Schulen und Universitäten strenger kontrollieren - und kündigt noch härtere Strafen an. Die Regierung im Iran will die Kopftuchpflicht an Schulen und Universitäten wieder strenger durchsetzen. Das teilte das Bildungsministerium mit. Schülerinnen und Studentinnen, die das Kopftuch nicht wie vorgeschrieben tragen, sollen demnach nicht am Unterricht teilnehmen dürfen. Wie genau die Einhaltung der Kopftuchpflicht kontrolliert werden soll, ging aus der Mitteilung nicht hervor. Viele ignorieren die Kopftuchpflicht Die Regelung ist im Iran zwar nicht neu. Viele Frauen und Mädchen ignorieren aber seit Beginn der Massenproteste im vergangenen Herbst demonstrativ die Kopftuchpflicht - auch an Schulen und Universitäten. Im September war die 22-jährige Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam gestorben, nachdem die Sittenpolizei sie festgenommen hatte. Sie soll ihr Kopftuch nicht vorschriftsgemäß getragen haben. Dies hatte im ganzen Land zu Protesten gegen das Regime geführt. Viele Frauen und Mädchen hatten auf den Straßen ihre Kopftücher angezündet. Seit dem Beginn des persischen Neujahres vor rund zwei Wochen hat die iranische Regierung mehrfach angekündigt, die Missachtung der islamischen Kleidervorschriften härter zu bestrafen. Nun zog das Bildungsministerium nach. "Ohne Gnade verfolgt" Am Wochenende hatte der Justizchef der Islamischen Republik, Gholamhossein Mohseni Edschei, erklärt: "Die Abnahme des Schleiers ist gleichbedeutend mit Feindseligkeit gegenüber unseren Werten." Diejenigen, "die solche anomalen Handlungen begehen, werden bestraft" und "ohne Gnade verfolgt". Edschei ließ offen, mit welchen Strafen die Frauen zu rechnen haben. Vergangene Woche hatte das Innenministerium das Kopftuch als "eine der zivilisatorischen Grundlagen der iranischen Nation" bezeichnet und an Bürger appelliert, unverschleierte Frauen zur Rede zu stellen. Nach der 1979 eingeführten islamischen Scharia sind Frauen verpflichtet, ihr Haar zu bedecken und lange, locker sitzende Kleidung zu tragen, um ihre Figur zu verbergen. Wer dagegen verstößt, muss mit Geldstrafen oder Verhaftung rechnen. Irans Präsident Ebrahim Raisi sagte am Samstag im Staatsfernsehen, dass das Kopftuch in der Islamischen Republik gesetzlich vorgeschrieben sei. Zuvor war ein Video veröffentlicht worden, das einen Mann zeigt, der zwei Frauen mit einem Becher Joghurt bewirft. Die Frauen hatten ihre Haare gar nicht beziehungsweise nicht komplett verdeckt.
/ausland/asien/iran-kopftuchpflicht-101.html
2023-04-02
Kommt ein Pfandsystem für Weinflaschen?
Mehrweg-Angebote
In Deutschland gibt es kein flächendeckendes Pfandsystem für Weinflaschen. Darum verkauft ein Winzer aus der Pfalz seinen Wein nun in Bierflaschen. Von Johanna Wahl.
In Deutschland gibt es kein flächendeckendes Pfandsystem für Weinflaschen. Darum verkauft ein Winzer aus der Pfalz seinen Wein nun in Bierflaschen. Eine braune Bierflasche mit langem Hals, leuchtend gelbem Etikett und Kronkorken, darin ein halber Liter Wein aus der Pfalz. Was etwas ungewöhnlich klingt und aussieht, ist Teil des Sortiments eines Pfälzer Winzers: Ansgar Galler verkauft seinen Bio-Wein seit neuestem in 0,5-Liter-Bier-Pfandflaschen. "Das ist nachhaltiger als die üblichen Einweg-Weinflaschen, die meist im Altglas-Container landen", sagt der Weinbauer. Wein statt Bier oder Wasser Da es für Weinflaschen aktuell kein deutschlandweites Pfandsystem gibt, greift Galler für eine seiner Weinsorten auf Flaschen zurück, die in jedem Supermarkt zurückgegeben werden können: Bierflaschen. "Der Vorteil: Die Rückgabe von Bier-Pfandflaschen ist überall im Handel möglich, was wichtig ist, weil wir unseren Wein deutschlandweit verkaufen." Der Winzer will genau beobachten, wie die Kunden seinen Wein aus Bierflaschen annehmen und das Angebot dann eventuell ausweiten. "Es gibt ja zum Beispiel auch elegante Wasserflaschen in 0,75- Liter-Größe." Mehr als 100 verschiedene Weinflaschen Laut Verpackungsgesetz besteht für Weinflaschen keine Pfandpflicht in Deutschland. Das liegt nach Angaben des Deutschen Weininstituts an den mehr als 100 Weinflaschenvarianten, die es allein in Deutschland gibt, auch bedingt durch regionale Traditionen. Darüber hinaus werde ein großer Teil der hier verkauften Weine importiert, erklärt Ernst Büscher von der Marketingorganisation der deutschen Weinwirtschaft. "Das erhöht nochmal die Flaschenvielfalt, und zudem ist eine Rückführung des Leerguts zu den Herstellern in aller Welt nicht möglich." Geringer Mehrweganteil Auch im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist die Einführung einer Pfandpflicht für Weinflaschen nicht vorgesehen, eine dafür nötige Änderung des Verpackungsgesetzes also in dieser Legislaturperiode nicht geplant. Bundesumweltministerin Steffi Lemke von den Grünen hat erklärt, sich grundsätzlich dafür einzusetzen, Mehrwegangebote in Deutschland weiter zu stärken. Dafür sei zum Beispiel auch eine Mindestquote für Mehrweggetränkeflaschen in Supermärkten denkbar, sagte die Ministerin Anfang dieses Jahres. Derzeit sei der Mehrweganteil gering: 2020 lag er bei 5,6 Prozent, erklärte ein Sprecher. Aus Sicht des Deutschen Weininstituts wäre es wichtig, dass deutsche Erzeuger durch ein mögliches Pfandsystem wirtschaftlich nicht gegenüber Winzern aus dem Ausland benachteiligt würden. Regionale Pilotprojekte In Baden-Württemberg gibt es schon seit langem ein regionales Pfandsystem für 1,0-Liter-Weinflaschen. Dort startet nun auch ein Pilotprojekt für 0,75-Liter-Wein-Pfandflaschen. Das ist allerdings auf die Region Württemberg beschränkt und zunächst nur im Getränke- und Weinfachhandel vorgesehen. Für ein solches flächendeckendes Pfandsystem aber müssten sich die Weinerzeuger auf zwei, drei Flaschenvarianten beschränken. Das mache die Herstellung leichter und die Rückgabe an Automaten, das Sortieren und Spülen in großen Mengen sowieso. Dann könnten die Weinflaschen auch im Lebensmittelhandel zurückgegeben werden. Spülen ist umweltfreundlicher Der Glasspülbetrieb "Glasklar Kurpfalz" reinigt seit Jahrzehnten Weinflaschen für Weingüter, die ihre Flaschen mehrfach verwenden. Rund 30.000 Flaschen laufen jeden Tag über die Bänder der riesigen Spülanlage in Wachenheim in der Pfalz. Zuletzt ist die Nachfrage stark angestiegen. Das liegt laut Firmenchef Stefan Fey vor allem an den gestiegenen Energiekosten für die Flaschenherstellung, aber auch am Nachhaltigkeitsgedanken vieler Winzer. "Eine neue Flasche herzustellen, verursacht ungefähr 600 bis 800 Gramm CO2", sagt Fey, "eine Flasche zu spülen hingegen nur rund 150 bis 200 Gramm CO2." Das Ziel muss nach Ansicht des Unternehmers ein bundesweit einheitliches Mehrwegsystem für Weinflaschen sein. Daran werde auch bereits gearbeitet. "Ein großer Glasproduzent ist auf mich zugekommen. Die Pläne sind auf der Zielgeraden. Mehr darf ich aktuell nicht sagen." Weinflaschen könnten Mehrweg sein Spülbetrieb-Chef Fey zumindest hat keine Sorge, dass Pfand-Weinflaschen durch die mehrfache Verwendung unansehnlich und dadurch für die Verbraucher unattraktiv werden könnten. "Eine schöne, gut produzierte Weinflasche können sie schon sechs, sieben, acht Mal spülen." Außerdem störten kleine Kratzer nicht, wenn dafür die Umwelt geschont und Geld gespart werde, davon gibt sich der Unternehmer überzeugt. "Für mich ist das keine Bierflasche" Bio-Winzer Galler aus der Pfalz wollte nicht warten, bis möglicherweise ein flächendeckendes Mehrwegsystem für Weinflaschen in Deutschland eingeführt wird. Er setzt stattdessen auf ein bereits bestehendes Pfandsystem. "Für mich ist das keine Bierflasche, sondern ein 0,5-Liter-Glasbehälter", sagt Galler über seine unkonventionelle Idee. Seiner Kundschaft empfiehlt der Winzer übrigens, den Wein nicht aus der Bierflasche zu trinken, sondern aus Weingläsern. Ein halber Liter, sagt Galler, sei genau die richtige Menge für einen gemütlichen Abend zu zweit.
/wirtschaft/unternehmen/pfandflaschen-wein-101.html
2023-04-02
Pariser stimmen über E-Scooter-Verbot ab
Umstrittene Leihroller
Blockierte Gehwege, betrunkene Fahrer, Chaos und Unfälle - E-Scooter sind umstritten, seit sie das Stadtbild der Metropolen zeichnen. In Paris können die Bürger heute über die Zukunft der Leihroller abstimmen. mehr
Blockierte Gehwege, betrunkene Fahrer, Chaos und Unfälle - E-Scooter sind umstritten, seit sie das Stadtbild der Metropolen zeichnen. In Paris können die Bürger heute über die Zukunft der Leihroller abstimmen. E-Scooter sind seit Jahren Teil der europäischen Großstädte - und sorgen immer wieder für Diskussionen. Auch in Paris stören sich viele an den "Trottinettes", wie die Tretroller auf französisch heißen. Fast 15.000 Leihexemplare sind auf den Straßen der französischen Hauptstadt unterwegs, werden monatlich von rund 400.000 Menschen gefahren. Bei Touristen sind sie besonders beliebt, aber immer wieder kommt es zu Unfällen und Chaos auf Bürgersteigen durch falsch geparkte Roller. Ergebnis bindend - unabhängig von der Wahlbeteiligung Heute können Pariserinnen und Pariser in einer Bürgerbefragung darüber abstimmen, ob der Verleih von E-Scootern in der Stadt beibehalten oder abgeschafft wird. Bürgermeisterin Anne Hidalgo hatte die Abstimmung initialisiert. Ihr sind die Roller schon lange ein Dorn im Auge, sie will den Verleih in ihrer Stadt ganz beenden. E-Scooter seien nicht umweltfreundlich und die Angestellten der Unternehmen nicht angemessen geschützt, so Hildalgo. Drei Vermieter bieten in Paris E-Scooter an, die Lizenzen laufen Ende August aus. Bei einer Zustimmung zum Verbot würden sie nicht verlängert werden. Paris betrachte den Ausgang der Bürgerbefragung unabhängig von der Beteiligung als bindend, betonte ein Stadtsprecher. Das Ergebnis der Befragung soll noch am Sonntagabend bekannt gemacht werden. Die Benutzung von privaten E-Scootern soll nicht begrenzt werden, die Abstimmung betrifft nur die Leihroller. Vermieter versprechen Nachbesserungen Erst Anfang Dezember hatten die Vermieter der E-Scooter die Regeln verschärft, um ein drohendes Verbot abzuwenden. Nur Erwachsene dürfen die Roller nutzen, Benutzer müssen bei der Registrierung ihren Ausweis einscannen. Auch chaotische Fahrer sollen so leichter identifiziert und von der Vermietung ausgeschlossen werden können. Dadurch sollen zudem Verkehrsverstöße mit den Rollern leichter verfolgt werden, die außerdem Nummernschilder erhalten sollten. Die Unternehmen versicherten, dass ungenutzt auf Bürgersteigen und Plätzen herumliegende Scooter schneller weggeräumt werden. Die Vermieter wollten dazu doppelt so viel Personal einsetzen. Die Entscheidung der Stadt sei für die großen E-Scooter-Anbieter von immenser Bedeutung, denn Paris gelte als weltweit wichtigste Stadt für die sogenannte Mikromobilität mit elektrisch angetriebenen Kleinstfahrzeugen, berichtete die Wirtschaftszeitung "Les Échos". Wenn Paris den Scootern die Rote Karte zeige, drohten viele andere Städte nachzuziehen, sagte der Chef eines Anbieters der Zeitung. Wenn die Lizenz für Paris verlängert wird, wollen die Vermieter demnach in Verbesserungen investieren - darunter E-Scooter für Gehbehinderte und eine Technik, mit der auf Gehwegen liegende Scooter schnell lokalisiert werden können. E-Scooter sind auch in Deutschland umstritten Auch in deutschen Städten sorgen E-Scooter für Ärger - etwa wenn Fahrerinnen und Fahrer sich nicht an die Verkehrsregeln halten, falsche Straßen nutzen oder betrunken fahren. Zudem haben sich die Verkehrsunfallzahlen mit E-Roller-Beteiligung in Deutschland seit 2020 fast verfünffacht. Wurden 2020 noch 92 Verkehrsunfälle gezählt, so waren es 2022 insgesamt 442 Verkehrsunfälle. In 69,7 Prozent der Fälle wurden die Fahrerinnen und Fahrer als Unfallverursachende festgestellt. Auch das Abstellchaos sorgt in vielen Kommunen für Ärger. So gibt es mancherorts bereits gesonderte Abstellflächen für die Scooter und Knöllchen für falsch abgestellte Fahrzeuge.
/ausland/europa/paris-abstimmung-tretroller-101.html
2023-04-02
Zahlreiche Tote, verwüstete Orte
Tornadoserie in den USA
Eine Reihe von Tornados hat schwere Zerstörungen in mehreren US-Bundesstaaten hinterlassen. Mindestens 26 Menschen kamen ums Leben, ganze Orte wurden zerstört. Für Dienstag wurde erneut ein Sturmzentrum für die Region vorhergesagt. mehr
Eine Reihe von Tornados hat schwere Zerstörungen in mehreren US-Bundesstaaten hinterlassen. Mindestens 26 Menschen kamen ums Leben, ganze Orte wurden zerstört. Für Dienstag wurde erneut ein Sturmzentrum für die Region vorhergesagt. Ein monströses Sturmsystem im Süden und Mittleren Westen der USA hat eine Reihe von Tornados ausgelöst, die schwere Verwüstungen angerichtet haben. Mindestens 26 Menschen kamen ums Leben, Dutzende wurden verletzt. Die Gouverneurin von Arkansas, Sarah Huckabee Sanders, erklärte den Notstand in ihrem Staat. Sie bat US-Präsident Joe Biden um Hilfe des Bundes. Betroffen war unter anderem die Hauptstadt von Arkansas, Little Rock, wo nach Angaben des Bürgermeisters mehr als 2600 Wohn- und Geschäftshäuser im Weg eines Tornados lagen. In der Region um Little Rock kam demnach mindestens ein Mensch ums Leben, Dutzende wurden verletzt. Auch der Ort Wynne im nordöstlichen Arkansas wurde verwüstet. Vier Menschen kamen hier ums Leben. In Tennessee wurden neun Todesopfer bestätigt. Häuser und Einkaufszentren wurden zerstört, Fahrzeuge stürzten um und Bäume wurden entwurzelt. Betroffen waren auch die Staaten Alabama, Illinois, Indiana, Iowa, Mississippi und Ohio. In Illinois in der westlich von Chicago gelegenen Kleinstadt Belvidere war am Freitagabend während eines Heavy-Metal-Konzerts das Dach und ein Teil der Fassade des Konzertgebäudes eingestürzt. Der Feuerwehr zufolge kam ein Mensch ums Leben, 28 weitere wurden verletzt, fünf von ihnen schwer. Im Bezirk McNairy in Tennessee östlich von Memphis kamen sieben Menschen ums Leben. Vor allem Wohnhäuser und Wohngebiete hätten Schäden davongetragen, sagte David Leckner, der Bürgermeister von Adamsville. In Sullivan County in Indiana kamen im Sturm drei Menschen ums Leben, zwölf wurden nach Angaben von Bürgermeister Clint Lamb verletzt. Später bestätigten die Behörden im nahegelegenen Crawford County jenseits der Staatsgrenze in Illinois vier weitere Tote. In Madison County in Alabama wurde nach Angaben des Rettungsdienstes eine Frau getötet, drei weitere Menschen wurden schwer verletzt. In Pontotoc County in Mississippi bestätigten die Behörden einen Toten und vier Verletzte. Weitere Unwetter und Stürme vorhergesagt Tornados sind schwer vorherzusagen. In den USA kommen sie relativ häufig vor, insbesondere im Zentrum und im Süden des Landes. Für Sonntag waren auch an der US-Ostküste Gewitter, Hagelschauer und starker Wind vorhergesagt. Das Sturmzentrum des Nationalen Wetterdienstes teilte mit, derart "intensive Superzellen-Gewitter" dürften insbesondere im Süden der USA häufiger werden, "während die Temperaturen in der Welt steigen". Schon für kommenden Dienstag wurde für dasselbe Gebiet das nächste große Sturmzentrum vorhergesagt.
/ausland/amerika/usa-tornado-tote-107.html
2023-04-02
Makeiev nennt Friedensappell zynisch
Ukrainischer Botschafter
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Makeiev, hat den Friedensappell mehrerer früherer SPD-Politiker scharf kritisiert. Der Aufruf habe das alleinige Ziel, die "Verbrechen Russlands zu verschleiern". mehr
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Makeiev, hat den Friedensappell mehrerer früherer SPD-Politiker scharf kritisiert. Der Aufruf habe das alleinige Ziel, die "Verbrechen Russlands zu verschleiern". Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hat den Aufruf ehemaliger hochrangiger SPD-Politiker und Gewerkschafter zu Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine scharf kritisiert. "Dieser Friedensappell ist kein Aprilscherz. Das ist ein purer Zynismus gegenüber den zahlreichen Opfern der russischen Aggression", sagte Makeiev der Nachrichtenagentur dpa. Er habe nur eins zum Ziel: "Die Verbrechen Russlands und dementsprechend die Verantwortung des russischen Regimes zu verschleiern." Angesichts des brutalen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine laute der einzig mögliche Friedensappell: "Herr Putin, ziehen Sie sofort Ihre Truppen aus dem kompletten ukrainischen Territorium ab!" Initiator ist Peter Brandt, Sohn von Willy Brandt Der Appell mit dem Titel "Frieden schaffen!" wurde von dem Historiker Peter Brandt, einem Sohn des ehemaligen Kanzlers Willy Brandt, zusammen mit dem früheren Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, und dem Bundesvorsitzenden der Naturfreunde, Michael Müller, initiiert. Darin wird Bundeskanzler Olaf Scholz aufgerufen, zusammen mit Frankreich die Länder Brasilien, China, Indien und Indonesien für eine Vermittlung zu gewinnen, um schnell einen Waffenstillstand zu erreichen. "Das wäre ein notwendiger Schritt, um das Töten zu beenden und Friedensmöglichkeiten auszuloten. Nur dann kann der Weg zu einer gemeinsamen Sicherheitsordnung in Europa geebnet werden." Zu den Unterzeichnern zählen Ex-EU-Kommissar Günter Verheugen, der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und die frühere hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti.
/inland/gesellschaft/kritik-friedensappell-103.html
2023-04-02
Wie eine Försterin den Wald retten will
Klimawandel
Die deutschen Wälder sind in einem desaströsen Zustand. Durch Trockenheit und Hitze erkranken immer mehr Bäume. Eine junge Försterin versucht, ihr Revier per Artenmix durch den Klimawandel zu führen. Von Joscha Bartlitz.
Die deutschen Wälder sind in einem desaströsen Zustand. Durch Trockenheit und Hitze erkranken immer mehr Bäume. Eine junge Försterin versucht, ihr Revier per Artenmix durch den Klimawandel zu führen. Alina Kratofil beginnt zu strahlen, wenn sie über den Wald und ihren Wunschberuf als Försterin spricht - trotz der enormen Probleme durch den Klimawandel. "Ich bin total gerne im Wald und bewege mich in der Natur", erklärt die 27-Jährige tagesschau.de und spricht sogar von ihrem "Zuhause". Doch seit die studierte Forstwirtschaftlerin vor einem halben Jahr Revierleiterin im hessischen Hünfeld wurde, sind die Sorgen um den Waldbestand ihr Alltag. Schadensbegrenzung als Kernaufgabe "Ich habe eigentlich nur mit Kalamitäten, also Flächen, auf denen kein Baum mehr steht, und Schadholz zu tun", berichtet sie. "Die reguläre Forstwirtschaft kenne ich bisher eigentlich nur aus Erzählungen. Alle jungen Kollegen kennen im Moment nur Schadensbegrenzung oder die Katastrophe", so Kratofil. Laut der jüngsten Waldzustandserhebung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sind vier von fünf Bäumen in deutschen Wäldern erkrankt. "Der Wald ist ein Patient, der unsere Hilfe braucht", betonte auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zuletzt. In ihrem Revier in der Rhön, das 1800 Hektar groß ist, versucht Kratofil, genau diese Hilfe zu leisten. Die Holzerntesaison läuft derzeit, die Försterin und ihr Team haben alle Hände voll zu tun. Während in anderen Bundesländern, gerade im Süden Deutschlands, vor allem das Nadelholz unter der Klimaveränderung leide, sei in ihrem Gebiet besonders die Buche betroffen. Viele Kronen seien so vertrocknet, dass die Bäume schnellstmöglich gefällt werden müssten, bevor ihr Holz gar nicht mehr verwertbar sei. "Die Situation ist dramatisch", berichtet die Försterin. Hoffnung ruht auch auf der Natur selbst "Hessen ist das Buchenland. Die letzten trockenen Sommer, die Hitze, das wenige Wasser - das vertragen die alten Buchen nicht", so Kratofil. "Bei den jüngeren Buchen haben wir noch Hoffnung, dass sie besser mit der Trockenheit zurechtkommen." Dabei setzt sie auch auf Naturverjüngung, also neue Bäume, die durch herabgefallene oder angeflogene Samen natürlich nachwachsen und sich den schwierigen Bedingungen besser anpassen. "Wenn es Lücken gibt, ergänzen wir das mit anderen Baumarten", erklärt die 27-Jährige. Längst nicht überall erledigt die Natur die Wiederbewaldung selbst, im Gegenteil. Die größte Kahlfläche in Kratofils Zuständigkeitsbereich ist zwei Hektar groß - ein Loch im Wald von der Größe von drei Fußballfeldern. Eine Fichten-Monokultur fiel hier der Dürre, als "Windwurf" bezeichneten Sturmschäden sowie Borkenkäferbefall zum Opfer. "In Nordhessen oder auch in anderen Bundesländern sieht man, dass der Borkenkäfer den Kampf gewonnen hat. Es sind unheimlich viele Freiflächen entstanden, die wir jetzt wiederbewalden", erzählt Kratofil. Doch auch in der Natur funktioniert längst nicht immer alles nach Plan. Verschiedene Arten Der Versuch, Eichen zur Aufforstung zu nutzen, scheiterte bei Kratofil und ihren Kollegen auf dieser Freifläche zunächst. Sie besserten mit Ahorn nach, dann mit Rot- und Traubeneiche und Hainbuche. "Je größer der Ausfall ist, desto stärker macht man mit einer anderen Baumart weiter", berichtet Forstwirtschaftsmeister Uwe Walter, der die Aufforstungsarbeiten durchführt. "Wenn wir neuen Wald begründen, versuchen wir immer, mindestens fünf Baumarten auf die Fläche zu bringen, um das Risiko auf verschiedene Baumarten zu verteilen", ergänzt Kratofil. "Wir suchen uns die geeigneten Baumarten aus, die wissenschaftlich nachgewiesen hier besser wachsen." Ein stabiler Mischwald für die Zukunft Gerade die Eiche sei besonders resistent und komme momentan gut mit der Trockenheit zurecht, berichtet die Forstwirtschaftlerin von ihren Erfahrungen. Doch auch die Eiche allein sei keine Patentlösung. Das Ziel laute jetzt, "stabile Mischwälder zu etablieren und ganz viele Baumarten auf die Fläche zu bringen", so die Försterin. Die Mischung sei auch für die bestehenden Waldflächen der Schlüssel: "Wenn etwa in Buchenbeständen andere Baumarten vorhanden sind, wie Eiche, Ahorn oder Kirsche, dann ist es wichtig, dass sie in der Pflege gefördert werden, damit sie auch erhalten bleiben und der Wald stabiler wird." Auch wenn es sich häufig wie "ein Kampf gegen Windmühlen" anfühle, bleibt die Försterin auch in den schwierigen Zeiten der Klimaerwärmung optimistisch. Sie hat eine klare Vision vor Augen: "Ich möchte auch den nachfolgenden Generationen noch einen stabilen und gesunden Wald hinterlassen. Das ist das, was mich antreibt."
/wissen/klima/wald-klimawandel-foersterin-101.html
2023-04-02
Progressiver Petkow will es nochmal wissen
Parlamentswahl in Bulgarien
2022 hatte Bulgarien mit Kiril Petkow kurzzeitig einen Regierungschef, dem die Menschen wirkliche Korruptionsbekämpfung zutrauten. Seine Koalition brach schnell auseinander, jetzt versucht er es erneut. Von Oliver Soos.
2022 hatte Bulgarien mit Kiril Petkow kurzzeitig einen Regierungschef, dem die Menschen wirkliche Korruptionsbekämpfung zutrauten. Seine Koalition brach schnell auseinander, jetzt versucht er es erneut. Der 22. Juni vergangenen Jahres war ein bitterer Abend für den damaligen Premierminister Kiril Petkow. Er wurde durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt - mit einem sehr knappen Ergebnis. Der 42-Jährige war der Hoffnungsträger vieler Bulgaren, ein smarter bulgarisch-kanadischer Unternehmer mit Harvard-Abschluss, Chef der neuen Anti-Korruptionspartei "Wir setzen den Wandel fort". Er kommentierte seinen Sturz damals mit emotionalen Worten: "Wir versprechen, wir werden weiter dafür kämpfen, uns unser Land zurückzuholen. Eines Tages werden wir ein Bulgarien haben, ohne Hinterzimmer-Politik, ohne Mafia. Ein normales, erfolgreiches europäisches Land." Der Vorgang hat gezeigt, wie schwierig es für Bulgarien ist, das alte als korrupt geltende System von Bojko Borissow und seiner GERB-Partei zu überwinden. Petkows damalige Vier-Parteien-Koalition brach nach nur siebeneinhalb Monaten auseinander, vor allem wegen der Partei "Es gibt ein solches Volk" des TV-Entertainers Slawi Trifonow. "Komplexe Koalition von vier Parteien" Am Ende sei es ums Geld gegangen, sagt Boris Popiwanow, Dozent für Politikwissenschaft an der Universität Sofia: "Es war eine sehr komplexe Koalition von vier Parteien, von der jede eine andere Agenda hatte." Petkow habe angefangen, die Korruption in verschiedenen Institutionen zu stoppen. "Als er sich das Ministerium für regionale Entwicklung und Bau vorknöpfen wollte, kam es zum Bruch der Regierungskoalition", so Popiwanow. Das Ministerium habe unter der Kontrolle der Partei des TV-Entertainers Trifonow gestanden und schon zu Borissows Zeiten mit Straßenbaufirmen zusammengearbeitet, die laut Pipanow hohe Rechnungen stellten und dann oft gar nichts bauten. "Diese Praxis wollte Trifonows Partei gerne weiterführen, sie sah das Infrastrukturministerium als Chance, an Milliarden-Geldflüssen zu partizipieren." Trifonow gilt als chancenlos Trifonow ist beim bulgarischen Wähler mittlerweile untendurch. Die Umfragen sehen seine Partei unter der Vier-Prozent-Hürde. Doch auch Petkow sehen die Umfragen vor einer schwierigen Ausgangslage. Sein neues erweitertes Anti-Korruptionsbündnis aus den Parteien "Wir setzen den Wandel fort" und "Demokratisches Bulgarien" liegt demnach gleichauf mit Borissows GERB bei jeweils etwa 25 Prozent. Der Rest der Stimmen verteilt sich vor allem auf pro-russische Sozialisten und Nationalisten und die "Bewegung für Rechte und Freiheiten" (DPS), die sich vor allem für die Rechte der türkischen Minderheit einsetzt. Petkow gibt sich dennoch optimistisch, eine neue Minderheitsregierung anführen zu können. "Wir sind uns absolut sicher, dass wir das beste Ergebnis bei dieser Wahl erzielen werden. Und dann bieten wir eine positive Agenda an: Wirtschaftswachstum, Innovationen, soziale Reformen, den Beitritt in den Schengenraum und in die Eurozone. Und dann sind die anderen Fraktionen des Parlaments gefragt und es wird schwer für sie sein, so einer Regierung das Mandat zu verweigern." Allerdings passierte nach der jüngsten Wahl im vergangenen Herbst genau das. Petkows Partei brachte als zweitstärkste Fraktion ihr Regierungsmandat nicht durch. Mit der stärksten Fraktion, Borissows GERB, wollte niemand regieren. Unterstützung von EVP GERB bekam im Wahlkampffinale wieder Unterstützung von der konservativen EVP-Parteienfamilie im Europaparlament, der GERB selbst auch angehört. Der EVP-Vorsitzende, der CSU-Politiker Manfred Weber, warb am Donnerstag bei einer GERB-Wahlkampfveranstaltung in Varna für die Partei: "In der Zeit, als GERB mit Bojko Borissow regiert hat, hatten wir Stabilität. Seitdem wir nicht mehr in der Regierung sind, haben wir Instabilität, Inflation und Unsicherheit. Bulgarien braucht wieder Stabilität - und deswegen muss GERB gewählt werden." Was Weber nicht erwähnte: Die GERB-Regierung wurde 2021 nach Massenprotesten in mehreren bulgarischen Städten abgewählt. Die Demonstranten beklagten, dass die Korruption ein unerträgliches Ausmaß erreicht habe. Unter GERB wurde Bulgarien zum ärmsten Land der EU mit der größten Ungleichheit in der Bevölkerung.
/ausland/europa/bulgarien-parlamentswahl-119.html
2023-04-02
Mehr als 1000 Einsatzkräfte verletzt
Gewaltsame Proteste in Frankreich
Seit Mitte März kommt es in Frankreich zu Gewalt bei den Protesten gegen die Rentenreform. Laut Innenministerium wurden dabei mehr als 1000 Einsatzkräfte verletzt. Zudem seien knapp 2600 Brandstiftungen gezählt worden. mehr
Seit Mitte März kommt es in Frankreich zu Gewalt bei den Protesten gegen die Rentenreform. Laut Innenministerium wurden dabei mehr als 1000 Einsatzkräfte verletzt. Zudem seien knapp 2600 Brandstiftungen gezählt worden. Bei den gewaltsamen Protesten gegen die Rentenreform in Frankreich sind nach Angaben des Innenministeriums seit Mitte März 1093 Polizisten und Feuerwehrleute verletzt worden. Außerdem habe es 2579 Brandstiftungen und 316 Angriffe auf öffentliche Gebäude gegeben, sagte Innenminister Gérald Darmanin der Sonntagszeitung "JDD". Zugleich werde gegen 36 Beamte wegen des Verdachts übermäßigen Gewalteinsatzes ermittelt. Zahlen zu verletzten Demonstranten nannte Darmanin nicht. Die über viele Wochen friedlichen Proteste schlugen ab dem 16. März in Gewalt um. An jenem Tag hatte die Regierung die höchst umstrittene Reform zur schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre ohne Abstimmung im Parlament durchgeboxt. Der Verfassungsrat überprüft die Reform noch. Darmanin: Polizei kann robust vorgehen Den zuletzt häufig geäußerten Vorwurf, Polizisten seien aggressiv gegen Protestierende vorgegangen und hätten unverhältnismäßig Gewalt eingesetzt, wies der Innenminister zurück. Das Demonstrationsrecht schließe nicht das Recht auf Gewalttätigkeiten ein. Wenn Ultralinke und andere Krawallmacher die weit überwiegend friedlichen Proteste aufmischten, müssten die Ordnungshüter einschreiten, sagte Darmanin. Die Polizei könne legitime Stärke zeigen und dabei durchaus auch mal robust vorgehen, wie er es formulierte. Aber dabei reagiere sie auf extrem gewalttätige Angriffe professioneller Randalierer, denen es darum gehe, Sachwerte zu zerstören und Polizisten zu töten. Einen nächsten landesweiten Protesttag haben die Gewerkschaften für Donnerstag angekündigt. Weiterhin behindern Streiks das öffentliche Leben. Punktuell sind der Flugverkehr und die Versorgung von Tankstellen mit Kraftstoff beeinträchtigt.
/ausland/europa/frankreich-verletzte-einsatzkraefte-101.html
2023-04-02
Förderung könnte von Altheizung abhängen
Lindner zu Hilfen für Hausbesitzer
Die Ampel will Hausbesitzer beim Umrüsten auf klimafreundliche Heizungen unterstützen. Doch wie die Förderung genau aussehen soll, ist unklar. Finanzminister Lindner erwägt, sie vom Zustand der bisherigen Heizung abhängig zu machen. mehr
Die Ampel will Hausbesitzer beim Umrüsten auf klimafreundliche Heizungen unterstützen. Doch wie die Förderung genau aussehen soll, ist unklar. Finanzminister Lindner erwägt, sie vom Zustand der bisherigen Heizung abhängig zu machen. Eine staatliche Förderung klimafreundlicher Heizungen könnte sich nach Ansicht von Bundesfinanzminister Christian Lindner am Zustand des zu ersetzenden Gerätes ausrichten. "Die Staffelung könnte sich daran orientieren, wie alt und schmutzig die Heizung ist, die erneuert werden soll", sagte der FDP-Vorsitzende der "Bild am Sonntag". "Tendenziell haben Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, auch Heizungen, die älter sind. Insofern ist damit eine soziale Komponente verbunden." Lindner warnte zugleich vor überzogenen Erwartungen. Die Möglichkeiten der Förderung durch den Staat seien begrenzt. "Wir arbeiten gerade an einem Förderprogramm, das beachtlich sein wird. Allerdings darf man nie vergessen, dass es am Ende immer die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind, die dafür aufkommen." Einigung nach langem Streit Die Ampel-Koalition hatte am Freitagabend einen Kompromiss beim umstrittenen Gebäudeenergiegesetz mit dem Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen erzielt. Nach Angaben des Bundeswirtschafts- und des Bundesbauministeriums liegt ein fertiger und von allen drei Parteien getragener Gesetzentwurf vor. Er soll zeitnah in die Länder- und Verbändeanhörung und anschließend ins Kabinett gehen. Demnach bleibt es im Kern dabei, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Es soll aber Ausnahmen, Übergangsfristen und eine umfassende Förderung geben. Verzichtet wird den Angaben zufolge auf die ursprünglich vorgesehene Austauschpflicht für funktionierende Öl- und Gasheizungen. Scharfe Kritik von der Opposition Von der Opposition kommt weiter Kritik am Vorhaben der Ampel-Koalition. Der klimaschutz- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Andreas Jung, sagte am Samstag, es gebe noch viele offene Fragen, über die die Bundesregierung kurzfristig umfassende Transparenz schaffen müsse. Zu klären sei beispielsweise, ob es für Neubauten tatsächlich ein Verbot für Biomasseheizungen geben solle und ob das Heizen mit Pellets weiter möglich sei. Der Linken-Ostbeauftragte Sören Pellmann verwies auf mögliche soziale Folgen der Ampel-Einigung. "Im Osten stehen demnächst zigtausende Heizungswechsel an, da viele Anlagen in den 1990er-Jahren eingebaut wurden", sagte der Bundestagsabgeordnete aus Leipzig. "Die Menschen verzweifeln angesichts der horrenden Sanierungskosten, die anfallen werden." Pellmann sprach von einem "Verarmungsprogramm".
/inland/lindner-heizungsfoerderung-101.html
2023-04-02
Tschechen spenden für Waffenlieferungen
Private Initiative für Ukraine
Ein tschechisches Crowdfunding-Projekt sammelt Geld für Waffenlieferungen an die Ukraine. Damit wurden bereits Panzer, Raketenwerfer und Drohnen gekauft. Als Nächstes wollen die Tschechen einen Hubschrauber spenden. Von Danko Handrick.
Ein tschechisches Crowdfunding-Projekt sammelt Geld für Waffenlieferungen an die Ukraine. Damit wurden bereits Panzer, Raketenwerfer und Drohnen gekauft. Als Nächstes wollen die Tschechen einen Hubschrauber spenden. Über den Erfolg sind die Initiatoren selbst überrascht. Kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine entstand in Tschechien eine private Crowdfunding-Plattform, um Geld für Waffen für die ukrainische Armee zu sammeln. "Darek pro Putina" - Geschenk für Putin - so der bitter-ironische Name der Aktion. Mehr als 18 Millionen Euro sind bislang zusammengekommen. Angeschafft wurden dafür Thermowäsche und Sanitätstaschen, aber auch Munition, Drohnen und sogar schwere Waffen, ein Panzer und ein Mehrfachraketenwerfer. Spendenbereitschaft ungebrochen Das nächste ehrgeizige Ziel ist ein Kampfhubschrauber, finanziert durch tschechische Bürger. Das Interesse und die Spendenbereitschaft scheinen in Tschechien noch nicht gebrochen. Unternehmer Dalibor Dedek hat nach Kriegsbeginn schnell und klar Position bezogen. Die Alarmanlagen seiner Kunden in Russland schaltete der Hersteller von Überwachungstechnik kurzerhand ab. Mit seinem Privatvermögen finanzierte Dedek erste Hilfslieferungen für die Ukraine - und half, die private Spendenplattform ins Leben zu rufen. Die provokante Optik der Website erinnert an einen E-Shop für Waffen, die Kooperation mit staatlichen Stellen garantiert Seriosität. Hier können ganz normale Bürger direkt die ukrainische Armee unterstützen. Und sie tun es auch. In dem Zehn-Millionen-Einwohner-Land Tschechien haben sich bislang mehr als 120.000 Spender an der Sammlung beteiligt; viele Zuwendungen kommen auch aus dem Ausland. Tschechisches Trauma von 1968 Für sein Engagement hat Initiator Dedek eine ganz persönliche Motivation. Bis heute erinnert er sich daran, wie er als Elfjähriger von sowjetischen Panzern aus dem Schlaf gerissen wurde. Die Erinnerung an den August 1968, als der aus Moskau gesteuerte Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in der Tschechoslowakei die Träume vom Prager Frühling niederwalzte, ist für viele Tschechen ein wesentlicher Grund für die starke Unterstützung der Ukraine. Bis heute ist es ein Trauma des Landes, sich damals angesichts der erdrückenden Übermacht der Okkupanten nicht zu Wehr gesetzt zu haben. Der heutige Kampf der Ukraine - für viele Tschechen ist er auch eine späte Möglichkeit, die eigene Ohnmacht von damals zu überwinden. Eine Million Euro in zehn Tagen Also sammeln Dedek und seine Weggefährten jetzt Geld und überweisen es der ukrainischen Botschaft in Prag. Unter Schirmherrschaft des tschechischen Verteidigungsministeriums wird damit bei tschechischen Rüstungsfirmen Kriegsgerät nach Bedarf der ukrainischen Armee gekauft. Die bislang größte Anschaffung ist ein in Tschechien modernisierter T-72-Panzer sowjetischen Ursprungs. Innerhalb von zehn Tagen kam das Geld zusammen, immerhin rund eine Million Euro. Der Panzer wird bereits in der Ukraine eingesetzt. Der Mehrfachraketenwerfer "Premysl" soll in den kommenden Tagen folgen. Das Crowdfunding für seine Munitionsbestückung läuft noch - geplant sind symbolische 365 Raketen zu je knapp 3500 Euro. Auch Gegenstimmen werden lauter Die Stimmung in Tschechien hat sich gewandelt seit dem Beginn des Krieges Ende Februar 2022. Der Schock der ersten Tage und Wochen ist auch hier der allmählichen Gewöhnung an den Krieg gewichen, an die Bilder der Gewalt und Zerstörung. Im Angesicht von sich vervielfachenden Energiepreisen und anhaltender hoher Inflation kommen immer mehr Menschen in finanzielle Bedrängnis, die Zukunftsängste nehmen zu. Das verstärkt auch die Stimme derer, die mit Friedensparolen auf den Plakaten das Ende der Unterstützung der Ukraine fordern - und so der russischen Gewalt das Wort reden. In den ersten Monaten des Konfliktes waren sie verstummt, nun konkurrieren eine Reihe selbsternannter Protestführer um ein schrilles, aber bislang überschaubares Gefolge. Repräsentativ für das Land sind sie nicht: Nichts zeigt das besser als die Hunderttausenden ukrainischen Flüchtlinge, die weitgehend problemlos in Tschechien untergekommen sind, unterstützt von kirchlichen und privaten Initiativen und zahllosen Privatpersonen, die auch weiterhin geflüchteten Ukrainern die Hand reichen.
/ausland/europa/tschechien-spenden-waffen-101.html
2023-04-02
Aufbau der Gesundheitsreserve stockt
Drei Jahre nach Beschluss
Als Reaktion auf fehlende Schutzausrüstung zu Beginn der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung beschlossen, Masken und Medikamente einzulagern. Doch das Projekt kommt nicht voran - offenbar fehlen die Mittel. mehr
Als Reaktion auf fehlende Schutzausrüstung zu Beginn der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung beschlossen, Masken und Medikamente einzulagern. Doch das Projekt kommt nicht voran - offenbar fehlen die Mittel. Um auf Krisen wie Pandemien, Hochwasser oder Lieferkettenausfälle reagieren zu können, hatte die Bundesregierung zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 den Aufbau einer "Nationalen Reserve Gesundheitsschutz" beschlossen. Doch drei Jahre später befindet sich das Projekt noch immer in der Anfangsphase - offenbar fehlt Geld. Das berichtet die "Welt am Sonntag" und beruft sich auf Informationen aus dem Gesundheitsministerium. "Für die Phasen zwei und drei wurden bislang keine Haushaltsmittel für die weitere Konzeptionierung sowie mögliche Beschaffungen zugewiesen", teilte der Zeitung zufolge ein Sprecher des Ministeriums mit. Noch immer in Phase eins In der ersten Phase sollten Schutzausrüstung und Medizinprodukte bevorratet werden, die in der Pandemie beschafft worden waren und übrig geblieben sind. Im zweiten Schritt sollte die Reserve mit Gütern wie Arzneimitteln und Medizinprodukten aufgestockt werden, die von Unternehmen in Deutschland produziert wurden. In diesem Jahr sollte eigentlich Phase drei starten - der Dauerbetrieb, in dem Produktionskapazitäten für ein halbes Jahr vorgehalten werden sollten. Dem Ministeriumssprecher zufolge wurden bisher 245 Millionen Schutzmasken eingelagert, die zu Beginn der Corona-Pandemie beschafft worden waren und bis Ende 2023 haltbar sind, zum Teil auch bis 2026. Ob und was bislang über Schutzmasken hinaus bevorratet wird, wollte das Gesundheitsministerium nicht mitteilen. Der Sprecher erklärte gegenüber der "Welt am Sonntag" lediglich, die Reserve sei noch nicht vollständig angelegt, weil benötigtes Geld fehle. Finanzministerium gibt keine Freigabe "Das Bundesministerium für Gesundheit hatte für die Jahre 2022 sowie 2023 jeweils 250 Millionen Euro an Haushaltsmitteln angemeldet sowie für die Folgejahre ab 2024 jeweils 50 Millionen Euro," so der Sprecher. Das Bundesfinanzministerium habe aber im Oktober 2022 die Freigabe abgelehnt. Das FDP-geführte Haus teilte der Zeitung mit, den Ressorts stehe es im Zuge der Haushaltsaufstellung grundsätzlich frei, "entsprechende Prioritäten zu setzen". Der FDP-Obmann im Haushaltsausschuss, Karsten Klein, sagte der Zeitung, bevor Gelder für die nächste Phase des Aufbaus der Reserve bereitgestellt würden, müsse der Bedarf ermittelt werden. Zudem seien "Alternativen zu einer physischen Bevorratung zu prüfen". Die primäre Zuständigkeit für den Katastrophenschutz liege zudem nicht beim Bund, sondern bei den Ländern. Kritik von der Opposition Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Tino Sorge (CDU), sprach in der "Welt am Sonntag" von einem "Armutszeugnis". Die Regierungskoalition blockiere sich in dieser Frage offensichtlich selbst. Die Bundesregierung habe mittelständische Firmen animiert, eine inländische Produktion aufzubauen. Nun blieben die in Aussicht gestellten Aufträge aus, kritisierte Sorge. "Bei der nächsten Krise werden wir die Schutzausrüstung wieder aus China einkaufen." Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, hielt es für "komplett fahrlässig, die Prävention wieder links liegen zu lassen". Die SPD lasse sich beständig "vom kleinsten Koalitionspartner am Nasenring durch die Manege führen" - damit ist die FDP gemeint. Reserve soll Versorgung für sechs Monate sicherstellen Die schwarz-rote Koalition hatte Anfang Juni 2020 den Aufbau der "Nationalen Reserve Gesundheitsschutz" beschlossen. Die Reserve solle in akuten Notsituationen den Bedarf des Gesundheitssektors für sechs Monate mit Waren wie Masken, Einmalhandschuhen, Schutzanzügen und Medikamenten decken, sagte der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Sommer 2021. Das Material soll laut Bundesregierung an 19 Standorten gelagert werden. Im Notfall können dann Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen aus der Reserve unterstützt werden. Die Vorräte sollen sicherstellen, dass Deutschland in Notlagen nicht mehr von überteuerten Lieferungen aus dem Ausland abhängig ist. Zu Beginn der Corona-Pandemie war Schutzmaterial wie Masken knapp. Der Bund stieg daraufhin in die Beschaffung ein und schuf Anreize für inländische Hersteller. Die "Nationale Reserve Gesundheitsschutz" soll der erste Teil einer umfassenden Strategie für den Bevölkerungsschutz sein. Mittelfristig soll auch die Vorsorge für Krisen wie Hochwasser und größere Brände verbessert werden.
/inland/innenpolitik/reserve-gesundheitsschutz-101.html
2023-04-02
Sanna Marin muss um Wiederwahl bangen
Finnland wählt
International gilt die finnische Ministerpräsidentin als Polit-Superstar. Doch innenpolitisch kriselt es. Der Wohlfahrtsstaat ist unter Druck, Schulden steigen und die Rechtspopulisten haben Aufwind. Von C. Blenker.
International gilt die finnische Ministerpräsidentin als Polit-Superstar. Doch innenpolitisch kriselt es. Der Wohlfahrtsstaat ist unter Druck, Schulden steigen und die Rechtspopulisten haben Aufwind. Noch zählen sie zu den hellsten Köpfen der Welt. Seit Jahren spielen Finnlands Schüler ganz vorne mit bei internationalen Bildungsvergleichen. An der Mankka-Schule in Espoo bei Helsinki etwa waren sie jahrelang genau darauf stolz. Doch der exzellente Ruf ist in Gefahr. Das merkt nicht nur Vertti Stenfors. Der 15-Jährige geht in die neunte Klasse. Schon seit längerer Zeit bekommt er die Einsparungen im Bildungssystem zu spüren. "Nicht alles ist so perfekt, wie es von außen aussieht. Es fehlen Geld und Lehrer." Keine kostenlosen Laptops mehr Deutschlehrer Antti Piiroinen schreibt eigentlich nur selten etwas auf die Tafel. Der Unterricht findet in Finnland weitgehend digital statt. Mit kostenlosen Laptops für alle. Doch erstmals konnte die Schule den unteren Jahrgangsstufen keine Computer mehr anbieten. Das Geld reichte nicht. Lehrer Piiroinen hat zudem auch deutlich mehr Schüler im Klassenzimmer als früher.  "Die Gesellschaft verändert sich. Den Wohlhabenden geht es gut. Wer aber wenig Geld hat, verliert den Anschluss." Kopf-an-Kopf-Rennen Die Regierung unter Ministerpräsidentin Sanna Marin hat das Land in Richtung NATO geführt, auf internationaler Bühne erfuhr sie jüngst viel Zuspruch. Doch innenpolitisch kriselt es. In ihrer Regierungszeit hat das Land so viele Schulden angehäuft wie noch nie. Der Grund: Die Corona-Pandemie und die Energiekrise in Folge des Krieges in der Ukraine. Die Sozialdemokraten unter Marin denken im Wahlkampf nun darüber nach, die Steuern zu erhöhen, um den nordischen Wohlfahrtsstaat zu retten. Der konservative Herausforderer Petteri Orpo dagegen fordert einen strikten Sparkurs. Laut letzten Umfragen liegt er mit seiner Nationalen Sammlungspartei knapp vor den rechtspopulistischen Basis-Finnen. Ein Machtwechsel liegt somit in der Luft. Auch, weil die Sozialdemokraten nach der Wahl wohl nicht mehr, wie jetzt, in der Fünf-Parteien Koalition auf die Unterstützung der Zentrumspartei setzen können. Wohlfahrtsstaat in Gefahr Die Menschen in Finnland waren es über Jahrzehnte gewohnt, dass der Staat immer da ist und sich kümmert. Tiia Marietta wird in wenigen Wochen zum ersten Mal Mutter. Deshalb hat die Unternehmerin wie alle schwangeren Frauen eine Baby-Grundausstattung geschenkt bekommen: Strampler, Decken und sogar ein Winteranzug. Finnlands Staat denkt an die Kleinsten im Land.  All das bekommen die Eltern kostenlos. Vor wenigen Jahren gab es noch 63 Sachen in der Kiste. Doch wegen der Inflation hat sich deren Inhalt fast halbiert. "Ich habe trotzdem das Gefühl, dass sich Finnland um mich als werdende Mutter kümmert", erzählt sie. Die Probleme lägen aber im Gesundheitssystem. "Ich mache mir schon darüber Sorgen, ein Kind in einem Krankenhaus zu bekommen, in dem es mittlerweile an Personal fehlt und die Belegschaft unzufrieden ist." Rechtspopulisten wittern ihre Chance  Laut dem jüngsten World Happiness Report der UN leben in Finnland die glücklichsten Menschen der Welt. Angesichts knapper Kassen geht im Wahlkampf nun aber die Sorge um, dass dieses Glück nicht mehr lange währt. Riikka Purra, die Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei "Die Finnen" macht damit Stimmung und warnt vor zu viel Zuwanderung, obwohl gerade einmal zehn Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund haben. "Wir haben eine steigende Jugendkriminalität. Es gibt Ausländer-Gangs. Hinzu kommt die schwache Wirtschaftsleistung unseres Landes. Wir müssen jetzt an die finnischen Steuerzahler denken und daran, wie wir sorgsam mit ihrem Geld umgehen. Viele unserer Probleme haben mit der Einwanderung zu tun", sagt Purra im ARD-Interview. Die Wahlbeteiligung könnte im Vergleich zu 2019 leicht steigen. Mehr als 1,3 Millionen Finnen haben bereits vorzeitig ihre Stimme abgegeben. Das sind 2,8 Prozent mehr als bei der vergangenen Wahl. Die Reportage zum Thema sehen Sie im Weltspiegel - um 18:30 Uhr im Ersten.
/ausland/europa/finnland-wahl-115.html
2023-04-02
Genesener Papst hält Messe wie geplant
Palmsonntag
Einen Tag nach der Entlassung aus der Klinik hat Papst Franziskus auf dem Petersplatz die Karwoche eröffnet. Vor Tausenden anwesenden Gläubigen bedankte er sich für die Genesungswünsche. Ostern will er allen Gottesdiensten vorstehen. mehr
Einen Tag nach der Entlassung aus der Klinik hat Papst Franziskus auf dem Petersplatz die Karwoche eröffnet. Vor Tausenden anwesenden Gläubigen bedankte er sich für die Genesungswünsche. Ostern will er allen Gottesdiensten vorstehen. Papst Franziskus hat am Palmsonntag wie geplant den feierlichen Gottesdienst auf dem Petersplatz gefeiert. Tausende Menschen nahmen an der Messe teil. Am Samstag war der 86-Jährige nach einem dreitägigen Krankenhausaufenthalt wegen einer Atemwegserkrankung in den Vatikan zurückgekehrt. Seine Predigt verlas Franziskus sitzend mit zunächst schwacher, dann aber zunehmend fester Stimme. Er bedankte sich bei den Gläubigen in Rom und auf der Welt für deren Genesungswünsche. "Ich danke euch für eure Anteilnahme und auch für eure Gebete, die ihr in den vergangenen Tagen nochmals verstärkt habt." Daraufhin applaudierten die anwesenden Gläubigen. Er predigte über den letzten Ausruf Jesu am Kreuz, der im Matthäus-Evangelium mit den Worten überliefert ist: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Gelegentlich streute er dem vorbereiteten Text spontane Bemerkungen ein. Sein Thema waren Menschen, "die extremen Schmerz empfinden, Liebe, die scheitert, zurückgewiesen oder betrogen wird". Er sprach von "Kindern, die abgelehnt oder abgetrieben werden", gescheiterte Ehen, "Arten sozialer Exklusion, Ungerechtigkeit und Unterdrückung, der Einsamkeit der Krankheit". Vom Text abweichend sprach er auch über einen obdachlosen Deutschen, der "allein, verlassen" im Säulengang um den Petersplatz starb, in dem Obdachlose oft übernachten. Spontaner Stopp auf der Via della Conciliazione Nach dem Schlusssegen ließ sich der Papst im Rollstuhl zu den auf ihn wartenden Kardinälen fahren und schüttelte vielen von ihnen die Hand. Im offenen Papamobil fuhr er winkend und segnend durch die jubelnde Menschenmenge auf dem Petersplatz. Überraschend ließ er sich dann auch noch auf die von Touristen und Pilgern überfüllte Via della Conciliazione fahren, wo ihm Tausende zuwinkten, während er im Schritttempo an ihnen vorbeifuhr, bevor er in den Vatikan zurückkehrte. Der Palmsonntag erinnert an den Tag, an dem Jesus nach biblischer Überlieferung in Jerusalem einzog. Mit ihm beginnt die Heilige Woche. In der Karwoche und dann an Ostern will der Papst an allen wichtigen Messen teilnehmen und den Gottesdiensten auch jeweils vorstehen. Die Gabenbereitung am Altar, bei der man stehen muss, übernehmen aber jeweils andere.
/ausland/europa/papst-petersplatz-103.html
2023-04-02
Wenn selbst die Kläranlage smart ist
Smart City
Im europäischen Vergleich haben deutsche Städte bei der Digitalisierung noch großen Nachholbedarf, dabei fördert der Bund die "Smart Cities" mit Millionen. Manche Städte wollen selbst vorankommen - zum Beispiel Trier. Von Christian Kretschmer.
Im europäischen Vergleich haben deutsche Städte bei der Digitalisierung noch großen Nachholbedarf, dabei fördert der Bund die "Smart Cities" mit Millionen. Manche Städte wollen selbst vorankommen - zum Beispiel Trier. Wie smart eine Stadt ist, zeigt sich auch daran, wie sie mit ihrem Abwasser umgeht. In Trier setzen die Stadtwerke sogar auf künstliche neuronale Netzwerke, eine Form von Künstlicher Intelligenz (KI). Die berechnet in Echtzeit, wie das Abwasser in den Reinigungsbecken möglichst effizient gereinigt werden kann. Ein Viertel der eingesetzten Energie lasse sich in diesem Bereich sparen, sagt Marius Barbian, Abwassermeister bei den Stadtwerken. Die KI steuert auch, wie Abwasser am besten durch das 500 Kilometer lange Kanalnetz geleitet wird. "Intelligentes Kanalnetzmanagement" nennt das Barbian: "Die Software schlägt vor, wie die Pumpen im Kanalsystem betrieben werden müssen, um etwa bei starkem Regen die Kapazitäten in den Kanälen so gut wie möglich zu nutzen. Bürgerbeteiligung und Datenerfassung Das Abwasser-Beispiel zeigt, wie Städte digitale Technologie intelligent nutzen können: Smart Cities heißt hier das Stichwort. Das Thema ist längst nicht nur für Metropolen wie München oder Berlin relevant: Im sogenannten Smart City Index des Digital-Branchenverbands Bitkom schneiden auch Städte wie Nürnberg, Ulm oder eben Trier gut ab. Was läuft hier anders als in anderen Städten?   Im Bitkom-Ranking punktet Trier beispielsweise mit einer Bürgerbeteiligungsplattform, die die Stadt weiter ausbauen will. 2500 Bürgerinnen und Bürger seien derzeit angemeldet, sagt Johanna Pfaab, die das Projekt bei der Stadtverwaltung betreut. Zum Einsatz kam die Plattform etwa, als damit rund 250 Vorschläge für eine Straßenumbenennung gesammelt wurden. Oder, als die Stadt Standorte für versenkbare Poller gesucht hat. Auch Beschwerden an die jeweils zuständigen Ämter können die Triererinnen und Trierer digital einreichen.  Ein wichtiger Faktor für eine smarte Stadt ist, wie die Kommunen Daten erfassen und nutzen. In Trier soll das etwa im Bereich Mobilität vorangetrieben werden, um den Verkehr in der Stadt besser zu steuern und so den CO2-Ausstoß zu verringern. Dafür sollen beispielsweise Sensoren an Straßenlaternen sowie Bodensensoren an Parkplätzen die jeweilige Verkehrslage erfassen. Gutes Datenmanagement ist eine der Grundlagen "Diese Daten werden dann einer zentralen Plattform übermittelt und ausgewertet", sagt Thorsten Kraus, Digitalisierungsbeauftragter der Stadt Trier. Ist ein Parkplatz voll oder eine Verkehrsachse blockiert, sollen beispielsweise LED-Tafeln den Autofahrern Alternativrouten vorschlagen. Auch die Ampelschaltung ließe sich anhand der Daten besser steuern.  Ein funktionierendes Datenmanagement sei eine der Grundlagen für erfolgreiche Stadtdigitalisierung, sagt Michael Pfefferle, Smart-City-Experte bei Bitkom. Etwa für die Stadtplanung: "Wenn in ein Wohngebiet 300 Familien ziehen, dann bedeutet das auch, dass man dort Kitas braucht und eventuell eine Straßenbahnanbindung." Solche Daten seien damit nicht nur für das Bauamt relevant, sondern eben auch für den Bildungs- und Mobilitätsbereich. Doch der Datentransfer scheitere häufig, weil die Städte noch zu analog arbeiteten, wie Pfefferle beschreibt. "Die Kommunen sitzen auf sehr vielen Daten, aber können sie nicht nutzen, weil sie nicht digitalisiert sind." Behördengänge noch nicht ausreichend digitalisiert Dass der Staat insgesamt noch großen Nachholbedarf hat, zeigt sich auch beim so genannten Online-Zugangsgesetz: Eigentlich sollten bis Ende vergangenen Jahres Behördengänge digitalisiert worden sein, doch diese Vorgabe wurde deutlich verfehlt. Von den insgesamt 575 "Leistungsbündeln" der Behörden war nur ein kleiner Bruchteil tatsächlich für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland online verfügbar. "Die Verwaltungsdigitalisierung ist für uns der große Schwerpunkt", sagt auch Triers Digitalisierungsbeauftragter Kraus. In der Stadt seien nun 80 digitale Leistungen verfügbar, etwa die Meldebescheinigung oder das Ummelden des Wohnsitzes. Damit noch mehr digitale Leistungen dazu kommen, fehle es aber an deutschlandweit standardisierter Software und an einer klareren Priorisierung, welche Leistungen schnellstmöglich umzusetzen sind, wie Kraus sagt.   Doch gerade die Digitalisierung der Verwaltung sei auch für eine Smart City das A und O, sagt Experte Pfefferle: "So lange hier noch viel zu tun ist, haben Kommunen kaum Kapazität, sich um etwas anderes zu kümmern." Standortfaktor Digitalisierung Nicht nur für Bürgerinnen und Bürger, auch für die Wirtschaft sei die digitale Kommunikation mit den Behörden eine Erleichterung. "Die wirklichen Power-User sind hier die Unternehmen vor Ort", sagt Pfefferle. Die Kommunen müssten die Digitalisierung als Standortfaktor begreifen, in den es sich - trotz oftmals klammer Kassen - zu investieren lohnt.   Um die Smart Cities insgesamt voranzubringen, hat der Bund Fördermittel bereitgestellt - insgesamt 820 Millionen Euro für Modellprojekte. Doch es habe sich gezeigt, dass die Fördermittel zu wenig abgerufen würden, sagt Bitkom-Experte Pfefferle. Die Frage ist auch: Wann werden die Lösungen, die seit vier Jahren im Rahmen des Programms für bestimmte Modellprojekte erarbeitet werden, endlich auch den anderen Kommunen zugänglich gemacht?" Hinzu kommen noch Förderprogramme von einzelnen Bundesländern. "Bund und Länder sind bei der Smart-City-Förderung nicht abgestimmt", sagt Pfefferle. Er fordert eine klarere Koordinierung. In der EU abgehängt In der Folge steht Deutschland im internationalen Vergleich schlecht da, wie Pfefferle schildert. Im so genannten "DESI-Index" der EU, der die Digitalisierung verschiedener Bereiche erfasst, landet Deutschland als wirtschaftsstärkste Nation im Mittelfeld. Bei den digitalen öffentlichen Diensten ist Deutschland in der EU sogar nur an 18. Stelle. Dass Deutschland mitunter abgehängt sei, zeige sich an europäischen Städten wie Kopenhagen, sagt Pfefferle. Dort sei eine umfassende Digitalisierung zur Selbstverständlichkeit geworden: "Da redet man gar nicht mehr unbedingt über eine Smart City, sondern eher über eine grüne Stadt: Die große Herausforderung der Städte ist, dem Klimawandel entgegenzuwirken." Auch Nachhaltigkeit steht auf der Agenda Auch in Trier steht das Thema Nachhaltigkeit auf der Agenda, und auch die kommunale Kläranlage kommt dabei zum Einsatz. Die erzeugt mit einer Wasserkraftturbine, Photovoltaikanlagen auf dem Dach und mit Blockheizkraftwerken, die mit Klärgas betrieben werden, deutlich mehr Energie, als sie verbraucht. "Mit der Abwärme, die bei uns als Abfallprodukt anfällt, können wir den angrenzenden Technologiepark beheizen", sagt Abwassermeister Marius Barbian. Durch den selbst erzeugten Strom ist die Anlage energieneutral. Derzeit seien noch weitere Projekte in Planung, um noch mehr Energie zu erzeugen.    Ist Trier also schon eine Smart City? "Das ist ein Entwicklungsprozess", sagt Kraus, der Digitalisierungsbeauftragte der Stadt. Es gehe dabei um neue Technologien, aber eigentlich viel mehr darum, sich auf neue Entwicklungen einzustellen. "Das muss den Menschen nutzen", sagt Kraus. "Und das ist nie abgeschlossen."
/inland/gesellschaft/smart-city-trier-101.html
2023-04-02
Absatzschwund bringt Biobauern ins Grübeln
Ökologische Landwirtschaft
Erstmals seit Jahren sinken die Umsätze von Bioprodukten. Manche Bauern kehren der Öko-Landwirtschaft den Rücken und setzen wieder auf konventionelle Erzeugung. Gerät die Erfolgsgeschichte ins Stocken? Von Barbara Berner.
Erstmals seit Jahren sinken die Umsätze von Bioprodukten. Manche Bauern kehren der Öko-Landwirtschaft den Rücken und setzen wieder auf konventionelle Erzeugung. Gerät die Erfolgsgeschichte ins Stocken? Jahrelang ging es in der Bio-Welt nur in eine Richtung: aufwärts. Mehr Umsatz, steigende Gewinne, immer mehr Landwirte, die auf Bio setzten. Doch nun scheint es damit vorbei zu sein. Immer mehr Bauern wollen wieder konventionelle Landwirtschaft betreiben. "Die Ära ist zu Ende" So etwa die Pöhls in Freiensteinau: Jenny und Hajo Pöhl schrauben das Bioland-Schild an ihrem Stall ab. "Die Ära ist zu Ende, nach zehn Jahren wollen wir nicht mehr", sagt Milchbäuerin Jenny Pöhl, und es klingt nicht so, als würden sie es bereuen. Anfang des Jahres sind sie zur konventionellen Landwirtschaft zurückgekehrt. Und das, obwohl sie dann elf Cent pro Liter weniger von der Molkerei bekommen als bisher. Das klingt auf den reinen Milchpreis gesehen erstmal nach weniger Einnahmen. Doch gleichzeitig sind die Einsparungen deutlich höher: "Das Futter kostet nur noch die Hälfte dessen, was wir beim Biofutter gezahlt haben." Auflagen erschweren die Arbeit Beim Rapsschrot ist es die Hälfte der Kosten, dafür mehr Ertrag bei gleicher Fläche. Das liege natürlich an den Düngemitteln, erklärt Hajo Pöhl. "Aber ich muss auch meinen Ertrag absichern. Das war in den vergangenen Jahren für unseren Hof schwierig." Dass ihr Enthusiasmus für Bio-Landwirtschaft über die Zeit verloren ging, hat nicht nur wirtschaftliche Gründe. Die Öko-Richtlinien, zu denen über die Jahre mehr und mehr Auflagen hinzukamen, erschwerten die Arbeit. Darum kehren immer mehr Bauern dem Öko-Landbau den Rücken. Jeder siebte Hof ist Bio Für Gerold Rahmann, Präsident des Thünen-Institut für Ökologischen Landbau, ist das keine Überraschung: Sobald es sich nicht mehr rechne, würden diesen Schritt noch mehr Bauern in Deutschland gehen. Trotzdem: In der Summe sei der ökologische Landbau enorm wettbewerbsfähig, sagt der Agrarökonom. Jeder siebte Hof in Deutschland wird inzwischen ökologisch bewirtschaftet. Und die Einkommen für die Biobauern fallen statistisch gesehen höher aus. Der Hauptgrund dafür ist die Öko-Prämie. Doch das Thünen-Institut hat festgestellt, dass oft der Standort darüber entscheidet, ob sich Bio-Landbau oder konventionelle Landwirtschaft rechnet. Und Milchhalter, die einen Bio-Hof haben, sind beim Verdienst deutlich schlechter gestellt als ihre Kollegen, die einen Bio-Ackerbau betreiben. Dazu gesellt sich ein weiteres Problem: Im vergangenen Jahr ging der Umsatz in der Bio-Branche erstmals seit Jahren um 3,5 Prozent zurück. Rahmann sieht daran aber kein Tief, sondern nur eine Flaute: "Viele Menschen aßen in der Corona-Zeit zu Hause, hatten Geld für Bio-Lebensmittel. Jetzt gehen wieder mehr Menschen in die Kantinen, und der Absatz hat sich wieder normalisiert." Discounter profitieren vom Boom Hinzu komme die hohe Inflation. Darunter leidet vor allem der klassische Bio-Fachhandel. Der Umsatz ging von 2,34 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 2,13 Milliarden Euro im vergangenen Jahr zurück - ein Minus von neun Prozent. Erfolgsgeschichte schreiben dagegen Supermärkte und Discounter: Sie konnten ihre Erlöse um 3,2 Prozent auf 10,2 Milliarden Euro erhöhen. Dabei erhöhten sie auch kontinuierlich ihr Bio-Sortiment, ihr Anteil liegt inzwischen bei 62 Prozent. Dass Verbraucher mehr und mehr zu den günstigeren Bio-Handelsmarken greifen, hält Rahmann für richtig: "Nur so kann ökologischer Landbau gesteigert werden. Fachmärkte allein machen das nicht." Die Bundesregierung hat dafür ein klares Ziel ausgerufen: Bis 2030 sollen 30 Prozent der Fläche in Deutschland Öko-Landbau sein. Das entspräche einer Fläche von fünf Millionen Hektar. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg: Anfang 2022 wurden gerade mal 1,8 Millionen Hektar ökologisch bewirtschaftet. Tierwohl ohne Bio Im Melkstall bei Landwirt Pöhl bereuen sie den Schritt zurück nicht. Ihre Kühe stehen in einem Freiluftstall, im Frühjahr kommen sie auf die Weide. Die Kälbchen werden bei den Mutterkühen großgezogen. "Ob Bio oder nicht, alles läuft wie bisher im Stall," sagt Jenny Pöhl. "Die Haltungsformen, die wir hier im Betrieb umgesetzt haben, haben sich etabliert", so ihr Mann. Die Preis-Statistik zeigt den Marktdruck. Und sie gibt ihrer Entscheidung recht: Bio-Produkte stiegen im vergangenen Jahr im Preis um durchschnittlich 6,6 Prozent; konventionelle Ware dagegen um mehr als zwölf Prozent.
/wirtschaft/verbraucher/bio-lebensmittel-105.html
2023-04-02
Hutchinson will gegen Trump antreten
US-Republikaner
Der frühere Gouverneur von Arkansas, Hutchinson, will in den parteiinternen Vorwahlen der Republikaner gegen Ex-Präsident Trump antreten. Dieser sollte nicht der nächste Anführer der USA werden, sagt Hutchinson. mehr
Der frühere Gouverneur von Arkansas, Hutchinson, will in den parteiinternen Vorwahlen der Republikaner gegen Ex-Präsident Trump antreten. Dieser sollte nicht der nächste Anführer der USA werden, sagt Hutchinson. Ein weiterer US-Republikaner hat sich aus der Deckung gewagt, um Präsidentschaftskandidat seiner Partei zu werden. Der frühere Gouverneur des Bundesstaats Arkansas, Asa Hutchinson, gab seine Ambitionen in einem Interview mit dem US-Sender ABC bekannt. Förmlich verkünden wolle er seine Kandidatur später im April. Um republikanischer Präsidentschaftskandidat oder -kandidatin zu werden, müssen sich die Bewerberinnen und Bewerber in den parteiinternen Vorwahlen durchsetzen. Bislang gilt Ex-Präsident Donald Trump als aussichtsreichster Bewerber. Er hatte seine Kandidatur schon vor Monaten angekündigt. Hutchinson: Trump soll sich wegen seines Prozesses zurückziehen Trump sollte nicht der nächste Anführer der USA werden, sagte Hutchinson in dem Interview: "Ich bin überzeugt, dass die Menschen Führungspersönlichkeiten wollen, die das Beste in Amerika ansprechen und nicht nur unsere schlimmsten Instinkte." Er rief Trump auf, sich wegen dessen Anklage in New York aus dem Präsidentschaftsrennen zurückzuziehen. Trump solle sich lieber auf den Prozess konzentrieren, anstatt seine Präsidentschaftsbewerbung weiterzuverfolgen, sagte Hutchinson. "Gleichzeitig wissen wir aber, dass er es nicht tun wird. Und es gibt keine verfassungsrechtliche Vorschrift, die ihn dazu zwingen würde." Hutchinson hatte schon früher erklärt, dass Trump das "schlimmste Szenario" für die Republikaner wäre und die Wiederwahlchancen des demokratischen Präsidenten Joe Biden erhöhen würden. Bis jetzt vier Kandidatinnen und Kandidaten Hutchinson ist 72 Jahre alt und war im Januar nach acht Jahren aus dem Gouverneursamt geschieden, weil er damit die Höchstdauer der Amtszeit erreicht hatte. Zuvor war er bereits Abgeordneter des US-Repräsentantenhauses. Damit haben nun vier Republikaner ihre Bewerbung zum Präsidentschaftskandidaten bekannt gegeben. Neben Trump sind dies noch die frühere UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, und der Unternehmer Vivek Ramaswamy. Als schärfster parteiinterner Konkurrent für Trump gilt aber der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. Es wird erwartet, dass auch er kandidieren wird, offiziell erklärt hat er dies bislang aber nicht.
/ausland/amerika/hutchinson-republikaner-praesidentschaftskandidat-101.html
2023-04-02
Lindner sieht nur wenig finanziellen Spielraum
Kindergrundsicherung
Die Kindergrundsicherung sorgt in der Ampel für Zündstoff: Denn obwohl das Projekt im Koalitionsvertrag verankert ist, geht es bei der Umsetzung nicht voran. Finanzminister Lindner sieht weiter wenig Spielraum - und erntet dafür Kritik von den Grünen. mehr
Die Kindergrundsicherung sorgt in der Ampel für Zündstoff: Denn obwohl das Projekt im Koalitionsvertrag verankert ist, geht es bei der Umsetzung nicht voran. Finanzminister Lindner sieht weiter wenig Spielraum - und erntet dafür Kritik von den Grünen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat seine ablehnende Haltung zu Erhöhung der Leistungen bei der Kindergrundsicherung bekräftigt. Für Familien mit Kindern sei bereits viel passiert, sagte Lindner der "Bild am Sonntag". Für die Kindergrundsicherung - ein Vorzeigeprojekt von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) – sei damit finanziell das Wesentliche getan, so Lindner weiter. So sei das Kindergeld auf 250 Euro erhöht worden. "Insgesamt stellen wir für Familien und Kinder sieben Milliarden Euro pro Jahr mehr zur Verfügung", sagte der FDP-Vorsitzende. Mehr sei zwar "immer wünschenswert, aber nicht immer möglich". Ansätze der Kinderarmut bekämpfen Stattdessen betonte Lindner andere Ansätze zur Bekämpfung der Kinderarmut. Diese sei oft in der Arbeitslosigkeit der Eltern begründet. Deshalb seien "Sprachförderung und Integration der Eltern in den Arbeitsmarkt entscheidend, um die Chancen der Kinder zu verbessern". Umverteilung von Geld stoße "irgendwann bei der Armutsbekämpfung an Grenzen". Einnahmen in Billionenhöhe Für das Jahr 2024 rechnet der Bundesfinanzminister dem vorab veröffentlichten Bericht zufolge mit Rekordeinnahmen von voraussichtlich erstmals mehr als einer Billion Euro. Dennoch reiche das Geld nicht aus, um die gesetzlichen Verpflichtungen des Bundes zu finanzieren, so Lindner. Diese Regierung müsse die Kraft finden zu sparen. An Mehrausgaben sei momentan nicht zu denken. Bei den Grünen stößt Lindner damit auf Widerspruch. Der Kampf gegen Kinderarmut sei eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich auch Herr Lindner verpflichtet fühlen sollte", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Maria Klein-Schmeink, der Nachrichtenagentur AFP. Sie forderte den Finanzminister auf, noch in diesem Jahr "alle Eckpunkte und die Finanzmittel" zu klären, damit die Auszahlung am 1. Januar 2025 beginnen könne. Priorität liegt auf Infrastruktur, Digitalisierung und Bundeswehr Priorität für den Haushalt 2024 haben nach Angaben des Finanzministers allerdings andere Bereiche, wie unter anderem die Erneuerung der Infrastruktur aller Verkehrsträger, die Digitalisierung des Staates sowie die Ertüchtigung der Bundeswehr. Klein-Schmeink wies diese Prioritätensetzung zurück. "Die Kindergrundsicherung ist das zentrale familien- und sozialpolitische Projekt der Ampelkoalition, zu dem sich alle Partner bekannt haben", sagte sie der AFP. "Ziel ist es, Kinder aus der Armut zu holen und alle Familien gleichermaßen zu fördern." Allein dadurch, dass der "heute bereits existierende Kinderzuschlag sehr viel unkomplizierter zu erhalten sein" werde, würden die Ausgaben "deutlich steigen". Das sei "auch so gewollt, denn wir wissen, dass Armut vielfältige Auswirkungen auf die Entwicklungschancen und die Gesundheit von Kindern hat", sagte Klein-Schmeink. Paus: Zwölf Milliarden Euro pro Jahr Die Bundesfamilienministerin fordert die Einführung der Kindergrundsicherung ebenfalls vehement. Sie beziffert die Kosten auf zwölf Milliarden Euro pro Jahr. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch forderte die Grünen derweil auf, sich in der Koalition gegen Lindner durchzusetzen. "Die Kindergrundsicherung steht im Koalitionsvertrag", sagte Bartsch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Über Nacht konnte Olaf Scholz 100 Milliarden für die Bundeswehr locker machen." Nun müsse der Bundeskanzler erneut handeln: "Es braucht jetzt eine klare Ansage des Kanzlers in Sachen Kindergrundsicherung." Mit der Kindergrundsicherung will die Ampel-Regierung das Kindergeld, Sozialleistungen für Kinder wie das Bürgergeld und die Beträge für die Teilnahme an Sport- und Kulturveranstaltungen sowie den Kinderzuschlag für Eltern mit geringen Einkommen zusammenfassen. Umstritten ist, ob mit der Grundsicherung eine Erhöhung der Leistungen für Kinder in einkommensarmen Familien einhergehen soll.
/inland/lindner-kindergrundsicherung-105.html
2023-04-02
Blinken fordert Freilassung von US-Reporter
Telefonat mit Lawrow
Telefonate sind selten geworden zwischen den beiden, doch jetzt hat US-Außenminister Blinken mit seinem russischen Kollegen Lawrow gesprochen - und die sofortige Freilassung des vor kurzem inhaftierten "Wall Street Journal"-Reporters gefordert. mehr
Telefonate sind selten geworden zwischen den beiden, doch jetzt hat US-Außenminister Blinken mit seinem russischen Kollegen Lawrow gesprochen - und die sofortige Freilassung des vor kurzem inhaftierten "Wall Street Journal"-Reporters gefordert. US-Außenminister Antony Blinken hat in einem seltenen direkten Gespräch mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow die sofortige Freilassung des inhaftierten amerikanischen Journalisten Evan Gershkovich verlangt. Das US-Außenministerium teilte mit, Blinken und Lawrow hätten am Sonntag telefoniert. Blinken habe die "große Besorgnis" der US-Regierung über die Inhaftierung des Reporters übermittelt und dessen unverzügliche Freilassung gefordert. Auch sei es in dem Gespräch um den seit Langem inhaftierten US-Bürger Paul Whelan gegangen. Lawrow verweist auf Entscheidung des Gerichts Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind Telefonate der beiden Außenminister rar geworden. Das russische Außenministerium teilte nach dem Gespräch mit, Lawrow habe Blinken aufgefordert, die Entscheidungen der russischen Behörden zu respektieren, die in Übereinstimmung mit der Gesetzgebung und den internationalen Verpflichtungen Russlands stünden. Das Gericht entscheide über das weitere Schicksal des Reporters, sagte Lawrow demnach. Zudem sei von russischer Seite betont worden, dass es inakzeptabel sei, dass Offizielle in Washington und westliche Medien Druck machten mit der Absicht, dem Fall einen politischen Anstrich zu geben. Gershkovich drohen bis zu 20 Jahre Haft Wegen angeblicher Spionage für die USA hatte ein Gericht in Moskau am Donnerstag Haftbefehl gegen Gershkovich erlassen. Der Journalist des "Wall Street Journals" hatte auch zu Russlands Krieg gegen die Ukraine recherchiert. Er sei zunächst bis 29. Mai in Untersuchungshaft, teilte das Gericht mit. Gershkovich drohen bei einer Verurteilung bis zu 20 Jahre Haft. Das "Wall Street Journal" wies die Vorwürfe gegen seinen Mitarbeiter zurück. Das Weiße Haus nannte die Spionagevorwürfe lächerlich und verurteilte die Inhaftierung Gershkovichs scharf. Auch US-Präsident Joe Biden hatte Russland am Freitag aufgerufen, ihn freizulassen. Der US-Amerikaner Paul Whelan wiederum sitzt bereits seit mehreren Jahren in Russland in Haft - ebenfalls wegen angeblicher Spionage.
/ausland/europa/usa-russland-aussenminister-101.html
2023-04-02
Reformerbündnis liegt knapp vorn
Wahl in Bulgarien
Bei der fünften Wahl innerhalb von zwei Jahren liegt in Bulgarien ersten Prognosen zufolge das Anti-Korruptionsbündnis um Ex-Ministerpräsident Petkow vorn. Doch der Vorsprung ist knapp - und die Regierungsbildung bleibt wohl schwierig. mehr
Bei der fünften Wahl innerhalb von zwei Jahren liegt in Bulgarien ersten Prognosen zufolge das Anti-Korruptionsbündnis um Ex-Ministerpräsident Petkow vorn. Doch der Vorsprung ist knapp - und die Regierungsbildung bleibt wohl schwierig. Bei der Parlamentswahl in Bulgarien kommt nach ersten Nachwahlbefragungen die neu gegründete Koalition aus der pro-westlichen Partei "Wir setzen den Wandel fort" (PP) und der reformorientierten Demokratischen Partei Bulgariens (DB) auf 25,3 Prozent. Die GERB-Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Bojko Borissow und ihr kleinerer Partner, die Union der Demokratischen Kräfte (SDS), liegen demnach bei 24,7 Prozent. Es waren die fünften Parlamentswahlen binnen zwei Jahren in dem EU-Land. Das Ergebnis könnte sich noch ändern, räumte ein Sprecher des Meinungsforschungsinstituts Gallup International Balkan im Staatsradio in Sofia ein. Sicher sei, dass fünf Parteien ins Parlament einziehen. Unter ihnen sei mit gut 13 Prozent die prorussische und nationalistische Partei Wasraschdane (Wiedergeburt). Der hauchdünne Vorsprung des PP-DB-Blocks könnte mit den Stimmen der Wahlberechtigten im Ausland wohl noch wachsen. Die beiden Parteien waren bis Juni 2022 an einer Vier-Parteien-Regierung mit Ministerpräsident Kiril Petkow (PP) beteiligt, die mit einem Misstrauensantrag gestürzt worden war. Führen die Wahlen aus der politischen Sackgasse? Das Wahlergebnis dürfte jedoch wenig an dem bestehenden Patt der politischen Kräfte ändern. Das Misstrauen im ärmsten Mitgliedsland der Europäischen Union gegenüber den politischen Eliten sitzt tief. Seit den Massenprotesten gegen die grassierende Korruption im Jahr 2020 befindet sich das Land in einer politischen Sackgasse und wird größtenteils von geschäftsführenden Regierungen regiert, die von Präsident Rumen Radew ernannt wurden. Nach den Parlamentswahlen im Oktober war es den verschiedenen Gruppierungen bei drei Anläufen nicht gelungen, eine Koalition zu bilden, sodass im Januar Neuwahlen ausgerufen wurden.
/ausland/europa/bulgarien-wahlen-2023-101.html
2023-04-02
Kiews Plan für eine "Befreiung" der Krim
Annektierte Halbinsel
Seit 2014 steht die Halbinsel Krim im Schwarzen Meer unter russischer Kontrolle. Nun hat Kiew einen Zwölf-Punkte-Plan für ihre "Befreiung" vorgelegt. Von "Säuberung" und "Entnazifizierung" ist die Rede. mehr
Seit 2014 steht die Halbinsel Krim im Schwarzen Meer unter russischer Kontrolle. Nun hat Kiew einen Zwölf-Punkte-Plan für ihre "Befreiung" vorgelegt. Von "Säuberung" und "Entnazifizierung" ist die Rede. Der Sekretär des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrats hat einen Plan vorgelegt, wie die Krim nach dem Ende der Besetzung aussehen soll. Den Zwölf-Punkte-Plan veröffentlichte er auf Facebook. Oleksij Danilow schlägt darin vor, als Teil der "De-Okkupation" die Krim-Brücke mit der Auto- und Eisenbahnverbindung zum russischen Kernland, die Russland nach der Annexion 2014 gebaut hatte, abzureißen. "Säuberung nach dem Vorbild der Entnazifizierung" Die Vertreter des Machtapparates in Moskau bezeichnete er als "Müll". Die Staatsdiener auf der Krim, die sich bei der Annexion mit den russischen Besatzern eingelassen hätten, würden einer Säuberung unterzogen nach dem Vorbild der Entnazifizierung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, teilte Danilow mit. Besonders erwähnte er auch Richter, Staatsanwälte und Angehörige der Sicherheitsorgane, die sich 2014 auf die Seite Russlands geschlagen hätten. Ukrainer, die für die von Moskau eingesetzte Regionalregierung gearbeitet haben, sollen strafrechtlich belangt werden, staatliche Pensionen verlieren und von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden. Alle russischen Bürger, die nach 2014 auf die Krim gezogen sind, sollen dem Plan zufolge vertrieben werden. Grundstückskäufe und andere Verträge sollen annulliert werden. Außerdem sollten alle politischen Gefangenen, darunter viele Krim-Tataren umgehend freigelassen werden. "Es wird ein umfassendes Programm der "Entgiftung" umgesetzt, das die Folgen des langjährigen Einflusses der russischen Propaganda auf das öffentliche Bewusstsein eines Teils der Bevölkerung der Halbinsel neutralisiert", schreibt Danilow in Punkt 9. Umbenennung von Sewastopol Danilow schlug auch die Umbenennung der Hafenstadt Sewastopol vor, das seit dem 19. Jahrhundert Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte ist. Die Stadt könnte "Objekt Nr. 6" genannt werden, bis das ukrainische Parlament einen neuen Namen bestimme - etwa "Achtjar", nach einem Dorf, das dort einst stand. Der von Moskau ernannte Statthalter in Sewastopol, Michail Raswoschajew, bezeichnete Danilows Plan in russischen Staatsmedien als "krank". "Es wäre falsch, die Äußerungen kranker Leute ernst zu nehmen", sagte er. "Man muss sie heilen, und darum kümmert sich gerade auch unser Militär", sagte Raswoschajew in Hinblick auf den Krieg gegen die Ukraine, der in Russland "Spezialoperation" genannt werden muss. Russland will Krim verteidigen Russland hatte immer wieder gedroht, die Krim mit allen Mitteln zu verteidigen. Der Kreml warnte die westlichen Alliierten, Kiew nicht mit Waffenlieferungen zu einer Rückeroberung der Krim zu animieren. Die ukrainische Führung hatte dagegen an seine Verbündeten appelliert, sich von den nuklearen Drohungen Moskaus in dem Konflikt nicht beeindrucken zu lassen. Mehrfach hatte es Drohnenangriffe auf der Krim gegeben, teils mit Toten und Verletzten. Moskau hat die Anerkennung seiner Souveränität über die Krim und anderer besetzter ukrainischer Gebiete zur Bedingung für einen Frieden erklärt. Kiew hingegen fordert als Bedingung für Friedensgespräche, dass Russland alle besetzten ukrainischen Gebiete räumt. Danilows Überlegungen kommen in einer Phase des Krieges, in der die ukrainischen Streitkräfte vermutlich eine Offensive zur Rückeroberung russisch besetzter Gebiete vorbereiten. Dabei könnten auch vom Westen gelieferte Kampfpanzer und andere moderne Waffensysteme zum Einsatz kommen. Russische Truppen konzentrieren ihre Angriffe derzeit auf die Stadt Bachmut im Donbass. Die Kämpfe dauern seit acht Monaten an, ohne dass sie die Stadt vollständig erobert haben.
/ausland/europa/plan-befreiung-krim-101.html
2023-04-02
Ryuichi Sakamoto gestorben
Trauer um japanischen Komponisten
Er zählte zu den einflussreichsten und weltweit bekanntesten japanischen Musikern: Ryuichi Sakamoto. Jetzt ist der Film-, Jazz- und Avantgarde-Pop-Komponist laut japanischen Medienberichten im Alter von 71 Jahren gestorben. mehr
Er zählte zu den einflussreichsten und weltweit bekanntesten japanischen Musikern: Ryuichi Sakamoto. Jetzt ist der Film-, Jazz- und Avantgarde-Pop-Komponist laut japanischen Medienberichten im Alter von 71 Jahren gestorben. Der Musiker und Komponist Ryuichi Sakamoto ist im Alter von 71 Jahren gestorben. Dies bestätigte seine Plattenfirma Avex. Auf der Website des Musikers wurde bekannt gegeben, er sei bereits am 28. März einem Krebsleiden erlegen. Sakamoto zählte zu den bekanntesten Musikern Japans. Er arbeitet zunächst als Jazzmusiker, fand aber auch Gefallen an europäischer Klassik sowie an traditionellen Musikformen aus Asien und Afrika. "Ich bin ein Jäger, sagte Sakamoto einmal der Nachrichtenagentur dpa in New York, wo er viele Jahre lebte. "Ich jage der Musik nach, überall auf der Erde." Ende der 70er-Jahre war er Mitgründer des Yellow Magic Orchestra, das sich auf Elektropop spezialisierte und schnell zu einer der populärsten und einflussreichsten Bands Japans aufstieg. Oscar-prämierter Filmkomponist International wurde Sakamoto vor allem durch seine Filmkompositionen und Kooperationen mit Künstlern wie Madonna, David Sylvian, Thomas Dolby, Iggy Pop und David Byrne bekannt. Zusammen mit Letzterem gewann er 1988 einen Oscar für die Arbeit am Soundtrack zum Film "Der letzte Kaiser". Auch komponierte er die Musik zu Filmen wie "Silk" und "Himmel über der Wüste". In dem Film "Furyo - Merry Christmas, Mr. Lawrence" war er an der Seite von David Bowie auch als Schauspieler zu sehen. 2018 agierte er als Jurymitglied bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin. Engagierter Kämpfer gegen Atomkraft Auch sozial engagierte sich Sakamoto. Mit seinem Interesse an Umwelt- und Friedensfragen war er in der japanischen Anti-Atomkraft-Bewegung aktiv. So rief er nach der Atomkatastrophe in Fukushima 2011 in Folge eines Erdbebens und Tsunamis sein Land zum Atomausstieg auf. Im Januar dieses Jahres veröffentlichte Sakamoto sein letztes Soloalbum, "12", Es hatte den Gesundheitszustand des Komponisten zum Thema. Sakamoto war erstmals 2014 und dann wieder 2020 an Krebs erkrankt.
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2023-04-02
Konservative liegen in Führung
Wahl in Finnland
In Finnland können die Konservativen mit einem Wahlsieg rechnen. Nach Auszählung von mehr als 94 Prozent der Stimmen liegen sie vor den Rechtspopulisten und den regierenden Sozialdemokraten um Ministerpräsidentin Marin in Führung. mehr
In Finnland können die Konservativen mit einem Wahlsieg rechnen. Nach Auszählung von mehr als 94 Prozent der Stimmen liegen sie vor den Rechtspopulisten und den regierenden Sozialdemokraten um Ministerpräsidentin Marin in Führung. Bei der Parlamentswahl in Finnland kann die konservative Nationale Sammlungspartei laut Hochrechnung von einem Wahlsieg ausgehen. Nach mehr als 94 Prozent ausgezählter Stimmen lag sie bei 20,6 Prozent, gefolgt von den Rechtspopulisten mit 20,2 Prozent. Die regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Sanna Marin lagen bei 19,9 Prozent. Ein vorläufiges Endergebnis wird am späten Abend oder in der Nacht zu Montag erwartet. Ein knapper Wahlausgang mit einem dünnen Vorsprung der Konservativen war nach ersten Prognosen und und den letzten Umfragen vor der Wahl erwartet worden. Allerdings war für die Sozialdemokraten mit einem zweiten Platz gerechnet worden. Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten? In Finnland erhält traditionell der Chef oder die Chefin der stärksten Kraft als erstes die Gelegenheit, eine Regierung zu bilden. Wahrscheinlich dürften die Koalitionsverhandlungen - unabhängig vom Wahlsieger - länger dauern, da jede Partei noch mindestens zwei weitere Koalitionspartner brauchen dürfte, um eine Mehrheit im Parlament zu bekommen. Anders als die Sozialdemokraten unter Marin haben die Konservativen unter Parteichef Petteri Orpo eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten nicht ausgeschlossen. NATO-Beitritt kaum Thema im Wahlkampf Im Wahlkampf spielten vor allem die Staatsfinanzen eine Rolle - Kritiker werfen Marin vor, die Staatsschulden in die Höhe getrieben zu haben. In ihre Amtszeit fielen die Corona-Pandemie und die Energiekrise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Der NATO-Beitritt Finnlands, der in wenigen Tagen offiziell vollzogen wird, war dagegen kaum ein Thema.
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