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https://www.sueddeutsche.de/geld/sz-serie-die-grossen-spekulanten-8-commander-dattel-und-seine-goldjungs-1.571984
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SZ-Serie: Die großen Spekulanten (8) - Commander Dattel und seine Goldjungs
00/05/2010
Dany Dattel lebt zurückgezogen, der einst redselige Spekulant der Herstatt-Bank ist Pensionär und lässt keine Journalisten mehr an sich heran. Dabei gab Dattel, der Mann mit der wuchtigen Nase und den wuseligen Haaren früher bereitwillig Auskunft. 1974 dominierte der Chefdevisenhändler der Kölner Herstatt-Bank die Schlagzeilen in Deutschland wie 34 Jahre später der Händler der Société Générale, Jérôme Kerviel, in Frankreich. "Dattel war der Superstar bei Herstatt", erinnert sich der 80-jährige Werner Schaeper, der bis heute als Insolvenzverwalter die Abwicklung der Bank begleitet. Während der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 sollte die Pleite der Kölner Privatbank die Finanzwelt erschüttern. Detailansicht öffnen Devisenhändler Dany Dattel: "Superstar bei der Herstatt-Bank". (Foto: Foto: dpa) Ursache waren misslungene Spekulationsgeschäfte des Instituts. Raumschiff Orion nannten Mitarbeiter deren futuristisch gestalteten Handelsraum in Anspielung auf die Science-Fiction-Serie Raumpatrouille Orion mit Dietmar Schönherr als Commander Cliff Allister McLaner, die wenige Jahre zuvor die Menschen gebannt am Fernseher verfolgt hatten. Der Tisch bei Herstatt sah aus wie eine abgeschnittene Pyramide, auf den Monitoren flackerten allerdings keine fernen Galaxien, sondern Währungskurse: Dollar, D-Mark, Pfund oder Franc. Der Markt für Devisentermingeschäfte sollte mit der Freigabe der Wechselkurse der großen Währungen explodieren. Schon vorher lief es gut für Dattel und seine Crew. Das Team der Kölner Privatbank spekulierte bei Devisentermingeschäften in einem Umfang wie sonst nur die großen Banken. Bis zu 600 Kontrakte zeichneten die Devisenhändler täglich. Millionengewinne mit Dollargeschäften Ihr Anführer Dattel, ein etwas fülliger Mittdreißiger, kaufte vor allem Dollar "leer", sprich, er beschaffte die Dollar erst zu einem späteren Zeitpunkt. Er war überzeugt davon, der Dollarkurs werde sinken. Er verkaufte am 28. Februar 1973 beispielsweise eine Milliarde Dollar zum 31. Mai für drei Mark je Dollar. Und fiel der Dollar erwartungsgemäß bis Mitte Mai auf 2,50 Mark, konnte Dattel die Milliarde Dollar für 2,5 Milliarden Mark kaufen. Beim vertraglich vereinbarten Verkauf am 31. Mai erlöste er dann für eine Milliarde Dollar drei Milliarden Mark. Sein Gewinn: 500 Millionen Mark. Aber es ging auch umgekehrt. Zwischenzeitlich galten die Devisentermingeschäfte allerdings als recht narrensicher, weil beispielsweise die D-Mark als unterbewertet galt. Zudem musste die Deutsche Bundesbank intervenieren, wenn der Dollar-Kurs unter eine bestimmte Grenze sank. Was Spekulanten wie Dattel verdienten, zahlte letzten Endes die Bundesbank. Der Erfolg hielt zunächst an, als die Bundesbank nach dem Ende des Bretton-Woods-Systems im Jahre 1971 keine Unterstützungskäufe mehr für fremde Währungen tätigte. Nach der vollständigen Freigabe des Wechselkurses der D-Mark, fiel der Kurs des Dollar gegenüber der bundesdeutschen Währung im Laufe der folgenden Jahre auf 2 zu 1. Scheinbar mühelos verdiente Dattel Geld. "Alle Angestellten dürften nach einer Elf-Punkte-Regelung auch privat spekulieren. Das haben alle getan, Herr Herstatt, die Direktoren, die Sekretärinnen, auch ich", erzählte Dattel später. Lehrlinge fuhren bei Herstatt im Porsche vor. Es herrschte Goldgräberstimmung. Lesen Sie weiter, wie Dattel das Glück verlies und er innerhalb von Monaten Millionen verzockte.
Wie ein Kölner Devisenhändler die einzige deutsche Bankenpleite nach 1945 verschuldete und trotzdem straffrei davonkam.
https://www.sueddeutsche.de/geld/sz-serie-die-grossen-spekulanten-21-zwischen-hausse-hotelsuiten-und-hitler-1.571458
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SZ-Serie: Die großen Spekulanten (21) - Zwischen Hausse, Hotelsuiten und Hitler
00/05/2010
Sein Vater Simon wandert aus Osteuropa ein, wo sie Juden brauchen, aber nicht schätzen. Simon flickt als Chirurg im amerikanischen Bürgerkrieg Soldaten der Südstaaten zusammen; das sind so die Umstände, in die Bernard Mannes Baruch im Jahr 1870 hineingeboren wird. Er hat es nicht einfach. Ein Sportunfall lässt Baruchs linkes Ohr taub. Er ackert in einer Mine in Cripple Creek/Colorado, wörtlich Fluss der Krüppel. Detailansicht öffnen Gastgeber der Mächtigen: Multimillionär Bernard Baruch empfängt in seinem New Yorker Anwesen 1953 Gouverneur Thomas Dewey und den britischen Premier Winston Churchill (von rechts). Churchill kritisierte er schwer. (Foto: Foto: AP) Es sind aber andere, nicht Baruch, die dort Jahre später viel Gold finden. Er heuert als Lehrling bei einem Börsenmakler in New York an, als ganz kleines Licht. Doch später wird Bernard Mannes Baruch ein großes Vermögen anhäufen, er wird die Mächtigen der Erde beraten und den Ausgang von Weltkriegen beeinflussen. Er wird es allen zeigen. Seine Biografen notieren erstaunt, wie schnell der Börsenlehrling Baruch lernt. Der junge Mann steigt kurz vor dem Jahr 1900 vom Lehrling zum Teilhaber beim Bankhaus A.A. Housman auf, er wettet oft gegen kurzfristige Marktbewegungen, denen andere hinterherlaufen. Investitionen in Radiotechnik und Autos Oft zahlt sich das aus. Baruch selbst widerspricht der These, Erfolg an den Finanzmärkten habe vor allem jener, der im Auf- und Abschwung den richtigen Moment erwische: "Das perfekte Timing gibt es nicht. Wer das sagt, der lügt." Baruch bezeichnet sich stolz als Spekulanten, er meint damit besonders "speculari", den lateinischen Ursprung des Wortes, der "spähen" bedeutet und "beobachten". Kein hektisches Kaufen und Verkaufen ist das, sondern etwas Durchdachtes, ein Sichten von Gelegenheiten. Als Spekulant versucht Baruch, Entwicklungen seiner Zeit zu erkennen. Ende des 19. Jahrhunderts befindet sich die amerikanische Wirtschaft im Wandel. Stahl-, Öl- und Eisenbahnfirmen schließen sich zusammen, es ist eine Zeit zum Reichwerden. Baruch wird reich. Zur Jahrhundertwende, mit dreißig, besitzt er drei Millionen Dollar, damals sehr viel Geld. Um sein Vermögen zu mehren, versucht er später neue Entwicklungen zu erahnen. In den Zwanziger Jahren investiert er in Radiotechnik und Autos, die erst vor ihrem Siegeszug stehen. Dem Börsencrash 1929 soll er weitgehend entgangen sein, und der britische Premier Winston Churchill, so heißt es, war lebenslang dankbar, weil ihm Baruch rechtzeitig zum Verkaufen riet. Gutes tun und davon reden Nur der Biograf James Grant streut Zweifel, ob der Meisterspekulator wirklich immer so geschickt agierte. Und er nennt eine Quelle von Baruchs Reichtum, die vor hundert Jahren akzeptiert war, heute jedoch zum Himmel stinken würde: Insiderwissen über baldige Entscheidungen in Firmen, die den Kurs steigen lassen. Fest steht, dass der Jude Baruch spätestens im depressions-geschüttelten Amerika der dreißiger Jahre für manche zur Fratze des hässlichen Spekulanten mutierte. Er hätte womöglich noch viel mehr Zorn auf sich gezogen, hätte er nicht früh angefangen, sich neu zu erfinden: Als politischer Akteur, der Gutes tat und es andere wissen ließ. Lesen Sie im zweiten Teil, wie Spekulant Baruch im Ersten Weltkrieg an der deutschen Niederlage beteiligt war - und wie er auch politisch immer mehr Einfluss bekam.
Der Wall-Street-Aufsteiger Bernard Baruch organisierte die amerikanische Kriegsproduktion in beiden Weltkriegen und kämpfte gegen Atomraketen.
https://www.sueddeutsche.de/geld/maengel-verschwiegen-makler-ohne-anspruch-1.571317
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Mängel verschwiegen - Makler ohne Anspruch
00/05/2010
Immobilienkäufer müssen ihrem Makler keine Courtage zahlen, wenn dieser ihnen bewusst gravierende Mängel des zu vermittelnden Objektes vorenthält. Grundsätzlich ohne Anspruch Grundsätzlich büßt ein Makler den Anspruch auf die Vermittlungscourtage ein, wenn er nicht nur für den Kaufinteressenten, sondern vertragswidrig ebenfalls für den Verkäufer tätig geworden ist. Unwürdig ohne Anspruch Nach der Rechtsprechung muss er aber auch auf seinen Lohn verzichten, wenn er sich dessen als "unwürdig" erwiesen hat. Das ist der Fall, wenn er seine Treuepflicht gegenüber dem potentiellen Käufer arglistig, vorsätzlich oder in grob leichtfertiger Weise verletzt hat. Juristen sprechen dann von einer "Verwirkung" des Maklerlohns. Bewertet werden dabei: das Vertrauensverhältnis zwischen dem Makler und dem Käufer, die wirtschaftliche Bedeutung des Geschäfts sowie die Erfahrenheit des Käufers. Die Frage, ob der Makler wegen unwürdiger Vorgehensweise seinen Lohn verwirkt hat, betrifft das Verhalten des Maklers vor Vertragsschluss genauso wie danach. Unerheblich ist in beiden Fällen, ob dem Käufer tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Makler behält Gutachten für sich Das Oberlandesgericht Naumburg hatte folgenden Fall zu entscheiden: Die Verkäuferin eines Grundstücks hatte von einem Sachverständigen ein bauliches Gutachten erstellen lassen, in dem zahlreiche Mängel und Schäden des Grundstücks festgestellt wurden: Feuchtigkeitsschäden im Mauerwerk, Schimmelpilzbildung, mangelhafte Wärmeschutzisolierung, mangelnder Schallschutz, fehlerhafter Innenausbau sowie Mängel am Ver- und Entsorgungssystem. Das Gutachten wurde dem Makler, der bereits mit einem potentiellen Käufer in Verhandlungen stand, zugeleitet. Der Makler gab das Gutachten bewusst nicht an den Interessenten weiter, und so kaufte dieser das Grundstück, ohne die Mängel zu kennen. Als er später von dem Gutachten und den zahlreichen Mängeln erfuhr, weigerte er sich, dem Makler den vereinbarten Lohn zu zahlen. Zu Recht, entschied das Gericht. Makler mit Aufklärungspflicht Die Richter des OLG Naumburg argumentierten wie folgt: Der Makler wäre zu einer Weiterleitung des Gutachtens verpflichtet gewesen. Sein Auftraggeber, der Käufer, hätte sämtliche Informationen erhalten müssen, die für seine Kaufentscheidung von Bedeutung sein konnten. Der potentielle Käufer habe ohne Kenntnis des Gutachtens keine Chance gehabt, den Kauf realistisch zu beurteilen, da er die Kosten einer notwendigen Sanierung des Grundstücks nicht habe berechnen können. Der Makler habe damit gegen seine Treuepflicht verstoßen und verdiene wegen "unwürdigen" Verhaltens keinen Lohn, so die Richter. Aktenzeichen: Oberlandesgericht Naumburg 9 U 84/01. (sueddeutsche.de/ Anwalt-Suchservice)
Hat die Immobilie schlimme Mängel und der Makler schweigt bewusst darüber, verliert er seine Provision.
https://www.sueddeutsche.de/geld/vermietete-immobilien-mietnomaden-und-ihre-spuren-1.570888
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Vermietete Immobilien - Mietnomaden und ihre Spuren
00/05/2010
Riesige Müllberge, eingeschlagene Türen, Katzen- und Hundekot in den Ecken: Gisela Marsden ist fassungslos, als sie nach dem Auszug der Mieter ihr Elternhaus in Celle betritt. "Ich finde keine Worte", sagt sie. Detailansicht öffnen Hausbesitzerin Gisela Marsden in ihrem verwüsteten Haus. (Foto: Foto: dpa) Nach dem Tod ihres Vaters 1999 hatte sich die Altenpflegerin entschlossen, das Haus zu vermieten. Ein schwerer Fehler, wie die 55-Jährige heute weiß. Gisela Marsden geriet an so genannte Mietnomaden. Das sind Mieter, die schon bald nicht mehr zahlen, dann plötzlich ausziehen und die Wohnung völlig verwüstet hinterlassen. Dabei hatte das ältere Ehepaar und dessen Sohn mit Freundin einen guten Eindruck auf die Hausbesitzerin gemacht. Doch schon bald ging auf ihrem Konto kein Geld mehr ein. Sie schrieb Mahnungen über Mahnungen, schaltete einen Anwalt ein. Nichts half. "Bis heute schuldet mir die Familie mehr als 10.000 Euro", sagt die 55-Jährige. Schon vorher hatte sie Pech mit Mietern. Die Schulden aller ehemaligen Bewohner belaufen sich auf 32.000 Euro. Mit dem Auszug der Mieter war der Ärger nicht zu Ende. "Einen Saustall" habe die Familie hinterlassen, schimpft sie, und zeigt auf die Urinflecken im Parkett und den von der Decke gefallenen Putz. "Die haben Stofffetzen mit Paketband an den Fensterscheiben festgeklebt", sagt sie kopfschüttelnd. Im Schlafzimmer deutet sie auf die Schimmelflecken an den Wänden. Hier ist nie richtig gelüftet worden. Frank Bentes, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Hannover, kennt solche Geschichten zur Genüge. "Mietnomaden sind ein regelmäßiges Problem von Vermietern", sagt er. Häufig zahlten sie nur die Kaution und erste Miete. Danach gebe es monatelange Räumungsprozesse, kurz vor der Zwangsräumung seien die Mieter wie vom Erdboden verschluckt. Das Problem liegt laut Bentes darin, dass es keine Datei gibt, in der Mietnomaden erfasst werden. Aus diesem Grund könnten sich Vermieter auch nicht vor ihnen schützen. Der Chef von Niedersachsens größter Hausbesitzerorganisation Haus & Grund, Hans Reinold Horst, sieht das ähnlich: "Sie können den Leuten nicht in den Kopf schauen." Die einzige Möglichkeit, um den Schaden durch Mietnomaden in Grenzen zu halten, sei die umgehende Reaktion der Hausbesitzer schon bei geringsten Außenständen. "Es ist ratsam, die Mieter sofort anzusprechen und parallel dazu anzuschreiben", empfiehlt er. Für Bernd Stöver, Geschäftsführer beim Mieterbund Hannover, sind Mietnomaden ein "bundesweites Phänomen". Allerdings sei die Welle inzwischen wieder verebbt. Er vermutet, dass die Vermieter hellhöriger geworden sind und ihre Mieteingänge stärker überprüfen. Genau das hat sich jetzt auch Gisela Marsden vorgenommen. Die Hausbesitzerin hat aus ihren Fehlern gelernt. Seitdem ihre Mieter ausgezogen sind, geht sie jeden Tag zum Haus, um containerweise Müll zu entsorgen, Fußböden zu schrubben und Fenster zu putzen. Sie möchte das gesamte Gebäude renovieren, um wieder vermieten zu können. Doch dieses Mal will sie ihre künftigen Hausbewohner vor der Unterschrift unter dem Mietvertrag gründlicher prüfen.
Müllberge, Katzendreck, von der Decke bröckelt Putz: Manche Mieter hinterlassen völlig verwüstete Wohnungen und einen Haufen Mietschulden.
https://www.sueddeutsche.de/geld/lebensaufgabe-wohnungssuche-in-muenchen-1.568870
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Lebensaufgabe - Wohnungssuche in München
00/05/2010
(SZ Magazin vom 14.06.2002) Nach 10 Wochen Wohnungssuche das erste greifbare Ergebnis: eine Beziehungskrise. Nach 93 Telefonaten mit Maklern und Hausverwaltern, nach 28 Wohnungsbesichtigungen habe ich tatsächlich einen Wohnungstermin vergessen. Verbummelt, könnte man sagen, weil ich mich ausnahmsweise von der Arbeit ablenken ließ. Dabei weiß jeder, der in München eine Wohnung sucht: Solche Durchhänger sind unverzeihlich. Wer den Hauch einer Chance wahrnehmen will, doch noch irgendwo unterzukommen, darf 24 Stunden am Tag an nichts anderes denken. Muss jeden freien Laternenmast mit Steckbriefen bekleben. Verwandte und Freunde anrufen, mit denen man seit Jahren kein Wort gewechselt hat, Zeitungen durchpflügen, in jedes Haus eindringen, das eingerüstet ist und vermutlich gerade generalsaniert wird. Und natürlich alles liegen und stehen lassen, wenn der Makler ruft. Auch die Arbeit. Einen neuen Job findet man in München schließlich leichter als eine Wohnung. Im Gegensatz zu mir weiß das meine Freundin natürlich. Deshalb zweifelt sie an diesem Abend grundsätzlich an meiner Ernsthaftigkeit und stellt Fragen, auf die ich keine Antwort weiß: "Wie konntest du den Termin vergessen? Warum hast du nicht wenigstens mich verständigt?" Traumwohnung für Traummieter Ihre Vorwürfe sind berechtigt. Die Anzeige las sich wie ein kleines Gedicht. "Westend, 3 Zimmer, 101 m2, Altbau, Parkett, kl. Balkon, E 980,- + NK". Ein Traum. Eigentlich sind wir genau die Mieter, nach denen der Markt lechzt ? wenn es einen gäbe. Paar, Mitte 30, beide berufstätig, keine Kinder, Staatsangehörigkeit: deutsch. Grund des Umzugs Bisher wohnen wir getrennt. Einfach zusammenziehen können wir nicht. Die Wohnung meiner Freundin ist mit 45 Quadratmetern zu klein für uns. Meine wäre groß genug, ist aber ein düsteres, kaltes Loch. Nur Außenwände. Mit der Gasheizung aus der Nachkriegszeit habe ich die Wohnung in den vergangenen 3 Jahren zwischen Oktober und April einmal warm gekriegt: an Silvester vor einem Jahr, als ich 70 Leute eingeladen hatte. Und dann das Bad: 2 Quadratmeter groß, Kacheln mit braun-ockergelbem Blümchenmuster.
Warum findet sich leichter ein neuer Job als eine Wohnung? Weil die Mieten zu billig sind.
https://www.sueddeutsche.de/geld/muenchen-ein-denkmal-das-verschwinden-wird-1.566604
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München - Ein Denkmal, das verschwinden wird
00/05/2010
Das Verwaltungsgebäude des Süddeutschen Verlags am Färbergraben ("Schwarzes Haus"), das abgerissen werden soll, ist jetzt ein Denkmal. Diese Mitteilung des Landesamts für Denkmalpflege platzt mitten in das Baugenehmigungsverfahren für das Gelände des Süddeutschen Verlags im Umfeld der Sendlinger Straße. Es soll sich bekanntlich in ein modernes Areal mit Wohnungen, Büros, Einzelhandel und Gastronomie wandeln. Dass nun das gesamte Konzept der Neugestaltung hinfällig wird, ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Denn die Feststellung der Denkmaleigenschaft bedeutet nicht automatisch, dass das Gebäude auch erhalten werden muss. Detailansicht öffnen In der Fachwelt gilt das "Schwarze Haus" als eines der wichtigsten Beispiele für die Nachkriegs-Architektur in München. (Foto: Foto: Heddergott/A) Der Eckdatenbeschluss zum Areal, den der Stadtrat verabschiedet hat, beinhaltet auch den Abbruch des Schwarzen Hauses. Die Pläne der Investoren LBBW, Stuttgart und FOM, Heidelberg, sehen einen Neubau an der Stelle vor. Der sechsgeschossige Stahlbeton-Skelett-Komplex mit seiner schwarzen Aluminium-Glas-Fassade stammt aus der Mitte der sechziger Jahre und wurde von Detlef Schreiber zusammen mit Herbert Groethuysen und Gernot Sachsse nach dem Vorbild der Bauten des großen Architekten Mies van der Rohe entworfen. In der Fachwelt gilt das Gebäude als eines der besten Beispiele für die Nachkriegs-Architektur in München. Auf die Denkmalliste kam es aber nicht, weil es zunächst den formalen Kriterien des Gesetzes (das Gebäude muss aus einer abgeschlossenen Epoche stammen) nicht entsprach.
Das Landesamt für Denkmalpflege stellt das Gebäude des Süddeutschen Verlags unter Schutz - doch sein Abriss ist beschlossene Sache.
https://www.sueddeutsche.de/geld/treppenhaus-ausrutscher-ohne-schmerzensgeld-1.564695
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Treppenhaus - Ausrutscher ohne Schmerzensgeld
00/05/2010
Eine Schreibkraft, die in einem Architekturbüro arbeitete, verunglückte, als sie für ihren Chef die Post holen wollte. Um zum Hausbriefkasten zu gelangen, war die Frau eine fünfstufige Treppe hinuntergestiegen. Die mit glänzendem Naturstein belegten Stufen waren kurz zuvor von einer Reinigungskraft feucht gewischt worden und daher glatt. Die Büroangestellte rutschte auf der nassen Treppe aus, stürzte und verletzte sich. Später verklagte sie den Eigentümer und Vermieter des Bürohauses auf Schadenersatz. Sie vertrat die Auffassung, er habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil er die Treppe nass wischen ließ, ohne dafür zu sorgen, dass sie entweder sofort wieder getrocknet oder zumindest ein entsprechender Warnhinweis aufgestellt wurde. Ihre Klage vor dem Landgericht Gießen hatte jedoch keinen Erfolg. Der Vermieter habe seine Verkehrsicherungspflicht nicht verletzt, so das Urteil. Er habe nicht veranlassen müssen, dass nach jedem Wischen die Treppen getrocknet oder Warnhinweise aufgestellt wurden. Eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließe, sei nicht erreichbar, so die Richter. Deshalb müssten Hauseigentümer lediglich dafür sorgen, dass sich andere bei vernünftigem Verhalten frei in ihrem Gebäude bewegen könnten. Sie seien nur verpflichtet, so viel Sicherheit zu schaffen, wie ihre Besucher oder Mieter erwarten dürften. Gegen Gefahren, die diese bei zumutbarer eigener Vorsicht selbst abwenden könnten, müsse keine Vorsorge getroffen werden. In Büro- oder Mietshäusern, so das Gericht, gingen die Sicherheitserwartungen nicht so weit, dass Mieter oder in dem Gebäude arbeitende Personen jederzeit trockene Treppen erwarten könnten. Vielmehr müssten sie immer damit rechnen, dass das Treppenhaus auch während der Arbeitszeiten in regelmäßigen Abständen gereinigt würde. Die Frau hätte daher selbst darauf achten müssen, ob die Treppe frisch gewischt und nass war. Der Vermieter müsse nicht haften, so die Richter. Aktenzeichen: Landgericht Gießen 5 O 139/01. (sueddeutsche.de/ Anwalt-Suchservice)
Wer in einem Miets- oder Bürohaus auf frisch gewischten Treppen ausrutscht und sich verletzt, hat keine Ansprüche gegen den Eigentümer.
https://www.sueddeutsche.de/geld/massstab-der-banken-billigere-kredite-fuer-besserverdiener-1.564618
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Maßstab der Banken - Billigere Kredite für Besserverdiener
00/05/2010
Wer sich Geld von der Bank leihen will, sollte nicht komplett abgebrannt sein. Je aussichtsreicher die Finanzlage, desto leichter kommt ein Kredit ins Rollen. Dieses seit Jahrzehnten gültige Grobraster mit Standard-Zins-Konditionen ist ein Auslaufmodell. In Zukunft wird das individuelle Ausfallrisiko jedes Privatkunden noch strenger benotet - und die Zinsen entsprechend "maßgeschneidert". Gute und schlechte Schuldner Besserverdiener wie sparsame Beamte aus soliden Verhältnissen dürften dann Top-Darlehen kriegen. Der "kleine Mann" mit schlechterer Beurteilung wird dagegen für den gleichen Kredit deutlich mehr berappen müssen, wie Verbraucherschützer befürchten: Je schlechter die Bonität, also Kreditwürdigkeit, desto teurer das Darlehen - so lautet die knallharte Faustregel für die Bankgeschäfte der nahen Zukunft. Falls Selbstständige mit unregelmäßigem Verdienst oder Kleinverdiener mit überzogener Dispo-Linie überhaupt noch Geld von der Bank bekommen, dann nur mit Aufschlag. Banken und ihr Bewertungssystem Die neuen Vorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht im "Basel-II-Abkommen" zur Eigenkapitalausstattung von Banken müssen zwar erst spätestens 2006 in nationales Recht umgesetzt sein. Doch schon heute arbeiten die Geldinstitute fieberhaft an ausgefeilten, differenzierten Bewertungssystemen. Die Citibank ist laut "Finanztest" einer der Vorreiter: Dort hängen Ratenkredite schon jetzt vom Einkommen des Schuldners ab. "Bereits heute sind Banken und Sparkassen deutlich restriktiver als früher, wenn sie Kredite vergeben sollen", berichtet auch Beate Weiser, Geldexpertin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, aus der Praxis. Zwar hätten Banken ihre Kundschaft intern "schon immer verdeckt" in Risikogruppen eingeteilt. Nun sei zu erwarten, dass die Schere noch weiter auseinander gehe. "Arme Leute werden noch ärmer", so ihre Befürchtung. Sinkendes Risiko für die Banken Für die derzeit finanziell gebeutelten Banken und Sparkassen bringen die neuen Regeln nur Vorteile. Ihre Risiken sinken. Bisher müssen sie für fast jeden Kredit pro 100 ausgeliehener Euro pauschal acht Euro Eigenkapital als Sicherheit vorhalten. Durch "Basel II" kann sich das auf 5,70 Euro reduzieren. Bei Immobilienfinanzierungen steht eine Absenkung von 4,0 auf 3,2 Prozent in Aussicht, wie die DiBa, die Allgemeine Deutsche Direktbank, erläutert. Zustand der Ehe als mögliches Kriterium Der handfeste Tipp von Verbraucherschützerin Weiser und DiBa: Wer in den nächsten Jahren Kredite von der Bank braucht, sollte möglichst schon jetzt mit seinem Geld solide haushalten. Ein gutes Einkommen, ein sicherer Arbeitsplatz und eine über viele Jahre reibungslose Bankverbindung werden in Zukunft zu einem noch viel größeren Pfund, mit dem es zu wuchern gilt. "Die Leute müssen sich besser verkaufen lernen, wenn sie Geld von der Bank wollen", ist Beate Weiser überzeugt. Zur Bonitätsprüfung könnten aber auch Punkte wie das soziale Umfeld des Wohnortes oder die Dauerhaftigkeit von Partnerbeziehungen dazukommen, wie die DiBa vermutet. (sueddeutsche.de/ Berrit Gräber - AP)
Die einfache Faustregel im Bankgeschäft: Je schlechter die Bonität des Kunden, desto teurer das Darlehen.
https://www.sueddeutsche.de/geld/neue-eigenheimzulage-stimmung-am-markt-1.564516
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Neue Eigenheimzulage - Stimmung am Markt
00/05/2010
Wie der Markt reagiert Eigentlich ist die geplante Eigenheimzulage ein Grund für viele, jetzt schnell noch ein Häuschen oder eine Wohnung zu kaufen. Tatsächlich registrieren Makler und Banken ein verstärktes Interesse, von einem Ansturm auf Wohneigentum ist aber keineswegs die Rede. Makler: "Wer bereits damit geliebäugelt hat, der handelt jetzt auch", sagte der frühere Präsident des Ringes Deutscher Makler (RDM), der Münchner Immobilienexperte Franz Rohrer. Kunden drängten verstärkt auf einen schnellen Abschluss - vor allem Leute, "die sowieso auf der Suche sind". Wer sich jedoch ein Grundstück gekauft habe, um dort zu bauen, könne oft nicht so schnell reagieren. "Dem ist unter Umständen die ganze Finanzierung verhagelt", sagte Rohrer. Banken: Nach Einschätzung Rohrers sind Kapitalanleger auf dem Wohnungsmarkt ohnehin verunsichert. Dies bestätigte auch ein Sprecher der Hypo-Vereinsbank in München: Kapitalanleger hielten sich zurzeit total zurück und warteten ab, sagte er. Bei Kunden, die Wohneigentum selbst nutzen wollten, häuften sich zwar die Anfragen. Es gebe in den Filialen mehr Beratungen, aber viele Interessierte kämen schnell zu dem Schluss, dass die Zeit für einen Immobilienkauf bis Ende des Jahres nicht mehr reiche. "Wir raten den Leuten auch ab, auf die Schnelle hin zu suchen", erklärte er. Und viele von denjenigen, die eine Immobilie kauften, "die hätten das sowieso gemacht". Die Erfahrung habe gelehrt, dass immer zum Jahresende die Zahl der Wohnungsfinanzierungen ansteige, erklärte der Bereichsleiter für Immobilienwirtschaft und Wohnungspolitik beim Verband deutscher Hypothekenbanken, Achim Reif. "Es ist zu vermuten, dass sie jetzt etwas stärker ansteigt, aber man kann nicht von einem Boom sprechen." Diejenigen, die ohnehin etwas kaufen wollten, versuchten jetzt, "das unter Dach und Fach zu kriegen". "Die Lage ist nicht so, dass die Leute in den Markt drängen", meinte er. Die Zahl von Immobilienfinanzierungen sei seit längerer Zeit rückläufig. So sei die Zahl bei Eigenheimfinanzierungen in den ersten neun Monaten 2002 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um acht Prozent zurückgegangen, bei Neubauten sogar um 15,7 Prozent. Noch stärker sei in diesem Zeitraum der Rückgang bei der Finanzierung von Eigentumswohnungen: Er liege im Falle von Neubauten bei 38,8 Prozent, sagte Reif.
Makler und Banken messen ein verstärktes Kaufinteresse, aber von einem Ansturm kann keine Rede sein.
https://www.sueddeutsche.de/geld/raeume-gestalten-3-schoener-wohnen-am-herd-1.563759
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Räume gestalten (3) - Schöner Wohnen am Herd
00/05/2010
Kochen ist Lebensart - das zeigen nicht nur die täglichen Kochsendungen und Talkshows mit Meisterköchen. Die Küche wird seit einigen Jahren auch als Wohnraum wiederentdeckt. Ihre Zeiten als kühler, zweckmäßiger Arbeitsraum sind vorbei. Detailansicht öffnen Schön und nützlich: Kräuter hängen an der Reling. (Foto: Foto/ Hersteller: Bulthaup) "Geselligkeit und Gastlichkeit finden zunehmend in der Küche statt", sagt Eva Barth-Gillhaus vom Bundesverband für den gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur in Köln. "Die Menschen kehren wieder in die Küche zurück." Doch nicht jede Küche ist schon als Wohnraum mit Wohlfühlklima konzipiert. Durch elektrische Anschlüsse, Wasserleitungen und Einbauschränke in Mietwohnungen sind die Einrichtungsmöglichkeiten begrenzt. Doch auch mit diesen Vorgaben lassen sich Küchen gestalten. "Was sie brauchen, ist ein Tisch", sagt der Innenarchitekt Daniel Steps aus Berlin. Ein großer Essplatz - idealerweise am Fenster, an dem die ganze Familie oder ein paar Gäste Platz finden - schaffe Atmosphäre. Wenn es richtig gemütlich sein soll, kommt ein Küchensofa in die Ecke. "Was auch wieder im Kommen ist, sind Eckbänke", erklärt Asuman Fischer, Innenarchitektin in Niefern (Baden-Württemberg). Für Mietwohnungen, wo der Platz im engen Küchenschlauch begrenzt ist, müssen allerdings andere Lösungen gefunden werden. Bei akutem Platzmangel helfen Klapptische weiter, sagt Barth-Gillhaus. Auch moderne Bistro-Tische nehmen wenig Raum in Anspruch. Je nach Geschmack können Barhocker an einen Tresen gestellt werden, der gleichzeitig als Arbeitsfläche genutzt wird. "Dann können Sie sich wenigstens während des Kochens unterhalten." Allerdings ist es mit einem Essplatz in der Küche nicht getan. Denn zwischen weißen Fronten und kalten Fliesen kommt nur wenig Gemütlichkeit auf.
Die Küche rückt ins Zentrum der Wohnung: Tipps, wie zwischen weißen Fronten und kalten Fliesen Gemütlichkeit aufkommt.
https://www.sueddeutsche.de/geld/neue-technologien-nie-wieder-putzen-1.563611
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Neue Technologien - Nie wieder putzen
00/05/2010
Dächer, Fenster und Fliesen, die sich selber reinigen. Fassaden, die Strom produzieren. Wandfarben, die Bakterien und schlechte Raumluft bekämpfen. Es klingt wie aus dem Märchenland, was die Nanotechnologie leistet oder zumindest in Aussicht stellt. Diese junge Wissenschaft steht noch ganz am Anfang. Detailansicht öffnen Der "Lotus Effekt": Die selbstreinigende Pflanze dient als Beispiel für technische Innovationen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert Projekte zu diesem Thema. (Foto: Foto: DBU) Dennoch können Mieter und Bauherren schon heute einige dieser neuartigen Produkte und Materialien nutzen. Die veränderten Eigenschaften sorgen für Langlebigkeit, Bequemlichkeit oder vielfältigere und verbesserte Anwendungen. Nanotechnologen interessieren sich für Strukturen von einem bis 100 Nanometer. Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist 50.000 mal dicker. Auf dieser Mikroebene verhalten sich Materialien anders als üblich. Wie diese Prozesse physikalisch zu erklären sind, ist noch nicht endgültig erforscht. Aber das Verständnis reicht, um Nanotechnologie gezielt einzusetzen. Beispielsweise bei neuem Fensterglas, bei dem nur mit Hilfe von Sonnenlicht und Regenwasser die Scheiben sauber gehalten werden. Die Natur stand Pate für diese Methode, denn die Selbstreinigung der Lotuspflanze zeigt, wie es geht. Der technische Trick beruht auf nanometergroßen Titandioxidpartikeln, die auf der Außenseite des Glases unsichtbar aufgetragen sind. Das Nanomineral zersetzt mit Hilfe von Licht organische Stoffe wie Staub, Fett oder Dreck. Zudem zerfließen Wassertropfen am Titandioxid zu einem hauchdünnen Film, der den zersetzten Dreck mit sich fortreißt. Der Lotuseffekt kann natürlich auch für Fensterprofile genutzt werden - oder für Wintergärten, Balkonbrüstungen, Dachziegel, Lampenschirme oder Fliesen im Bad. Ein Ende der Anwendungsmöglichkeiten ist derzeit nicht abzusehen. Fliesen profitieren noch in anderer Hinsicht von der Nanotechnologie. Beim Verlegen der Kacheln versprechen Nano-Kleber deutliche Vorteile. Diese Produkte stellen nur geringe Anforderungen an den Untergrund und haften im Vergleich zu konventionellen Klebern besonders stark. Zudem können die verlegten Fliesen selbst nach 30 Minuten noch neu positioniert werden. Andererseits ist ein solcher Fliesenboden schon nach fünf Stunden begehbar. Ob der Begriff "Nano" hier gerechtfertigt ist, ist Ansichtssache, denn solche Kleber enthalten keine Nanopartikel. Doch bildet das in Wasser aufgelöste Pulver während der Aushärtung eine feine Kristallisation in der Größe von zehn bis 100 Nanometer aus.
Saubere Fenster dank Lotuseffekt, denn der Schmutz perlt einfach ab: Die Nanotechnologie erleichtert die Hausarbeit.
https://www.sueddeutsche.de/geld/weissenhofmuseum-in-stuttgart-musterhaus-fuer-die-staedter-1.562031
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Weissenhofmuseum in Stuttgart - Musterhaus für die Städter
00/05/2010
An alles hatte Le Corbusier gedacht, nur nicht an die Romantik. Praktikabel, kühl, kühn sollte der Städter wohnen. Wenn aber der Mann am Morgen zu seiner Frau gesagt hätte "Schatz, bleib liegen, ich mach schon mal Frühstück", so wäre es kompliziert geworden. Weil die Betten in den Schrank geschoben werden müssen, um ans Geschirr zu kommen. Weil die Schiebewand zum Kinderzimmer offen sein muss, damit der Esstisch Platz hat. Sofern der Ehemann halbwegs schlank gewesen wäre, hätte er sich dann in die winzige Küche zwängen können, um einen Kaffee zu machen. Gemütlich - dafür hat Le Corbusier mit allen Mitteln gesorgt - wird es in diesem Haus garantiert nicht. Detailansicht öffnen "Schatz, bleib liegen, ich mach schon mal Frühstück", funktioniert nicht im Doppelhaus, das Le Corbusier geplant hat. Denn das Bett müsste vorher erst in den Schrank geschoben werden, damit man an das Geschirr kommt. (Foto: Foto: Weissenhofmuseum) Aber als der Deutsche Werkbund 1927 renommierte Architekten einlud, in Stuttgart eine Mustersiedlung zu bauen, ging es um alles andere als Gemütlichkeit. Es sollte vielmehr Schluss sein mit Mief, Plüsch und Plunder, mit Teppichen und Troddeln, den Insignien behäbiger Bürgerlichkeit. Auf dem Stuttgarter Weissenhof wollte man die in der Tradition verhaftete Wohnkultur auf die Höhe des technischen Fortschritts bringen, funktionale und flexible Wohnmaschinen errichten für den modernen Großstadtmenschen, der berufstätig, mobil und gesundheitsbewusst ist. Glatte Böden und Flächen, die einfach zu reinigen sind, verschiebbare Wände. Terrassen, um Frischluft zu tanken. Räume für die körperliche Ertüchtigung - der Stuttgarter Architekt Richard Döcker ließ sogar eine Sprossenwand montieren. Heute gilt die Weissenhofsiedlung als eines der wichtigsten Zeugnisse des internationalen Bauens der zwanziger Jahre - beziehungsweise das, was davon übrig geblieben ist. Denn nicht nur der Krieg hat der Siedlung zugesetzt (zehn Häuser wurden zerstört), sondern auch die Ignoranz. Stuttgart galt Ende der zwanziger Jahre noch als Hochburg der Avantgarde, doch die Weissenhofsiedlung wurde schon nach ein paar Jahren zum "Schandfleck" erklärt, dessen Fortschrittsgeist man mit allen Mitteln und Umbauten zu kaschieren versuchte. Das Terrassenhaus von Peter Behrens bekam Satteldächer aufgesetzt, das Haus von Bruno Taut wurde nach dem Krieg wiederhergerichtet und musste schließlich doch einem Neubau weichen. Auch nach Kriegsende lebte der Geist der Nationalsozialisten munter fort - und wiederholt wurde gefordert: weg damit.
Die Weissenhofsiedlung gilt als Monument der Moderne: Statt Mief, Plüsch und Plunder zieht technischer Fortschritt in die Wohnkultur ein. Nun wurde das Museum im Doppelhaus Le Corbusiers eröffnet.
https://www.sueddeutsche.de/geld/mietminderung-schimmel-im-keller-1.561644
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Mietminderung - Schimmel im Keller
00/05/2010
Werden die Gegenstände eines Mieters im Keller durch Feuchtigkeit oder Schimmel beschädigt, kann vom Vermieter Schadensersatz gefordert werden. So das Urteil des Amtsgerichtes Gera. Eine Haftung des Vermieters sei auch dann nicht ausgeschlossen, wenn in der Hausordnung vor Feuchtigkeitsschäden gewarnt wird. Ein Mieter hatte Teile seines Hausrats auf dem Boden des Kellers abgestellt, obwohl die Hausordnung einen entsprechenden Hinweis enthielt. Demnach sollten Gegenstände dort nicht direkt auf dem Boden, sondern rund 20 bis 30 Zentimeter über dem Boden gelagert werden, da Feuchtigkeit im Keller zum Beispiel durch einen Wasserrohrbruch nicht auszuschließen sei. Als der Mann nach einiger Zeit bemerke, dass seine Sachen vom Schimmel befallen waren, verlangte er vom Vermieter Schadensersatz. Der Vermieter weigerte sich jedoch mit Hinweis auf die Warnung. Das Amtsgericht gab dennoch dem Mieter Recht, da diesen keine Schuld an der Feuchtigkeit treffe und die Warnung ohnehin nur als Empfehlung zu sehen gewesen sei. Zudem sei der Keller auch ohne Wasserrohrbruch oder einen ähnlichen Vorfall feucht gewesen. Darüber hinaus wäre der Schaden auch dann entstanden, wenn der Mieter die Gegenständen in der vom Vermieter empfohlenen Höhe gelagert hätte. Aktenzeichen: Amtsgericht Gera 4 C 775/01. (sueddeutsche.de/ dpa)
Überzieht ein Schimmel-Pelz die gelagerten Gegenstände, ist die Miete nicht mehr ihren vollen Preis wert.
https://www.sueddeutsche.de/geld/strassen-in-muenchen-stiftsbogen-1.560989
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Straßen in München - Stiftsbogen
00/05/2010
Er zweigt von der Guardinistraße ab, beschreibt einen etwa 1,3 Kilometer langen Bogen, um dann wieder in die Guardinistraße zu münden: Der Stiftsbogen, im Südwesten Münchens im Stadtteil Kleinhadern gelegen, das sind dreizehnhundert Meter Wohnquartiere, Parkplätze, eine Hauptschule, die Stiftsklinik und das Seniorenwohnstift Augustinum. Stiftsklinik und Wohnstift standen Pate für den Namen des Straßenzuges, an dem 1972 die Bebauung begann. Reines Wohnen Eine reine Wohnstraße ist da eilig hochgezogen worden, in der Tausende Menschen in dichter Bebauung leben. Kein Laden, lediglich ein Gemüsehändler hat sich an der oberen Einfahrt zum Stiftsbogen mit einer Bude hingequetscht; kein Lokal, sieht man mal vom Café am Augustinum ab. Und die wenigen Kneipen, die vom Stiftsbogen aus zu Fuß erreichbar sind, versprechen auch keine gastronomischen Sensationen, denn sie werden vorwiegend von Menschen frequentiert, die den ganzen Tag dort zubringen. Arbeitsplatz der Bewohner 2000 Sozialwohnungen gab es hier mal, inzwischen sind viele aus der Bindung gefallen, aber die Bewohner sind größtenteils geblieben. In den komfortableren Wohnanlagen jüngeren Datums, meist Eigentumswohnungen, leben viele Mitarbeiter des Klinikums Großhadern, das nur zwei U-Bahnstationen entfernt ist. Art der Bewohner Dreizehnhundert Meter Langeweile - oder schlimmer noch, soziale Probleme, um die man besser einen großen Bogen macht? Keines von beiden. Denn hier mischen sich auf bunt-kuriose Weise Dauer-Trainingsanzugsträger mit Akademikern, Singles mit Familien und Berufstätige mit gut betuchten Senioren. Die meisten Anwohner sind zwischen 30 und 70 Jahre alt, zwei Frauen sind über 100. Leicht zu erraten, dass es sich um Bewohnerinnen des Seniorenstifts handelt. Kein Wochenende ohne Möbelwagen Zugegeben, die Fluktuation in einigen Wohnblocks ist groß: kein Wochenende ohne Möbelwagen. Aber die Dauer-Anwohner fühlen sich wohl. Die Gegend ist ruhig, sieht man mal vom Rauschen der nahen Lindauer Autobahn ab, und sie ist sicher. Die Mietshäuser sind um begrünte Innenhöfe herumgebaut mit Spielplätzen, die man von den Wohnungen aus gut im Blick hat. Und die Alleebäume, die links und rechts vom Stiftsbogen stehen, lassen langsam die Bausünden der Siebziger hinter ihren Kronen verschwinden. Anfang des 21. Jahrhunderts wurde wieder gebaut. Studentenappartements wurden hochgezogen, ebenso neue Wohnungen. Die Mischung wird also noch bunter.
Den Münchner Stiftsbogen teilen sich Dauer-Trainingsanzugsträger mit Akademikern, Singles mit Familien und Berufstätige mit Senioren.
https://www.sueddeutsche.de/geld/strassen-in-muenchen-implerstrasse-1.560220
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Straßen in München - Implerstraße
00/05/2010
Man muss schon ziemlich lange suchen, bis man hier so etwas wie Flair findet. Böse Zungen behaupten sogar, das Schönste an der Implerstraße seien ihre Seitenstraßen. Freilich, die Impler ist nun einmal eine Durchfahrtstraße. Unprätentiös und ohne Raffinesse, aber trotzdem irgendwie sympathisch. Wir befinden uns in Altsendling, zwischen der Lindwurm- und der Brudermühlstraße. Eine Wohnstraße mit wenigen Neubauten, einigen Altbauten und vielen müden Häusern mit Patina. Dazwischen ein paar Büros, Kleingewerbe und viele kleine Läden, wie zum Beispiel "Frau Blau" an der Ecke Schmied-Kochel-Straße. Die Inhaberin verkauft "Neues, Altes, Einzigartiges" aus Italien, Second Hand oder Einzelstücke von Münchner Jungdesignern. Sie finde die Gegend angenehm, sagt sie, und an die Lautstärke habe sie sich gewöhnt: "Vor allem die Leute hier sind nett und absolut freundlich. Viele Familien, viele junge Mütter. Man kennt sich, grüßt sich, ratscht ein bisschen." Die meisten sind Neusendlinger, die seit einigen Jahren das ehemalige Kleine-Leute-Viertel erobern. Sie verdienen mittelgut und wohnen in den begehrten Altbauten, die in Sendling noch bezahlbar sind. Ein weiterer Vorteil sei, dass sich die Ladenmieten hier noch in Grenzen hielten. Dafür ist die Lage für ein Einzelhandelsgeschäft nicht gerade optimal. Die Impler ist keine Flaniermeile, und an Parkplätzen mangelt es auch. Laufkundschaft fällt also aus, man ist auf Stammkundschaft angewiesen. "Das erste Jahr hatte seine Höhen und Tiefen", sagt die "Frau Blau"-Inhaberin, "aber das ist normal, und bis jetzt bin ich ganz zufrieden." Ein trendiges Café gehöre her, sagt sie, das würde die Ecke aufwerten. Das findet auch die Besitzerin der "Blumenecke" auf Höhe der Valleystraße. Schweren Herzens sei sie damals mit ihrer Familie von Perlach hierher gezogen. Der Garten, das Grüne - all das fehle ihr. "An der Implerstraße gefällt mir eigentlich nichts, es fehlt Leben", sagt sie ganz direkt, "aber die Menschen gefallen mir." Nichts habe sich verändert, seit sie hier sei. Keine Sanierungen, Um- oder Neubauten wie in den umliegenden Straßen. Trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - fühle sie sich wohl. "Nur die Geschäfte sind schon mal besser gegangen", klagt sie. "Wenn der Laden nicht mehr geht, hör ich ganz auf. Noch mal woanders anfangen würde ich nicht mehr."
Die Implerstraße in Sendling: irgendwie schön, irgendwie unbesonders. Aber gerade ihre Unaufdringlichkeit macht sie so sympathisch.
https://www.sueddeutsche.de/geld/miet-prozess-im-zweifel-fuer-die-menschlichkeit-1.559933
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Miet-Prozess - Im Zweifel für die Menschlichkeit
00/05/2010
Es ist, als würde sich ein Fenster in die Zukunft dieser Gesellschaft auftun. Man blickt in eine Zukunft, die so gar nicht zur sterilen Atmosphäre dieses Gerichtssaals passen will, und irgendwann meint man sogar, einen unangenehmen Geruch wahrzunehmen. Es ist ein Lehrstück über Toleranz und ihre Grenzen, das da gegeben wird, und vielleicht wirkt alles so beunruhigend, weil die Akteure so unsicher wirken, so überfordert und hilflos. Detailansicht öffnen Nur noch mit fremder Hilfe kommt Frau Kahn in ihrer Wohnung zurecht. (Foto: Foto: dpa) Mietgericht München, Saal 106, blauer Boden, weiße Wände, Kreuz an der Wand, zum Aufruf kommt die Sache Eisenbahner-Baugenossenschaft München-Hauptbahnhof gegen Kahn. Edda Kahn (Name geändert) ist 80 Jahre alt, unter Betreuung stehend, pflegebedürftig, zuckerkrank, dement - und es geht um Räumung. Die Genossenschaft hat ihr gekündigt, weil sie stinkt. Man muss es so sagen, denn so sagen es auch die Nachbarn. Die beschweren sich über den penetranten Uringeruch aus der Wohnung der Frau. Dem Richter ist nicht wohl in seiner Haut, man merkt es. Es gibt noch keine höchstrichterlichen Urteile zur Frage, welches Bedürfnis schwerer wiegt: Das der Nachbarn nach einem geruchsneutralen Wohnen - oder das eines alten Menschen nach Verbleib in seiner gewohnten Umgebung. Immer wieder bläst der Richter Luft durch seine Lippen, als wolle er die Anspannung hinauspressen. Edda Kahn hat bei der Bahn gearbeitet, als Küchenhelferin in einer Kantine. Seit drei Jahrzehnten wohnt sie auch bei der Bahn, genauer: bei ihrer Bau-Genossenschaft. Vor eineinhalb Jahren musste sie raus aus ihrer alten Wohnung, die Genossenschaft sanierte das Haus, man setzte Frau Kahn um, in eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Nymphenburg. Krank, sagt ihre gerichtlich bestellte Betreuerin, krank ist Frau Kahn schon lange, auch inkontinent, und in der alten Wohnung habe es auch nach Urin gerochen. Im alten Haus habe aber jeder jeden gekannt, niemand habe sich aufgeregt. Im neuen Haus, einem schmucklosen Mietsbau, wird der Geruch zum unerträglichen Gestank. So empfinden es zumindest die anderen neun Bewohner und wenden sich an die Genossenschaft, eine der größten in München mit 2400 Wohnungen. Diese fordert die Betreuerin auf, für Abhilfe zu sorgen. Es gehen Briefe und Faxe hin und her, der Ton wird von Mal zu Mal schärfer, doch der Gestank lässt nicht nach. Sagen die Nachbarn. Die Genossenschaft schickt eine Abmahnung. Die Wohnung sei in "desolatem Zustand". "Eine Gesundheitsgefährdung für die Hausgemeinschaft als auch für Frau Kahn kann nicht ausgeschlossen werden." Dann kündigen die Nachbarn eine 30-prozentige Mietminderung an wegen des Geruchs, und fortan geht alles recht schnell: Die zweite Abmahnung kommt, inklusive der Drohung, dass die Kosten eines Rechtsstreits Frau Kahn zu tragen habe. Ein Anwalt wird aktiv und schreibt, dass man die Mietminderung wegen Frau Kahn zurückholen werde - von Frau Kahn, als Schadenersatz. Es stinkt weiter, sagen die Nachbarn und beklagen sich bei der Genossenschaft über deren angebliche Untätigkeit: "Bis jetzt ist keine Besserung eingetreten."
Weil die Nachbarn unter dem penetranten Geruch leiden, will eine Münchner Genossenschaft eine 80-jährige Mieterin aus ihrer Wohnung klagen.
https://www.sueddeutsche.de/geld/heizen-wenn-sich-die-wohnung-schwarz-faerbt-1.559406
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Heizen - Wenn sich die Wohnung schwarz färbt
00/05/2010
Im Herbst und Winter geht in manchen Wohnungen ein Gespenst um: Das so genannte "Fogging". Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Phänomen der "Schwarzen Wohnungen". Ursache und Auswirkung Das Bild ist immer das gleiche: In einer neu gebauten oder sanierten Wohnung treten in der ersten und zweiten Heizperiode nach dem Bezug plötzlich schwarze, schmierige Beläge an Wänden, Fensterrahmen oder Einrichtungsgegenständen auf. Der Schmierfilm lässt sich nur schwer entfernen und bildet sich sehr schnell wieder neu. Besonders stark betroffen sind meist Stellen mit hoher Luftbewegung, zum Beispiel in der Nähe der Heizkörper und entlang der Wand, sowie Bereiche mit verminderter Oberflächentemperatur, insbesondere Zimmerecken. Hinsichtlich der Ursachen des Phänomens tappt die Wissenschaft noch weitgehend im Dunkeln. Vermutete Auslöser sind Ausdünstungen aus Werkstoffen aller Art, aus Teppichböden, Laminat oder Spanplatten, aber auch Verbrennungsrückstände. Streit zwischen Mieter und Vermieter Tritt in einer Wohnung Fogging auf, so streiten Mieter und Vermieter oft darüber, wer für die Schwärzungen verantwortlich ist. Das Amtsgericht Hamburg etwa hat in einem Fall entschieden, dass der "Vermieter zur Instandsetzung nach Schäden wegen Verschwärzung einer Wohnung verpflichtet" sei, wenn er "Baumängel als Ursache hierfür nicht ausräumen kann" (Urteil vom 1. August 2000, Az. 48 C 299/99). In einem anderen Fall hatte die Mieterin wegen der Verschmutzung die Miete gemindert und das Mietverhältnis "aus wichtigem Grund" gekündigt. Das Landgericht Ellwangen gab ihr Recht, weil der Vermieter nicht beweisen konnte, dass der Mangel auf fehlerhaftes Wohnverhalten zurückging. "Auch für die unaufklärlichen Ursachen einer Schwärzung der Wohnung (Fogging) trägt der Vermieter die Beweislast", so die Richter (Urteil vom 9. März 2001, Az. 1 S 244/00). Eine Minderung bestätigte auch das Landgericht Berlin, weil hier die Ursache für die schwarz benebelte Wohnung nicht festzustellen war (Urteil vom 20. Juni 2003, Az. 63 S 282/02) Wenn Kältebrücken schuld sind Mögliche Ursachen für das Fogging sind beispielsweise Kältebrücken - in derartigen Fällen ist der Vermieter allein für die Behebung dieses Mangels verantwortlich, so die Rechtsanwaltskammer Berlin. Sie beruft sich dabei auf ein Urteil des Landgerichts Duisburg (Az.: 13 S 345/01). Im verhandelten Fall hatte ein Mieter seinen Vermieter dazu aufgefordert, die Schwärzungen zu beseitigen. Dieser war jedoch der Auffassung, dass es sich dabei um Dekorationsmängel handle, um die sich der Mieter im Rahmen von Schönheitsreparaturen selber kümmern muss. Der vom Gericht bestellte Sachverständige fand heraus, dass eine Kältebrücke für die Flecken verantwortlich war. Temperaturunterschiede von bis zu acht Grad sorgten dafür, dass Rußpartikel von der Luft angesogen wurden und sich an den Wänden ablagerten. Für solche baulichen Ursachen für Fogging ist nach Ansicht der Richter allein der Vermieter verantwortlich. Aktenzeichen: Landgericht Duisburg 13 S 345/01. (sueddeutsche.de/ Anwalt-Suchservice/ dpa)
Überzieht während der Heizperiode ein schwarzer Film Wände oder Möbel, kann der Mieter fristlos kündigen.
https://www.sueddeutsche.de/geld/abgeltungsklausel-fruehauszieher-binden-1.559388
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Abgeltungsklausel - Frühauszieher binden
00/05/2010
Wenn man vor Kündigungsfrist aus seinem Mietvertrag aussteigen will, ist man auf den Goodwill des Vermieters angewiesen. Für den sind solche Fälle oft ärgerlich: Obwohl er sich auf eine längere Mietdauer eingerichtet hatte, muss er nun einen Nachmieter suchen - was Zeit und Geld kostet. Stellt sich die Frage, ob er sich für seine Aufwendungen bei dem vorzeitig scheidenden Mieter schadlos halten kann. Unwirksam: Frühauszieher bestrafen Will sich der Vermieter mit einer so genannten Abgeltungsklausel gegen den Frühauszieher vertraglich absichern, begibt er sich auf Glatteis. Denn ist die Klausel so formuliert, dass sie als Vertragsstrafe verstanden werden kann, ist sie unwirksam (§ 555 BGB). Beispiel: Der Vermieter droht für den vorzeitigen Auszug des Mieters den Verfall der Kaution an (Landgericht Mannheim, Urteil vom 11. Dezember 1975, 4 S 62/75). Pauschale erlaubt Andererseits halten die Gerichte die Vereinbarung einer Aufwendungsersatzpauschale für die Besichtigung der Wohnung, Gespräche mit dem Nachfolgemieter oder Vertragsausfertigung für rechtens, wenn diese nur den erhöhten Verwaltungs- und Vermietungsaufwand der vorzeitigen Vertragsauflösung, die im Interesse des Mieters liegt, abgelten soll. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass diese Kosten oder ein Teil dieser Kosten auch bei regulärer Vertragsbeendigung angefallen wären. Grund: Durch die vorzeitige Vertragsbeendigung muss der Vermieter früher und auch häufiger ran (Amtsgericht Hamburg-Altona, Urteil vom 22.Mai 1980, 317 C 540/79). Der Mieter darf auch zur Kasse gebeten werden, wenn bereits ein Nachmieter feststeht. Auch dann entstehen Kosten zum Beispiel durch die Ausfertigung des neuen Mietvertrags, die Wohnungsabnahme und das Erstellen von Zwischenablesungen für die Betriebskosten. Ohne Vereinbarung muss der Mieter allerdings gar nichts bezahlen. Diese kann entweder in einem Mietaufhebungsvertrag (Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 17. April 1990, 4 U 222/89) oder schon im Mietvertrag getroffen werden. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Pauschalabgeltungsklausel ist aber, dass der Mieter den Nachweis erbringen kann, dass der Vermieter einen geringeren oder gar keinen zusätzlichen Aufwand bei der Neuvermietung hatte - und ihm damit auch keine zusätzlichen Kosten entstanden sind (§ 309 Nummer 5b BGB). Zudem darf die Pauschale nicht unangemessen hoch ausfallen. Die Grenze liegt bei einer Monatskaltmiete. Keine Überraschung Viele Mieter rechnen nicht damit, dass ihr Mietvertrag eine Klausel enthält, wonach sie bei vorzeitiger Vertragsbeendigung Geld zahlen müssen. Da überraschende Klauseln in Mietverträgen unwirksam sind, müssen Pauschalabgeltungsklauseln drucktechnisch deutlich hervorgehoben werden. Auf Nummer Sicher gehen Vermieter, wenn sie sich die Klausel vom Mieter gesondert unterschreiben lassen.
Der Vermieter kann sich vertraglich schützen vor einem vorzeitgen Auszug seiner Mieters. Aber seine Forderungen haben Grenzen.
https://www.sueddeutsche.de/geld/kuendigung-gruende-fuer-ein-schnelles-ende-1.559114
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Kündigung - Gründe für ein schnelles Ende
00/05/2010
(SZ vom 09.08.2002) Wer einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen hat, tut sich als Vermieter schwer, seinem Mieter zu kündigen. Das geht im Prinzip nur dann, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Kündigung nachweisen kann. Und das liegt nur in bestimmten Fällen vor, etwa bei Eigenbedarf. Einliegerwohnungen Ausnahmsweise können Vermieter aber auch ohne einen solchen Grund das Mietverhältnis beenden. Das geht beispielsweise bei der Vermietung einer Einliegerwohnung, also dann, wenn Mieter und Vermieter unter einem Dach wohnen. Der Vermieter kann dann wählen, ob er ein berechtigtes Interesse angeben oder ohne Angabe eines Grundes kündigt. Weist er sein berechtigtes Interesse nach, muss er die Kündigungsfrist einhalten. Kündigt er ohne berechtigtes Interesse, verlängert sich die gesetzliche Kündigungsfrist um drei Monate. Das Sonderkündigungsrecht des Vermieters besteht übrigens auch dann, wenn sich neben den beiden Wohnungen, die von Mieter und Vermieter bewohnt werden, noch Gewerberäume im Haus befinden, die entweder vom Vermieter selbst oder von einem Dritten genutzt werden. Sozialklausel schützt auch vor Sonderkündigung Macht der Vermieter von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch, ist der Mieter dennoch nicht schutzlos: Er kann sich auf Härtegründe berufen und hat dann, wenn der Vermieter keine gewichtigen Gründe ins Feld führen kann, gute Karten, in der Wohnung bleiben zu dürfen. Dreifamilienhaus Das Sonderkündigungsrecht gegenüber Mietern in Dreifamilienhäusern wurde mit der Mietrechtsreform abgeschafft. Für bestehende Mietverträge gilt es aber noch bis zum 31.August 2006 weiter. Voraussetzung ist, dass der Vermieter das Mietshaus selbst bewohnt, das bisherige Ein- oder Zweifamilienhaus durch Ausbau oder Erweiterung zu einem Dreifamilienhaus wurde und dies nach dem 31. Mai 1990 und vor dem 1. Juni 1999 fertig gestellt wurde. Zudem muss der Eigentümer seinen Mieter vor dem Abschluss des Vertrages ausdrücklich auf das Sonderkündigungsrecht hingewiesen haben. Höhere Miete Nicht nur Vermieter, auch Mieter können in bestimmten Situationen schnell und einfach kündigen. Verlangt der Vermieter zum Beispiel eine höhere Miete, kann der Mieter bis zum Ende des zweiten Monats nach dem Zugang der Mieterhöhungserklärung des Vermieters zum Ende des vierten Monats kündigen. Modernisierung Dies gilt auch für Modernisierungen der Wohnung, die ebenfalls häufig mit Mieterhöhungen verbunden sind: Nach der Ankündigung der anstehenden Arbeiten kann der Mieter bis zum Ablauf des nächsten Monats zum Ende des dann folgenden Monats kündigen. Untervermietung Will der Mieter die Wohnung ganz oder teilweise untervermieten und verweigert der Vermieter dazu die Erlaubnis, darf der Mieter auch bei einem befristeten Mietverhältnis mit einer Frist von drei Monaten kündigen (Landgericht Hamburg, Urteil vom 19. Mai 1992, 316 S 320/90).
Der unbefristete Mietvertrag schweißt Mieter und Vermieter zusammen. Nur wenige Gründe erlauben einen schnellen Austieg.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/oelpest-im-golf-von-mexiko-katastrophe-mit-ansage-1.948812
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Ölpest im Golf von Mexiko - BP soll zahlen, zahlen, zahlen
00/05/2010
Fünf Wochen Karenzzeit blieben der Welt, das ganze Ausmaß der Katastrophe zu erfassen, die sich im Golf von Mexiko ereignet hat. "Ereignet hat", das klingt unzulässig passiv. Hier hat sich nichts ereignet, hier haben Menschen etwas angerichtet. Und das "Etwas" ist unglaublich schlimm. Fünf Wochen, so lange dauerte es, bis der gigantische Ölteppich seinen Weg an Amerikas Küste gefunden hat, bis er für die Fernsehkameras wirklich fassbar wird. Unzählige Liter des schwarzen Gifts, das die Menschheit für ihren Wohlstand braucht, sind bereits ins Meer geströmt, und es strömt weiter. Detailansicht öffnen Ein ehemals weißer Pelikan, verklebt und schwarz vom Öl, das in Louisiana an die Strände geschwemmt wird. (Foto: AP) Erstaunlicherweise ist die öffentliche Kritik am Öl-Konzern BP, dem Reeder der gesunkenen Plattform Deepwater Horizon, immer noch vergleichsweise milde. Das wird sich ändern. Die bisherigen Vorwürfe an BP sind nur ein Vorgeschmack auf das, was kommen wird - und kommen muss. Denn was dort im Golf passiert ist, hätte nicht passieren dürfen, und es hätte auch nicht passieren müssen. Da hat niemand Pech gehabt, es ist nichts Unvorhersehbares geschehen. Eine Katastrophe mit Ansage. Dass der Mensch immer tiefer ins Meer vordringen muss, um an Öl und damit an Energie zu kommen, ist nachvollziehbar; es ist Teil unseres Lebensstandards, von dem sich nur die wenigsten zu verabschieden bereit wären. Die Zeiten, da das Leben auf der Erde ohne nennenswerte Belastung für die Natur und nennenswertes Risiko für den Gesamtorganismus Erde verwaltet werden kann, sind vorbei. Das mag man bedauern, aber es ist nicht mehr zu ändern. Der Preis dafür ist hoch. In großen Tiefen oder extremer Kälte stößt der Mensch in Grenzbereiche der Technik vor. Wenn man sich also für diesen Weg des "Immer mehr" entscheidet, dann ist ein Gebot überlebenswichtig: Die Belastung für die Umwelt und das Risiko sind so sehr zu begrenzen, wie es nur irgend geht. Im Zusammenhang mit den Tiefseebohrungen im Golf von Mexiko ist gegen dieses Gebot offenbar vielfach verstoßen worden.
Die Katastrophe im Golf von Mexiko ist kein Unglück, sie wurde von Menschen angerichtet. BP sollte deswegen zur Verantwortung gezogen werden.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/hells-angels-vs-bandidos-lass-uns-freunde-sein-1.950497
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Hells Angels vs. Bandidos - Lass uns Freunde sein
00/05/2010
Es kommt in Deutschland selten vor, dass die Unterwelt zum Pressegespräch einlädt - noch dazu in das Büro eines Notars. Am Mittwoch haben sich Mitglieder der verfeindeten Rockerbanden Hells Angels und Bandidos in Hannover demonstrativ die Hand gereicht. Bereits am Tag zuvor hatten die Clubs eine gemeinsame Mitteilung veröffentlicht, in der sie ihren blutigen Konflikt der vergangenen Jahre offiziell für beendet erklärten. Von einem Friedensschluss ist darin zwar nicht die Rede, aber von einem "Weg zu einer künftigen Koexistenz". Detailansicht öffnen (Foto: rtr) Bei dem merkwürdigen Pakt gab der Hannoveraner Rechtsanwalt Götz von Fromberg den Paten. Fromberg, der sich sein Büro mit Alt-Kanzler Gerhard Schröder teilt, pflegt seit Jahren schon beste Kontakte ins Rotlichtmilieu - vor allem zu Frank Hanebuth. Der 45-Jährige ist Chef der Hells Angels, die das Vergnügungsviertel am Steintor kontrollieren. Hanebuth zählt zu den Unterzeichnern der Erklärung. Der Zeitpunkt für den öffentlichen Händedruck ist bewusst gewählt, auch wenn Django, ein Sprecher der deutschen Hells Angels, versichert, man habe schon seit vergangenem Jahr miteinander verhandelt. Doch an diesem Donnerstag und Freitag werden sich die Innenminister der Länder mit den Rockerclubs beschäftigen. Vor allem Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt fordern ein Verbot von Hells Angels und Bandidos. Auch Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus drängt als Vorsitzender der Innenministerkonferenz auf eine schärfere Gangart. In der Hansestadt sind die Hells Angels bereits seit 1983 verboten. Entsprechend kühl fiel am Mittwoch auch die Reaktion von Ahlhaus auf den Waffenstillstand aus: Der Pakt sei eine Nebelkerze, teilte er mit. Es gehe schließlich nicht nur um den Bandenkrieg, sonder auch darum, dass Rocker im Drogen- und Rotlichtmilieu schwerste Delikte begingen. Bandidos und Hells Angels eint ein krimineller Ehrenkodex, der sie zum Schweigen gegenüber Polizei und Justiz verpflichtet. Doch auch so ist die Liste der Straftaten lang genug: Dass die Bandenmitglieder selbst vor Mord und Totschlag nicht zurückschrecken, zeigte sich erst wieder im März. Im rheinland-pfälzischen Anhausen wurde ein Polizist von einem Rocker der Hells Angels durch die Tür erschossen, als er dessen Wohnung durchsuchen wollte. Gegen den Schützen war wegen räuberischer Erpressung ermittelt worden. Er soll eine Prostituierte bedroht haben, unter Rockern ist das allenfalls ein Kavaliersdelikt. Am vergangenen Freitag konnte die Polizei in Berliner Stadtteil Neukölln gerade noch verhindern, dass Hells Angels und Chicanos aufeinander losgingen - auch sie sind miteinander verfeindet, haben aber kein Friedensabkommen geschlossen. Bei der Durchsuchung der knapp 20 Rocker fanden die Beamten eine Machete, einen Baseballschläger sowie diverse Messer. Für die Berliner Polizei sind solche Einsätze mittlerweile alltäglich geworden. Wie das friedliche Nebeneinander von Hells Angels und Bandidos im Rotlichtalltag aussehen soll, wusste auch Django am Mittwoch noch nicht so recht. Man werde sich künftig meiden, kündigte er an. Und, wenn es geht, nicht mehr aufeinander losgehen.
Pünktlich zur Innenminister-Konferenz haben die verfeindeten Rockerbanden Hells Angels und Bandidos erstmals einen Waffenstillstand erklärt.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/teubner-spezial-wildes-fliegendes-1.671942
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Teubner Spezial - Wildes & Fliegendes
00/05/2010
Sie waren ja schon immer unsere Lieblingskochbücher, Christian Teubners "großen Bücher von" irgendwas, vom Fisch, von den Meerefrüchten, vom Wild, vom Geflügel, etc. Die in der Teubner Edition herausgegebenen Bände sind voll von nützlichen Informationen - ja sogar so voll, dass man meinen könnte, man hätte nicht nur ein Kochbuch, sondern irgendwie auch ein wissenschaftliches Buch erstanden. Immerhin finden wir im soeben erschienenen "Wild & Geflügel"-Doppelschuber Sätze wie den folgenden: Detailansicht öffnen Jeweils eine Goldmedaille der Gastronomischen Akademie Deutschlands hatten die zuvor einzeln erschienenen Bände "Wild" und "Geflügel" erhalten. Damals kosteten beide Bücher zusammen fast das dreifache vom heutigen Preis. Beide Einzelwerke sind nun in einem großen Band aufgegangen, der im schmucken Schuber angeboten wird. "Obwohl die Merkmale des Körperwuchses und des Körberbaus relativ hohe Erblichkeitsgrade (Heritabilitäten) besitzen und sich damit zur Direktselektion eignen, hat man auch in der Junggeflügelmast die Hybridzüchtung eingeführt." Dann wird weiter von "frohwüchsigen" und "einigermaßen legefreudigen Rassen" erzählt, und wir befinden uns endgültig mitten im Biologieunterricht. Aber auch ganz praktische Tipps werden uns nicht vorenthalten. Es gibt, im Geflügelteil, Ausführungen zum "Kühlen, frosten und auftauen", zu Salmonellen und zum Zerlegen von diversen Flattermännern, bevor man im großen Rezeptteil richtig Lust darauf bekommt, das erlesene Wissen endlich fachmännisch auszuspielen. Großartig ist auch der knapp 190 Seiten zählende Buchteil zum Wild. Es muss ein schöner Beruf sein, der des Jägers. Da posiert ein irgendwie kerngesund aussehender Jäger (der Spitzenkoch Hatrly Mathis aus St. Moritz) auf einem hoch gelegenen Berggipfel neben einem erlegten Steinbock (der zwar tot, aber dennoch nicht unglücklich dreinblickt), und im Hintergrund leuchtet goldgelb die Herbstlandschaft vor scheebedeckter Bergkulisse unter blau strahlendem Himmelszelt. Und, schenkt man den Bilderserien zum Ausnehmen der verschiedenen Wildtiere seine Aufmerksamkeit, dann bekommt man richtig Lust, einmal mitzuwirken am "Zerwirken" eines Bocks oder "Abschwarten" eines Wildschweins. Nicht zuletzt brauchen wir ja auch das zubereitete Wild, um die köstlichen St. Emilions, Pomerols, Hermitages oder Baroli aus unseren Kellern endlich einmal trinken zu können. Christian Teubner u.a.: Wild und Geflügel, München: Teubner Edition 2001, 49,90 € Wenn Sie eines der zwei zu verlosenden Exemplare gewinnen möchten, dann nutzen Sie Ihre Chance und klicken Sie auf den Link im dunkelblauen Kasten.
Eigentlich hätten wir Jäger werden sollen. Irgendwie ein schöner Beruf. Zumindest bei Lektüre dieses Buches.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/us-boersenaufsicht-porno-statt-finanzkontrolle-1.934442
panorama
US-Börsenaufsicht - Porno statt Finanzkontrolle
00/05/2010
In den USA stehen zur Abwechslung keine Banker, sondern die Finanz-Sheriffs am Pranger: Ranghohe und gut bezahlte Mitarbeiter der US-Börsenaufsicht haben zum Höhepunkt der Finanzkrise lieber stundenlang Pornos im Internet angeschaut, statt die außer Rand und Bank geratenen Märkte zu kontrollieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine interne Untersuchung der Börsenaufsicht SEC über die vergangenen zweieinhalb Jahre. Detailansicht öffnen Der Bericht der Börsenaufsicht führt unter anderem einen ranghohen Mitarbeiter auf, der bis zu acht Stunden am Tag Pornos anschaute - während der Arbeitszeit. (Foto: Foto: AFP) Der Bericht wurde am selben Tag veröffentlicht, an dem sich US-Präsident Barack Obama in einer Grundsatzrede für eine stärkere Kontrolle der Finanzmärkte aussprach. Angefordert hatte die Ermittlungen der republikanische US-Senator Charles Grassley. In der Untersuchung ist beispielsweise von einem hochrangigen Juristen die Rede, der sich in seinem Computer in der SEC-Zentrale in Washington bis zu acht Stunden am Tag Pornos anschaute und sie herunterlud. Als ihm der Speicherplatz auf der Festplatte ausging, brannte er den Schmuddelkram auf CDs und DVDs, die er in seinem Büro aufbewahrte. Er hat inzwischen in seinen Rücktritt eingewilligt. In 17 der insgesamt 31 ermittelten Fälle handelt es sich der Untersuchung zufolge um höhere Mitarbeiter, die bis zu 222.000 Dollar (165.000 Euro) im Jahr verdienten. Die Zahl des Fälle von "Pornokonsum" während der Arbeitszeit stieg von zwei im Jahr 2007 auf 16 im Jahr 2008 an. Genau in diese Zeit fiel auch der Beinahe-Zusammenbruch des Finanzsystems.
Pikantes Ergebnis einer internen Ermittlung der US-Börsenaufsicht: Ranghohe Mitarbeiter haben zum Höhepunkt der Finanzkrise lieber stundenlang Pornos geschaut, statt Banken zu kontrollieren.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/unfall-mit-testwagen-tragische-testfahrt-eines-erlkoenigs-1.932491
panorama
"Unfall mit Testwagen - Tragische Testfahrt eines ""Erlkönigs"""
00/05/2010
Der sogenannte Erlkönig erfasste dabei in der Nacht zum Samstag einen 26-jährigen Mann, der gerade aus seinem ramponierten Wagen aussteigen wollte, wie die Polizei Rottweil mitteilte. Der junge Autofahrer war sofort tot. Sein Wagen wurde bei dem Aufprall mit dem Erlkönig völlig zerfetzt und der Motor herausgeschleudert. Gegen den 52 Jahre alten Testfahrer ermittelt die Polizei wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Detailansicht öffnen Verheernder Unfall mit dem Erlkönig: Ein getarntes Vorserienmodell von Mercedes war in eine Unfallstelle gerast (Foto: Foto: dpa) Der 52-Jährige musste schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht werden. Sein Prototyp schleuderte rund 250 Meter weiter, überschlug sich und landete auf dem Dach. Wie schnell er unterwegs war, konnte die Polizei zunächst nicht sagen. Allerdings gelte auf der Strecke keine Geschwindigkeitsbegrenzung, sagte ein Polizeisprecher. Ein Sachverständiger sei bereits am Unfallort gewesen, um den Unfall zu rekonstruieren. Er werde im Laufe der Woche ein Gutachten erstellen. "Bei dem Testfahrer handelt es sich um einen sehr erfahrenen Mann, der seit vielen Jahren unfallfrei fährt", sagte eine Daimler-Sprecherin am Sonntag. Er habe zudem - wie alle Testfahrer - regelmäßig Schulungen besucht und hatte die Anweisung, sich strikt an die Straßenverkehrsregeln zu halten. Der 52-Jährige stehe unter Schock. Im Moment könne sich das Unternehmen nicht erklären, wie es zu dem Unfall kam. "Wir müssen die Ermittlungen abwarten." Nur mit Glück wurden bei dem Unfall zwei weitere Männer nur leicht verletzt. Zwei 27- und 59-Jährige hatten auf dem Standstreifen angehalten, um dem 26-Jährigen nach seinem Unfall zu helfen. Als der Erlkönig anrauschte, wollten sie gerade die Unfallstelle absichern. Der 59-Jährige rettete sich noch rechtzeitig mit einem Sprung über die Leitplanke vor schlimmeren Verletzungen. Er und der 27-Jährige wurden aber durch umherfliegende Trümmerteile verletzt. Vor dem Todescrash war der 26-Jährige aus noch ungeklärter Ursache von der Fahrbahn abgekommen und gegen die Mittelschutzplanken geprallt. Danach kam er auf dem linken Fahrstreifen zum Stehen. Nach dem tödlichen Unfall war die Autobahn für mehrere Stunden gesperrt. Insgesamt entstand ein Schaden von mindestens 80.000 Euro. Schon vor einem Monat hatte es auf der Autobahn 81 Richtung Singen einen Unfall mit einem Erlkönig gegeben. Damals rammte ein Lastwagen das Vorserien-Modell. Der 46 Jahre alte Lastwagenfahrer wechselte bei Vöhringen (Kreis Rottweil) beim Überholen auf die linke Spur und übersah den Prototypen. Für die Polizei nichts Überraschendes: "Es finden immer wieder Fahrtests auf diesem Autobahnabschnitt statt", sagte ein Polizeisprecher. Viel Aufsehen hatte auch der Fall eines Mercedes-Testfahrers im Jahr 2003 erregt. Damals hatte der Mann auf dem Weg zu einem Testgelände eine junge Autofahrerin mit seiner rasenden Geschwindigkeit derart erschreckt, dass sie bei Karlsruhe von der Autobahn 5 abkam. Sie und ihr Kind starben bei dem Unfall. Der sogenannte Autobahnraser wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Auch die Autobahn 5 zwischen Frankfurt und Darmstadt ist als Testfahrtstrecke bekannt.
Tödlicher Unfall mit einem getarnten Prototyp von Mercedes: Das Vorserien-Modell krachte bei Rottweil mit hoher Geschwindigkeit in eine Unfallstelle.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/neue-doku-soap-kopf-gegen-ball-1.922892
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Neue Doku-Soap - Kopf gegen Ball
00/05/2010
Vermutlich ist dies der klügste Satz, der je in einer dummen Fernsehsendung gesagt wurde, und er geht so: "Es ist für unsere Zeit und unsere Gesellschaft sehr markant, dass man ins Fernsehen kommt, wenn man nichts kann." Detailansicht öffnen Will aus Memmen Männer machen - Lothar Matthäus. (Foto: Foto: dpa) Von Christian, in den dieser Geistesblitz einschlug, kann man nicht behaupten, dass er nichts kann. Er studiert seit drei Jahren Germanistik und seit kurzem auch das Regelwerk der Fifa. Unverlangt und oft rezitiert der 25-Jährige Goethes Faust, kann sich aber nicht erinnern, jemals ein Tor geschossen zu haben. Von der Memme zum Mann Gerade deshalb hat sich Christian samt 15 weiteren Anti-Fußballern für die neue Doku-Soap Borussia Banana - Helden im Strafraum bei RTL2 qualifiziert - also einem Sender, der mit fast nichts gewöhnlich viel Programm macht. Zehn Folgen fassen zusammen, wie "Memmen zu Männern" gemacht werden und "Bewegungslegastheniker zu Ballakrobaten". Die Ziele sind hoch gesteckt. Am Ende sollen die Jungs gegen eine Spitzenmannschaft aus der Bundesliga antreten können. Das Unmögliche möglich machen soll Lothar Matthäus. Im Kopf-Ball-Duell ist der 44-Jährige sozusagen das Gegenteil von Christian: dreimaliger Deutscher Meister, Weltmeister, Weltfußballer. Am vergangenen Samstag gewann Matthäus mit der ungarischen National-Elf ein WM-Qualifikationsspiel gegen Außenseiter Malta. "Freude am Fußball vermiddeln" Zwischendurch nimmt er sich Zeit, Grobmotorikern und Feingeistern zu erklären, was die lustigen weißen Linien auf dem Rasen bedeuten, warum man beim Kicken läuft statt quatscht und wieso man auf der Reservebank nicht die Schuhe ausziehen darf. Wenn man ihn fragt, warum er sich auf Niveau unterhalb der C-Klasse herablässt, antwortet Matthäus im schönsten Fränkisch: Er wolle "Frreude am Fußball vermiddeln" und es sei doch sowieso alles nur Spaß: "Das sind junge Männer, die über sich selbst lachen können. Und das ist selten in Deutschland." Man kann auch den Produzenten von Borussia Banana, Holger Roost-Macias, fragen, warum er ausgerechnet Lothar Matthäus für dieses Spaß-Projekt teuer eingekauft hat, das im dänischen TV als FC Zulu erfolgreich läuft. Er antwortet dann: "die Inkarnation des Trainers", "Koryphäe". Sicher, räumt er ein, man wolle auch von einem gewissen "Medienimage" profitieren. Also davon, dass man Matthäus gern unterstellt, sogar eine Konifere für ein Fußball-Ass zu halten. Beschämende Bilanz Dabei gibt sich der Meister am und abseits vom Banana-Spielfeld ungewohnt wortsicher. Er treibt die Gurkentruppe, die sich selbst über den Haufen rennt, mit gespielter Entrüstung an - fünf tragen Brille. Die physische Verfassung aller ist desolat. Defizite gibt es in Regelkunde und Ballbeherrschung. Die Bilanz beschämt: In ihrem ersten Spiel, das in der heutigen ersten Folge zu sehen ist, kassieren Matthäus' Mannen acht Gegentore - von einer Damenmannschaft. Alles nur Spaß - an dem echte FußballFans wenig Freude haben dürften. Borussia Banana soll auch "Unterhaltungsprogramm für Frauen" sein, sagt Produzent Roost-Macias. Und irgendwie hat er Recht. Wann kann frau schon so einem großen Haufen Männer amüsiert dabei zusehen, wie jeder einzelne sich zum Deppen macht? Borussia Banana - Helden im Strafraum, RTL2, dienstags um 20.15 Uhr.
Aus Memmen werden Männer: Lothar Matthäus will Freude am Fußball "vermiddeln" und trainiert "Borussia Banana" vor laufender Kamera.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/netzwelt-computer-im-bierkasten-1.920558
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Netzwelt - Computer im Bierkasten
00/05/2010
Am besten wirken die Exponate, wenn es dunkel ist. Dann leuchtet es blutrot oder geisterhaft blau aus den Gehäusen, manche scheinen gar zu pulsieren. Bei Licht entpuppen sich die leuchtenden Apparate als Computer mit Fenstern in ihrem Gehäuse und allerlei phantasievollen An- und Einbauten. Detailansicht öffnen Ein Beispiel für Case Modding bei Case Gallery (s.u.) "Casemodding" (abgeleitet von den englischen Wörter case, Gehäuse, und modify, verändern) nennt sich das recht neue Hobby von Computerfreunden, die ihre Rechner aufmotzen wie manche Fahrer ihre Autos. Bei großen Computermessen tragen die "Modder"ihre Schönheitswettbewerbe aus, zuletzt bei der "Games Convention" in Leipzig; bei der Cebit im März fand die deutsche Meisterschaft statt. Ein Veteran der Szene ist Rainer Wingender aus Siegenburg in Niederbayern, der 2003 deutscher Vizemeister und 2002 bei der ersten deutschen Titelvergabe sogar Meister geworden ist. Sein Gewinner-Computer steht im Keller auf der Werkbank und sieht aus wie ein V8-Motor. Auf Knopfdruck legt er los, surrt leise vor sich hin, bis alle Programme hochgefahren sind. Dann lässt ein Schalter Motorengeheul im Kellerraum erklingen. "Das ist nur Spielerei", sagt Wingender. "Das Geräusch kommt von einem Soundchip." Zwei Computer hat der Tüftler kombiniert, sie stehen V-förmig schräg zueinander auf einer gemeinsamen Basis und verständigen sich über eine Netzwerkkarte. Mehr als 200 Stunden Arbeit stecken in dem Rechner. Keine Chance mit einer grauen Kiste "Mit einer grauen oder weißen Kiste haben die Hersteller doch gar keine Chance mehr", sagt Wingender. "Schließlich wollen sich die Leute einen Rechner auch mal ins Wohnzimmer stellen." Dazu muss der Computer nicht nur nett aussehen - und sich von der Masse der Supermarkt-Maschinen abheben. Er muss auch leiser werden. Mit solchen Umbauten der oft lärmenden Kühlung hat für viele "Modder" das Hobby begonnen. Auch für Rainer Wingender: Ursprünglich wollte der Feinmechaniker mit seiner Schrauberei die Prozessorleistung steigern. Um den Rechner ausreichend zu kühlen, mussten zusätzliche Ventilatoren angebracht werden, für die innerhalb des Computergehäuses allerdings kein Platz war. Deshalb wurden sie zunächst auf der Hülle befestigt, ganz egal, wie der PC danach aussah. "Aber irgendwann hat sich der Design-Aspekt verselbstständigt", erzählt Wingender. Bei ihm war es vor rund fünf Jahren.
Es leuchtet blutrot oder geisterhaft blau. Viele Computerfreunde motzen die Gehäuse ihrer Lieblinge auf, wie manche Fahrer ihre Autos.
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Unheimlicher Serienmörder - Schachspieler mit tödlichen Zügen
00/05/2010
Schon wieder eine dieser Mordaffären, die so entsetzlich sind, dass man das alles nicht mehr hören will. Aus der Ferne hatten die Franzosen den Marc-Dutroux-Prozess verfolgt und waren froh, dass der Fall jenseits ihrer Grenzen lag. Neulich hatte man einen eigenen, Aufsehen erregenden Prozess um tatsächliche und vermeintliche Kinderschänder, Delikte, die sich in einem Kleine-Leute-Viertel des Ortes Outreau zugetragen hatten, oben im Norden, auch nicht weit von der belgischen Grenze. Dieser Prozess mit 17 Angeklagten war vorige Woche mit einigen Freisprüchen und vielen umstrittenen Verurteilungen zu Ende gegangen. Zudem werden täglich neue Fakten über einen Mädchenmörder bekannt, der mehr als die Hälfte seines Lebens in Gefängnissen und Psychiatrischen Anstalten verbracht hat und der in den Medien als "Pierrot der Wahnsinnige" apostrophiert wird. Komplizin: Die Ehefrau Nun aber diese Affäre, die alles andere in den Schatten stellt und in deren Mittelpunkt ein Mann namens Michel Fourniret steht. Seine Frau, die auch seine Komplizin war, hatte mit ihren Geständnissen die Untersuchungen ausgelöst. Sie war nach den Urteilen im belgischen Dutroux-Prozess in Panik geraten und hatte Angst, ihr Mann, der gerade die letzten Tage einer Gefängnisstrafe in Belgien verbüßte, könnte weiter morden. Die Schönen und das Biest Wenn alles stimmt, was man bis jetzt zu wissen glaubt, was Fourniret schon gestanden hat und was man erst ahnt, dann gibt es einen neuen Serienmörder. Einen ungewöhnlichen, unheimlichen Typ, der eine mörderische Leidenschaft für kindlich unschuldige Mädchen und junge Frauen entwickelt hat.
Emotionslos, beunruhigend präzise und ohne jede Reue beschreibt der Franzose Michel Fourniret die grauenhaften Morde an bisher neun Frauen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/menschenrechtspreis-das-zweite-gesicht-1.921063
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Menschenrechtspreis - Das zweite Gesicht
00/05/2010
Manchmal vergisst sie es einfach. Dann reicht Monira Rahman Fotos herum wie Urlaubserinnerungen, unbekümmert, weil sie ja weiß, dass es ihren Mädchen auf den Bildern gut geht. Weil sie sich gerne erinnert an diesen Tag, an dem sie alle zusammen in einem Vergnügungspark bei Dhaka waren und im Wasser herumtollten. Weil sie Freude sieht, wo andere nur Grauen sehen. Detailansicht öffnen Frauenrechtlerin Monira Rahman (Foto: Foto: ap) Manchmal vergisst Monira Rahman einfach, dass andere noch nie solche Gesichter gesehen haben. Von Säure zerfressen, überzogen mit fleischfarbenen Mustern, durchkreuzt von dunklen Hautstreifen. Zerlaufene Gesichter, der Mund eine unförmige Öffnung, die Nase ein Loch. Überreste männlicher Allmachtsphantasien, Opfer einer Modeerscheinung, die in Bangladesch jedes Jahr Hunderte Frauen trifft: Säureattentate. Doch für Monira Rahman ist jedes dieser Gesichter auch eine Erfolgsgeschichte. Denn sie weiß, wie die Mädchen ganz am Anfang ausgesehen haben, als sie bei ihr in der Acid Survivors Foundation (ASF) in Dhaka eingeliefert wurden. Sie weiß, was ein Zahnputzglas Säure im Gesicht und im Leben eines Menschen anrichten kann. Mädchen krümmen sich vor Schmerzen Seit Jahren sitzt die Frauenrechterlin schon an den Betten der Mädchen und redet ihnen das Weiterleben ein. Sie hält den Spiegel, wenn sie ihr zerstörtes Gesicht das erste Mal sehen wollen. Sie macht ihnen vor den zahllosen kosmetischen Operationen Mut. Sie hält die Hände der Mädchen, die sich vor Schmerzen krümmen. Sie streichelt Köpfe, während die Familie den Selbstmord des eigenen Kindes erhofft. Sie demonstriert mit ihnen, sie weint mit ihnen, sie leidet mit ihnen. Und sie ist fassungslos mit ihnen. Nie wird sie begreifen, warum es in Bangladesch noch immer so einfach ist, ein Leben zu zerstören. Warum man noch immer in jedem Juwelierladen und in jeder Autowerkstatt Säure kaufen kann, diese primitive Waffe. Nie wird Monira Rahman verstehen, warum für die Täter die Tat meist keine Folgen hat. Neun von zehn Tätern werden nie belangt. "Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass die meisten frei herumlaufen", sagt Monira Rahman. Dann lächelt sie. Es ist ein trauriges Lächeln.
In Bangladesch fallen jedes Jahr Hunderte Frauen Säureattentaten zum Opfer. Monira Rahman kämpft dagegen an - und wird nun dafür ausgezeichnet.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/urteil-elf-monate-bewaehrungsstrafe-lehrer-missbraucht-nachbarstochter-1.891451
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Urteil: Elf Monate Bewährungsstrafe - Lehrer missbraucht Nachbarstochter
00/05/2010
Der Angeklagte kennt sein Opfer gut. Der Lehrer wohnt Tür an Tür mit der Familie des Mädchens, er hat die Nachbartochter groß werden sehen. So eng ist der Kontakt, dass der Pädagoge der 13-Jährigen zu Weihnachten 2005 den Gutschein für eine Fotosession schenkt. "Am Anfang hat das Fotografieren ja auch noch Spaß gemacht", sagt das Mädchen. Doch dann werden die Posen, die der 62-Jährige fordert, pornografisch - und er fasst den Teenager schließlich an. Zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt das Hamburger Amtsgericht den Lehrer am Mittwoch, wegen sexuellen Kindesmissbrauchs in zwei Fällen. "Jeder wird dafür bestraft, aber wenn ein Lehrer das macht, ist das besonders schlimm", sagt die Richterin. Ihr Urteil ist aber auch eine Anklage an die Hamburger Schulbehörde: "Dass Sie überhaupt so lange im Schuldienst geblieben sind, ist eigentlich ein Skandal!" Denn der 62-jährige Lehrer für Deutsch, Englisch und Philosophie war seit vielen Jahren für seine Übergriffe auf Mädchen bekannt. Kein eindeutiges Geständnis Ob er im Unterricht über Sex sprach, Mädchen an den Po griff oder Gummibärchen zwischen seine Lippen steckte, die seine Schülerinnen "abholen" sollten - immer wieder gab es Beschwerden. Der Pädagoge habe die Anschuldigungen als "pubertäre Fantasien" abgetan, die Behörde habe "manches runtergespielt", sagt der Leiter einer Schule im Hamburger Norden, an welcher der Lehrer bis Anfang 2006 unterrichtete. Die Einhaltung einer Therapieauflage der Schulaufsicht wegen einer pädo-sexuellen Neigung des Pädagogen wurde nicht überprüft. "Sie haben sehr viel Glück gehabt, dass Sie nicht schon früher angezeigt worden sind", meint die Richterin zum Angeklagten. Ein eindeutiges Geständnis legt der Lehrer nicht ab. Er räumt ein, die 13-jährige Nachbartochter fotografiert zu haben. Das aber ist nicht strafbar. Er habe das Mädchen nur in andere Posen drehen wollen, rechtfertigt der 62-Jährige das Anfassen. Die jetzt 15-Jährige, die nicht an der Schule des Angeklagten lernt, schildert den Tathergang anders - und die Richterin glaubt ihr. Freund stellt pornografische Bilder ins Netz Für die Schülerin haben schon die Fotos fatale Folgen. Der Lehrer gibt ihr ein Dutzend Aufnahmen. Naiv schenkt sie ihrem ersten Freund ein paar davon. Als die Liebe nach wenigen Wochen vorbei ist, stellt der Junge die Aufnahmen ins Internet und verteilt sie an der Schule. Ihren Eltern erzählt das Mädchen alles. "Ich hatte nicht nur einmal Selbstmordgedanken", sagt das Mädchen. "Ich werde in der Schule immer noch sehr fertig gemacht." Der Angeklagte bittet in seinem letzten Wort um ein mildes Urteil, er wolle "das Leben noch genießen" können. Ein Jahr und drei Monate Bewährungsstrafe fordert die Staatsanwältin. Die Richterin folgt schließlich dem Antrag des Verteidigers. Dem Opfer spricht sie 5000 Euro Schmerzensgeld dazu, zudem muss der Lehrer 5000 Euro an einen Hilfsverein für missbrauchte Kinder zahlen und über seine Fortschritte in der Therapie regelmäßig berichten. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, dürfte der 62-Jährige seinen neuen Bürojob in der Schulbehörde behalten. Dass er da bleiben müsse, habe sie sichergestellt, sagt die Richterin: "Da können Sie dann kein Unheil mehr anrichten."
Ein 62-jähriger Lehrer aus Hamburg macht zuerst pornografische Bilder seiner Nachbarstochter, dann fasst er sie an. Nun verurteilte ihn das Hamburger Amtsgericht wegen sexuellen Kindesmissbrauchs.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/ungewohnter-gast-ein-wal-blaest-vor-bornholm-1.921685
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Ungewohnter Gast - Ein Wal bläst vor Bornholm
00/05/2010
"Glauben Sie es oder auch nicht, ein Pottwal ist in die Ostsee geschwommen." Carl Kinze, Vorsitzender der dänischen Gesellschaft für Meeressäuger, ist völlig aus dem Häuschen, als er von der ungewöhnlichen Begegnung auf dem Wasser berichtet. Detailansicht öffnen Normalerweise schwimmen Pottwale auf ihrer Wanderschaft von den Weidegründen im Nordpolarmeer über die Azoren in die Karibik. (Foto: Foto: AP) Am 14. Juli hatten Segler den Hafen von Asaa am nördlichen Kattegatt angesteuert, als sie plötzlich die Fontäne eines blasenden Wals sahen, eines Pottwals. Drei Tage später wurde er erneut gesichtet, am Taarbaeksund vor Kopenhagen. Die Spur verliert sich in den Gewässern nordöstlich Bornholms, wo der Wal am 23. Juli zuletzt gesichtet wurde. Er müsste schon in der Karibik sein Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein Pottwal in die Ostsee verirrt. Im Dezember 1997 war ein 14,45 Meter langes Männchen vor der dänischen Insel Rømø gestrandet. Sein Skelett ist heute die Attraktion des Meeresmuseums in Stralsund. Die Chancen, dass der Wal den Ausflug in die Ostsee überlebt, stehen nicht gut. "Der Wal wird stranden, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche", prophezeit Pottwal-Spezialistin Andrea Steffen. Sie ist eigentlich Steuerberaterin, doch ihre Freizeit verbringt sie am liebsten im tiefblauen Wasser des Karibischen Meeres, dem Paarungs-Pool der Pottwale. Im Herbst erschien ihr Buch "Pottwale im dunklen Blau des Meers". "Der Wal wird vermutlich verhungern oder in der flachen Ostsee überhitzen", sagt Steffen. Pottwale sind Zahnwale und gelten als größte bezahnte Tiere dieses Planeten. Über das Tauchverhalten der Meeresriesen, die ausgewachsen bis zu 50 Tonnen wiegen, weiß man wenig. Nur so viel ist klar: Sie können sehr tief tauchen. Mittels Sonar wurde ein Pottwal in 2500 Metern Tiefe geortet. Leibgericht: Riesentintenfische. In der ewigen Dunkelheit der Abyss sucht der Pottwal nach seiner Lieblingsspeise: dem Riesenkalmar, gigantischen Tintenfischen. Nach Tintenfischen wird sich der Pottwal in der Ostsee vergeblich umsehen. Eine echte Überlebenschance wird er laut Andrea Steffen nur haben, "wenn er sich vor seinem Abstecher den Bauch noch einmal ordentlich voll gehauen hat." Doch selbst dann sei es eher unwahrscheinlich, dass er den Weg aus dem flachen Schelfmeer hinaus in die Nordsee und den Atlantik findet. "Wir schätzen, dass es sich um ein krankes Männchen handelt, das den Anschluss an die Gruppe verloren hat", sagt Steffen. Normalerweise haben Pottwale auf ihrer Wanderschaft von den Weidegründen im Nordpolarmeer gen Süden jetzt bereits die Azoren hinter sich und sind unterwegs in die Karibik. Man kann ihm nicht helfen Die Vermutung der Tierschutzorganisation "Meer" sowie der "Gesellschaft zur Rettung der Delfine", dass der Wal in der Ostsee ein Opfer des steigenden Lärmpegels im Meer sein könnte, will Steffen nicht unbedingt teilen, auch wenn die Lärmverschmutzung der Meere ein Problem sei. Verirrte Wale und Strandungen habe es auch schon in Zeiten gegeben, als die Unterwasserbeschallung noch nicht so stark war. Wege, das Tier aus der Sackgasse zu befreien, gibt es offenbar nicht. "Wir können ihn schlecht an den Haken nehmen", sagt Steffen. Bleibt zu hoffen, dass der Wal rechtzeitig den Ausgang findet. Der Platz im Museum jedenfalls ist belegt.
In der Ostsee, fernab seiner gewöhnlichen Routen, ist ein gewaltiger Pottwal aufgetaucht. Dort droht er zu verenden.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/lotto-maerchen-aus-der-vorstadt-1.922448
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Lotto - Märchen aus der Vorstadt
00/05/2010
75.888.514 - die Zahl hat etwas Unwirkliches, man muss zweimal draufschauen, um sie dann auf fast 76 Millionen zu vereinfachen. 75.888.514 Euro, das war der Jackpot in der Euro-Lotterie, den ein Franzose maghrebinischer Herkunft am Freitagabend zusammen mit seinem Sohn gewonnen hat. Mohammed, 55 Jahre alt, ist arbeitslos und Naïm, 22, hatte nie einen Job. Nun brauchen sie keinen mehr, müssen den Beruf des Millionärs erlernen und könnten Arbeitgeber für Anlageberater werden. Es ist ein Märchen aus der Vorstadt. Kaffee für alle Mohammed, Vater von sieben Kindern, war vor drei Jahrzehnten aus Tunesien nach Frankreich gekommen und war vermutlich nicht immer glücklich. Voriges Jahr hat er seinen Jüngsten begraben müssen, der war gerade 18. Seine Frau sagt, der Reichtum werde kein Glück bringen, und sie würde alles Geld der Welt dafür geben, wenn sie nur ihren Kleinen wiederbekommen könnte. Der Traum vom großen Geld, der für diese Familie aus bescheidenen Verhältnissen in Erfüllung geht, war für die Angestellten der Lotto-Gesellschaft erst einmal ein Albtraum. Noch bevor sie den Gewinner kontaktieren konnten, war Mohammed gleich an dem Morgen nach der Ziehung der Zahlen in das kleine Café de l'Arivée gelaufen, um seine Freude mit dem Patron zu teilen. Er hatte offenbar gar nicht erst darüber nachgedacht, dass einer wie er in seinem Glück besser anonym bleiben sollte. Jeder durfte auf seine Kosten Kaffee trinken. Nach ihm tauchten dann die Söhne auf. In dem Café gleich gegenüber des Pariser Vorort-Bahnhofs Franconville-Le Plessis-Bouchard waren inzwischen etliche Journalisten eingetroffen. Naïm, ein großer kräftiger Kerl im blauen Trainingsanzug, war sehr stolz. Er habe vor Freude geweint wie ein Kind, erzählte er. Genau weiß er noch nicht, was er mit dem vielen Geld anfangen wird. Hotel in Tunesien - Häuser - teure Autos "Kauf dir ein Hotel in Tunesien", raten die Freunde, "dann bist du der Boss". Seine eigenen Vorstellungen sind verschwommen, er werde Gutes tun und denen helfen, die es nötig haben. "Ich habe vorher nicht gearbeitet, das werde ich weiter so machen." Ein Angestellter der Lotto-Gesellschaft, Abteilung Große Gewinner, hatte alle Mühe, Naïm, der den Zehn-Euro-Tippzettel für den Vater ausgefüllt hatte, und seinen Bruder Karim nach Hause zu schicken. Da kam aber schon der dritte Bruder, Hichem, und verkündete stolz, dass er gerade ein BMW-Cabrio bestellt habe, mit allen Optionen, für 130.000 Euro. In der Vorstadt weit vor den Toren von Paris, in der Sozialsiedlung Montedour, auch Klein-Chicago genannt, am Rande von Franconville, lebte die Familie bisher in einer Vierzimmer-Wohnung. Mohammed, der Vater, ist seit zwei Jahren arbeitslos, seine Frau ebenso. Nun will er für jedes seiner Kinder ein Haus kaufen. Die Familie wird ein bisschen Ruhe brauchen, die sie kaum finden wird, wenn sie hier bleibt. Freunde der Söhne, die in Smic rechnen, dem staatlich vorgegebenen Monats-Mindestlohn, haben ausgerechnet, dass die Millionensumme einem über 62 Jahrhunderte ausgezahlten Lohn entspricht. Nahe liegender für die Jungen aus der Vorstadt ist das Beispiel Zinedine Zidane: der Transfer des Fußballspielers von Juventus zu Real Madrid kostete 76 Millionen Euro.
Ein arbeitsloser Franzose, Vater von sieben Kindern, gewinnt den Rekord-Jackpot über 76 Millionen Euro und feiert im Bahnhofscafé.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/berichterstattung-offenbar-manipuliert-die-korruptionsfalle-1.922249
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Berichterstattung offenbar manipuliert - Die Korruptionsfalle
00/05/2010
Der Frankfurter Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner ist der bekannteste deutsche Korruptionsfahnder. Der 55-Jährige hat in den vergangenen 18 Jahren in rund zweitausend Verfahren ermittelt. Dem Fernsehpublikum ist er als Diskutant bei Maybrit Illner und Sabine Christiansen bekannt. Detailansicht öffnen Jürgen Emig, früher Sportchef beim hessischen Rundfunk, steht unter Verdacht, sich über dubiose Marketingagenturen bereichert zu haben. (Foto: Foto: dpa) Am Dienstag war der Strafverfolger, der auch Leiter der Antikorruptionsstelle der Frankfurter Staatsanwaltschaft ist, bei der Durchsuchung im Hause eines Mannes zugegen, den die sportinteressierten Fernsehzuschauer noch gut kennen: In Oberursel durchsuchten Schaupensteiner und Kollegen das Anwesen von Jürgen Emig. Bis März 2004 war Emig, 59, Sportchef des Hessischen Rundfunks (HR). Seither steht er unter Verdacht - ebenso wie der mit ihm befreundete Präsident des Deutschen Tanzsportverbandes, Harald Frahm -, in einen Korruptionsfall verwickelt zu sein. Über ein Jahr lang hatte die Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue, des Betruges und der Bestechlichkeit ermittelt. Dubiose Marketingagenturen Dem früheren Radsport-Experten der ARD wird vorgeworfen, einen Teil der Berichterstattung über Sportereignisse im Sendegebiet des HR davon abhängig gemacht zu haben, dass die Veranstalter spezielle Agenturen mit der Vermarktung der Events einschalteten. Bei diesen Agenturen soll es sich um Firmen gehandelt haben, hinter denen Emig und dessen Frau Atlanta Killinger offenbar verdeckt steckten. Zwischen dem HR und den Firmen sollen Sponsoring- und Beistellverträge geschlossen worden sein. Am Dienstagabend filzten 50 Polizeibeamte und sieben Staatsanwälte der Abteilung für Organisierte Kriminalität unter anderem Redaktions- und Arbeitsräume des HR. Gleichzeitig wurden Emig und sein Partner Frahm wegen Verdunkelungsgefahr vorläufig festgenommen. Emig, der sich gerne als "Doktor" anreden ließ und im Oktober vom HR in eine passive Altersteilzeit versetzt werden sollte, wurde am gestrigen Mittwoch in Frankfurt vernommen. Als Anwalt steht ihm Eberhard Kempf zur Seite. Kempf ist einer der großen deutschen Strafverteidiger. 2004 hatte er im Mannesmann-Prozess den Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Josef Ackermann, erfolgreich verteidigt. Prinzip Sendezeit gegen Geld Nach den bisherigen Ermittlungen soll bei den angeblichen Manipulationen rund um den öffentlich-rechtlichen Rundfunksender ein hoher sechsstelliger Betrag an die Ehefrau Emigs geflossen sein. Die so genannten Vermarktungs-Agenturen haben demnach vor allem Sportarten wie Marathon, Triathlon und Reiten stärker ins Fernsehen gebracht. Es galt das Prinzip: Sendezeit gegen Geld. Die Finanzströme wurden offiziell als technische und personelle Beistellungen deklariert. Bei den bisherigen Ermittlungen stellte sich heraus, dass es schon seit vielen Jahren im HR einen Grundverdacht gegen den leitenden Mitarbeiter Emig gab und dass der Sender die Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten eher lax erledigte. So gibt es in den Akten der Staatsanwaltschaft Protokolle über Gespräche beim Hessischen Rundfunk, in denen über den Korruptionsverdacht ohne Folgen diskutiert wurde. Ausweislich der Akten hat erst der neue HR-Intendant Helmut Reitze, der Anfang 2003 ins Amt kam, die Untersuchungen vorangetrieben. Auch gibt es in den Akten Hinweise darauf, dass Emig sein angebliches Abzockersystem in den MDR und ins Saarland transportiert haben soll. Es sieht so aus, als habe sich Emig früher intern sicher gefühlt. Helmut Reitze war am Mittwoch dienstlich unterwegs und nicht zu sprechen. Zu sagen hätte er sicher eine Menge.
Der frühere ARD-Sport-Reporter Jürgen Emig ist wegen des Verdachts auf Untreue, Betrug und Bestechlichkeit festgenommen worden.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/touristenunfall-in-suedafrika-deutsche-und-oesterreicher-sterben-im-krueger-park-1.890351
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Touristenunfall in Südafrika - Deutsche und Österreicher sterben im Krüger-Park
00/05/2010
Fünf Urlauber sind bei einem schweren Unfall in dem weltbekannten Tierparadies gestorben. "Fünf Österreicher und eine deutsche Staatsangehörige waren am Donnerstag gegen 16.00 Uhr am Phalaborwa-Tor in den Park gefahren. Sie wollten weiter zum Mopani-Camp", erklärte Park-Sprecher William Mabasa am Freitag. An einer Brücke sei der Wagen von der Fahrbahn abgekommen und in den Letaba-Fluss gestürzt, der zur Unfallzeit nur wenig Wasser geführt habe. Nur der Fahrer - ein Österreicher - habe schwer geschockt überlebt. Er wurde ins Krankenhaus des Städtchens Phalaborwa gebracht. Bei der Deutschen soll es sich nach unbestätigten Berichten um eine Hamburgerin handeln. Unklar blieb, was den Unfall herbeigeführt hat. Nach ersten Erkenntnissen kamen die Insassen durch den Aufprall ums Leben. Zu hohe Geschwindigkeit Ein Manager der Parkleitung drückte den Angehörigen sein Beileid aus, warnte aber zugleich Touristen, die Entfernungen innerhalb des Tierparadieses zu unterschätzen. Mitunter führen die Parkbesucher viel zu schnell, um noch vor Einbruch der Dunkelheit eins der Nachtquartiere oder den Ausgang zu erreichen. Im Park gilt für Besucher-Autos mit Blick auf die Sicherheit von Mensch und Tier eine maximale Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern. Doch die Tatsache, dass alle Tore und Camps des Parks pünktlich um 18.00 Uhr geschlossen werden, ließ in der Vergangenheit Besucher immer wieder stärker aufs Gaspedal treten - und führte zu öffentlichen Beschwerden über die Hatz im Park. Denn ein Ausweichen vor plötzlich auftauchenden Hindernissen ist auf den engen Straßen und Schotterpisten oft nur schwer möglich. Empörte Naturschützer veröffentlichten immer wieder Bilder von verendeten Tieren, die Opfer der Raserei wurden. Eine Million Touristen jährlich Im vergangenen Jahr hatten die Behörden daher die Notbremse gezogen und Radarfallen im Park aufgestellt. Nach Medienberichten wurden heftige Strafen verhängt - vor allem zur Urlaubszeit. Einige Raser kamen sogar vor Gericht. Der im Nordosten des Kap-Staates gelegene Krüger-Park ist rund 35.000 Quadratkilometer groß und wird jährlich von rund einer Million Touristen besucht. Das größte und bekannteste Wildschutzgebiet des Landes ist heute Kernstück des um Flächen in Mosambik und Simbabwe erweiterten Großen Limpopo-Parks (Great Limpopo Transfrontier Park).
Tödliche Safari: In Südafrika überschattet ein schwerer Unfall den Auftakt der touristischen Hochsaison im bekanntesten Wildschutzgebiet des Landes.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/mobiles-fernsehen-guckloch-zur-welt-1.923088
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Mobiles Fernsehen - Guckloch zur Welt
00/05/2010
Der Mensch ruht nicht, bis er alles klitzeklein gemacht hat. Die Welt und ihre Dinge mögen riesig sein. Und die Taten der Menschen gewaltig. Doch bezwungen, wirklich bezwungen sind Welt und Dinge erst, wenn sie in die Hosentasche passen. Gut: Autos und Fußballstadien und texanische Cowboyhüte sind auszunehmen. Aber sonstiger technischer Fortschritt will sich in Miniaturisierung äußern. Man denke nur an die Notebooks, deren Tastatur mit Lupe und Zahnstochern zu bedienen ist. So traf es, das musste kommen, jetzt auch das Fernsehen. Das Fernsehen, so lautete mal ein sentimentaler Spruch, ist ein Fenster zur Welt. Das brummende Wirtschaftswunderdeutschland konnte, weil ja vor lauter Wirtschaftswunderbetriebsamkeit sonst kaum etwas ging, aus diesem Fenster heraus Dinge sehen, die es noch nie gesehen hatte - die ganze Welt eben, und seit der Mondlandung auch noch mehr. Nach Belieben war dieses Fenster zu öffnen, zu schließen und auf beliebige Programm-Panoramen zu richten. Im Grunde genommen war schon das eine unerhörte Miniatur der Ereignisse. Doch der Mensch in seinem Verkleinerungswahn, er ruhte nicht. Denn die Flimmerkiste stand unverrückbar wie ein Aquarium im Wohnzimmer, nur ab und zu stiegen darin Blasen auf, das waren die Talkshows mit Sabine Christiansen. Und so nimmt es nicht wunder, dass der Schrumpfungswahn auch hier ansetzte, zumal mobile Menschen ihr Weltfenster immer dabei haben wollten. Und so tüftelten denn Ingenieure und Techniker und Salesmanager und Marketingexperten bis zur letzten Woche. Und siehe da . . . Das Guck- und Lauschpaket Es musste erst ein Prozess gewonnen werden. Denn kaum waren die innovativen Kräfte mit ihrer Fernsehschrumpfung fertig, stellten sie fest: Uuupps, es gibt jetzt zwei konkurrierende Systeme. So geschah es denn, dass die Einführung des Mobilfernsehens fürs Handy in Deutschland mit einem Rechtsstreit begann, den das Verwaltungsgericht Stuttgart Anfang Mai mit einer Eilentscheidung beendete. Eilentscheidung deshalb, weil man das Handy-TV unbedingt noch vor der Fußball-Weltmeisterschaft am Start haben wollte. Bei dem Streit ging es um das Recht, die Sende-Frequenzen für mobiles Fernsehen nach dem neuen DMB-Standard nutzen zu dürfen. DMB steht für "Digital Multimedia Broadcast", ein Format für Bewegtbild und Radio, das digital terrestrisch ausgestrahlt wird. Denn Handy-TV wird nicht wie bei UMTS über das Mobilfunknetz, sondern über Fernsehantenne übertragen.
Der Verkleinerungswahn hat das Fernsehen erfasst, doch so richtig funktioniert Handy-TV noch nicht - ein leidvoller Feldversuch
https://www.sueddeutsche.de/panorama/tuerkei-stroeme-der-haeme-1.921386
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Türkei - Ströme der Häme
00/05/2010
Jetzt wird es eng für Melih Gökcek. "Hängt den Bürgermeister zum Trocknen raus", forderte am Mittwoch eine Zeitung, auch die anderen vermitteln den Eindruck, Bürgermeister Gökcek dürfe sich nun einreihen in die Folge biblischer Plagen, die über Ankara hereingebrochen sind. Detailansicht öffnen Das Wasser wird knapp in der Türkei: Ein ausgetrockneter See in der Nähe von Istanbul. (Foto: Foto: dpa) Was die Bürger von Ankara nicht alles mitmachen müssen. Eben noch hatte der Bürgermeister die Flehenden geheißen, um Wasser zu beten für ihre dürstende, schwitzende Stadt, da mussten die Bürger des Stadtteils Demetevler am Dienstagmorgen glauben, die Erde habe sich geöffnet. "Noch während sie verdursteten, wären sie fast ertrunken" Es war aber nur das zentrale Wasserrohr, das barst und einem Geysir gleich eine Fontäne von mehr als sechs Metern gen Himmel schleuderte. Der Druck blies Autos zur Seite, die Flut setzte Häuser und Läden unter Wasser. Am treffendsten beschrieb die Zeitung Aksam die Not der Leute: "Noch während sie verdursteten, wären sie fast ertrunken." Die Gefahr des Ertrinkens wurde schnell gebannt, der Durst bleibt: Die Hauptstadt der Türkei sitzt - nach dem Rohrbruch mehr als zuvor - auf dem Trockenen. Die Flut von Ankara ist nur eine weitere Pointe in einem tragikomischen Stück, in dem die globale Klimaerwärmung und Bürgermeister Melih Gökcek noch um die Hauptrolle kämpfen. Die Türkei erlebt eine der schlimmsten Trockenperioden und Ankara eine der ärgsten Wasserknappheiten seit Beginn der Aufzeichnungen. Der letzte Winter brachte nur ein Viertel der üblichen Niederschläge, die Monate danach weniger als die Hälfte. Ohne dass die Türken ihren notorisch verschwenderischen Umgang mit Wasser eingestellt hätten. Ankara trifft es am härtesten Folge: Teile der Ernte verkümmern. Die Preise für Obst und Gemüse schnellen hoch. Kühe weiden in Flussbetten. Die Reservoirs sind leer. Die Stauseen um Istanbul sind zu nicht mal einem Drittel voll, das in trockener anatolischer Erde liegende Ankara trifft es am härtesten: Keine fünf Prozent Wasser mehr verlieren sich in den Reservoirs für die Hauptstadt. Letzte Woche zog Bürgermeister Gökcek die Notbremse: Er teilte die Stadt in zwei Hälften und verkündete, von nun an werde jede Hälfte abwechselnd zwei Tage lang auf Wasser verzichten müssen. Im zweiten Teil: Die zwei Fehler des Bürgermeister
Die Türkei leidet unter einer teils selbstverschuldeten Dürre - Ankaras Stadtoberhaupt dagegen schwimmt im Spott.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/motorrad-banden-krieger-auf-raedern-1.924030
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Motorrad-Banden - Krieger auf Rädern
00/05/2010
Massoud Garakoei hat Angst. Seit drei Jahren muss der Restaurantbesitzer in Göteborg jetzt schon Schutzgeld bezahlen. Mitglieder der verfeindeten Motorrad-Banden Hell's Angels und Bandidos erpressen ihn und seine Familie, ließen sein Auto in Flammen aufgehen und ruinierten sein Geschäft, weil er einige ihrer Mitglieder bei der Polizei verpfiffen hatte. "Es ist eine Katastrophe", sagt Garakoei. Und er ist nicht allein. Detailansicht öffnen Ein Mitglied der Hell's Angels - in Göteborg macht sich Angst breit vor den Mitgliedern der Motorrad-Banden. (Foto: Foto: dpa) In ganz Schweden sind die rauen Rocker wieder auf dem Vormarsch. Ein Bericht der nationalen Ermittlungsbehörde der Polizei liefert beunruhigende Zahlen. Demnach haben sich Verbrechen von Tätern aus der Szene der Motorrad-Gangs seit dem Jahr 2000 von 699 auf 1240 fast verdoppelt. "Die Banden sind dabei, sich zu reorganisieren", so Thord Modin, Chef der Ermittlungsbehörde. Vor allem auf dem Land, wo die Polizeipräsenz niedrig ist, hätten sie eine beachtliche Stärke erreicht. Es herrschte Krieg Böse Erinnerungen werden wach. Damals, von 1994 bis 1997, kämpften die Hell's Angels und Bandidos mit Maschinenpistolen, Autobomben und Panzerabwehrraketen um die Vorherrschaft in Nordeuropa. Mit Easy-Rider-Romantik und Route-66-Feeling hatte das nichts mehr gemein. Mehrere Motorrad-Rocker der Hell's Angels brachen 1996 in das Gefängnis im dänischen Horseröd ein und warfen eine Handgranate durch das Zellenfenster. Die Druckwelle der Explosion hob die Tür aus den Angeln und verletzte den 27 Jahre alten Morten Christiansen, Mitglied der rivalisierenden Motorrad-Gang Bandidos, lebensgefährlich. Wochen später schlug nachts eine Rakete in das Hauptquartier der Hell's Angels in Kopenhagen ein, wo etwa 300 Personen das Wikingerfest feierten. Zwei Menschen wurden getötet, 17 verletzt. Es herrschte Krieg. Die Polizei schien machtlos, es waren schließlich die Rocker selbst, die den Streit per Friedensvertrag beilegten. Die Bilanz: elf Tote und Hunderte Verletzte. Angst vor erneutem Ausbruch der blutigen Fehde Derzeit mehren sich die Befürchtungen, die blutige Fehde zwischen den Banden könnte abermals ausbrechen. Der schwedische Staat bemüht sich, die Aktivitäten der Rocker im Keim zu ersticken. Ende Juni verurteilte ein Stockholmer Gericht Bandidos-Chef Patrick Huisman wegen Erpressung zu eineinhalb Jahren Gefängnis. Für Massoud Garakoei kommt das zu spät. Er hat aufgegeben, will andernorts neu anfangen - vielleicht sogar außerhalb Schwedens. Er befürchte, dass Göteborg in einigen Jahren zu gefährlich sei, um dort zu leben, sagt er. "Es wird hier nur noch schlimmer."
Kampf der Wikinger: In Schweden verüben die Mitglieder rivalisierender Rocker-Banden beunruhigend viele Verbrechen. Das weckt böse Erinnerungen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/autoren-die-unterwasserschreibmaschine-1.922831
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Autoren - Die Unterwasserschreibmaschine
00/05/2010
Eine merkwürdige Geschichte ist das: Seit ungefähr 30 Jahren trägt er einen Ring am Finger, den ihm seine Eltern aus Griechenland mitgebracht hatten. Und erst jetzt, als er nach dem Ring mit dem ungewöhnlichen Stein gefragt wird, stellt er überrascht fest, dass rechts und links davon zwei silberne Fische eingelassen sind. Dabei hat er gerade tausend Seiten über die Unterwasserwelt geschrieben, die unter dem Titel "Der Schwarm" zu einem Bestseller wurden, er ist also quasi mit Fischen und anderem Meeresgetier bekannt geworden. "War mir nie aufgefallen", sagt Frank Schätzing und dreht den Ring am Finger hin und her. Allerdings könnten Schmuck und Reaktion auch ein Marketing-Gag sein: Schließlich hat der Kölner auch deshalb so viel Erfolg, weil er nichts dem Zufall überlässt. Werbeleute planen Kampagnen, um Produkte zu verkaufen. Schätzing, Creativ-Direktor und Teilhaber einer Werbefirma in der Kölner Innenstadt, hat das Buch und seinen Erfolg minutiös geplant. Aus dem Stand sprang sein Buch, als es im März erschien, ganz nach oben auf die Bestsellerlisten, eine viertel Million hat er schon verkauft, nicht zu vergessen Dutzende von Auslandslizenzen. Bei der ZDF-Aktion "Das große Lesen" kam Schätzing jüngst immerhin auf Platz 50. Auf der Frankfurter Buchmesse, die am morgigen Mittwoch beginnt, wird er mit Lesungen, Interviews und Signierstunden hofiert. Demnächst erhält er den internationalen Buchpreis "Corine". Der Anruf in Hollywood war einkalkuliert Schätzing ist darüber nicht undankbar, aber auch nicht sonderlich überrascht: Er hatte schon als Werber Erfolge gefeiert und wollte "mal was Längeres schreiben". Mit seinem ersten Köln-Krimi "Tod und Teufel" (1995) bastelte er klammheimlich einen Bestseller und wurde, zumindest in Nordrhein-Westfalen, ein Großer. Nur nahm das die literarische Welt nie wahr, weil sein Verlag, Emons, recht klein und sehr lokalpatriotisch war, und weil Mittelalterkrimis die Branche nicht sonderlich erregen. Schätzing suchte also weiter nach dem Rezept für einen Erfolgsroman und versuchte es mit einem Krimi über Bill Clinton; der lief beileibe auch nicht schlecht. Aber noch hatte er die Zutaten für einen echten Thriller amerikanischer Machart nicht zusammen, Thriller, wie Michael Crichton, John Grisham oder Dan Brown sie schreiben können. Dann kam die Idee mit dem Meer und den Fischen. Und alles war klar, selbst der Anruf aus Hollywood war einkalkuliert, bevor das Werk in Druck ging. Fundierte Sintflut Worum es geht? "Der Schwarm" entfaltet ein grandioses Szenario, in dem sich denk- und lernfähige Einzeller in der Tiefe der Ozeane organisieren, um Rache an der Menschheit zu nehmen, weil sie die Meere leerfischt und vergiftet. Wissenschaftler werden zusammengetrommelt, um die Ursache der Naturkatastrophen zu erforschen, die die Erde bedrohen. Der Untergang der Welt ist schließlich fast besiegelt - aber weil am Ende jedes anständigen Thrillers, den Hollywood verfilmen soll, ein happy ending stehen muss, gibt es auch am Ende von Schätzings Roman zumindest einen Aufschub für die Menschheit. Und ein Liebespaar gibt es auch.
Man nehme: Selbstbewusstsein, eine gute Story und ein ausgeklügeltes Marketing - Frank Schätzings kalkulierter Erfolg nach amerikanischer Art.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/new-orleans-ein-jahr-danach-1.920694
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New Orleans - Ein Jahr danach
00/05/2010
Seit" an Seit" werden sie beten, Präsident und Bürgermeister. Am Dienstag, dem ersten Jahrestag des furchtbaren Sturms. Dann wird der eine für den Rest des Tages die Fortschritte preisen, und der andere wird all die Hemmnisse aufzählen, die der unausweichlichen Erholung der Stadt noch im Wege stehen. So in etwa dürften George W. Bush und Ray Nagin den "National Day of Remembrance", den nationalen Gedenktag für die Opfer des Hurrikans Katrina, in New Orleans begehen. Mehr als 1500 Menschen an der amerikanischen Golfküste kamen um, die meisten in der Stadt. Wochenlang versank sie in den Fluten. Bis heute hat sie sich nicht erholt. Nicht weniger als 110 Milliarden Dollar hat Washington zur Beseitigung der Schäden an der Golfküste bereit gestellt. Doch der Wiederaufbau kommt nur schleppend voran, vor allem in New Orleans. Metropole der Mörder Die Dealer und ihre Gangs haben die Stadt zurückerobert. Der Juli war der bislang blutigste seit Katrina und hat die Mordstatistik in New Orleans auf alte Höhen getrieben: 21 Menschen starben gewaltsam. In den Zeiten vor dem Hurrikan fielen im Monat durchschnittlich 22 Menschen Verbrechen zum Opfer. Da war die Einwohnerzahl aber mehr als doppelt so hoch, und New Orleans galt als eine der gefährlichsten Städte der Vereinigten Staaten. Jetzt hat New Orleans, gemessen an der Einwohnerzahl, die höchste Mordrate unter allen amerikanischen Großstädten. Die Polizei ist unterbesetzt. Selbst die Nationalgarde, die nun nachts die verlassenen Straßen patrouilliert, hat bisher nichts an der Misere geändert. Einstürzende Altbauten Katrina hat mehr als 200 000 Häuser zerstört oder schwer beschädigt, in New Orleans allein 110 000. Der Kongress in Washington hat als Wiederaufbauhilfe 17 Milliarden Dollar genehmigt. Aber kein Hausbesitzer in New Orleans hat bislang auch nur einen Dollar aus dem Fördertopf erhalten. Die Bundesbürokratie und die Behörden in Louisiana machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. "Mich wundert, wie langsam es vorangeht", sagt Louisianas Gouverneurin Kathleen Blanco. Versickernde Ressourcen Die 1,4 Milliarden Dollar, die als Überbrückungshilfe für die Evakuierten in den ersten Wochen nach der Katastrophe ausgegeben wurden, waren nach Einschätzung des amerikanischen Rechnungshofes vielfach vergeudet. Weil die Behörden jeweils Kreditkarten mit 2000 Dollar Guthaben ausgegeben hatten, konnten die Prüfer offenbar rekonstruieren, was damit auch bezahlt wurde: Dom Perignon Champagner zum Beispiel, Besuche in Striplokalen oder Jahreskarten für die Saints, die Footballmannschaft von New Orleans. Dazu kommen Abermillionen, die durch hastig vergebene Aufträge verschwendet wurden, etwa für teuer gecharterte Kreuzfahrtschiffe als Notunterkünfte auf dem Mississippi oder für 118 000 Wohnanhänger, deren Schlösser ausgetauscht werden müssen, weil sich herausgestellt hat, dass, wer einen Schlüssel besitzt, die Türen aller anderen Trailerhomes auch öffnen kann.
Am 29. August 2005 zerstörte Hurrikan "Katrina" New Orleans - bis heute hat sich die Stadt nicht erholt.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/die-kolumne-aus-dem-sz-magazin-gewissensfrage-1.923239
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Die Kolumne aus dem SZ-Magazin - Gewissensfrage
00/05/2010
Die Frage "Während einer Radfahrt durch meine Heimat entdeckte ich Hinweisschilder auf eine Autoslalom-Veranstaltung, die gerade vorbereitet wurde. Ich stellte fest, dass die Hydranten neben der Strecke mit Altreifen abgesichert waren. Jedoch teilweise nur mit zwei Reifen, also nicht bis oben hin. Da ich noch vier Altreifen in meiner Garage hatte, holte ich diese und 'sicherte' zwei Hydranten davon nun mit meinen Reifen ab. Hätte ich meine Altreifen nach der Veranstaltung wieder abholen müssen?" Die Antwort An Tagen wie heute liebe ich meinen Job. Nicht nur, weil die Moralphilosophie so interessante Gedanken bietet, sondern vor allem wegen meiner Leser: Sie senden mir so wunderbar überraschende Fragen wie diese hier, Probleme, auf die ich in meinem Leben nie gekommen wäre. Nachgerade groteske Situationen mit Überlegungen, die dennoch eines ethischen Tiefgangs nicht entbehren. (Was übrigens, werte Zweifler, zugleich den Beweis für die Echtheit der Fragen liefert: Meine Fantasie reichte dafür schlicht nicht aus.) Doch wollten Sie ja weniger etwas über meine Befindlichkeiten am Schreibtisch erfahren als vielmehr über Ihre Altreifenaktion. Und die kann man aus zwei Richtungen betrachten. Von der Seite des Ergebnisses her gesehen, haben Sie Gutes getan: Sie haben die Sicherheit der Fahrer erhöht, indem Sie die Abpufferung der nur teilgesicherten Hydranten verbesserten. Macht man sich dagegen, etwa im Sinne Kants, den ja allein der gute Wille interessierte, Gedanken über Ihren Beweggrund, beginnt man zu zögern. Leitete allein die Sorge um die Sicherheit der Fahrer Ihr Handeln, ändert sich an der positiven Einschätzung nichts. War diese Sorge dagegen nur zweitrangig und der Wunsch, Altreifen schnell und billig loszuwerden, eigentliche Triebfeder des Handelns, so spricht das für sich selbst: Anderen seinen Müll aufs Auge zu drücken wird nicht zur Segenstat, wenn es nebenher einen guten Zweck verfolgt. Was aber stand im Vordergrund? Sie haben die Spur zur Antwort schon gelegt: Der besorgte Slalomschützer wird nichts dabei finden, seine Reifen wieder abzuholen oder den Veranstalter deshalb anzusprechen. Bei dem, der das nicht tut, bekommt der Strahlenkranz des Gutmenschen leider ein paar Flecken von seinen unsauberen Motiven.
Lesen Sie hier die Kolumne von Dr. Dr. Erlinger und stellen Sie ihm neue Fragen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/web-zensur-in-der-tuerkei-herr-oktar-und-das-internet-1.711651
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Web-Zensur in der Türkei - Herr Oktar und das Internet
00/05/2010
Adnan Oktar trägt gerne Anzüge aus weißer Seide und glaubt, dass das Ende der Zeiten bevorsteht. Vorher, findet er, gehört noch einiges klargestellt. Deshalb schreibt er Bücher unter dem Pseudonym Harun Yahya, mehr als 200 an der Zahl sind bislang erschienen. Seine Botschaft: "Wenn es eine Evolution gegeben hätte, dann stünde sie im Koran." Detailansicht öffnen Der atheistische Missionar Richard Dawkins vermeldet die Zensur auf seiner eigenen Webseite mit Stolz. (Foto: Foto: afp) Der Darwinismus, meint Oktar, ist von Übel; unter anderem ist er schuld an Kommunismus, Freimaurertum und Terrorismus. Der Türke Oktar sieht sich als Speerspitze der muslimischen Kreationisten: Gott, nicht die Evolution hat uns erschaffen. Kritikern den Mund verbieten Kritikern im Internet lässt er gern den Mund verbieten. Von türkischen Gerichten, die einige Übung in der Zensur haben. Innerhalb von einer Woche fielen nun gleich zwei prominente Webseiten dem Gespann Oktar-Justiz zum Opfer: die des britischen Biologen und Bestsellerautoren Richard Dawkins ("Der Gotteswahn"), und die der türkischen Lehrergewerkschaft Egitim Sen. Während der atheistische Missionar Richard Dawkins die Zensur auf seiner eigenen Webseite mit Stolz vermeldet ("Banned in Turkey!"), lassen die Fälle die türkischen Internetbenutzer noch frustrierter zurück: Selbst so populäre Seiten wie Youtube oder Geocities sind für Türken seit Monaten gesperrt. Mal beschwert sich der eine Staatsanwalt über die Beleidigung von Republikgründer Atatürk, mal ist einem anderen zu viel Sympathie für die kurdische Sache zu erkennen. Das Problem sind Gesetze, die der Meinungsfreiheit kaum, Richtern hingegen viel Spielraum geben: Jedes lokale Gericht kann über jede beliebige Webseite einen landesweite Sperre verhängen. "Natürlich ist das frustrierend für uns", sagt Ebru Capa, Chefredakteurin der Webseite des Nachrichtensenders NTV: "Die Gesetze sind zu schwammig. Sie funktionieren nicht." Dass sich irgendwo immer ein williger Richter findet, versteht keiner so gut für sich zu nutzen wie Adnan Oktar, der einen Kreis von - meist wohlhabenden - Jüngern um sich geschart hat. Von Gerichten sperren ließ Oktar die Webseite des in Amerika lebenden Reformmuslims Edip Yüksel, der Oktars Gruppe "die türkische Version von Scientology" nennt, ebenso wie den populären Bloggerdienst "Wordpress" - mit dem Nebeneffekt, dass Tausende von Türken ihre eigenen Blogs nicht mehr erreichten. "Atemberaubend hirnverbrannt" Im Falle Richard Dawkins versuchten Oktars Jünger schon die Veröffentlichung von Dawkins "Gotteswahn" in der Türkei zu verhindern. Vergeblich, das Buch ist auch hier ein Bestseller. Erfolg vor Gericht hatten sie erst jetzt, als Dawkins auf seiner Webseite über Oktars "Atlas der Schöpfung" schrieb, ein Manifest gegen die Evolution, das Oktar an Schulen und Journalisten in ganz Europa verschickt. Dawkins nannte den Fotowälzer "atemberaubend hirnverbrannt". Die Lehrergewerkschaft hatte das Buch, das auch an alle türkischen Schulen geht, ebenfalls scharf kritisiert. "Wir verteidigen immer die Meinungsfreiheit", sagte Seda Aral, die Sprecherin von Oktar, der SZ: "Aber auf den Webseiten sind viele Beleidigungen gegen uns. Sie sind zu weit gegangen."
Der türkische Kreationist Adnan Oktar lässt landesweit von Gerichten Webseiten sperren, die seine Botschaft kritisieren - mit wachsendem Erfolg.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/mordfall-michelle-ein-land-sucht-einen-moerder-1.708839
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Mordfall Michelle - Ein Land sucht einen Mörder
00/05/2010
Um den Mörder der achtjährigen Michelle zu finden, hat die Leipziger Polizei ihre Sonderkommission noch einmal aufgestockt. Man habe Spezialisten des Landeskriminalamtes eingebunden, sagte Polizeipräsident Bernd Merbitz. Detailansicht öffnen Klicken Sie auf die Grafik, um Michelles Heimweg zu sehen. (Foto: Grafik: SZ) Sogenannte "Profiler" sollen versuchen, aus den Spuren, die an Tatort und Leiche gefunden wurden, Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Täters zu ziehen. Am Freitagnachmittag sollte die Leipziger Feuerwehr außerdem das Wasser aus dem Teich abpumpen, in dem Michelles Leiche gefunden worden ist. Die Polizei hat zahlreiche Hinweisen aus der Bevölkerung bekommen. Eine heiße Spur, so hieß es, sei aber noch nicht darunter. Die Obduktion des Mädchens ergab, dass die Achtjährige einem Gewaltverbrechen zum Opfer fiel. "Michelle hat ein schreckliches Ende gefunden", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Hans Strobl. Zum Ablauf des Verbrechens macht die Leipziger Polizei einstweilen keine weiteren Angaben. Daher bleibt auch unklar, ob Michelle vor ihrem Tod missbraucht worden ist. Aus ermittlungstaktischen Gründen wolle man kein Wissen veröffentlichen, das nur der Täter besitzen könne, sagte Strobl. Das Verbrechen löste in Leipzig große Betroffenheit aus, Bürger legten Blumen, Briefe und Stofftiere vor Michelles Elternhaus und Schule nieder. Inzwischen ist die "Sonderkommission Michelle", auf 177 Beamte aufgestockt worden. Es ist die größte Soko in Sachsen seit der deutschen Wiedervereinigung . Allein acht Beamte sind damit beschäftigt, Videoaufnahmen von Kameras in Bussen und Bahnen auszuwerten. Nach Angaben der Polizei wurden seit Montag 1400 Personen befragt, darunter waren auch registrierte Sexualstraftäter. Auch der Abgleich der Sexualstraftäter-Datei mit Tatortspuren wurde am Freitag fortgesetzt. Zudem haben polizeiliche Suchtrupps in drei Tagen 180 Gebäude und Grundstücke in der Umgebung des Tatortes in Augenschein genommen. Offen blieb bislang vor allem eine Frage: Was meinte Michelle, als sie am Montag auf dem Weg zu ihrem Elternhaus einer Mitschülerin ankündigte, noch bei einem gewissen "L." vorbeizuschauen? Ein Mitschüler will das Mädchen außerdem kurz vor seinem Verschwinden mit einem unbekannten Mann auf einer Parkbank gesehen haben. Die achtjährige Michelle hatte am Montag am Ferienprogramm der Grundschule teilgenommen, in der sie die zweite Klasse besucht. Mit anderen Kindern war sie im Zoo gewesen, als sie sich gegen 15.30 Uhr von der Grundschule in der Martinstraße aus auf den Nachhauseweg machte. Mehr als zehn Minuten benötigte das Mädchen, das von seinen Eltern als sehr zuverlässig eingeschätzt wurde, dafür eigentlich nicht. Nachdem sich Michelle an der Ecke zur Oststraße von einer Freundin verabschiedet hatte, verlor sich jedoch ihre Spur. Am Donnerstagmittag entdeckte schließlich ein Spaziergänger ihre Leiche im Teich des Stötteritzer Wäldchens. Die Fundstelle ist weniger als zwei Kilometer von Michelles Elternhaus entfernt. Das Mädchen konnte zunächst nur aufgrund seines Körperbaus und seiner Kleidung identifiziert werden. Eine Identifizierung durch die Eltern hat noch nicht stattgefunden. Sie werden derzeit von Polizeipsychologen betreut. Das Stötteritzer Wäldchen sei in den vergangenen Tagen natürlich schon durchsucht worden, sagte Bernd Merbitz. Die "Auffindesituation" sei jedoch "sehr kompliziert" gewesen, erklärte er. Man habe sehr nah herangehen müssen, um die Leiche zu entdecken.
Sachsens Polizei bietet die größte Sonderkommission seit der Wiedervereinigung auf, um das Gewaltverbrechen an der achtjährigen Michelle aufzuklären.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/kinderpornoring-aufgedeckt-erfolgreiche-operation-smasher-1.704176
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"Kinderpornoring aufgedeckt - Erfolgreiche ""Operation Smasher"""
00/05/2010
Die Ermittlungsarbeiten liefen jahrelang und ohne Widerhall in der Öffentlichkeit: Mit akribischer Ermittlungsarbeit hat die Polizei ein internationales Pädophilen-Netzwerk aufgedeckt. Sie ermittelte Daten von Tausenden Internetnutzern aus 98 Staaten, die zwei Kinderpornos bei einem Provider im Bereich Konstanz heruntergeladen hatten, wie das Landeskriminalamt Bayern am Freitag mitteilte. Detailansicht öffnen Verteilung der Tatorte in Deutschland. (Foto: Foto: oh) Alleine in Deutschland gebe es 987 Verdächtige. Die Ermittlungen hätten 2006 begonnen und seien weitgehend abgeschlossen, erklärte die Polizei. Es gebe bereits erste Verhaftungen und Urteile. Man habe sich aber erst jetzt dazu entschieden, mit Informationen zur großangelegten "Operation Smasher" an die Öffentlichkeit zu gehen, erklärte ein Sprecher. "Es gab keine zentrale Untersuchungaktion", sagte LKA-Sprecher Christian Wacker zu sueddeutsche.de. Im Zuge der vielfältigen Ermittlungen seien alleine in Deutschland 1.000 PCs, 1.800 Videos und fast 45.000 Datenträger sichergestellt worden. Mehrere hundert Verdächtige seien bereits überführt, erklärte die Polizei. Meist seien es Männer. In drei Fällen habe sich herausgestellt, dass sich die Verdächtigen auch an ihren Töchtern vergangen hätten. Ein 41-Jähriger aus Schleswig-Holstein sei deswegen zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Er habe seine beiden Töchter und andere Mädchen fast täglich missbraucht. Ausgangspunkt der Ermittlungen waren zwei Kinderpornos auf einer Internetplattform im Bereich der Staatsanwaltschaft Konstanz, auf die die Beamten durch einen Hinweis aus Italien gestoßen seien. Auf den Videos würden ein zehn- und ein zwölfjähriges Mädchen jeweils massiv missbraucht, erklärte die Polizei. 48.000 Download-Protokolle übergeben Binnen eines Monats waren die Kinderpornos 48.000 mal heruntergeladen worden. Die Pädophilen hätten die Adressen der Filme über einschlägige Internetforen ausgetauscht. Der Betreiber, der laut Polizei nur den Speicherplatz für die Videos zur Verfügung gestellt hatte und nichts von den Inhalten wusste, übergab den Ermittlern die Download-Protokolle. Rund 7.500 Verbindungsdaten deuteten auf Nutzer aus Deutschland hin, allerdings konnten nur 987 Verdächtige ermittelt werden, da damals noch keine Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung existierte, wie die Polizei erklärte. 41.000 Daten wurden ins Ausland weitergeleitet. Auch dort hätten die Ermittlungen zu Verhaftungen geführt, erklärte die Polizei. In Österreich seien 80 Tatverdächtige ermittelt worden, in Polen 65, in der Türkei 53 und in Australien 38.
Jahrelang hat das bayerische LKA gegen ein internationales Pädophilen-Netzwerk ermittelt. Etwa tausend Verdächtigte wurden bislang gefasst.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/hunde-in-israel-haufenweise-genmaterial-1.702816
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Hunde in Israel - Haufenweise Genmaterial
00/05/2010
Tika Bar-On hat ein Herz für Hunde, aber keines für Häufchen. Die israelische Tierärztin leitet die Abteilung für herrenlose Vierbeiner in der Stadtverwaltung von Petach Tikwa, einer hässlichen Kleinstadt vor den Toren Tel Avivs mit einem allerdings sehr schönen Namen: "Tor der Hoffnung" heißt Petach Tikwa wörtlich übersetzt. An dieses Stadtmotto angelehnt, hat Frau Bar-On nun in der 190000-Einwohner-Stadt ein Projekt gestartet nach dem Motto "Kampf der Kacke". Detailansicht öffnen Terrier "Cäsar" in Frankfurt: Israelische Hunde haben es künftig schwerer. Ihre Notdurft wird registriert. (Foto: Foto: dpa) Es stinkt der Tierärztin, die selbst einen Hund und eine Katze besitzt, dass die tierlieben Bewohner Petach Tikwas zu faul oder "zu unerzogen" seien, um die stinkenden Verrichtungen ihrer Hunde aufzusammeln und in öffentlichen Mülltonnen zu entsorgen. "Als ich in diesem Sommer in Kalifornien war, habe ich in vier Wochen keinen Hundehaufen gesehen", staunt Bar-On noch heute. Bar-On hat ein Projekt ersonnen, das weltweit einmalig sei, sagt sie. Es soll für gute Luft und saubere Schuhsohlen sorgen: Mit einer DNS-Datenbank sollen Hundehaufen-Sünder ermittelt und zur Rechenschaft gezogen, das heißt zur Kasse gebeten werden, wenn sie Hundescheiße nicht entsorgen. Die Tierärztin konnte den Bürgermeister der Kleinstadt für die Idee gewinnen. Umgehend schaufelte er ein Budget frei für das auf zunächst sechs Monate angelegte Pilotprojekt im Stadtteil Neve Oz. Dort leben gut 400 Hunde. Auf Flugblättern und Postern fordert die Stadt nun die dortigen Besitzer auf, an Bar-Ons Projekt teilzunehmen. Bislang 50 Besitzer sind bereits in Bar-Ons Praxis aufgetaucht und haben dort eine DNS-Probe ihrer Vierbeiner anfertigen lassen. Bar-On demonstriert, wie schnell das geht: Mit einem riesigen Q-Tip streicht sie über das Zahnfleisch eines beigen Mischlingshundes namens Zachi. Im Labor wird anschließend die DNS des Hundes ermittelt. Derweil laufen Angestellte der Stadtverwaltung in Parks und auf Bürgersteigen von Petach Tikva Patrouille. Sehen (oder riechen) sie einen Hundehaufen, entnehmen sie eine Probe und ermitteln im Labor die DNS des Sünders. Falls der Besitzer an dem Projekt teilnimmt, ließe sich so ein Strafzettel an die richtige Adresse senden. 660 israelische Schekel, immerhin 130 Euro, kostet es, wenn man sich nicht überwindet, die stinkende Notdurft zu entsorgen. Bislang haben zwar, wie gesagt, nur 50 Hundebesitzer die DNS ihrer Vierbeiner registrieren lassen. Bar-On hofft aber, dass bis Ende des Jahres alle 400 Hunde von Neve Oz in ihrer Sünderkartei aufgelistet sind. Sie hat auch einen genialen Trick, wie sie skeptische Hundebesitzer überreden kann. Wenn es ihr Arbeitspensum erlaubt, setzt sie sich in den kleinen Park von Neve Oz und schaut Hunden dabei zu, wie sie ihr großes Geschäft verrichten. Wenn dann die Besitzer die Häuflein mit Plastiktüten auflesen und in Abfalleimer werfen, gibt Bar-On sich zu erkennen. Dann lobt sie die verdutzten Besitzer für vorbildliches Verhalten und schenkt ihnen Hundeknochen, Hundefutter oder Hundequietschenten als Belohnung.
Mit einer DNS-Datenbank will die israelische Tierärztin Tika Bar-On das Hundehaufen-Problem lösen - zumindest in ihrem Ort.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/postraeuber-ronnie-biggs-freiheit-zum-valentinstag-1.702535
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Posträuber Ronnie Biggs - Freiheit zum Valentinstag
00/05/2010
Er überfiel einen Postzug, brach aus dem Gefängnis aus, war 30 Jahre lang auf der Flucht und ließ es sich in Brasilien gutgehen. Nun könnte der legendäre britische Räuber Ronnie Biggs ein ganz besonderes Geschenk zum Valentinstag erhalten: Wie die Online-Ausgabe des Guardian berichtete, soll der gesundheitlich stark angeschlagene Mann frühzeitig aus der Haft entlassen werden. Den Familienangehörigen zufolge könnte der 79-Jährige am 14. Februar kommenden Jahres wieder auf freiem Fuß sein. Über den genauen Zeitpunkt entscheidet ein Bewährungsausschuss. Detailansicht öffnen Der legendäre britische Zugräuber Ronnie Biggs könnte bald wegen seines schlechten Gesundheitszustands begnadigt werden. (Foto: Foto: Reuters) Die Familie sucht nun im Norden Londons nach einem privaten Pflegeheim, in dem Biggs versorgt werden soll. Nach mehreren Schlaganfällen und einem Herzinfarkt wird er über eine Magensonde ernährt. Sprechen kann er nicht mehr. Wenn er sich mitteilen will, deutet er auf ein Buchstabenkärtchen. "Er ist sehr aufgeregt und glücklich über seine mögliche vorzeitige Entlassung", ließ sein Freund Mike Gray verlauten. "Er ist nicht länger eine Gefahr für die Öffentlichkeit. Und weil die Gefängnisse überfüllt sind, sollte er nun frei kommen." Gray hat gerade ein neues Buch über den Jahrhundert-Dieb veröffentlicht. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Biggs ins Rampenlicht zu setzen weiß. Berühmt-berüchtigt wurde der gelernte Zimmermann mit dem Überfall auf den königlichen Postzug im britischen Ledburn im Jahr 1963. Bei "The Great Train Robbery" ("Der Große Postzugraub") erbeutete eine Diebesbande rund 2,5 Millionen britische Pfund. Biggs, damals ein junger Familienvater, wurde zu einer Haftstrafe von 30 Jahren verurteilt. Kurze Zeit später brach er aus dem Gefängnis aus - der Beginn einer spektakulären Flucht über Frankreich und Australien nach Brasilien. Dort verbrachte er 30 Jahre seines Lebens. Verstecken musste er sich nicht: Weil es zwischen dem Vereinigten Königreich und Brasilien keine Auslieferungsvereinbarung gab, konnte es sich der Bankräuber erlauben, auch noch Werbung für sich zu machen: Ungeniert verkaufte er in aller Öffentlichkeit Tassen und T-Shirts mit seinem Konterfei, wurde zur Touristenattraktion. Er zeugte Kinder mit einer Brasilianerin und schrieb Drehbücher zur Verfilmung seiner Geschichte. Zahlreiche Bücher befassten sich mit seiner Biografie. Auch als Punksänger versuchte er sich, nahm Songs mit den "Sex Pistols" und den "Toten Hosen" auf. 2001 entschied sich der weltbekannte Dieb aus gesundheitlichen Gründen, seine Flucht zu beenden und in seine Heimat zurückzukehren. "Ich möchte als Brite in ein Pub gehen und eine Pint Bitterbier trinken" - so begründete er damals seinen Entschluss. Nach seiner Landung in der Nähe von London nahmen ihn Beamte des Scotland Yard fest und brachten ihn in ein Hochsicherheitsgefängnis. Zwei Jahre später wurde er aus gesundheitlichen Gründen in das Gefängnis von Norwich verlegt, wo er seitdem rund um die Uhr betreut wird. Den prominenten Bankräuber aber zu begnadigen, hatten die britischen Behörden stets abgelehnt - bislang.
Er hat erst ein Drittel seiner Haftstrafe verbüßt, aber schon bald könnte der legendäre britische Verbrecher Ronnie Biggs ein freier Mann sein.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/urteil-gegen-schoenheitschirurgen-brust-im-arm-1.702187
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Urteil gegen Schönheitschirurgen - Brust im Arm
00/05/2010
Weil er dutzende Patienten bei Schönheitsoperationen entstellt und in Lebensgefahr gebracht hat, ist ein ehemaliger Arzt in Frankreich zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Strafgericht von Marseille sprach den 59-Jährigen am Montag schuldig, unter "vollkommener Geringschätzung" seiner Patienten "Hinterzimmer-Medizin" betrieben zu haben. Detailansicht öffnen (Foto: Foto: iStockphotos) Die 96 Nebenkläger machten den Mediziner für Infektionen und starke Schmerzen wegen unzureichender Narkose verantwortlich; einige warfen ihm gar "Folter" vor. Der Angeklagte hatte in dem Prozess alle Vorwürfe zurückgewiesen und sich als "einen der größten Schönheitschirurgen der Welt" bezeichnet. Der Mediziner war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend, nachdem er während seines Prozesses nach Spanien geflüchtet war, wo er jetzt auf seine Auslieferung wartet. Laut Anklage hatte er zwischen 2000 und 2004 ohne Zulassung für seine Klinik unter widrigsten medizinischen und hygienischen Umständen schönheitschirurgische Eingriffe an Frauen und Männern vorgenommen. Vielfach mussten andere Ärzte nachoperieren. Eine Patientin klagte, weil ihr ein Brustimplantat durch einen Eingriff unter den Arm gerutscht war. Die Staatsanwaltschaft hatte mit vier Jahren Gefängnis die Höchststrafe für den Angeklagten gefordert. Ein Jahr sprach das Gericht nun zur Bewährung aus. Seine Opfer muss der Mann entschädigen, bereits im Januar 2007 wurde er endgültig aus dem französischen Ärzteverzeichnis gestrichen.
Manche Patienten sprechen von "Folter". Jetzt ist ein französischer Schönheitschirurg wegen lebensgefährlicher Fehler verurteilt worden.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/us-praesidentschaftswahl-die-sexy-schuelerin-und-der-candydate-1.700075
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"US-Präsidentschaftswahl - Die sexy Schülerin und der ""CandyDate"""
00/05/2010
Sie ist die Eishockey-Mama, sie ist die Fischerin aus Alaska, sie ist die gottesfürchtige Frau, deren Tochter ein uneheliches Kind erwartet: Um kaum eine Politikerin wird derzeit so kontrovers diskutiert wie um Sarah Palin, die republikanische Kandidatin um die amerikanische Vizepräsidentschaft. Ein Spielzeugunternehmen aus Connecticut macht sich die Popularität Palins zu Nutze - und glaubt sogar, anhand der Verkaufszahlen eine Prognose für die Wahl im November geben zu können. Detailansicht öffnen Sarah Palin als sexy Schülerin. (Foto: Foto: Herobuilders.com) Puppen, die die 44-Jährige nachbilden, gingen "weg wie warme Semmeln", sagte Emil Vicale, Chef des Unternehmens Herobuilders.com, das seit sechs Jahren Figuren von Persönlichkeiten aus Politik und Sport auf den Markt bringt. In den Vereinigten Staaten haben Actionfiguren berühmter Menschen und Comicfiguren eine lange Tradition - es gibt sogar Messen, Fantreffen und Tauschbörsen. Zehntausende Exemplare der Palin-Puppe seien bereits für 30 Dollar pro Stück verkauft worden. Damit lasse sie die beiden Präsidentschaftsbewerber John McCain und Barack Obama weit hinter sich. In Miniatur-Form ist die Vizepräsidentschaftskandidatin alles andere als konservativ: In einer Version sieht sie aus wie eine brave Version von Lara Croft. Mit Minirock und schwarzem Ledermantel steht sie da, das martialische Bild wird durch die strenge Frisur und die dicke Brille jedoch relativiert. Auch die Schulmädchen-Version trägt einen kurzen Rock, unter der Bluse ist ein knallroter BH zu sehen. Ihre Lippen sind geschminkt, als würde sie gerade zum ersten Date gehen. Während der Körper der Palin-Figur in China hergestellt worden sei, sei der Kopf hingegen in den USA "geformt und bemalt" worden, sagte Vicale. Nicht nur Palin, auch andere Politiker werden als Actionfiguren abgebildet. Barack Obama etwa wird als Beachboy porträtiert - mit nacktem Oberkörper und nur mit Handtuch bekleidet steht er da. Seinem Konkurrenten John McCain wurde zumindest ein weißes T-Shirt angezogen. In einer anderen Version ist McCain als PEZ-Spender erhältlich, Titel der Figur: der "CandyDate". Dem Firmenchef geht es nicht nur um den Profit - er glaubt, anhand der Zahlen den Ausgang der Präsidentschaftswahl vorhersagen zu können: "Während der beiden letzten Wahlen haben wir den Sieger auf Grundlage unserer Verkaufszahlen richtig vorhergesagt. Ich kann Ihnen sagen, dass es diesmal nun McCain und Palin werden - und das mit einem Erdrutschsieg."
Ein Spielzeugunternehmen portraitiert die Kandidaten im US-Wahlkampf als Actionfiguren - und stattet sie mit unterschiedlichen Attributen aus.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/touristenverschleppung-sechs-entfuehrer-erschossen-1.698422
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Touristenverschleppung - Sechs Entführer erschossen
00/05/2010
Das sudanesische Militär hat angeblich sechs der Entführer erschossen, die eine europäische Touristengruppe gekidnappt haben. Zwei weitere Entführer der elf Touristen, unter ihnen fünf Deutsche, seien festgenommen worden, hieß es offiziell in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Einzelheiten wurden am Sonntagabend nicht bekannt. Detailansicht öffnen Eine Reise in die Wüste hat sich für elf europäische Touristen in einen Alptraum verwandelt (Foto: Foto: AP) Es hat sich aber offenbar nicht um eine groß angelegte Befreiungsaktion gehandelt: Die 19 Geiseln - die elf Europäer und ihre acht ägyptischen Begleiter - befinden sich angeblich mit dem größten Teil der Entführergruppe in einem weit vom Ort des Schusswechsels entfernten "Versteck" im Tschad. Die kleinere Entführergruppe wurde Agenturberichten zufolge im Sudan aufgespürt. Die Berichte über den Ort widersprachen sich: Mal hieß es, sie seien nahe der Grenze zum Tschad gestellt worden; mal hieß es, dass sie sich auf dem Weg nach Ägypten befunden hätten. Demzufolge waren die von den sudanesischen Soldaten angegriffenen Entführer nicht mehr in unmittelbarer Nähe der Geiseln. Unklar blieb, wo im Tschad sich die Geiseln befinden sollen. Den Aussagen der beiden verhafteten Entführer zufolge werden sie von mindestens 35 weiteren Geiselnehmern im Tschad in der Region Tabbat Schadschara festgehalten. Die Reisegruppe aus fünf Deutschen, fünf Italienern und einer Rumänin war vor einer Woche in Südägypten von 20 Geiselnehmern im unzugänglichen Wüstengebiet von Gilf Kebir gefangen genommen worden. Sie bewegt sich seitdem im Dreiländereck zwischen Ägypten, dem Sudan, Libyen und dem ebenfalls nahe gelegenen Tschad. Die Entführer haben offenbar kein politisches Motiv, sondern sind allein am Lösegeld interessiert. Die Verhandlungen mit ihnen werden von Vertretern der deutschen Botschaft in Kairo und einem Krisenstab in Berlin geführt. Dem Vernehmen nach fordern sie eine Summe zwischen zwei und sechs Millionen Euro. Identität der Kidnapper noch immer unklar Den sudanesischen Angaben zufolge hatte das Militär einen Wagen voller Bewaffneter entdeckt. Da das Fahrzeug nicht angehalten habe, sei es verfolgt worden. Bei einem Feuergefecht seien dann sechs der acht Männer umgekommen. Die zwei Überlebenden hätten gestanden, in die Entführung verwickelt zu sein. Das Auswärtige Amt in Berlin konnte die Angaben aus Khartum zunächst nicht bestätigen. Erst am Morgen hatte die sudanesische Regierung mitgeteilt, dass die Entführer die Reisegruppe von Libyen zurück in den Sudan in die Nähe der ägyptischen Grenze gebracht hätten. Den Geiseln gehe es offenbar gut. Die Reisegruppe war in einer der entlegensten Gegenden Ägyptens entführt worden: Die Touristen und ihre ägyptischen Begleiter waren mit Geländewagen in den Gilf Kebir gefahren, eine Stein- und Sandwüste. Die Identität der Kidnapper ist noch immer unklar: Angeblich soll es sich um eine kriminelle Gruppe aus Ägyptern, Sudanesen und Tschadern handeln. Nach Angaben der sudanesischen Regierung ist einer der erschossenen Kidnapper ein Rebellenführer aus dem sudanesischen Bürgerkriegsgebiet Darfur.
Blutige Entwicklung in der Touristenverschleppung im Sudan: Streitkräfte haben nach eigenen Angaben sechs der Entführer getötet.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/finnland-jagd-sport-und-mord-1.696786
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Finnland - Jagd, Sport und Mord
00/05/2010
Studien zufolge kommen in dem nordeuropäischen Land auf 100 Einwohner 56 Pistolen und Gewehre. Damit liegt das Land hinter den USA und dem Jemen im internationalen Vergleich der Waffendichte auf Platz drei. Eine Erlaubnis für den Besitz einer Schusswaffe ist in Finnland relativ leicht zu bekommen. Das wurde schon im vergangenen Jahr nach dem Schulmassaker von Jokela kritisiert. Der 18-jährige Täter, der damals acht Menschen und sich selbst erschoss, hatte kurz zuvor ganz legal eine Lizenz für sein Mordwerkzeug erworben. Detailansicht öffnen Amokläufer Matti S. auf einer Internetseite (Foto: Foto: Reuters) Auch Matti S., der Amokläufer von Kauhajoki, verfügte seit August über die Erlaubnis für eine Kleinkaliberpistole. Allerdings ist noch unklar, ob diese auch die Tatwaffe war. Mitarbeiter des Rettungsdienstes wurden nach der Bluttat in den Medien mit der Aussage zitiert, in der Berufsschule sei mit einem großen Kaliber geschossen worden. Die weite Verbreitung von Schusswaffen in Finnland wird meist mit der ausgeprägten Jagdtradition begründet. In dem dünn besiedelten Land mit seinen ausgedehnten Wäldern werden oft schon Kinder und Jugendliche von ihren Eltern mit auf die Pirsch genommen. Das Jagen von Vögeln, Elchen und in manchen Gebieten auch Bären ist ein Volkssport, der von breiten Bevölkerungsschichten ausgeübt wird. Selbst zehntausende Teenager verfügen über eine Waffenlizenz. Es gibt darum eine große Mehrheit unter den Bürgern, die der Forderung nach härteren Kontrollen und Vorschriften eher skeptisch gegenüber steht, weil sie eine Beeinträchtigung ihrer Freizeitaktivitäten fürchtet. Gegner härterer Waffengesetze verweisen außerdem gerne auf die niedrige Kriminalitätsrate des Landes. So wollen sie belegen, dass die große Verbreitung von Pistolen und Gewehren in Finnland eigentlich kein Problem sei. Forderungen nach strengeren Vorschriften werden allerdings trotzdem immer wieder laut, insbesondere nach solch spektakulären Verbrechen wie den Schulamokläufen von Jokela und Kauhajoki. Die finnische Regierung hat in diesem Jahr bereits neue Regeln für die Ausstellung von Waffenscheinen ausgegeben. Seither muss jeder, der um die Erlaubnis für den Kauf eines Gewehrs oder einer Sportpistole ersucht, persönlich bei der Polizei vorsprechen. In der Diskussion ist seit dem Amoklauf von Jokela außerdem, die Altersgrenze für den Waffenschein von 15 auf 18 Jahre anzuheben. Obwohl eine solche Reform von der EU schon seit Jahren angemahnt wird, hatte Finnlands Regierung sich dieser Verschärfung lange verweigert. Zur Begründung hieß es, man wolle den Jugendlichen die Ausübung von Hobbys wie Jagen oder Sportschießen nicht erschweren. Wenige Stunden nach dem Amoklauf kündigte Innenministerin Anne Holmlund nun allerdings an, die Regierung werde die Waffengesetze von Experten überprüfen lassen, um festzustellen, ob sie weiter verschärft werden müssen.
Der Amoklauf in Kauhajoki wirft erneut ein Schlaglicht auf die weite Verbreitung von Schusswaffen in Finnland.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/ermordete-michelle-der-tod-und-das-maedchen-1.693439
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Ermordete Michelle - Der Tod und das Mädchen
00/05/2010
Das Gelände liegt nicht weit von der S-Bahntrasse entfernt, im Windschatten der Lotto-Zentrale, die ihren Sitz am Rande eines Friedhofs im Südosten von Leipzig hat. Hinter der rotleuchtenden Glücksspiel-Reklame wechseln sich schmutzig graue Gewerbehallen mit Grünflächen ab. In der benachbarten Friedhofsgärtnerei werden "Grablampen, Vasen und Schalen" feilgeboten, wie ein Schild am Zaun verkündet. Am Eingang der Gärtnerei herrscht an diesem Freitag rege Geschäftigkeit, Polizeibeamte gehen ein und aus. Detailansicht öffnen Am 18. August um 15.30 Uhr brach die achtjährige Michelle von der Schule auf, danach hat sie keiner mehr gesehen. (Foto: Foto: dpa) Später am Nachmittag werden sie mit ihren weißen Gummihandschuhen ein paar wohl verpackte Gegenstände hinausschleppen: Einen Stuhl und eine Zweiradkarre, deren Griff mit blauer Plastikfolie umwickelt ist, dazu ein hellblaues Kinderfahrrad, dessen Sattel ebenfalls von einer Schutzhülle umgeben ist. Die Fahnder wollen die beschlagnahmten Stücke auf Fingerabdrücke untersuchen: "Es geht um die Frage, ob die Dinge in Zusammenhang mit dem Verbrechen stehen oder nicht", sagt Polizeisprecher Andreas Loepki abends im Regionalfernsehen. Um welches Verbrechen es geht, muss der Beamte gar nicht mehr sagen. Jeder in Leipzig weiß, dass Michelle gemeint ist, jene achtjährige Schülerin, deren Leiche am 21. August in einem Entenweiher im Leipziger Südosten gefunden wurde, nur ein paar hundert Meter von der Friedhofsgärtnerei entfernt. Seither gibt es kaum ein anderes Gesprächsthema mehr in der Stadt. Kerzen und Blumen wurden in der Nähe des Fundortes aufgestellt, Taxifahrer haben sich einen Trauerflor an die Autoantenne gehängt, denn der Vater des getöteten Mädchen arbeitet gelegentlich auch als Taxifahrer. Und die örtliche Boulevardzeitung fragt in großen Lettern: "Warum kriegen sie Michelles Mörder nicht?" Ja, warum? Eine Sonderkommission mit 177 Beamten ist rund um die Uhr auf Spurensuche, die Beamten haben bereits viele hundert Nachbarhäuser nach Hinweisen abgeklappert, unterdessen werden die Biografien von etwa 250 wegen Sexualdelikten vorbestraften Delinquenten auf mögliche Verdachtsmomente untersucht. Offiziell hat die Polizei eine Nachrichtensperre über den Fall verhängt. Hinter vorgehaltener Hand aber berichten Kriminaler, die Ermittlungen seien kompliziert - weit schwieriger jedenfalls als die Fahndung nach dem Mörder des kleinen Mitja, der im Februar 2007 in einer Leipziger Gartenlaube traktiert und ermordet worden war. Damals hatte man ein Überwachungsfoto aus der Straßenbahn mit dem Konterfei des Mörders, eine Bäckereiverkäuferin hatte das Kind noch mit seinem Peiniger gesehen; überdies wies der Fundort der Leiche auf den Inhaber der Gartenanlage. Diesmal hat der Mörder ersichtlich kein öffentliches Verkehrsmittel benutzt, der Fundort liegt in einer Parkanlage, und es gibt keinerlei Zeugen, die das Mädchen am Tag seines Verschwindens, dem 18. August, später noch gesehen haben.
Im Fall der ermordeten Michelle hat die Leipziger Polizei neue Beweisstücke beschlagnahmt, offiziell aber noch keine heiße Spur.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/frankreich-moerderische-pilgerfahrt-1.689032
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Frankreich - Mörderische Pilgerfahrt
00/05/2010
Im brutalen Mordfall des elfjährigen Valentin, der in ganz Frankreich Entsetzen ausgelöst hat, gibt es einen schrecklichen neuen Verdacht: Der mutmaßliche Täter Stéphane Moitoiret, der den Jungen Ende Juli in einem Vorort von Lyon mit mehr als 40 Messerstichen getötet haben soll, könnte für viele, möglicherweise Dutzende ähnlich brutale Morde verantwortlich sein. Detailansicht öffnen Stephane Moitoiret wird verdächtigt, den 11-jährigen Valentin, der Ende Juli in Ostfrankreich tot aufgefunden wurde, ermordet zu haben. (Foto: Foto: AFP) Moitoiret, ein Herumtreiber, der religiösen Wahnvorstellungen nachhängen soll, wird nun verdächtigt, ein psychopathischer Serienmörder zu sein. Den Ermittlern kam dieser Verdacht, weil die Brutalität beim Mord an dem Elfjährigen der Vorgehensweise bei vier weiteren, bisher ungeklärten Bluttaten stark ähnelt. Da ist zum einen der Mord an der 20-jährigen Marine Boisseranc vor drei Jahren, deren Tötung mit etlichen Messerstichen ebenfalls einer Hinrichtung gleichkam. Ihr Vater behauptet: "Das Vorgehen des Täters ist das gleiche." Ähnlich grausam starb 1995 ein Transvestit im Rhônetal. Dies ist der am weitesten zurückliegende Fall im Puzzle der Ermittler. Einer der jüngsten rätselhaften Morde liegt erst ein Jahr zurück. Dabei hinterließ der Täter beim brutalen Mord an einer Frau in Compiègne eine DNS-Spur, die nun entschlüsselt wird. Und dann ist da der Mord an einem Priester im selben Dorf, in dem Moitoirets Mutter noch heute lebt. Die Mutter äußerte sich bereits in einem Interview mit der Zeitung Le Parisien über das angeblich gestörte Seelenleben des Stéphane Moitoiret. Bis zum 17. Lebensjahr sei ihr Sohn "ein netter Junge" gewesen. Er habe, wenn auch erfolglos, eine Konditorlehre begonnen, und alles schien in geordneten Bahnen zu verlaufen. Doch dann sei der Vater gestorben, und Moitoiret habe noch im selben Jahr die neun Jahre ältere Noëlla kennengelernt. Von da an habe sie ihren Sohn nicht wiedererkannt. Die Freundin und der heute 39-Jährige seien von Beginn an unzertrennlich gewesen. Per Anhalter seien sie seither quer durch Frankreich und Italien gefahren, hätten in Dorfkirchen übernachtet und den Kontakt zur Mutter weitgehend abgebrochen. Wenn beide mal ein paar Tage zu Besuch gekommen seien, hätten sie sich eingeschlossen, auch tagsüber. "Sie haben sich verfolgt gefühlt", erklärte die Mutter in dem Interview kurz nach der Verhaftung Moitoirets. Der Blick ihres Sohnes sei leer gewesen, die Augen hinter langen schwarzen Haaren verborgen. "Manchmal lebte er in einer anderen Welt", erinnerte die Mutter sich.
Ein in Frankreich brutal ermordeter Elfjähriger könnte Opfer eines Serientäters mit religiösen Wahnvorstellungen geworden sein.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/kirche-im-jahr-2008-gott-steh-uns-bei-1.688711
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Kirche im Jahr 2008 - Gott, steh uns bei!
00/05/2010
Natürlich dürfen Nonnen auch schön sein. Audrey Hepburn zum Beispiel, als junge Ordensschwester in Fred Zinnemanns Schmachtfetzen "Geschichte einer Nonne". Wunderschön. Detailansicht öffnen Lili Palmer ("Verschwörung der Herzen") hätte beim Nonnenschönheitswettbewerb auf einen vorderen Platz hoffen können. (Foto: Foto: cinetext) Leider - soll man sagen: Gott sei Dank? - sehen Nonnen nur selten aus wie Audrey Hepburn. Pfarrer erinnern ja meist auch nicht an Richard Chamberlain in "Die Dornenvögel". Sie erinnern meist eher an Fernandel, Otti Fischer oder Reinhard Marx. Aber das ist auch gar nicht entscheidend. Entscheidend ist, was sie zu sagen haben. Zum Beispiel, dass man dem Zeitgeist nicht hinterherhecheln soll, oder dass man seinen Nächsten lieben soll wie sich selbst, oder dass man sein Licht nicht unter den Scheffel stellen darf. Blöd nur, dass heute niemand mehr weiß, was ein Scheffel ist. Und Nächstenliebe klingt auch merkwürdig. Im Jahr 2008. Beichtstuhl im Foyer Vielleicht ist der neapolitanische Pater Antonio Rungi ja gerade deshalb auf die Idee mit dem Schönheitswettbewerb für Nonnen gekommen. Um die heutigen Menschen dort abzuholen, wo sie sind. An der Oberfläche nämlich. Der Pater forderte auf, im Internet über "Die Schwester des Jahres" abzustimmen. Sein Credo lautete: "Äußere Schönheit ist ein Geschenk Gottes, und wir dürfen sie nicht verstecken." Mittlerweile hat er sich von seiner Idee wieder distanziert. Die Kirche hat ein Problem: Sie leidet unter Kundenschwund. Darum macht sie gerne einen auf trendy. Früher war es noch so: Wer einen Brief aufgeben wollte, der ging zu Post; wer einen Schrank brauchte, ging zum Schreiner; wer verzweifelt war, der ging zum Pfarrer. Heute heißt die Post DHL, Hermes, Pin oder Ups, der Schreiner heißt Ikea, Lutz oder Scan und in Sachen Verzweiflung reicht das Angebot von der Wellness-Massage bis zum Dianetikzentrum. Die Kirche und ihre Mitarbeiter wirken da wie das Hirschgeweih, das man nach Omas Tod auf den Dachboden gebracht hat. Eigentlich möchte man es endlich wegwerfen. Und dann macht man es doch nicht. An der Adria haben sie kürzlich eine Kirchen-Hüpfburg aufgeblasen. Wahrscheinlich, um die Kinder von ihren Patchwork-Eltern und den Eishändlern am Strand wegzulocken und ihnen ein bisschen was über Jesus zu erzählen. Im "Erlebnishotel Santa Isabel" im Europapark Rust wiederum, wo sich jüngst sogar die Katholische Thomas-Morus-Akademie zu einem Wertewandel-Kongress traf, geht es zu wie in einem Kloster. Das Frühstück wird von Kuttenträgern serviert, im Foyer steht ein Beichtstuhl. Draußen, zwischen Zuckerwattebuden und Achterbahn, werben gleich mehrere Seelsorger für den Glauben. Willkommen in der Pop-Kirche des Jahres 2008: Bitte beachten Sie unsere reichhaltige Produktpalette! Kommen Sie, staunen Sie! Am Berliner Breitscheidplatz fanden sich dieser Tage zwei Container. In ihnen warteten engagierte Christen auf Passanten. Container - seit Big Brother weiß man das auch in der Kirche - begeistern die Menschen. Auf der nächsten Seite: Gospel-Aerobic und hippe Mönchsgesänge
Schönheitswettbewerbe für Nonnen, Gospel-Aerobic und aufblasbare Gotteshäuser - die Kirche im Jahr 2008 zeigt ungewohnte Gesichter.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/untersuchungsbericht-kevin-koennte-noch-leben-1.685923
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"Untersuchungsbericht - ""Kevin könnte noch leben"""
00/05/2010
Eine Vielzahl individueller Fehler und falsche Strukturen in den zuständigen Behörden seien für das tragische Schicksal des kleinen Kevin mitverantwortlich. "Kevin könnte noch leben, wenn man gehandelt hätte", sagte der Vorsitzende des Gremiums, Helmut Pflugradt (CDU). "Den Ausschussmitgliedern ist bewusst gewesen, dass das Kind unvorstellbare Qualen erlitten hat. Kevin hatte 25 Knochenbrüche an 19 verschiedenen Stellen." Detailansicht öffnen Sarg des kleinen Kevin (Foto: Foto: dpa) Der zwei Jahre alte Kevin, der unter Vormundschaft des Jugendamtes stand, war am 10. Oktober vergangenen Jahres tot im Kühlschrank seines drogensüchtigen Ziehvaters entdeckt worden. Gegen den Mann erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Mordes. Er sitzt zur Zeit in einer geschlossen psychiatrischen Abteilung eines Bremer Klinikums. Dem so genannten Casemanager, dem für Kevin zuständigen Sozialarbeiter, seien schwerwiegende Fehler unterlaufen, sagte Pflugradt. Er habe während der gesamten Zeit notwendige Maßnahmen nicht ergriffen oder umgesetzt, die dem Wohle des Kindes gedient hätten. Gegen den Sozialarbeiter und gegen den Amtsvormund laufen strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Vernachlässigung der Fürsorgepflicht. Ebenso gab es nach Auffassung der Ausschussmitglieder schwere strukturelle Mängel im zuständigen Amt für Soziale Dienste der Hansestadt. So sei in vielen Fälle zum Beispiel die Aktenführung mangelhaft gewesen. Vorgesetzte des zuständigen Sozialarbeiters hätten die Akten nicht gelesen. "Fehlende Finanzen waren nicht ausschlaggebend für den Tod Kevins. Es hat zahlreiche Angebote gegeben, die vom Ziehvater nicht angenommen wurden. Es ist Geld bereitgestellt worden", sagte Pflugradt. Die Tragödie hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Nach Bekannt werden von Kevins Tod waren bereits früh massive Vorwürfe gegen die Bremer Sozialbehörde laut geworden. Unterschiedliche Stellen in der Behörde waren über das Schicksal des kleinen Jungen informiert gewesen. Am Tag nach dem schrecklichen Leichenfund war die damalige Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) zurückgetreten. Schon wenige Wochen später lagen eine Vielzahl erschreckender Fakten auf dem Tisch. Kevin wurde misshandelt. Im Obduktionsbericht wurden die Qualen des Jungen deutlich, er hatte zahlreiche Knochenbrüche. Das Kind einer HIV-infizierten, drogensüchtigen Mutter litt an Mangelerscheinungen.
Schwere Fehler der Behörden, unvorstellbare Qualen des Kindes: Der Bericht des Bremer Untersuchungsausschusses zieht ein trauriges Fazit.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/mittlerer-westen-der-usa-tornado-verwuestet-kleinstadt-1.682573
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Mittlerer Westen der USA - Tornado verwüstet Kleinstadt
00/05/2010
Dem schweren Sturm in Greensburg im Mittleren Westen der USA fielen mindestens sechs Menschen zum Opfer, sagte Stadtdirektor Steve Hewitt. Ein weiteres Todesopfer wurde nach Angaben des Kansas-Rettungsdienstes außerhalb des Stadtgebietes geborgen. Außerdem hätten 16 Personen lebensgefährliche Verletzungen erlitten. 95 Prozent aller Häuser in der 1500 Einwohner zählenden Gemeinde seien komplett zerstört worden, sagte Hewitt. "Es gibt keineinziges Gebäude, das nicht beschädigt wurde." Detailansicht öffnen Greensburg (Kansas, USA) nach der verheerenden Sturmnacht. (Foto: Foto: AP) Die Behörden riefenden Notstand aus und ordneten die Räumung der Stadt an. Der Tornado zerstörte auch ein Krankenhaus und Altenheim. Die 30 Patienten und 28 Senioren seien mit leichten Verletzungen aus den Trümmern ihrer Gebäude gerettet worden, sagte eine Reporterin des Senders KWCH. "Es ist ungeheuerlich, wenn man über das Gebiet fliegt, sieht man nichts als Trümmer", sagte Sharon Watson vom Kansas-Rettungsdienst. Stadtdirektor Hewitt bat Behörden und Bürger um Hilfe. "Es ist eine gewaltige Katastrophe für den kleinen Ort",sagte er. "Ich weiß noch nicht, wie wir die Stadt wieder aufbauen." Nach Angaben der Stadtverwaltung haben die meisten Einwohner von Greensburg, dem Verwaltungszentrum des Bezirkes Kiowa, alles verloren. Die Rettungs- und Bergungsarbeiten würden behindert, weil das Telefonsystem zusammengebrochen sei. Darüber hinaus hätten auch alle Mitarbeiter von Behörden ihr Eigentum verloren und müssten sich um ihre Familien kümmern. Der Tornado traf Greensburg am späten Freitagabend um 21.45 Uhr Ortszeit. Die Windhose schlug eine mehr als einen Kilometer breite Schneise der Zerstörung. Der Hurrikan-Jäger Darin Brunn beschrieb den Tornado als massiv und sich langsam bewegend. Der lokale Fernsehsender KWCH zeigte, wie Überlebende in der Dunkelheit aus den Trümmern ihrer Häuser kletterten. Die Menschen berichteten, dass sieerst 20 Minuten vor der Katastrophe gewarnt worden waren. Der Tornado habe sich angehört wie ein heran rasender Zug. Die Häuser seien dann regelrecht über ihren Köpfen explodiert. Der Tornado stieß Autos um und riss die Zapfsäulen einer Tankstelle heraus. Bäume knickten um. "Wenn Sie nach den Bildern aus der Nacht gedacht haben, das sei schockierend, dann ist das nichts imVergleich zu dem Anblick, der sich bei Tageslicht bietet", sagte eine Reporterin.
Ein gewaltiger Tornado hat binnen weniger Minuten eine Kleinstadt im US-Bundesstaat Kansas in ein Trümmerfeld verwandelt.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/london-millardengrab-mit-neuer-bestimmung-1.682049
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London - Millardengrab mit neuer Bestimmung
00/05/2010
Das Ding mit seinen auffälligen Streben über der Teflonkuppel sieht man bei klarem Himmel schon von weitem im Anflug auf Heathrow, oder wenn man mit der Bahn an der City von London vorbei in Richtung Osten fährt: Der Millennium Dome, Tempel des Größenwahns des frühen Tony Blair, steht da im Stadtteil Greenwich wie ein stummes Mahnmal für mehr Besonnenheit in der Politik. Zwölf Milliarden Euro an öffentlichen Geldern wurden in dem Oval verbaut und verplempert. Detailansicht öffnen 12 Milliarden Euro teuer - und absolut nutzlos: Der Millenium Dome in London (Foto: Foto: dpa) 400.000 Euro monatlich kostet es nach wie vor, den Dome in Stand zu halten. Seit dem Turmbau zu Babel sind wenige Bauwerke auf der Welt von ähnlich monströser Nichtsnutzigkeit entstanden. In diesen Tagen hat das vormalige Wort des Bauherrn Blair eine besonders bittere Note bekommen. Ein "Schaustück für New Labours Vision von Großbritannien im nächsten Jahrtausend", hatte er den Dome 1997 in seinen ersten Monaten als Regierungschef genannt. Dieses Blair-Wort konsequent zu Ende gedacht, wäre die Vision von New Labour die Verarmung der Gesellschaft, die Obdachlosigkeit, der Suff. Denn bis zum 30. Dezember hat die Hilfsorganisation Crisis dem nutzlosen Monstrum für ein paar Tage einen sozialen Sinn gegeben: Bis zu 1500 Obdachlose Londons werden auf einem Drittel der Fläche des Gebäudes beherbergt und versorgt. Eine besonders hilfreiche Geste, da sich über die Weihnachtstage ungewohnte Kälte über die Metropole legte, mit nächtlichen Tiefstwerten von minus sechs Grad. Neben Tee und Essen wird den Heimatlosen die Möglichkeit gegeben, in einem "Inspirationsbereich" Anregungen für eine Rückkehr in ein geregeltes Leben zu finden. Viel Inspiration ist schon lange gefragt, wenn es um die Zukunft dieses "weißen Elefanten" geht, wie im Englischen etwas völlig Nutzloses genannt wird. Zur Jahrtausendwende gab es in 14 Arealen mit verschiedenen Themengebieten wie Arbeit, Geld und Kommunikation viel Firlefanz, aber wenig Substanz. Wenn jährlich zwölf Millionen Besucher umgerechnet 30 Euro Eintritt hingelegt hätten, wäre die Rechnung aufgegangen. Nach dem ersten Jahr waren es aber nur sechs Millionen, und der Abstieg des Bauwerks nahm seinen Anfang. Im Jahr 2002 verschenkte die Regierung das Gebäude an eine Investorengruppe inklusive der Zusage, die Instandhaltungskosten weiterzutragen. Der Ideen sind seither hochtrabend. Das vom Architekten Richard Rogers entworfene Riesenzelt soll in eine Sport- und Konzertarena umgebaut, das Areal mit Tausenden Wohnungen und Büros bebaut werden. Einstweilen aber hangelt sich die Kuppel von Zwischennutzung zu Zwischennutzung. Vor den Obdachlosen waren im Oktober des ablaufenden Jahres 5000 Teilnehmer eines internationalen Sozialforums in einer Art provisorischer Riesen-Jugendherberge im Dome untergebracht. Für umgerechnet 15 Euro und bei selbst mitgebrachtem Schlafsack.
Der Millennium Dome in London sollte die Zukunft Großbritanniens symbolisieren - nun beherbergt er Obdachlose.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/london-fashion-week-mode-fuer-marilyn-1.681881
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London Fashion Week - Mode für Marilyn
00/05/2010
Die Rückkehr zum Glamour der 50er Jahre bestimmt das Bild auf den Laufstegen der London Fashion Week. Simplizität, femininer Stil und eine reiche Auswahl von Pastellfarben sind Hauptmerkmale der Saison 2004, wie der irische Designer Paul Costelloe bei der Eröffnung am Samstag sagte. Auf insgesamt 50 Modenschauen stellen in den nächsten fünf Tagen mehr als 100 Designer ihre Kreationen vor, darunter Arkadius, Ashley Isham, Julien MacDonald, Pringle, Paul Smith und Sophia Kokosalaki. Die Veranstalter erwarten etwa 4000 Besucher. Zur Preisvergabe haben sich die Hollywood-Stars Pamela Anderson und Renée Zellweger angesagt. Detailansicht öffnen Kreation von Boudicca (Foto: Foto: dpa) Die normalerweise für ihre Unkonventionalität berühmten Londoner Modeschöpfer zeigten sich auf den Schauen am Samstag erstaunlich zahm - mit eskapistischen Tendenzen. Vor allem bei Costelloe, Ashley Isham, J Maskrey und Jenny Packham ließ sich eine Rückkehr zu altmodischem Glamour erkennen. Glitzereffekte überall: Auf den Laufstegen funkelten Lurex, Pailletten und Strass. J Maskrey klebte seinen Mannequins die Strass-Elemente sogar direkt auf den Körper. Stoffe wie Chiffon, Satin, Seide und Satin glänzten und schmeichelten. Mit der neuen Liebe zum Glamour ging der Trend zur Damenhaftigkeit einher. Röcke und Kleider in allen Längen und Formen dominierten die Laufstege. Hosen - bevorzugt superknappe Hot Pants - kamen nur am Rande vor. Nachdem bei der diesjährigen Wintermode die Sechziger ein Comeback feierten, kündigt sich für den kommenden Sommer eine Renaissance der fünfziger Jahre an. Vor allem weit schwingende Tellerröcke waren überall zu sehen, aber auch Bleistiftröcke. Viele Kleider und Oberteile waren schulterfrei, oft trägerlos oder mit Halterneck-Tops im Stil von Marilyn Monroe. Dem Himmel so fern Jenny Packham, J Maskrey und Ashley Isham zeigten vor allem Abendmode, die jedem Hollywoodstreifen der 40er und 50er Jahre Ehre gemacht hätte. Costelloe gibt als Inspirationsquelle den Hollywood- Film "Dem Himmel so fern" an, der in einem Ambiente der 50er Jahre spielt. Auch J Maskrey kündigte schon im Vorfeld Hollywood-Glanz der alten Schule für seine Kollektion an. Einige Designer wie der ehemaliger Yamamoto-Schüler Justin Oh und die Polin Katarzyna Szczotarska, die für Martin Margiela arbeitete, interpretierten den neuen femininen Trend mit waghalsigeren, jüngeren, "dekonstruktivistischen" Schnitten. Aber auch sie setzten auf Kleider, Röcke und fließende Linien. Wie alle Designer feierten sie die Abkehr von der Farbe schwarz: Die Frühjahr-Sommersaison wird bunt in allen Regenbogenfarben. Die Fahne des Rebellentums und der Provokation der Londoner Mode hielt das Label Arkadius hoch, das traditionell nie ohne eine politische Botschaft auskommt. Der in Polen geborene Chefdesigner des Labels präsentierte in vielfachen Varianten Kleider (und Hosen), auf denen er Symbole verschiedener widerstreitender politischer Auffassungen zusammenfügte: Palästinensermuster mit Davidstern, Elemente der amerikanischen Flagge mit Dollarnoten und Freiheitsstatue, manchmal alles in einem einzigen Kleidungsstück. Das letzte Stück seiner Schau war ein großes, weißes Abendkleid mit zwei dreidimensional applizierten Friedenstauben. Von einer der Tauben ging eine lange rote (Blut-)Spur aus aufgenähten Federn aus, die sich bis auf die lange Schleppe ergoss. "London ist immer offen für neue und ungewöhnliche Ideen", kommentierte Designer Arkadius Weremczuk sein Werk. (sueddeutsche.de/dpa, von Hana Goodhart)
London feiert die 50er Jahre. Mit Pailletten und Strass holen die Designer altmodischen Glamour auf den Laufsteg. Erste Eindrücke von der London Fashion Week.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/streiflicht-maennersache-1.681294
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Streiflicht - Männersache
00/05/2010
Am Tage vor dem Vatertag, vier Tage vor dem Muttertag, ist es Zeit, innezuhalten. Und sich zu fragen, was die vergangenen Wochen denn waren. Ein Traum? Ein Albtraum? Oder ein Märchen, gut oder böse? Diese Antwort jedenfalls kann man schnell geben: Sie waren eine reine Männersache. Bei Tag und bei Nacht regierten die Herren der Schöpfung über die Bilder und Nachrichten. Der Papst und die Kardinäle auf dem Petersplatz. Joschka Fischer und die Großinquisitoren im Visa-Ausschuss. Marx und Müntefering, brüderlich vereint. Die Meistermänner des FC Bayern und ihr rituelles Weißbierbad, igitt! Wer umschaltete zu den Kulturkanälen, begegnete auch dort nur den Kraftkerlen: dem Superdichter Schiller vor allem und seinen megastarken Mannsgestalten. Und nun kommt auch noch der männlichste aller Männertage, der Vatertag, mitsamt seinen sattsam bekannten Fröhlichkeitsexzessen und Trunkenheitsorgien. Detailansicht öffnen Ein Mann döst in Leipzig am Vatertag auf seiner Bierkiste. (Foto: Foto: dpa) Die Frauennachrichten der letzten Wochen hingegen klangen eher zaghaft und betrüblich, und sie betrafen ausgerechnet die Berühmten und die Schönen - hier ein paar Schlagzeilen: ¸¸Nadja Auermann glaubt nicht an Märchen". ¸¸Warum Eva Herman ihren Millionär verlassen hat". ¸¸Quelle verzichtet auf Claudia Schiffer". Da ist es gut, dass uns kurz vor dem Muttertag auch eine beglückende Meldung erreichte. Man fand sie natürlich nicht bei den dicken Schlagzeilen auf der Seite 1 (dem Deutschen fehlt der Wille zum Kind), sondern im Vermischten: Die serbische Bäuerin Zlatija Jovic, 67 Jahre alt, sieht Mutterfreuden entgegen, woran neben einem gnädigen Gott gewiss auch ihr Ehemann Miodrag, 53, seinen gerüttelten Anteil hat. Die späte Mutter ist frohgemut, sie fürchtet sich nicht. In aller Seelenruhe geht sie ihren täglichen Arbeiten nach (¸¸Ich koche, putze, wasche, mache Feldarbeit"), was erneut die Vorzüge eines einfachen, erdverbundenen Lebens beweist. Niemals nämlich wird Zlatija Jovic einen Millionär verlassen müssen (höchstens ihren Miodrag), und sie wird auch niemals Model bei Quelle, und trotzdem ist Miodrag ihren weiblichen Reizen erlegen. Wer dem Vatertagshorror und dem Muttertagskitsch entkommen will, kann natürlich am einen Tag Christi Himmelfahrt feiern, am anderen Tag das Ende des Krieges. Oder er kann tun, was Zlatija und Miodrag tun: kochen, putzen, waschen, Feldarbeit und das Übrige. Man kann aber auch in der Bibel lesen, die unglaubliche Geschichte von Abraham und Sarah, die noch viel älter waren als das serbische Paar, da Isaak kam, ihr herrliches Kind. Der Name Isaak, so erzählt nun unser liebes Lexikon, bedeutet: ¸¸Gott möge lächeln". Letzte Frage, mit der Bitte um eine kurze Antwort: Warum lächelt Gott? Weil er an Märchen glaubt. Das, aber womöglich nicht nur das, unterscheidet ihn von Nadja Auermann.
Joschka, der Papst, Marx und Müntefering bestimmen unsere Welt. Eine Welt zwischen Vatertagshorror und dem Muttertagskitsch. Mannomann.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/weissweine-beyond-the-clouds-1.680363
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"Weißweine - ""Beyond the Clouds"""
00/05/2010
Elena Walch hat bereits mit einem tollen Gewürztraminer sowie ihren geschmeidigen Rotweinen auf sich aufmerksam gemacht. Nun hat die einzige Winzerin Südtirols eine ganz neue Kreation auf den Markt gebracht. "Beyond the Clouds" heißt dieser ungehalten aromatische und saftige Wein, der so wunderbar zu trinken ist, dass wir ihn ohne zu zögern zu den schönsten im Stiefelland produzierten Weißweinen zählen. Detailansicht öffnen Über den Wolken 2000 - eine neue Cuvée von Elena Walch, deren Trauben auf in wolkennahen Höhen wachsen. (Foto: Foto:) Überwiegend aus Chardonnay-Trauben produziert, versucht er nicht große Burgunder, opulente Kalifornier oder Australier zu kopieren. Diese ja auch nicht besonders originelle Strategie, die seltsamerweise noch immer in aller Herren Länder Anwendung findet, hat sich Elena Walch verkniffen. Stattdessen ist "Beyond the Clouds" ein unverkennbar südtirolerischer Wein geworden. Neben Chardonnay sind auch Traminer, wahrscheinlich Muscat und Gewürztraminer sowie Sauvignon Blanc in den Wein geflossen. Alle Trauben wurden ´gleichzeitig gelesen, zusammen in Barriques vergoren und anschließend in selbigen zehn Monate lang ausgebaut. Das Fruchtbukett dieses kräftig gelben Erstlings aus dem Jahrgang 2000 ist üppig, exotisch und - unwiderstehlich. Es sind die blumigen Noten des Traminers und das Parfüm des Muscats, die zunächst in die Nase steigen und den Mund bewässern. Erst mit der Zeit gesellen sich die für Chardonnay typischen Fruchtaromen hinzu, garniert mit zarten Vanillenoten. Am Gaumen erweist sich die Cuvée als enorm saftig, dicht und füllig, entbehrt deswegen aber nicht der Eleganz und Frische. Das opulente Gesamtkunstwerk wird von einer sehr guten Säure und einem durchaus kräftigen Körper gehalten und pefekt ausbalanciert. Selten wirken 13,5 Prozent Alkohol so beschwingt und animierend. Ein idealer Wein für den Sommer, zum Essen oder zum Quatschen. Denken Sie nicht ans Lagern, sondern ans Trinken! Auch dafür sollte man nie zu wenig Flaschen haben. Beyond the Clouds MM, Elena Walch, Tramin (Südtirol) Preis: ca. 32 € Bezugsquellenangabe über das Weingut, Fon: 0039/0471/860172 Bezusquelle Deutschland: DC Gesellschaft für Weinimporte Fon: 06192/209 70 Fax: 06192/227 56 Mail: mail@dcwein.de
Mit ihrer neuesten Schöpfung ist Elena Walch einer der aromatischsten und saftigsten Weißweine Italiens gelungen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/hollywood-ein-preis-ja-ein-spottpreis-1.678764
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Hollywood - Ein Preis? Ja, ein Spottpreis!
00/05/2010
Tom Cruise (43) hat die "Goldene Himbeere" als "nervendste Zielscheibe der Klatschpresse" gewonnen. Mit seiner zur Schau gestellten Begeisterung für seine Freundin Katie Holmes habe er die Auszeichnung mehr als verdient, sagte John Wilson, der Vorsitzende der Stiftung, die den Spottpreis vergibt. "Auf dem Eiffelturm einen Heiratsantrag zu machen und dann wie der Affe Coco auf Oprah Winfreys Couch herumzuhüpfen, deutet wirklich auf ein ernst zunehmendes Problem hin", sagte Wilson bei der alljährlichen Preisverleihung in Los Angeles. Detailansicht öffnen Das ist Paris Hilton. Sie erbt mal eine Hotelkette und ist auch schon mal Schauspieler-Darstellerin (Foto: Foto: Reuters) Paris Hilton bekam die Goldene Himbeere in der Kategorie "Schlechteste Nebendarstellerin" für ihre Rolle in dem Horrorfilm "House of Wax". "Sobald ich hörte, dass sie in dem Film mitmachen würde, wusste ich, dass sie gewinnen würde", sagte Wilson. Nicole Kidman und Will Ferrell wurden als schlechtestes Leinwandpaar für die Komödie "Verliebt in eine Hexe" prämiert. Die Abräumerin des Abends aber war Jenny McCarthy: Das Ex-Playmate erhielt gleich drei "Razzies" (Himbeeren) - als Hauptdarstellerin, Drehbuchautorin und Produzentin der Komödie "Dirty Love", die auch als schlechtester Film des vergangenen Jahres gewürdigt wurde. Rob Schneider gewann für die Komödie "Deuce Bigalow: European Gigolo" die Himbeere für den schlechtesten Hauptdarsteller. Die Spottpreise werden traditionell am Tag vor der Oscar-Gala vergeben, um die oft selbstgefällige Filmbranche aufs Korn zu nehmen.
Es gibt Auszeichnungen, die sind schmeichelhafter. Tom Cruise und Paris Hilton haben die "Goldene Himbeere" gewonnen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/berlin-unwetter-fegt-fanmeile-leer-1.678419
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Berlin - Unwetter fegt Fanmeile leer
00/05/2010
Ein heftiges Unwetter über Berlin hat am frühen Samstagabend erneut den Ausnahmezustand bei der Feuerwehr ausgelöst. Über der Hauptstadt gingen schwere Gewitter zum Teil mit Hagelschauern nieder. Detailansicht öffnen Ein heftiges Gewitter überflutete Berlins Straßen (Foto: Foto: AP) Die Polizei ließ die Fanmeile am Brandenburger Tor zum DFB-Pokalfinale VfB Stuttgart-1.FC Nürnberg räumen. Die meisten Fußballfans seien in den nahen Park geflüchtet, sagte ein Sprecher der Veranstalter. Zu Beginn des Spiels, als das Unwetter vorbei war, versammelten sich nach Veranstalterangaben 100.000 Besucher auf der Fanmeile. Auch die Übertragung des DFB-Pokalspiels der Frauen wurde unterbrochen und die Leinwand vorrübergehend herunter gefahren. Über dem Olympiastadion ging das Unwetter gerade zur Halbzeitpause des DFB-Pokalspiels der Frauen 1. FFC Frankfurt gegen den FCR 2001 Duisburg nieder. Danach konnte das Spiel wie geplant fortgesetzt werden. Im Berliner Stadtteil Wilmersdorf stürzte das Dach eines Wohngebäudes ein. Verletzt wurde nach Angaben der Feuerwehr niemand. Die Mieter konnten sich in Sicherheit bringen. Bei einem heftigen Gewitter im Erzgebirge begrub eine Schlammlawine in der Ortschaft Helbigsdorf die Dorfstraße unter sich. Teile des Ortes wurden überflutet, Keller liefen voll Wasser, teilte die Polizei mit. Bereits am Freitagabend waren Unwetter über weite Teile Deutschlands gezogen. Berlin war auch davon betroffen.
Heftiger Regen, Blitze und Hagelschauer haben Berlin heimgesucht. Zehntausende Zuschauer mussten fluchtartig die Fanmeile zum DFB-Pokalspiel verlassen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/sommerloch-1983-der-gruene-grabscher-1.678407
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Sommerloch 1983 - Der grüne Grabscher
00/05/2010
Der Bundestag ist so leer im Sommer 1983. Die Korridore sind verwaist, die Gesetze verräumt - das Herz unserer Demokratie, es pocht nur leise. Einsam wacht der Grünen-Abgeordnete Klaus Hecker und sehnt sich nach dem Herbst, wenn die Gesetzesblätter wieder fallen. Dabei wird er so wehmütig, dass er ein paar Fraktionskolleginnen an die Brüste langt. Um den Schmerz zu lindern. Detailansicht öffnen (Foto: Foto: iStock) "Neun von zehn Frauen wollten das doch so", verteidigt sich Hecker, bezeichnet seine Tat aber immerhin als "unmöglich". Den weiblichen Fraktionskolleginnen erklärt er sein Verhalten in einem offenen Brief als "Ausdruck von Verlassensein und den Versuch, sich Menschen näher zu bringen." Die Grünen-Fraktion tobt. Korrektur: Ihr weiblicher Teil tobt. Gerade sind sie in den Bundestag eingezogen und angetreten, den CDU-Abgeordneten die Zoten auszutreiben, da kommt ein bärtiger Ingenieur aus den eigenen Reihen und langt den Grünen von hinten ans Prinzip. Ein schwarzer Tag für die Partei, ganze Wälder sterben aus Protest. Selbst Franz Josef Strauss ist so erschüttert, dass er der DDR einen Milliardenkredit verschafft, was ihn wiederum sehr einsam macht. Denn die Seinen hassen ihn dafür und treten massenhaft aus der CSU aus. Beim Parteitag bekommt der Ober-Bayer nur 77 Prozent, im Land der Politbüroquoten ist das wie Palastrevolte. Der Gewatschte sucht Trost bei Erich Honecker, den er "privat" am Werbellinsee trifft. Danach spekuliert mancher sogar über eine baldige Moskaureise des neuroten Franz Josef. Die unternimmt dann aber doch Kanzler Helmut Kohl, der sich im übrigen in allem hinter Strauss stellt. Vielleicht auch um sich dort vor der dräuenden Flick-Affäre zu verstecken. Später in diesem Sommer taucht Kohl ganz ab, wie immer im Wolfgangsee. Dem Busen-Grabscher Hecker legt die Grünen-Fraktion im August basisdemokratisch nahe, sich freiwillig zum Rücktritt zu entschließen. Die Frauengruppe in der Fraktion will möglichst bald eine Dokumentation über "Fälle sexueller Ausbeutung am Arbeitsplatz" vorlegen. Hecker entschließt sich zu gehen. Dann kommt der Herbst. Die Korridore des Bundestags bevölkern sich, der politische Trubel kehrt zurück. Nur das Büro des Klaus Hecker, einst so voller Leben, bleibt einsam und verwaist.
Sommerpause im Bundestag: Kanzler Kohl urlaubt am Wolfgangssee, im Bundeshaus sind die Flure leer, das Plenum verwaist. Die Grünen-Fraktion tobt. Warum?
https://www.sueddeutsche.de/panorama/beckham-als-kunst-pst-david-schlaeft-1.677947
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Beckham als Kunst - Pst, David schläft
00/05/2010
Ausschließlich der Kunst zuliebe hat sich Fußballstar David Beckham ganz alleine mit einer jungen Frau und einer Videokamera in ein Hotelzimmer in Madrid zurückgezogen. Dabei entstand ein Werk der britischen Videokünstlerin Sam Taylor-Wood, das seit Dienstag in der National Portrait Gallery in London präsentiert wird: Es zeigt den Mittelfeldspieler von Real Madrid eine Stunde und sieben Minuten lang halb nackt im Bett - und alleine schlafend. Beckham hat dabei das Gesicht so zur Kamera gedreht, dass beim Betrachter beinahe der Eindruck entsteht, ihm gegenüberzuliegen. Detailansicht öffnen Beckham schläft und die Welt schaut zu: Kunst in der National Portrait Gallery. (Foto: Foto: AP) "Es ist ein absolut schönes Porträt, das uns ein Bild von Beckham vermittelt, wie wir ihn nie zuvor gesehen haben", sagte die Kuratorin für zeitgenössische Kunst des Londoner Museums, Sarah Howgate, der britischen Tageszeitung "Daily Telegraph". "Wenn man sich das ganze Video anschaut, wirkt er sehr verletzlich, und es hat etwas sehr Hypnotisierendes." Der Zeitung zufolge waren dem Kunstprojekt fast ein Jahr lang Verhandlungen vorausgegangen, bevor seine Agenten und sein Verein schließlich eingewilligt hätten. Das Video entstand demnach an einem Nachmittag nach dem Training; Taylor-Wood habe gewartet, bis Beckham eingeschlafen sei und dann mit der Aufnahme begonnen. Taylor-Wood ist eine der bekanntesten Video- und Fotokünstlerinnen Großbritanniens. Ihre Installationen werden in etlichen Ländern ausgestellt; 1998 war sie für den renommierten Turner-Preis nominiert.
Auch Sam Taylor-Wood war mit ihm im Hotelzimmer. Eine Stunde, sieben Minuten. Aber rein geschäftlich.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/kein-durchkommen-mehr-im-zoo-knut-loest-besucherstau-aus-1.677989
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Kein Durchkommen mehr im Zoo - Knut löst Besucherstau aus
00/05/2010
Bei strahlendem Sonnenschein bildeten sich vor Kassen des Zoologischen Gartens schon lange vor dem zweistündigen Auftritt des Publikumslieblings mehrere hundert Meter lange Schlangen. Besonders viele Kinder und zahlreiche Touristen erfreuten sich an dem putzmunteren Spiel und dem Bade-Ausflug des weißen Fellknäuels. "Die Menschen sind alle so glücklich, so habe ich sie hier noch nie gesehen", sagte Tierarzt André Schüle. Detailansicht öffnen Bonsai-Bär Knut: Besucheransturm im Berliner Zoo (Foto: Foto: dpa) Wie schon bei seinem ersten öffentlichen Auftritt vor den internationalen Medien erfüllte Knut auch in seinem neuen Zoo-Alltag (www.zoo-berlin.de) alle Erwartungen. Er kugelte auf dem Rasen umher, verbiss sich in ein rotes Tuch, das sein Ziehvater Thomas Dörflein wie ein Torero schwang, stolperte über Baumstämme und machte einen Bauchklatscher im Gewässer auf der Felsenanlage der vorübergehend ausquartierten Brillenbären. Täglich zwischen 11.00 und 13.00 Uhr wird Knut dort jetzt zu sehen sein. "Wir sind darauf eingestellt, dass dieser Andrang noch wochenlang anhält", sagte Bären-Kurator Heiner Klös. Zeitweise war überhaupt kein Durchkommen mehr. Dicht an dicht standen die Menschen im großen Kreis um die Anlage und versuchten, das beste Blickfeld zu erhaschen. Die Stimmung war aber so fröhlich und heiter, dass es kaum Ärger gab. Fotografen stellten bereitwillig ihre mitgebrachten Leitern zur Verfügung, die Erwachsenen ließen tolerant Kinder und Rollstuhlfahrer nach vorne durch. Knut zeigte sich erneut völlig gelassen und beachtete die Aufregung um ihn herum kaum. "Nur die vielen neuen Gerüche irritieren ihn vielleicht etwas, aber er ist kerngesund, und das ist ein großes Abenteuer für ihn", sagte Tierarzt Schüle, der den wieder flott herumtapsenden und kletterfreudigen Bären filmte.
Strahlende Kindergesichter: Knut hat im Berliner Zoo einen Besucheransturm ausgelöst. Mehrere tausend Menschen strömten zur Anlage der Brillenbären, auf der der Bonsai-Bär diesmal herumtollte.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/marmor-stein-und-eisen-bricht-drafi-deutscher-ist-tot-1.676886
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"""Marmor, Stein und Eisen bricht"" - Drafi Deutscher ist tot"
00/05/2010
Das teilte sein Manager Gebhard Rothermich in Nürnberg mit. Seinen größten Erfolg feierte Deutscher 1965 mit dem Evergreen "Marmor, Stein und Eisen bricht". Außerdem komponierte er mehr als 200 Lieder für Stars wie Bernd Clüver, Peggy March und Katja Ebstein. Der Mann mit dem Schlapphut gehörte zu den erfolgreichsten deutschen Songschreibern ("Mama Leone", "Jenseits von Eden"). Detailansicht öffnen Drafi Deutscher wurde 60 Jahre alt (Foto: Foto: dpa) Deutscher hatte nach einem Kreislaufkollaps mehrere Wochen im Koma gelegen und war erst vor wenigen Tagen am Herzen operiert worden. Nach Angaben seines Managers erlag er einem akuten Herz- Kreislaufversagen. "Drafi Deutscher ist nach zweiwöchiger Krankheit heute morgen um 8.30 Uhr friedlich von uns gegangen", sagte Rothermich. Der am 9. Mai 1946 in Berlin geborene Musiker, der mit bürgerlichem Vornamen Karlheinz hieß, durchlebte in seiner Karriere fast alle Höhen und Tiefen. Er wuchs in Heimen auf, jobbte und lebte im Obdachlosenasyl. "Erst kommt die Musik, dann kommt lange nichts", sagte Deutscher einmal. Das galt für ihn schon als 13-Jährigen. Er spielte früh die Hits von Jerry Lee Lewis, Bill Haley und Elvis Presley nach. "Beat-Musik war immer die Braut überhaupt", sagte er später. Mehrfach geriet der Musiker wegen privater Tiefschläge ins Straucheln und lieferte mit seinem skandalträchtigen Leben den Boulevardblättern häufig Schlagzeilen. In den vergangenen Jahren hatte Deutscher immer mehr die Fantasielosigkeit und das kühle Marketing der Plattenindustrie kritisiert. Um den Künstler, der früher kaum eine Party ausließ, war es zuletzt eher ruhig geworden. Schon 1998 lag Deutscher nach zwei Schlaganfällen in einer Hamburger Klinik auf der Intensivstation.
Der Sänger, Komponist und Produzent starb im Alter von 60 Jahren in einer Frankfurter Klinik. Er erlag einem akuten Herz-Kreislaufversagen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/gesundheit-das-neue-vater-unser-1.676919
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Gesundheit - Das neue Vater unser
00/05/2010
"Innerhalb eines Familienverbundes leben Männer länger und gesünder als außerhalb", sagte der Bielefelder Männerforscher Prof. Hans-Udo Eickenberg Dies hätten langjährige Studien gezeigt. Detailansicht öffnen Von nun ganz bestimmt ständig in Bewegung: Vater von Drillingen. (Foto: Foto: dpa) "Wenn eine Familie dazu kommt, tritt ein gesünderes Leben ein", sagte der 61-jährige Männerarzt. So führen junge Männer dann nicht mehr so risikobereit Auto und verzichteten zum Beispiel auch auf Extremsportarten wie Bungee-Jumping. Innerhalb der Familie werde außerdem weitaus häufiger auf Alkohol und Zigaretten verzichtet als bei allein lebenden Männern. Eine Familie biete überdies ein besseres soziales Netzwerk als bei Singles. "Väter sind mehr in Bewegung, wenn sie mit ihren Kindern Sport treiben", nannte Eickenberg einen weiteren Grund für die im Schnitt höhere Lebenserwartung von Vätern. "Was von der modernen Wellness- Bewegung vorgeschrieben wird, kann in der Familie ohne Zwang erlebt werden." Hinzu komme ein regelmäßigeres Essen. Auch sei in der Familie die Wahrscheinlichkeit für regelmäßigen Geschlechtsverkehr höher. "Geschlechtsverkehr hat per se einen Anti- Aging-Effekt", sagte Eickenberg. So habe der Austausch von Hormonen zwischen Mann und Frau über die Haut positive Auswirkungen auf beide. "Auch das spricht rein bio-medizinisch für die Partnerschaft", so der Mediziner. Das Motto für den Mann müsse lauten: "Werde Vater, sei Vater und bleibe Vater. Das ist das neue Vater Unser." Eickenberg betonte die familienpolitischen Auswirkungen der neuen Erkenntnisse. So könnten Politiker noch so viel predigen "Wir brauchen mehr Kinder" - das interessiere den Einzelnen nicht. "Aber wenn man sagt, Du tust was für Dich selbst, ist das plötzlich was ganz anderes."
Mehr Bewegung, gesünderes Essen, bessere Netzwerke: Väter leben nach Experten-Ansicht länger als Männer ohne Kinder.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/ueberlingen-prozess-harte-vorwuerfe-milde-strafen-1.674130
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Überlingen-Prozess - Harte Vorwürfe, milde Strafen
00/05/2010
Mit harten Vorwürfen an drei Manager aber milden Strafen ist am Dienstag das erste Strafverfahren zur Flugzeugkatastrophe von Überlingen zu Ende gegangen. Vor fünf Jahren waren 11.000 Meter über dem Bodensee eine deutsche Frachtmaschine und ein russisches Passagierflugzeug zusammengestoßen. Detailansicht öffnen Abgestürzte Tupolew bei Überlingen: 71 Menschen kamen bei dem Unglück 2002 ums Leben. (Foto: Foto: ddp) Alle 71 Insassen der beiden Jets waren ums Leben gekommen. Vor dem Schweizer Bezirksgericht Bülach bei Zürich fand der Prozess statt, weil für diesen Teil des deutschen Luftraums die Schweizer Flugsicherung Skyguide verantwortlich war und Deutschland die Zuständigkeit an den Nachbarn abgegeben hatte. Drei der Angeklagten - sie waren im Sommer 2002 leitende Mitarbeiter des Flugkontrollzentrums Zürich - verurteilte das Gericht zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Außerdem müssen sie jeweils Gerichtsgebühren von 25.000 Franken übernehmen. Die drei Manager hätten es nicht zulassen dürfen, dass nachts nur ein Lotse vor den Radarschirmen saß und der zweite diensthabende Lotse sich in einem Ruheraum aufs Ohr legen konnte, so das Gericht. Die Manager hätten einkalkulieren müssen, dass ein Lotse auch einmal unaufmerksam sei. Bereits vor dem Crash habe es meldepflichtige Vorfälle gegeben, an denen teils auch die Lotsen schuld gewesen seien. In einem System mehrfacher Sicherheitseinrichtungen könne sich kein Teil darauf berufen, dass alle anderen Teile optimal funktionierten. Ein vierter Manager erhielt eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen auf Bewährung. Er war der verantwortliche Projektleiter für Modernisierungsarbeiten, durch die in der Unglücksnacht etwa das Radar nur teilweise verfügbar war. Die anderen vier Angeklagten sprach das Gericht frei. Zu dieser Gruppe gehört auch der zweite Lotse. Entsprechend langjährigem Brauch hatte er sich schlafen gelegt. Der einzige Lotse, der tatsächlich an den Radarschirmen saß, wurde später von einem Opfer-Angehörigen getötet. Nach Einschätzung der Richter führte allerdings nicht nur Leichtsinn zu der Katastrophe, sondern auch eine tragische technische Panne: Erfolglos hatte der Lotse in Zürich versucht, seine Kollegen in Karlsruhe anzurufen. Das Haupttelefon war wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet, auch das Ersatztelefon defekt. Doch diese Störung wäre, so das Gericht, selbst bei zusätzlichen Tests vermutlich nicht zu erkennen gewesen.
Ein Gericht hat vier Mitarbeiter der Schweizer Flugsicherung Skyguide wegen des Flugzeugunglücks von Überlingen schuldig gesprochen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/australien-imagepflege-fuer-imame-1.674110
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Australien - Imagepflege für Imame
00/05/2010
Tom Zreika phantasiert. Er sieht muslimische Geistliche, die sich - Seite an Seite mit australischen Feuerwehrleuten - einer Flammenwand entgegenstellen. Detailansicht öffnen Brauchen australische Muslime eine Sympathie-Offensive? (Foto: Foto: ap) Zreika formuliert seine Vorstellung so: "Es wäre großartig, einen Imam mit Turban zu sehen, der zusammen mit anderen Freiwilligen Buschfeuer bekämpft." Der Vorsitzende der einflussreichen libanesischen Muslime in Australien plant eine Sympathie-Offensive, denn das Image der islamischen Bürger ist schlecht. "Die Australier haben genug von uns", sagt er. Zreika schlägt daher vor, dass muslimische Geistliche Freiwilligenjobs übernehmen, um das Ansehen der Muslime zu steigern. Sie sollen zur freiwilligen Feuerwehr gehen. Oder als Lebensretter an den Stränden arbeiten. "Beide Jobs genießen in Australien sehr hohes Ansehen", sagt er. "Es gibt eine starke Strandkultur und viele Buschfeuer, die bekämpft werden müssen." Zreikas Sorge um den guten Ruf der etwa 300.000 zumeist gut integrierten Muslime in Australien hatte zuletzt durch frauenfeindliche Äußerungen des höchsten muslimischen Geistlichen im Land neue Nahrung erhalten. In einer Predigt hatte Scheich Aldin al-Hilali vor ein paar Monaten Frauen ohne Schleier als "unbedecktes Fleisch" bezeichnet und ihnen indirekt die Verantwortung für sexuelle Übergriffe gegeben. Hilali sagte: "Wenn Fleisch ohne Bedeckung draußen auf die Straße gelegt wird, dann kommen die Katzen und essen es. Ist das nun die Schuld der Katzen oder des unbedeckten Fleisches?" Es war damals Tom Zreika, der Hilali in den unbefristeten Urlaub schickte. Zreika konnte das, weil sein Verband die Moschee verwaltet, in der Hilali predigte. Aber solche Ausfälle bleiben haften im Gedächtnis der Australier, auch wenn es Einzelfälle sind. "Die Muslime sind mittlerweile so unbeliebt, wie es früher die Kommunisten waren", glaubt Zreika. Daher sollen sich nun auch Geistliche für Jobs anbieten, die gewöhnliche Muslime - sehr vereinzelt - bereits leisten: Im vergangenen Jahr stellten sich sieben junge Muslime erstmals als Lebensretter am Strand von Sydney zur Verfügung.
Australiens muslimische Geistliche sollen zur freiwilligen Feuerwehr. Mit solchen gemeinnützigen Diensten sollen sie ihr schlechtes Image aufpolieren.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/sprache-das-war-fei-hoechste-zeit-1.674187
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"Sprache - ""Das war fei höchste Zeit"""
00/05/2010
Würzburg "Fei" kann ja viel bedeuten. "Fei" ist zum Beispiel die Abkürzung, die sich der Forschungskreis Ernährungsindustrie in Bonn gegeben hat. "Fei" ist aber auch der Name eines Kameramannes von Woody Allen. Hier aber soll vom Würzwort "fei" die Rede sein. Ein Bindewort, das vor allem in Süddeutschland noch rege Verwendung findet. Detailansicht öffnen "Ich hab' dich fei gern." (Foto: Foto: dpa) Sabine Krämer-Neubert vom Dialektinstitut der Universität Würzburg hat sich mit "fei" näher beschäftigt. Immer wieder, sagt sie, sei sie auf die Herkunft des Wörtchens angesprochen worden. Also habe sie Fachliteratur durchsucht. "Es könnte der Beginn einer größeren Studie werden." Seine Wurzeln habe "fei" im Lateinischen. Als Abwandlung von "finis" (Grenze, Ende) kam es über das Französische ("fin") um das zwölfte Jahrhundert ins Land: "Bis zu diesem Punkt und nicht weiter" war die ursprüngliche Bedeutung des lange auch in der Hochsprache verwendeten Wortes. In seiner Betonung des Absoluten existiert es heute noch im Fränkischen, Bairischen, Schwäbischen, Alemannischen, Elsässischen, Hessischen und Rheinischen. "Des is fei verboten." So etwa. "Das geht fei net" Doch neben "absolut" wurde "fei" auch früh im Sinne von "optimal" oder "so gut wie möglich", eben fein, verwendet. "Pass fei auf!" oder "Sei fei fleißig!" sind Bitten, die an die Grenzen des Möglichen appellieren. Um geradezu grenzwertig herausstechende Eigenschaften geht es auch in Sätzen wie "Das ist ein fei Mägdelein" (Das ist eine fantastische Magd) oder "Der hat a fei Ohr" (Er hört sehr gut). Auch als Warnung markiert "fei" eine Grenze: "Des sag ich fei der Mama." "An mein Zaun wird fei net nobrunzt!", "Das geht fei net", "I hau der fei glei oane owa", "Das war fei höchste Zeit". Es wird noch komplizierter: Psychologen weisen im Zusammenhang mit "fei"auf die Problematik der "Aussagesuggestibilität" vor allem bei der Befragung von Kindern hin. Kurz gesagt: Es ist ein Unterschied, ob ein Polizist ein Kind fragt: "Hast Du den Schuss gehört?" oder "Du hast fei den Schuss gehört?" Schließlich gehört "fei" ebenso wie "ja", "halt", "doch", "denn", "eben", "vielleicht" zu so genannten Abtönungspartikeln, die von einer bestimmten Erwartung des Sprechers künden. Mit dem Satz "Der Laden ist fei schon geschlossen!" unterstellt der Sprecher den Sachverhalt, dass es eigentlich doch bekannt sein müsste, dass der Laden schon geschlossen ist. Hinter den drei Buchstaben des Wörtchens "fei" verbirgt sich ein gewaltiger Kosmos. "Fei ist ein unverzichtbarer Bestandteil des bayerischen Dialekts", meint denn auch Hans Triebel, Erster Vorsitzender des Fördervereins Bairische Sprache und Dialekte. "Deshalb wird ,fei' noch lange weiter leben." Und Sabine Krämer-Neubert vom unterfränkischen Dialektinstitut würde am liebsten einen Doktoranden an die Erforschung solcher Würzwörter setzen. Eine fei schwierige Angelegenheit.
Ein ganzer Kosmos steckt in dem Wörtchen "fei". Was den Bayern die drei Buchstaben alles bedeuten.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/vor-100-tagen-verschwand-maddie-grausames-jubilaeum-1.673679
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Vor 100 Tagen verschwand Maddie - Grausames Jubiläum
00/05/2010
"Wir verfügen über neue Erkenntnisse, aber wir wissen noch nicht, wohin sie uns führen werden" - das war alles, was die portugiesische Polizei genau 100 Tage nach Verschwinden von Madeleine McCann vorzuweisen hatte. Seit die Vierjährige aus einer Ferienanlage an der Algarve verschwand, fehlt von ihr jede Spur. Und die beispiellose Welle der Sympathie, die die Suche der Eltern begleitete, scheint zu kollabieren. Detailansicht öffnen Madeleines Eltern besuchten am Samstag eine Messe für ihre Tochter. (Foto: Foto: getty images) Unter Zehntausenden weltweit vermissten Kindern war es allein die kleine Britin Madeleine, an deren Schicksal Politiker aus aller Welt, Sportler und Prominente bis hin zum Papst Anteil nahmen - dank ihrer Eltern, die um den Globus reisten, um Unterstützung für ihre verzweifelte Suche zu erbitten. Jüngstes Kapitel der Kampagne ist ein neuer Videokanal auf der Internetplattform YouTube, der vermissten Kinder gewidmet ist. Die amerikanische First Lady Laura Bush unterstützt das Anliegen. Doch ungeachtet der Bemühungen sind bislang alle potentiellen Spuren im Sande verlaufen. Und die Sympathien sind nicht mehr nur auf Seiten der McCanns. Zumindest in dem portugiesischen Ferienort scheint die Geduld erschöpft. "Die verdammten McCanns sollen verschwinden", sagte der Anwalt des bislang einzigen Verdächtigen aus Portugal. Madeleines Mutter entgegnete, sie ließe sich nicht aus Portugal "mobben". Rauer wurde auch der Ton zwischen den Eltern und der Polizei. Die Ermittlungen, die als Kooperation begannen, sind nun von Misstrauen geprägt. So klagte Madeleines Vater öffentlich, die Polizei enthielte ihnen Ermittlungsergebnisse vor. Darin schwingen all die Spekulationen mit, die in den vergangenen Tagen durch die Presse geisterten: Blutspuren sollten in dem Appartement gefunden worden sein, aus dem Madeleine vor Wochen entführt wurde. Noch ist nicht klar, was diese Spuren bedeuten, doch schnell machten Verdächtigungen ihre Runde durch den Blätterwald: Ist Madeleine möglicherweise schon in der Wohnung gestorben? Haben vielleicht gar die Eltern, die so hartnäckig an die Entführung glauben, etwas mit dem Tod des Kindes zu tun? Die portugiesische Polizei sah sich veranlasst, die McCanns aus der Schusslinie zu nehmen: "Das Ehepaar McCann ist nie wegen irgendetwas beschuldigt worden", sagte ein Polizeisprecher in dieser Woche, legte dann aber nach: "In einer solchen Affäre sind bis auf weiteres alle verdächtig".
Seit genau 100 Tagen fehlt von Maddie jede Spur. Mittlerweile richten ihre Eltern Vorwürfe an die Polizei.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/koenigin-elisabeth-ii-in-berlin-routine-in-mintgruen-1.673172
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Königin Elisabeth II in Berlin - Routine in Mintgrün
00/05/2010
Berlin, 2. November - Es gehört zu den unvermeidlichen Nebenwirkungen eines Queen-Besuchs, dass die Menschen von dieser fieberhaften Begeisterung ergriffen werden, dass sie winken und schreien und die Köpfe verrenken, so als hätten sie noch nie eine echte Königin gesehen. Dabei ist es jedem Deutschen so vertraut wie das Bild der eigenen Großmutter, dieses mild lächelnde, fein zerfurchte Gesicht der britischen Monarchin, aus dem man so erstaunlich wenig Gefühl herauslesen kann. Detailansicht öffnen Die Queen und Bundespräsident Horst Köhler schreiten vor Schloss Charlottenburg die Ehrengarde ab. (Foto: Foto: dpa) Am Dienstagmittag taucht es am Flughafen Tegel in Berlin auf, unter einem atemberaubend mintgrünen Hut und hinter einem schwarzen Handschuh, der von jetzt an unaufhörlich winken, fremde Hände drücken und Geschenke entgegennehmen wird. Pausenlos wird diese kleine Dame in Bewegung gehalten bei ihrem vierten Staatsbesuch in Deutschland, bei dem Elisabeth II. knapp dreißig Termine absolvieren muss - und es bei aller Zeitnot fertig bringt, sich so gemessen durch Raum und Zeit zu bewegen, als würde ein Film mit halber Geschwindigkeit abgespielt. Nicht jeder ist so routiniert. Vor dem Schloss Charlottenburg steht Bundespräsident Horst Köhler und lächelt. Er zieht sich ja gern auf dieses Lächeln zurück, das manche Menschen so an ihm lieben und das ihm gelegentlich im Gesicht stehen bleibt wie eine nette, blutleere Maske. Die königliche Visite ist für Köhler eine wichtige Premiere. Die Queen kennt er zwar schon von einem Antrittsbesuch, aber die abgezirkelten Bewegungen eines solchen Spektakels führt er heute das erste Mal vor. Das königliche Protokoll Dass nichts, aber auch gar nichts schief gehen kann bei diesem Auftritt, garantieren die Zeremonienmeister von Bundespräsidialamt, Bundeskanzleramt, britischer Botschaft und Hotel Adlon, die seit Wochen minutiös und unter maximaler Geheimhaltung den Besuch vorbereiten. Aber auch die ungezählten Höflinge der Queen sind schon lange in der Stadt unterwegs, um allen misslichen Eventualitäten vorzubeugen. Die Königin, so wurde den Berlinern eingeschärft, liebt weder Überraschungen noch Schalentiere. Scharf gewürzte Speisen verursachen ihr Verdauungsbeschwerden, von Spaghetti und Knoblauch bittet das königliche Protokoll grundsätzlich abzusehen, und Brombeeren verfärben die Zähne so garstig. Auch in Sachen Fortbewegung setzt Majestät auf Altbewährtes, und nur einmal, beim Besuch in Potsdam, wird sie in diesen Tagen ihren bequemen Bentley verlassen und wie eine gewöhnliche Bürgerliche die Bahn nehmen. Noch aber ist es nicht so weit. Am Charlottenburger Schloss steht die Ehrengarde der Bundeswehr stramm, die Fahnen sind gehisst, der Bundespräsident lächelt. Nichts geschieht. Auch im Fernsehen, wo jeder Schritt der Königin live übertragen wird, tun sie sich jetzt ein bisschen schwer, die viele Zeit totzuschlagen. Im ZDF zum Beispiel, wo der Prinz von Preußen die Geschichte des Hauses Windsor erläutern darf, greifen sie tief in die historische Mottenkiste. "Die Wunden der Geschichte nagen am Besuch", fürchtet eine Moderatorin während der Live-Übertragung, als endlich, endlich der grüne Hut wieder auftaucht.
Köhler lächelt, der Prinzgemahl leidet, die Queen winkt - und Berlin feiert entspannt. Von Constanze von Bullion
https://www.sueddeutsche.de/panorama/abbe-pierre-ist-tot-frankreich-trauert-um-sein-idol-1.672862
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Abbé Pierre ist tot - Frankreich trauert um sein Idol
00/05/2010
Er war Frankreichs "Vater der Obdachlosen" und einer der bekanntesten katholischen Geistlichen: Abbé Pierre. Nun ist der Streiter für die Armen und Hilflosen im Alter von 94 Jahren gestorben. Detailansicht öffnen Abbé Pierre, geehrt vom französischen Präsidenten Jacques Chirac (r.) und einem früheren Mitglied des französischen Widerstandes im 2. Weltkrieg, Lise Graf (l.), im Elysee Palast (Foto: Foto: afp) Frankreichs Präsident Jacques Chirac gab am Montag Pierres Ableben bekannt. Das Land habe mit dem Kirchenmann und Gründer der "Emmaus"-Glaubensgemeinschaft "eine immense Persönlichkeit, ein Gewissen, einen Mann, der das Gute verkörperte", verloren, sagte Chirac. Abbé Pierre sei am Montag in einem Pariser Militärkrankenhaus gestorben. Der Sohn eines wohlhabenden Seidenfabrikanten verteilte sein Erbe an die Armen und wurde für seine Hilfe für Obdachlose berühmt. Am 1. Februar 1954 hatte ein Hilferuf des Priesters Abbé Pierre die Grande Nation erschüttert. Damit leitete er in dem harten Winter eine moralische Revolution aus, die er selbst als "Aufstand der Güte" bezeichnete: Tausende von Bürgern, Arbeitern und Prominenten wie Charles de Gaulle, Charlie Chaplin oder Yves Montand, die seinen Aufruf am Radio gehört hatten, brachten spontan Geld, Lebensmittel und Decken in ein Pariser Hotel, das der Gründer der Emmaus-Gemeinschaft requiriert hatte. Die Regierung beschloss in Rekordzeit den Bau von 12.000 Sozialwohnungen. Abbé Pierre war als Henri Grouès am 5. August 1912 in Lyon auf die Welt gekommen. Nach seinem Theologiestudium wurde er Kapuzinermönch. In den Kriegsjahren 1942-44 schloss er sich der Widerstandsbewegung gegen die deutsche Besetzung und die Nazi-Herrschaft an. Pierre hatte viel Glück: Knapp entging er 1943 einer Razzia der Gestapo, und als er Juden zur Flucht in die Schweiz verhalf, fiel er in eine Eisspalte und konnte verletzt geborgen werden. In Indien überlebte er einen Flugzeugabsturz und in Argentinien den Untergang eines Schiffs. Von 1945 bis 1951 saß der Kapuziner als Vertreter des christlichsozialen Partei MRP im Parlament. Seit Jahrzehnten wurde kein anderer Franzose von seinen Landsleute so geachtet und respektiert wie Abbé Pierre, der sich bis zuletzt für die Obdachlosen und Armen einsetzte.
Im Alter von 94 Jahren starb Abbé Pierre, der unermüdliche Streiter für Arme und Obdachlose.
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Pfingst-Unwetter - Sturm fegt über Berlin
00/05/2010
In mehreren Bundesländern wurden am Freitagabend Starkregen, heftige Winde und Blitzeinschläge verzeichnet. In Thüringen waren rund 13.000 Haushalte zum Teil über Stunden von Stromausfall betroffen. Die Berliner Feuerwehr rief den Ausnahmezustand aus, auch der Bahnverkehr wurde vielerorts beeinträchtigt. Detailansicht öffnen So schmeckt der Sommer nicht gerade: Der Sturm vertreibt die Besucher einer Strandbar in Berlin. (Foto: Foto: ddp) Wie ein Sprecher von E.ON in Erfurt mitteilte, fiel in Nord-und Ostthüringen in 73 Orten am Nachmittag und Abend der Strom aus. Vielfach habe es sich dabei um automatische Abschaltungen gehandelt, die durch Wind, Starkregen und Blitzeinschlag ausgelöst wurden. In den meisten Fällen war die Stromversorgung nach ein bis anderthalb Stunden wiederhergestellt. Im ostthüringischen Raum Gefäll waren allerdings die Straßen über Stunden unpassierbar, so dass die Reparaturtrupps zunächst nicht vor Ort gelangen konnten und die Betroffenen auch am Abend noch ohne Strom waren. Auch in mehrere Stellwerke der Bahn gab es Blitzeinschläge. Dadurch war vor allem im Großraum Hannover der abendliche Berufsverkehr deutlich beeinträchtigt. Dort hatte der Blitz in ein Stellwerk bei Stadthagen, etwa 25 Kilometer westlich der niedersächsischen Landeshauptstadt, eingeschlagen. In der Folge mussten mehrere Nahverkehrszüge und zwei Fernverkehrszüge zwischen Hannover und Bielefeld ausfallen. Auch auf Rügen war der Bahnverkehr vorübergehend lahm gelegt, es mussten Ersatzbusse eingesetzt werden. Nach Angaben des Bahnsprechers waren die Schäden aber in fast sämtlichen Fällen binnen etwa einer Stunde wieder behoben. Das Unwetter sei von Nordrhein-Westfalen diagonal über die Mitte Deutschlands gezogen und dann über Nordbayern nach Tschechien abgewandert. Nach Angaben des Deutschen Wetterdiensts waren Teile der Bundesländer Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen betroffen. Gewarnt wurde vor schweren Gewittern mit Starkregen um 30 Liter pro Quadratmeter und Stunde, Hagel über zwei Zentimeter und Sturmböen. In Berlin rief die Feuerwehr um 19.40 Uhr den Ausnahmezustand aus, das heißt, einige Freiwillige Wehren wurden zur Unterstützung der Berufsfeuerwehr alarmiert. Bis gegen 21.00 Uhr hatten sie über 300 Einsätze zu bewältigen, hauptsächlich wegen umgestürzter Bäume, heruntergerissener Äste und voll gelaufener Keller. Von Verletzten war einem Sprecher zufolge nichts bekannt. Zwei Meldungen, wonach angeblich eine Person unter einem umgestürzten Baum eingeklemmt sei, hätten sich als falscher Alarm erwiesen.
Sturm, Starkregen und Stromausfall: Schwere Unwetter haben am Freitagabend in weiten Teilen Deutschlands Schäden und Verkehrsbehinderungen verursacht.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/ein-wunder-dekantieren-ohne-karaffe-kerze-und-halogen-1.671748
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Ein Wunder - Dekantieren ohne Karaffe, Kerze und Halogen
00/05/2010
Der neue Katalog von Pro Idee stellt eine 9,5 cm lange, 1,6 cm breite und nur 53 Gramm wiegende Erfindung vor, mit der Sie Ihren Rot- oder Weißwein belüften können, ohne dafür eine Karaffe oder gar Winelight zu benötigen. "Von der Flasche direkt ins Glas", wird uns da versprochen, und wir reiben uns darob verwundert die Augen. Keine stundenlangen Warte- und Atmungszeiten mehr? Wie soll denn ausreichend Luft an den Wein kommen? Natürlich beim Ausgießen durch ein nach dem italienischen Physiker G. B. Venturi (1746 - 1822) benannten Rohr (Patent: Torben Flanbaum, Design: Martin Sonne). Das klingt suspekt, funktioniert aber. Und wie das funktioniert. Ein Wunder! Endlich mal wieder ein Wunder! Detailansicht öffnen Ein Wunder: es funktioniert. Dieser Wein schmeckt, als hätten Sie ihn stundenlang dekantiert. (Foto: Katalog) Zu einem Interviewtermin hatte mir ein Kollege eine Flasche edelsüßen Riesling mitgebracht. Ein gelungener Anlass, das Ding einer Prüfung zu unterziehen. Ich goss mir ganz normal aus dem Flaschenhals ins Glas und gönnte dem weinerfahrenen Kollegen die via Rohr "dekantierte" edelsüße Auslese. Tatsächlich duftete sein Riesling wesentlich ansprechender, blumiger, weiter entwickelt aus dem Glas als das bei mir der Fall war. Diesem kleinen unscheinbaren Röhrchen war sein Vermögen, Wunder zu tun, nicht ohne weiteres anzusehen (eher ließ der Preis solches vermuten). Erklären konnten wir den Zauber nicht, sind wir doch keine Physiker, daher darf ich ausnahmsweise den Katalogtext zitieren: "Eine Sanduhr-ähnliche Verengung erhöht die Fließgeschwindigkeit des Weins - und erzeugt einen Unterdruck, der Luft in das Rohr einsaugt. ... Ein Sieb mit acht Löchern in zwei Größen spaltet zudem den Wein und belüftet ihn zusätzlich." Aha. Das mag sein wie es will - jedenfalls: das Rohr ist ein Wunder! Pech für die Firma Riedel. Die Dekantierkaraffen können sie jedenfalls einschmelzen.("Venturi Dekantierausgießer", Preis: zwischen 55,- und 69,- DM bei Pro Idee und bei "Fein & Gut" unter der Fax-Nr. +49 9431 990676)
Zunächst mag man meinen, dass dieses Rohr Schnickschnack ist. Ist es aber nicht. Es ist ein Wunder, ja ein Muss.
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Prickelnd - Die Champagner-Überraschung des Jahres
00/05/2010
Als das weltberühmte Münchner Delikatessenhaus Dallmayr Ende Juni eine Schar von Weinfachjournalisten zu einer verdeckten Champagner-Vergleichsprobe lud, galt es die Qualität von drei unter der eingetragenen Eigenmarke Dallmayr neu eingeführten Champagnern zu bestimmen. Und weil das Traditionshaus nun mal nicht fürs Kleckern bekannt geworden ist, sondern wegen der hervorragenden Qualität seiner Produkte, scheute man auch nicht davor zurück die eigenen Champagner gegen das Beste und Berühmteste, was die Champagne so bereit hält, ins Rennen zu schicken. Und siehe da: man hatte wieder ein überaus glückliches Händchen bei der Auswahl des Produzenten. Detailansicht öffnen Zwar hält das Haus den Erzeugernamen seiner erstklassigen Champagner weiter geheim, doch nach der Probe herrschte die einhellige Meinung vor, dass sich die Dallmayr-Champagner nicht hinter den berühmten Erzeugnissen von Veuve-Clicquot, Pommery, Taittinger oder Moët Chandon zu verstecken brauchen. Das Spitzenprodukt, der Jahrgangschampagner Dallmayr Grand Cru Blanc de Blancs Brut 1990 (95 €), glänzt gegenüber den weltberühmten Champagnern wie der 93er Grande Dame von Veuve Clicquot, der 90er Louise von Pommery, dem 93er Dom Perignon von Moët Chandon oder dem 90er Comtes de Champagne von Taittinger vor allem durch Finessenreichtum und Esprit. Mag die Grande Dame auch fülliger sein, die Louise würziger, der Dom Perignon exotischer und der Comtes mächtiger - der Dallmayr-Grand-Cru ist in seiner Schlankheit, mit seinen hochfeinen Apfel-, Pfirsich- und Zitrusaromen, den feinen Röst- und Haselnussnoten und der angenehm spritzigen Säure sicherlich der lebhafteste, vielleicht auch eleganteste Champagner dieser Gruppe, der vor allem zu Fisch und Krustentieren einen perfekten Begleiter abgibt. Eine Liga unter diesem Weltklasse-Niveau - insbesondere auch preislich - spielen der 93er Brut Imperial von Moët Chandon (ausladend reife Aromatik, an Nougat, Vanille und Rosinen erinnernd), der 95er Taittinger Brut (momentan wegen spürbarer Gerbstoffe und einer noch etwas zu spitzen Säure noch nicht ganz auf der Höhe), die 95er Vintage Réserve Brut von Veuve-Clicquot (sehr elegant und harmonisch, ja gar köstlich zu trinken!) und der Dallmayr Millésime Brut 1995 (39,80 €). Letzter imponiert durch kräftige Röstnoten, einen subtilen Honigton sowie einen Touch Karamel und am Gaumen durch seine trotz aller Fülle ausgespielte Feingliedrigkeit. Auch der Premier Cru Brut von Dallmayr (27,40 €) konnte sich in der Nachbarschaft eines wunderbar cremigen, körperreichen und komplexen Veuve Clicqout Brut, einer eher leichteren, leicht oxidativen Brut Réserve von Taittinger sowie des mit jungen, knackigen Früchten und einer ausgeprägten Säure momentan etwas ungestüm daherkommenden Brut Imperial von Moët Chandon gut behaupten. Insgesamt hat das Haus Dallmayr mit diesen drei Champagnern die traditionelle Champagner-Elite sozusagen aus dem Stand erweitern können und damit im Jahre 2001 für vielleicht die Champagner-Sensation schlechthin sorgen können. Bezug über Dallmayr, Dienerstrasse 14, 80331 München, Tel. 089 21 35 130/131/132/133, Fax. 089 21 35 251
Dallmayrs von einem geheim gehaltenen Champagnerhaus erzeugter Grand Cru 1990 bringt nicht nur die berühmte Grande Dame ins Schwitzen
https://www.sueddeutsche.de/panorama/selbstverteidigung-resolute-achtzigjaehrige-schwertkaempferin-1.670225
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Selbstverteidigung - Resolute Achtzigjährige Schwertkämpferin
00/05/2010
Die ehemalige UN-Mitarbeiterin arbeitete gerade an ihrem Testament, als sie Lärm an der Eingangstür ihres Hauses hörte. Sie sah nach und lief geradewegs in die Arme zweier Einbrecher. "Die haben mich gepackt und nach hinten geschubst, das ging ziemlich zur Sache", erzählte sie der Times. Detailansicht öffnen Schwert zur Selbstverteidigung. (Foto: Foto: dpa) Der eine Mann habe sie auf den Boden geworfen, was sie "ein wenig nervös" gemacht habe. "Es gelang mir aber, wieder auf die Beine zu kommen und den Kampf fortzusetzen. Dann fiel mir ein, dass in der Zimmerecke ja noch mein Schwert war, das ich zur Selbstverteidigung habe." Da der Mann kurz davor stand, das unter dem Kissen ihres Lehnstuhls versteckte Scheckbuch zu finden, lockte sie den etwa 20-Jährigen in die Ecke, ergriff dann die fast einen Meter lange Waffe - ein altes Erbstück - und rief: "Raus hier!" Das ließen sich die Einbrecher nicht zwei Mal sagen und flohen ohne Beute. "Man tut, was man kann", sagte die alte Dame.
Jean Freke, eine achtzig Jahre alte englische Witwe, hat zwei Einbrecher mit einem Schwert in die Flucht geschlagen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/serbien-neun-tote-bei-amoklauf-1.669831
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Serbien - Neun Tote bei Amoklauf
00/05/2010
Ein serbischer Gastarbeiter hat beim Urlaub in seinem Heimatdorf am Freitagabend ein Blutbad angerichtet und neun Menschen erschossen. Nach einem Streit mit seiner Ehefrau habe der 39-Jährige in dem Dorf Jabukovac 200 Kilometer südöstlich von Belgrad mit seinem Jagdgewehr wahllos auf Passanten geschossen, berichtete die Polizei am Samstag. Neun Menschen starben, zwei weitere wurden schwer verletzt. Innenminister Dragan Jocic sprach von einem "Drama", das außerhalb jeder Rationalität liege. Detailansicht öffnen Der mutmaßliche Täter: Offenbar wahllos acht Menschen erschossen (Foto: Foto: dpa) "Nikola hat mir aus heiterem Himmel mit der Faust ins Gesicht geschlagen und mit den Schuhen auf meinen Kopf eingedroschen", berichtete die Frau des Täters später der Polizei. Sie habe fliehen wollen, sei aber hingefallen und habe sich tot gestellt, beschrieb sie die Szene. Erst am Tag zuvor war die Frau, die mit ihrem Mann seit Jahren in Österreich gelebt hatte, mit ihren 12- und 13-jährigen Kindern wie jedes Jahr zum Urlaub ins Dorf gekommen. "Niemals zuvor hat er mich geschlagen", versicherte die Frau weiter. Sie könne sich das Verhalten ihres Mannes nicht erklären. Demgegenüber beschrieben Nachbarn den Täter als aggressiv und leicht reizbar. Möglicherweise habe er sich auch darüber aufgeregt, dass andere Dorfbewohner ihm nicht beim Löschen eines Waldbrandes auf seinem Grundstück helfen wollten, wurde spekuliert. Unter den Erschossenen sind vier Frauen und fünf Männer im Alter zwischen 15 und 62 Jahren. Die beiden Schwerverletzten wurden ins Krankenhaus gebracht und sind nach Angaben der Ärzte außer Lebensgefahr. Sie wurden mit einer Jagdwaffe getötet, für die der Täter einen gültigen Waffenschein besaß. Die Polizei rückte mit einer Antiterroreinheit aus, um den geflüchteten Mann zu verhaften. Der richtete das Gewehr zunächst auf sich selbst, ließ sich aber dann ohne Widerstand auf dem Dorffriedhof festnehmen, erläuterten die Behörden weiter. Der Täter sei verletzt, aber nicht in Lebensgefahr, und werde ebenfalls im Krankenhaus behandelt. Es handele sich um das schlimmste Massaker in Friedenszeiten in Serbien, hieß es.
Gräueltat eines zum Urlaub aus Österreich zurückgekehrten serbischen Gastarbeiters: In seinem Heimatdorf erschoss er neun Menschen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/hollywood-ben-hat-eine-neue-jennifer-1.669241
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Hollywood - Ben hat eine neue Jennifer
00/05/2010
Die Büros der beiden Stars bestätigten entsprechende Berichte von amerikanischen Medien, nannte aber keine weiteren Einzelheiten. Das Magazin US Weekly will erfahren haben, dass Affleck und Garner sich bereits am Mittwoch in einem Ferienressort auf den Turks- und Caicosinseln in der Karibaik das Ja-Wort gegeben haben. Die Inseln südöstlich der Bahamas sind eine britische Kolonie. Das Baby werde im Herbst erwartet, hieß es in dem Magazin weiter. Berichte, dass Garner schwanger sei, hatte es bereits im Mai gegeben. Detailansicht öffnen Nicht mehr nur im Film ein Paar: Jennifer Garner und Ben Affleck haben geheiratet. (Foto: Foto: AP) Sowohl der 33-jährige Affleck als auch die 32-jährige Garner haben bislang keine Kinder. Das Hollywood-Traumpaar hat sich bislang nur selten zusammen in der Öffentlichkeit gezeigt. Ganz offensichtlich zogen sie damit die Konsequenz aus dem Medienrummel um Afflecks frühere Beziehung zu der Sängerin und Schauspielerin Jennifer Lopez. Affleck und Lopez waren verlobt, bliesen aber ihre bereits geplante Hochzeit kurzfristig ab. Vier Monate danach gingen sie auseinander. Im vergangenen April hatte das US-Boulevardmagazin People dann berichtet, Affleck habe seiner neuen Flamme Garner auf den Knien einen Heiratsantrag gemacht. Garner hatte sich ihrerseits im März 2004 von ihrem ersten Mann, dem Schauspieler Scott Foley, scheiden lassen. Affleck wurde unter anderem durch die Filme "Good Will Hunting" und "Pearl Harbor" berühmt, Garner verdankt ihren Ruhm sowohl dem Kino, wo sie in den Filmen "Catch Me If You Can" oder "Elektra" mitspielte, als auch dem Fernsehen "Alias - Die Agentin"
Schauspieler Ben Affleck hat still und heimlich seine Kollegin und Freundin Jennifer Garner geehelicht. Nachwuchs ist auch schon unterwegs.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/schraege-hauptstadthotels-i-grossstadtfantasien-1.668678
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Schräge Hauptstadthotels (I) - Großstadtfantasien
00/05/2010
Das Verrückteste von Berlin ist ohne Zweifel das Bundeskanzleramt. Eine Bausünde, von der man meinen könnte, sie sei wie ein außerirdisches Raumschiff vom Himmel gefallen und dürfe allein aus diesem spektakulären Grund vor dem Reichstag klobig protzen. Originell aber ist anders. Detailansicht öffnen (Foto: Foto: Lars Storschen) Zum Beispiel Berlins wahrscheinlich schrillstes Hotel, die "Propeller Island City Lodge", die unweit des Kurfürstendamms ihre Gäste empfängt. Es ist kein "klassisches", kein gewöhnliches Hotel, eher schon ein Kuriositätenkabinett, das der Ex-Musiker Lars Stroschen im Herbst letzten Jahres in Berlin-Wilmersdorf eröffnete. Seine Gäste übernachten in von Stroschen selbst höchst individuell, in jedem Falle aber äußerst ungewöhnlich gestalteten Zimmern. Zimmer, wie sie in eine pulsierende Großstadt wie Berlin passen. Denn Stroschen zeigt mit seinen Raumgestaltungen einen deutlichen Hang zu eher depressiven Fantasien. Nicht Schönes und Wahres beruhigt die geplagten, Ruhe suchenden einkehrenden Seelen, sondern Wahn, Paranoia und Tod lauert in vielen Zimmern. In der "Gruft" übernachtet man im Eichensarg-Bett, während man in der mit üppig gepolsterten Wänden ausgestatteten grünen "Gummizelle" wohl vergeblich den Schlaf sucht. Wer mit den Anforderungen des modernen Lebens nicht klar kommt, der kann es ja mit dem "Therapiezimmer" versuchen, wo man sich auf einem umgebauten OP-Tisch bettet. Surreal mutet auch das schmucke Nachtquartier "Upside down" an, bei dem die Möbel an der Decke hängen. Und dem Verfolgungswahn begegnet man am besten mit einer Schocktherapie im Spiegelzimmer. Dort nämlich ist man niemals alleine, sondern begegnet sich selbst in jedem Winkel tausendfach. Jeder Raum sei "ein Kunstwerk", sagt Hotelier Lars Stroschen, dem vor Jahren als Musiker das Geld ausging und der darum zwei Zimmer seiner großen Wohnung im "Hippie-Stil" untervermietete. Das hat ihn auf den Geschmack gebracht. Mittlerweile kann der 40-Jährige in seiner schrägen Lodge 18 Zimmer anbieten, zwölf weitere kommen Anfang April hinzu. Auf der Website www.propeller-island.de/labyrinth/dt/index.htm kann man bereits die neuen Entwürfe der noch unfertigen Zimmer begutachten. Dass die eine oder andere Idee mangels Mittel - wie beispielsweise "Grandmas" Stube mit geerbtem Mobiliar - aus der Not geboren wurde, stört kaum einen Gast. Wer auf Zimmerservice und TV jedoch nicht verzichten mag, der ist hier falsch. Schließlich sind die Übernachtungspreise (Reservierungen: 030/8 919 016) für Deutschlands Hauptstadt eher moderat. (Quellen: sueddeutsche.de/tdt)
In Berlin Wilmersdorf bietet die Propeller Island City Lodge für jedes Bedürfnis ein passendes Zimmer: Gummizelle, Knast, Therapieraum. Mit Bildergalerie.
https://www.sueddeutsche.de/sport/laenderspiel-ungarn-deutschland-drei-tore-keine-antworten-1.951683
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Länderspiel: Ungarn - Deutschland - Drei Tore, keine Antworten
00/05/2010
Hätte man vorschnell und ein wenig einfältig geurteilt, dann wäre man nach 20 Minuten des Tests gegen Ungarn wohl zu folgendem Urteil gekommen: Die deutsche Nationalmannschaft ist trotz aller Verletzungssorgen in wunderbarer Form für die in zwei Wochen beginnende Weltmeisterschaft. Doch der frühen Führung durch Lukas Podolskis Elfmeter und einem erfrischenden Angriffswirbel folgte erstens jede Menge Leerlauf. Und zweitens ging es gegen eine Mannschaft, die keinesfalls das Niveau der deutschen WM-Gegner hat. Zwar erhöhten die eingewechselten Mario Gomez und Cacau das Ergebnis in der zweiten Halbzeit auf ein klares 3:0 - das Spiel dürfte Bundestrainer Joachim Löw kaum neue Erkenntnisse beschert haben, welche beiden Spieler er bis Dienstag aus seinem Aufgebot für die WM in Südafrika streichen soll. Dafür war der Gegner zu harmlos, die deutsche Elf zu wenig gefordert. Immerhin gab es keine Blamage wie vor ziemlich genau sechs Jahren, als Deutschland zuletzt gegen Ungarn gespielt hatte. Es war der letzte Test vor der EM 2004 - und dieser dürfte der Mannschaft um den damaligen Teamchef Rudi Völler in ebenso düsterer Erinnerung sein wie das unrühmliche Vorrundenaus bei der folgenden Endrunde in Portugal. Deutschland verlor in Kaiserslautern mit 0:2 gegen die von Lothar Matthäus betreuten Ungarn. Es war der wohl größte Triumph in Matthäus' Trainerlaufbahn, für Deutschland war es eine Blamage. Vier Spieler aus dem Kader für die WM in Südafrika standen damals auf dem Platz: Miroslav Klose stürmte 45 Minuten lang erfolglos. Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski wurden in der zweiten Halbzeit eingewechselt und kamen zu ihrem Länderspieldebüt. Philipp Lahm ging als Linksverteidiger über die volle Distanz, für ihn war es das sechste Länderspiel - und die erste Niederlage im Nationaltrikot. Während Lahm und Schweinsteiger geschont wurden, standen Podolski und Klose in der Startelf. Bayern-Bankdrücker Klose, für den die Saison zwar lange, aber mangels Einsätzen nicht so kräftezehrend war, führte die DFB-Elf als Spielführer auf den Rasen des Ferenc-Puskás-Stadions. Im 4-2-3-1-System war er die zentrale Sturmspitze, dennoch war er an keiner der sechs Torchancen beteiligt, die sich die deutsche Mannschaft in der Anfangsphase herausspielte. Hinter ihm, neben ihm, vor ihm, um ihn herum wirbelte die offensive Dreierreihe aus Piotr Trochowski, Mesut Özil und Podolski die ungarische Defensive durcheinander. Podolski schoss nach nicht einmal drei Minuten so scharf aufs Tor, dass Gabor Kiraly, der ungarische Torwart vom TSV 1860 München, den Ball mit einer starken Parade über die Latte lenken musste. Als der anschließende Eckball gerade über die Köpfe der Spieler hinweg durch den Strafraum segelte, entschied der dänische Schiedsrichter Claus Bo Larsen ein wenig übereifrig auf Elfmeter. Sandor Torghelle hatte Per Mertesacker umklammert, und der deutsche Abwehrchef plumpste auf den Boden. Podolski nutzte die Gelegenheit, um der Fußballnation zu beweisen, dass er nach ein paar Tagen im Kreis der DFB-Auswahl schon wieder mächtig Selbstvertrauen hat: Er versenkte den Ball rechts oben zum 1:0 (4.).
Im vorletzten WM-Test legt die deutsche Mannschaft mit Schwung los, doch dann folgt viel Leerlauf. Das 3:0 bringt dem Bundestrainer kaum Erkenntnisse. Alle drei Tore erzielen Angreifer.
https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-wm-historie-kapitaene-des-dfb-von-regenmacher-bis-leitwolf-1.950666
sport
Fußball-Historie: Kapitäne des DFB - Von Regenmacher bis Leitwolf
00/05/2010
Als Ersatzmann für den verletzten Michael Ballack reiste Philipp Lahm als jüngster Kapitän der DFB-Geschichte zur WM nach Südafrika. "Ich gehe davon aus, dass Michael nach der WM wieder unser Kapitän sein wird", sagte der Außenverteidiger vom FC Bayern damals noch. Davon ist inzwischen keine Rede mehr. Der basisdemokratische Spielführer steht wie das leichtfüßige Spiel von Löws "Rasselbande" für den neuen deutschen Fußball. Er hat die Mannschaft ins Halbfinale geführt - auf seine Art. Freiwillig werde er die Kapitänsbinde ganz sicher nicht abgeben, sagte Lahm jetzt in einem Zeitungsinterview, ungewohnt harsche Töne. Der Altvordere Ballack ist indessen überraschend wieder aus Südafrika abgereist; die Stimmung zwischen ihm und dem Team sei angespannt, heißt es. Offen bleibt, ob und wann er Lahm die Kapitänsbinde wieder streitig machen will - und damit das ranghöchste Amt, das ein Feldspieler im deutschen Fußball erreichen kann. Lahm ist der 14. deutsche Fußballer, der in diesem Amt Geschichte schreiben will. Die DFB-Kapitäne seit dem Zweiten Weltkrieg im Überblick.
Philipp Lahm will Kapitän der DFB-Elf bleiben, auch nach Michael Ballacks Rückkehr aus der Verletzungspause. Mit seinen Vorgängern steht Lahm in einer ruhmreichen Tradition.
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sport
Doping im Radsport - Der mutige Herr Weibel belastet alle
00/05/2010
Bei der Bayern-Rundfahrt, die an diesem Mittwoch in Erding startet, werden Rudolf Scharping und Burkhard Bremer nicht erwartet. Dass der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) und dessen Sportdirektor nicht kommen, werden vermutlich beide als ganz angenehm empfinden angesichts der Neuigkeiten, die über Scharpings Verband speziell Bremer bekannt geworden sind. Diese Nachrichten lassen mehr denn je den Eindruck zu, dass Bremer und die alte BDR-Riege aus gutem Grund bis heute keine sie betreffenden Dopingfälle aufklären - weil sie offenbar davon Kenntnis hatten. Und Dopingfälle aktiv vertuschten. Detailansicht öffnen Peter Weibel, der frühere BDR-Bundestrainer, belastet Funktionäre des Deutschen Radsportverbandes. (Foto: online.sdesport) Diesen Eindruck hat jedenfalls Peter Weibel erhärtet, der ehemalige U23-Bundestrainer, 25 Jahre als Arbeiter und Talente-Ausbilder geschätzt - ehe man seinen Vertrag zum Dezember 2009 auslaufen ließ. Weil früherer Fahrer behauptet hatten, sie hätten Dopingmittel von ihm bekommen. Derart pseudo-konsequent handelte der BDR aber bisher nur in der Sache Weibel. Die Ursache liegt, darf man Weibel glauben, auf der Hand, er hat sie nun in einer längeren Aussage vor dem Landgericht Hamburg benannt: Vom vertuschten Dopingfall Patrik Sinkewitz, der bei der WM 2000 viel zu hohe Blutwerte aufwies, sollen damals die komplett anwesende Funktionärs-Clique des BDR sowie die beiden Verbandsärzte gewusst haben. Er habe Sinkewitz "im Auftrag des Präsidiums", das über das von Sinkewitz' eingeräumte Epo-Doping in Kenntnis gesetzt gewesen sei, nach Hause geschickt, sagte er am 30. April in Hamburg aus. Und: "Es waren Ärzte dabei, die die Werte festgestellt hatten (...)". Das fünfseitige Gerichtsprotokoll von Weibels mutiger Aussage liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Bremer und BDR-Arzt York-Olaf Schumacher, den Weibel belastet, hatten gegen die Internet-Ausgabe der Saarländischen Rundfunks sowie den Sportpolitiker Peter Danckert (SPD) wegen einer entsprechenden Verdachtsberichterstattung bzw. kritischen Interview-Äußerungen geklagt. Bremer und Schumacher, immer noch in der durch die Team-Telekom-Skandale belasteten Sportmedizin der Uniklinik Freiburg angestellt, hatten die Vorwürfe zurückgewiesen und eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Womöglich sind sie das Papier nicht Wert, auf dem sie verfasst wurden. Weibel hat bisher die Öffentlichkeit gemieden, er wollte seiner angeschlagenen Gesundheit die Aufregung nicht zumuten. Sinkewitz hatte 2007 in einem SZ-Interview ausgesagt, Weibel habe 2000 von seinem Epo-Doping gewusst und ihn beim Betrug unterstützt. Offenkundig ist es Weibel aber leid, als alleiniger Sündenbock dazustehen. In Hamburg als Zeuge geladen, äußerte es dies: Sportchef Bremer sei sein "Ansprechpartner" in der Sache gewesen, und selbstverständlich sei diesem klar gewesen, dass es sich um einen Dopingfall handelte: "In der Regel denke ich, dass das klar ist." Und weiter: "... es war ja dann das Präsidium vollständig vor Ort, und der Fall wurde besprochen" Auch die eingeweihten Ärzte benannte Weibel: "Die Ärzte, die anwesend waren, waren Herr Dr. Graetsch (so steht es im Protokoll, gemeint ist der damalige BDR-Arzt Roland Kretsch) und Herr Dr. Schumacher. (...) Es gab die Anweisung vom Präsidium, die Werte zu messen und auch mitzuteilen." Und weiter: "Wenn ich gefragt werde, wer sonst vom Präsidium anwesend war, so war außer Herrn Bremer auf jeden Fall Herr Böhmer da, Herr Ramseier und Frau Schenk (...), sie ist dann allerdings erst später gewählt worden."
Der frühere U23-Bundestrainer sagt vor Gericht gegen Funktionäre des Bundes Deutscher Radfahrer aus - es geht um vertuschte Dopingfälle.
https://www.sueddeutsche.de/sport/fc-bayern-muenchen-ribery-der-fc-bayern-ist-fuer-mich-eine-grosse-familie-1.948393
sport
"FC Bayern München - Ribéry: ""Der FC Bayern ist für mich eine große Familie"""
00/05/2010
Wenn Franz Beckenbauer etwas zu Fußball sagt, dann sind die Sätze ja häufig davon geprägt, den Leuten aus der Seele zu sprechen. Nach dem verlorenen Finale von Madrid gegen Inter Mailand verkündete der Ehrenpräsident des FC Bayern München: "Mit Ribéry hätten wir nie verloren. Er hat an allen Ecken und Enden gefehlt." Detailansicht öffnen Zuschauer in Madrid: Franck Ribéry war für das große Finale gesperrt, zuvor hatte er schon für weitere fünf Jahre in München unterschrieben. (Foto: afp) Nun, beim nächsten Champions-League-Finale dürfte Franck Ribéry dabei sein (falls er nicht wieder einem Gegenspieler im Halbfinale ungeschickt auf den Fuß tritt): Am Morgen nach dem 0:2 in Madrid schreibt der Klub auf seiner Internetseite: " Der FC Bayern und Franck Ribéry haben sich auf eine Vertragsverlängerung bis zum 30. Juni 2015 verständigt. Dieser Vertrag wurde am Samstag im Vorfeld des Finales der Champions League zwischen dem FC Bayern und Inter Mailand in Madrid unterschrieben." Dies sei eine gute Nachricht " für die Fans des deutschen Meisters und Pokalsiegers". Dass sich der Klub und Ribéry geeinigt hatten, sickerte bereits vor dem Finale durch. Nachdem der Franzose im vergangenen Jahr gerne zu Real Madrid gewechselt wäre, der Verein ihn aber nicht gehen ließ, folgte eine wechselhafte Saison für den Dribbler aus Frankreich. Viele Verletzungen setzten ihm zu, dann folgte eine Affäre mit einer minderjährigen Prostituierten in Frankreich. Und dann noch die rote Karte im Hinspiel gegen Lyon, und die folgende Sperre für das Finale in Madrid. Der FC Bayern unterstützte aber seinen Spieler, ging sogar bis zum internationalen Sportgerichtshof Cas, um Ribéry für das Finale frei zu bekommen. Das beeindruckte den Franzosen offenbar derart, dass er sich zu einer Vertragsverlängerung entschied. Im kommenden Jahr wäre sein bisheriger Kontrakt ausgelaufen und er wäre ablösefrei gewesen. Hätte Ribéry nicht unterschrieben, hätte der FC Bayern wohl zu einem Verkauf tendiert. "Wir sind sehr froh, dass wir uns mit einem der besten Spieler der Welt auf eine Vertragsverlängerung geeinigt haben. Dies ist auch ein Zeichen für die großen Ziele des FC Bayern in den kommenden Jahren", sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge. Ribéry sagte auf der Internetseite des Klubs: Er sei "sehr glücklich, dass ich mich für eine weitere Zusammenarbeit mit dem FC Bayern entschieden habe. Meine Familie und ich sind sehr froh, in München zu bleiben. Der Verein ist für mich zu einer großen Familie geworden."
Am Morgen nach dem verpassten Champions-League-Titel verkündet der FC Bayern die Vertragsverlängerung mit Franck Ribéry. Der Franzose bleibt bis 2015.
https://www.sueddeutsche.de/sport/fc-bayern-champions-league-der-beste-zwoelfte-mann-1.946991
sport
FC Bayern: Champions League - Der beste zwölfte Mann
00/05/2010
Seine Mutter wird nicht nach Madrid kommen, "nein, Mama nicht", sagt Hamit Altintop. Sie mag den Trubel nicht. Aber sie wird schon hinschauen am Fernseher, daheim in Gelsenkirchen, wie sich ihr Zweitjüngster schlägt in seinem größten Spiel, Samstag gegen Inter Mailand. Hamit Altintop, eines von fünf Kindern, die Merydem Altintop allein großzog, nachdem sie 1972 aus Malatya in der Osttürkei ins Ruhrgebiet zog und der Ehemann und Vater zwei Jahre nach der Geburt Hamits an Krebs starb, dieser im bisherigen Saisonverlauf des FC Bayern eher unauffällige Mittelfeldspieler soll im Champions-League-Finale den gesperrten Star Ribéry ersetzen. Er sagt: "Ich freue mich darauf, weil wir ein ganzes Jahr extrem hart darauf hingearbeitet haben." Detailansicht öffnen Stimmungskanone: Hamit Altintop betätigte sich nach dem Pokalsieg als Lautsprecher. (Foto: Foto: Getty) Man muss wohl auch seinen privaten Hintergrund kennen, um zu verstehen, weshalb Altintop, 27, die erste Option von Trainer Louis van Gaal ist. Und weshalb der Deutschtürke mit einer Art auf seine Chance gewartet hat, die mit dem fußballdeutschen Wörtchen "professionell" nicht angemessen umschrieben wäre. Er weiß, wo er herkommt, das klingt oft abgegriffen bei einem Profi, zumal bei einem, der 49 Länderspiele absolvierte, dazu 162 Ligapartien und der seit seinem Wechsel zu Bayern drei Titel gewann. Begeistert vom Musterprofi Als Schalker Ergänzungsspieler war er 2007 nach München gekommen und setzte sich im ersten Jahr überraschend durch unter Trainer Ottmar Hitzfeld (ehe er sich im März 2008 einen Mittelfußbruch zuzog). Ein stolzer Kerl wie er möchte spielen und nicht der Notnagel sein wie diese Spielzeit: nur zwei Ligaspiele über 90 Minuten, der Rest waren 13 Kurzeinsätze. Ein einziges Mal hat er von "frustrierenden Tagen" gesprochen in all den Monaten, das war nach dem Hinspiel gegen Manchester (2:1), als Altintop nach tristen Wochen auf der Bank plötzlich in der Startelf auftauchte: rechts im Mittelfeld, weil Arjen Robbens linke Wade einen Einsatz nicht zuließ. Klar, vor dem großen Spiel möchte er über Frust nicht reden, "aber das war ungewohnt", sagt er "ich konnte einige Dinge nicht einordnen - jetzt kann ich es". Er belässt es ansonsten bei der Aussage, alle hätten "schon seit Wochen persönliche Eitelkeiten zur Seite gelegt, das macht ein Kollektiv aus". Beim FC Bayern haben sie schon geredet mit Altintop, der Vertrag endet zum Juli, und sie haben ihm versichert, wie begeistert sie sind vom Verhalten dieses Musterprofis, der sich nicht in den Schmollwinkel zurückzog, als er nicht erste Wahl war. Der vielmehr lauerte auf seine Chance und auch im Halbfinale in Lyon (3:0) für jedermann sichtbar seinen Wert herausstellte - diesmal als draufgängerischer, fleißiger Ersatz für Ribéry auf links.
Hamit Altintop soll im Champions-League-Finale den gesperrten Franck Ribéry ersetzen - auf seine ganz besondere Art. Auch deshalb wird er in München bleiben.
https://www.sueddeutsche.de/sport/eishockey-wm-deutschland-defensivkuenstler-im-vorwaertsgang-1.946622
sport
Eishockey-WM: Deutschland - Defensivkünstler im Vorwärtsgang
00/05/2010
Die deutsche Eishockey-Mannschaft steht nach sieben Jahren wieder im Viertelfinale einer WM, aber noch erfreulicher ist, dass sie das attraktivste Eishockey seit langem spielt. Wer auf Ursachenforschung in die Turnierstatistik eintaucht, findet dafür kaum Gründe. Deutschland ist von allen 16 Teams das viertschlechteste bei der Toreffizienz und das schlechteste beim Überzahlspiel. Auch in der Rangliste der Torschützen und Vorlagengeber taucht auf den ersten 30 Plätzen kein Deutscher auf. Der Erfolg liegt nicht an herausragenden individuellen Fähigkeiten. Daniel Kreutzer, der auch beim Viertelfinale 2003 dabei war, sagt: "Gut, dass wir keine Superstars haben." Detailansicht öffnen Hände hoch: Deutschlands Torwart Dennis Endras jubelt über den Einzug ins Viertelfinale. (Foto: Foto: dpa) Der Star ist das Team, aber den Trainer Uwe Krupp und den Torwart Dennis Endras muss man trotzdem herausheben. Das Kollektiv überzeugt mit mutiger Offensive, robuster Gangart und einer Defensive, die nur von den überragenden Russen mit sechs Gegentoren unterboten wird. Das ist auch Krupps Verdienst, der erstmals in vierjähriger Amtszeit einen Kader gefunden hat, der seine Philosophie mit Ehrgeiz, Disziplin und Selbstvertrauen umsetzt. Das Team hat in sechs Spielen nur neun Gegentore bekommen, der Augsburger Endras ist mit einer Fangquote von 95 Prozent zweitbester Torwart der WM. Die Deutschen glänzen defensiv, aber das Schöne ist, dass dies kaum auffällt, weil die Mannschaft bei jeder Gelegenheit nach vorne geht. Dass sie dort zu viele Chancen vergibt, ist das einzige Manko eines Teams, das reif wäre für ein Halbfinale. Am 19. Februar 1938 in Prag stand Deutschland zuletzt im Halbfinale einer regulären WM (beim deutschen Silbergewinn 1953 beendeten nur drei Nationen das Turnier). 1938 verloren unter dem Trainer Bobby Bell Spieler namens Rudi Ball, Gustav Jaenecke, Hans Lang oder Herbert Schibukat 0:1 gegen Kanada und das Spiel um Platz drei 0:3 gegen die Tschechoslowakei. Wenn die aktuelle Mannschaft gegen die Schweiz gewinnt, dann stehen am Samstag unter dem Trainer Krupp Spieler namens Dennis Endras, Christian Ehrhoff, Daniel Kreutzer oder Marcel Goc 72 Jahre später wieder im Halbfinale. Dies wäre ein historisches Ereignis, und es wäre unerheblich, dass die WM-Euphorie dem Verband oder der siechenden Liga kaum weiterhelfen würde. Es wäre einfach ein grandioser Moment für das gebeutelte deutsche Eishockey. Nicht mehr und nicht weniger.
Die deutsche Mannschaft spielt robust und mutig. Ein Einzug ins WM-Halbfinale wäre ein historisches Ereignis.
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sport
Bashing gegen Boateng - Revanchefoul im Internet
00/05/2010
Mittwochmorgen, kurz nach neun Uhr bei Facebook. Die Stimmung unter den Usern ist aufgeheizt. Noch immer aufgeheizt. Denn die Aktion, um die sich die Debatte dreht, ist bereits vier Tage her, die Folgen sind seit zwei Tagen bekannt: Es geht um den ghanaischen Fußballspieler Kevin-Prince Boateng, der Michael Ballack heftig gefoult und dabei so schwer verletzt hat, dass der Kapitän der deutschen Nationalelf nicht an der Weltmeisterschaft in Südafrika teilnehmen kann. Detailansicht öffnen Kevin-Prince Boateng nach seinem verschossenen Elfmeter im FA-Cup-Finale für Portsmouth gegen Chelsea. (Foto: Foto: dpa) In der Gruppe "82.000.000 gegen Boateng" dürsten etliche User des sozialen Online-Netzwerks Facebook nach Rache: "Hoffentlich bekommt dieser Drecksack eine rein, dass er gar nicht mehr Fußball spielen kann", schreibt ein Nutzer. Ein zweiter fordert die WM-Nominierung des Frankfurters Maik Franz, der in der Bundesliga schon mehrmals durch überhartes Einsteigen oder Pöbeleien aufgefallen ist und ein Image als Rüpel weg hat: "Wechselt ihn mit einem Spezialauftrag in der 80. Minute gegen Ghana ein!!" Im Internet ist nach Ballacks WM-Aus eine Anti-Boateng-Bewegung entstanden. Bei Facebook, bei StudiVZ, bei Twitter - überall giften die User den Offensivspieler vom FC Portsmouth an. Sie gründen Gruppen und laden ihre Freunde zum Mitmachen ein. Sie laden Bilder hoch, die Boateng mit zerkratztem Gesicht oder im Fadenkreuz einer Schusswaffe zeigen. Diese Form des Online-Mobbings nennt sich Bashing, was sich vom englischen "bash" für "heftiger Schlag" ableitet. Viele User nehmen das wörtlich. Seit der Nacht zum Mittwoch hat die Facebook-Gruppe "82.000.000 gegen Boateng" mehr als 100.000 Mitglieder. Viele von ihnen nutzen sie als Plattform für üble Beleidigungen: "Wenn ich ihn sehe, piss ich ihn an", "Diese Ratte!", oder "Boateng stinkt doch einfach nur" sind drei Beispiele - und lange nicht die schlimmsten. Vereinzelt sind auch rassistische Äußerungen zu lesen, doch deren Verfasser werden von den anderen Usern selbst beschimpft oder verspottet, als "rechte Schmeißfliegen" oder als "Loser" zum Beispiel. "Das ist eine Seite für Fußballfans, nicht für Rassisten", heißt es in der Beschreibung der Gruppe. "Die Intensität der Diskussion war zu erwarten, aber die dabei auftretende Brutalität ist schockierend", sagt Jan-Hinrik Schmidt. Der Soziologe vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung der Universität Hamburg sagt, solche Anfeindungen habe es schon immer gegeben, "im kleinen Kreis am Stammtisch oder am Rand des Spielfelds". Neu sei nur, dass sich die Hetzparolen durch das Internet schnell und schneeballartig verbreiten könnten. Jeder User kann im Schutz eines Pseudonyms Hunderttausende erreichen - das spornt an und lässt die Hemmschwelle sinken. Lesen Sie weiter auf Seite 2
In Internetforen lassen Fußballfans ihrem Hass auf Ballack-Foulspieler Kevin-Prince Boateng freien Lauf. Sogar Experten nennen die Hetztiraden "schockierend".
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sport
Snooker: Manipulation - Falscher Akzent
00/05/2010
Das Sports Centre hat die Angelegenheit pragmatisch gelöst: Statt Snooker-Ass John Higgins zeigt die schottische TV-Sportshow nun im Hintergrund der Bühne ein anonymes Fußballerbein und einen Ball. Mit dem einstigen Nationalhelden will in Schottland momentan niemand in Verbindung gebracht werden. Higgins sieht sich massiven Bestechungsvorwürfen ausgesetzt. Es gibt ein Video, in dem er offenbar zusagt, gegen Bezahlung Spiele zu manipulieren. Inzwischen stehen sogar Vorwürfe im Raum, er solle im Finale der Weltmeisterschaft 2009 bei einer Pinkelpause gegen sich selbst gewettet haben. Doch jetzt gibt es neue Hinweise: Das Video, das Journalisten heimlich gedreht haben, könnte in Teilen manipuliert sein. Detailansicht öffnen Spielt er unsauber? Snooker-Profi John Higgins aus Schottland. (Foto: Foto: dpa) Die Reporter des britischen Boulevardblatts News of the World hatten vorgegeben, Geschäftsmänner zu sein und Higgins sowie seinen Manager Pat Mooney in eine Hotelsuite nach Kiew geladen. In dem Ende April veröffentlichten Film ist zu sehen, wie der Snookerprofi sich dort bereit erklärt, für 300.000 Euro vier Frames in nicht näher benannten Turnieren zu verlieren. Der Snooker-Verband WPBSA sperrte Higgins und beauftragte einen ehemaligen Hauptkommissar von Scotland Yard, die Affäre in einem unabhängigen Gremium aufzuklären. Die Ermittler haben bisher keine Ergebnisse verlautbaren lassen. Sie werden aber jetzt auch den Erkenntnissen nachgehen müssen, die Nick Harris zusammengetragen hat. Der britische Sportjournalist hat sich das Video zusammen mit einem Sprachexperten angesehen. Er behauptet, dass die Untertitel teilweise falsch sind und einige Higgins zugeschriebene Statements offenbar von einem Sprachimitator stammen. So soll Higgins auf die Frage, ob man eine Kugel bewusst nicht einlochen könne, ohne aufzufallen, geantwortet haben: "Ja, das ist einfach." Die Lippenbewegungen auf dem Video ließen aber nur ein "Ja" erkennen, der Zusatz "das ist einfach" soll der Sprachimitator gesagt haben - mit englischem statt schottischem Akzent. Der falsche Scheich Dies und andere Beispiele entlasten Higgins nicht, zumal das Boulevardblatt betont, dass das Video echt sei. Es lässt die Vorwürfe aber zumindest in anderem Licht erscheinen. Zumal sich der Reporter, der bei der Aktion federführend war, schon öfter Manipulationsvorwürfen ausgesetzt sah. Seit er sich einmal für eine Recherche als Scheich verkleidet hat, wird er in England "the fake sheikh" genannt, der falsche Scheich. Higgins hat sich zu vermeintlichen Manipulationen nicht geäußert. Der Snooker-Spieler behauptet aber, unschuldig zu sein. Er habe geglaubt, es mit der russischen Mafia zu tun zu haben, und deshalb bei den Verhandlungen in Kiew einfach mitgespielt. Der WPBSA-Vorsitzende Barry Hearn sagt zu dem Video lediglich, dass die Ermittlungen so rasch wie möglich vorangetrieben würden. Wenigstens zu den Wettvorwürfen beim WM-Finale 2009 aber hat sich Hearn geäußert. Es ist im Snooker gar nicht mal unüblich, auf eigene Spiele zu wetten. "Insurance bet" nennt man so etwas - eine Wette, dass andere Spieler das eigene höchste Break noch einmal übertreffen. Das will der Verband nun verbieten, um Manipulationen vorzubeugen. Die Wette von 2009 sieht laut Hearn nach solch einer "insurance bet" aus. Higgins gewann das Turnier damals und sicherte sich den WM-Titel.
Neue Erkenntnisse in der Affäre um John Higgins: Statements des Snooker-Profis über Manipulationspraktiken sollen von einem Sprachimitator stammen.
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sport
"Führung: Merkel und van Gaal - Mijnheer hat, was ""Mutti"" fehlt"
00/05/2010
Er ist inzwischen ein Held. Er schreit vom Rathausbalkon: "Wir sind die besten in Deutschland und vielleicht bald Europas", und die Leute lieben es. Er redet in der Öffentlichkeit sogar über "Löffel an Löffel" mit Ehefrau Truus. Und, ja: Sogar die Beschimpfungen seines journalistischen Publikums sind "Kult" geworden. Alles an ihm ist derzeit Kult. Detailansicht öffnen Bayern-Trainer Louis van Gaal. (Foto: Foto: AP) Sie dagegen gilt mittlerweile als Zauderin. Sie sagt Sätze wie: "Europa braucht eine neue Stabilitätskultur", aber das macht den Menschen Angst. Sie redet in der einen Woche eine Finanzmarktreform klein und in der anderen hoch. Ist sie für oder gegen höhere Steuern? Wo ist unser Profil, fragen viele in ihrer Partei. An ihr ist nichts Kult. Den Unterschied zwischen Louis van Gaal, 58, dem niederländischen Fußballtrainer, und Angela Merkel, 55, der deutschen Bundeskanzlerin, macht ein Wort aus: Führungskraft. Der Erfolg des mijnheer Van Gaal mit seinem FC Bayern München beweist, wie weit man mit klaren eigenen Vorstellungen und Konsequenz kommen kann. Als der Coach im Sommer von dem Provinzort Alkmaar in die bayerische Landeshauptstadt wechselte, fand er eine Zone der Verunsicherung vor. Jürgen Klinsmann hatte das Vereinsgelände als eine Art Survival-Camp für kickende Jung-Manager begriffen, ehe Routinier Jupp Heynckes wenigstens zum Saisonschluss den Platz in der Champions League sichern konnte. In dieser Welt, die mindestens an den "FC Hollywood", wenn nicht gar an den "TuS Chaos" erinnerte, trat van Gaal als autoritärer Kauz auf. Er zog den italienischen Nationalspieler Luca Toni an den Ohren, damit der sich bei Tisch nicht länger hinfläzte - Toni spielt mittlerweile in Rom. Die Spieler wurden tischweise vom Trainer höchstpersönlich zum Buffet geordert. Auf dem Trainingsfeld predigte er penetrant Taktik und Spielzüge, ganz Fußballlehrer alter Zeit. Plötzlich standen weithin Unbekannte aus der zweiten Mannschaft im Bundesliga-Team. Van Gaals Kunst Der Mann riskierte eine kleine Betriebsrevolution, die nach Meinung vieler schiefgehen musste. Die Medien veröffentlichten genüsslich die Liste der vielen beim FC Bayern gescheiterten Trainer, von Gyula Lóránt bis Otto Rehhagel, dem unvergessenen "Rubens". Tatsächlich verlor van Gaals Mannschaft zu oft, die Meisterschaft schien fern und das Ausscheiden aus der Champions League nah. "Louis van Gestern", titelte Bild bereits, der Rauswurf nach wenigen Monaten schien beschlossene Sache. Und dann begann der FC Bayern zu siegen. Die Fans und die Spieler begriffen: Hier war ein Trainer, der wusste, was er wollte. Seine Kunst besteht darin, aus Stars, guten Mitläufern und jungen Talenten ein Kollektiv zu formen, das sich unterschiedlichen Situationen anpassen kann. Erstaunlicherweise fügten sich gestandene Nationalspieler wie Miroslav Klose oder Mario Gomez in Reservistenrollen, ein Star wie Franck Ribéry wiederum übernahm Schmutzarbeiten in der Defensive. In der Dimension der Management-Literatur ist Louis van Gaal ein Teambuilder. Er ist das, was Angela Merkel nicht ist.
Den Unterschied zwischen Bayern-Trainer Louis van Gaal und Bundeskanzlerin Angela Merkel macht ein Wort aus: Führungskraft.
https://www.sueddeutsche.de/sport/maskottchen-co-lammfellmantel-mit-logo-1.313836
sport
Maskottchen & Co. - Lammfellmantel mit Logo
00/05/2010
Man könnte in diesen Tagen das Gefühl bekommen, von drei lachenden Gesichtern und einem Plüschlöwen verfolgt zu werden. Ob im Supermarkt, Buchhandel oder in der Drogerie - das offizielle Logo der Fußball-Weltmeisterschaft und das zottelige Maskottchen Goleo sind schon da. Sie sollen die Fans in Fußball- und vor allem Kauflaune versetzen. Nicht immer mit Erfolg, wie die Insolvenz von Nici AG, Hersteller des Plüschlöwen Goleo, zeigt. Dennoch stößt das Merchandising zur WM in Deutschland in neue Dimensionen. "Die Zwischenbilanz ist durchweg positiv. Unsere Erwartungen sind übertroffen worden", sagt Sabine Lais, Sprecherin von EM.TV. Das Unternehmen hatte im Frühjahr 2002 die europäischen Vermarktungsrechte im Bereich Merchandising an der WM erworben und seitdem 57 Firmen mit Lizenzen für bestimmte Produkte ausgestattet. Experten rechnen weltweit mit einem Einzelhandel-Umsatz von zwei Milliarden US-Dollar aus dem Merchandising-Geschäft mit den offiziellen Lizenzprodukten. Dies ist im Vergleich zur WM 2002 in Südkorea und Japan etwa eine halbe Milliarde mehr, gegenüber der Einführung des Fifa-Lizenzsystems bei der Endrunde 1994 in den USA sogar anderthalb Milliarden. Mit 80 Prozent wird der Löwenanteil in Europa verdient, davon entfallen wiederum vier Fünftel auf den deutschen Markt. Die Palette der Lizenzprodukte scheint dabei keine Grenzen zu kennen. Ob Lammfellmantel, Nagelpflegeset oder Wandteppich - fast jedes Erzeugnis kann mit Hilfe einer Lizenz als offizielles WM-Produkt angepriesen werden. Die Kosten für solche Lizenzen gehen bis in den zweistelligen Millionenbereich. Doch offenbar rentieren sich die Investitionen. Marktforscher gehen davon aus, dass sich jeder zweite Deutsche zur WM Fanartikel zulegt. Nach Untersuchungen des Weltverbandes erhöht sich bei einem Produkt mit dem offiziellen Fifa-Emblem die Wahrscheinlichkeit, dass es gekauft wird, um 50 Prozent. Grund dafür ist die Exklusivität. So erwerben nur die Lizenzinhaber das Recht, WM-Logo, -Maskottchen oder -Pokal für gewerbliche Zwecke zu nutzen. Dabei müssen sie aber viele Richtlinien befolgen, weshalb die Händler eine gemischte Zwischenbilanz ziehen. "Mit weniger Bürokratie hätten wir alle viel mehr Freude und Erfolg gehabt", sagt Petra Hadjinicolaou, Marketingleiterin von fun4u Sports, das sich die Exklusivrechte im Skate-Bereich für einen sechsstelligen Betrag gesichert hat. So untersage beispielsweise eine Auflage dem Unternehmen, auf der eigenen Homepage mit dem Logo für das Produkt zu werben. "Da frage ich mich: Wozu kaufe ich dann diese Lizenz? Bestimmt nicht, damit ich mir das Logo auf die Toilette kleben darf", kritisiert Hadjinicolaou.
Das Merchandising zur WM stößt in neue Dimensionen vor. Es werden zwei Milliarden Dollar Umsatz erwartet.
https://www.sueddeutsche.de/sport/frauen-handball-grit-co-fahren-nach-peking-1.259975
sport
Frauen-Handball - Grit & Co. fahren nach Peking
00/05/2010
Die deutschen Handball-Frauen fahren zu den Olympischen Spielen nach Peking. Die Mannschaft von Bundestrainer Armin Emrich gewann am Samstag bei der Olympia-Qualifikation in Leipzig mit dem 22:16 (7:5) gegen Kroatien und auch am Sonntrag im letzten Duell gegen Kuba (37:21) und hat eines der beiden zu vergebenen Olympia-Tickets sicher. Detailansicht öffnen Die deutschen Handball-Frauen (in den weißen Trikots) haben sich für Peking qualifiziert. (Foto: Foto: AP) Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB), die zuletzt 1996 in Atlanta bei Olympischen Spielen dabei war, hatte Tags zuvor in einer Nervenschlacht Schweden mit 27:26 niedergerungen und damit den Grundstein für die Qualifikation gelegt. Beste DHB-Werferin vor 5693 Zuschauern war Nadine Krause mit sieben Toren. Im ersten Samstagsspiel hatte sich zuvor Schweden gegen Kuba mit 31:20 (15:10) durchgesetzt. Damit fällt am Sonntag im Duell zwischen Kroatien und Schweden die Entscheidung, wer sich als zweites Team die Fahrkarte nach Peking sichert. "Olympia ist das Größte und endlich bin ich auch mal dabei. Wir sind überglücklich, dass wir es nach so langer Zeit wieder geschafft haben", sagte die zur besten deutschen Spielerin der Partie gewählte Clara Woltering. Auch Rekord-Torschützin Grit Jurack, die als einzige Spielerin im aktuellen Kader des WM-Dritten Olympia-Erfahrung hat, jubelte. "Das war mein ganz großer Traum und er ist in Erfüllung gegangen. Das ist ein wahnsinnig tolles Gefühl", meinte die gebürtige Leipzigerin, die vor ihrem Wechsel nach Dänemark beim HC Leipzig neun Jahre in der Bundesliga spielte. Doch wie schon im Krimi gegen Schweden war den DHB-Frauen ihre Nervosität förmlich anzusehen. Abwehr: Prädikat Weltklasse, Angriff: Kreisklasse - die Deutschen offenbarten im Duell gegen den WM-Neunten zwei Gesichter. Während die Defensive sicher stand und nur wenige Aktionen des WM-Neunten zuließ, wiesen die Gastgeberinnen im Angriff eine äußerst schwache Wurfquote auf. Allein im ersten Durchgang vergaben sie 14 hochkarätige Chancen und so war es vor allem Torhüterin Clara Woltering zu verdanken, dass Deutschland nicht in Rückstand geriet. Resultat des Offensiv-Debakels - ein international fast schon kurioser Halbzeitstand von 7:5. Auch zu Beginn der zweiten Halbzeit das gleiche Bild: Erst nach 4:13 Minuten bezwang Grit Jurack die kroatische Torhüterin Ivana Jelcic und markierte den ersten deutschen Treffer. Aber da Clara Woltering weiter eine starke Leistung abrief und die Kroatinnen aus dem Rückraum kaum Druck entwickelten, setzten sich die Deutschen trotz der alles andere als überzeugenden Vorstellung vorentscheidend auf 16:10 (46.) ab. Auch gegen die Kubanerinnen gelangen der 30-Jährigen Jurack als ebenfalls bester Werferin sieben Tore.
Nervös gespielt, aber dennoch für Olympia qualifiziert: Die deutsche Handball-Nationalmannschaft der Frauen hat das Ticket nach Peking gelöst.
https://www.sueddeutsche.de/sport/fc-bayern-365-tage-nach-klinsmann-1.934896
sport
FC Bayern - 365 Tage nach Klinsmann
00/05/2010
Fußball ist: Wenn alle von Konzepten reden, aber schnellen Erfolg benötigen. Fußball beim FC Bayern ist: das Ganze in Potenz. In dieser Saison haben die Münchner beides unter einen Hut gebracht: Fußball nach Bauplänen - und mit beachtlichen Resultaten. Aus beachtlich könnte sogar herausragend werden, bei den bevorstehenden Festspielwochen für drei Titel, auf den Bühnen Berlin (Bundesliga- und Pokalfinale) und Madrid (Champions League). Detailansicht öffnen Baumeister mit strengem Blick: Bayern-Trainer Louis van Gaal. (Foto: Foto: Getty) Der achte Einzug der Bayern ins Finale von Europas Königswettbewerb - nach 1974, '75, '76, '82, '87, '99 und 2001 - bedeutet zwar noch nichts für den Briefkopf. Doch das Streben nach einem neuen internationalen Erfolgszyklus, der Traum des neuen Trainers, in zwei, drei Jahre ein bayerisches Barcelona aufzubauen - all das könnte nun schon am 22. Mai zu einem unverhofft schnellen Höhepunkt führen. Im Fußball gilt eben auch auf extreme Weise die Floskel: Kinder, wie die Zeit vergeht! Der Finaleinzug in Lyon gelang exakt 365 Tage, nachdem die Bayern eine andere Ära abgesagt hatten, in deren Anfängen zwar schön gebaut, aber mäßig geplant wurde. Noch im vergangenen Frühling suchte der am 27.4.2009 entlassene Jürgen Klinsmann den Manager Hoeneß am Tegernsee auf, um die Kaderstruktur der nächsten Jahre zu besprechen. Fast wäre auch die inzwischen gut vorstellbare Ära van Gaal keine geworden, wegen Unvereinbarkeit mit dem Zwang zum unverzüglichen Erfolg. Im Krisenherbst der Bayern war das, als viele sich fragten, wohin das neue Kurzpass-Ballgeschiebe führen soll und ob dieser Trainer mit seinen altertümlich anmutenden Verhaltensregeln wirklich die Mannschaft voranbringt. Mittlerweile sagen sogar Menschen mit Anti-Bayern-Gen: guter Fußball, patentes Team, mit hohem Entertainment-Faktor, Trainer van Gaal inklusive. Mit der Kraft der Jugend. Mit drei prägenden Pärchen, mit Ribéry/Robben für den Zauber, van Bommel/Schweinsteiger für die Zentrale und Olic/Müller für die Leidenschaft im Sturm. Und im kleinen Kreis erzählt van Gaal bereits, nie in 19 Cheftrainer-Jahren habe er eine Mannschaft mit mehr mentaler Stärke und Zusammenhalt gehabt. Und der Mann hat nicht irgendwo gearbeitet zwischen Swasiland und Tegernsee. Mit Hymnen sollte man trotzdem vorsichtig sein. Noch ist die Titelernte nicht eingebracht, und auch glückliche Fügungen hielten die Bayern über Wasser auf ihrer Reise über Bordeaux, Turin, Florenz, Manchester, Lyon. Natürlich reizten sie ihr Limit aus, vermutlich sind sie noch nicht auf gleicher Höhe mit Barça, Inter, Chelsea. Fußball ist aber auch ein Spiel, in dem man größere Gegner im Finale besiegen kann.
Fußball nach Bauplänen und mit beachtlichen Resultaten. Van Gaals Konzept könnte bei den bevorstehenden Festspielwochen zu einem unverhofft schnellen Höhepunkt führen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/wm-2010-michael-ballack-foulspieler-boateng-findet-eine-entschuldigung-1.944112
sport
WM 2010: Michael Ballack - Foulspieler Boateng findet eine Entschuldigung
00/05/2010
Das Unternehmen Südafrika der deutschen Nationalmannschaft scheint unter keinem guten Stern zu stehen. Das soll nun kein Hinweis auf den Sponsor des DFB sein, eher schon darauf, dass sich die Nationalmannschaft bei einem Weltmeister-Titel einen vierten Stern auf das Trikot nähen dürfte. Dieser vierte Stern scheint allerdings nun irgendwo im Orbit verschwunden zu sein, nicht mehr zu sehen, unerreichbar: Kapitän Michael Ballack fällt für die WM in Südafrika aus. Detailansicht öffnen Joachim Löw (links) muss bei der WM auf Michael Ballack verzichten. (Foto: Foto: dpa) Nach einem rüden Tritt des in Berlin geborenen Kevin-Prince Boateng vom FC Portsmouth musste Ballack zunächst am Samstag das FA-Cup-Finale abbrechen, den Sieg seines FC Chelsea feierte er schon in Badelatschen. Eine erste Röntgen-Aufnahme erbrachte, dass der Knöchel des 33-Jährigen nicht gebrochen ist, was für Hoffnung bei Ballack und beim DFB sorgte. Doch am Montag ergab eine Kernspin-Untersuchung beim DFB-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt in München die schlimme Diagnose: Riss des Innenbandes und ein Teilriss des vorderen Syndesmosebandes im rechten Sprunggelenk, mindestens acht Wochen Pause. Für den 33-Jährigen ist damit ein Traum geplatzt, die WM 2010 wäre wohl seine letzte Chance gewesen, einen großen internationalen Titel zu gewinnen. Bei der WM 2002 in Südafrika und Japan verpasste Ballack das Endspiel gegen Brasilien wegen einer zweiten gelben Karte. Die WM 2006 endete im Halbfinale, die Europameisterschaft 2008 mit einer Niederlage im Finale. Ballack gab in München bleich und merklich geknickt ein erstes Interview: "Die Enttäuschung ist natürlich groß. Aber das muss ich jetzt akzeptieren." Der frühere DFB-Teamchef Rudi Völler kommentierte: "Das ist brutal, furchtbar für Michael." Auch Michael Ballacks Vater ist tief erschüttert. "Schlecht, bitter, traurig. Ich kann das gar nicht in Worte fassen. Michael hat bisher zwei überragende Weltmeisterschaften gespielt. Eine dritte war ihm leider nicht vergönnt", sagte Stephan Ballack der Freien Presse in Chemnitz. Boateng: "Es war keine Absicht" Am Montagabend gibt es dann eine erste Stellungnahme von Kevin-Prince Boateng: "Es tut mir leid. Es war keine Absicht", sagte der 23-Jährige Sport Bild online. "Ich komme einfach zu spät und treffe ihn voll", versucht er, sein Foul zu erklären. Im Trainingslager der Nationalmannschaft auf Sizilien führte die Nachricht aus München zu emotionalen Erschütterungen. Bundestrainer Joachim Löw sagte: "Wir sind geschockt, keine Frage." Ballack sei ein sehr wichtiger Spieler, ein Weltklassespieler, der bei wichtigen Spielen eine tragende Rolle gespielt habe. Er habe die Nachricht vor dem Vormittagstraining der Mannschaft überbracht und dabei bereits erste Durchhalteparolen gesendet: "Von Resignation kann keine Rede sein. Wir müssen jetzt alle Kräfte bündeln." Trotz aller Optimismus-Bekenntnisse kommen auf das DFB-Team ohne Ballack einige Probleme zu. Aufgrund seines Selbstbewusstseins und seiner internationalen Erfahrung füllte der Profi des FC Chelsea mannschaftsintern die Häuptlings-Rolle aus. Und auch wenn viele Spieler etwa bei der EM 2008 von Ballacks Führungsanspruch genervt waren, durch seine Leistungen unterstützte ihn zuletzt auch Löw in dieser Position. Dabei gilt der Bundestrainer eher als Gegner der Führungsspieler-Ansprüche, ohne Ballack dürfte der 50-Jährige die flache Hierarchie innerhalb der WM-Gruppe bevorzugen. Lesen Sie weiter auf Seite 2
Der Ausfall von Michael Ballack trifft die DFB-Auswahl hart. Foulspieler Boateng, bald mit Ghana WM-Gegner, entschuldigte sich inzwischen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/sport-kompakt-fall-ribery-hoeness-attackiert-die-uefa-1.944095
sport
Sport kompakt - Fall Ribéry: Hoeneß attackiert die Uefa
00/05/2010
Präsident Uli Hoeneß von Rekordmeister Bayern München hat in der Causa Franck Ribery schwere Vorwürfe gegen die Uefa erhoben und der Europäischen Fußball-Union Parteilichkeit vorgeworfen. "In der Uefa sind zu viele Italiener, die Interessen haben. Der Schiedsrichter war ein Italiener, unter den Leuten, die bei der Uefa aktiv sind, sind viele Italiener. Und kein einziger Deutscher. Da hast du wenig moralische Unterstützung", sagte der Bayern-Macher am Donnerstag am Rande einer Veranstaltung in München. Die Uefa hatte Bayern-Star Ribery nach dessen Roter Karte im Halbfinal-Hinspiel gegen den französischen Vertreter Olympique Lyon für drei Spiele gesperrt und die Strafe in einem Berufungsverfahren am Mittwoch bestätigt. Ribery fehlt damit im Endspiel der Champions League am 22. Mai gegen den italienischen Meister Inter Mailand - falls die Bayern Ribery beim Internationalen Sportgerichtshof (Cas) nicht noch freibekommen. Hoeneß: "Ich rechne mir gute Chancen aus." Detailansicht öffnen Bayern-Präsident Uli Hoeneß. (Foto: Foto: dpa) Bei der Schach-WM begegnen sich Weltmeister Viswanathan Anand aus Indien und sein bulgarische Herausforderer Wesselin Topalow weiterhin auf Augenhöhe. Nach einer Spielzeit von 6:32 Stunden stand nach der neunten Partie ein Remis. In der Gesamtwertung bleibt es mit einem Spielstand von 4,5:4;5 ebenfalls ausgeglichen. Die Orlando Magic bleiben in den NBA-Playoffs ungeschlagen. Der Vizemeister des vergangenen Jahres gewann am Donnerstag (Ortszeit) gegen die Atlanta Hawks auch die zweite Partie des Viertelfinales mit 112:98 und ging damit in der best-of-seven"-Serie der nordamerikanischen Basketball-Profiliga mit 2:0 in Führung. "In der ersten Halbzeit haben wir nicht unseren besten Basketball gespielt. Im zweiten Durchgang sind wir dann aber wieder wie die Orlando Magic aufgetreten" sagte Vince Carter, mit 24 Punkten zweitbester Werfer bei den Magic. Derweil wurde Deutschlands Basketball-Superstar Dirk Nowitzki von den Journalisten ins zweite All-Star-Team gewählt. Damit ist der 31-Jährige der einzige Europäer unter den besten zehn Spielern der Liga. Im Top-Fünf-Team stehen LeBron James (Cleveland Cavaliers), Kevin Durant (Oklahoma City), Howard (Orlando Magic), Kobe Bryant (Los Angeles Lakers) und Dwyane Wade (Miami Heat). Die zweite Mannschaft bilden neben Nowitzki (Dallas Mavericks) Carmelo Anthony (Denver (Nuggets), Amare Stoudemire (Phoenix Suns), Steve Nash (Phoenix Suns) und Deron Williams (Utah Jazz). Die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) hat 2009 im Rahmen von 41 Doping-Kontrollen Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen Anti-Doping-Richtlinien eingeleitet beziehungsweise abgeschlossen. Wie die Nada am Freitag auf ihrer Jahres-Pressekonferenz in Berlin mitteilte, handelte es sich bei elf Verfahren im Rahmen von Trainingskontrollen in sieben Fällen um das Vorhandensein verbotener Substanzen. Dreimal ging es um eine mögliche Kontroll-Verweigerung, in einem Fall um den Besitz verbotener Substanzen. Insgesamt wurden 9000 Trainingskontrollen, so viel wie noch nie, durchgeführt.
Nach Franck Ribérys Sperre fürs Champions-League-Finale gegen Inter Mailand wütet Bayern-Präsident Uli Hoeneß über den italienischen Einfluss in der Uefa.
https://www.sueddeutsche.de/sport/dfb-kader-fuer-die-wm-2010-im-jahr-der-stille-1.944713
sport
DFB-Kader für die WM 2010 - Im Jahr der Stille
00/05/2010
Neulich beim Spiel des FC Bayern gegen den VfL Bochum: Thomas Müller darf nach seinen drei Treffern vorzeitig Feierabend machen, seinen Platz erhält Miroslav Klose, der den jungen Kollegen mit einer aufrichtig herzlichen Umarmung verabschiedet. Wenig später folgt dann dieser Angriff, der den bizarren Irrlauf der Nationalspieler Miroslav K. und Mario G. in einer einzigen Szene zusammenfasst. Detailansicht öffnen Miroslav Klose (links) und Mario Gomez. (Foto: Foto: dpa) Aus der linken Strafraumecke kommt die Flanke zu Gomez, der an der Fünfmeterlinie frei steht. Für einen Torjäger sollte das nun eine einfache Übung sein, er streckt das Bein, trifft den Ball mit dem Außenrist, aber der Ball fliegt gegen die Latte, springt zurück ins Feld zum frei stehenden Klose, der jetzt die Wahl hat: ins Tor oder den letzten Bochumer Wachtposten, den Verteidiger Bönig, zu treffen. Im nächsten Moment wehrt Bönig den Schuss ab. Über diese Szene wurde später nicht mehr gesprochen, sie war fürs große Ganze nicht wichtig, aber sie war typisch für die beiden. Gomez und Klose haben in diesem Halbjahr nicht viele gemeinsame Erfolge erlebt, unter anderem deswegen, weil Müller ständig auf dem Platz stand. Sie haben sich darüber nicht beschwert, weil sie wissen, dass ihnen das keine Vorteile verschaffen würde, und weil ihnen klar war, dass sie ohnehin keine Argumente vorweisen können. Gomez hat sein letztes Tor geschossen, als das Land noch unter einer Schneedecke lag, Mitte Februar gegen Dortmund, und Klose hat zwar neulich in Mönchengladbach den wichtigen Ausgleich geschossen, doch seine Bilanz hat das nur geringfügig geschönt: Bei 21 Einsätzen, darunter elf von Anfang an, sind drei Tore verzeichnet. Insgesamt muss man sagen, dass die beiden deutschen Stürmerstars als bessere Einwechselspieler ein Jahr der Stille und Einkehr eingelegt haben, aber es ist nur scherzhaft gemeint, wenn jetzt Leute beim DFB erklären, dann seien sie während der WM wenigstens ausgeruht. Dass sie zur WM fahren werden, daran hat der Bundestrainer keinen Zweifel gelassen, als er am Montag Kevin Kuranyi aus dem Aufgebot gestrichen hat. Vor Wochen war Joachim Löw zumindest unwohl angesichts der Form seiner Spitzenstürmer, aber er hat dann entschieden, sich bei der Auswahl der Angreifer nicht beeinflussen zu lassen von den Aktualitäten des Ligafußballs, den Polemiken der Kritiker ("es gibt Zweifel an der Berufsbezeichnung Angreifer") und den Ratgebern, die Partei für Kuranyi ergriffen. Jetzt ist ihm die Kritik einerlei, er macht, was er für richtig hält. Er baut darauf, dass nun auch bei Gomez und Klose der Effekt eintritt, der bei Lukas Podolski schon seit bald vier Jahren Wunder bewirkt: dass sie ihre unselige Vereinsgeschichte ausblenden und in der Zweitexistenz als Nationalspieler aufblühen.
Egal, wie schwach Mario Gomez und Miroslav Klose im Verein auftreten: Bundestrainer Joachim Löw ist sich sicher, dass die Angreifer bei der WM wieder aufblühen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-1-fc-nuernberg-sieger-auf-euro-suche-1.942939
sport
Bundesliga: 1. FC Nürnberg - Sieger auf Euro-Suche
00/05/2010
Die Fans feierten ausgelassen, aber die entscheidende Frage war: Durften die überhaupt so ausgelassen feiern? Okay, ihre Mannschaft hatte das Relegations-Hinspiel 1:0 gewonnen und war gerade durch Ilkay Gündogan in der 34. Minute des Rückspiels 1:0 in Führung gegangen, und in jedem normalen Verein der Welt wäre klar gewesen, dass nun eigentlich nichts mehr schiefgehen kann in diesem Relegationsduell, dass der Klassenerhalt gesichert wäre. Detailansicht öffnen Feiern auf fränkisch: die Spieler des 1. FC Nürnberg. (Foto: Foto: ddp) Doch es waren ja nicht die Fans eines normalen Klubs, die da jubelten, sondern die Fans des 1. FC Nürnberg. Jenes Vereins, der in seiner 110-jährigen Geschichte schon so ziemlich jeden unmöglichen Abstieg mitmachen musste. 1969 stieg er als amtierender deutscher Meister ab, 2008 als amtierender deutscher Pokalsieger. 1994 brachte ihn ein Phantomtor um den Klassenerhalt und 1999 stürzte er am letzten Spieltag vom vermeintlichen sicheren 13. Platz auf einen Abstiegsrang. Da hätte es niemanden gewundert, wenn an diesem Tag der Relegations-Gegner Augsburg die Nürnberger 1:0-Führung noch in ein 3:1 gedreht hätte und der achte Club-Abstieg der Vereinshistorie perfekt gewesen wäre. Doch dieses Mal fügte sich für die Nürnberger alles zum Guten. Augsburg, nach einer Tätlichkeit von Ibrahima Traoré in der zweiten Hälfte auch noch in Unterzahl, traf nicht mehr, Nürnberg hingegen noch einmal (Foulelfmeter von Eric-Maxim Choupo-Moting, 63. Minute) und sicherte sich so mit einem letztlich souveränen 2:0 den Klassenerhalt. "Eine Relegation ist nichts für schwache Nerven. Kompliment, wie meine Spieler dem Druck standgehalten haben", sagte Nürnbergs Trainer Dieter Hecking nach dem Spiel. Das ganze Stadion feiert Weil aber mit dieser Saison unterm Strich nicht nur die Nürnberger, sondern auch die Augsburger zufrieden waren, entwickelten sich nach dem Abpfiff Szenen, die es in deutschen Fußballstadien selten gibt. Nicht nur eine Kurve feierte, sondern das ganze Stadion. Aus der einen Ecke schallte das "Oh, wie ist das schön" und aus der anderen das "Humba, Humba, Tätärä". Doch während die Fans ausgelassen jubelten, fielen die Feierlichkeiten der Club-Spieler und -Funktionäre eher zurückhaltend aus - vor allem verglichen mit der letztjährigen großen Sause im heimischen Frankenstadion, als Nürnberg schon einmal die Relegation für sich entschieden hatte. Deutlich war ihnen die Erleichterung anzumerken, nach ihrer schwachen Serie am Saisonende nun doch noch den Klassenerhalt geschafft zu haben. "Diese Relegationsspiele haben einmal mehr gezeigt, wie dicht die letzten drei der ersten Liga und die ersten drei der zweiten Liga zusammen sind. In so einem Relegationsspiel entscheiden dann Nuancen", sagte Nürnbergs Manager Martin Bader. Lesen Sie weiter auf Seite 2
Der 1. FC Nürnberg bleibt erstklassig. Doch während Trainer Hecking nun erfahrene Zugänge fordert, denken Manager und Präsident anders.
https://www.sueddeutsche.de/sport/champions-league-fc-bayern-unser-wille-ist-gross-1.933530
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"Champions League: FC Bayern - ""Unser Wille ist groß"""
00/05/2010
Anlässlich des Halbfinal-Rückspiels bei Olympique Lyon, das war sonnenklar, musste diese Frage kommen, und irgendwer hat sie Hermann Gerland vor der Reise tatsächlich gestellt: Ob er denn stolz sei, weil sie da unten in Lyon ihr Stadion nach ihm benannt haben: das Stade Gerland - in einem gleichnamigen Stadtteil der drittgrößten Stadt Frankreichs. Gerland, der knuffig-knurrige Assistent von Cheftrainer Louis van Gaal, konterte den müden Kalauer mannhaft: "Mein Stadion", sagte er wie aus der Pistole, "ist das Grünwalder." Detailansicht öffnen Lädierter Verteidiger: Daniel Van Buyten verletzte sich beim Spiel in Gladbach. (Foto: Foto: Getty) Im Grünwalder Stadion in MünchenGiesing zog Gerland als langjähriger Trainer der Reserve all jene Talente groß, wegen denen der FC Bayern nun mit der Kraft seiner Jugend ins Finale der Champions League vordringen könnte, zum ersten Mal seit 2001. Für all diese früheren Gerland-Eleven ist Lyon das erste Halbfinale der Karriere: Lahm, Müller, Schweinsteiger, Badstuber, Contento. Gerland, der von Juli an wieder Bayern-II-Trainer sein wird (für Mehmet Scholl), inszeniert den Stolz auf sein Lebenswerk nicht öffentlich. In der ihm eigenen Art schwärmt er aber doch. Beim Senkrechtstarter der Saison klingt das so: "Müller kann laufen, Müller kann Fußball spielen, Müller bereitet Tore vor, Müller schießt Tore." Heißt: Thomas Müller kann vieles - wobei die kleinen Schwächen aller Hochgelobten niemand besser kennt als Gerland. Bei Müller etwa: die technische Feinausführung; bei Bastian Schweinsteiger: das Sprintvermögen. Dennoch: Schweinsteiger spiele in seiner neuen zentralen Mittelfeldrolle "einmalig", flötet Gerland, "EIN-malig". Einmalig sind auch die Personalsorgen in der Abwehr des FC Bayern vor dem Spiel in Lyon. Martin Demichelis (Wadenzerrung) und Daniel van Buyten (Schienbeinprellung) bestiegen den Charterflieger am Montag mit eher unrundem Gang. Laut Mannschaftsorthopäde Müller-Wohlfahrt ist eine Genesung bis Dienstag, 20.45 Uhr "in beiden Fällen offen". Da es im Aufgebot nur noch einen Innenverteidiger gibt, Holger Badstuber, wog es um so schwerer, dass Anatoli Timoschtschuk die Reise wegen eines Magen-Darm-Infekts nicht antrat. Der Ukrainer wäre die Notlösung für die Abwehrmitte gewesen. Eine andere ist nun: Mark van Bommel, der im Hinspiel gesperrt war und in Lyon eigentlich im Verbund mit Schweinsteiger die Hoheit in der Feldmitte sichern soll. Immerhin nahm Linksverteidiger Diego Contento, zuvor leicht angeschlagen, bei Sonne und 20 Grad am Abschlusstraining teil. Altintop wäre ein weiterer Mann für hinten, Pranjic (Gelbsperre) nicht. Vielleicht hat ja der frühere Bundesliga-Abwehrrecke Gerland, 55, seine Stollenschuhe in den Trolley gepackt. Lustig ist die Sache natürlich nicht. Fielen van Buyten und Demichelis aus, müsste van Gaal improvisieren. Doch man hat Vertrauen in die Blitzheilkünste Müller-Wohlfahrts, und Lyons Offensive um Torjäger Lopez erregte im Hinspiel keine große Furcht. Der Trainer blieb daher bei seiner Rhetorik der Stärke: "Wir haben viele Verletzte, aber unser Wille ist groß - und auswärts machen wir fast immer ein Tor", sagte van Gaal. Zuletzt hatten die Bayern günstige Rahmenbedingungen bei ihrem Weg ins Halbfinale. Trotz vier Niederlagen blieben sie im Wettbewerb, auch dank Schützenhilfe von Bordeaux im Herbst. Im Achtelfinale halfen das Los (Florenz) und ein Abseitstor, zum zweiten Viertelfinale trat Manchesters Wayne Rooney lädiert an, und Lyons Anreise zum Hinspiel (1:0) erschwerte der Vulkan Eyjafjallajökull.
Drei Verteidiger lädiert, Anatolij Timoschtschuk krank, Franck Ribéry gesperrt: Den FC Bayern plagen Personalsorgen in Lyon - aber er glaubt dennoch ans Endspiel.
https://www.sueddeutsche.de/sport/schalke-keeper-manuel-neuer-ich-werde-mein-spiel-nicht-aendern-1.936951
sport
"Schalke-Keeper Manuel Neuer - ""Ich werde mein Spiel nicht ändern"""
00/05/2010
SZ: Herr Neuer, das sah ziemlich gemein aus, was sich Felix Magath für das Finale der Vormittagsschicht ausgedacht hat: ein Zirkeltraining mit Springparcours - und das zwei Tage vor dem vielleicht Meisterschafts-vorentscheidenden Spiel in Berlin. Detailansicht öffnen Manuel Neuer: kein Sonderprogramm für Torhüter (Foto: Foto:) Manuel Neuer: Kein Problem, da gibt's schlimmere Sachen. Als Torhüter tue ich mich leicht mit solchen Übungen. Aber für einige Spieler sind die Hürden schon etwas hoch, und drunter durchkriechen geht ja auch nicht. SZ: Man sieht die Erschöpfung in den Gesichtern der Spieler - und eine gewisse Schadenfreude in den Gesichtern der Zuschauer. Neuer: Im vorigen Sommer war das heftiger, da hatten die Fans noch die vorige Saison im Kopf. Aber inzwischen mögen sie die Mannschaft wieder. SZ: Ist das Leben mit Felix Magath noch so hart wie am Anfang? Neuer: Man gewöhnt sich dran. Und man muss ja sagen: Wir arbeiten nicht gegeneinander, sondern miteinander. Die Trainer wollen das Maximale aus uns rausholen, damit wir maximalen Erfolg erreichen. Am Anfang war es nicht einfach, das Trainingspensum ist höher, man muss auf die Zähne beißen. Aber das haben wir gemacht - und man sieht, dass wir viel davon mitgenommen haben. SZ: Werden die Torhüter von Magath und seinem Konditionstrainer Werner Leuthard, genannt "der Colonel", genauso hart ran genommen? Neuer: Na klar, da gibt es keine Sonderprogramme. Wir machen alle Läufe mit. Für mich ist das aber etwas einfacher als für Matthias Schober (sein Stellvertreter, d. Red.) - der ist schon 34 und hat etwas mehr Körpergewicht. SZ: Schalkes Jugend-Torwarttrainer Lothar Matuschak hat über Sie erzählt, dass Sie noch als C-Jugendlicher "nicht höher als eine Tischkante" waren und eine kaum vernehmbare Piepsstimme hatten. Schalke war drauf und dran, Sie aufzugeben. Können Sie sich erinnern? Neuer: Für einen Torwart war ich nicht der Größte, und ich kam relativ spät in die Pubertät, das stimmt. Mein Körper hat sich langsam entwickelt. Dafür aber kontinuierlich, es kamen immer drei, vier Zentimeter pro Jahr dazu. Die anderen Spieler sind eher in Schüben gewachsen, die hatten dann Wachstumsstörungen, das Problem hatte ich nie. SZ: War Ihnen bekannt, dass der damalige Nachwuchschef Helmut Schulte überredet werden musste, Ihnen noch eine Chance zu geben? Neuer: Torwarttechnisch war ich eigentlich immer der Beste, damit hatte ich keine Probleme, ich konnte auch gut mitspielen. Aber im Verein haben sie eben auf die Körpergröße geschaut und sich gefragt: Wie kommt er raus bei Flanken? Da haben sie vielleicht Probleme befürchtet.
Schalkes Torwart Manuel Neuer über unglückliche Gegentore, den Konkurrenzkampf mit René Adler und seinen Trainer Felix Magath.
https://www.sueddeutsche.de/sport/2-liga-tsv-1860-muenchen-bankenaufsicht-ermittelt-gegen-fussballer-1.940654
sport
2. Liga: TSV 1860 München - Bankenaufsicht ermittelt gegen Fußballer
00/05/2010
Der TSV 1860 München braucht Geld. Die traditionsreichen Löwen sind seit Jahren fortwährend in finanziellen Nöten, das ist nicht neu. Neu ist ein spezieller Versuch des Fußball-Zweitligisten, an Geld zu kommen. Neu - und eventuell nicht legal. Denn nun ermittelt die Bankenaufsicht Bafin gegen Sechzig. Detailansicht öffnen Ein Objekt für Investoren: Peniel Mlapa, junger Stürmer des TSV 1860 München. (Foto: Foto: dpa) Im Fokus steht eine Idee von 1860-Geschäftsführer Manfred Stoffers: die Löwen Sportrechte Vermarktungsagentur (LSV). Das ist eine im vergangenen Jahr gegründete Tochtergesellschaft, an die der Verein die Transferrechte von 16 seiner Spieler verkauft hat. Die Idee: Anleger können dieser Gesellschaft Geld leihen, mindestens 50.000 Euro, und sollen daran verdienen, wenn die Spieler ihren Marktwert steigern und teurer verkauft werden können. Dementsprechend dürften in der LSV vornehmlich jüngere Profis geparkt werden, die eine gute Entwicklung versprechen und Sympathie wecken - Aleksandar Ignjovski etwa, der talentierte Sechser aus Serbien, oder die Stürmer aus dem eigenen Nachwuchs, Manuel Schäffler und Peniel Mlapa, den Sportdirektor Miroslav Stevic vor einigen Wochen schon mal vorsorglich zum Verkauf angepriesen hat. Die LSV ist ein Gag, eine gute Geschichte, ein Marketingtrick. Keine Frage. Vor allem an die Sponsoren des Vereins soll sich das Angebot richten. Sie könnten den TSV unterstützen - und ihr Geld in eine bombensichere Anlage stecken, so hieß es. Deshalb lud der TSV im Januar seine wichtigsten Sponsoren ein, um ihnen das Geschäft schmackhaft zu machen; zum Abendessen in ein afrikanisches Restaurant nahe der Münchner Wiesn. Einige Löwen-Funktionäre versicherten dort auch gleich, der Tochtergesellschaft selbst Geld zu leihen, aus ihrem Privatvermögen. Vertrauenserweckend sollte das wohl wirken. "Die LSV hat sich hervorragend bewährt", sagt Stoffers, "inzwischen haben wir 16 Anleger mit erklecklichen Beträgen." Das Problem: Wer sich Geld leiht, der kann das selbstverständlich gerne tun. Doch nicht einfach so im großen Stil. Fünf Millionen Euro will sich die LSV von Anlegern borgen, und das ist ganz sicher kein kleiner Häuslebauer-Kredit. Wer Einlagen in einer solchen Höhe annimmt, der braucht eine Genehmigung, "denn es handelt sich dabei um ein klassisches Bankgeschäft" - so die Einschätzung von Peter Mattil, Fachanwalt für Banken- und Kapitalmarktrecht aus München. Diese Genehmigung gibt es nur bei der Bankenaufsicht Bafin. Lesen Sie weiter auf Seite 2
1860 München lockt Investoren: Sie können über eine klubeigene Vermarktungsagentur Transferrechte an Spielern erwerben. Eine Erlaubnis fehlt.
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sport
WM-Torschützenkönige - Sie wussten, wo das Tor steht
00/05/2010
1930 Uruguay, Guillermo Stábile (Argentinien), 8 Tore Acht Tore in vier Spielen - so einen Schnitt von zwei Toren pro Spiel wird wohl nie mehr ein Torjäger bei einem WM-Turnier erreichen. Guillermo Stábile, Jahrgang 1906, hatte seinen Klub Huracán 1928 mit 28 Toren zur argentinischen Meisterschaft geschossen. Zur WM 1930 reiste der klein gewachsene, aber ungemein wendige Mittelstürmer ursprünglich nur als Ersatz für den Kollegen Roberto Cherro von Boca Juniors an; er war noch ohne jeglichen Länderspiel-Einsatz. Doch Stábile eroberte sich schon im zweiten Spiel seinen Stammplatz, beim 6:3 gegen Mexiko traf er dreimal. Mit seinen acht Treffern - sein letzter brachte die Argentinier im Finale gegen Uruguay sogar 2:1 in Führung - wurde er zum argentinischen Volkshelden, obwohl das Endspiel 2:4 verloren ging. Nach dem Turnier zog es ihn nach Europa. Er stürmte in Italien für den FC Genua - schon im ersten Spiel gelangen ihm drei Tore - und den SSC Neapel, später auch für Red Star Paris. Zurück in der Heimat, schlug er die Trainerlaufbahn ein und gewann mit Racing Club Buenos Aires dreimal nacheinander die Meisterschaft. Die argentinische Nationalmannschaft trainierte er von 1939 bis 1960 - kein anderer Argentinier hielt sich so lange im Amt. Sechsmal (1941, 1945, 1946, 1947, 1955, 1957) gewann er mit Argentinien die Südamerika-Meisterschaft (Copa América), doch sein Traum vom Gewinn des WM-Titels sollte sich nicht erfüllen. 1958 schied sein Team in der Vorrunden-Gruppe mit Deutschland aus. Sein Ruhm gründete sich nicht nur auf den Sport, sondern auch auf seine Liebe zum Tango; er war in einem Tango-Viertel von Buenos Aires geboren worden. Zudem hatte Stábile nicht nur im Fußball, sondern auch als Geschäftsmann große Erfolge. Ganz Argentinien trauerte, nachdem Stábile 1966 einem Herzinfarkt erlegen war. Foto: afp
Ein Tscheche mit Glasknochen, ein Brasilianer verärgerte die Mütter seines Landes, ein Deutscher wäre fast in der Bezirksliga gelandet.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-fc-bayern-keine-weiteren-fragen-1.942497
sport
Bundesliga: FC Bayern - Keine weiteren Fragen
00/05/2010
Louis van Gaal ist in vielerlei Hinsicht ein einmaliger Trainer, und so ist es kein Wunder, dass sich der Münchner Trainer diese Einmaligkeit auch im Moment des Erfolges bewahrt. Gerade hat der einzige noch verbliebene Titelrivale Schalke gegen Bremen 0:2 verloren, sein FC Bayern gegen Bochum mit 3:1 gewonnen und damit nach 33 von 34 Spieltagen das wichtigste Saisonziel erreicht: Die Münchner dürfen die Meisterschaft feiern. Detailansicht öffnen Meistermacher mit Autorität: Louis van Gaal ist in München angekommen. (Foto: Foto: Getty) Doch während die Fans sich längst in den Armen liegen und die Spieler auf dem Spielfeld tanzen, während Franck Ribéry das Humba, Humba, Tätärä anstimmt und Jörg Butt auf den Zaun klettert, da steht van Gaal fast ein wenig rastlos am Rande des Rasens und nimmt stoisch all die Glückwünsche entgegen. Und als ein wenig später in der Kabine die Mannschaft zur umfangreichen Champagner-Dusche ansetzt und neben Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß auch Louis van Gaal benässt - da ist der Trainer doch etwas verdutzt ob der in deutschen Kabinen offenbar üblichen Feierrituale. Aber immerhin, so berichtete Abwehrspieler Holger Badstuber hinterher, habe van Gaal die angestimmten Lieder mitgesungen. Ausgelassenes Humba Humba und wildes Champagner spritzen mögen nicht die Sache des Niederländers sein - auch wenn er sich nach dem Spiel als "Feierbiest" bezeichnete. Van Gaal zelebriert den Triumph lieber auf seine Weise. Zum Beispiel, als er auf der Pressekonferenz sein Eingangsstatement beendet hat und Bayerns Mediendirektor Markus Hörwick zur üblichen Formulierung "Gibt es Fragen?" ansetzt, da unterbricht ihn der Trainer in einer Mischung aus Stolz, Freude und Humor: "Es gibt keine Fragen, denke ich." Was soll und kann schon noch gefragt werden? Es ist doch alles gesagt. Und vor allem: Es ist doch alles gespielt, gezeigt und geleistet. Eine Mannschaft, die einen holprigen Saisonstart erwischte, die im Herbst schon einmal acht Punkte Rückstand auf den Titel und das Champions-League-Aus unmittelbar vor Augen hatte, und ein Trainer, der der in damaligen Krise schon um seinen Arbeitsplatz bangen musste, haben sich vorzeitig und auf eine beeindruckende Weise den 22. deutschen Meistertitel der Vereinsgeschichte gesichert. Mit viel Selbstbewusstsein, mit vielen überdurchschnittlichen Spielern und vor allem mit einem wunderbar anzusehenden Ballbehauptungs- und Kombinationsfußball, den die Münchner in den ersten 25 Minuten gegen Bochum noch einmal formvollendet vorführten. Alles, was das Bayern-Spiel in weiten Teilen dieser Saison ausgemacht hat, dokumentiert sich dabei in der aktuellen Tabellensituation. Denn theoretisch ist die Meisterschale noch nicht vergeben, aber angesichts von drei Punkten Vorsprung und eines um 17 Treffer besseren Torverhältnisses gegenüber dem Tabellenzweiten Schalke 04 sind die Bayern "virtueller deutscher Meister", wie van Gaal das nennt. Doch nichts und niemand, kein Himmel, der auf den Kopf fällt, keine Griechenland-Krise und nicht einmal Felix Magath können verhindern, dass aus dem virtuellen der tatsächliche Titel wird.
Nachdem sich der FC Bayern die 22. deutsche Meisterschaft auf beeindruckende Weise gesichert hat, zelebriert "Feierbiest" Louis van Gaal den Titel auf seine Weise.
https://www.sueddeutsche.de/sport/sport-kompakt-mourinho-kokettiert-mit-abschied-1.944833
sport
Sport kompakt - Mourinho kokettiert mit Abschied
00/05/2010
Startrainer Jose Mourinho plant möglicherweise seinen Abgang bei Champions-League-Finalist Inter Mailand. "Im Fußball kann man so etwas nie sagen", antwortete Mourinho auf die Frage, ob er den Gegner von Bayern München im Finale der europäischen Königsklasse auch in der kommenden Saison trainieren werde. Der Portugiese besitzt bei Inter noch einen Vertrag bis 2012, vielerorts wird jedoch gemunkelt, dass er Italien im Falle des Triple-Gewinns im Sommer verlassen werde. Inter-Präsident Massimo Moratti hatte bereits zu verstehen gegeben, dass er dem Coach eine Vertragsverlängerung und eine Gehaltserhöhung anbieten wolle. Angeblich verdient Mourinho pro Jahr bereits 13 Millionen Euro. Detailansicht öffnen Inter-Trainer José Mourinho. (Foto: Foto: AP) Der FC Barcelona hat in der spanischen Primera Division einen neuen Rekord aufgestellt und zugleich einen weiteren Schritt Richtung Titelverteidigung gemacht. Die Mannschaft von Trainer Josep Guardiola setzte sich zum Auftakt des 36. Spieltags mit 4:1 gegen CD Teneriffa durch und stellte mit 93 Punkten eine Liga-Bestmarke auf. Den bisherigen Rekord hielt der Erzrivale Real Madrid, der in der Saison 1996/97 auf 92 Zähler kam. Die Katalanen haben nun vier Punkte Vorsprung auf die Königlichen, die das Meisterrennen mit einem Sieg am Mittwoch beim Champions-League-Anwärter RCD Mallorca aber wieder spannend machen können. Rund ein halbes Jahr nach seiner Entlassung hat Trainer Marcel Koller mit seinem Ex-Klub VfL Bochum abgerechnet. Durch den jetzigen Absturz - der VfL belegt vor dem letzten Bundesliga-Spieltag einen Abstiegsplatz - fühle er sich bestätigt, erklärte der am 20. September nach viereinhalb Jahren entlassene Koller. "Vielleicht macht sich jetzt auch mal der eine oder andere aus dem Verein Gedanken darüber und kommt zu dem Schluss: So schlecht kann das ja doch nicht gewesen sein", sagte der Schweizer der Sport Bild: "Es ist sportlich nicht besser geworden." Koller hatte die Westfalen im ersten Jahr zurück in die Fußball-Bundesliga geführt und danach dreimal den Klassenverbleib geschafft. Die Los Angeles Lakers sind in den Play-offs der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA auf dem besten Weg ins Finale der Western Conference. Der Titelverteidiger gewann am Dienstag 111:103 gegen die Utah Jazz und führt in der "best-of-seven"-Serie 2:0. Entscheidender Mann beim NBA-Champion war wie im Auftaktspiel Kobe Bryant. Der Superstar der Lakers übernahm in der Schlussphase erneut das Kommando, 13 seiner 30 Punkte erzielte Bryant in den letzten fünf Minuten. Ebenfalls gut aufgelegt war der Spanier Pau Gasol mit 22 Punkten und 15 Rebounds. Am Samstag geht die Serie in Salt Lake City mit Spiel drei weiter. In der Eastern Conference demonstrierte Vorjahresfinalist Orlando Magic Stärke und deklassierte die Atlanta Hawks im ersten Viertelfinalduell mit 114:71. Orlando, das nach einem 4:0 gegen die Charlotte Bobcats als erstes Team die zweite Play-off-Runde erreicht und danach acht Tage Pause hatte, sorgte im zweiten Viertel mit einem 17:0-Lauf für klare Verhältnisse und brachte den Sieg sicher nach Hause. Die Hawks waren als letzte Mannschaft in die zweite Runde vorgedrungen und konnten sich vor dem Auftaktduell mit den Magic nur zwei Tage erholen.
Inters Trainer äußert sich ziemlich zweideutig, Barcelona stellt einen Liga-Rekord auf, Marcel Koller rechnet mit seinem Ex-Klub VfL Bochum ab.
https://www.sueddeutsche.de/sport/nach-hew-cyclassics-noch-einmal-zur-tour-1.927224
sport
Nach HEW Cyclassics - Noch einmal zur Tour
00/05/2010
Kaum war der Sieger der Hamburger HEW Cyclassics am Sonntagabend gekürt - der Italiener Filippo Pozzato vom Team Quickstep hatte das 250,5 Kilometer lange Pro-Tour-Rennen durch die Hansestadt und Umgebung im Spurt vor seinem Stallgefährten Luca Paolini und dem Australier Allan Davis gewonnen - da rückte ein Mann in den Mittelpunkt des Interesses, der während der Fahrt dezent im Hintergrund geblieben war: Erik Zabel. Detailansicht öffnen Hängt das Magenta-Trikot an den Nagel - Sprinterkönig Erik Zabel. (Foto: Foto: ddp) In einer eigens anberaumten Audienz, an der auch der künftige T-Mobile-Teamchef Olaf Ludwig teilnahm, verkündete der 35-Jährige, was Insider erwartet hatten: seinen Abschied vom Team T-Mobile, in dessen Farben er in 13 Jahren 191 Siege gefeiert hatte. "Es ist sehr schade, dass wir uns nicht einig wurden, aber ich gehe mit vielen schönen Erinnerungen und als Freund", sagte Zabel. Den Namen des neuen Arbeitgebers, der ihm nach eigener Aussage eine Startgarantie für die Tour de France und einen Dreijahresvertrag bot, wollte Zabel nicht nennen, da noch nichts unterschrieben sei. Wechsel zu Domina Vacanze Nach übereinstimmenden Berichten der Gazzetta dello Sport und von L'Equipe handelt es sich um den italienischen Rennstall Domina Vacanze. Angeblich soll sich der beste Sprinter dieses Teams, Alessandro Petacchi, künftig auf den Giro d"Italia konzentrieren, während Zabel den Schwerpunkt auf die Tour de France legen könne. Zabel wollte "nicht dementieren", dass auch seine Teamkollegen Rolf Aldag und Jan Schaffrath mit ihm wechseln. Da zudem Alexander Winokurow mit dem spanischen Stall Liberty Securos einig ist, steht das Team T-Mobile nun vor einem umfassenden Neuaufbau. Ausschlaggebend für Zabels Entscheidung war offenbar weniger das finanzielle Angebot von T-Mobile für einen neuen Zweijahresvertrag, sondern die Weigerung von Olaf Ludwig, seinem alten Kumpel weitere Starts bei der Tour de France zuzusichern. Nachruf in Vorbereitung Tief saß Zabels Frust, als er in diesem Sommer der Teamtaktik geopfert wurde, die allein auf Jan Ullrichs Tour-Sieg ausgerichtet war. Eine Änderung dieser Strategie ist fürs kommende Jahr offenbar nicht geplant. Der Sprinter, der bei der Tour so viele Etappen wie kein anderer Deutscher gewann (zwölf) und sechs Mal im Grünen Trikot in Paris angekommen war, wäre wohl nie wieder bei der Tour an den Start gekommen. Im Umfeld war man bereits auf einen Abschied Zabels eingestellt gewesen. So berichtete Dieter Kühnle, der Vizepräsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), von einem Gespräch mit Olaf Ludwig, in dem der Teamchef dem Sprinter Zabel zugesichert haben soll, er werde auch im Fall eines Wechsels bei der Straßen-WM Ende September von den nominierten T-Mobile-Fahrern als Kapitän unterstützt. Derweil versuchte sich BDR-Präsident Rudolf Scharping schon einmal mit einer Art Nachruf auf den nach Ullrich populärsten deutschen Fahrer. "Erik bleibt für den deutschen Radsport eine große Figur", sagte Scharping. Jan Ullrich, dessen Wünsche in puncto Team-Zusammenstellung Zabel zuletzt die zwölfte Tour-Teilnahme kosteten, sagte nur knapp: "Es ist sehr traurig, dass Erik geht."
Radprofi Erik Zabel verlässt nach 13 Jahren das T-Mobile-Team. Zeitungsberichten zufolge wechselt er nach Italien und nimmt möglicherweise Teamkollege Rolf Aldag mit.